IT MAGAZIN - Forever Young? Demografischer Wandel fordert die ITK-Industrie heraus - IG Metall Mannheim
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DAS BRANCHE NMAGAZIN DER IG METALL ■ 2 2015 IT MAGAZIN Demografischer Wandel fordert die ITK-Industrie heraus Forever Young? 6 Worldline Aachen: 7 ZTES: Mehr Geld nach 14 Neue Internetplattform der Warnstreik für Tarif Warnstreiks IG Metall für Crowdworker
Entgelt in der ITK-Branche 2015 3 Das Trendbarometer für die Einkommensentwicklung in der ITK-Branche. 3 Die umfassendste Entgelterhebung auf dem Markt. 3 160 Seiten, vierfarbig, Preis: 19,90 Euro ISBN: 978-3-7663-6431-9 inkl. 7 % Mwst., versandkostenfrei 3 Als E-Book ist sie für 17,99 Euro in allen gängigen E-Book-Stores erhältlich. ISBN: 978-3-7663-8343-3 3 IG Metall-Mitglieder erhalten die Print-Edition zum Vorzugspreis von 4,90 Euro, Produktnr.: 130-53424. s ch al Zum gleichen Preis können IG Metall-Mitglieder einen Jet zt h au ält lich er Download-Code für das E-Book in ihrer Verwaltungs- stelle erhalten. E-B ook Bestellen: Mehr Informationen: Bund-Verlag Diana Kiesecker Heddernheimer Landstraße 144, IG Metall Vorstand 60439 Frankfurt am Main Ressort Angestellte, ITK, Studierende Telefon: 069–795010-20 Wilhelm-Leuschner-Straße 79 Telefax: 069–795010-11 60329 Frankfurt am Main Onlinebestellung: onlineservice@buchundmehr.de Telefon 069–6693-2745 Telefon für Bestellung: 069–9520530 E-Mail: itk@igmetall.de Vorname/Name Bitte Straße/Nr. frankieren, falls Marke Land/PLZ/Ort zur Hand Telefon/Fax E-Mail Unterschrift IG Metall Vorstand Diana Kiesecker Ja, ich möchte Mitglied der IG Metall werden, ich habe die ITK-Branchenkoordination Beitrittserklärung ausgefüllt. Als Dankeschön erhalte ich kostenlos ein Exemplar der inhaltsgleichen IG Metall- 60519 Frankfurt am Main Edition »Entgelt in der ITK-Branche 2015«
IN EIGENER SACHE ■ AUS DEM INHALT Perspektiven bitte! Seite 7 Die Beschäftigten des chinesischen Telekommunikations- ausrüsters ZTES erhalten menr Geld, nachdem es im Mai an mehreren Standorten Warnstreiks gegeben hatte. Nur ein Drittel der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer sieht sich nach der Beschäftigtenumfrage der IG Metall in der Lage, die heutige Arbeit bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter durchzuhalten. Aus anderen Studien ist bekannt, dass gerade ITK- Fachleute in steigendem Maße unter Stress und Leistungsdruck leiden, erst recht bei zunehmendem Alter. Knapp die Hälfte der über 50-jährigen ITKler fühlt sich durchweg nach der Arbeit erschöpft. Viele der Älteren fordern eine ausgewogene Work-life- balance und stellen neue Ansprüche an ihre Arbeit. Aus diesen Erkenntnissen zieht die ITK-Industrie jedoch bislang Hohes Qualifikationsniveau kaum Konsequenzen – obwohl sie genau weiß, dass die Beleg- der ITK-Belegschaften ............................................. 4 schaften immer schneller altern. Es geht darum, neue Perspekti- ven in den Betrieben zu entwickeln, statt Ältere herauszudrängen, Einstiegsgehälter 2015 für Studienabsolventen……… .. 5 wie dies bisher noch vielfach der Fall ist. Dazu zählen alter(n)sge- recht gestaltete Arbeitsplätze, Teamkulturen und verbesserte Pro- Worldline: Arbeitgeber verwehrt zesse, um Belastungen zu reduzieren, Qualifizierung und Gesund- den Beschäftigten eine faire Entgelterhöhung ............ 6 heitsförderung sowie lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle. Herausforderung demografischer Wandel: Hier eröffnet sich ein weites Handlungsfeld für Betriebsräte und ITK-Industrie – forever Young? ■ Veränderte Ansprüche an die Arbeit .................. 9 Vertrauensleute gemeinsam mit den Beschäftigten. Die IG Metall steht ihnen zur Seite. Forever young – diese Perspektive kann sich die Branche nicht mehr leisten. Innovationen beruhen auf fach- ■ Mehr als Ausstiegsprogramme? ...................... 10 lichem Know-how, Erfahrungswissen und betriebsspezifischer Kompetenz. Das größte Potenzial, über das die Branche verfügt, ■ Alter(n)sgerechtes Arbeiten .............................11 ■ Beschäftigte einbeziehen ................................12 um die digitale Zukunft zu meistern – nämlich innovative, moti- vierte und erfahrene Beschäftigte – ist in den Unternehmen vor- handen. Man muss es nur fördern, statt es auf’s Spiel zu setzen! Entwicklungstrends in Über Crowdsourcing wird in den USA bereits ein großer Teil der europäischen ITK-Industrie ............................ 13 von ITK-Aufträgen abgewickelt. In Deutschland steckt diese Arbeitsform noch in den Anfängen. Mit ihrer neuen Webseite Neue Internetplattform der IG Metall www.faircrowdwork.org stellt sich die IG Metall diesem Trend. Sie für Crowdworker ................................................. 14 bietet Arbeiterinnen und Arbeitern, die auf Internetplattformen Service ............................................................... 15 arbeiten, praxisnahe Hilfen und Expertenrat an, um prekären Arbeitsverhältnissen in der Branche entgegenzuwirken. Es geht Impressum ......................................................... 15 ihr darum, mehr Transparenz bei den Arbeitsstandards zu schaf- fen, aber auch Gegenwehr zu ermöglichen. Verschiedene Tools sollen Crowdworkern helfen, schlechte Arbeitsbedingungen zu identifizieren und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Ihre Redaktion Das IT-Magazin im Internet: www.itk-igmetall.de 3
■NEWS ■ Deutscher ITK-Markt wächst BITKOM HEBT PROGNOSE AN Günstige Erwartungen in allen gro- ßen Segmenten der ITK-Industrie ha- ben den Branchenverband Bitkom veranlasst, seine Umsatzprognose für dieses Jahr von zunächst ange- ■ ITK-Arbeitsmarkt Der Akademikeranteil liegt unter den ITK- nommenen 0,6 Prozent auf 1,5 Pro- Beschäftigten bei 34,6 Prozent; im beschäf- zent anzuheben. HOHES BERUFLICHES tigungsstärksten Bereich der IT-Dienstleis- Sorge bereitet dem Verband aller- QUALIFIKATIONSNIVEAU tungen und Softwareentwicklung sogar bei dings die zunehmende Spreizung Die ITK-Industrie zeichnet sich durch ein 39,7 Prozent. Der niedrigste Anteil an aka- innerhalb der Branche. Während die hohes Qualifikationsniveau aus und ver- demischen Abschlüssen (8,9 Prozent) fin- Informationstechnologie, insbeson- fügt damit über ein hohes Potenzial, die det sich im Bereich der Reparatur von dere der Softwarebereich und das digitale Zukunft zu meistern. Das zeigt der Datenverarbeitungs- und Telekommunika- Geschäft mit IT-Dienstleistungen, im April erschienene ITK-Branchenreport tionsgeräten. besonders schnell wächst (insge- 2014, den das Institut für Sozialwissen- Rund 26 Prozent sind als Experten mit hoch samt um 3,2 Prozent), gibt es bei schaftliche Forschung (ISF) an der Universi- komplexen Arbeiten betraut. Auch sie grei- den Telekommunikationsdiensten tät München im Auftrag der Hans-Böckler- fen überwiegend auf ein (Fach-)Hochschul- ein minimales Plus von 0,1 Prozent Stiftung erstellt hat. Für die Zukunft der studium und/oder langjährige Berufserfah- und in der Unterhaltungselektronik Branche ist es entscheidend, dieses Poten- rung zurück. ■ ■ ■ weiterhin – allerdings verlangsamt zial zu erhalten und zu fördern, um die – rückläufige Umsätze. Innovationsfähigkeit der Branche insbe- ■ Duale IT-Berufe Bitkom appelliert an die Politik, die sondere mit Blick auf die Herausforderun- Digitale Agenda mit hohem Tempo gen, die die Industrie 4.0 mit sich bringt, zu NOVELLIERUNGSBEDARF umzusetzen und rechtliche Hinder- stärken. WIRD GEPRÜFT nisse zu beseitigen. Der ITK-Branchenreport belegt, dass sich Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat die Mehrheit der Beschäftigten in der ITK- eine Voruntersuchung für eine Novellie- +++ Branche auf Fachkräfte- und Spezialisten- rung der dualen IT-Berufe eingeleitet. An niveau konzentriert. Entsprechend der Klas- dem Verfahren beteiligten sich neben dem KNAPP EINE MILLION BESCHÄFTIGTE sifikation der Anforderungsniveaus bei den zuständigen Bundesministerium für Bil- Mit 990 000 Beschäftigten in deut- ITK-Berufen üben 33,4 Prozent der Beschäf- dung und Forschung sowie dem Kuratori- schen IT- und Telekommunikations- tigten fachlich ausgerichtete Tätigkeiten um der Deutschen Wirtschaft für Berufsbil- unternehmen rechnet der Branchen- aus, die üblicherweise mit dem Abschluss dung (KWB) der Deutsche Gewerkschafts- verband bis Ende 2015. Beschäfti- einer zwei- bis dreijährigen Berufsbildung bund und die IG Metall. gungsintensivster Bereich ist die verbunden ist. Fast in gleicher Höhe (34,6 Geprüft werden soll unter anderem, Informationstechnik mit bis dahin Prozent) nehmen ITKler komplexe Spezialis- inwieweit neuere technologische und rund 785 000 Arbeitnehmerinnen tentätigkeiten wahr, die zumeist eine Meis- arbeitsorganisatorische Entwicklungen in und Arbeitnehmern. Bei Telekom- ter- oder Technikerausbildung oder einen der Ausbildung ausreichend berücksich- munikationsunternehmen und in gleichwertigen (Fach-)Hochschulabschluss tigt werden. der Unterhaltungselektronik er- voraussetzen. Nur 6,1 Prozent der Beschäf- Die IG Metall will an der bisherigen „ganz- wartet Bitkom weiteren Stellen- tigten sind als Helfer oder mit einer Anlern- heitlichen“, geschäftsprozess- und pro- abbau. „Innerhalb von fünf Jah- tätigkeit beschäftigt. jektorientierten IT-Ausbildung festhalten ren haben die ITK-Unternehmen knapp 125 000 neue Arbeitsplätze geschaffen“, sagt Bitkom-Präsident BESCHÄFTIGTE NACH ANDFORDERUNGSNIVEAU UND SEGMENT Dieter Kempf. Angaben in Prozent Nach wie vor sieht der Verband im ■ Helfer ■ Fachkräfte ■ Spezialisten ■ Experten Fachkräftemangel ein großes Hin- 60 dernis für weiteres Wachstum. Aus Sicht der IG Metall unternehmen die 50 ITK-Betriebe allerdings noch zu we- nig, um ihre Beschäftigten weiterzu- 40 bilden, damit sie den wachsenden Bedarf an IT-Spezialisten mit abde- 30 cken können. Auch fordert sie, mehr Ausbildungsplätze in den IT-Berufen 20 zu schaffen und insbesondere Ju- gendlichen mit atypischer Berufs- 10 biografie oder mit Migrationshinter- grund bei der Ausbildung eine reale 0 IT/ITK-Hardware TK IT-D/Softw. DV, Web-Hosting Rep. v. DV u. TK Gesamt Chance zu geben. 4 Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2014
NEWS ■ Fokus Werkverträge Aktionstag am 7. Oktober: (siehe IT-Magazin 1-2015, Seite 10). Gleich- zeitig geht es ihr darum, die Ausbildungs- Dienstleistungen fair gestalten! gänge zukunftsfit zu machen. Themen wie Gerade im Bereich IT- und industrie- Lösungen zu finden. Zum 7. Oktober Industrie 4.0, Daten- und IT-Sicherheit, naher Dienstleistungen werden immer 2015 ruft die Gewerkschaft zu einem mobiles Arbeiten, mobile Computing müs- mehr Aufträge über Werkverträge abge- bundesweiten Aktionstag gegen prekäre sen eine stärkere Rolle spielen. wickelt. Dies soll künftig nicht unter pre- Beschäftigung in allen Betrieben auf. Auch die Abgrenzung der Berufe unterei- kären, sondern gut geregelten Bedin- 3 Weitere Informationen: www.fokus- nander und gegenüber angrenzenden gungen stattfinden. Mit einem Info-Por- werkvertraege.de Berufen – beispielsweise der Elektrofach- tal will die IG Metall die Arbeitsbedin- Eine neue Webseite der IG Metall stellt kraft/Bereich IT-Sicherheit – sowie die gungen von Beschäftigten mit Werkver- die Arbeitsbedingungen in den indus- Organisation der Ausbildung stehen auf trägen in den Betrieben zum Thema trienahen Dienstleistungen – darunter dem Prüfstand. Überdies wird darüber machen. auch im Bereich von IT-Dienstleistungen beraten, ob sich Bedingungen und der Hier können Betriebsräte unter anderem in den Mittelpunkt. bisherige Ablauf der Prüfung bewährt auf einen Werkzeugkoffer zurückgreifen, 3 Weitere Informationen: www.fokus- haben und wie die Durchlässigkeit zum IT- um auf die Fremdvergabe digitaler Ar- industrienahe-dienstleistungen.de/ Weiterbildungssystem, zur Hochschule beit Einfluss zu nehmen und alternative it-Dienstleistungen und möglicherweise auch zu Branchen- und Herstellerzertifikaten gesteigert wer- den kann. ■ ■ ■ ■ Tarifliche Entgelte EINSTIEGSGEHÄLTER 2015 FÜR STUDIENABSOLVENTEN Je nach Eingruppierung und Region liegt das tarifliche Jahresentgelt für Studienab- solventen/-innen im Bereich der Metall- und Elektroindustrie nach dem IG Metall- Entgelt-Rahmen-Abkommen (ERA) ab dem 1. April 2015 zwischen 52 111 und 62 088 Euro. Dabei berechnet sich das Einstiegs- entgelt auf der Basis einer 35-Stunden- Woche. Ebenfalls eingerechnet sind ein Urlaubsgeld und eine Sonderzahlung. Die Lohnspiegeldatenbank des gewerk- geber genau nachzufragen, was dieser unter schaftlichen Wirtschafts- und Sozialwis- „Jahresentgelt“ versteht. Viele Unterneh- senschaftlichen In- men zahlen zwölf Monatsentgelte, andere stituts (WSI) in Düs- ein zusätzliches 13. Monatsgehalt. In tarifge- seldorf verweist auf bundenen Unternehmen erhalten Beschäf- die Vorteile tarif- tigte noch eine Leistungszulage, Urlaubs- licher Vergütung. So geld, Weihnachtsgeld (Sonderzahlungen) etwa verdienen In- sowie altersvorsorgewirksame Leistungen. genieurinnen und Hier können sogar noch weitere „freiwillige Ingenieure, die ihr Zulagen“ hinzukommen wie etwa variable, Studium gerade ab- ergebnisorientierte Zulagen. geschlossen haben, Ratsam ist ebenfalls ein Gespräch mit dem in tarifgebundenen Betriebsrat oder Experten der IG Metall Unternehmen rund vor Ort, um sich in Fragen des Entgelts 15,6 Prozent, junge sowie des Arbeitsvertrags beraten zu lassen. Wirtschaftswissen- Alle wichtigen Tipps zum Arbeitsvertrag schaftler sogar 33 Pro- finden sich auch in einem Ratgeber der Einstiegsgehälter Einsti eg sg ehält er für AbsAbsolvent/innen olvent / innen 20 2015 15 zent mehr als in Un- IG Metall zum Download (www.igmetall.de/ Inf Informationen o rmati o nen der IG M Metall et all ternehmen ohne Ta- ratgeberarbeitsvertrag). diee M für di Metall- et all- und Elektroindustrie El ek troindustri e rifvertrag. 3 Kontakt für weitere Informationen für Stu- Studienabsolventen/ dienabsolventen und zu den Einstiegs- -innen rät die IG Me- gehältern: stefanie.geyer@igmetall.de ■■■ 5 H tall, beim Arbeit-
■UNTERNEHMEN Worldline Warnstreik für Tarif Seit einem Jahr ringt die IG Metall bei Worldline, einem Unternehmen im Atos-Konzern, ringen könnten. Denn seit 15 Jahren hat es in Aachen und Frankfurt um einen Tarifvertrag. Ostern hatte die Tarifkommission der für sie nur einen sehr geringen Reallohnzu- IG Metall ihre Tarifforderungen dem Arbeitgeber übergeben. Doch der bewegt sich nicht. wachs gegeben, obwohl Worldline floriert und steigende Gewinne im zweistelligen Es geht darum, den bei den anderen Atos- halb ist er verärgert, dass die rund 850 Be- Prozentbereich für sich verbuchen kann. Unternehmen gültigen Rahmentarifvertrag schäftigten von Worldline in Aachen und Noch immer weigert sich Worldline vehe- IT auch bei Worldline durchzusetzen. Doch Frankfurt nicht die jährliche tarifliche Ent- ment, den bei Atos abgeschlossenen Rah- die Geschäftsleitung bleibt stur. Mit einem gelterhöhung der Metall- und Elektroindus- mentarifvertrag IT gelten zu lassen. Dabei einstündigen Warnstreik machten die Be- trie erhalten, die im Rahmentarifvertrag IT hatte sich die IG Metall bereit erklärt, einen schäftigten Anfang Mai dem Arbeitgeber am vereinbart ist. Ergänzungstarifvertrag mit dem Unterneh- Standort Aachen Druck, um ihn an den Ver- Das wollten auch die 250 Beschäftigten am men abzuschließen, der die spezifische Si- handlungstisch zu bewegen. Auch in Frank- Standort Aachen nicht akzeptieren. Viele tuation von Worldline berücksichtigt. Un- furt gab es Protestaktionen. von ihnen legten deshalb am 7. Mai für eine term Strich kämen dann die Kolleginnen und „Das Unternehmen steht super da“, sagt Stunde ihre Arbeit nieder und debattierten Kollegen nicht nur in den Genuss regelmä- Achim Schyns, Erster Bevollmächtigter der im Eingangsbereich des Unternehmens da- ßiger tariflicher Entgelterhöhungen, son- IG Metall-Verwaltungsstelle Aachen. Des- rüber, wie sie ihrem Arbeitgeber mehr ab- dern auch einer gerechten Eingruppierung. ■ Operational Services GUTE ARBEIT VERDIENT MEHR GELD Eine gesicherte regelmäßige Entgelt- sie allerdings eine deutlich kräftigere Beschäftigten zu einer Umfrage ein. erhöhung, die sich am Flächentarifver- Entgelterhöhung von fünf Prozent ein- Darin sprachen sich 72 Prozent der trag der Metall- und Elektroindustrie ori- fordern. Deshalb hatte die Tarifkommis- Befragten dafür aus, eine allgemeine entiert, hatten sich die mehr als 500 Kol- sion bereits Ende 2014 entsprechende Tariferhöhung ohne variablen Anteil leginnen und Kollegen des IT-Dienstleis- Vorbereitungen getroffen. beizubehalten. ters Operational Services (OS) von dem Aber schon bei der ersten Tarifverhand- Dieses eindeutige Votum stärkte der Anfang 2014 erkämpften Haustarifvertrag lung winkte der Arbeitgeber ab. Ange- IG Metall bei den Verhandlungen den versprochen. Doch davon will der Arbeit- sichts einer schwieriger gewordenen Rücken. Zunächst einmal konnte sie geber nichts wissen. Dennoch halten die Geschäftslage sei in diesem Jahr nicht abwehren, dass tarifliche Entgelt- Beschäftigten an ihrem Ziel fest. mehr als 1,3 Prozent drin, erklärte er. Bei erhöhungen in Zukunft zu Nasenprä- Die Freude unter den OS-Beschäftigten den weiteren Tarifverhandlungen wollte mien werden. Der schließlich von der war groß, als sie Anfang 2014 mit Hilfe die Geschäftsleitung das Volumen der IG Metall Anfang Mai erzielte Kompro- von Warnstreiks und gemeinsam mit der Tariferhöhung zwar auf 1,7 Prozent erhö- miss sieht vor: Die Kolleginnen und Kol- IG Metall einen Haustarifvertrag durch- hen. Jetzt sollten alle Beschäftigten legen von OS erhalten im Juli eine Ein- gesetzt hatten. Dadurch konnten an aber nur noch ein Prozent mehr Geld malzahlung von 500 Euro und ab dem allen fünf Standorten die 37-Stunden- erhalten. Und weitere 0,7 Prozent des 1. Juni eine monatliche Entgelterhöhung Woche und ein fixes 13. Monatsgehalt zur Verteilung stehenden Volumens soll- von 1,7 Prozent. Im Januar wird ihnen gesichert werden. Denn zuvor hatte sich ten variabel – das heißt leistungs- und eine weitere Einmalzahlung in Höhe von der Arbeitgeber darauf versteift, die ergebnisabhängig – gezahlt werden. 500 Euro ausgezahlt und danach ab 40-Stunden-Woche einzuführen, Reise- „Das hätte bedeutet, dass sogenannte 1. Juni 2016 abermals 1,7 Prozent. zeiten und Mehrarbeit bis zu 20 Stunden Leistungsträger bis zu 2,4 Prozent „Zumindest liegt damit die Tariferhö- nicht mehr zu vergüten und ein variables bekommen hätten, viele andere aber hung für 2015 und 2016 für die meisten Entgelt in Höhe von zehn Prozent des bei nur einem Prozent hängen geblie- Beschäftigten durch die Einmalzahlung Jahresverdienstes einzuführen. Dafür ben wären“, sagt Martin Weiss, Ver- deutlich über zwei Prozent,“ sagt Martin nahmen die Kolleginnen und Kollegen handlungsführer für die IG Metall aus Weiss. „Es wird aber auch klar, dass die sogar in Kauf, dass der Arbeitgeber Frankfurt. Bindung an die Flächentarifverträge der ihnen für 2014 gerade mal 1,7 Prozent Per Email informierte die IG Metall über Metall- und Elektroindustrie einen mehr Geld zugestand. Für 2015 wollten das Arbeitgeberangebot und lud die erheblichen Vorteil bedeuten würde.“ 6
UNTERNEHMEN ■ ZTE Services Deutschland Mehr Geld nach Warnstreiks Die Beschäftigten des chinesischen Telekommunikationsausrüsters ZTE Services (ZTES) Hintergrund rief die IG Metall die Beleg- erhalten im Juli eine Einmalzahlung von 150 Euro und monatlich 3,4 Prozent mehr Geld. schaft am 26. Mai zu Protestaktionen auf. Das entspricht dem Tarifergebnis 2015 in der Metall- und Elektroindustrie. Möglich wurde An ihnen beteiligten sich mehr als 200 Be- das erst, nachdem es im Mai an mehreren Standorten Warnstreiks gegeben hatte. schäftigte an mehreren deutschen Stand- orten. ZTES hatte im vergangenen Jahr den Haus- dem Rahmentarifvertrag „Telekommunika- Inzwischen lenkte der Arbeitgeber ein. Er tarifvertrag gekündigt, den das Unterneh- tion“ oder einer anderen Vereinbarung sagte den Beschäftigten ab Juli eine über- men nach dem Kauf von Alcatel Lucent Net- beschäftigt wurden. Im Gegenzug aber tarifliche Zulage zu, die der Höhe des Tarif- work Services (ALNS) im Januar 2014 zu- sollte sich der Arbeitgeber verpflichten, die abschlusses 2015 für die Metall- und Elek- nächst übernommen hatte. Die IG Metall Besitzstände der bereits im Unternehmen troindustrie (3,4 Prozent mehr Gehalt und hatte im Herbst die ersten Tarifverhandlun- beschäftigten Arbeitnehmerinnen und eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro) gen mit der neuen Geschäftsleitung begon- Arbeitnehmer zu sichern und die tarifliche entspricht. „Ohne die bundesweiten Warn- nen. Aber von Anfang an ließ der Arbeitge- Entgelterhöhung für 2015 und die nachfol- streiks hätte sich hier nichts bewegt“, kom- ber verlauten, dass es für ihn „keine Option“ genden Jahre entsprechend dem Flächen- mentiert Robert Fuß das Ergebnis. sei, den bestehenden Haustarifvertrag zu tarifvertrag der Metall- und Elektroindus- „Für die laufende Tarifrunde haben wir be- verlängern. Noch im Mai dieses Jahres for- trie zu zahlen. kommen, was wir wollten. Die Bestimmun- derte er in einem „Eckpunktepapier“ „eine gen des Haustarifvertrags gelten weiter, deutlich spürbare und nachhaltige Kosten- VERTRAUENSBRUCH und mehr Geld gibt es auch“, so Fuß. Aber entlastung im Tarifbereich der ZTE Services Vieles deutete darauf hin, dass es eine Lö- IG Metall und Betriebsräte fürchten, dass Deutschland GmbH“. Künftig solle nicht sung geben könnte. Das drehte sich erst, als das Unternehmen nicht locker lassen wird, mehr der Haustarifvertrag, sondern der Rah- das Unternehmen versuchte, neue Fakten an den tariflichen Standards zu rütteln. So mentarifvertrag „Telekommunikation“ gel- zu schaffen. Unter anderem gründete es zwei wollte es über den Sommer rund zwanzig ten, der in wesentlichen Punkten schlech- Tochterunternehmen (NFS = Netcare Field Beschäftigte aus Rumänien einsetzen, um tere Arbeitsbedingungen vorsieht. Das Ma- Services GmbH und NRS = Netbuilt Rollout die Mobilfunktürme zu warten. Bezahlt wer- nagement hatte zu verstehen gegeben, dass Services GmbH), für die nach den Vorstel- den sollten sie nach rumänischen Stan- die bisher gezahlten Zuschläge „diskus- lungen des Unternehmens der Rahmentarif- dards. Der deutsche Mindestlohn (8,50 Euro sionsbedürftig“ seien und sich ein Zu- vertrag „Telekommunikation“ gelten sollte. pro Stunde) werde aber eingehalten, ver- schlagsystem gewünscht, das „kostengüns- „Dies geschah hinter unserem Rücken“, sagt sicherte das Management. Die Betriebsräte tiger und mit weniger Komplexität“ umsetz- Robert Fuß, Verhandlungsführer der IG Me- widersprachen – unter anderem, weil die bar sei. Auch müsse die Arbeitszeit flexibler tall in diesem Tarifstreit mit ZTES. „Das hat Rumänen kein Deutsch sprechen, so dass werden, um den Kundenanforderungen bes- die Verhandlungsgrundlage zerstört und die Betriebsräte Gefahren für Leib und ser gerecht zu werden. war ein grober Bruch des Vertrauens.“ Leben reklamierten. Sie sollen daher nun Die IG Metall zeigte sie sich in den Tarifver- Die IG Metall befürchtete, dass das Unter- erst einmal einen Monat lang Deutsch ler- handlungen kompromissbereit. Für sie war nehmen Billig-Firmen gründen und versu- nen. Fuß: „Wir müssen uns darauf gefasst es vorstellbar, dass neu Eingestellte nicht chen könnte, den nachwirkenden ZTES- machen, dass die Auseinandersetzungen nach dem Haustarifvertrag, sondern nach Haustarifvertrag zu unterlaufen. Vor diesem bei ZTES weitergehen.“ 7
SCHWERPUNKT ■ Die ITK-Industrie befindet sich weiter im Aufwind. Sie beschäftigt inzwischen knapp eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer. Über den demografischen Wandel – so scheint es zumindest – muss sie sich keine Gedanken machen. Die Branche wächst, schafft Arbeitsplätze und betrachtet sich noch immer als „forever young“. Dabei hat die Wirklichkeit eine ganz andere Richtung eingeschlagen: Die Belegschaften altern – und dies relativ schnell. Viele ITK-Unternehmen versuchen weiterhin, die- sen Prozess mit Hilfe von „Freiwilligen“- und Vorruhestandsprogrammen aufzuhalten. Dieser Ansatz stößt jedoch finanziell – weil die Programme teuer sind – und angesichts des in der Branche vielfach beschworenen massiven Fachkräftemangels deut- lich an seine Grenzen. Statt kostspieliger „Verjüngungskuren“ sind die Unternehmen daher besser beraten, die Potenziale von Älteren weiterzuentwickeln und deren betriebliches Know-how und fachliches Erfahrungswissen möglichst lange im Betrieb zu halten. Es ist überdies auch an der Zeit, in den Betrieben zu thematisieren, dass immer mehr ITKler länger erwerbstätig bleiben (möchten), alter(n)sgerechtes Arbeiten erwarten und sich einen geordneten flexiblen Übergang in die Rente wünschen. ■ ■ ■ Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? – Diese Wirft man einen Blick auf die ITK-Branche, BELEGSCHAFTEN ALTERN SCHNELL Frage warf Bundesarbeitsministerin Andrea die ja eine Schlüsselrolle bei der Digitali- Seit 2012 weisen renommierte wissen- Nahles auf der Auftaktveranstaltung „Ar- sierung von Arbeit und Gesellschaft ein- schaftliche Institute wie das Fraunhofer- beiten 4.0“ am 22. April 2015 in Berlin auf. nimmt, könnte man erwarten, dass der Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa- Auch das von ihr herausgegebene Grün- Diskurs über „Arbeiten 4.0“ hier am wei- tion (IAO) darauf hin, wie sich die Alters- buch befasst sich mit der Arbeitswelt von testen fortgeschritten ist. struktur in der ITK-Branche in den nächsten morgen. Danach werden die Menschen in Doch dafür gibt es in den Betrieben keine zehn Jahren entwickeln wird (siehe Grafik). einer digitalen Welt vernetzter, flexibler und Anhaltspunkte. Konzepte für die Arbeit Aktuell seien fast vier Fünftel (79 Prozent) in direktem Kontakt mit Maschinen arbei- von morgen, bei der der Mensch die Tech- aller IT-Spezialisten in den Unternehmen ten, die ihnen mit Hilfe von Algorithmen im- nik bestimmt und bei der alte Organisa- bis zu 41 Jahre alt. Dieser Anteil werde mer mehr Entscheidungen abnehmen (oder tionsstrukturen auf neue Lebensmodelle innerhalb von zehn Jahren auf 45 Prozent aufzwingen). Sie werden künftig aber auch treffen: Fehlanzeige. Allenfalls werden An- sinken. Dann werde die Altersgruppe der andere Ansprüche an ihre Arbeit stellen: sätze auf Wissenschaftsforen und Messen 41- bis 45-Jährigen mit 38 Prozent die be- Work-life-balance, Arbeitszeitsouveränität, diskutiert, nicht jedoch in den Betrieben schäftigungsstärkste Altersgruppe sein. Lebensphasenorientierung spielen in ihrem und noch weniger unter Beteiligung der Heute liege ihr Anteil erst bei 18 Prozent. Leben eine immer wichtigere Rolle. Beschäftigten. Die Umfrage weist auch darauf hin, dass in 45 Prozent der befragten Unternehmen die DURCHSCHNITTSALTER DER IT-FACHKRÄFTE HEUTE UND IN 10 JAHREN Beschäftigten infolge knapper Personalres- Angaben in Prozent sourcen überlastet sind. Auch andere Untersuchungen schlagen ■ heute ■ in 10 Jahren Dominierende Altersgruppe Alarm: Nach der Studie der Universität Ro- 45 (Median) stock „Berufe im demografischen Wandel. 40 Heute: 36-40 Jahre 40 38 in 10 Jahren: 41-45 Jahre Alterungstrends und Fachkräfteangebot“ 36 (2013) im Auftrag des Bundesarbeitsmini- 35 33 steriums wird es insbesondere in den MINT- 30 Berufen – und speziell bei Elektroingenieu- 25 ren – ab 2020 aufgrund des starken Ren- teneinstiegs dieser Berufsgruppe zu erheb- 20 18 lichen Engpässen auf dem Arbeitsmarkt 16 15 kommen. Eine Online-Befragung von Result 10 Counts und der Dr. Trenckhoff UG (2010) im 6 7 Auftrag der Zeitschrift „Computerwoche“ 5 4 3 belegt, dass die Altersakzeptanz in ITK-Un- 2 0 0 ternehmen im Vergleich zu anderen Bran- < 30 31-35 36-40 41-45 46-50 < 51 chen im unteren Bereich liegt. Wenn sich daran nichts Gravierendes ändert, könnten Quelle: Fraunhofer IAO 2011 anhaltender Fachkräftemangel, massive ge- 9
■SCHWERPUNKT BESCHÄFTIGTE NACH ALTER UND SEGMENT Programm, mit dem das Management ihm Angaben in Prozent beziehungsweise ihr das vorzeitige Aus- ■ unter 25 Jahre ■ 20-25 Jahre ■ über 50 Jahre scheiden aus dem Unternehmen schmack- 80 haft machen will. „Die neue Betriebsvereinbarung zur Alters- 70 teilzeit hat allerdings nur wenig Wirkung 60 gezeigt“, berichtet Hella Kewitz. Aber im- merhin sei es dem HP-Betriebsrat mit den 50 Vereinbarungen zum Freiwilligenprogramm 40 und zur Altersteilzeit gelungen, betriebs- bedingte Kündigungen weitgehend zu ver- 30 hindern. „Das Management lässt allerdings 20 immer wieder anklingen, dass das Unter- nehmen noch flexibler werden muss und 10 deshalb mehr junge Beschäftigte braucht, 0 weil die älteren nicht mehr so innovativ und IT/ITK-Hardware TK IT-D/Softw. DV, Web-Hosting Rep. v. DV u. TK Gesamt offen für Veränderungen sind. Das Problem ist nur: Obwohl mehr Ältere das Unterneh- Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2014 men verlassen, werden kaum Jüngere bei HP eingestellt.“ sundheitliche Probleme und gefährlicher Ralph Rose, IG Metall-Betriebsrat bei IBM Auch SAP hält unvermindert an einer Ver- „brain drain“ – das heißt: ein Wissens- und in Mainz. Darunter falle für sie ein sicherer jüngungsstrategie fest. Dabei liegt hier das Kompetenzverlust der deutschen ITK-Un- Arbeitsplatz und ein gesicherter Standort, Durchschnittsalter der Belegschaften bei ternehmen von jährlich rund 11 Milliarden aber auch ein geregelter Anspruch auf Qua- „nur“ 42 Jahren. Euro Umsatz – die Folgen sein. lifizierung und planbare Arbeitszeiten. „Au- Das Unternehmen will weltweit rund drei ßerdem sind sie es leid, immer die ersten Prozent der Arbeitsplätze abbauen. VERÄNDERTE ANSPRÜCHE AN DIE ARBEIT zu sein, die ins Visier genommen werden, Deutschland ist überproportional davon be- In dieser Situation ist es geradezu fahrläs- wenn Arbeitsplätze abgebaut werden.“ troffen. Vor diesem Hintergrund probiert sig, dass sich die Branche zwar ihre Per- das Management zurzeit verschiedene Stra- spektiven mit „Industrie 4.0“ ausmalt, aber UNTERNEHMEN SETZEN AUF EXIT-OPTION tegien aus, um den geplanten Stellenabbau gar nicht mehr danach fragt, mit wem und Dennoch setzen die meisten Unternehmen umzusetzen. Im Herbst vergangenen Jahres wie sie die erwarteten Umsatzhöhenflüge unverändert darauf, sich von den älteren begann es im Rahmen des Programms bewältigen will. Fakt ist, dass sie dies nicht Beschäftigten – lange bevor sie das gesetz- „Simplify & Optimize“ damit, einzelne Be- schaffen wird, wenn sie weiterhin die Augen liche Rentenalter erreicht haben – zu ver- schäftigte darüber zu informieren, dass ihre vor den alternden Belegschaften und deren abschieden. Bei HP, wo das Durchschnitts- Stelle wegfällt. Diesen Beschäftigten wur- Ansprüche an die Arbeit verschließt. alter an den meisten deutschen Standorten den dann Aufhebungsangebote unterbrei- Die Beobachtung von Hella Kewitz, IG Me- bei rund 46 Jahren liegt, läuft man späte- tet. SAP hatte sogar angedeutet, gegebe- tall-Betriebsrätin bei Hewlett Packard (HP) stens als 50-Jährige/r Gefahr, „zum alten nenfalls – als letztes Mittel – betriebsbe- in Bad Homburg ist bereits kennzeichnend Eisen“ zu zählen. Denn wer die 50 über- dingte Kündigungen auszusprechen, um für den demografischen Wandel in ITK-Un- schritten hat, erhält per Email den Hinweis die Abbauzahlen zu erreichen. „So weit ist ternehmen: „Wir stellen fest, dass immer auf ein gut ausgestattetes „Freiwilligen“- es aber dank des Betriebsrats nicht gekom- mehr Beschäftigte länger erwerbstätig sein möchten. Viele der über 50-Jährigen haben noch schulpflichtige Kinder oder brauchen den regelmäßigen Verdienst, um ihr Haus abbezahlen, ein etwas aufwändigeres Hobby betreiben oder sich beruflich wei- terentwickeln zu können. Selbst die heute 60- bis 62-Jährigen fühlen sich vielfach noch sehr fit in ihrem Beruf. Die meisten schätzen auch den Kontakt zu ihren Kolle- ginnen und Kollegen, freuen sich darüber, regelmäßig raus zu kommen. Da haben sich die Ansprüche an die Arbeit bereits deutlich verschoben.“ Auch bei IBM sind die Betriebsräte zuneh- mend damit konfrontiert, dass ältere Be- schäftigte noch mit weit über fünfzig Jahren im Betrieb verbleiben möchten. Das zeigt sich bereits am relativ hohen Durchschnitts- alter, das bei der IBM Deutschland GmbH – je nach Standort – mittlerweile zwischen 48 und 52 Jahren liegt. „Was die Kolleginnen und Kollegen vor allem wünschen, ist: plan- 10 bare Sicherheit und gute Bezahlung“, sagt
SCHWERPUNKT ■ men“, berichtet Eberhard Schick, SAP-Be- VEREINZELT NEUE ANSÄTZE IN DEN BETRIEBEN gen und eine systematische Nachfolgepla- triebsratsmitglied von der IG Metall-Liste Dennoch scheint die Debatte über den de- nung an. „Pro Mitbestimmung“. mografischen Wandel nicht ganz an den „Es gibt allerdings noch viel zu tun, um die Aktuell führt der Softwarekonzern ein so- ITK-Unternehmen vorbei gerauscht zu sein. Vereinbarung konkret umzusetzen“, sagt genanntes Freiwilligenprogramm für aus- Das zeigen einzelne neue Ansätze, die auch Ralph Rose. „Noch fehlt eine systematische gewählte Bereiche und ein Vorruhestands- in den „Exit“-Programmen sichtbar werden. Qualifizierungsplanung. Auch müssten programm durch. Beim Freiwilligenpro- So behält sich SAP vor, die Meldung von noch mehr praktische Konsequenzen aus gramm erhalten Mitarbeiter – vornehmlich einzelnen Beschäftigten für beide Pro- den vielen Untersuchungen im Rahmen des aus strategisch weniger wichtigen Berei- gramme abzulehnen, um beispielsweise betrieblichen Gesundheitsmanagements chen – ein Abfindungsangebot. das „Ausbluten“ einzelner Geschäftsberei- der vergangenen Jahre einschließlich der Das Vorruhestandsprogramm richtet sich che zu verhindern. „Als Betriebsräte ver- Ergebnisse von Gefährdungsanalysen zu an Beschäftigte der Jahrgänge 1960 und missen wir jedoch eine dahinterliegende psychischen und physischen Belastungen früher, die ebenfalls, wenn sie daran teil- strategische Personalplanung“, kritisiert in einzelnen Bereichen gezogen werden.“ nehmen, eine Abfindung erhalten. Diese Eberhard Schick. SAP habe aber immerhin Bei den bestehenden Altersteilzeitprogram- wird jedoch ins Arbeitszeitkonto eingezahlt. zugesichert, die Programme nach ihrem Ab- men will der Betriebsrat künftig noch stär- Dadurch können sie unter Umständen ihren schluss, spätestens aber zum 1. September ker darauf achten, dass die Betroffenen vorzeitigen Berufsausstieg finanzieren. 2015, auszuwerten. Dabei gehe es um die nicht vollständig aus dem Betrieb ausge- Reicht die Abfindung allerdings nicht für Frage, welche Folgen daraus für die Füh- grenzt werden, sondern dass ihnen höchst- den direkten Übergang in die Rente, müs- rungskräfte sowie für den weiteren Reor- mögliche Flexibilität und Teilhabe am be- sen die Betroffenen teilweise deutliche Ab- ganisationsprozess gezogen werden. „Für trieblichen Leben beim Übergang in den schläge in Kauf nehmen. uns ist es wichtig, dass diejenigen, die bei Ruhestand eingeräumt wird. „Insbesondere das Vorruhestandspro- der Firma bleiben, nicht über Gebühr belas- gramm verfolgt die Absicht, ältere Beschäf- tet werden“, so der Betriebsrat. ALTER(N)SGERECHTES ARBEITEN tigte loszuwerden“, sagt Eberhard Schick. Bei IBM gibt es seit 2008 eine detaillierte Angesichts des steigenden Leistungsdrucks „Wir hoffen aber, dass durch den Weggang Betriebsvereinbarung „Gemeinsame Er- und der starken Zunahme von Langzeiter- der Älteren verstärkt jüngere Kollegen ein- klärung zum demografischen Wandel“, die krankungen aufgrund psychischer Belas- gestellt werden. Belastbare Zusagen durch ausdrücklich betont, dass sich Unterneh- tungen in vielen ITK-Unternehmen machen SAP gibt es jedoch bisher nicht.“ Das Un- men und Beschäftigte „auf eine längere Le- sich zahlreiche Betriebsräte nun auch Ge- ternehmen setze darauf, die Personalko- bensarbeitszeit und den sich daraus er- danken über alter(n)sgerecht gestaltete sten langfristig zu reduzieren, um das Ge- gebenden Konsequenzen einstellen“ müs- Arbeitsplätze. winnniveau weiterhin hoch zu halten. sen. Sie sieht unter anderem Maßnahmen Das Thema beschäftigt seit einiger Zeit bei- Auch bei IBM scheiden nach wie vor viele zur Weiterbildung auf der Basis des beste- spielsweise Arno Völker, Betriebsratsvor- Beschäftigte im Wege von „Freiwilligen“- henden Qualifizierungstarifvertrags, Kom- sitzender der Software AG in Darmstadt und und Vorruhestandsprogrammen aus. „Die petenz-Bedarfs-Analysen, Initiativen zum Mitglied der IG Metall. „Es ist vor allem die meisten nehmen sie sogar gerne in An- physischen und psychischen Wohlbefinden Mehrfachbelastung, die unseren Kollegin- spruch, weil sie noch auf Verträge mit dem und Wissenstransfer zwischen Alt und Jung nen und Kollegen in wachsendem Maße zu- alten Pensionswerk zurückgreifen können, vor sowie Mentoring-Programme, um eine setzt. Zumeist haben sie es mit fünf bis die weitaus besser ausgestattet sind als effektive generationsübergreifende Zu- sechs Produkten zu tun, die sie fertigen die neueren Altersvorsorgeprogramme“, sammenarbeit zu fördern. Die Betriebsver- und warten müssen. Hinzu kommt, dass sagt Ralph Rose. einbarung regt ferner Vertretungsregelun- die älteren Produkte zumeist auch von den 11
■SCHWERPUNKT vorstellen, nach dem Renteneintritt weiter bei SAP zu arbeiten? Wünschen sie sich besonders auf die Erfahrungen von 50+ zugeschnittene Aufgaben beziehungs- weise Jobs? „Der demografische Wandel in der ITK-Bran- che ist eine Tatsache“, sagt Judith Schüt- zendorf. „Wir betrachten ihn als Chance, um die Arbeit von morgen im Interesse der Beschäftigten und aller Altersgruppen zu- kunftsorientiert mitzugestalten.“ GUTE ARBEIT FÜR ALLE! Für die IG Metall heißt dies zuallererst: „Es muss Arbeit für alle geben. Gute Digitale Arbeit. Alle brauchen gute Bildung und Entwicklungschancen!“ Auch in ITK-Unter- nehmen sollen Beschäftigte ab einem Alter von 5o+ – wenn sie es wünschen – ver- schiedene Optionen haben, bis zum ge- setzlichen Renteneintritt erwerbstätig sein und berufliche Chancen wahrnehmen zu können. Im Rahmen ihrer Kampagne „Gute Arbeit – gut in Rente“ fordert die IG Metall „eine Arbeitsgestaltung, die die Chancen älteren Beschäftigten betreut werden. Wir BESCHÄFTIGTE EINBEZIEHEN der Beschäftigten verbessert, gesund in stehen deshalb massiv vor der Frage: Was Wichtiger als alles andere ist der Betriebs- Rente zu gehen, und eine Einstellungs- wird aus ihnen, wenn die Produktreihen ir- rätin jedoch, die Beschäftigten in diese und Personalpolitik, die für Ältere Beschäf- gendwann auslaufen?“ Debatte einzubinden. Deshalb ist der SAP- tigungs- und Ausstiegsmöglichkeiten Belastend sei auch, dass Ältere oft das Ge- Betriebsrat gerade dabei, eine Befragung schafft.“ fühl hätten, dass ihre Arbeit vom Manage- zum demografischen Wandel unter allen „Wir appellieren an die Unternehmen, sich ment zu wenig wertgeschätzt wird. „Sie füh- Kolleginnen und Kollegen an den deut- dem demografischen Wandel endlich zu len sich häufig selbst schon als ‚Auslauf- schen Standorten zum Thema „Deine Vor- stellen und gemeinsam mit den Beschäf- modelle‘. Kritisch wird es, wenn ihnen dann stellungen zum Arbeiten 50+“ durch- tigten, betriebliche Lösungen zu schaffen, noch das Management vorrechnet, dass sie zuführen. Unter anderem wird danach damit eine alternsgerechte Personalpolitik aufgrund ihrer langen Betriebszugehörig- gefragt, wie die Beschäftigten das derzei- durchgesetzt wird“, sagt Christiane Ben- keit viel zu teuer sind.“ tige SAP-Modell für einen flexiblen Aus- ner, geschäftsführendes Vorstandsmit- Alter(n)sgerechte Arbeit in der Cloud: Darin stieg aus dem Erwerbsleben beurteilen glied der IG Metall. „Die Beschäftigten sieht auch SAP-Betriebsrätin Judith Schüt- und welche eigenen Vorstellungen sie zum sind gerne flexibel, wenn Unternehmen ih- zendorf von der IG Metall-nahen Liste „Pro „Arbeiten ab 50+“ haben. Können sie sich nen etwas bieten: Sicherheit im Wandel.“ Mitbestimmung“ eine große Herausforde- rung. Was passiert mit den Älteren, wenn die internationale Teamarbeit in Entwick- VON ANDEREN LERNEN zu gestalten. Dort werden in den nächsten lung, Produktion und Wartung voranschrei- zehn Jahren fast doppelt so viele Kolle- tet, wenn Cloud- und Crowdworking weiter Der demografische Wandel ist auch in vie- ginnen und Kollegen ausscheiden, wie zunehmen und wenn Mensch und Maschine len Unternehmen der Metall- und Elektro- Nachwuchskräfte nachkommen. Deshalb sowie IT- und Anwendungswissen, immer industrie ein großes Thema. Mit dem seit musste sich das Unternehmen etwas ein- enger miteinander verknüpft werden? Wie- April geltenden „Tarifvertrag FlexÜ“ (Tarif- fallen lassen. viel Erfahrungswissen wird dann noch ge- vertrag zum flexiblen Übergang in die In dem 2013 abgeschlossenen Firmen- braucht? Und wie kann diese ständige Rente) hat die IG Metall durchgesetzt, dass tarifvertrag „Zukunft und Demografie“ Transformation von Wissen überhaupt be- ältere Beschäftigte ab dem 57. Lebensjahr wird besonders belasteten Beschäftigten wältigt werden? und nach zwölf Jahren Betriebszugehörig- Jobrotation angeboten. Dadurch sollen „Auf diese Fragen haben wir bisher keine keit gleitend oder – durch Freistellung – die Belastungen gleichmäßiger auf die klaren Antworten. Deshalb hat für uns aktu- in den Ruhestand gehen können. Der Ta- Beschäftigten verteilt werden. Auch für ell der planbare Ausstieg aus dem Erwerbs- rifvertrag knüpft an den 2008 abgeschlos- Nachwuchskräfte möchte das Unterneh- leben Priorität.“ Den stellt sich die Betriebs- senen TV FlexÜ und frühere Tarifverträge men, dessen Durchschnittalter bei 43,5 rätin so vor, dass Beschäftigte schrittweise zur Altersteilzeit an. In Anspruch nehmen Jahren liegt, attraktiver werden. In dem ihre Arbeitszeit verringern können, aber können ihn bis zu vier Prozent der Beschäf- Haustarifvertrag wurde festgeschrieben, auch in höherem Alter noch die Möglichkeit tigten eines Betriebs. dass Auszubildende übernommen und erhalten, neue Berufschancen und entspre- Beim Automobilzulieferer Schnellecke in Beschäftigte, die auf Schonarbeitsplätze chende Weiterbildungsangebote wahrzu- Sachsen hat sich der Betriebsrat zum Ziel angewiesen sind, integriert werden. Das nehmen. „Dazu benötigen wir zukunftsori- gesetzt, die Arbeits- und Leistungsbedin- Unternehmen will außerdem Beschäftigte entierte Jobprofile, quantitative Bedarfsana- gungen gesundheitsförderlich und insbe- gezielt weiterqualifizieren, um den Nach- lysen und langfristige Personalentwicklungs- sondere auch alters- und alternsgerecht wuchskräftebedarf sicherzustellen. 12 strategien. Daran arbeiten wir.“
I N T E R N A T I O NXAXLXE XS ■ Entwicklungstrends in der europäischen ITK-Industrie ITK-Produktion stagniert Europas ITK-Industrie fällt im internationalen Vergleich gegenüber den Weltspitzennatio- EUROPÄISCHE ITK-POLITIK: nen deutlich zurück. Gleichwohl nimmt die Region auch weiterhin mit Blick auf die Ent- SOUVERÄNITÄT STÄRKEN wicklungsleistungen, Innovationskraft und Marktgröße der Branche eine bedeutende Stellung in der Welt ein. Allerdings wird es in Europa zu gravierenden Veränderungen bei der Beschäftigung von IT-Fachkräften kommen. Dies ist das Ergebnis einer vom europä- Europa fällt bei der Digitalisierung ge- ischen Gewerkschaftsdachverband IndustriAll in Auftrag gegebenen Analyse. genüber den USA und China zurück, kritisiert der deutsche Digitalverband Der weltweite ITK-Markt wächst seit Jahren und Luftfahrt. Hier sind es vor allem IT-ge- Bitkom. Deutschland und Europa müss- kontinuierlich. Aber der Anteil Europas an steuerte Instrumente zum Messen, Testen ten daher dringend Maßnahmen er- diesem Wachstum stagniert weitgehend. und zur Navigation, die besonders stark greifen, um bei der Digitalisierung Demgegenüber profitieren vor allem Asien, nachgefragt werden. Anschluss halten zu können und ver- der pazifische Raum und Nordamerika von Diese Veränderungen – zum einen die rück- lorenes Terrain zurückzuerobern. dieser Entwicklung. Dies ist das Ergebnis läufige Herstellung von Computern, Dru- Zurzeit spielten Deutschland und der „ICT-Strategic Study“ von SyndexEurope, ckern, elektronischen und optischen Pro- Europa im internationalen Vergleich die erstmals auf einer Konferenz von euro- dukten und zum anderen die verstärkte der digitalen Leistungsfähigkeit nur päischen Gewerkschaftsvertretern/-innen Nachfrage von Seiten der Anwenderbran- im Mittelfeld. Als problematisch be- aus der ITK-Branche am 21. Mai 2015 in chen nach „embedded systems“, das heißt trachtet es Bitkom, dass Europa in 28 Helsinki vorgestellt wurde. SyndexEurope nach Rechnern, die in einem anwendungs- Teilmärkte zersplittert ist und die Nach- ist ein französisches Beratungsunterneh- bezogenen technischen Kontext eingebun- frage nach IT und Telekommunikation men, das bereits seit Jahren eng mit den den sind – werden sich, wie bereits in der EU-weit um gerade mal 0,1 Prozent europäischen Gewerkschaften zusammen- Grafik angedeutet, in erheblichem Maße wächst. Sorgen bereitet dem Verband arbeitet und sie im Rahmen des Sozialen auf die Beschäftigung von IT-Fachkräften auch, dass von den hundert global Dialogs berät. auswirken. Europaweit sind allein in den führenden ITK-Unternehmen gerade Die Studie zeigt auch, dass die Produktion letzten sieben Jahren rund 250 000 Arbeits- mal neun ihren Sitz in Europa, davon von Computern und Peripheriegeräten – und plätze abgebaut worden. Diese Entwicklung nur zwei in Deutschland, haben. damit verbunden die Beschäftigungsentwick- trifft insbesondere die ITK-Produktion in In seinem Positionspapier „Digitale lung – in Europa tendenziell rückläufig ist. Deutschland, zumal hier zweimal mehr Ar- Souveränität“ plädiert Bitkom dafür, Demgegenüber steigt die Bedeutung von ITK- beitnehmerinnen und Arbeitnehmer be- „die Fähigkeit zu selbstbestimmtem Technologien und -Dienstleistungen in an- schäftigt sind als in Frankreich, dem zweit- Handeln und Entscheiden im digitalen deren Industriesektoren, insbesondere in größten ITK-Hersteller in Europa (gefolgt Raum“ zurückzugewinnen. Bei digita- den Bereichen Automotive, Maschinenbau von Großbritannien und Italien). len Schlüsseltechnologien und -kom- petenzen, entsprechenden Diensten BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG IN DER ITK-PRODUKTION und Plattformen plädiert der Verband Anzahl der Beschäftigten – EU Angaben in Millionen dafür, eigene Fähigkeiten auf inter- nationalem Spitzenniveau aufzubauen. Deutschland müsse Motor und Leis- 4,0% 2,0 tungszentrum einer digital souveränen 3,9% 3,8% 3,8% EU werden und Europa zum Heimat- 1,5 3,8% 3,7% 3,7% markt machen sowie seine Forschungs- 1,0 förderung auf Digitaltechnologie kon- zentrieren. 0,5 1,5 1,35 1,42 1,28 1,31 1,15 1,3 1,14 1,25 1,1 1,29 1,14 1,25 1,10 Die IG Metall kritisiert teilweise die 0 hier vertretenen Positionen, insbe- 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 sondere in den Punkten, Datenvielfalt ■ Gesamter ITK-Sektor und Datenschutz in Einklang zu bringen ■ Produktion von Computern, elektronischen und optischen Produkten sowie arbeitsrechtliche Erleichterungen ■ Anteil der Produktion von Computern, elektronischen und optischen Produkten am gesamten für kleine und mittlere Unternehmen Verarbeitenden Gewerbe einzufordern. Quelle: SyndexEurope 2015 13
■SERVICE Crowd-Arbeit kann besser werden! IG Metall bietet Crowdworkern Info-Plattform Neues Mitmach-Angebot mittels Crowdworking erbracht werden, in Christiane Benner, geschäftsführendes den kommenden Jahren steigen wird. Vorstandsmitglied der IG Metall: „Unser Schon jetzt gibt es Crowdworking-Ange- Angebot lebt von der Beteiligung der bote für die gesamten Wertschöpfungs- Crowdworker. Durch ihre Bewertungen und ketten in den Branchen, die die IG Metall Anregungen wird es sich weiterentwickeln. betreut. In den USA wird bereits ge- Das gibt uns die Chance, unsere Kompe- schätzt, dass 90 Prozent der Unterneh- tenz und Expertise zu erweitern, um men unabhängige Experten und fach- Crowdworker künftig noch besser beraten liches Know-how online über Internet- zu können. Wir wollen unser Angebot auch plattformen anheuern. Hier gibt es auch nutzen, um Gegenmacht in einem Arbeits- bereits gute Erfahrungen, wie sich feld aufbauen zu können, das bislang noch Crowdworker untereinander vernetzen, extrem stark geprägt ist von einem Macht- sich über Arbeitsstandards austauschen ungleichgewicht zwischen Plattformen, und sich gegen unfaire Arbeitsbedingun- Auftraggebern und Crowdworkern.“ Die neue Webseite der IG Metall www. gen wehren. faircrowdwork.org gibt Arbeiterinnen und Mit ihrer neuen Webseite greift die IG Me- RAHMENBEDINGUNGEN VERBESSERN Arbeitern, die auf Internetplattformen ar- tall diese Erfahrungen auf. Vor Monaten Ein weiteres wichtiges Tool ist der AGB- beiten, praxisnahe Hilfen und berät sie hin- schon gründete sie ein Expertennetzwerk, Check. Er kann genutzt werden, um die All- sichtlich ihrer Arbeitsbedingungen. Sie bie- um Crowdworkern auch in Deutschland zur gemeinen Geschäftsbedingungen der Platt- tet ihnen außerdem die Möglichkeit, die Seite zu stehen. Mit dabei sind Forenmo- formen zu prüfen. AGBs regeln vielfach auch Plattformen, auf denen sie arbeiten, zu be- deratoren und „Macher“ von kritischen Aspekte der Arbeitsbedingungen von werten und dadurch zu mehr Transparenz us-amerikanischen Info-Plattfor- bei dieser neuen Form des digitalen Arbei- men für „digital workers“. tens beizutragen. Die seit dem 1. Mai von der IG Me- tall betriebene Internetseite ist In Deutschland steckt Crowdworking noch zweisprachig (deutsch/englisch). in den Anfängen. Oft sind es Soloselbst- Ratsuchende können ihre Informa- ständige, die auf diese Weise ihr Geld ver- tionen zum einen über die gepos- dienen. Viele werden schlecht bezahlt, er- teten Artikel und Dokumente be- halten nur wenige Euro Stundenlohn und ziehen. Sie haben aber auch die können die Bedingungen, unter denen sie Möglichkeit, sich über eine Hotline arbeiten, kaum beeinflussen. mit Expertinnen und Experten ver- binden zu lassen. Ein vierköpfiges GEGENMACHT ENTWICKELN Team steht ihnen von montags bis Die IG Metall geht davon aus, dass der freitags für ihre Fragen und Proble- Anteil industrieller Dienstleistungen, die me zur Verfügung. Crowdworkern: Nachbesserungsfristen, Kernstück der Webseite ist das Bewer- Kontaktverbote, Änderungen der Geschäfts- tungstool „FairCrowdWork Watch“, mit bedingungen, Nutzungsrechte usw. dem Crowdworker die Internetplattformen, Ebenfalls zum Angebot zählt die Rubrik auf denen sie arbeiten, beurteilen und so „Debate“. Sie enthält Artikel, Hintergrund- für mehr Transparenz bei dieser Form digi- informationen und Dokumente von Akteu- talen Arbeitens sorgen können. Bisher ren aus Politik und Wissenschaft zum sind dort 35 Plattformen aufgelistet. Einige Thema „Crowdworking“. Ziel der IG Metall von ihnen sind bereits mit Fairnesspunk- ist es auch, mit ihrer neuen Internetplatt- ten unter anderem hinsichtlich der Bezah- form eine öffentliche Diskussion über lung, der Arbeitsqualität, Kommunikation diese häufig so betitelte „Arbeitsform der oder Mitarbeiter-Überwachung ausge- Zukunft“ zu führen, um bessere rechtliche, zeichnet worden. Bei anderen überwiegen technische und soziale Rahmenbedingun- 14 negative Bewertungen. gen für Crowdworking zu schaffen.
SERVICE ■ ■ LITERATURHINWEIS geben? Wird die Erwerbsarbeit im Leben der hat sie seit 2011 Interviews Menschen einen anderen Stellenwert erhal- mit acht der bekanntesten Bundesarbeitsministerium ten? Wird es in der künftigen Arbeitsgesell- Whistleblower geführt: An- schaft noch Gerechtigkeit geben? gefangen mit Daniel Ells- GRÜNBUCH – ARBEITEN 4.0 Die Broschüre gibt keine Antworten, sondern berg, der 1971 die Penta- Arbeit weiterdenken – das ist das Ziel des will Debatten anstoßen und mithelfen, so- gon Papers der Presse zu- von Andrea Nahles, Bundesministerin für Ar- ziale Kompromisse zu entwickeln, die Ar- gespielt hatte; über Julian beit und Soziales, ins Leben gerufenen Dia- beitgebern und Arbeitnehmern nützen. Die Assange, der 2006 die logprozesses „Arbeiten 4.0“. Ein von ihr Chancen des digitalen und gesellschaftlichen Whistleblower-Plattform herausgegebenes Grünbuch benennt Trends Wandels stehen im Mittelpunkt. Geplant ist, WikiLeaks gründete; bis und Szenarien sowie Handlungsfelder und die Ergebnisse bis Ende 2016 in einem hin zu Edward Snowden, der Leitfragen als Basis für diesen Dialog. „Weißbuch Arbeiten 4.0“ zu verdichten, das 2013 ein ganzes Paket von NSA-Dokumenten Beschrieben wird eine Arbeitsgesellschaft im dann Handlungsempfehlungen ausgibt. – unter anderem zu den Spähprogrammen Umbruch, die gefordert ist, ihre technischen 3 Bundesministerium für Arbeit und Sozia- Prism und Tempora – in die Öffentlichkeit Potenziale – Digitalisie- les (Hrsg.): Grünbuch Arbeiten 4.0 – brachte. Weitere bekannte Namen sind: Jes- rung und globale Ökono- Arbeit weiter denken, 90 Seiten, zum selyn Radack, Jeremy Hammond, Thomas mie – auszubauen. Sie Download unter: www.arbeitenviernull.de Drake, William Binnery und Barret Brown. muss sich veränderten Die Interviews geben einen tiefen Einblick in gesellschaftlichen Werten Interviews mit Whistleblowern die Motive der Whistleblower und informieren und neuen Ansprüchen über die Umstände, unter denen sie heute an die Arbeit stellen und SUPERNERDS leben sowie über das, was sie am meisten lernen, mit neuen Unsi- Die Hausregisseurin am Schauspiel Köln, beanspruchen: unsere Solidarität. cherheiten umzugehen. Angela Richter, betrachtet sich auch als Netz- 3 Angela Richter (Hrsg.): Supernerds. Ihr stellen sich dabei aktivistin. In dieser Doppelrolle und um Hin- Gespräche mit Helden, 175 Seiten, 2015 vielerlei Fragen: Wird es tergrundinformation zu ihrem Theater-/Per- Alexander Verlag, Berlin, Euro 9,90, noch Arbeit für alle formance-Stück „Supernerds“ zu erhalten, ISBN 978-3-89581-372-6 KONTAKTE UND INFORMATIONEN DIE ANSPRECHPARTNER DER IG METALL Thema „Qualifizierung“ zugreifen. Netzwerk der IG Metall für Ingenieu- Diana Kiesecker, ITK-Branche FUR DIE IT-BRANCHE www.igmetall-wap.de rinnen und Ingenieure Aktuelle Informationen der IG Metall www.engineering-igmetall.de Telefon 069–66 93 27 45, Martin Weiss, ITK-Rhein-Main Links zur Kampagne »Arbeit: sicher diana.kiesecker@igmetall.de aus den Betrieben: WEITERE LINKS www.dialog.igmetall.de (Siemens) Telefon 069–24 25 31 35, www.nsn-dialog.de und fair!«: Juan-Carlos Rio Antas, ITK-Tarif martin.weiss@igmetall.de www.infineon.igmetall.de www.fokus-werkvertraege.de Jobnavigator: www.sapler.igm.de www.gut-in-rente.de Telefon 069–66 93 25 24, www.vodafone.igm.de Jörg Ferrando, Ausbildung juan-carlos.rio-antas@igmetall.de www.avaya.igmetall.de www.igmetall.jobnavigator.org Studierendenportal und Informationen: www.hp.igm.de Telefon 069–66 93 22 92, Ulrike Zenke, ITK Rhein-Neckar joerg.ferrando@igmetall.de www.hochschulinformationsbuero.de IMPRESSUM www.hochschulinformationsbuero.de/ IT-Magazin Telefon 06221-9 82 40, portal/dual-studieren Das Branchenmagazin der IG Metall Janett Kampf, ITK Berlin ulrike.zenke@igmetall.de www.hochschulinformationsbuero.de/ Herausgeber: Detlef Wetzel, Jörg Hofmann, portal/meldung/alles-auf-eine-karte- Jürgen Kerner Telefon 030–25 38 71 30, ausbildung-plus-studium Anschrift: IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Straße 79 janett.kampf@igmetall.de www.hochschulinformationsbuero.de/ 60329 Frankfurt am Main Internet: www.igmetall.de Netzwerk der IG Metall für Beschäf- portal/materialien-fuer-studierende Redaktion: Diana Kiesecker, Aktuelles aus den Betrieben und der INTERNET Telefon 069–66 93 27 45, Fax 069–66 93 20 53 tigte in IT- und in Engineering-Unter- E-Mail: diana.kiesecker@igmetall.de Branche, aus Wissenschaft und Politik nehmen Text, Design und Layout: WAHLE COM, 56479 Elsoff Weiterbilden – Ausbilden – Prüfen: IT 50plus: Die Initiative will die Be- www.itk-igmetall.de www.i-connection.info Vertrieb: Thomas Köhler Telefon 069–66 93 22 24, Fax 069–66 93 25 38 Darum geht es im Internetportal WAP der schäftigungssituation und die Be- E-Mail: vertrieb@igmetall.de IG Metall für berufliche Bildung. Mitglie- schäftigungsfähigkeit älterer Arbeit- Druck: apm AG, Darmstadt der der IG Metall können sich mit ihrer nehmerinnen und Arbeitnehmer ver- Fotos: Fotolia (1, 4, 5, 8, 11, 15), PantherMedia (5, 10, Mitgliedsnummer anmelden und danach bessern helfen. 12, 14, 15), IG Metall www.it-50plus.org auf Berufsinfos und Rechtstipps zum 15
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