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Das sympathische Stadtmagazin für Uster und Umgebung Ausgabe 5 | 2020 «smartes Uster» @usterreport re Jah r 50dt Uste Sta
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EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser Kennen Sie den noch: «Kluge Köpfe meisten in der Lage, sich hier eine eigene schützen sich!» Gefühlt schon vor Jahr- Meinung zu bilden. zehnten, es ist aber seither wohl weniger Zeit vergangen, hatte man diesen Slo- Nun hat sich der «Uster Report» in dieser gan zur Unfallprävention lanciert. Ging Nummer aber nicht des Themas «Co- es damals darum, dass wer ein Motorrad rona» angenommen, sondern das Heft fährt – später auch ein Fahrrad bzw. ein ist dem Begriff «smart» gewidmet. Oder E-Bike – sich mit einem Helm vor Unfall- eben auf Deutsch: intelligent, gewitzt, folgen schützt, drängt sich heute eine überlegt und so weiter. Wer sich näher Umdeutung dieses Slogans auf: Kluge auf diesen Ausdruck einlässt, wird nach Köpfe schützen sich und andere mit einer kurzer Zeit feststellen, dass man rasch Hygienemaske! auf künstliche Intelligenz, sprich die Informatik, zu sprechen kommt. Denn Diese Schutzmassnahme scheint mir so «smart» ist sehr eng mit der digitalen unklug nicht, denn die Zahl der Corona- Welt verknüpft. Alles ist miteinander ver- Neuansteckungen hat sich auf einem bunden und von überall zu jeder Zeit ver- hohen Level eingependelt und entspre- fügbar. Dies im Bestreben, unser Leben chend viele Veranstaltungen wurden einfacher und gleichzeitig effizienter zu und werden annulliert. Leider gehört gestalten. Lesen Sie in dieser Ausgabe bekanntlich hierzu auch der Uster Märt des «Uster Report» die verschiedensten 2020 vom 26. und 27. November. Beiträge zum Thema «smartes Uster», verfasst aus den unterschiedlichsten Nun ja: Was heisst schon klug? Oder, pas- Blickwinkeln. Wir wünschen dabei viel send zum Heftthema, smart? Weil beim Lesevergnügen, mit oder ohne Hygiene- Motorrad heute eine Helmtragpflicht be- maske! steht, stellt sich dort die Frage gar nicht, Der Begriff «smart» wird häufig in der ob man mit einem solchen Schutz nun Im Namen der Redaktion digitalen Welt der klüger ist als andere. Immerhin wissen Martin Mäder Informatik verwendet. alle, die durch Sturz schon mal intensiven Bodenkontakt hatten, das Schutzpoten- zial eines Helms zu schätzen. Und eben diese Maske: klug oder unklug? Bevor hier aber nun eine wohl endlose Debatte entsteht, sei auf die behörd- lichen Massnahmen verwiesen. Dort, wo es sich um Empfehlungen handelt, kann jeder für sich selbst entscheiden. Aber dort, wo es eben um angeordnete Schutzmassnahmen geht, hört die Frei- willigkeit auf. Der Rest dreht sich dann um Begriffe wie Solidarität und Präven- tion oder aber um Hysterie oder Über- treibung. Wie gesagt, das muss jeder mit sich abmachen. Immerhin sind wohl die Editorial 3
INHALTSVERZEICHNIS September-Ausgabe 2020 Editorial 3 Kultur Michela Gösken: 100 Tage KGU 50 Thema «smartes Uster» 5 Top Klassik Zürcher Oberland 55 Trio ANDERSCHT: «Schlagfertig & more» 57 Mis Uschter 37 «Uster Report»-Buchtipp 59 Stadt Uster Erzählungen von Karl Günthard 60 Nomination Stadtpreise 39 Velochallenge «Cyclomania» 42 «Uster Report»-Kochtipp 66 Kurzmeldungen 43 Wettbewerb Das 50-Franken-Bild 69 Vereine, Organisationen, Gewerbe Bank BSU: Neues Online-Angebot 44 Unternehmer im Fokus Knobeln mit der Webcraft AG 45 Rich Sangalli, Skyline Cycling 70 AMAPOLI Creative Place 47 Jubiläum pi.collection 48 Dies und das Neuheiten bei der Brauerei Uster 49 41. Greifenseelauf trotz(t) Corona 77 Notfallnummern/Impressum 78 ammann-schmid.ch HEIZUNG SANIEREN? Ich weiss wie weiter. Und Sie wissen jetzt, ICH WEISS WIE UND SIE WO. wie Sie mich erreichen: UND GEMEINSAM FINDEN WIR RAUS, WARUM LIEBER SO UND NICHT ANDERS. 043 399 25 81 Agostino De Notaristefano Kundenberater 4 Uster Report 5 | 2020
UNTERWEGS ZUR SMARTEN STADT Uster macht sich für die digitale Zukunft fit Immer verfügbar und von überall zugänglich: Das erwarten heute mehr denn je die Bürgerinnen und Bürger von einer Stadtverwaltung. Die Antwort darauf ist «smart» – die Dienstleistungen werden digitali- siert. Nicht anders ist dies in Uster. Wenn es um die sogenannte Digitalisie- rung geht, werden aus analogen Infor- mationen digitale Daten. Dieser Prozess wird auch «digitale Transformation» ge- nannt. In einer Stadt wie Uster gibt es schon heute vielfältige Arten der Digita- lisierung. Ein einfaches Beispiel ist der gedruckte Veranstaltungsflyer, den man auf der städtischen Website www.us- ter.ch im «Portable Document Format» (PDF) als digitalisierte Version herunter- laden kann. ckelt werden – diese Aussagen gelten «Smart City Wheel»: natürlich auch für eine Gemeindeverwal- Diese Grafik wird Oder dann kennt man sogenannte virtu- tung –, desto stärker wird diese Stadt zur international dazu verwendet, Themen elle Schalter: Hier geht es darum, dass «Smart City». Zum einen wird der engli- rund um eine «Smart die Bevölkerung die Möglichkeit hat, sche Begriff «smart» im übertragenen City» systematisch ebenfalls online gewisse standardisierte Sinn mit clever oder gar intelligent gleich- gruppiert darzustel- len. Es beinhaltet Vorgänge wie das Ausfüllen und Einrei- gestellt, zum anderen findet er heute vor sechs Themenbe- chen von Gesuchen oder Erhebungen allem dort Verwendung, wo es um die reiche, der Bereich abzuwickeln. Und das während 24 Stun- Kombination von Geräten und Gegen- «Smart Governance» umfasst zum Beispiel den, ohne Unterbruch. Ein klassisches ständen geht, die dank des Einsatzes von primär staatliche Beispiel für eine solche Anwendung sind Informatik einen erweiterten und häufig Aufgaben. Online-Umzugsmeldungen. digital vernetzten Funktionsumfang auf- weisen. Digital, automatisiert und vernetzt Je mehr Prozesse einer Stadtverwaltung Im direkten Zusammenhang mit «smar- digitalisiert und automatisiert abgewi- ten» Behörden und Verwaltungen steht Auch Zürich ist auf dem Weg zur «Smart City». Die entspre- chende Strategie war im Dezember 2018 verabschiedet worden. Foto: Stadt Zürich Thema 5
Zürich. Dieses Engagement, und auch die Berufung von Lucas Nicolussi zum Chief Digital Officer der Stadt Uster (vgl. das Interview auf S. 10), waren landes- weit eigentliche Pioniertaten. Als Basis für konkrete Schritte hatte der Stadtrat Anfang April 2019 die «Strate- gie Uster 2030» verabschiedet. Eines der fünf darin enthaltenen Handlungsfelder heisst «Smart City – Uster schreitet di- gital voran». Mit diesen Aktivitäten ist man im Oberland nicht weit vom doch ressourcenstärkeren Zürich entfernt, dort hatte der Stadtrat am 5. Dezember 2018 die Strategie «Smart City Zürich» auf die Reise geschickt. In Bern wurde Eine Paradedisziplin der Begriff «E-Government». Damit im Februar 2018 die «Digitalstrategie beim Thema digitale werden die Bestrebungen zusammen- Stadt Bern 2021» veröffentlicht, wo erste Stadt ist die vernetzte gefasst, die Dienste und Leistungen Smart-City-Projekte wie die E-Partizipa- Mobilität. Namentlich die Autohersteller der öffentlichen Hand zu digitalisieren. tion vorgesehen sind. betreiben auf diesem In der Schweiz arbeiten Bund, Kantone Gebiet intensiv und Gemeinden seit über zehn Jahren an Klein und flink Forschung. Foto: BMW Group diesem Ziel. Vielerorts wurde inzwischen Die Bemühungen, noch smarter zu parallel zum analogen Angebot ein elek- werden, derart rasch umzusetzen, ist tronischer Kanal installiert, der dereinst typisch für kleinere bis mittlere Städte, beziehungsweise Gemeinden. So kön- nen dort innovative Projekte, wie etwa «Unter dem Begriff ‹E-Government› intelligente Strassenbeleuchtungen oder Anwendungen im ÖV und im kommu- werden die Bestrebungen zusammen- nalen Bereich, vielfach unkomplizierter, gefasst, die Dienste und Leistungen der sprich rascher realisiert werden, weil sie kürzere Instanzenwege als etwa eine öffentlichen Hand zu digitalisieren.» Grossstadt haben. In Uster fussen die einschlägigen Be- für die Bevölkerung und die Wirtschaft mühungen auf einer spezifischen Digi- zur ersten Wahl werden soll. Auch sol- talstrategie. Diese ist auf die Leitlinien len Informationen und Dienste ab einem von Bund und Kanton ausgerichtet und gewissen Zeitpunkt vorwiegend elektro- bezieht sich namentlich auf das fünfte nisch angeboten werden. Und dies wo Handlungsfeld der städtischen «Stra- immer möglich für mobile Geräte adap- tegie Uster 2030» «Smart City – Uster tiert. Das Ziel ist, den Zugang zum elekt- schreitet digital voran». Wie die Stadt in ronischen Leistungsangebot zu verbes- der Medienmitteilung in diesem Zusam- sern, die Barrierefreiheit sicherzustellen menhang im November 2019 mitteilte, und elektronische Prozesse durchgängig sollen die in der Strategie formulierten zu machen. Projekte «die nötigen Voraussetzungen schaffen, damit die Stadtverwaltung Pioniertaten in Uster auch in Zukunft ihre Rolle als kunden- Bereits heute ziemlich «smart» ist Uster. freundliche Dienstleisterin für die Bevöl- So ist die Stadt seit 2013 Mitglied beim kerung und zugleich als attraktive Arbeit- E-Government-Programm des Kantons geberin wahrnehmen kann». 6 Uster Report 5 | 2020
Strategie als Bekenntnis Und was ist mit den anderen zwei Teil- Die Stadt Uster versteht die Digitalstra- projekten der ersten Etappe der Digi- tegie «als Bekenntnis, sich aktiv mit dem talstrategie, «Change Management» Thema Digitalisierung auseinanderzu- und «Prozessorientierte Verwaltung»? setzen». Konkret wurde in diesem Do- Die Ustermer Behörden wollten noch kument als Hauptschwerpunkt einer im Jahr 2020 starten. «Diese Projekte ersten Umsetzungsphase von 2019 bis laufen voraussichtlich erst Anfang des 2021 der Bereich «Smart Governance» kommenden Jahres an», räumt Lucas definiert. Dieser Bereich enthält die Nicolussi einen gewissen Rückstand auf Kernprojekte «Prozessorientierte Ver- den vorgenommenen Zeitplan ein. Die waltung», Change Management» und «mobile Sitzungsvorbereitung für Behör- den». Wurde bei den beiden ersten Pro- «Die Stadtverwaltung soll auch in jekten in diesem Jahr erst die Planung an die Hand genommen, sollte sich das Vor- Zukunft ihre Rolle als kundenfreund- haben «mobile Sitzungsvorbereitung» liche Dienstleisterin für die Bevöl- nach der Lancierung 2019 in diesem Jahr bereits in der Umsetzung befinden. kerung und zugleich als attraktive Arbeitgeberin wahrnehmen können.» Mit zwei Jahren war der Zeitrahmen für dieses Projekt auch am kürzesten aller Projekte definiert worden, die übrigen Vorhaben hätten aufgrund der Spar- haben eine prognostizierte Länge von massnahmen 2019, des Notbudgets sechs bis acht Jahren. Gemäss Auskunft 2020, der Vakanz des Stadtschreibers von Lucas Nicolussi, dem Chief Digital und der Corona-Pandemie nicht vor- Officer der Stadt Uster, liesse sich das her gestartet werden können. Wie sich Kernprojekt «mobile Sitzungsvorberei- etwa Corona auf diese Pläne noch aus- tung» dermassen rasch realisieren, weil wirken wird, weiss natürlich niemand. Dies ist das Cover «es sich um einen klassischen Service Doch wie auch immer, solche Hürden zu «Smart Uster» – handelt, der sich mit einer entsprechen- müssen wohl auch andere Städte und die Digitalstrategie der Stadt Uster. Es den Software verhältnismässig einfach Gemeinden meistern. Ein Trost dabei ist, gibt kaum einen und gezielt umsetzen lässt». Die Realisie- dass Uster bereits heute schon ziemlich Bereich, der durch die rung wird auch dadurch erleichtert, dass «smart» ist. Digitalisierung nicht betroffen wäre. es sich um ein Web- und App-basiertes Illustration: Stadt Programm handle und somit nicht von Martin Mäder Uster einer bestimmten Hardware abhängig sei. Lucas Nicolussi: «Die benötigten Ge- räte sind bekannt und vorhanden.» Leicht im Verzug Der «Uster Report» erkundigte sich beim «Mr. Digital der Stadt Uster», wie weit man mit dem Teilprojekt «mobile Sit- zungsvorbereitung für Behörden» nun aktuell effektiv ist, schliesslich soll es bereits Ende dieses Jahres abgeschlos- sen werden. Lucas Nicolussi: «Wir sind zeitlich leicht im Verzug. Bisher ist die mobile Sitzungsvorbereitung bei der Primarschulpflege im Einsatz, ab Herbst 2020 ist sie auch für Sekundarschulpfle- ge und Gemeinderat geplant.» Thema 7
Bild rechts: Interview mit Lucas Nicolussi, Chief Der sogenannte Digital Officer der Stadt Uster Binärcode, eine Zahlenreihe aus Einsen und Nullen, Was bedeutet für Sie generell der steht sinnbildlich für Begriff «smart»? die Digitalisierung. «Smart» bedeutet für mich ziemlich ge- Foto: Gerd Altmann, Pixabay nau das, was es übersetzt auch heisst, also eine Mischung von intelligent, clever und schlau. War denn die Stadt Uster dies alles zuvor nicht? Doch, die Stadt Uster war schon immer bestrebt, sich zu entwickeln, zu verbes- sern und für eine hohe Lebensqualität Werden aber etwa ältere Menschen, zu sorgen. «Smart» oder «Smart City» die vielleicht mit einem Computer heisst heute: die Lebensqualität der nicht viel anfangen können, nicht Stadt und deren Standortattraktivität ausgeschlossen? verbessern, indem digitale Technologi- Zunächst muss ich an dieser Stelle eine en und Infrastruktur eingesetzt werden. Lanze brechen für all die «älteren Leute», die super mit einem Computer, Smart- Wie steht es um die allgemeine phone und anderen elektronischen Ge- Umsetzung der «Digitalisierung»? räten zurechtkommen. Sie regen sich zu Nun, diese ist bereits da und geht auch Recht über das Klischee «65+ = digitaler nicht mehr weg. Die Schweiz liegt im in- Analphabet» auf. Tatsache bleibt aber, ternationalen Vergleich bezüglich Digita- dass es Menschen gibt, die aus unter- lisierung in den Top Ten, gilt als innova- schiedlichen Gründen keinen oder nur tiver Wirtschaftsstandort und investiert schlechten Zugang zu digitalen Informa- entsprechend viel. Und die «digitale tionen und Services haben. Ebenso wie Wirtschaft» benötigt eben auch eine Bund und Kanton richtet sich die Stadt «digitale Verwaltung». Uster nach dem Motto «Digital First» und nicht «Digital Only». Das heisst, auch künftig wird es «analoge» Services ge- ben, im Hintergrund werden sie jedoch digital abgehandelt. Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die Arbeiten zur Umsetzung der Ustermer Digitalstrategie ausgewirkt? Insgesamt hat das Thema «Digitalisie- rung» deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten als noch im Vorjahr. Für die Projektumsetzungen jedoch war «Coro- na» eher eine Bremse, da die internen Ressourcen für dringliche kurzfristi- Der Wermatswiler ge digitale Projekte eingesetzt werden Lucas Nicolussi verbindet als früherer mussten, um die Covid-19-Auflagen und Stadtarchivar und -Empfehlungen umzusetzen (Video-Con- heutiger Chief Digital ferencing, Home-Office etc.). Officer (CDO) gekonnt Altes und Neues. Foto: Bollhalder Martin Mäder 10 Uster Report 5 | 2020
UNERWARTETE BEGEGNUNGEN Pfarrerin Bettina Wiesendanger über Gott und Gefängnis Sechs Pfarrpersonen arbeiten in Psychiatriepflege: ein idealer Ausgleich. Usters reformierter Kirche. Bettina Im Studium feilt man lange an Formu- Wiesendanger ist Pendlerin: zwi- lierungen, auf den Psychiatriepatienten schen Uster und Winterthur, zwi- muss man in Sekundenbruchteilen re- schen Freiheit und Gefangenschaft. agieren. Sie predigt in Usters Heimen und in der Kirche. Sie erzählt, worauf es ihr Bevor Sie nach Uster kamen, waren bei der Konfirmation ankommt und Sie schon in der Gefängnisseelsorge wie sie einmal einen vollbesetzten tätig. Wie gestalten Sie die Bus zum Stehen brachte. Begegnungen mit Gefangenen? Gab es Erfolgserlebnisse? Bekehrungen? Sie rollt mit einem rosa Trottinett an, Bekehrungen wären unprofessionell. das nicht aufs Bild darf. Wir treffen uns Das ist nicht Aufgabe einer Gefängnis- im Restaurant 8610 beim Friedhof. Und seelsorgerin. Im Fall eines Interesses an nach dem Fototermin, der – wie Figura einer Mitgliedschaft wäre die Pfarrper- zeigt – kein druckbares Resultat zeitigte, son der Wohnortgemeinde des Insassen rollt die kleine Frau aus dem «bedräng- zuständig. Meine Aufgabe als Gefäng- ten Berufsstand» auf ihrem rosa Unter- nisseelsorgerin ist es, einem Menschen, satz mit wehendem Rock dem nächsten der sich in einer ungewohnten Situation Pfarrerin Bettina Termin entgegen. wiederfindet, zu helfen, seine Gedanken Wiesendanger vor zu ordnen und sich neu auszurichten. dem Oberblegisee im Frau Wiesendanger, wie kamen Sie Ich versuche also aus dem, was mir der Gespräch mit Konfir- manden im Konflager zum Pfarrberuf? Gefangene mitteilt, ihm eine Perspektive 2020. Als Schülerin des Seminars Unterstrass aufzuzeigen, ihm glaubwürdig zu sagen, (Foto: Antje Bakker) in Zürich waren mir als Sechzehnjährige gewisse fromme Bräuche dieser Institu- tion zu eng. Weil ich vielseitig interessiert war, wusste ich nicht, was ich studieren sollte. Die Aussicht, nochmals vier bis sechs Jahre von den Eltern abhängig zu sein, schreckte mich ab. Damals lief in der Psychiatrie noch immer der Über- gang vom «Wärter» zum «Pfleger». Ich begann nach der Matura für monatlich CHF 2500.– als Lernende im Burghölzli zu arbeiten und schloss dann die Aus- bildung zur Psychiatriepflegerin ab. Da- bei machte mich etwas stutzig: Patien- ten, die von ihrem Glauben sprachen, wurden als psychisch krank hingestellt, pathologisiert. Dem wollte ich auf den Grund gehen. Kann man an Gott glauben und Psychiaterin sein? Ich holte das La- tein nach und studierte Theologie. Dane- ben arbeitete ich bis zu 70 Prozent in der Thema 11
KUNST AUSSTELLUNG Ciot Paola Ciot Design | Schmuck und mehr Degen Corinne Bilder Dubois Dominique Steinskulpturen Gründler Gabriela / Studer Heinz Skulpturen Hotz Claudine Bilder Krähenbühl Jean-Pierre Bilder Ouboter Patricia Ellen Bilder und Steinskulpturen Ouboter Trudy Bilder Walter Kurt P. Skulpturen aus Findlingen Widmer Tatjana Bilder Wood-Room Schreinerei-Zimmerei Vernissage 18. Sept. 2020 17-22 Uhr Freitag 25. Sept. 2020 17-22 Uhr Samstag 19. Sept. 2020 16-22 Uhr Samstag 26. Sept. 2020 16-22 Uhr Sonntag 20. Sept. 2020 11-15 Uhr Finissage 27. Sept. 2020 11-15 Uhr Usterstrasse 13 & 17 Sponsoren bunts.ch | elektro-marti.ch | fotozitt.ch | gartist.ch | gossau-zh.ch | hustech.ch | leutenegger-insta.ch | lichtfunken.ch | 8614 Bertschikon (Gossau) ZH Meier Michael, Maler | Microlino | Mischol Markus | nova-ag.ch | amapoli.ch prosecco-hans.ch | Reinhart Thomas | urbankern.ch | info@amapoli.ch Weber Felix, Architekt | und weitere NEW TOYOTA COROLLA GR-SPORT A A B TOYOTA 0.9% MIT C D RACING INSPIRED FOR YOU FREE SERVICE VOLLGARANTIE E F Neu mit 2,0-l-Hybrid-Antrieb und 184 PS. LEASING ASSISTANCE G DAS TOYOTA-CENTER ZÜRICH OBERLAND Zürichstrasse 99, 8610 Uster 044 905 20 30, www.bamert.ch SEIT 50 JAHREN Corolla Hybrid GR-Sport, 2,0 HSD, 135 kW. Ø Verbr. 5,6* l/100 km, CO₂ 127* g/km, En.-Eff. A. Zielwert Ø CO₂-Emission aller in der Schweiz immatrikulierten Fahrzeugmodelle 115 g/km. *Gemäss Prüfzyklus WLTP. 12 Uster Report 5 | 2020
dass in seinem Leben wieder andere Ihrer Gottesdienste.» Vielleicht kommen Zeiten kommen werden, mit anderen sie in Freiheit persönlich bei mir vorbei. Gefühlen: «Vergessen Sie nicht: In drei In einem Gottesdienst habe ich aber Monaten werden Ihre Kinder ihren Vater noch nie jemanden aus diesem Kontext brauchen.» Dies als Beispiel. Ist der Häft- angetroffen. Am ehesten suchen Straf- ling von sich aus religiös, versuche ich entlassene später weiterhin die diakoni- ihn in seinem eigenen Frömmigkeitsstil sche Arbeit der Kirche, melden sich beim abzuholen. Da habe ich mittlerweile eine Sozialdiakon. Im Gefängnis ist das Set- sehr breite Palette an Erfahrungen. ting klar, ich habe einen professionellen Auftrag, der Gefangene ist auf Zeit dort. Sie wurden 2014 in Uster zu Das ultimative Highlight war ein Strafent- Eine Zelle für Unter- 50 Prozent ins Pfarramt installiert lassener, der später, als Buschauffeur suchungshäftlinge in Winterthur: «Dem («eingesetzt», aktuell sind es arbeitend, mich auf der Strasse erkann- Verhafteten helfen, 70 Prozent für Uster). Welche te, den vollbesetzten Bus mitten in der seine Gedanken zu Aufgaben wurden Ihnen in der Strasse stoppte, mich herzlich grüsste ordnen und sich neu auszurichten.» (Bild Kirchgemeinde Uster zugeteilt? und fragte, ob ich immer noch an be- von Kommunikation Zu 40 Prozent sind das: Seelsorge, wusstem Ort Besuche mache. Justiz und Inneres zfg) Gottesdienste, Taufen, Trauungen und Abdankungen. Die übrigen 10 Prozent betreue ich den Schwerpunkt Diakonie. Hier geht es um die sozialen Aufgaben der Kirche, die in meinem Arbeits- schwerpunkt – ohne Jugend, Familien und Senioren – vor allem unser Sozialdia- kon Rémy Beusch wahrnimmt (UR 5/16). Zu meinen Aufgaben gehörte anfänglich der einstige Kirchenbasar, der nun im Chilefäscht weiterlebt. Ich bin weniger die Quartierpfarrerin mit einem grossen Netzwerk. Aber schöne Momente sind es, wenn ein rechtsbürgerliches Kirchen- mitglied zusammen mit einem syrischen Flüchtling gemeinsam in einem meiner Gottesdienste feiern und sich so in der Kirche verschiedene Milieus begegnen. Gab es in der diakonischen Arbeit Fälle, in denen Sie Menschen erst in Uster und dann im Gefängnis betreuten oder umgekehrt? Wie verändert dieser Wechsel die Beziehung zur Seelsorgerin? Solches erlebe ich. Wobei man sich da keine übertriebenen Vorstellungen ma- chen darf: Aus Ex-Häftlingen werden keine Gottesdienstbesucher. Und jene reformierten Kirchenmitglieder, die ich wegen Wirtschaftsdelikten in Halbgefan- genschaft betreute und denen ich von meiner Arbeit in der Gemeinde erzähle, meinen dann schon: «Interessant, wenn ich wieder frei bin, komme ich in einen Thema 13
Die «Villa Rosa» in Winterthur: hier werden Strafen in Halbgefangenschaft vollzogen. (Bild von Kommunikation Justiz und Inneres zfg) Im Mai 2021 werden Sie eine Gruppe ich mir ein Bild hatte aussuchen müs- junger Menschen konfirmieren. sen»: das Konfirmationsbild. Ich fand Welchen Unterschied macht die diese Konfirmationsbilder stets sehr Konfirmation im Leben eines fragwürdig. Aber über die Anknüpfung Menschen? an das Bild kamen wir rasch in ein Ge- Die Konfirmation als öffentlicher Akt, an spräch um die wichtigen Fragen. dem man ein schmuckes Kleid zu Schu- hen mit Absätzen oder den ersten Anzug Der reformierten Kirche werden mit Krawatte trägt, macht für mich vom durch Kirchenaustritte nicht nur die Glauben her keinen Unterschied. Ein Un- Kirchensteuern der Ex-Mitglieder terschied macht, ob man in dieser Zeit entzogen, auch die Staatsbeiträge Bettina Wiesendanger eine Auseinandersetzung mit der Bibel sinken. Wie gehen Sie als Pfarrerin ist auch Religions- sucht, sich auf eine solche einlassen will. damit um? lehrerin in Wattwil Als ich 2016 meine erste Konfirmation Manchmal finde ich es belastend und Kolumnistin für den «Stadtanzeiger in Uster vorbereitete, hatte ich im Ge- und ich kann die eilig hingeworfenen Winterthur». (Aus- fängnis einen Gefangenen zu betreuen, Small-Talk-Lösungen, die einem dann schnitt aus PDF der dessen einziger Bezug zur Kirche in der aus dem populären Marketing-Halbwis- Kolumne mit Bild der Autorin: «Die Bibel in dunklen Erinnerung bestand, «da war sen genannt werden, nicht mehr hören: einem Satz») mal so ein Anlass in der Kirche, für den Ihr müsstet bunter sein, profilierter oder mehr auf Twitter und Instagram. Wir lan- deskirchlichen Pfarrpersonen gehören GLAUBENSSACHE: «DIE BIBEL IN EINEM SATZ» VON BETTINA WIESENDANGER, REFORMIERTE GEFÄNGNISSEELSORGERIN UND KANTONSSCHULLEHRERIN einem stark bedrängten Berufsstand an, Einige Interessierte und untreu, sie liefen fremden ger um sich, wurde aber bald in Je- zusammengefasst lösen diese The- wollen die Bibel in ih- rem Leben einmal Göttern nach, weshalb Gott sie feindlichen Grossmächten auslie- rusalem als Aufrührer hingerich- tet, jedoch verkündeten seine Jün- men bei mir als Zeitgenossin Stress aus. Völker gegen Völker, Kleine damit muss man bei der Arbeit klarkom- ganz durchlesen. Manche von ihnen ferte, nachdem er durch seine Pro- pheten deutliche Warnungen hatte ger, dass er von den Toten auf- erstanden und darum als Gottes gegen Grosse, Aufrührer in Machtblöcken, eine Weltreligion, men. Es bleibt aber nach wie vor eine fragen mich im Zuge ergehen lassen, doch es geschah, Sohn zu verehren sei, sie gründe- die vielleicht an manchen Orten zu ihrer Gesamtlektüre, ob ich das auch schon getan hätte. Ich muss wie es vorhergesagt worden war, nacheinander unternahmen die ten eine neue Gemeinschaft, die über das Judentum hinauswuchs einer kleinen Gemeinschaft wird. Im Satz über die Bibel fehlt das Ge- sehr schöne Aufgabe mit grossartigen Möglichkeiten. dies jeweils verneinen. Persönlich Assyrer und Babylonier Erobe- und zur Weltreligion wurde.» bet. Mit dem Gebet endet der lese ich in der Bibel immer punk- rungszüge ins Heilige Land und Kanaan, Assyrien, Babylon, Israel, Stress. Deshalb meine Ergänzung tuell, immer bezogen auf einen stürzten die israelitischen Könige Persien, Rom, Galiläa; Verschlep- der Gesamtschau im Kleinstfor- Zusammenhang, auf eine Frage- vom Thron, zerstörten den Jerusa- pung und Exil, Rückkehr und mat: «… und Frauen und Männer stellung. Kürzlich aber habe ich lemer Tempel und verschleppten Wiederaufbau; Hinrichtung und beteten an den verschiedensten eine Gesamtschau auf die Bibel ge- das Volk, bis die Perser die Herr- Auferstehung – die Bibel ist kein Orten und zu den verschiedensten funden, die vielleicht das Bedürf- nis nach einem Überblick stillt. schaft der damals bekannten Welt ergriffen und den Israeliten die ruhiges Buch. In einem Satz zusammengefasst löst sie bei mir Zeiten, allein oder gemeinsam, öf- fentlich oder im stillen Kämmer- Pfarrpersonen stehen in der J.H. Claussen hat vor zehn Jahren Rückkehr aus dem Exil und den Wiederaufbau ihrer Heimat ge- als Leserin Stress aus. Völker ge- gen Völker, Kleine gegen Grosse, lein und sprachen zu Gott: Hilf uns und allen Menschen, die deine Öffentlichkeit. Gab es Momente in die Bibel in einem einzigen Satz statteten, doch zur alten Grösse ein Aufrührer in einem Riesen- Hilfe brauchen, Amen.» zusammengefasst: «Aus Nichts erschuf Gott Himmel und dem kehrte Israel nicht mehr zurück, sondern es wurde schliesslich eine reich, eine kleine Gemeinschaft und eine Weltreligion. Ihrem Leben, wo Sie wegen Ihrer RUBRIK GLAUBENSSACHE Erde, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die Menschheit, aus der er kleine Provinz im Riesenreich der Römer, doch trat im galiläischen Eritreer, Afghanen, Syrer, Marok- kaner, Somalier, Sudanesen; Hier melden sich Mitarbeitende der grossen Rolle auf etwas verzichten mussten? sich das kleine Volk Israel auser- Hinterland ein neuer Prophet auf, Flucht und Exil, Rückkehr und Landeskirchen zu Wort: Vertreter der Katholischen wählte und ihm das gelobte Land Kanaan schenkte, doch die Israeli- Jesus von Nazareth, der verkün- dete, dass Gottes Reich unmittel- Wiederaufbau; Tod und Bestat- tung – das alles ist in der Bibel und der Reformierten Kirche Winterthur äussern sich immer abwechslungsweise zu Themen, Da ich in Winterthur wohne und nicht in einem Pfarrhaus in Uster, bin ich weniger ten erwiesen sich als undankbar bar bevorstünde, er sammelte Jün- enthalten. In einem Satz die herausfordern. 14 Uster Report 5 | 2020
exponiert. Was mir immer bewusst ist: Wenn ein gewöhnlicher Bürger «A» sagt und wenn eine Pfarrperson «A» sagt, dann wird dieselbe Aussage möglicher- weise anders aufgefasst. Das mag mit ein Grund sein, warum ich nicht in den sozialen Medien präsent bin, weil sich im digitalen Panoptikum die Sichtweisen auf eine Aussage sehr schnell verengen können – bis zu ihrer Entstellung. Welches war der heiterste Moment in ihrer Ustermer Tätigkeit? Solche ergeben sich, wenn Menschen einen vermeintlich «langweiligen» Got- tesdienst besuchen und überrascht, ja verblüfft feststellen, dass hier etwas stattfindet, das sie von der «verstaub- ten Kirche» nie erwartet hätten. Der von Frauen durchgeführte Weltgebetstag zum Beispiel: Alle Jahre wieder, was kann es Langweiligeres geben?! Doch dann erfährt diese Person, wie hier Frauen auf der ganzen Welt zusammengefun- den haben, um über die konfessionellen Grenzen hinweg an einem bestimmten Tag sich den Fragen einer Frauengruppe Jahr, mit wachen und kritisch gläubigen Impressionen vom aus einem Land zu stellen und in einer Ustermerinnen aller Konfessionen diese Weltgebetstag 2018 gemeinsamen Liturgie zu feiern. Das Feier gestalten zu dürfen. in Uster: globale, ökumenische Feier ist global, themenzentriert, performa- gestaltet von wachen tiv und in Echtzeit. Ich freue mich jedes Giorgio Girardet Frauen. (Bild: Gisela Elsässer) e?! de enki e sch G 364 Tage im Jahr offen Hotel Restaurant Puurehuus Fehraltorferstrasse 9 | 8615 Wermatswil Telefon +41 43 399 16 16 info@puurehuus.com | www.puurehuus.com Thema 15
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EIN ENERGIENETZ FÜR USTER Über die für unsere Stadt bedeutsame Energiegewinnung Neben der Wasserkraft wurden in Uster seit 1850 auch Dampfmaschi- nen eingesetzt. Diese dienten wegen mangelnder Effizienz parallel zur Wasserkraft lediglich zur Unter- stützung. Wo man aber von Beginn weg auf die Dampfmaschine setzte, war in der Maschinenindustrie. Die nächste Evolutionsstufe gab es mit dem elektrischen Strom im Jahr 1897 – zumindest in Kirchuster. Das Abenteuer begann mit Alfred Zell- weger, einem Pionier der Elektrotechnik. Zunächst übernahm er 1880 eine kleine Lufttelegraphenwerkstätte an der Flora- strasse. Zwei Jahre später expandierte er an die Neuwiesenstrasse 10, wo er die Werkstatt für elektrische Apparate auf- baute und sich auf die Entwicklung von Lichtanlagen, Telefonapparaten sowie Elektromotoren konzentrierte. Kraftwerk in Kirchuster Unter anderem durch Zellwegers Ein- fluss entschied der Gemeinderat von Kirchuster im Jahr 1896, ein eigenes Kraftwerk zur Erzeugung elektrischer Energie zu errichten. Bereits ein Jahr später konnte es an der Asylstrasse er- öffnet werden. Der Strom wurde durch zwei Gasgeneratoren erzeugt, für die ei- gens ein kleines Gaswerk in einer kleinen Baracke errichtet werden musste. Drähte alle an Stangen oberirdisch ge- Vergleich gestern Neben dem Glauben an den Fortschritt führt wurden. und heute: Oben das war vor allem die Strassenbeleuchtung Elektrizitätswerk kurz nach Abschluss der das Motiv für die Einführung des Stroms: Nach und nach kamen weitere Abon- Bauarbeiten 1897. Es Er war sauberer, billiger und weniger nenten für den Strom hinzu. Industrien stand damals auf wei- aufwändig im Unterhalt als Petroleum. stellten ihre Maschinen von der Wasser- tem Feld allein. Heute sind im Gebäude der Zunächst wurden alle Strassenlaternen kraft auf die Elektrizität um. Auch Privat- sog. JazzConainer in Kirchuster auf die neue Technologie haushalte bemühten sich, am Fortschritt und das Jazz-Museum umgestellt. Ausserdem nutzte man das teilzuhaben und elektrisches Licht zu eingerichtet. Fotos: Julius Gujer StAU im Aufbau befindliche Telefonnetz für nutzen und nicht mehr auf die alten Pe- die Stromleitungen, weil die jeweiligen trollampen oder gar Kerzen angewiesen Thema 17
Kreuzung Zürich- strasse mit Post- bzw. Seestrasse, heute Springbrunnenkreisel. Rechts Restau- rant Molino an der Poststrasse. Bild: Julius Gujer StAU zu sein. Schon bald breitete sich entlang trischen Generator anzutreiben. Dieser den Strassen ein Netz von Strom und brachte die Spinnmaschinen zum Laufen. Telefonleitungen über den Köpfen der Ustermer aus. Höhepunkt der Entwicklung war 1908 die Inbetriebnahme der Uster-Oet- wil-Bahn, der ersten elektrischen Über- «Im Gegensatz zu Kirchuster blieben landstrassenbahn der Region. Trotz des zunehmenden Erfolgs des elektrischen die beiden anderen Zivilgemeinden Stroms blieb für Ober- und Niederuster beim Strom abseits.» die Beteiligung an dem Unternehmen Elektrizitätswerk einfach zu teuer. Gewisse Kreise warteten zu Gas oder Elektrizität? Die beiden anderen Zivilgemeinden Us- Gleichzeitig wurde in der Zieleten Usters ters blieben derweil abseits. Sie hatten Gaswerk in Betrieb genommen, ein di- kein Interesse, sich an der neuen Tech- rekter Konkurrent für das Elektrizitäts- nologie zu beteiligen, auch wenn manche werk. Das Gas sollte insbesondere fürs Alte Post, heute Mc- Industrielle gerne ans elektrische Netz Kochen zum Einsatz kommen, ausser- Donald’s, im Jahr 1896. Auf dem Dach erkennt angeschlossen worden wären. Zum Bei- dem wollten diesmal vor allem Ober- und man einen Fernmel- spiel die Industriellenfamilie Trümpler: Niederuster teilhaben, um endlich ihre dekranz für Telegra- Sie behalf sich, indem sie den benötigten veraltete Strassenbeleuchtung zu mo- phie, später auch für Stromleitungen . Strom mittels Wasserkraft und der alten dernisieren. Daran hatte der Gemein- Bild Julius Gujer StAU Turbine selbst erzeugte, um einen elek- derat von Kirchuster kein Interesse, da ja sonst der Ausbau des eigenen elekt- rischen Netzes sabotiert worden wäre. Ausserdem stellte sich heraus, dass Gas auch zum Heizen eine Option dar- stellte und auch in Kirchuster gefragt war. Ausserdem war Gas für die vielen Arbeiterfamilien erschwinglicher als Strom. Dieses Bedürfnis war der Grund für Kirchuster, das Wagnis einzugehen, neben dem Elektrizitätswerk, auch noch ein Gaswerk zu betreiben. Anschluss via Zweigleitungen Das Verteilungsnetz des sogenannten Stadtgases, das aus der Verbrennung von Kohlestaub gewonnen wurde, reich- 18 Uster Report 5 | 2020
te unter der Erde in Rohrleitungen bis in die letzte Ecke des damaligen Uster und wurde nach und nach ausgebaut. Der Anschluss an dieses Netz lag süd- lich des Bahndamms etwa bei der Bank- strasse 40. Es gab nur diesen einen Anschluss, der mit dem Gaswerk verbunden war. Selbst die Gegend oberhalb der Bahnlinie, die allerdings erst ab etwa 1910 wirklich aus- gebaut wurde, war nicht durch einen se- paraten Anschluss erschlossen, sondern über eine Zweigleitung von der Brunnen- Heizen erlebte das Gas eine Renaissan- Talackerstrasse mit strasse aus. Sollte der Anschluss an der ce, nachdem die Ölheizung dem Gas Blick zum Gast- Bankstrasse beschädigt werden, würde zuvor den Rang abgelaufen hatte. 63% haus Kreuz im Jahr 1892. Telegraphen- es in weiten Teilen Usters dunkel. des Wärmebedarfs werden heute mit masten säumen Erdgas gedeckt! Das ist praktisch, weil die Strasse. In der Strom setzt sich durch Erdgas ohne weiteres mit Biogas ergänzt Bildmitte, rechts vom «Kreuz», steht eine Dem grossen, jahrzehntelangen Erfolg werden kann. Eine Erdgasheizung kann Petrolllaterne. des Gases zum Trotz setzte sich der heute auch leicht mit einer Solarthermie- Bild: Julius Gujer StAU elektrische Strom für die Beleuchtung anlage kombiniert werden. und den Antrieb von Maschinen lang- fristig durch. 1920 sattelten die beiden Mit der Aufhebung der Zivilgemeinden Zivilgemeinden Ober- und Niederuster 1927 entstanden 1928 die Gemeinde- für ihre Strassenbeleuchtung endlich werke Uster, die Vorgängerorganisation auch auf die Elektrizität um. Ausserdem der heutigen Energie Uster AG, die im verlangten auch hier immer mehr Leute Jahr 2000 gegründet wurde. Die heutige nach elektrischem Licht und einem hei- Energieversorgung ruht bis heute auf mischen Telefonanschluss. Auf der an- den drei Pfeilern Wasser, Elektrizität und deren Seite blieb das Gas für die Küche Gas, wie schon vor mehr als 110 Jahren. noch eine Zeit lang beliebt, bevor auch Allerdings soll der Verbrauch der fossilen hier der Strom die Oberhand gewann. Energie in Zukunft stark gesenkt werden: Gemäss dem kommunalen Energieplan 1968 wurde das Gaswerk abgebrochen, von 2013 will Uster den Anteil erneuer- nachdem es vier Jahre zuvor stillgelegt barer Energie von heute 7% bis 2035 auf worden war. Seither zapft Uster sein Gas mindestens 45% erhöhen. von einer Pipeline, die seit 1974 umwelt- freundlicheres Erdgas befördert. Zum Michael Köhler Heutiger Stadt- hausplatz im Jahr 1900. Links die Bahnhofstrasse. Am Strommast beim Brunnen hängt eine der damals typischen Stromlaternen. Bild: Julius Gujer StAU Thema 19
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SMARTE LÖSUNGEN GEFRAGT Umfrage an der Kantonsschule Uster nach dem Lockdown Am 16. März wurden die Schweizer Was waren die Probleme und Schulen aufgrund der Corona-Krise Herausforderungen, die beim geschlossen. Während die obligato- Online-Unterricht auftraten? rischen Schulen am 11. Mai wieder Ich kann hier nur von meinen persön- öffnen konnten, mussten Berufs- lichen Erfahrungen sprechen. Eine He- und Mittelschulen bis zum 8. Juni rausforderung war, dass der Stoff der warten. Unterrichtsform angepasst werden musste, sodass er gut vermittelbar und In Uster war auch die im Bildungszent- abwechslungsreich blieb. Dabei fehlte rum (BZU) beheimatete Kantonsschule vor allem der direkte Kontakt zu meinen (KSU) gezwungen, ihre Türen zu schlie- Klassen. Kurze Videosequenzen waren sen. Eine Lehrerin und zwei SchülerIn- möglich, ansonsten sah man sich nicht. nen erzählen uns von ihren Erfahrungen Das hiess, dass die Aufträge und vie- mit dem Online-Unterricht. Und wie es len Rückmeldungen schriftlich erfolgen war, am 8. Juni wieder in die Schule zu mussten, was einen grossen Zeitauf- gehen – oder eben auch nicht. wand bedeutete. Zudem gibt es in einer solchen Situation Aspekte, die komplett «Die Schülerschaft hat das toll wegfallen, weil sie online nicht unterrich- gemeistert!» tet werden können, wie zum Beispiel das Sabine Abt ist Deutsch- und Englischleh- Gespräch über Literatur. Auf der Seite rerin an der Kantonsschule Uster. Neben der Schüler/-innen weiss ich aus Rück- dem Online-Unterricht musste sie sich meldungen, dass für viele die Schule als auch um das Schultheater kümmern, wel- Ort zum Lernen sehr wichtig. Nicht alle ches sie leitet und das vom März in den haben zu Hause eine angenehme Lern- September verschoben werden musste. situation, für sie war die Lockdown-Zeit Der Eingangsbereich des BZU war während des Lockdowns für einige Zeit verwaist. Thema 21
Was können Sie aus dieser Zeit mitnehmen? Dass der Mensch zwar ein sehr anpas- sungsfähiges Wesen ist, aber Unterricht ohne direkten Kontakt über längere Zeit sehr anstrengend und nicht für alle ge- eignet ist. Erfolgreiches Lernen und Leh- ren braucht ein lebendiges Gegenüber. «Die ersten Wochen waren recht aufregend» Anselmo Assetta hat in diesem Jahr die Matur bestanden. Ohne Prüfungen, aber dafür mit Corona-Wirrwarr. Seinen letz- ten Schultag verbrachte er unbewusst. Sabine Abt ist Deutsch- und Wie war für dich der Englischlehrerin an der Kantonsschule Online-Unterricht? Uster. Es war eine gute erste Erfahrung. Die un- teren Jahrgänge arbeiten zum grössten besonders schwierig. Auch hilft vielen Teil schon mit ihrem Computer zu Hause das gemeinsame Lernen, der Austausch, und in der Schule. Wir waren der letzte die Möglichkeit, unkompliziert nachfra- Jahrgang, der noch nicht eigene Laptops gen zu können. Insgesamt möchte ich in die Schule nehmen musste. Dank Co- jedoch betonen, dass unsere Schüler- rona waren wir doch noch mit dieser Un- schaft diese Zeit toll gemeistert hat! terrichtsform in Kontakt gekommen. Die ersten Wochen waren recht aufregend Wie war für Sie der Start am 8. Juni? und zum Teil verwirrend, weil es für uns Grundsätzlich schön. Ich hatte mich sehr neu war. Mit der Routine merkte man darauf gefreut, meine Klassen wieder aber schnell, dass es viel ermüdender ist, live zu sehen. Die Stimmung war aber als wenn man normal zur Schule geht. ziemlich gedämpft im Schulhaus, da viel Der Unterricht fing eigentlich nie richtig weniger Menschen als sonst unterwegs an – und hörte auch nie richtig auf: Man waren und wir untereinander Distanz war montags bis freitags permanent in halten mussten. Obwohl der Halbklas- der Schule. Vom sozialen Kontakt her ha- senunterricht in den oberen Klassen mit ben wir gemerkt, dass es anders war, als erneuter Unterrichtsadaption verbun- wenn man sich in Realität trifft. Ich habe den war, ergaben sich so neue Chancen mich schon etwas einsamer gefühlt. Es durch die kleineren Gruppen. war nicht so, dass man allein war, aber eher, dass man sich dachte «Hey, den Ihr Schultheater «Was ihr wollt» soll würde ich jetzt gerne persönlich treffen.» nun statt im März vom 10. bis 13. September stattfinden. Wie gestaltet Du hattest auch keine Mottowoche sich die Situation im Moment? oder Maturstreich. Und auch die Im Moment ist konsequentes Social Di- Maturfeier war speziell. Wie hast du stancing im Publikum geplant. Auf der das empfunden? Bühne innerhalb der Theatergruppe Es war schade, dass ich die Mottowoche werden wir keine Einschränkungen vor- und den Maturstreich so nicht erleben nehmen, da das Contact Tracing gewähr- durfte. Vor allem schade war, dass ich leistet sein wird. Natürlich beobachten dieses Abschiedsritual nicht mit meinen wir die Entwicklungen genau und ziehen Freunden feiern konnte. Für uns sah es je nachdem Konsequenzen daraus. am 13. März zuerst so aus, als würden 22 Uster Report 5 | 2020
wir nach ein paar Wochen wieder zur Was kannst du aus dieser Zeit Schule gehen, aber im Endeffekt hatten mitnehmen? wir nie mehr zusammen Schule. Wir ha- Dass man mit einer gewissen Selbstdiszi- ben alle unseren letzten Schultag un- plin dranbleiben muss. Es ist nicht immer bewusst verbracht. Immerhin war dann einfach, wenn man sein eigener Chef ist unsere Abschlussfeier, mit Sicherheits- und sich selbst animieren muss, etwas abständen, trotzdem ein würdevoller anzugehen, worauf man nicht so Lust Abschluss. hat. Es hat auch viel dazu beigetragen, dass ich ein Stück weit selbstständiger Findest du, dass dir die Matur geworden bin und für mich Verantwor- geschenkt wurde? tung übernehmen kann. Nein. Man kann darüber streiten, ob man uns die Maturprüfungen geschenkt «Man hat sehr viel über hat. Ich weiss von vorherigen Jahrgän- sich gelernt» gen, dass die Prüfungen die Noten Zoe Mackinga bestreitet dieses Jahr nach tendenziell nicht wirklich veränderten. den Sommerferien ihr letztes Schuljahr Die Prüfungen wurden einem vielleicht und freute sich am 8. Juni vor allem dar- geschenkt, aber eine Matur ist ja nicht auf, wieder unter Menschen zu kommen. einfach nur die Prüfung zum Schluss. Sie ist nicht eine Leistung von einem Tag, Wie sah dein typischer sondern eine Leistung von vier bis sechs Online-Schultag aus? Jahren. Darum finde ich, dass jeder, der Ich stand jeweils zehn Minuten bevor die es ins letzte Jahr geschafft hat, die Ma- Schule anfing auf. Beim Frühstück mach- tur zu 75% bestanden hat. Die restlichen te ich schon einmal den Laptop an. Einige 25% hängen dann von der Fähigkeit ab, Lehrer hielten mit Hilfe der Programme ob man an einem bestimmten Datum ei- Zoom oder Teams Präsenzunterricht ab, nen grossen Umfang an Wissen abzuru- einige haben uns einfach Aufträge ge- fen vermag. Aber letztendlich sollte man geben. Offiziell mussten wir nach Stun- eine Matur nicht dafür bekommen, dass denplan arbeiten, aber man konnte es man Sachen auswendig lernen kann, sich selber einteilen. Man musste sich sondern dass man schlau ist. eigentlich alles selbst erarbeiten, das war eine rechte Umstellung. Auch, dass man am Morgen nicht aufsteht und zur Schule fährt, sondern dass man aufsteht und eigentlich drei Schritte später schon in der Schule ist. Vom Lernen her war der Vorteil, dass man sich den Fokus selbst setzen und so viel Zeit sparen konnte. Man hat auch gemerkt, welches Fach ei- nen wirklich interessiert: In der Schule kann das recht lehrerabhängig sein. Wie war für dich der Start am 8. Juni? Ich habe mich gefreut, wieder zur Schule zu gehen und meine Freunde zu sehen. Es war sehr gut organisiert. Jedes zweite Pult war abgeklebt und bevor wir das Zimmer verliessen, mussten wir die Ti- sche desinfizieren. Wenn wir uns bei Ex- Anselmo Assetta perimenten näher als zwei Meter kamen, wurde ein Stück weit mussten wir Masken tragen. Die Treppen selbstständiger. Thema 23
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und Gänge waren mit Pfeilen markiert, die die Gehrichtung angeben. Weil alle ihren Menschenverstand nutzten und begriffen, warum wir das machten, hatte alles insgesamt gut funktioniert. Was hat dir besonders gefehlt? Umarmungen. Was nimmst du aus dieser Zeit mit? Wie wichtig Organisation ist – seine eige- ne und die der Lehrer. Und wie wichtig unter Menschen zu sein doch ist. Man hat auch sehr viel über sich gelernt und wie eigenständig und selbstdiszipliniert man ist. Freute sich wieder auf die Schule: Zoe Cynthia Gehrig Mackinga. Trotz allem haben wir Geburtstag gefeiert wird später Bikes Zentrum Büelgass, Laufenbachstrasse 5, 8625 Gossau ZH & Tel. 044 975 16 20, www.velo-windrad.ch, windrad@velo-windrad.ch more Öffnungszeiten: Di–Fr 9.00–12.00/14.00–18.30, Sa 8.00–14.00 / Mo geschl. Thema 25
SMARTES – UND UNSMARTES Eine persönlich gefärbte Spurensuche Bild rechts: Smart heisst auch hübsch, und so Smart: bunte machte ich mich auf, um in Uster Blumenwiese direkt etwas Hübsches zu finden. an der Zürichstrasse. Die immer geschlossenen Bahnschran- ken können es sicher nicht sein. Auch die stehenden Autokolonnen am Abend tragen bestimmt nicht zu einem smarten Uster bei. Ebenfalls nicht als smart kann der starke Lastwagenverkehr mit den übergrossen Brummern bezeichnet werden. Die dortigen Baumflächen wurden mit Wildblumen bepflanzt und machen da- Aber halt: Sind es nicht auch die Vereine, mit das Zentrum zu einer strahlenden die eine smarte Stadt ausmachen? Lei- Blumenwiese. der sind in Uster innerhalb der letzten Jahre einige der traditionellen Vereine Fazit: Man muss zwar das smarte Uster verschwunden. suchen, kann es aber auch wirklich fin- den. Es gibt viele versteckte Dinge, die Und die Kunst? Ich erinnere an das bei- unsere Stadt zu einem echt «smarten» nah eingestürzte Kunstwerk im Zeug- Uster machen. Wir haben einen herrli- hausareal. Dieses machte Uster wohl chen See, ein stolzes Schloss und viele auch nicht smarter. weitere Schönheiten, die man aber nicht sehen kann, wenn man mit dem Smart- Fündig an der Zürichstrasse phone durch die Gegend geht. Also Au- Ich suche weiter, um das smarte Uster gen auf, es gibt das smarte Uster. zu finden, und siehe da – an der Zürich- strasse treffe ich auf ein echtes Kleinod. Ruedi Gysi Unsmart: trennende Bahnlinie mit Schranke. 26 Uster Report 5 | 2020
DER ENERGIE-FLUSS Stromproduktion als letzte Verwendung der Wasserkraft Dass man mittels Wasser Energie Zweistromland und die alten Ägypter gewinnt, ist eine «smarte» Leistung. vor über 5000 Jahren für sich arbeiten Entlang des Aabachs, zwischen dem liessen. Gebraucht wurde es zum Be- Pfäffiker- und dem Greifensee, ste- wässern der Wiesen, indem man das hen heute insgesamt zwölf Klein- kostbare Nass mit einfachen Schöpfrä- wasserkraftwerke, deren sechs al- dern in höher gelegene Rinnen leitete. lein auf dem Gebiet der Stadt Uster. Im 4. Jahrhundert v. Chr. erfanden die Unter dem Label «Aabachstrom» Griechen das Wasserrad und setzten es kann man sich bei der Energie Uster ebenfalls in der Landwirtschaft ein. AG mit so gewonnener Energie belie- fern lassen. «Das Wasserrad übersetzte die Kraft Jedes dieser Kraftwerke geht zurück auf die historische Nutzung der Wasserkraft des Wassers auf eine Winde.» als Antriebsenergie für Baumwollfabri- ken. Alle wurden unter denkmalpflege- rischer Aufsicht instand gesetzt und in Zum Antrieb nutzen den letzten 20 Jahren in Betrieb genom- Das Wasserrad übersetzte die Kraft des men. Die Stromproduktion ist heute die Wassers auf eine Winde, mit deren Hil- einzige Verwendung der Wasserkraft in fe z. B. ein Mahlwerk angetrieben wer- Uster. den konnte. Mühlen waren die früheste Industrie, die die Energie des Wassers Wasser war der erste Energieträger der nutzbringend einsetzte. Nachweise Menschheit, den schon die Assyrer im für eine vermehrte Nutzung des Was- Oberlaufkanal der BUAG, heute Im Lot am Stadtpark. Links fliesst der Aabach. Fotos: Michael Köhler Thema 27
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Aabach mit Wuhr zum Oberlaufkanal bei der BUAG (Im Lot) der Spinnerei Kunz, der späteren Zellweger AG. Bild: Autor sers gibt es aus der Römerzeit, in der Die Kraft aus dem Aabach die Wasserkraft neben allen möglichen In Uster wurde die Wasserkraft des Aa- technischen Spielereien wie Springbrun- bachs spätestens im 14. Jahrhundert ge- nen auch für Getreide- und Ölmühlen nutzt – aus dieser Zeit sind die Mühlen eingesetzt wurde. Für etwas anderes als in Ober-, Nieder- und auch in Kirchuster für Springbrunnen und zum Mahlen von bezeugt. Das Gefälle ist mit 100 m Hö- Getreide und Öl wurde aber die Wasser- henunterschied zwischen Pfäffiker- und kraft bis ins späte 18. Jahrhundert kaum Greifensee ideal für die Energiegewin- verwendet. nung. Wie anderswo auch, waren es die Mühlen, die die Kraft des Wassers als Erste nutzten. Bald nach den Mühlen entstanden, meist auch nah beieinan- der gelegen, Sägereien und Schmieden, deren Säge bzw. Hammer durch Wasser- kraft angetrieben werden konnte. «Die etwa 100 Jahre währende Zeit der Wasserkraft in Uster war nur möglich durch Innovationen in der Technik der Kraftumsetzung.» Schon früher leiteten die Bauern auch in Uster Wasser des Aabach auf ihre Felder, um sie mit Nährstoffen anzureichern. Dazu wurde der Bach mit einem Wehr aufgestaut, um das Wasser in die schma- len Kanäle zu leiten, durch die das Was- Fischtreppe vom ser in die Felder rieselte. Das bedurfte Aabach zum Ober- laufkanal für die einer guten Kommunikation und Aufga- Spinnerei BUAG. benteilung unter den Bachanliegern, um Bild: Autor Thema 29
Der Betonmauerrest im Boden gehörte zum Fabrikkanal der Spinnerei Zangger in Kirchuster. Aufge- nommen hinter dem Geschäftshaus Zürichstrasse 1. Bild: Autor Streit vorzubeugen. Dass dem oft nicht Innert 50 Jahren entstanden in Uster so war, bezeugen zahlreiche Gerichtsfäl- zwölf solcher Industrieanlagen, neben le die Wassernutzung betreffend. den weiter bestehenden Mühlen und der Sägerei in Kirchuster. Die Wasser- Ein Bypass zum Aabach kraft wurde noch bis ins frühe 20. Jahr- Um die Mühlen vor diesen Konflikten hundert genutzt, dann wurde sie durch zu schützen, wurde spätestens im frü- effizientere Dampfmaschinen und der hen 17. Jahrhundert von Oberuster aus seit 1897 in Kirchuster neu angebotenen der sogenannte Mühlenkanal angelegt, Elektrizität abgelöst. Die etwa 100 Jahre der wie ein Bypass des Aabach wirkte währende Zeit der Wasserkraft in Uster und zunächst bei der späteren Brauerei war nur möglich durch Innovationen in wieder in den Aabach mündete. Im Ver- der Technik der Kraftumsetzung. Höl- lauf des 19. Jahrhunderts wurde er nach zerne Wasserräder wurden durch solche Auflistung aller Klein- und nach bis zur Mündung des Aabach aus Eisen modernisiert, bis das Wasser- wasserkraftwerke in den Greifensee verlängert, je nach rad schliesslich zwischen 1845 und 1870 am Aabach zwischen Wetzikon und Uster. Bedarf der einzelnen Fabriken. Diese durch Turbinen ersetzt, die ihrerseits im- Die drei gelb hinter- nutzten seit 1816 eine Idee aus England, mer weiter verbessert wurden. legten Kraftwerke eben die Kraft des Wassers für den An- sind derzeit ausser Betrieb. trieb von Spinn- bzw. Webmaschinen Umstieg auf Elektrizität Bild: Energie Uster AG einzusetzen. Um diese Industrie am Aabach zu gewähr- leisten, waren immer weitere Optimie- rungen am Kanalsystem vorgenommen worden, z. B. durch Ausgleichsweiher. Im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahr- hunderts stellten die meisten Betriebe in Uster auf die elektrische Energie um. Sie legten ihre Wasseranlagen still, sobald sie direkt auf das Stromnetz Zugriff hat- ten. Lediglich die Spinnerei Trümpler z. B. nutzte noch weiterhin die Wasserkraft, um mit der Turbine einen Generator zu betreiben, der den Strom für die Spinn- maschinen lieferte. 1969/70 wurden zwischen Ober- und Kirchuster sämtliche künstlichen Was- serbauten, mit Ausnahme der Badean- stalt, zugeschüttet und damit zerstört. Daher gibt es in diesem Abschnitt auch 30 Uster Report 5 | 2020
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