Interprofessionelle Zusammenarbeit: Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz

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Interprofessionelle Zusammenarbeit: Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz
→   Politik und Wirtschaft

               Best Practice

               Interprofessionelle Zusammenarbeit:
               Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz
               Mit dem Award «Interprofessionali-
               tät» zeichnet die Schweizerische
               Akademie der Medizinischen Wissen-
               schaften (SAMW) Beispiele für Best
               Practice in der interprofessionellen
               Zusammenarbeit aus. Es handelt
               sich um einen Bereich, in dem
               Apotheker besonders aktiv sind.

               A
                         uf die zweite Ausschreibung des
                         SAMW-Awards «Interprofes­
                         sionalität» sind 31 Gesuche
               ­eingegangen. An den folgenden vier, im
                Jahr 2017 prämierten Projekten waren
                Apotheker/-innen beteiligt.

               Nationales Verzeichnis zur Dosierung
               von Arzneimitteln in der Pädiatrie             Apothekerinnen und Apotheker sind bei vier Projekten involviert, die mit dem SAMW-Award
                                                              «Interprofessionalität» ausgezeichnet wurden. © Shutterstock
               Medizinalfachpersonen steht neu ein Ver-
               zeichnis mit harmonisierten Dosierungs-
               empfehlungen für die Pädiatrie mittels         komplex und daher selten oder fehlen               desamt für Gesundheit (BAG) 2013 be-
               einer Webapplikation kostenlos zur Verfü-      überhaupt. Daher sind auch die Daten               auftragt, ein Pilotprojekt zu lancieren, um
               gung. Damit geht eine von den Kinder-          zum Arzneimittelgebrauch in der Pädia­             Anforderungen und Machbarkeit einer
               ärzten seit Jahren gestellte Forderung         trie lückenhaft. Gleichzeitig besteht ein          solchen Datenbank zu untersuchen und
               endlich in Erfüllung.                          dringender Bedarf an Pharmakotherapien             aufzuzeigen. Aus dem Tatbeweis ist
                  Es gibt nämlich zu wenig für Kinder         für Kinder. Daher werden im Alltag sehr            SwissPedDose hervorgegangen (siehe
               entwickelte oder für diese angepasste,         häufig Arzneimitteln bei Kindern ange-             Kasten), ein Verein, der die öffentliche
               sichere Arzneimittel. Klinische Studien
               ­                                              wendet, die für Erwachsene («off-label             Ausschreibung des Bundes für die Har-
               sind bei Kindern altersentsprechend            use») oder (noch) gar nicht zugelassen             monisierung der Dosierung von Arznei-
                                                              («unlicensed use») sind.                           mitteln für Kinder in einem Verzeichnis
                                                                  Daraus resultiert das Risiko, dass             gewann.
                 Wer ist SwissPedDose?                        ­Medikamente beim Kind einerseits un-                 Danach schuf der Gesetzgeber die ge-
                 SwissPedDose ist ein Verein, der von den     terdosiert (Wirksamkeit?) oder überdo-             setzlichen Grundlagen für die Umsetzung
                 acht Kinderkliniken des Collège A (Aarau,    siert (Toxizität!) werden. Medikations­            dieses nationalen Registers, gleichzeitig
                 Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern,          fehler ereignen sich daher bei Kindern            mit dem Inkrafttreten der ersten Artikel
                 St. Gallen, Zürich) zusammen mit der
                                                              auch viel häufiger als bei Erwachsenen.            des revidierten Bundesgesetzes über Arz-
                 Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie
                                                              Gründe für Medikationsfehler sind neben            neimittel und Medizinprodukte (Heilmit-
                 (SGP) und dem Schweizerischen Verein für
                 Amts- und Spitalapotheker (GSASA) ge-        schwieriger Verabreichung infolge fehlen-          telgesetz, HMG) sowie der Verordnung
                 gründet wurde, mit dem Zweck, sich auf       der geeigneter galenischer Formen am               über die Arzneimittel (Arzneimittelver-
                 die Ausschreibung für dieses nationale       häufigsten Verordnungsfehler wegen                 ordnung, VAM).
                 Verzeichnis mit Dosierungsempfehlungen       nicht transparenter Informationen für die
                 für Arzneimittel bei Kindern zu bewerben.    korrekte Verabreichung.                            Bereits knapp 100 Empfehlungen
                 Zusätzliche Links: www.swisspeddose.ch,          Diese Situation ist unbefriedigend und         harmonisiert
                 https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/        es herrscht weitgehend Konsens darüber,
                 themen/mensch-gesundheit/biomedizin-         dass die Arzneimittelsicherheit bei Kin-           Der im Rahmen des Projektes entwickelte
                 forschung/heilmittel/kinderarzneimittel.
                                                              dern verbessert werden muss. Der Bund              und standardisierte Harmonisierungs-
                 html
                                                              hat diesen Bedarf erkannt und das Bun-             prozess beruht darauf, dass die Daten­

               pharmaJournal 3 | 2018                                                                                                                                21

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                lieferanten – in diesem Fall die Spital­
                apotheken – Daten zu den aktuellen
                Dosierungen der einzelnen Kinderklini-
                ken senden.
                    Aus diesen Daten und den Empfeh-
                lungen aus der Literatur erstellten die
                Koordinatoren einen Dosierungsvor-
                schlag zuhanden der Experten (Ärzte aus
                den jeweiligen Fachgebieten der acht
                Kinderkliniken). Die Experten diskutier-
                ten diese Vorschläge danach auf einer in-
                teraktiven Plattform, bis ein Konsens für
                eine nationale Dosierungsempfehlung
                gefunden wurde.
                    Bei Abschluss des Pilotprojektes konn-
                ten fast 100 Dosierungsempfehlungen zu
                dreissig Wirkstoffen aus den drei Berei-
                chen Infektiologie, Neonatologie und all-
                gemeine Pädiatrie schweizweit harmoni-
                siert werden. Dieser beachtliche Erfolg
                war nur dank des grossen und überzeug-
                ten Engagements aller acht A-Kinderkli-      Marine Neeman (links), klinische Pharmazeutin, und Sophie Maurer (rechts), Offizinapothekerin,
                niken (involviert waren 24 Fachärzte und     haben das Projekt im Kanton Waadt begleitet. © zvg
                acht Apotheker) möglich.

                Kostenloser Zugriff für Fachpersonen         Chablais Waadt-Wallis (HRC) haben eine               dazu dient, bei Aufnahme eines Patienten
                                                             Studie durchgeführt, um herauszufinden,              ins oder bei Entlassung aus dem Spital
                Jetzt startet der ordentliche Betrieb der    ob die verschiedenen pharmazeutischen                eine optimale Weiterführung der Behand-
                Datenbank mit der Veröffentlichung der       Interventionen im Rahmen der Entlas-                 lung zu gewährleisten. Im Rahmen dieses
                ersten harmonisierten Dosierungsemp-         sungsvorbereitung diesen Versorgungs-                Abgleichs werden die verordnete Medi-
                fehlungen. Diese können in die Klinik-       übergang verbessern.                                 kation vor und nach den Schlüsselab-
                Informations-Systeme der Spitäler einge-     In die sechsmonatige Studie wurden                   schnitten der stationären Versorgung ver-
                spielt werden.                               118 Patienten eingeschlossen: 64 in der              glichen und, falls notwendig, dem
                   Medizinische Fachpersonen können in       Kontrollgruppe und 54 in der Interven­               behandelnden Arzt Anpassungen im Sin-
                ein paar Monaten kostenlos über eine         tionsgruppe. Durchgeführt wurde die                  ne einer Optimierung des Übergangs
                Webapplikation auf die Dosierungsemp-        Studie in der Abteilung für Innere Medi-             vorgeschlagen.
                fehlungen zugreifen. Gleichzeitig wird die   zin des HRC-Standorts Samaritain in Ve-                  Folgende Parameter wurden zwischen
                Harmonisierung weiterentwickelt. Bis         vey sowie in vierzehn Offizinen der Re­              den beiden Gruppen verglichen: Anzahl
                Ende 2021 sollen Dosierungsempfehlun-        gion. Die Patienten der Kontrollgruppe               der in der Offizin durchgeführten phar-
                gen für 100 in der Pädiatrie angewendete     wurden entsprechend dem Routinever-                  mazeutischen Interventionen, einschliess-
                Wirkstoffe zur Verfügung stehen.             fahren behandelt. Die Patienten der Inter-           lich der für die Überprüfung des Austritts-
                Romy Tilen, Christoph Berger                 ventionsgruppe kamen im Verlauf ihres                rezepts aufgewendeten Zeit, und Anzahl
                Quelle: Paediatrica Vol. 28, Nr. 5, 2017.    Spitalaufenthalts in den Genuss von drei             der in den verschiedenen Abschnitten der
                                                             pharmazeutischen Interventionen:                     Versorgung erfolgten Medikationsumstel-
                Pharmazeutische Interventionen               • eines Medikamentenabgleichs bei Ein-               lungen.
                zur Optimierung der Medikamenten-               tritt;                                                Während der Kontrollphase der Studie
                verordnungen beim Austritt aus               • einer Prüfung der Medikation wäh-                  konnten die Bedeutung der Rolle des Of-
                dem Spital                                      rend des Aufenthalts;
                                                             • eines Medikamentenabgleichs bei
                Die Phase des Übergangs (Transition of          Austritt, verbunden mit einer Kom-                  Online-Artikel
                Care), die sich an eine Entlassung aus          mentierung des Austrittsrezepts, um                 Der erste wissenschaftliche Artikel zu
                dem Spital anschliesst, ist kritisch und        wesentliche Informationen betreffend                dieser Studie ist online (https://www.ncbi.
                bedarf im Sinne der Arzneimittelsicher-         der Behandlungsänderungen, die                      nlm.nih.gov/pubmed/27890453) verfüg-
                heit einer optimalen Lösung. Die Phar-          während des Aufenthalts erfolgten,                  bar: DOI: 10.1016/j.ejim.2016.11.004.
                macie des Hôpitaux de l’Est Lémanique           festzuhalten.                                       Ein zweiter, der sich spezifischer mit dem
                (PHEL), die Offizinapotheker der Waadt-      Besondere Aufmerksamkeit wurde dem                     Offizin-Teil (Kontrollgruppe) befasst,
                                                                                                                    ist in Vorbereitung.
                länder Riviera und das Hôpital Riviera-      Medikamentenabgleich gewidmet, der

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Interprofessionelle Zusammenarbeit: Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz
→   Politik und Wirtschaft

               fizinapothekers und dessen aus der Über-      ärzten sowie der Anzahl der Medika­            hektischen Alltag oft fehlt, um aus ver-
               prüfung der Austrittsrezepte resultieren-     tionsumstellungen innerhalb eines Zeit-        schiedenen Quellen eine möglichst ge-
               de Arbeitsbelastung herausgearbeitet          raums von 30 Tagen nach Spitalaustritt         naue und vollständige prästationäre Me-
               werden. Einen objektiven Beleg hierfür        ausdrückt.                                     dikationsliste zusammenzustellen. Im
               liefern die Zahlen: 439 pharmazeutische           Durch die Aufteilung der Aufgaben          Anschluss prüfen klinische Pharmazeu-
               Interventionen im Zusammenhang mit            und Verantwortlichkeiten zwischen den          ten, ob die vorbestehende Medikation
               64 Rezepten, das heisst 6,9 Interventio-      verschiedenen Gesundheitsberufen ent-          korrekt weiterverordnet wurde. Dabei
               nen pro Rezept. Alle Rezepte erforderten      sprechend ihrem jeweiligen Kompetenz-          achten sie auch auf Plausibilität, vorhan-
               mindestens eine Intervention des Offizin­     bereich konnte eine Optimierung des            dene Diagnosen, korrekte Dosierungen,
               apothekers, und für 61 Interventionen         Versorgungsübergangs erreicht werden,          mögliche Interaktionen oder Kontraindi-
               musste Kontakt mit dem verschreibenden        die mit einer Verbesserung der Arzneimit-      kationen und nehmen bei Bedarf Kontakt
               Arzt aufgenommen werden.                      telsicherheit verbunden ist.                   mit den Stationsärzten auf.
                   Des Weiteren zeigte der Vergleich der     Sophie Maurer, Marine Neeman                      Im stationären Setting beteiligt sich
               beiden Gruppen eine deutliche Senkung                                                        die Klinische Pharmazie an interdiszipli-
               (um 77 %) der Anzahl pharmazeutischer         Gewährleistung der Medikations­                nären Visiten, welche auf fünf ausgewähl-
               Interventionen seitens der Offizinapothe-     sicherheit an den Schnittstellen               ten Stationen der Kliniken für Medizin,
               ker pro Austrittsrezept in der Interven­      ­S pitaleintritt und -austritt sowie wäh-      Chirurgie und Intensivmedizin einmal
               tionsgruppe (n = 54) im Vergleich zur          rend des stationären Aufenthaltes             wöchentlich durchgeführt werden. Dabei
               Kontrollgruppe (n = 64): 1,6 versus 6,9 In-                                                  tauschen sich drei Berufsgruppen – Ärzte,
               terventionen (p < 0,0001). Ausserdem          Am Zuger Kantonsspital (ZGKS) enga-            Pflegefachpersonen und Pharmazeuten –
               wurden eine sehr signifikante Verminde-       gieren sich Fachpersonen aus Pharmazie,        aus und tragen ihr spezifisches Fachwis-
               rung der für die Prüfung der Austritts­       Medizin und Pflege gemeinsam, um Me-           sen für eine bestmögliche, patientenori-
               rezepte aufgewendeten Zeit sowie eine         dikationsfehler zu verhindern und die          entierte Therapie zusammen.
               Reduktion der Anzahl Interventionen           Patientensicherheit zu verbessern. Beson-         Auch beim Austritt aus dem Spital
               (minus 75 %), die eine Kontaktaufnahme        ders im Fokus stehen die risikoreichen         können Medikationsfehler passieren [1].
               mit dem Spitalarzt erforderten, festge-       Übergänge in der Behandlung.                   Um dieses Risiko zu minimieren, wurden
               stellt.                                          Bereits die Schnittstelle Spitaleintritt    bei der Eröffnung einer öffentlichen Apo-
                   Die Anzahl der im Behandlungsver-         birgt ein grosses Risiko für Medikations-      theke am ZGKS auch für die Schnittstelle
               lauf vorgenommenen Therapieänderun-           fehler [1], denn jede Ungenauigkeit beim       Spitalaustritt die Empfehlungen von
               gen ging in der Interventionsgruppe           Erfassen der vorbestehenden Medikation         Pa­
                                                                                                            ­ tientensicherheit Schweiz aus dem
               ebenfalls deutlich zurück: 40 % weniger       wird stationär und im ungünstigsten Fall       progress-Projekt übernommen und ein
                                                                                                            ­
               Änderungen zwischen Spitalein- und            auch nach dem Spitalaufenthalt weiterge-       umfassendes pharmazeutisches Austritts-
               -austritt (p < 0,0001), 66 % weniger zwi-     führt. Es kann zum Beispiel passieren,         management implementiert.
               schen Austritt und Übergang an die Offi-      dass angewendete Medikamente gar nicht
               zinapotheke (p < 00001) und 25 % weni-        oder nicht korrekt erfasst werden (falsche     Austrittsmedikation überprüfen
               ger zwischen der Bearbeitung der              Dosisstärke, falsche Einnahmevorschrift        und abgleichen
               Verschreibung in der Offizinapotheke          etc.). Basierend auf einer fehlerhaften oder
               und dem nächsten Termin beim behan-           unvollständigen Medikationsanamnese            Nach dem Einverständnis der Patienten
               delnden Arzt (p < 0,0001).                    kann eine stationäre Therapie nicht opti-      erhält die Apotheke bereits vor dem Aus-
                   Aufgrund der pharmazeutischen In-         mal begonnen werden.                           tritt das Rezept, zusammen mit den ins
               terventionen, die bereits vor dem Spital-                                                    Spital gebrachten vorbestehenden Me­
               austritt erfolgen, kann der Offizinapothe-    Medikationsanamnese durch                      dikamenten. Klinische Pharmazeuten
               ker mehr Zeit für die Kontrolle und           Pharma-Assistentinnen durchgeführt             führen eine Medikationsanalyse durch,
               Optimierung der Therapie seiner Patien-                                                      wobei sie mittels elektronischer Patien­
               ten aufwenden, und damit grösseren            Nach der Teilnahme als Pilotspital am          tenakte und vorliegenden Medikamen-
               Mehrwert generieren. Alle diese Elemen-       Projekt «progress! Sichere Medikation an       tenpackungen die Eintritts-, stationäre
               te tragen zu einer Verbesserung der Ver-      Schnittstellen» von Patientensicherheit        und Austrittsmedikation überprüfen und
               sorgungskontinuität und der Patienten­        Schweiz wurden die in einer interprofes-       abgleichen. Insbesondere achten sie auf
               sicherheit bei.                               sionellen Fachgruppe erarbeiteten Abläu-       eine korrekte Rückumstellung von Präpa-
                   Der starken Einbindung und Zusam-         fe am ZGKS in den Routinebetrieb über-         raten des Spitalsortiments auf die patien-
               menarbeit aller Partner (Kader- und As-       nommen. Bei einem ausgewählten                 teneigene Medikation. Bei Diskrepanzen
               sistenzärzte, Spitalapotheker, Offizin­       Patientenkollektiv wird eine systemati-        oder arzneimittelbezogenen Problemen
               apotheker und Pharma-Assistentinnen)          sche Medikationsanamnese durch Phar-           halten sie Rücksprache mit den Stations-
               ist der Erfolg des Projekts zu verdanken,     ma-Assistentinnen durchgeführt. Die            ärzten. Die Patienten holen bei der Entlas-
               der sich in einem Rückgang der Interven-      Pharma-Assistentinnen sind in der Befra-       sung die bereitgestellten Medikamente
               tionen pro Austrittsrezept, der Anzahl        gung der Patienten geschult und erhalten       (neu verordnete und eigene Medikamen-
               der telefonischen Rückfragen bei Spital-      die benötigte Zeit, welche den Ärzten im       te) in der Apotheke ab. In einem Austritts-

               pharmaJournal 3 | 2018                                                                                                                           23

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Interprofessionelle Zusammenarbeit: Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz
→   Politik und Wirtschaft

                gespräch, in das auch die Angehörigen                    tereinander beschleunigen, arbeiteten
                mit einbe­zogen werden, wird die Anwen-                  Gruppen, bestehend aus 4 bis 6 Pharma-
                dung der Medikamente erklärt und ein                     ziestudierenden (PS) und 1 bis 2 Medi-
                aktueller Medikationsplan abgegeben.                     zinstudierenden (MS), an einem klini-
                Insbesondere wird auch auf Än­derungen                   schen Fallbeispiel. Jede Gruppe bereitete
                der Medikation während des Spitalauf-                    eine kurze Präsentation für die folgende
                enthalts hingewiesen. Der Medikations-                   Plenardiskussion vor. In einem inter­
                plan wird zudem an den nachbetreuen-                     professionellen Debriefing wurden die
                den Leistungserbringer übermittelt.                      Fallpräsentationen mit Experten der
                   Dank der engen Zusammenarbeit zwi-                    Pharmazie und Hausarztmedizin disku-
                schen Stationsteams und Apotheke sowie                   tiert.
                Aufklärung und Einbezug von Patienten                        Wir führten Evaluationen mit den Stu-
                und Angehörigen kann eine bestmögli-                     dierenden vor den Workshops sowie nach
                che Weiterführung der medikamentösen                     dem ersten als auch nach dem zweiten
                Therapie nach Spitalaustritt gewährleistet               Workshop durch. Die Erfahrungen der
                werden.                                                  Dozierenden wurden nach dem zweiten
                [1] Patientensicherheit Schweiz, Schriftenreihe Nr. 7,
                                                                         Workshop einmalig erfasst.
                Der systematische Medikationsabgleich im Akut­
                spital. Download unter www.patientensicherheit.ch.       Resultate
                Christoph Rosen, Nadine Amsler
                                                                         Die Prä-Evaluation wurde von 85
                Pilotprojekt «Interprofessional                          (93,4 %; nMS = 25; nPS = 60), die erste
                Education» in Medizin und Pharmazie                      Post-Evaluation von 75 (82,4 %; nMS = 24;
                                                                         nPS = 51) und die zweite Post-Evaluation
                Interprofessionelle Ausbildung (IPE) ist                 von 72 Teilnehmenden ausgefüllt
                definiert als «mit, von und übereinander                 (81,8 %; nMS = 22; nPS = 50). Die Prä-
                lernen». Das Kennenlernen der gegensei-                  Evaluation ergab, dass bereits vor dem          Icebreaker-Übung zu Stereotypen, die das gegen-
                tigen Kompetenzen während der Ausbil-                    ersten Workshop beide Berufsgruppen             seitige Kennenlernen beschleunigen soll. © zvg
                dung vereinfacht die Kommunikation                       überzeugt waren, dass die interprofessio­
                und die Zusammenarbeit zwischen den                      nelle Zusammenarbeit die Betreuung
                Berufsgruppen in der zukünftigen Praxis.                 der Patienten verbessert (MS: 100 %;            waren sich einig, dass das Niveau der
                Gemäss der WHO führt IPE zu interpro-                    PS: 98 %).                                      Fallbesprechungen angemessen war und
                fessioneller kollaborativer Praxis, welche                  Nach der ersten Durchführung des             befürworteten die Weiterführung der Ver-
                höchste Qualität in der Patienten-zent-                  Workshops stimmten beide Gruppen                anstaltung mit Studierenden mit gleich-
                rierten Betreuung bewirkt.                               dieser Aussage zu 100 % zu. Beide Be-           wertigem Ausbildungsgrad.
                   In der Schweiz sind interprofessionelle               rufsgruppen kannten ihre eigene Rolle
                Curricula für Pharmazie-Studierende                      im interprofessionellen Team schon              Konklusion
                noch nicht etabliert. Das Projekt war des-               vor dem Workshop (MS = 60,0 %;
                halb darauf ausgelegt, die interprofessio-               PS = 71,7 %), aber viel besser nach dem         Wir führten erfolgreich zweimal zwei
                nelle Ausbildung von Pharmazie- und                      ersten (MS = 91,7 %; PS = 90,2 %) und           IPE-Workshops mit Pharmazie- und Me-
                Medizin-Studierenden im Schweizer                        dem zweiten Workshop (MS = 95,5 %;              dizinstudierenden durch. Mit wenige An-
                Universitätsumfeld zu pilotieren.                        PS = 90,0 %). Auch das Wissen über die          passungen könnte ein solches Modell in
                                                                         gegenseitige Rolle nahm zu (Prä:                das reguläre Curriculum der Medizin und
                Methoden                                                 MS = 56,0 %; PS = 81,7 %; 1. Post-Evalu-        Pharmazie aufgenommen werden. Um
                                                                         ation: MS = 83,3 %; PS = 98 %; 2. Post-         den Effekt des eigenen und gegenseiti-
                An zwei Halbtagen, an welchen reguläre                   Evaluation: MS = 90,9 %; PS = 92 %).            gen Rollen- und Kompetenzverständnis-
                Pharmazie-Vorlesungen stattfanden,                          Der Anteil der Teilnehmenden, wel-           ses zu verstärken, sollten mindestens
                nahmen alle Pharmaziestudierenden (im                    cher die Fragen zur Kenntnis der eigenen        zwei Veranstaltungen durchgeführt wer-
                zweiten Mastersemester) und freiwillige                  und gegenseitigen Rolle und Kompeten-           den; mit weiteren Veranstaltungen könn-
                Medizinstudierende (im sechsten Master-                  zen mit «trifft voll und ganz zu» ange-         te der Effekt möglicherweise kontinu­
                semester) am Pilotprojekt teil. Pro Halb-                kreuzte, stieg signifikant an (p ≤ 0,05). Die   ierlich wachsen. Ein Mehrwert für
                tag wurde ein klinisches Fallbeispiel von                negativen Kommentare begründeten sich           Teilnehmende und Patient/-innen ist ab-
                Dozentinnen der Pharmazie vorbereitet                    durch die unterschiedlichen Ausbildungs-        sehbar. Expansionen der Anzahl Work-
                und von Experten der Pharmazie und                       grade der Pharmazie- und Medizinstu-            shops, mit weiteren Gesundheitsberufen
                Hausarztmedizin kommentiert.                             dierenden (2. vs. 6. Mastersemester) und        und in die Fort- und Weiterbildung,
                   Nach einer Einführung mit Icebrea-                    die daraus resultierenden Wissenslücken.        ­wären wünschenswert.               n
                ker-Übungen, die das Kennenlernen un-                    Die Experten der Hausarztmedizin (n = 4)         Fabienne Böni, Nadja Stohler

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Interprofessionelle Zusammenarbeit: Apothekerinnen und Apotheker im Einsatz
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