Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz

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Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz
Jahrbuch
              DEUTSCHES ROTES KREUZ e.V.

                     2018

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Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz
Titelbild
Erdbeben, Tsunami, Flutwellen: Indonesien wurde im
ver­gangenen Jahr gleich von mehreren schweren Natur-
katastrophen getroffen. Allein auf der Insel Sulawesi
starben 2.000 Menschen, mehr als 10.000 wurden verletzt.
In wenigen Sekunden sind 65.000 Häuser zerstört und
damit rund 133.000 Menschen obdachlos geworden – wie
diese Frau, die vor den Trümmern ihrer Existenz steht.

    Dongala, Sulawesi, Indonesien am 28.10.2018
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DRK Jahrbuch 2018
Deutsches Rotes Kreuz e.V.                                                        03

Liebe Leserin,
lieber Leser,
die ganze Welt fühlte mit: Als Ende September 2018 ein Erdbeben und ein
Tsunami auf der indonesischen Insel Sulawesi mehr als 2.000 Todes­opfer
forderten, stand das Deutsche Rote Kreuz sofort bereit, um Hilfe für die
Überlebenden zu organisieren. Es dauerte auch gar nicht lange, bis wir ins­
gesamt 42 Tonnen an Hilfsgütern per Flugzeug in das Katastrophen­gebiet
schicken konnten: Darunter Zelte für obdachlose Familien und dringend
benötigte Trinkwasseraufbereitungsanlagen für rund 40.000 Menschen.
Es war nur eine von insgesamt drei Naturkatastrophen, die die Menschen
in Indonesien im vergangenen Jahr innerhalb von wenigen Monaten heim­
suchten. Es ist jedoch nur ein Beispiel für die humanitäre Arbeit des Deutschen
Roten Kreuzes in rund 50 Ländern der Erde, in denen manche Dauer­
konflikte – wie im Jemen und in Syrien – nun schon über Jahre hinweg
großes menschliches Leid verursachen.

Auch in Deutschland müssen wir uns verstärkt auf Krisenszenarien vor­
bereiten: Der Klimawandel sorgt auch bei uns für einen Anstieg der Extrem-­
Wetterereignisse. Außerdem stellt die wachsende Gefahr von weltweiten
Epidemien und von Cyberangriffen auf unsere Infrastruktur den Bevöl­
kerungsschutz und das nationale Krisenmanagement vor neue Heraus­
forderungen.

Als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege wird uns der Fachkräfte­
mangel in den Kitas und in den Pflegeberufen noch auf Jahre hinaus
beschäftigen. Im vergangenen Jahr wurde dazu schon einiges auf den Weg
gebracht – aber bei weitem nicht genug.

Unsere Hilfe für Menschen in Not – ob in Deutschland oder im Ausland –
kann nur funktionieren, wenn die 435.000 ehrenamtlichen und die 177.000
hauptamtlichen Helferinnen und Helfer des DRK gut ausgebildet sind und
Hand in Hand zusammenarbeiten. Ihnen und den Menschen, die mit ihren
Spenden die Arbeit des DRK unterstützen, gilt mein größter Respekt.

Auf den folgenden Seiten finden Sie einen Überblick über das vielfältige
Engagement des Deutschen Roten Kreuzes im Jahr 2018.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

Ihre

Gerda Hasselfeldt
Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes
Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz
DRK Jahrbuch 2018
04                                                                                             Deutsches Rotes Kreuz e.V.

                                                 Das Rote Kreuz
                                                 in Deutschland

                                                 08   gerda hasselfeldt im interview
                                                      „Ohne ein starkes Ehrenamt können wir unsere
                                                      Aufgaben nicht erfüllen“

              Inhalt
                                                 10   flüchtlingsarbeit
                                                      Mit Modellprojekten neue Wege gehen

                                                 11   kurzbeitr äge
            DRK-JAHRBUCH 2018                            Soziale Innovationen finden und nutzen
                                                         „Von Herzensrettern und Lebensrettern“

                                                 12   g e m e i n s a m s ta r k
                                                      Die DRK-Gemeinschaften

                                                 14   christian reuter im interview
                                                      Im Wandel zukunftsfähig bleiben

                                                 16   kurzbeitr äge
                                                         Bundesversammlung: Neue Gesichter im Präsidium
                                                         Handkommentar zum DRK-Gesetz
                                                         Der Verband der Schwesternschaften:
                                                         Eine starke Stimme für die Pflege
                                                         Der DRK-Blutspendedienst:
                                                         Blut spenden – Leben retten
                                                 18
                                                      d r k- s u c h d i e n s t
03   editorial                                        „Wie ein Sechser im Lotto“
     Vorwort der Präsidentin Gerda Hasselfeldt   20
                                                      kurzbeitr äge
                                                         Digitalisierung: Ein Fahrplan für die Reise
                                                         Besser vernetzt
                                                         Cross Media Day: „Spread the word“
                                                         Wissenstransfer durch Austausch
                                                         Neue Website: DRK-Wohlfahrt.de
                                                         Im Dialog mit Brüssel
                                                 23
                                                      wirkungsorientierung im drk
                                                      Für alle, die Gutes noch besser tun wollen
                                                 24
                                                      kurzbeitr äge
                                                         Profilschärfung in der Altenhilfe
                                                         Das DRK der DDR – ein Zeitzeugenprojekt
                                                         Kooperation mit Schauspieler Ludwig Trepte
                                                         Krisenmanager auf allen Ebenen
                                                         Lotto: Gemeinwohlförderung erhalten
                                                         Playmobil und DRK: Spielend Helfen lernen
                                                         Problemfall Rettungsgasse
                                                         System im Wandel
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DRK Jahrbuch 2018
Deutsches Rotes Kreuz e.V.                                                                                     05

Das Rote Kreuz                                                     Das Rote Kreuz
im Ausland                                                         im Überblick

30     indonesien                                                  48   Die Internationale Rotkreuz- und
       Schnelle Hilfe nach Erdbeben                                     Rothalbmond-Bewegung

32     jemen                                                       50   Wie funktioniert das DRK
       Die weltweit größte humanitäre Krise                             in Deutschland?

                                                                   52   Ausgewählte Leistungen des DRK

                                                                   54   Corporate Governance im DRK e.V.

                                                                   56   Präsidium

                                                                   57   Mitgliederübersicht

                                                                   Das Rote Kreuz
34     venezuela                                                   und Finanzen
       Erstversorgung an der Grenze

35     sozialstrukturhilfeförderung
       Menschen stärken, Perspektiven schaffen                     60   Jahresabschluss

36     bangladesch                                                 61   Gewinn- und Verlustrechnung
       Leben im Provisorium                                             des DRK-Bundesverbandes

38     armenien                                                    62   Erläuterungen zu ausgewählten
       Ehrung für Erdbebeneinsatz                                       Positionen der Gewinn- und
                                                                        Verlustrechnung
39     f o r e c a s t- b a s e d f i n a n c i n g
       Humanitäre Hilfe, die schon vor der Katastrophe eintrifft   63   Bilanz des DRK-Bundesverbandes

40     das drk im ausl and                                         64   Erläuterungen zu ausgewählten
           Ausgaben für DRK-Projekte im Ausland                         Positionen der Bilanz
           Weltweite Hilfe
                                                                   65   Ausblick 2019
43     umgang mit spenden
       Gemeinsam Perspektiven schenken                             66   Wiedergabe des Bestätigungsvermerks

                                                                   68   Das Organigramm des DRK-Generalsekretariats

                                                                   69   Impressum / Bildnachweise
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07

K APITEL 1

Das Rote Kreuz
in Deutschland
Über 435.000 ehrenamtliche und 177.000 hauptamtliche
Mitarbeiter sowie fast drei Millionen Fördermitglieder
machen das Rote Kreuz in Deutschland stark. Ob beim ge-
sundheitlichen Bevölkerungsschutz, beim Sanitätsdienst
oder bei der Unterstützung Hilfsbedürftiger im Alltag –
die Rotkreuzhelfer sind Tag und Nacht im Einsatz. Der
Nachwuchs mischt engagiert im Jugendrotkreuz mit:
Rund 135.000 Kinder und Jugendliche beschäftigen sich
mit den Themen Gesundheit, Umwelt, Frieden und inter-
nationale Verständigung. Eine unver­zichtbare Institution
ist der Suchdienst, der jährlich Tausende von Anfragen
erhält und viele Familien wieder zusammenführt.
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DRK Jahrbuch 2018
 08                                                                                                                  Deutsches Rotes Kreuz e. V.

 GERDA HASSELFELDT IM INTERVIEW

„Ohne ein starkes Ehrenamt können
 wir unsere Aufgaben nicht erfüllen“
                                                                      können. Ohne ein starkes Ehrenamt werden wir aber auch die
                                                                      gesellschaftlichen Herausforderungen, die vor uns liegen, nicht
                                                                      lösen können. Deshalb muss die Politik alles tun, um dieses frei­
                                                                      willige Engagement zu unterstützen. In den nächsten Jahren
                                                                      gehen zum Beispiel die geburtenstarken Jahrgänge in die Ren­
                                                                      te. Darunter sind sehr viele Menschen, die fit sind, viel Zeit und
                                                                      eine hohe Bereitschaft haben, sich ehrenamtlich in unsere Ge­
                                                                      sellschaft einzubringen. Diesen Menschen müssen auch wir als
                                                                      DRK ein entsprechendes Angebot machen.

                                                                      Ehrenamt und Freiwilligendienste waren auch im
                                                                      Sommer 2018 ein großes politisches Thema vor allem
                                                                      mit Blick auf die jüngere Generation.
                                                                      Es kam der Vorschlag, ein gesellschaftliches Pflichtjahr einzu­
                                                                      führen. Wir haben das nicht sofort kategorisch abgelehnt. Zum
                                                                      einen, weil es sich für uns gehört, sich mit politischen Ideen und
                                                                      Ansätzen erst einmal in Ruhe auseinanderzusetzen. Zum an­
                                                                      deren, weil wir für jede politische und gesellschaftliche Debat­
                                                                      te sind, die dazu dient, das Ehrenamt und das bürgerschaftliche
                                                                      Engagement in Deutschland zu stärken. Mit etwas zeitlichem
                                                                      Abstand plädiere ich deshalb für ein Recht auf einen Platz im
     DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt
                                                                      Freiwilligendienst, denn wir haben hier als bundesweit größter
 Die frühere Bundesministerin und ehemalige Bundestags­
 abgeordnete ist seit Dezember 2017 Präsidentin des DRK.              Anbieter deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plät­
                                                                      ze. Es geht hier auch um den Einstieg in ein Engagement, das
                                                                      dem Zusammenhalt unserer Gesellschaft dient.

 Frau Hasselfeldt, welche Eindrücke waren in Ihrem                    Hat die Bundesregierung beim Thema Pflegekräfte
 ersten Jahr als DRK-Präsidentin am stärksten?                        im Jahr 2018 nicht einiges in Gang gebracht?
 Besonders beeindruckt hat mich bei meinen zahlreichen Begeg­         Das ist richtig. Es gibt die Konzertierte Aktion Pflege, in die sich
 nungen in Landes- und Kreisverbänden die Vielfalt des Deut­          auch das Deutsche Rote Kreuz als Spitzenverband der Freien
 schen Roten Kreuzes. Das DRK ist nicht nur Rettungsdienst, Blut­     Wohlfahrtspflege konstruktiv einbringt. Wir vermissen jedoch
 spendedienst oder humanitäre Hilfe im Ausland, sondern unsere        die unbedingt notwendige Anschubfinanzierung für die Pflege­
 Arbeit reicht von der Kita über Pflegeeinrichtungen und Freiwilli­   schulen. Der Bund sieht hier die Länder in der Pflicht. Die Län­
 gendienste bis hin zu konkreten Hilfsangeboten in den verschie­      der verweisen wiederum auf die Verantwortung des Bundes.
 densten Lebenslagen. Diese große Bandbreite unterscheidet uns        Der Streit zwischen Bund und Ländern darf jedoch nicht auf
 von vielen anderen Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisatio­         dem Rücken der Pflegeschulen ausgetragen werden. Sonst be­
 nen. Begeistert hat mich aber vor allem das starke ehrenamtliche     steht die Gefahr, dass Ausbildungsplätze wegfallen oder Schu­
 Engagement und die Professionalität der hauptamtlichen Mit­          len geschlossen werden. Die Situation ist ernst.
 arbeiter. Das gilt besonders für die vielen Helfer bei den Bereit­
 schaften, der Bergwacht, der Wasserwacht, der Wohlfahrts- und        Wenn nicht genügend Pflegeschüler ausgebildet werden kön­
 Sozialarbeit und dem Jugendrotkreuz.                                 nen, werden wir den Fachkräftemangel nicht in den Griff bekom­
                                                                      men. Das aber geht eindeutig zu Lasten der Patienten. Außerdem
                                                                      müssen die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte insgesamt
 Das Ehrenamt haben Sie eben genannt. Was sollte                      weiter verbessert werden. Wir müssen aber auch alle dafür sor­
 hier verbessert werden?                                              gen, dass die gesellschaftliche Anerkennung für die Pflegeberufe
 Die mehr als 435.000 ehrenamtlich engagierten Menschen in            wächst. Ich warne ausdrücklich davor, diesen Beruf schlecht zu
 unserem Verband sind ein großer Schatz und eine unabding­            reden. Es ist ein sehr schöner und erfüllender Beruf, der den Men­
 bare Voraussetzung dafür, dass wir unsere Aufgaben erfüllen          schen, die ihn mit großem Engagement ausüben, im Alltag viel
                                                                      zurückgibt.
Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz
DRK Jahrbuch 2018                                  Das DRK in Deutschland                         Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                        Das DRK im Ausland                             Das DRK und Finanzen                 09

                                                                            und Wasserversorgung besser vorzubereiten. Denn die Gefahr,
                                                                            dass wir in Deutschland in Zukunft verstärkt mit solchen Kri­
                                                                            sensituationen zu tun haben, steigt. Das gemeinsame Kon­
                                                                            zept des DRK und der anderen anerkannten Hilfsorganisati­
                                                                            onen zur besseren Vorbereitung auf solche Fälle wurde der
                                                                            Bundesregierung vorgelegt. Es sieht eine Bundesvorhaltung
                                                                            zum Beispiel an Großzelten, Feldbetten und Hygieneartikeln
                                                                            an zehn verschiedenen Standorten in Deutschland vor. Wir
                                                                            unternehmen alles, damit das Projekt dann hoffentlich im Bun­
                                                                            deshaushalt 2020 Berücksichtigung findet.

                                                                            Was ist Ihnen bei der Auslandsarbeit des
                                                                            DRK besonders wichtig?
                                                                            Neben der unmittelbaren humanitären Nothilfe, die wir derzeit
    Rück- und Ausblick
                                                                            unter anderem im Jemen, in Syrien oder in den Flüchtlingsla­
Auch in Zukunft wird das Ehrenamt im DRK viele Möglichkeiten
bieten, sich zu engagieren – sei es bei der Versorgung auf                  gern in Bangladesch leisten, hat mich insbesondere unser inno­
Sanitätsdiensten und Veranstaltungen oder bei der Betreuung                 vatives Konzept der vorausschauenden Katastrophenhilfe be­
von Menschen mit unterschiedlichen Hilfsbedarfen.                           eindruckt. Mit der vorhersagebasierten Finanzierung führt das
                                                                            DRK die internationale Katastrophenhilfe in ein neues Zeitalter:
                                                                            weg von der reinen Reaktion, hin zu vorausschauendem Han­
                                                                            deln und damit in vielen Fällen zur Vermeidung von größeren
                                                                            Schäden und menschlichem Leid. Bessere Vorhersagen von
                                                                            Extremwetterereignissen machen genauere Katastrophenvor­
Warum kommen wir bei der Digitalisierung                                    hersagen möglich. Dadurch können rechtzeitig entsprechende
nicht besser voran?                                                         Präventionsmaßnahmen ergriffen werden.
Bei der Digitalisierung wird die Privatwirtschaft vom Staat weit­
aus stärker unterstützt als der Sozial- und Wohlfahrtsbereich.
Unsere sozialen Einrichtungen und Dienste leisten einen wich­
tigen Beitrag, damit die deutsche Wirtschaft insgesamt erfolg­
reich sein kann. Ohne Kindertagesbetreuung, Pflege und ohne
soziale Arbeit insgesamt ist unser Erfolg nicht denkbar. Deswe­
gen ist es nicht nachvollziehbar, dass gerade hier seitens des
Bundes so wenig in den digitalen Wandel investiert wird. Die
Politik muss bereit sein, dem Sozial- und Wohlfahrtsbereich                      Die mehr als 435.000 ehrenamtlich
mehr Ressourcen für die Digitalisierung in Form von langfristig
angelegten Programmen zur Verfügung zu stellen.                                   engagierten Menschen in unserem
                                                                               Verband sind ein großer Schatz und eine
Liegt die Verantwortung hier nur bei der Politik?                              unabdingbare Voraussetzung dafür, dass
Nein, auch im DRK muss das Bewusstsein für die Möglichkeiten                    wir unsere Aufgaben erfüllen können.
der Digitalisierung im Sozialen und im Gesundheitswesen ge­
schärft werden. Etwa durch den Einsatz von Tele-Notärzten in
                                                                                                    Gerda Hasselfeldt
der Erstversorgung, durch technische Assistenzsysteme, digi­
                                                                                                     DRK-Präsidentin
tale Pflegedokumentation oder die Schaffung digitaler Lernwel­
ten für Senioren. Auch im Kita-Bereich und in der Jugendarbeit
ist Digitalisierung ein zentrales Thema. Die vielfältigen Bera­
tungs- und Unterstützungsangebote zum Beispiel für Familien
und Migranten müssen neu aufgestellt werden. Um die Digitali­
sierung im Sozialbereich voranzubringen, müssen wir außerdem                Wie funktioniert das in der Praxis?
bei den Mitarbeitern ansetzen, die Zeit, Know-how und die ent­              Konkret geht es darum, dass die Bevölkerung zum Beispiel bei
sprechende technische Ausstattung brauchen.                                 Überschwemmungen frühzeitig gewarnt wird und bedürftige
                                                                            Haushalte etwa mit Bargeld unterstützt werden, damit sich die
                                                                            Familien mit Hab und Gut in Sicherheit bringen können. Dieses
Wie gut ist Deutschland beim Bevölkerungsschutz                             Konzept, das das DRK zusammen mit dem Auswärtigen Amt
aufgestellt?                                                                entwickelt hat, wird bisher erfolgreich in acht Ländern erprobt:
Beim nationalen Krisenmanagement haben wir erhebliche Defi­                 in Peru, Bangladesch, Vietnam, Mosambik, Togo, Uganda, auf
zite. Es ist notwendig, sich auf Katastrophen wie große Unwet­              den Philippinen und in Ecuador. Im Jahr 2019 kommen Tad­
ter und Pandemien oder auf Cyberangriffe auf unsere Strom-                  schikistan und Kirgistan hinzu. Es ist weltweit einmalig.
Jahrbuch 2018 - www.drk.de - Deutsches Rotes Kreuz
DRK Jahrbuch 2018
10                                                                                                                      Deutsches Rotes Kreuz e. V.

Kooperation in der
DRK-Flüchtlingsarbeit
Mit Modellprojekten neue Wege gehen.
                                                                                              KURZLINK

                                                                                              www.drk-wohlfahrt.de

Die DRK-Flüchtlingsarbeit ist vielfältig:   Das Projekt mbeon – Migrationsbera­               ratung ist in den Sprachen Deutsch, Eng­
Erstaufnahme, soziale Beratung, Hilfe       tung ist ein gutes Beispiel dafür: Auf­           lisch, Arabisch, Russisch möglich. „Es ist
bei der Arbeitsmarktintegration und der     grund der Bedarfe entstand die Idee ei­           ein niedrigschwelliges Angebot, das die
nachhaltigen Integration. DRK-Ehrenamt      nes Online-Beratungsangebotes, das                Beratungsstellen vor Ort entlastet“, so
und -Hauptamt arbeiten hier vielerorts      insbesondere in Flächenbundesländern              Sabine Heck, DRK-Referentin für Asyl-
eng zusammen. Vernetzung und Aus­           Anwendung findet, in denen eine Bera­             und Migrationspolitik.
tausch untereinander sind dabei zent­       tungsstelle nicht immer leicht zu errei­
ral, denn so können die DRK-Mitarbeiter     chen ist. Das DRK, dem die Koordina­              Auch das im Frühjahr 2018 gestartete
aus den verschiedenen Bereichen über        tion des Projektes obliegt, setzte das            Modellprojekt „DRK-JobLotse“ zeigt ers­
ihre Erfahrungen berichten und von den      Konzept gemeinsam mit dem Bundes­                 te Erfolge: Für drei Standorte wurde ein
erworbenen Expertisen profitieren. Da­      amt für Migration und Flüchtlinge, ande­          DRK-spezifisches Profil für Angebote zur
für hat das DRK-Generalsekretariat pro­     ren Wohlfahrtsverbänden sowie einer On­           Arbeitsmarktintegration von Geflüchte­
grammübergreifende und -spezifische         line-Agentur um. Seit ihrem Start Ende            ten entwickelt. Das Modellprojekt wird
Fachtage eingeführt und veranstaltet.       2017 beteiligen sich 50 MBE-Beratungs­            vom Institut für Sozialpädagogische For­
                                            stellen mit rund 70 Beratenden. Die Be­           schung Mainz gGmbH (ism) begleitet.

        Das Projekt mbeon -
      Migrationsberatung ist ein
     niedrigschwelliges Angebot,
     das die Beratungsstellen vor
             Ort entlastet.

              Sabine Heck
          DRK-Referentin für Asyl-
           und Migrationspolitik

Beim Fachtag zur „Unterbringung von
Geflüchteten“ tauschten sich Mitarbei­
tende aus Unterbringungseinrichtungen
zu ihren Konzepten aus. Der Fachtag „Ar­
beitsmarktintegration“ brachte Unterneh­
men und Projektträger aus dem DRK
zusammen. Für die Arbeit des Generalse­
kretariats ist der Austausch mit den Mit­
                                                  Angebote für Kinder
gliedsverbänden entscheidend, um neue
                                              In den DRK-Flüchtlingsunterkünften bieten ehrenamtliche Helfer und DRK-Sozialarbeiter
Pilotprojekte initiieren und Themen auf       Spiele, Ausflüge und „Deutsch lernen“ für Kinder an.
politischer Ebene anstoßen zu können.
DRK Jahrbuch 2018                              Das DRK in Deutschland                             Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                    Das DRK im Ausland                                 Das DRK und Finanzen                  11

  KURZBEITRAG

Soziale Innovationen
finden und nutzen
                                                                            Eine besondere Freude für das DRK
Auf dem 81. Fürsorgetag in Stuttgart
                                                                        Der Besuch von Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für
sorgte das DRK mit einem innovativen                                    Familie, Senioren, Frauen und Jugend, am Messestand.

Gesamtauftritt für Furore.

U     nter dem Motto „Zusammenhalt stärken – Vielfalt gestal­
      ten“ trafen sich rund 1.800 Akteure aus Sozialpolitik, So­
zialrecht und der Sozialen Arbeit vom 15. bis 17. Mai 2018 zum
                                                                        standen die Erfahrungen mit sogenannten Innovationslaboren,
                                                                        also Lern- und Experimentierprojekten zur Förderung sozialer
                                                                        Innovation. Mit einem „Lab of the Labs“, bei dem verschiedene
81. Deutschen Fürsorgetag in Stuttgart. In drei Symposien und           Organisationen ihre Innovationslabore vorstellten, förderte das
über 40 Fachforen diskutierten die Teilnehmenden aktuelle               DRK den Austausch und die Diskussion neuer methodischer
Herausforderungen des Sozialen. Das DRK präsentierte sich auf           Ansätze. Die Teilnehmer waren begeistert und führten das „Lab
der Veranstaltung, die alle drei bis vier Jahre stattfindet, mit ei­    of the Labs“ bei einem gemeinsamen Treffen in Berlin fort.
nem Stand zum Thema Digitalisierung und Innovation. Im Fokus

  KURZBEITRAG

„Von Herzensrettern und Lebensrettern“

P   rüfen! – Rufen! – Drücken! Diese drei Worte beschreiben
    die wichtigsten Maßnahmen, die Ersthelfer bei einem
Kreislaufstillstand durchführen müssen. Zwar werden Wieder­
belebungsmaßnahmen in der Erste-Hilfe-Ausbildung der Hilfs­
organisationen vermittelt, laut Deutschem Reanimationsregister
führen im Notfall aber nur 39,3 Prozent der Laienhelfer auch Re­
animationsmaßnahmen durch. Deshalb hat die Bundesarbeits­
gemeinschaft Erste Hilfe 2018 das Konzept „Von Herzensrettern
und Lebensrettern“ erarbeitet. Diese kurze Ausbildung von Lai­
en fokussiert ausschließlich auf die einfachen Maßnahmen der
Wiederbelebung.

„Jedes Jahr erleiden in Deutschland mindestens 50.000
Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-
Kreislauf-Stillstand“, sagt DRK-Bundesarzt Prof. Peter Sefrin.
„Mit dem Konzept möchten wir Laien noch besser auf derartige
Situationen vorbereiten.“ Im Notfall sollen die Teilnehmer spon­
                                                                               Wissen, das Leben rettet
tan und sicher eine Wiederbelebung bei Erwachsenen durch­
                                                                           Das Konzept besteht aus drei Modulen: von der Wiederbele-
führen können. Das DRK bietet die Kurse auch Schulen und für               bung nur mittels Herzdruckmassage über die Kombination mit
öffentliche Veranstaltungen an.                                            einer Atemspende bis hin zur zusätzlichen Anwendung eines
                                                                           automatisierten externen Defibrillators (AED).
In einem Jahr hat das DRK zum Thema Erste Hilfe bundesweit
insgesamt 122.875 Aus- und Fortbildungen mit mehr als 1,77
Millionen Teilnehmern organisiert.
DRK Jahrbuch 2018
12                                                                                                          Deutsches Rotes Kreuz e. V.

                                                  G E M E I N S A M S TA R K

                   Die Gemeinschaften

        Menschen
          für
        Menschen

                                               Bereitschaften                             Wohlfahrts- und
                                             Neue Impulse für den                           Sozialarbeit
                                              Betreuungsdienst                         Engagement ermöglichen

        Die Gemeinschaften             Der Betreuungsdienst als Fachdienst der        Neue Formen der Kooperation und Mitar­
     des DRK sind die tragenden        Bereitschaften ist ein wichtiger Teil des      beit im DRK waren für die Gemeinschaft
                                       Katastrophenschutzes. Durch das Pro­           Wohlfahrts- und Sozialarbeit 2018 ein
       Säulen des Ehrenamts.
                                       jekt zu seiner Weiterentwicklung ist er seit   zentrales Thema.
                                       2009 zudem Hauptaufgabenfeld der be­
         Rund 435.000                  sonderen Art.                                  Sie ermöglichen mehr Menschen ein En­
   Ehrenamtliche sprechen                                                             gagement und verbessern die Angebote
                                       Ein Austausch über aktuelle Bedarfe des        für die zu Unterstützenden. „Der Schlüs­
 für sich. Sie alle sind in ihrer
                                       Betreuungsdienstes wird jetzt durch eine       sel ist, sich auf die Stärken der Partner
   Freizeit im Einsatz und             jährliche Fachberatertagung realisiert. Im     zu konzentrieren“, sagt Christiane Kohne,
   helfen, indem sie retten,           November 2018 haben daran die Fach­            Referentin Soziales Engagement.
     versorgen, betreuen,              berater der DRK-Landesverbände teil­
                                       genommen. Das neue Forum wurde                 Der DRK-Kreisverband Köln etwa koope­
  begleiten und gemeinsam
                                       genutzt, um die Ergebnisse aus der Ar­         riert mit „Grenzenlos in Bewegung“. Der
     Ideen für die Zukunft             beitsgruppe Qualifizierung vorzustellen        Verein, den Studierende der Deutschen
          entwickeln.                  und in den Verband zu tragen.                  Sporthochschule Köln gegründet ha­
                                                                                      ben, macht Sportangebote für Geflüchte­
                                       Beispielsweise wurden die Curricula und        te. Die Professionalität der Studierenden,
                                       die Ausbildungsordnung zum Betreu­             gepaart mit Enthusiasmus und wenig
                                       ungsdienst angepasst. Zudem sollen             Bürokratie war für das DRK als Träger
                                       Praxisempfehlungen aus der Forschung           vieler Unterkünfte eine ideale Ergänzung.
           Mehr zu den Leistungen
                                       für den Betreuungsdienst weiter in den         „Wir müssen nicht alles selbst machen“,
        der Gemeinschaften lesen Sie   Verband integriert und für die Entwick­        betont Kohne, „sondern uns mehr als Er­
            auf den Seiten 52–53.      lung einer bundeseinheitlichen Strategie       möglicher für Engagement verstehen.“
                                       genutzt werden.
DRK Jahrbuch 2018                            Das DRK in Deutschland                      Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                  Das DRK im Ausland                          Das DRK und Finanzen                  13

                JRK                                      Bergwacht                                  Wasserwacht
           Gemeinsam die                                Retter in Natur                            Feilen am neuen
          Zukunft gestalten                              und Gebirge                                    Auftritt

Die viel zitierte Kampagne „Was geht         Mit dem Handbuch „Notfall in Natur und      Neben ihrem Einsatz am und im Was­
mit Menschlichkeit?“ war für das Deut­       Gebirge“ hat die Bergwacht als größte       ser hat die Wasserwacht auch an ihrem
sche Jugendrotkreuz (JRK) auch 2018          Bergrettungsorganisation in Deutschland     Erscheinungsbild gearbeitet. Ein neues
ein Schwerpunkt. An der 2. Kampag­           einen Ratgeber für Interessierte geschaf­   Logo wurde bereits beschlossen. Damit
nenjugendkonferenz etwa nahmen Mit­          fen, die sich gerne in der Natur aufhal­    das Corporate Design im Einklang mit
glieder aus ganz Deutschland teil. Un­       ten. Das Handbuch wird jetzt in entspre­    dem Auftritt des Gesamtverbands steht,
ter dem Motto „YOUmanity – Wer, wenn         chenden Kursen der Bergwacht sowie für      werden jetzt noch Vorlagen entwickelt, die
nicht du?“ bearbeiteten die Jugendli­        Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit durch      in den DRK-Styleguide eingepflegt wer­
chen die Fragen „Wie sieht eine mensch­      die Mitglieder vor Ort ausgegeben.          den. Die Umsetzung tritt zum 1. Januar
liche JRK-Gruppe aus?“ „Und wie eine                                                     2020 in Kraft.
menschliche Welt?“ Ihre Antworten sind       Das Drohnenprojekt der Bergwacht All­
die Basis für die Forderungen, die als Er­   gäu wurde 2018 erneut mit dem Förder­       Außerdem wurden die Dienststellungsab­
gebnis der Kampagne Ende März 2019           preis „Helfende Hand“ des Bundesinnen­      zeichen der Wasserwacht bundeseinheit­
formuliert werden sollen.                    ministeriums belohnt: Zum zehnjährigen      lich angepasst.
                                             Bestehen der Auszeichnung erhielt das
Auf der 13. Bundeskonferenz in Müns­         Team bei der Verleihung in Berlin den       Änderungen gab es auch bei der Ausbil­
ter wurde der strategische Rahmen des        Sonderpreis für Nachhaltigkeit. Das Pro­    dungs- und Prüfungsvorschrift Tauchen.
DJRK überarbeitet und teils deutlich um­     jekt, bei dem die Bergwacht bei ihren       Unter besonderen Bedingungen für die
formuliert. Unter anderem definierte das     Rettungseinsätzen Drohnen zur Unter­        minderjährigen Teilnehmenden darf die
höchste Gremium des Verbands Nach­           stützung nutzt, hatte bereits 2015 den      Tauchausbildung nun bereits mit dem
haltigkeit als zusätzliches strategisches    Förderpreis „Helfende Hand“ bekommen.       abgeschlossenen 15. Lebensjahr begon­
Ziel. Grundlage war ein breiter Betei­                                                   nen werden. Unterwasser-Einsatzaufträge
ligungsprozess, in den Mitglieder aller                                                  dürfen weiterhin nur ausgebildete Tau­
Ebenen eingebunden wurden.                                                               cher ab dem vollendeten 18. Lebensjahr
                                                                                         übernehmen.
DRK Jahrbuch 2018
14                                                                                                                    Deutsches Rotes Kreuz e. V.

                                               CHRISTIAN REUTER IM INTERVIEW

                   Im Wandel
              zukunftsfähig bleiben
                 Gemeinsame Visionen für die nächste Dekade: Die Strategie 2030

Herr Reuter, warum überhaupt eine neue Strategie?                   Wie startet das DRK seinen Strategieprozess 2030?
Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die sich in einem un­       Wir halten „gefühlt“ einen Moment inne, schauen zurück zu
glaublichen Tempo und Ausmaß verändert. Da nenne ich alleine        den Strategien 2010 plus und 2020, evaluieren: Was lief gut,
nur beispielhaft die Themenfelder Globalisierung, Digitalisierung   was lief weniger gut, was hat den Gesamtverband besser oder
und demographischer Wandel.                                         schlechter durchdrungen? Dem folgt eine Umfeldanalyse: Wo
                                                                    stehen wir heute, wie schätzen Mitglieder, Förderer, Ehren-
Wir erleben eine Aufweichung, teilweise sogar Auflösung klas­       und Hauptamt, Partner, Auftraggeber, relevante Dritte uns ein,
sischer familiärer und sozialer Strukturen und gesellschaftlicher   was erwarten diese von „ihrem“ DRK? Daneben ist das Pro­
Werte, einen Zuwachs an regionaler Mobilität und eine deutli­       zessdesign natürlich wichtig, wie diskutieren und erarbeiten wir
che Abwanderung aus dem ländlichen Raum, gerade auch in             als Gesamtverband diese Strategie 2030. Diese Bestandsauf­
die Ballungsräume hinein. Damit ist auch ganz klar, dass das al­    nahme und das richtige Prozessdesign sind ganz wesentliche
les nicht nur operative Fragestellungen für uns sind. Gerade für    Voraussetzungen dafür, dass die Strategie 2030 ein Erfolg wird –
diese Themenfelder benötigen wir auch strategische Antworten.       sprich kein verkopftes Papier aus der Metaebene eines Elfen­
                                                                    beinturms, sondern ein gesamtverbandlicher, valider und evalu­
Losgelöst davon besteht für uns auch die gesamtverbandliche         ierbarer Handlungsrahmen für die Sicherung des Erfolges unse­
Notwendigkeit, für die Strategie 2020 „Menschen helfen, Gesell­     res DRK in den kommenden Jahren.
schaft gestalten“ eine Nachfolgestrategie 2030 zu entwickeln.
Dazu sind alle Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesell­
schaften durch die Internationale Föderation der Rotkreuz- und      Wie lauten die inhaltlichen Fragestellungen?
Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC) aufgerufen worden.                Das Präsidium hat sich bisher auf erste, aber zentrale Fragestel­
                                                                    lungen zur Strategie 2030 verständigt. In einem Zeitalter der Un­
                                                                    sicherheiten und des Wandels macht es sicher Sinn, sich ein
                                                                    Stück selbst zu vergewissern. Wofür steht das DRK? Was sind
                                                                    unsere Aufgaben? Wie gehen wir mit unserem Mandat, unseren
                                                                    Grundsätzen und unserer auxiliaren Rolle um? Was sind Kern­
                                                                    aufgaben unseres DRK, sprich unserer DRK-Familie?

                                                                    Weitere wichtige Fragestellungen werden sich sicherlich um die
                                                                    Zukunftssicherung von ehrenamtlichem und freiwilligem En­
                                                                    gagement, Vielfalt und Inklusion im DRK drehen. Aber auch das
                                                                    Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlichem Agieren auf der
                                                                    einen Seite, klassischer Vereinsarbeit und Interessensvertretung
                                                                    auf der anderen Seite wirft Fragen auf.

                                                                    Und – für das Präsidium ganz wesentlich: Good Governance
                                                                    und Compliance im DRK. Diese Fragestellungen müssen dann

                                                                        Mit Visionen positiv an Herausforder­
                                                                    ungen und Umsetzungen herangehen
                                                                    Der Diplom-Volkswirt Christian Reuter ist seit
                                                                    April 2015 Generalsekretär und Vorsitzender des
                                                                    Vorstands des DRK e.V.
DRK Jahrbuch 2018                            Das DRK in Deutschland                            Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                  Das DRK im Ausland                                Das DRK und Finanzen               15

                                  Das DRK war, ist und wird ein ehrenamtlich
                              geführter und föderal aufgebauter Verband bleiben.
                                           Und das ist auch gut so!

                                                            Christian Reuter
                                              Generalsekretär und Vorsitzender des Vorstands

sicherlich unter Berücksichtigung der vielfältigen gesellschaftli­    brauchen eine Strategie für den Verband, die auch vom Ver­
chen Veränderungen diskutiert werden.                                 band kommt, und konkrete, valide und evaluierbare Ergebnisse
                                                                      für alle im DRK mit sich bringt.

Welche Rolle spielen dabei das Ehrenamt und der föde-
rale Aufbau?                                                          Wie sieht die Beteiligung konkret aus?
Das DRK war, ist und wird ein ehrenamtlich geführter und föde­        Wir werden den Kreisverbänden beispielsweise Veranstaltungs­
ral aufgebauter Verband bleiben. Und das ist auch gut so! Und         leitfäden und einen Fragenkatalog zur Verfügung stellen, damit
es ist auch gut, dass das Präsidium diese beiden Grundprinzi­         sie vor Ort mit Mitgliedern, Helferinnen und Helfern sowie Eh­
pien unserer Verfasstheit in einer Strategie 2030 sicherstellen       ren- und Hauptamt über die Strategie 2030 diskutieren und sich
wird. Wir erkennen aber auch, dass unsere Gesellschaft bun­           einbringen können. Auf Landes- und Mitgliedsverbandsebene
ter und vielfältiger wird. Insofern müssen wir dieses gesamtver­      regen wir Beteiligungsforen an, um miteinander über die Stra­
bandlich auch in unseren ehrenamtlichen und freiwilligen Ange­        tegie 2030 ins Gespräch zu kommen. Außerdem gibt es eine
boten verstärkt widerspiegeln.                                        Onlinebefragung für ehrenamtlich und hauptamtlich Aktive im
                                                                      Gesamtverband. Auch ist eine Befragung wichtiger externer In­
Und es gilt natürlich, dass wir unser verfasstes Ehrenamt, unsere     teressengruppen und Anspruchsberechtigter vorgesehen.
fünf Gemeinschaften, weiterhin stärken.
                                                                      Der Analyseteil – insbesondere die Befragung – wird in Koope­
Wir müssen sicherlich das Spannungsverhältnis zwischen föde­          ration mit einem hochqualifizierten und erfahrenen Beratungs­
raler Vereinsstruktur einerseits, dem Zwang und Bedarf zu grö­        unternehmen konzipiert und durchgeführt.
ßeren Einheiten in der Vereinsstruktur und im wirtschaftlichen
Agieren andererseits vertieft diskutieren. Aber das ändert nichts
an den beiden Grundprinzipien Ehrenamt und Föderalität im             Bis wann soll das Projekt abgeschlossen sein?
DRK.                                                                  Der Fahrplan steht. Die Vorbereitungsphase wurde Ende 2018
                                                                      abgeschlossen. Im Jahr 2019 beginnt die Analysephase, Ende
                                                                      2019 und im Jahr 2020 sollen die Ergebnisse der Analysepha­
Wie werden die Verbände in den Prozess einbezogen?                    se in den Mitgliedsverbänden und Gremien diskutiert werden.
Das ist für uns eine ganz wichtige und zentrale Komponente.           Ende 2020 soll die DRK-Strategie 2030 dann auf der DRK-Bun­
Ziel ist es, den Gesamtverband transparent über den Prozess           desversammlung verabschiedet werden. Wir werden sicherlich
zu informieren, für das Strategiethema zu sensibilisieren und zur     dann im Rahmen der Umsetzung der DRK-Strategie 2030 ei­
aktiven Beteiligung aufzurufen.                                       nen regelmäßigen Monitoringprozess aufsetzen, um den Um­
                                                                      setzungserfolg überprüfen zu können.
Denn die Strategie 2030 kann nur gelingen, wenn wir sowohl
das Ehren- und Hauptamt als auch die unterschiedlichen Ver­           Eines ist jedenfalls sicher: Das Thema wird uns in den nächsten
bandsebenen in den gesamten Prozess mit einbeziehen.                  knapp zwei Jahren intensiv beschäftigen. Und zur Wahrheit ge­
                                                                      hört natürlich auch, dass die Strategieentwicklung eine zusätz­
Wir wollen keine Diskussion im Elfenbeinturm führen und schon         liche Aufgabe und zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten dar­
gar nicht von oben herab. Dabei sind auch die bestehenden             stellt. Ich finde aber, dass sich dies lohnt und auch jede Mühe
und sich derzeit entwickelnden Strategien auf allen Verbandse­        und Anstrengung wert ist. Denn am Ende des Tages geht es
benen, die der Gemeinschaften auf Bundesebene und auch die            darum, unser DRK in dem vor uns liegenden Jahrzehnt weiter­
IFRC-Strategie zu berücksichtigen. Die Gliederungen vor Ort           hin im Dienst der Hilfe für Menschen, und zwar alleine nach dem
müssen sich in der Gesamtstrategie wiederfinden können. Wir           Maß der Not, zu stärken und zu festigen.
DRK Jahrbuch 2018
16                                                                                                                 Deutsches Rotes Kreuz e. V.

 KURZBEITRAG                                                                                    KURZBEITRAG

Bundesversammlung:                                                                             Handkommentar
Neue Gesichter im Präsidium                                                                    zum DRK-Gesetz

Mit Dr. Gabriele Kriese, Andreas Paatz und Dr. Bruno Most wählten
die Delegierten im Jahr 2018 drei erfahrene und kompetente                                     I  m September 2018 ist im Nomos
                                                                                                  Verlag ein Handkommentar zum
                                                                                               DRK-Gesetz (DRKG) erschienen. „Der
Persönlichkeiten in das Präsidium des Bundesverbandes.
                                                                                               Kommentar ist eine hilfreiche Hand­
                                                                                               reichung für alle, die in der Rechtspra­
                                                                                               xis mit dem Deutschen Roten Kreuz

D    r. Gabriele Kriese heißt die neue Vi­
     zepräsidentin des Deutschen Ro­
ten Kreuzes. Die promovierte Naturwis­
                                                     Donata Freifrau Schenck zu Schweins­
                                                     berg, die das Amt seit 2006 innehat­
                                                     te, notwendig geworden. Neuer Ver­
                                                                                               zu tun haben, seien dies Gerichte, Be­
                                                                                               hörden, Rechtsanwälte und nicht zu­
                                                                                               letzt die ehren- und hauptamtlichen
senschaftlerin und Pädagogin ist für ihr             treter der Wasserwacht im Präsidium       Mitarbeitenden im DRK selbst,“ erklärt
Amt bestens gerüstet, denn sie ist bereits           des DRK ist der Bundesleiter der Was­     Dr. Heike Spieker, Mitautorin und stell­
seit 2011 Vizepräsidentin des Landesver­             serwacht, Andreas Paatz vom Landes­       vertretende Bereichsleiterin des Berei­
bandes Mecklenburg-Vorpommern. „Es                   verband Berliner Rotes Kreuz. Der In­     ches „Nationale Hilfsgesellschaft / In­
ist mir ein besonderes Anliegen, den Be­             genieur und Jurist folgt auf Andreas      ternationale Zusammenarbeit“. Neben
reich Soziales, aber auch die Belange der            Geuther aus Oberau in Bayern. Bereits     sämtlichen Rechtsregeln des DRKG
ostdeutschen Landesverbände im Prä­                  am 13. September 2018 wurde Gene­         zeigt der Handkommentar detailliert
sidium des DRK zu vertreten“, erklärte               ralarzt Dr. Bruno Most auf einer außer­   die vielfältigen Bezüge des Gesetzes
sie nach ihrer Wahl auf der 68. Bundes­              ordentlichen Bundesversammlung ein­       zum humanitären Völkerrecht und zum
versammlung, dem höchsten Organ des                  stimmig zum neuen DRK-Beauftragten        internationalen Rotkreuz-Recht auf.
DRK, das am 30. November 2018 tagte.                 für zivilmilitärische Zusammenarbeit in
Die Neuwahl war durch den Rücktritt von              das DRK-Präsidium gewählt.

                                                                                               Der Kommentar ist eine hilf­reiche
                                                                                               Handreichung für alle, die in der
                                                                                               Rechtspraxis mit dem Deutschen
                                                                                               Roten Kreuz zu tun haben.

                                                                                                               Dr. Heike Spieker
                                                                                                               Mitautorin und stellvertre-
                                                                                                               tende Bereichs­leiterin des
                                                                                                               Bereiches „Nationale Hilfs-
                                                                                                               gesellschaft / Internationale
                                                                                                               Zusammenarbeit“

                                                                                               Zudem kommentiert er im Bereich des
                                                                                               Zeichenschutzes die weitergehenden
                                                                                               Zusammenhänge mit den einschlägi­
                                                                                               gen Regelungen, insbesondere des
    Mit Herz und Tatkraft
                                                                                               bürgerlichen Rechts, des Ordnungs­
Von links nach rechts: Andreas Paatz (Wasserwacht),
Gerda Hasselfeldt (Präsidentin) und Dr. Gabriele Kriese                                        widrigkeitenrechts und des Marken­
(Vizepräsidentin) freuen sich auf die Zusammenarbeit.                                          rechts. Der Kommentar gibt gleich­
                                                                                               zeitig Aufschluss über interessante
                                                                                               Aspekte aus der DRK-Historie. Darü­
                                                                                               ber hinaus sind auch die Satzung des
                                                                                               DRK sowie die deutsche Übersetzung
KURZLINKS
                                                                                               der Statuten der Internationalen Rot­
www.drk.de/praesidium                                                                          kreuz- und Rot­ halbmond-Bewegung
www.drk.de/bundesversammlung                                                                   abgedruckt.
DRK Jahrbuch 2018                                     Das DRK in Deutschland                         Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                           Das DRK im Ausland                             Das DRK und Finanzen                   17

                                                                                KURZBEITRAG

                                                                               Blut spenden –
                                                                               Leben retten

                                                                               M      itte Juni 2018 starteten die sechs gemeinnützigen
                                                                                      DRK-Blutspendedienste ihre bundesweite Kampag­
                                                                               ne „Missing Type – Erst wenn‘s fehlt, fällt‘s auf“: Viele Unter­
                                                                               nehmen ließen in ihren Logos die Buchstaben A, B und O,
                                                                               die für die Blutgruppen A, B und Null stehen, einfach weg.
                                                                               Dadurch lenkten sie die Aufmerksamkeit auf das wichti­
                                                                               ge Thema Blutspende – mit Erfolg. Das Ziel, bis Ende des
    Fortbildung für fortschrittliche Pflege
                                                                               Jahres 100.000 Neuspender zu gewinnen, wurde bereits
Kinder partizipieren ebenso wie ältere Pflegebedürftige:
Nur mit klaren Positionen ist der Anspruch einer intensiven                    im November erreicht. Und es werden immer mehr. Ihr En­
Betreuung in der Pflege langfristig umsetzbar.                                 gagement ist überlebensnotwendig, denn pro Tag werden
                                                                               in Deutschland 15.000 Blutspenden benötigt. Die DRK-Blut­
                                                                               spendedienste stellen 75 Prozent dieses Bedarfs sicher –
                                                                               rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Dafür sind 200 Teams
  KURZBEITRAG
                                                                               auf jährlich rund 40.000 Blutspendeterminen im Einsatz, un­
                                                                               terstützt von 200.000 ehrenamtlichen DRK-Helfern. Gemein­
Eine starke Stimme                                                             sam mit über 1,7 Mio. freiwillig und unentgeltlich spendenden
                                                                               Blutspendern sorgen sie so für eine flächendeckende Ver­
für die Pflege                                                                 sorgung mit Blutpräparaten, die bei der Behandlung schwe­
                                                                               rer Krankheiten – vor allem in der Krebstherapie – weiterhin
Verband der Schwesternschaften                                                 alternativlos sind.
bezieht klar Position.

I  m Jahr 2018 zeigte sich, dass die Ergänzung des DRK-Ge­
   setzes hilfreich für die Fortsetzung bestehender Koopera­
tionen zwischen Einrichtungen des Gesundheitswesens und
den DRK- / BRK-Schwesternschaften ist. Darin ist festge­
schrieben, dass die Höchstüberlassungsdauer von 18 Mona­
ten nicht für Rotkreuzschwestern gilt. Angesichts des wach­
senden Fachkräftemangels wurde auch deutlich, dass es
dringend der Stärkung und Weiterentwicklung der Pflegebe­
rufe bedarf. Daher war der Verband der Schwesternschaf­
ten (VdS) im vergangenen Jahr vor allem im Bereich Berufs­
politik und Lobbying aktiv. In zahlreichen Stellungnahmen zu
Gesetzesvorhaben, auf Kongressen und Anhörungen bezog
er klar Position. So forderte der VdS attraktivere Arbeitsbe­
                                                                                   Bundesweite Kampagne
dingungen in der Pflege und setzte sich für ein bundesein­
                                                                               Blutpräparate sind bei der Behandlung schwerer Krankheiten
heitliches Personalbemessungsinstrument in der Kranken­                        weiterhin alternativlos. Fehlen sie, kann die Versorgung
hauspflege ein, wie es bereits in der stationären Altenpflege                  Schwerkranker nicht gewährleistet werden. Die fehlenden
entwickelt und gesetzlich verankert ist. Eine weitere Forde­                   Buchstaben in den Plakat-Motiven verdeutlichen dies.
rung ist die Einführung einer generalistischen Pflegeausbil­
dung. Ziel ist, den Auszubildenden ein breites Spektrum an
Handlungs- und Einsatzoptionen zu eröffnen.                                    GUT ZU WISSEN

                                                                               Vielfältige Aufgaben
Zudem unterstützte der VdS die Auslandseinsätze des DRK:
                                                                               Das Aufgabenspektrum der DRK-Blutspendedienste umfasst
Rotkreuzschwestern waren in Bangladesch und im Libanon                         alle Bereiche der Transfusionsmedizin einschließlich der
im Einsatz.                                                                    Gewinnung von Stammzellspendern für Stammzelltransplan­
                                                                               tationen bei Leukämie.

                                                                               KURZLINKS
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                                                                               www.drk-blutspende.de
www.rotkreuzschwestern.de                                                      www.missingtype.de
DRK Jahrbuch 2018
 18                                                                                                                   Deutsches Rotes Kreuz e. V.

 DRK-Suchdienst:
„Wie ein Sechser im Lotto“
 Mehr als 68 Millionen Menschen, so viele wie nie zuvor, sind weltweit auf
 der Flucht. Immer wieder passiert es, dass sie auf ihrem Weg den Kontakt zu
 ihren Familien verlieren. So auch der junge Afghane Ali Reza. Ein Fall für
 den Suchdienst des Roten Kreuzes.

 „Für mich ist das – so sagt man ja in        Martin Schüepp vom IKRK darauf hin,              trifft er Ende 2015 einen Landsmann, der
 Deutschland – wie ein Sechser im Lot­        dass verlässliche Zahlen schwer zu er­           seit 40 Jahren in Deutschland lebt und
 to“, erzählt Ali Reza. Nach mehr als zwei    mitteln seien: „Die traurige Wahrheit            dort ehrenamtlich tätig ist. Gemeinsam
 Jahren Ungewissheit hat der 19-jährige       ist, dass niemand weiß, wie viele Men­           mit seiner deutschen Frau nimmt dieser
 Afghane dank des DRK-Suchdienstes so­        schen tatsächlich vermisst werden.“ Alle         Ali Reza unter seine Fittiche. Der Jugend­
 wie des internationalen Suchdienst-Netz­     Zahlen lassen das enorme Leid in je­             liche bleibt bei ihnen, macht seinen Schul­
 werkes seine Mutter und Schwester wie­       dem einzelnen Fall nur erahnen. So er­           abschluss und beginnt eine Ausbildung.
 dergefunden. „Ich habe immer geweint         zählt auch Ali Reza auf der Pressekonfe­         Doch was wurde aus seiner Familie?
 und gedacht, sie leben nicht, weil viele     renz sein Schicksal. Allzu sehr ins Detail       Eine schmerzhafte Lücke. So stellen sei­
 Flüchtlinge im Wasser gestorben sind“,       will er nicht gehen, zu traurig ist seine        ne Pflegeeltern Kontakt zum DRK-Such­
 erinnert er sich. Ali Rezas Bangen teilen    Geschichte, doch schildert er Stationen          dienst her: Im März 2016 erscheint Ali Re­
 unzählige Menschen noch immer, denn          seines Weges:                                    zas Bild online auf der Such-Plattform
 weltweit werden, geschätzt, fast 100.000                                                      www.tracetheface.org, zusammen mit der
 Menschen gesucht – so viele wie seit         Auf der Flucht getrennt                          Angabe, dass er Mutter und Schwester
 mehr als zehn Jahren nicht. Eine Zahl, die   Als Ali Reza fünf Jahre alt ist, wird sein Va­   sucht. Nur wenige Monate später meldet
 das DRK gemeinsam mit dem Internati­         ter getötet und die Mutter flieht mit ihren      sich der DRK-Suchdienst zurück: Beim
 onalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)        beiden Kindern in den Iran. Neun Jahre le­       Britischen Roten Kreuz sei eine Suchan­
 anlässlich des Internationalen Tags der      ben und arbeiten sie dort unter schwers­         frage eingegangen, die genau auf Ali Reza
 Vermissten am 30. August vorgestellt         ten Bedingungen, bis sie sich ein zweites        passe. Ein Treffer, Mutter und Schwes­
 hat. Auf der gemeinsamen Pressekonfe­        Mal aufmachen – die Kinder sollen ein si­        ter leben! Überglücklich telefoniert die
 renz zwei Tage vor dem Gedenktag wies        cheres, menschenwürdiges Leben führen            Familie im Januar 2018 wieder miteinan­
                                              können. Ihr Ziel: Schweden. Quer durch           der und Ali Reza kann nun regelmäßig
                                              den Iran und die Türkei bis an die Mittel­       mit Mutter und Schwester – die seit 2017
                                              meerküste ist die Familie zusammen un­           als anerkannte UN-Flüchtlinge in England
                                              terwegs. Als sie im Mai 2015 schließlich         leben – sprechen, lachen und sie über das
       Die traurige Wahrheit ist,             nachts mit 200 weiteren Geflüchteten in          Handy sehen.
          dass niemand weiß,                  Boote steigen wollen, fallen Schüsse, es
      wie viele Menschen tatsäch-             wird unübersichtlich. „Ich wurde einfach in      Mehr Sucherfolge
                                              ein Boot geworfen und wir fuhren schnell         Genau fünf Jahre nach dem Start von
         lich vermisst werden.
                                              los“, sagt Ali Reza. Den Rucksack mit al­        Trace the Face im September 2013 ha­
                                              len Habseligkeiten verliert er dabei – und       ben insgesamt 128 Suchende wie Ali
              Martin Schüepp
           Stellv. Regionaldirektor
                                              seine Familie. Nach Wochen des Wartens           Reza mithilfe der Plattform ihre Angehö­
           Europa und Zentralasien            in Griechenland setzt Ali Reza seine Rei­        rigen wiedergefunden. „Die online-ba­
                  beim IKRK                   se allein fort. Über Österreich erreicht er      sierte Suche mit Fotos ist ein sehr wich­
                                              Deutschland. In einer Kieler Notunterkunft       tiges Instrument für uns“, sagt Dorota
DRK Jahrbuch 2018                                  Das DRK in Deutschland                     Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                        Das DRK im Ausland                         Das DRK und Finanzen                            19

                                                                                                                           DRK-SUCHDIENST

                                                                                                                 Wie wir helfen

                                                                                                                     Der DRK-Suchdienst unterstützt
                                                                                                                    Menschen, die durch bewaffnete
                                                                                                                 Konflikte, Katastrophen, Flucht, Vertrei-
                                                                                                                      bung oder Migration von ihren
                                                                                                                   Nächsten getrennt wurden. Er hilft,
                                                                                                                    Angehörige zu suchen, sie wieder
                                                                                                                  miteinander in Kontakt zu bringen und
                                                                                                                 Familien zu vereinen. Im Rahmen seines
                                                                                                                   internationalen Netzwerks arbeitet
                                                                                                                      der DRK-Suchdienst dabei mit
                                                                                                                    191 Rotkreuz- und Rothalbmond-
                                                                                                                  Gesellschaften und dem IKRK zusam-
                                                                                                                      men. Seit 1953 wird der DRK-
                                                                                                                 Suchdienst von der Bundesregierung zu
     Endlich Gewissheit                                                                                            100 Prozent institutionell gefördert.
Dank des DRK-Suchdienstes und des internationalen Suchdienst-Netzwerkes hat
Ali Reza wieder Kontakt zu seiner Mutter und seiner Schwester. DRK-Präsidentin
Gerda Hasselfeldt freut sich mit ihm über den Erfolg.                                                                      Die Suchdienstarbeit
                                                                                                                              2018 in Zahlen

                                                                                                                               8.939
Dziwoki, Leiterin der Suchdienst-Leitstel­         nach 30 Jahren im Schanzenviertel in                              Anfragen zur Klärung der Schicksale
le im DRK-Generalsekretariat. Überwin­             die Meiendorfer Straße 205 umgezogen.                               von Kriegs- und Zivilgefangenen,
                                                                                                                     Wehrmachtsvermissten und Zivilver-
det sie doch Hürden, die sich etwa bei             Die seinerzeit angemieteten Räume ent­
                                                                                                                     schleppten sowie vermissten Kindern
der Übertragung von Daten und Namen                sprachen nicht mehr dem heutigen Be­                              aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.
aus anderen Schriftsystemen auftun. „Al­           darf. Mit dem Umzug in die neuen mo­
lein für den Namen Mohammed gibt es                dernen Räumlichkeiten ist auch eine
mehr als 70 Schreibweisen“, illustriert die        Standortgarantie bis 2028 seitens des
Leiterin. Und sie kann zur Pressekonfe­            Bundesministeriums des Inneren ver­                                         7.607
renz anlässlich des Internationalen Tages          bunden: Alle bisherigen Fachaufga­                                Beratungen zur Familienzusammen­
der Vermissten Fortschritte verkünden:             ben werden bis 2028 in Hamburg wahr­                               führung allein auf Bundesebene.
„Technische Verbesserungen, etwa über              genommen, lediglich die Verwaltung
Algorithmen auf den Servern des IKRK in            des Suchdienstes wird ab 2024 in das
Genf, haben die Trace the Face-Sucher­             DRK-Generalsekretariat in Berlin einge­
folge in den letzten Jahren maßgeblich             gliedert. So beraten die Suchdienst-Mit­                                     2.291
gesteigert.“ Allein 2018 konnten internati­        arbeiterinnen und -Mitarbeiter in Ham­                              eingegangene Suchanfragen von
onal 46 Treffer verzeichnet werden.                burg auch weiterhin bundesweit zu allen                           Flüchtlingen – an rund 480 Anfragen
                                                   Fragen der Familienzusammenführung                                    waren Minder­jährige beteiligt.

Umzug des Suchdienst-                              von Spätaussiedlern und Flüchtlingen.
Standortes Hamburg
Der DRK-Suchdienst bleibt in Bewegung:
Mitte 2018 ist der Standort Hamburg
                                                   Sowohl an den Standorten Hamburg und
                                                   München, als auch in den DRK-Landes­
                                                                                                                              31.974
                                                                                                                               Beratungen zur
                                                   verbänden sowie bundesweit in seinen
                                                                                                                         Familienzusammenführung
                                                   90 Beratungsstellen der Kreisverbän­                                     bundesweit in 2017.
KURZLINKS
                                                   de hilft der DRK-Suchdienst Betroffenen,
www.drk-suchdienst.de                              damit Menschen wie Ali Reza endlich Ge­
www.tracetheface.org                               wissheit finden.
DRK Jahrbuch 2018
20                                                                                                                     Deutsches Rotes Kreuz e. V.

 KURZBEITRAG

Digitalisierung: Ein
Fahrplan für die Reise

D    okumentationssysteme im Pflegealltag, Kommunikati­
     onssysteme im Hausnotruf oder digitale Verwaltung in
der KiTa – das sind nur einige Aspekte der Digitalisierung,
die das DRK in der Wohlfahrtsarbeit umtreiben. Auf Tagun­
gen, in Workshops und Gremien wurden die Bedarfe der DRK-
Gliederungen systematisch erfasst und neue Ansätze und
Herausforderungen diskutiert. Diese wurden in einem Digitali­
sierungsfahrplan zusammengefasst. Digitalisierungspioniere
gestalten seit 2018 in der AG Digitalisierung – dem Think- und
Do-Tank der DRK-Wohlfahrt – den Wandel im Verband aktiv mit
und denken ihn dabei konzeptionell weiter. Kassandra Becker,
                                                                         Mut zu neuen Methoden
Referentin Soziale Innovationen und Digitalisierung im Bundes­
                                                                    In ihren Workshops zeigt Kassandra Becker, Referentin
verband, erklärt die Zielsetzung: „Bei der digitalen Transfor-      für Soziale Innovation und Digitalisierung, wie man sich
mation alle im Verband mitnehmen. Für uns ist es wichtig,           Problemen anders annähern kann.
Digitalisierung möglichst greifbar zu machen.“

Die Kompetenzzentren Digitalisierung in den Landesverbän­
den Westfalen-Lippe, Sachsen-Anhalt und Bayerisches Rotes
Kreuz werden den DRK-Mitarbeitenden und -Mitgliedern künftig
                                                                    KURZLINK
als Anlaufstelle für die Unterstützung von digitalen Innovations­
vorhaben zur Verfügung stehen.                                      www.drk-wohlfahrt.de/sonderseiten/soziale-innovation-digitalisierung

 KURZBEITRAG

#CMD18: „Spread the word“

W
                                                                    KURZLINK
        elche digitalen Innovationen gibt es bereits im DRK? Wie
        können wir bei uns den digitalen Wandel gestalten? Und      www.drk-wohlfahrt.de/blog/eintrag/der-cross-media-day-2018-
wie möglichst viele Menschen informieren? Um darüber ins Ge­        tweets-sessions
spräch zu kommen, lud das Bayerische Rote Kreuz gemeinsam
mit dem Generalsekretariat im Oktober zum Cross Media Day,               Zukunft schnuppern
dem DRK-BarCamp zu sozialer Innovation, Digitalisierung und         Virtuelle Realitäten erleben beim Cross Media Day.
Social Media, nach München ein. Schon während der Veran­
staltung wurde fleissig getwittert und gepostet, denn eine Regel
lautete: „Spread the word“ – rede darüber!

Egal ob Wiederholungstäter oder BarCamp-Neuling – die knapp
150 DRK-Fach- und Führungskräfte boten Sessions an, brach­
ten Erfahrungen ein und knüpften neue Kontakte. Themen wa­
ren unter anderem Digitales Storytelling, das Digitalisierungspo­
tential im Hausnotruf und Social Media im Bevölkerungsschutz.
Drohnentechnik oder Virtual Reality: Die MachBar, eine klei­
ne Messe mit allerlei Digitalem und Innovativem aus dem DRK,
zeigte unterdessen, wohin die Reise geht.
DRK Jahrbuch 2018                            Das DRK in Deutschland                          Das DRK im Überblick
Deutsches Rotes Kreuz e. V.                  Das DRK im Ausland                              Das DRK und Finanzen                        21

                                                                                                 Neue Räume für Innovationen
                                                                                             Links Mit einem Perspektivwechsel lassen sich
                                                                                             andere Erkenntnisse gewinnen.
                                                                                             Unten Dr. Joß Steinke, Bereichsleiter Jugend
                                                                                             und Wohlfahrtspflege, begrüßte die Teilnehmer im
                                                                                             Kulturbahnhof Kassel.

  KURZBEITRAG                                                         KURZLINKS

Besser vernetzt
                                                                      www.drk.de/intrapreneurship-tagung
                                                                      www.drk.de/video-tagebuch-intrapreneurship-tagung

D    ie Antwort auf die Frage, wie man Innovationen ge-
     staltet, findet sich im Kleinen. „Was man braucht, sind
Leute, die das wollen, die Ideen haben und Lust, sie umzusetzen“,
                                                                      So wurden im Design-Thinking-Format unterschiedliche Ideen
                                                                      entwickelt, die prototypisch ausgearbeitet und jetzt im direkten
                                                                      Kontakt mit Nutzenden getestet und erprobt werden können.
so Dr. Joß Steinke, Bereichsleiter Jugend und Wohlfahrtspflege.
                                                                      In anderen Trainings wurde gezeigt, wie wichtig es ist, Wirkung
Etwa 50 Haupt- und Ehrenamtliche trafen sich im August im             von Anfang an mitzudenken und welche Verbreitungspotentiale
Kulturbahnhof Kassel zur Intrapreneurship-Tagung des DRK,             in Innovationen liegen.
um Innovationen im DRK konkret voran oder auf den Weg zu
bringen. Das erklärte Ziel: Sie miteinander vernetzen und ihnen       Auch innovativ war der abendliche Austausch beim Bahn­
wirksame Methoden für ihr Engagement an die Hand geben.               steig-Barbecue. Nun können aus Ideen Projekte entstehen.

  KURZBEITRAG                                                         KURZLINKS

Wissenstransfer
                                                                      www.drk-wohlfahrt.de/blog/eintrag/bonjour-a-berlin-be-
                                                                      such-vom-franzoesischen-roten-kreuz

durch Austausch
                                                                      und der deutschen Botschaft über das Thema Fachkräftege­
                                                                      winnung und loteten Möglichkeiten zur Kooperation aus.

D    ie Wohlfahrtsarbeit profitierte auch 2018 vom regen Aus­
     tausch mit anderen europäischen und internationalen Rot­
kreuzgesellschaften.
                                                                      Wie internationaler Austausch gelingen kann, zeigt auch der Be­
                                                                      such des Türkischen Roten Halbmonds in Berlin im Septem­
                                                                      ber: Vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen im Bereich
In den Bereichen Soziale Innovationen, Soziale Inklusion, Pfle­       von Altenpflegeeinrichtungen und Hospizen in der Türkei, infor­
ge und Altenhilfe, Migration oder Kleiderläden wurden wichtige        mierten sich Mitglieder der Schwestergesellschaft über die Ar­
Impulse aufgenommen und Gespräche geführt. So fand im Fe­             beit des DRK.
bruar ein Fachdialog über die Herausforderungen in der Pflege
mit Vertretern verschiedener niederländischer Gesundheitsein­         Im Oktober besuchte eine Delegation des Französischen Ro­
richtungen statt.                                                     ten Kreuzes Second-Hand Geschäfte, um das Konzept der
                                                                      DRK-Kleiderläden als soziales Angebot kennenzulernen. Auch
Gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium sprachen               in Zukunft werden verschiedene Projektkooperationen dem in­
Vertreter des DRK im Juni in Vietnam mit mehreren Institutionen       ternationalen Austausch Kontinuität verleihen.
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