Jedes Alter zählt "Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen" - Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung zum Ende der ...

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Jedes Alter zählt "Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen" - Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung zum Ende der ...
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                                                                                                                                  zählt
                                                                                                                                  Die Demog
                                                                                                                                  der Bunde

                                             ©MetaDesign   Logo für die Demografiestrategie der Bundesregierung I 29. März 2012

Jedes Alter zählt
„Für mehr Wohlstand und Lebensqualität
aller Generationen“

Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung
zum Ende der 18. Legislaturperiode
Jedes Alter zählt "Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen" - Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung zum Ende der ...
Jedes Alter zählt "Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen" - Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung zum Ende der ...
Jedes Alter zählt
„Für mehr Wohlstand und Lebensqualität
aller Generationen“

Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung
zum Ende der 18. Legislaturperiode
2 |    INHALT

Inhalt
1.        Einleitung ................................................................................................................................................... 3

2.        	Zur demografischen Entwicklung in Deutschland ................................................................................. 4
2.1       Aktuelle Entwicklungen ....................................................................................................................................... 4
2.2       	Konsequenzen für die längerfristige Entwicklung ......................................................................................... 5

3.        	Ziele und Handlungsrahmen der Bundesregierung ............................................................................... 9
3.1       	Demografiepolitische Ziele vor dem Hintergrund alter und neuer Herausforderungen ....................... 9
3.2       Handlungsrahmen der Demografiepolitik der Bundesregierung ............................................................. 11

4.        Maßnahmen
          	        und Entwicklungen in ausgewählten Handlungsfeldern ............................................. 12
4.1       Bildung ................................................................................................................................................................. 12
4.2       Jugend .................................................................................................................................................................. 12
4.3       Vereinbarkeit
          	            von Familie und Beruf ............................................................................................................... 13
4.4       Zuwanderung
          	          und Integration von Flüchtlingen ......................................................................................... 15
4.5       Fachkräftesicherung .......................................................................................................................................... 15
4.6       Gesundheit .......................................................................................................................................................... 16
4.7       Selbstbestimmtes
          	               Leben im Alter .................................................................................................................... 17
4.8       Soziale Sicherung im Alter ................................................................................................................................ 18
4.9       Sicherung der Pflege .......................................................................................................................................... 19
4.10      Bürgerschaftliches Engagement ..................................................................................................................... 19
4.11      Gleichwertige regionale Lebensverhältnisse ................................................................................................. 20
4.12      Forschung und Innovation ................................................................................................................................ 21
4.13      Solide
          	     und zukunftsorientierte öffentliche Finanzen .................................................................................. 22

5.        Ausblick .................................................................................................................................................... 23

6.        	Anhang: Maßnahmen der Bundesregierung
          zur Gestaltung des demografischen Wandels in der 18. Legislaturperiode ...................................... 24
EINLEITUNG | 3

1. Einleitung
Die Gestaltung des demografischen Wandels ist in           Die Bundesregierung hat ihre Demografiestrategie von
Deutschland zu einem zentralen Thema geworden. In          2012 im Jahr 2015 weiterentwickelt. Darin stellt sie die
vielen Lebens- und Politikbereichen wurden dafür wich-     vielschichtigen Herausforderungen und Chancen wie
tige Weichen gestellt. Die Bildungspolitik hat einen hö-   auch die Ziele und Maßnahmen bei der Gestaltung des
heren Stellenwert bekommen und ist ein Politikbereich      demografischen Wandels im Zusammenhang dar. Mit dem
mit hohen Ausgabenzuwächsen. Mit dem Ausbau der            vorliegenden Bericht zieht sie Bilanz zu den Veränderun-
Betreuungsinfrastruktur und anderen Maßnahmen der          gen und den wichtigsten bundespolitischen Maßnahmen
Familienpolitik sind bessere Rahmenbedingungen für         in der 18. Legislaturperiode. Sie geht damit auch auf ak-
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch für die   tuelle Entwicklungen und Herausforderungen durch die
Erfüllung von Kinderwünschen entstanden. Das Alter         Flüchtlingszuwanderung ein. Die darüber hinaus erzielten
wird zunehmend vom Bild der gewonnenen Lebensjahre         Ergebnisse des seit 2012 laufenden Arbeitsgruppenprozes-
geprägt; die Perspektive eines längeren Arbeitens findet   ses mit Partnern aus den Ländern, den Kommunen, der
Eingang in die Arbeitswelt wie auch in die Ausgestaltung   Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zur Gestaltung
der sozialen Sicherungssysteme. Innerhalb einer relativ    des demografischen Wandels sind nicht Gegenstand dieses
kurzen Zeit hat sich Deutschland für die Zuwanderung       Berichts und werden gesondert dargestellt.
von Fachkräften geöffnet und dafür liberale Rahmenbe-
dingungen geschaffen.
4 |       JEDES ALTER ZÄHLT

2. Zur
   	  demografischen Entwicklung
   in Deutschland
2.1           Aktuelle Entwicklungen

Die demografische Lage in Deutschland hat sich in jüngs-                           ­1990er-Jahren verlangsamt hat. Dies betrifft insbesondere
ter Zeit verändert. Dazu beigetragen hat vor allem das                              Frauen. Damit hat sich auch die Differenz bei der Lebenser-
Migrationsgeschehen der letzten zwei Jahre. Allein im Jahr                          wartung zwischen den Geschlechtern seit dem Jahr 2000
2015 sind netto 1,139 Millionen Personen zugewandert.                               für die Neugeborenen von 6 Jahren auf 4,9 Jahre und für
Dahinter stehen ein Zuzug von 2,137 Millionen und ein                               65-Jährige von 3,7 Jahren auf 3,2 Jahre verringert.
Wegzug von 998 000 Personen. Der Wanderungssaldo ist
seit den frühen 1990er-Jahren bis ins Jahr 2008 zunächst                           Der Zuwanderungsüberschuss der letzten Jahre hat dafür
zurückgegangen. Seitdem ist er wieder stark gestiegen. Bei                         gesorgt, dass die Bevölkerungszahl gestiegen ist, obwohl
der Nettozuwanderung des Jahres 2015 handelt es sich um                            die natürliche Bevölkerungsbilanz negativ war. 2 Am
die höchsten Zuwanderungszahlen seit Beginn der Regis-                             31. Dezember 2015 lebten in Deutschland 82,2 Millionen
trierung im Jahr 1950. Für 2016 ist mit einem geringeren                           Menschen und damit fast zwei Millionen mehr als noch
Wanderungsüberschuss zu rechnen; er wird voraussicht-                              2011. Da ein Großteil der Zugewanderten vergleichsweise
lich aber immer noch weitaus höher liegen als im Jahr                              jung ist, ist auch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter
2014 (550 000 Personen).                                                           von 20 bis 64 Jahren seit 2011 gestiegen (plus 881 000). Dies
                                                                                   hat zum Anstieg der Erwerbstätigkeit beigetragen.
Bei der Entwicklung der Geburtenrate deutet sich eine
Veränderung an. Dafür spricht der Anstieg bei der soge-                            Die Bevölkerung in Deutschland ist in den letzten Jahren
nannten endgültigen Kinderzahl von Frauenjahrgängen.                               bezogen auf ihre Herkunft zudem vielfältiger geworden.
Bis zum Geburtsjahrgang 1968 ist der Wert jahrzehnte-                              Ende 2015 setzte sie sich aus 73,5 Millionen Deutschen
lang kontinuierlich zurückgegangen. Der Geburtsjahrgang                            und 8,7 Millionen Ausländern zusammen. 17,1 Millionen
1968 hat mit 1,49 Kindern je Frau die niedrigste Kinder-                           Menschen verfügten über einen Migrationshintergrund. 3
zahl. Dieser Rückgang scheint nun gestoppt. Vorausbe-                              Der Anteil der ausländischen Personen ist gegenüber 2011
rechnungen zeigen, dass Frauen, die in den 1970er-Jahren                           um 2,6 Prozentpunkte gestiegen; der Anteil von Menschen
geboren sind, wieder etwas mehr Kinder zur Welt bringen,                           mit einem Migrationshintergrund um 2,5 Prozentpunkte.
1973 Geborene etwa 1,56. 1 Für die nachfolgenden Jahrgän-                          Von den 11,5 Millionen Personen, die nicht nur über einen
ge bis 1980 zeichnet sich ein weiterer Anstieg auf knapp                           Migrationshintergrund, sondern auch über eigene Migra-
1,6 Kinder ab.                                                                     tionserfahrungen verfügen, stammen 37,6 Prozent aus den
                                                                                   EU-Mitgliedstaaten. Weitere 31,2 Prozent stammen aus an-
Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland                               deren europäischen Ländern mit der Türkei (11,9 Prozent)
beträgt bei Geburt für Männer 78,2 Jahre und für Frauen                            und der Russischen Föderation (8,4 Prozent) als den wich-
83,1 Jahre. 65-jährige Männer können derzeit im Durch-                             tigsten Herkunftsstaaten.
schnitt noch mit weiteren 17,7 Jahren Lebenszeit rechnen,
gleichaltrige Frauen mit 20,9 Jahren. Im Durchschnitt der                          Trotz der hohen Zuwanderung vor allem junger Menschen
letzten Jahrzehnte erhöhte sich die Lebenserwartung um                             hat sich die Alterung der Bevölkerung auch in den letzten
rund 2,6 Monate pro Jahr, wobei vor allem die Sterblich-                           Jahren fortgesetzt. Während 2011 auf 100 Personen im Alter
keit in den höheren Altersgruppen abnimmt. Eine diffe-                             von 20 bis 64 Jahren rund 34 Personen ab 65 Jahre entfielen,
renzierte Betrachtung der zeitlichen Entwicklung zeigt                             lag dieser Wert 2015 bereits bei 35 Personen.
für die letzten Jahre, dass sich das Tempo der steigen-
den Lebenserwartung im Vergleich zu den 1980er- und                                2
                                                                                        ie natürliche Bevölkerungsbilanz bezeichnet den Saldo zwischen Lebendge-
                                                                                       D
                                                                                       borenen und Gestorbenen.
                                                                                   3
                                                                                       Zu den Menschen mit Migrationshintergrund (im weiteren Sinn) zählen nach der
1
    Bujard, Martin; Sulak, Harun (2016): Mehr Kinderlose oder weniger Kinder-         Definition im Mikrozensus „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesre-
     reiche? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 68 (3),       publik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Aus-
     S. 487-514.                                                                       länder und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem
                                                                                       zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“.
ZUR DEMOGRAFISCHEN ENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND | 5

2.2       	
          Konsequenzen    für die
          längerfristige Entwicklung

Die jüngsten Entwicklungen der Migration, aber auch bei       Wanderungssaldo von 100 000 und einem von 200 000 je-
der Geburtenrate, werfen die Frage auf, ob die Annahmen       weils ab dem Jahr 2021. Diese Annahmen wurden allerdings
bestehender Vorausberechnungen aus heutiger Sicht noch        vor der starken Veränderung des Migrationsgeschehens
realistisch erscheinen. Diese Entwicklungen haben vor allem   getroffen; schon Ende 2015 lag die tatsächliche Bevölke-
kurz- und mittelfristig Konsequenzen für die Entwicklung      rungszahl um 0,8 Millionen Einwohner über der Voraus-
der Bevölkerungsgröße und der Altersstruktur. Der hohe        berechnung. Aus bevölkerungswissenschaftlicher Sicht 4
Wanderungssaldo des Jahres 2015 lässt sich zwar nicht ein-    erscheint auch eine höhere dauerhafte Zuwanderung von
fach fortschreiben. Allerdings sind die Annahmen der Bevöl-   300 000 möglich. Ein Wanderungssaldo dieser Größenord-
kerungsvorausberechnungen, die vor der Flüchtlingsmigra-      nung läge über dem langjährigen Durchschnitt der Jahre
tion gemacht wurden, aus heutiger Sicht neu zu bewerten.      1950–2015 mit 193 000 Personen und würde dem Durch-
                                                              schnitt der Jahre seit 1990 mit 297 000 Personen pro Jahr
Die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des         entsprechen (vgl. Abbildung 1).
Statistischen Bundesamtes von Anfang 2015 skizziert Sze-
narien bis zum Jahr 2060. Für die Migration wird von zwei
alternativen Annahmen ausgegangen: einem langfristigen

      Quelle: Bujard/Dreschmitt (2016) a.a.O., S. 341

                                                              4
                                                                   ujard, Martin; Dreschmitt, Kai (2016): Szenarien der Bevölkerungsentwick-
                                                                  B
                                                                  lung bis 2060. Wie beeinflussen Migration und Geburten Deutschlands Zu-
                                                                  kunft? In: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik 65 (3), S.333-345.
6 |       JEDES ALTER ZÄHLT

Die Abbildung verdeutlicht auch, dass die Wanderungssal-                       Ob Deutschlands Einwohnerzahl bis 2060 zurückgehen
den der letzten Jahrzehnte sehr schwankend waren und in                        wird, ist aus bevölkerungswissenschaftlicher Sicht somit
Wellen verlaufen. Keine dieser Wellen ließ sich im Voraus                      noch offen. 6 Die Alterung der Bevölkerung würde jedoch
prognostizieren. Einer Einwanderungswelle ist stets auch                       bei allen genannten Szenarien deutlich fortschreiten. So
eine Rückwanderungswelle gefolgt. Insofern liegt es nahe,                      würde der Altenquotient bei einem Wanderungssaldo von
für Vorausberechnungen einen langfristigen Durchschnitt                        300 000 Personen nur moderat geringer ausfallen als bei
des zukünftigen Wanderungssaldos abzuschätzen.                                 den Varianten mit geringerer Zuwanderung. Der Anteil
                                                                               junger Menschen und der damit zusammenhängende Ju-
Die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung                              gendquotient werden sich nach heutigen Einschätzungen
des Statistischen Bundesamtes kommt in den mittle-                             in den nächsten Jahrzehnten nur wenig verändern; der
ren Szenarien zu einem deutlichen Bevölkerungsrück-                            Anteil älterer Personen ab 65 Jahre und damit auch der
gang bis 2060. Unter der Annahme eines gleichbleiben-                          Altenquotient hingegen steigen deutlich an. Vor allem die
den Geburtenniveaus (1,4 Kinder je Frau) würden 2060                           geburtenstarken Jahrgänge der Mitte der 1950er- bis Ende
rund 67,6 Millionen Menschen in Deutschland leben bei                          der 1960er-Jahre geborenen Babyboom-Generation trei-
einem langfristigen Wanderungssaldo von 100 000 bzw.                           ben den Alterungsprozess in den nächsten Jahren maß-
73,1 Millionen Menschen bei einer langfristigen Zuwan-                         geblich voran.
derung von jährlich 200 000 Personen. Der Altenquotient
würde – je nach Wanderungsannahme und verwendeter                              6
                                                                                   Bujard, Martin; Dreschmitt, Kai (2016) a.a.O.
Altersabgrenzung – etwa das 1,5-Fache bis das Doppelte
des heutigen Wertes betragen.

Bei einem Wanderungssaldo von 300 000 kombiniert mit
einer Geburtenrate von 1,6 und einem stärkeren Anstieg
der Lebenserwartung würde dagegen die Einwohnerzahl
in Deutschland bis 2060 ungefähr auf dem heutigen Stand
stabil bleiben. 5

5
    Die
     13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bun-
    desamtes weist ebenfalls eine Modellrechnung mit einem jährlichen Zuwan-
    derungssaldo von 300 000 Personen auf, kombiniert diese Annahme jedoch
    mit der Annahme einer Geburtenziffer von 1,4 Kindern je Frau.
ZUR DEMOGRAFISCHEN ENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND | 7

         Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen: BiB

Das ifo Institut 7 kommt auf Basis der Zahlen vor der                          Im Jahr 2016 gab es Studien, die den Einfluss der hohen
Flüchtlingsmigration von 2015 zu ähnlichen Ergebnis-                           Zuwanderung aus dem Jahr 2015 berücksichtigen und
sen in der langfristigen Entwicklung wie das Statistische                      auch in den Folgejahren eine höhere Nettozuwanderung
Bundesamt. Auch bei höheren Zuwanderungszahlen wird                            als das Statistische Bundesamt unterstellen (siehe Tabel-
die Bevölkerung bis 2060 langfristig schrumpfen und vor                        le 1): Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 8 legt eine
allem altern. Den Schwerpunkt der Alterung und eine                            Bevölkerungsprojektion vor, wonach die Bevölkerung bis
besondere Herausforderung stellen die Babyboomer-­                             2022 auf 83,9 Millionen ansteigt und im Jahr 2035 bei 83,1
Generationen dar. In naher Zukunft werden in wenigen                           Millionen liegt – also etwa 1 Million höher als Ende 2015
aufeinanderfolgenden Jahren 13 Millionen Babyboomer                            und um rund 3 Millionen höher als nach den Berechnun-
die Regelaltersgrenze erreichen.                                               gen des Statistischen Bundesamtes. Die Bevölkerungs-

7
    Bomsdorf, Eckart; Winkelhausen, Jörg (2014): Der demographische Wandel    8
                                                                                   Deschermeier, Philipp (2016): Einfluss der Zuwanderung auf die demografi-
     bleibt ungebrochen – trotz höherer Zuwanderung. In: ifo Schnelldienst          sche Entwicklung in Deutschland. In: IW-Trends 2/2016.
     22/2014: 15-34.
8 |       JEDES ALTER ZÄHLT

     Tabelle 1: Eckdaten der Bevölkerungsvorausberechnung für das Jahr 2035

                                                                                                                        2035

                                                       2015                    Statistisches
                                                                               Bundesamt              IW 2016                  BIBB 2016         IAB 2016
                                                                               2015 (V 2)

     Bevölkerung insgesamt (Mio.)                      82,2                    80,0                   83,1                     82,1              80,1

     Erwerbsbevölkerung (Mio.) a)                      49,8                    45,1                   47,6                     c)                c)

     Altenquotient (in %) b)                           34,7                    46,8                   44,9                     -                 c)

     a)
        Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 65 Jahre (2015) bzw. von 20 bis unter 67 Jahre (2035).
     b)
        65-Jährige und Ältere (2015) bzw. 67-Jährige und Ältere (2035) je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter.
     c)
        Nicht vergleichbar, da andere Abgrenzung.

                                                                                        Zusammenfassend ist festzuhalten:

 projektion des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) 9                              1. Die aktuelle Zuwanderung wird die Alterung der Bevölke-
zeigt einen ähnlichen Verlauf und eine Bevölkerungszahl                                       rung bis 2035 nicht wesentlich verlangsamen.
2035 von 82,1 Millionen. Die Studie des Instituts für Ar-
beitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 10 kommt dagegen                                  2. Eine weiterhin hohe Nettozuwanderung würde zu einer
 auf einen leichten Rückgang der Bevölkerung bis 2035 auf                                     Stabilisierung der Bevölkerungszahl auf etwa dem heuti-
 80,1 Millionen. Alle diese Studien betonen, dass auch die-                                   gen Niveau und einem deutlich verminderten Rückgang
 se Entwicklung der Bevölkerungszahl eine Alterung der                                        der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter führen. Ver-
­Gesellschaft nicht verhindert.                                                               gleichbares gilt langfristig bis zum Jahre 2060, wenn die
                                                                                              jährliche Zuwanderung auf dem jahresdurchschnittlichen
Das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) 11 berechnet eine                                  Niveau seit der deutschen Wiedervereinigung liegen und
kurzfristigere Projektion bis 2020, bei der die Auswirkun-                                    der aktuell zu beobachtende moderate Anstieg der Gebur-
gen auf den Arbeitsmarkt und das Produktionspotenzial im                                      tenrate sich als dauerhaft erweisen würde.
Mittelpunkt stehen. Sie verdeutlicht, dass die als Flüchtlin-
ge zugewanderte, junge Bevölkerung sprachbedingt nicht                                  3. Wie sich die durch überwiegend junge Zuwanderer stei-
automatisch in gleicher Intensität dem Arbeitsmarkt zur                                       gende Bevölkerungszahl auf die Erwerbstätigkeit auswirkt,
Verfügung stehen wird wie die Arbeitsmigranten.                                               hängt von ihrer Integration in den Arbeitsmarkt ab.

Die vier skizzierten Studien zeigen, dass auch nach der                                 4. Die Heterogenität, insbesondere die vielseitige Herkunft
Flüchtlingsmigration die Annahmen zum zukünftigen                                             der in Deutschland lebenden Menschen, wird mittel- wie
Wanderungssaldo stark unterschiedlich sind. Als Beispiel                                      langfristig weiter zunehmen.
verdeutlichen dies die Annahmen für das Jahr 2017, die
zwischen 693 000 (IW), 450 000 (BIBB), 258 000 (IAB) und                                5. Hinzu kommt, dass der demografische Wandel innerhalb
228 000 (DIW) liegen. Es gibt daher auch nicht eine ein-                                      Deutschlands sehr unterschiedlich verlaufen wird. Neben
zelne bestimmte Zahl zur Bevölkerungsgröße in 10 oder                                         Regionen mit Bevölkerungsverlusten und einer relativ star-
20 Jahren, jedoch einen aus heutiger Sicht realistischen                                      ken Alterung stehen weithin wachsende Regionen, die vom
Korridor: Bis zum Jahr 2035 wird eine Bevölkerungszahl                                        Zuzug insbesondere jüngerer Menschen profitieren.12
zwischen 80 und 83 Millionen erwartet, also teilweise ein
leichter Anstieg und teilweise ein leichter Rückgang.                                         Bei allen Vorausberechnungen ist zu beachten, dass es sich
                                                                                              um Modellrechnungen handelt und deshalb ihre Ergebnisse
                                                                                              jeweils von den getroffenen Annahmen abhängen. Sie sind
 9
     Maier,
           Tobias; Zika, Gerd; Wolter, Marc Ingo; Kalinowski, Michael; Neuber-Pohl,
     Caroline (2016): „Die Bevölkerung wächst – Engpässe bei fachlichen Tätigkeiten           nicht als Prognosen zu verstehen. Sie verwenden ein Spek-
     bleiben aber dennoch bestehen“. In: BIBB Report 3/2016.
                                                                                              trum an verschiedenen, plausiblen Annahmen, um „statis-
10
     
     Fuchs, Johann; Söhnlein, Doris; Weber, Brigitte; Weber, Enzo (2016): Ein in-
     tegriertes Modell zur Schätzung von Arbeitskräfteangebot und Bevölkerung.                tisch fundiert demografische Strukturen fort(zu)schreiben“. 13
     In: IAB-Forschungsbericht 10/2016.
11
     
     DIW  (2016): Mittelfristige Projektion und Auswirkungen der Flüchtlings­           12
                                                                                             Vgl. hierzu näher Kapitel 4.10.
     migration auf das Produktionspotenzial. In: DIW Wochenbericht 16/2016.
                                                                                        13
                                                                                              ötzsch, Olga (2016): (Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen.
                                                                                             P
                                                                                             WiSta 4/2016: 36-53.
ZIELE UND HANDLUNGSRAHMEN DER BUNDESREGIERUNG | 9

3. Ziele
   	    und Handlungsrahmen
   der Bundesregierung
3.1	Demografiepolitische Ziele
     vor dem Hintergrund alter und
     neuer Herausforderungen

Die am 2. September 2015 von der Bundesregierung be-            Erwerbstätigkeit ist für Deutschland eine zentrale Voraus-
schlossene weiterentwickelte Demografiestrategie zielt          setzung für Wohlstand und Wachstum wie auch für solide
darauf ab,                                                      öffentliche Finanzen und leistungsfähige soziale Siche-
                                                                rungssysteme. Mit ihrer Investitionsstrategie verbessert die
■■das wirtschaftliche Wachstumspotenzial zu stärken, um         Bundesregierung darüber hinaus die Rahmenbedingungen
  den erreichten materiellen Wohlstand fortzuentwickeln         für private Investitionen und wirkt dem Substanzverlust der
  und an künftige Generationen weitergeben zu können,           öffentlichen Infrastruktur entgegen.

■■den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu           Die hohe Nettozuwanderung insbesondere jüngerer Men-
  bewahren und zu fördern – in den Familien, zwischen den       schen wird voraussichtlich dazu führen, dass die Bevölke-
  Generationen, zwischen Kranken und Gesunden, Wohl-            rung im erwerbsfähigen Alter bis Mitte der 2030er-Jahre in
  habenden und weniger Wohlhabenden, Menschen mit               deutlich geringerem Maße zurückgeht als bislang erwartet.
  und ohne Behinderungen sowie zwischen Menschen mit            Dies verbessert die Chancen, die Erwerbstätigkeit auf einem
  unterschiedlichem kulturellem Hintergrund,                    sehr hohen Niveau zu stabilisieren. Dazu muss es insbeson-
                                                                dere gelingen, einen großen Anteil der Schutzsuchenden,
■■die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und eine          die in Deutschland eine gute Bleibeperspektive haben und
  ­hohe Lebensqualität in den vom demografischen Wandel         hier auch längerfristig bleiben wollen, in den Arbeitsmarkt
   sehr unterschiedlich betroffenen ländlichen und städti-      und die Gesellschaft zu integrieren. Nach den vorliegenden
   schen Regionen zu befördern und                              Erfahrungen wird dies nicht einfach sein und länger dauern
                                                                als zunächst vielfach erhofft. Vor allem die Bildung im All-
■■durch solide Finanzen die Handlungsfähigkeit des Staates,     gemeinen und die berufliche Bildung im Besonderen stehen
   die Verlässlichkeit der sozialen Sicherungssysteme und       vor großen Aufgaben. Wie in Kapitel 4 dargestellt, haben
   einen attraktiven und modernen öffentlichen Dienst           Bund und Länder dafür mit einem aufeinander abgestimm-
  ­dauerhaft zu gewährleisten.                                  ten Konzept des Förderns und Forderns entscheidende Wei-
                                                                chen gestellt.
Diese Zielsetzungen bleiben für die Bundesregierung maß-
geblich, erhalten jedoch vor dem Hintergrund der aktuellen      Neben der Zuwanderung von Fachkräften und der Arbeits-
Entwicklungen und ihrer voraussichtlichen Auswirkungen          marktintegration von Schutzsuchenden gilt es vor allem, die
auf die längerfristige demografische Entwicklung teilweise      Erwerbsbeteiligung der einheimischen Bevölkerung weiter
neue Akzentuierungen.                                           zu erhöhen. Ein Schlüssel dazu liegt ebenfalls bei Investi-
                                                                tionen in gute Bildung. Zentrales Ziel der Demografiepoli-
Wohlstand bei demografischer Alterung sichern                   tik der Bundesregierung ist es, dass jede und jeder ihre bzw.
Mit der Alterung der Bevölkerung wird ab Mitte des nächsten     seine Fähigkeiten und Talente bestmöglich entfalten kann,
Jahrzehnts das Gewicht der im Berufsleben stehenden Jahr-       unabhängig von sozialer und familiärer Herkunft. Dazu
gänge im Vergleich zu den älteren Jahrgängen deutlich ab-       sind wichtige Voraussetzungen geschaffen worden. Das Bil-
nehmen. Wohlstand im demografischen Wandel zu sichern,          dungssystem ist in den vergangenen Jahren durchlässiger,
bedeutet daher vor allem Wege zu finden, um gleichwohl          anschluss- und leistungsfähiger geworden.
die Zahl der gut qualifizierten Erwerbstätigen längerfristig,
das heißt weit über das Jahr 2030 hinaus, auf einem ho-
hen Niveau zu halten. Denn ein hohes Niveau qualifizierter
10 |   JEDES ALTER ZÄHLT

 Ein weiterer Schlüssel ist die Entwicklung einer Beschäfti-     ­
 gungskultur, die die Potenziale aller Bevölkerungsgruppen
 nutzt. Dies gilt für Frauen, aber auch für Ältere, Menschen
 mit Migrationshintergrund, Arbeitslose und Menschen                                                                    -
 mit Behinderungen. Wie im nächsten Kapitel ausgeführt,
 ist Deutschland auf dem Weg zu einer solchen integrati-
 ven Beschäftigungskultur vorangekommen. Die Erfolge             Die Bundesregierung hat frühzeitig Maßnahmen zur
 auf dem Arbeitsmarkt und das erreichte Rekordniveau bei         Steuerung des hohen Migrationsdrucks nach Europa ein-
 der Erwerbstätigkeit wären ohne diese Fortschritte nicht        geleitet. Insbesondere den EU-Migrationspartnerschaften
­möglich gewesen.                                                kommt eine wichtige Rolle bei der Rückübernahme von
                                                                 Migrantinnen und Migranten, dem Grenzmanagement
Zusammenhalt in einer vielfältigeren,                            und der Schleuserbekämpfung zu. Angesichts des weltwei-
offenen Gesellschaft stärken                                     ten Bevölkerungswachstums, das sich im 21. Jahrhundert
Demografische Alterung, Zuwanderung und Wertewandel              vor allem auf Südasien, den Nahen Osten und Afrika kon-
führen zu einer größeren Vielfalt in der Bevölkerung.            zentriert, gilt es zudem, mit langfristigen Entwicklungs-
Aus vielen Kulturen zusammengesetzte Schulklassen, das           maßnahmen und einer Verstärkung der wirtschaftlichen
Nebeneinander unterschiedlicher Familienformen, nach             Zusammenarbeit Fluchtursachen zu bekämpfen. Initiativen
Alter, Geschlecht und Herkunft gemischte Teams in den            dazu werden zukünftig noch an Gewicht gewinnen.
Betrieben und eine wachsende Zahl vernetzter, mobiler und
gesunder, aber auch einsamer, hilfe- und pflegebedürftiger       Gleichwertige Lebensverhältnisse
älterer Menschen sind nur einige Facetten dieser wachsen-        in Stadt und Land fördern
den Vielfalt.                                                    Der demografische Wandel verläuft regional sehr unter-
                                                                 schiedlich. Wirtschaftsstarke Regionen und Ballungsräume
Mit Vielfalt sind Chancen verbunden, zum Beispiel für die        profitieren vom Zuzug insbesondere jüngerer Menschen. In
Innovationsfähigkeit und den Erwerb von Kompetenzen, die         strukturschwächeren ländlichen und städtischen Regionen
den Erfolg unserer Wirtschaft auf ausländischen Märkten          nimmt die Einwohnerzahl ab. Damit sind für viele Regionen
bestimmen. Vielfalt bringt aber auch Herausforderungen           Herausforderungen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen
für unsere Gesellschaft mit sich, weil die Schnittmenge an       Entwicklungsperspektive wie auch ein Anpassungsbedarf
gemeinsamem Wissen, geteilten Erfahrungen und Werten             bei Infrastrukturen und zur Sicherung der Daseinsvorsorge
kleiner werden kann. Die Bundesregierung will dazu bei­          für die Bevölkerung verbunden.
tragen, dass sich alle gesellschaftlichen Gruppen in Deutsch-
land als Teil eines gemeinsamen Ganzen und nicht als             Vor diesem Hintergrund bleibt die Herstellung gleichwer-
Konkurrenten oder gar Gegner verstehen. Die Förderung            tiger Lebensbedingungen in allen Regionen Deutschlands
des gesellschaftlichen Zusammenhalts, d. h. insbesondere         ein zentrales Ziel der Demografiepolitik der Bundesregie-
belastbarer sozialer Beziehungen und der Gemeinwohlorien-        rung. Sie hat dazu mit der Neuordnung der Bund-Länder-
tierung, ist daher ein zentrales Ziel ihrer Demografiepolitik.   Finanzbeziehungen in dieser Legislaturperiode eine
                                                                 entscheidende Voraussetzung für die kommenden Jahre
Mit ihrer weiterentwickelten Demografiestrategie verfolgt        geschaffen. Auch Zuwanderung und Integration kön-
sie dabei eine Reihe von Ansatzpunkten. Sie reichen über die     nen bei allen damit verbundenen Herausforderungen in
Stärkung der Familien, die Förderung einer jugendgerechten       ländlichen Regionen helfen, Infrastrukturen zu erhalten,
und inklusiven Gesellschaft wie auch eines selbstbestimm-        Stadt- und Dorfkerne wiederzubeleben und die regionale
ten Lebens im Alter bis zur Unterstützung des ehrenamtli-        Arbeitskräftebasis zu stärken.
chen Engagements, der Sicherung einer qualitativ hoch-
wertigen Pflege und der Förderung der Gesundheit in jedem        Ein Schlüsselfaktor für den demografischen Wandel ins-
Lebensalter. Kapitel 4 verdeutlicht an einigen Beispielen noch   gesamt ist schließlich die Digitalisierung, d. h. die welt­
bestehende Herausforderungen, zeigt aber auch, dass sich         weite Durchdringung und Vernetzung von Wirtschaft und
vieles in den letzten Jahren positiv entwickelt hat.             Gesellschaft mithilfe von Informations- und Kommunika­
                                                                 tionstechnologie. Sie wird sich langfristig auf nahezu
Die hohe Zuwanderung im Jahr 2015 hat teilweise beste-           alle Lebensbereiche auswirken. Telemedizin und digitale
hende Ängste verstärkt und Teile der Bevölkerung verun-          Technologien können beispielsweise im Gesundheits- und
sichert. Sie hat aber auch eine bis heute anhaltende große       Pflegesektor dazu beitragen, die Produktivität zu erhöhen
Welle der Hilfsbereitschaft und des bürgerschaftlichen           und die Versorgungsqualität zu verbessern, eine besondere
ZIELE UND HANDLUNGSRAHMEN DER BUNDESREGIERUNG | 11

Chance gerade für die ländlichen Räume. Darüber hinaus          In Kapitel 4 werden in ausgewählten Lebens- und Politik-
können Produktivitätssteigerungen in anderen Berei-             bereichen wichtige Entwicklungen und die Tätigkeit der
chen die alternde Gesellschaft entlasten.                       Bundesregierung bilanziert. Aus Gründen der besseren
                                                                Lesbarkeit und Handhabbarkeit konzentriert sich dieses
Durch solide öffentliche Finanzen für die                       Kapitel auf die aus demografiepolitischer Sicht wichtigs-
nächsten Generationen vorsorgen                                 ten Maßnahmen, die in dieser Legislaturperiode durch die
Der demografische Wandel wird die öffentlichen Haus-            Bundesregierung teilweise oder bereits vollständig umge-
halte und die sozialen Sicherungssysteme vor erhebliche         setzt wurden. Ergänzend findet sich im Anhang eine nach
Herausforderungen stellen. Problematisch ist vor allem          Politikfeldern geordnete Dokumentation von Einzelmaß-
die Alterung unserer Gesellschaft, die die sozialen Siche-      nahmen der Bundesregierung zur Gestaltung des demo-
rungssysteme belasten und den Druck auf die öffentli-           grafischen Wandels. Die Ergebnisse aus dem Arbeitsgrup-
chen Haushalte erhöhen wird. Es ist daher eine langfris-        penprozess werden, wie bereits eingangs erwähnt, in einem
tig tragfähige Finanzpolitik erforderlich, die frühzeitig       gesonderten Bericht publiziert.
Maßnahmen ergreift, um Vorsorge für kommende Gene-
rationen zu treffen und diese Entwicklung abzufedern.

Mit Einführung der Schuldenregel wurden in Deutsch-
land die Grundlagen für tragfähige öffentliche Finanzen
gestärkt. Im Grundgesetz wurde als zentraler finanzpoliti-
scher Maßstab verankert, dass die Ausgaben nicht dauer­
haft über Kreditaufnahme finanziert werden dürfen.

Für die Politik der Bundesregierung ist die Schulden-
regel eine zentrale Leitplanke. Sie hat durch eine wachs-
tumsorientierte Haushaltskonsolidierung finanzpolitisch
die Wende zu ausgeglichenen Haushalten vollzogen. Die
Schuldenstandsquote sinkt. Dies stärkt die langfristige
Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen als Grundvoraus-
setzung für die Handlungsfähigkeit des Staates jetzt und
in der Zukunft; insbesondere als Beitrag zur Generatio-
nengerechtigkeit.

3.2	Handlungsrahmen der
     Demografiepolitik der
     Bundesregierung

Um ihre demografiepolitischen Ziele zu erreichen, geht
die Bundesregierung mehrgleisig vor. Sie stärkt mit der
Demografiestrategie zum einen die Zusammenarbeit der
Bundesressorts und führt zum anderen einen Dialog- und
Arbeitsgruppenprozess mit Vertreterinnen und Vertretern
aller staatlichen Ebenen, der Wirtschaft, den Sozialpartnern,
den Verbänden, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft
(Gestaltungspartner). Schließlich wird über den Anfang
2014 eingeführten Demografie-Check sichergestellt, dass
bei Gesetzen und Verordnungen der Bundesregierung die
spezifisch demografischen Auswirkungen geprüft werden
und das Ergebnis der Prüfung in der Begründung des Recht­
setzungsvorhabens dargestellt wird.
12 |   JEDES ALTER ZÄHLT

4. Maßnahmen
   	          und Entwicklungen in
   ausgewählten Handlungsfeldern
4.1      Bildung

Für eine dynamische und teilhabeorientierte Gesellschaft      selbstverständlich wird, hat der Bund zahlreiche Initiativen
ist Bildung eine zentrale Voraussetzung. In einer zugleich    und Fördervorhaben auf den Weg gebracht. Hierzu zählen
alternden Gesellschaft mit langfristig abnehmender Er-        beispielsweise die Initiative „Bildungsketten bis zum Aus-
werbsbevölkerung gilt es mehr denn je, jede Einzelne und      bildungsabschluss“ inklusive des Berufsorientierungspro-
jeden Einzelnen zu fördern. Bildungsstand und Bildungs-       gramms und der Berufseinstiegsbegleitung, die „Initiative
beteiligung in Deutschland sind in den letzten Jahren         zur Gewinnung von Studienabbrecherinnen und -abbrechern
in allen Bildungsbereichen gestiegen. Die PISA-Studien        für die berufliche Bildung“ sowie die Weiterentwicklung
zeigen: In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Kom-      des bewährten „Meister-BAföG“ zu einem modernen „Auf-
petenzen von Schülerinnen und Schülern im Lesen, der          stiegs-BAföG“ unter anderem durch die Öffnung für Bache-
Mathematik und in den Naturwissenschaften im Sekundar-        lorabsolventen. Auch die Berufseinstiegsbegleitung ist eins
bereich I verbessert; sie liegen mittlerweile deutlich über   der Kernelemente der Initiative Bildungsketten. Um den
dem OECD-Durchschnitt. Der Trend zu höheren Schul-            Anforderungen für das Lernen und Arbeiten in der digita-
abschlüssen ist ungebrochen. Die Zahl der Studienanfän-       len Gesellschaft gerecht zu werden, legt die neue Initiative
ger übersteigt in 2015 mit 58 Prozent erneut deutlich die     „Berufsbildung 4.0“ den Schwerpunkt auf die Förderung der
von Bund und Ländern gesetzte Zielmarke von 40 Prozent        Digitalisierung in der beruflichen Bildung.
eines Jahrgangs. Trotz der Verbesserungen bei der Chan-
cengleichheit hat aber die soziale Herkunft noch immer        Mit dem Hochschulpakt 2020 wird auch bei steigenden
großen Einfluss auf die Bildungs- und Zukunftschancen         Studienanfängerzahlen ein bedarfsgerechtes Studienan-
junger Menschen.                                              gebot sichergestellt und eine hohe Qualität des Studiums
                                                              gewährleistet. Mit dem „Qualitätspakt Lehre“ unterstützt
Um die berufliche Bildung zu stärken, hat die Bundes-         der Bund bessere Studienbedingungen und mehr Qualität
regierung im Dezember 2014 mit Vertretern der Wirt-           in der Lehre. Seit 2015 finanziert der Bund zudem vollstän-
schaft, der Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit      dig die Geldleistungen für Schülerinnen und Schüler sowie
(BA) und der Länder die „Allianz für Aus- und Weiterbil-      Studierende nach dem BAföG und hat ab dem Winterse-
dung“ gegründet. Zahlreiche Maßnahmen wurden auf              mester 2016/2017 die Bedarfssätze sowie die Einkommens-
den Weg gebracht. Die Anzahl der bei der BA gemeldeten        freibeträge um jeweils 7 Prozent erhöht.
betrieblichen Ausbildungsplätze wurde deutlich erhöht,
ein gemeinsames Konzept zur Vermittlung und Nachver-
mittlung in Ausbildung erarbeitet und das neue Förderin-
strument der „Assistierten Ausbildung“ zur Unterstützung      4.2      Jugend
von jungen Menschen mit schlechten Startchancen und
von Betrieben befristet eingeführt. Weiterhin wurde der
förderungsfähige Personenkreis für ausbildungsbeglei-         Die demografische Entwicklung verändert die Lebenswelten.
tende Hilfen ausgeweitet. Wesentliche Aufgabe bleibt es,      Dies gilt auch für die Bedingungen des Aufwachsens und die
ein breites Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen       Entfaltungsmöglichkeiten junger Menschen. Ihre Bedürfnisse
sicherzustellen sowie das betriebliche Angebot und die        sind für die Bundesregierung genauso wichtig wie die Bedürf-
Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen – insbe-          nisse der Menschen in anderen Altersgruppen.
sondere regional und branchenspezifisch.
                                                              Die Verwirklichung von Bildungs- und Teilhabechancen für
Damit noch mehr junge Menschen einen Berufsab-                alle Kinder und Jugendlichen sowie ein ausgewogener Qua-
schluss erreichen und damit auf jeden Abschluss ein guter     lifikationsmix zwischen beruflicher und akademischer Aus-
Anschluss folgt, sodass Weiterlernen für jeden und jede       bildung sind zentrale Ziele der Bundesregierung. Dabei wird
MASSNAHMEN UND ENTWICKLUNGEN IN AUSGEWÄHLTEN HANDLUNGSFELDERN | 13

zukünftig eine höhere Flexibilität und größere Durchlässig-         zu (re-)integrieren. Mit rund 100 000 Eintritten in die be-
keit der Bildungswege in alle Richtungen immer wichtiger            rufsabschlussbezogene Aus- und Weiterbildung innerhalb
werden.                                                             von drei Jahren kann das Programm „Ausbildung wird
                                                                    was – Spätstarter gesucht“ eine positive Bilanz ziehen.
Mit seinem System der allgemeinen und beruflichen Bil-              Auf Grundlage des Gesetzes zur Stärkung der beruflichen
dung ist Deutschland weltweites Vorbild, wenn es darum              Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Ar-
geht, jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu                beitslosenversicherung (AWStG) wurde die Initiative zum
geben und sie in Arbeit zu bringen. Zu diesem Ergebnis              1. August 2016 fortentwickelt und als „Zukunftsstarter-
kommt etwa die OECD.14 Gleichwohl befindet sich ein Teil            Initiative“ weitergeführt. Ziel ist es, bis Ende 2020 120 000
der jungen Menschen am Beginn ihrer Erwerbslaufbahn                 junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine berufsab-
in atypischen Beschäftigungsverhältnissen und auch nach             schlussorientierte Qualifizierung zu gewinnen.
erfolgreich abgeschlossener Ausbildung ist ein Teil der Ab-
solventinnen und Absolventen erst einmal arbeitslos.

Die Bundesregierung setzt sich mit der Initiative „JUGEND           4.3	Vereinbarkeit von Familie
STÄRKEN“ dafür ein, sozial benachteiligten und indivi-                   und Beruf
duell beeinträchtigten jungen Menschen eine Perspektive
auf einen Einstieg in Ausbildung und Arbeit zu geben. Ziel
ist, ihnen die Chance auf persönliche Entfaltung der eige-          Verbundenheit und Solidarität in einer Gesellschaft sind für
nen Fähigkeiten und einen Zugang zur gesellschaftlichen             die Gestaltung des demografischen Wandels unerlässlich. Sie
Integration und Teilhabe zu eröffnen. Bundesweit wird               zeigen sich besonders stark innerhalb von Familien. Daher ist
dazu ein Netz „sozialer Dienste“ für Jugendliche und junge          es Ziel der Bundesregierung, Familien zu stärken und zu ent-
Erwachsene in prekären Lebenskonstellationen geför-                 lasten. Zudem sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
dert. Die Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich         für Mütter wie für Väter gefördert und die Erwerbstätigkeit
an den individuellen Lagen der jungen Menschen, ihren               von Frauen weiter gestärkt werden. Dies entspricht auch den
Bedarfen, Kompetenzen und Wünschen orientieren. Wo                  Erwartungen der Bevölkerung, die Maßnahmen zur Verbes-
erforderlich, setzen die Hilfen bei der Schule an und bezie-        serung der Vereinbarkeit ganz oben auf der politischen Agen-
hen diese als wichtigen Partner mit ein. Auf gesellschaft-          da sehen.15
licher Ebene verfolgt die Initiative „JUGEND STÄRKEN“
zudem das Ziel, den Fokus auf die Potenziale und die Leis-          Die familienpolitischen Maßnahmen haben die Vereinbar-
tungsfähigkeit benachteiligter junger Menschen zu lenken            keit von Familie und Beruf in den letzten Jahren deutlich ver-
und damit ihrer Ausgrenzung entgegenzuwirken.                       bessert. Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
                                                                    eine gut ausgebaute Kinderbetreuung sind die wichtigsten
Mit dem ESF-Modellprogramm „JUGEND STÄRKEN im                       Voraussetzungen dafür, dass Paare sich für Kinder entschei-
Quartier“ werden seit Januar 2015 178 Kommunen (örtli-              den und dass Familienleben sowie eine partnerschaftliche
che Träger der öffentlichen Jugendhilfe) in 15 Bundeslän-           Aufteilung von Erwerbsarbeit und familialen Aufgaben ge-
dern unterstützt. Die Angebote für junge Menschen am                lingen kann. In Deutschland entscheiden sich wieder mehr
Übergang Schule-Beruf werden für diejenigen, die von                Menschen für Kinder. Die Geburtenziffer hat 2015 mit 1,50
anderen Angeboten nicht mehr erreicht werden, systema-              Kindern je Frau den höchsten Wert in Deutschland seit 1982
tisch ausgebaut. Regionale und sozialräumliche Disparitä-           (für Gesamtdeutschland) erreicht.
ten wirken sich besonders in der Phase des Übergangs von
der Schule in den Beruf aus. Das Programm zielt daher               Im Jahr 2015 waren knapp 60 Prozent der Mütter mit jüngs-
darauf ab, Mittel effektiver in benachteiligten Gebieten zu         tem Kind zwischen zwei und unter drei Jahren erwerbstä-
bündeln und hier Wirkung zu erzielen.                               tig.16 Sie arbeiten häufiger in vollzeitnaher Teilzeit oder in
                                                                    Vollzeit als zuvor. Viele Mütter würden den Umfang ihrer
Besonderes Augenmerk richtet die Bundesregierung auf                Erwerbstätigkeit gerne weiter steigern.17 Über ein Drittel der
junge Menschen ganz ohne Berufsausbildung. Hier setzt               Väter – 34,2 Prozent für das Geburtenjahr 2014 – nehmen
unter anderem die Spätstarter-Initiative an mit dem Ziel,           mittlerweile mindestens zwei Elterngeldmonate in Anspruch
vorhandene Fachkräftepotenziale in der Altersgruppe der
25- bis unter 35-Jährigen zu mobilisieren und mit Hilfe             15
                                                                         BMFSFJ (2015): Familienreport 2014.
abschlussorientierter Qualifizierung in den Arbeitsmarkt            16
                                                                         Mikrozensus-Sonderauswertungen
                                                                                                       s16199 und s16130, Berechnung Prognos
                                                                         AG (unveröffentl.).
                                                                    17
                                                                         Vgl. BMFSFJ (2014): Dossier Müttererwerbstätigkeit. 2. aktualisierte und über-
14
     OECD (2016), Bildung auf einen Blick, Paris.                         arbeitete Auflage; BMFSFJ (2015): Dossier Väter und Familie. Erste Bilanz ei-
                                                                          ner neuen Dynamik.
Über ein Drittel der
Väter – 34,2 Prozent für das Geburtenjahr 2014 – nehmen
mittlerweile
14  | JEDESmindestens    zwei Elterngeldmonate in Anspruch
               ALTER ZÄHLT

und eine Mehrheit von ihnen wünscht sich mehr Zeit für die      2016 und 2020 wird durch das Programm „Sprach-Kitas“
Familie. In einigen Regionen liegt diese Zahl deutlich höher:   zudem die alltagsintegrierte sprachliche Bildung als fester
In Sachsen haben 44,2 Prozent der Väter, in Bayern 41,7 Pro-    Bestandteil in der Kindertagesbetreuung gefördert; der
zent Elterngeld bezogen.18                                      Bund stellt in diesem Zeitraum dafür Mittel im Umfang
                                                                von bis zu 1 Milliarde Euro zur Verfügung.
Mit der Einführung des ElterngeldPlus ist es für Mütter und
Väter einfacher, Elterngeldbezug und Teilzeitarbeit mitei-      Die große Zahl pflegebedürftiger Personen (2,8 Millionen
nander zu kombinieren. Mit den ElterngeldPlus-Monaten
                                                  ­             Menschen), die weiter wachsen wird, wird heute zu 67 Pro-
können sie ihr Elterngeldbudget besser ausschöpfen und          zent zu Hause alleine von Angehörigen gepflegt. Die große
doppelt so lange die Förderung durch das Elterngeld nut-        Bereitschaft von Angehörigen zur Übernahme pflegerischer
zen. Die Elternzeit wurde zudem weiter flexibilisiert. Neben    Aufgaben und zur Integration dieser Verpflichtung in ihren
einer unbezahlten Auszeit im Zeitraum bis zum dritten           Alltag ermöglicht es vielen Pflegebedürftigen, so selbststän-
Geburtstag des Kindes können nunmehr 24 statt bisher            dig und selbstbestimmt wie möglich zu leben. Um diese
12 Monate Elternzeit zwischen dem dritten und achten            Bereitschaft weiter zu stärken und die Situation pflegender
Geburtstag des Kindes genommen werden. Rund ein Jahr            Angehöriger deutlich zu verbessern, hat die Bundesregierung
nach Einführung des ElterngeldPlus bewerteten knapp drei        Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege
Viertel der Eltern mit minderjährigen Kindern und zwei          und Beruf ergriffen. In Ergänzung zu der bereits bestehen-
Drittel der Bevölkerung diese Regelung als gut.19 Im drit-      den Möglichkeit für Beschäftigte, bis zu zehn Arbeitstage
ten Quartal 2016, gut ein Jahr nach Einführung der neuen        der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für
Leistung, haben sich insgesamt 18,3 Prozent der Eltern für      einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akuten
das ElterngeldPlus entschieden (erstes Quartal 2016: 17,4       Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren
Prozent).                                                       oder die pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustel-
                                                                len, wurde eine Lohnersatzleistung – das Pflegeunterstüt-
Allein bis 2016 stellte der Bund den Ländern 7,3 Milliarden     zungsgeld – eingeführt. Für die Pflege naher Angehöriger
Euro für Investitionen und Betriebskosten zur Finanzie-         in häuslicher Umgebung können sich Beschäftigte bis zu 6
rung des Ausbaus von Betreuungsplätzen für Kinder unter         Monate teilweise oder vollständig von der Arbeit freistellen
drei Jahren zur Verfügung. In den Jahren 2017 und 2018          lassen (Pflegezeit). Nahe Angehörige pflegebedürftiger Min-
erhöht der Bund seine ab 2015 dauerhafte jährliche Betei-       derjähriger können eine der Pflegezeit entsprechende Frei-
ligung an den Betriebskosten von 845 Millionen Euro auf         stellung auch zur Betreuung in außerhäuslicher Umgebung
945 Millionen Euro. Zudem stellt der Bund die durch den         in Anspruch nehmen. Ein Anspruch auf Freistellung von bis
Wegfall des Betreuungsgeldes frei gewordenen Mittel von         zu drei Monaten besteht für die Begleitung von nahen An-
rund 2 Milliarden Euro den Ländern von 2016 bis 2018 für        gehörigen in der letzten Lebensphase. Auf die Familienpfle-
Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung zur              gezeit (teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten bei einer
Verfügung. Das Bundeskabinett hat am 14. Dezember 2016          wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden) besteht
den Gesetzentwurf zum weiteren quantitativen und quali-         nunmehr ein Rechtsanspruch. Eine teilweise Freistellung
tativen Ausbau der Kindertagesbetreuung beschlossen, mit        nach dem Familienpflegezeitgesetz kann auch für die außer-
dem die Grundlage für das Investitionsprogramm „Kinder-         häusliche Betreuung von minderjährigen pflegebedürftigen
betreuungsfinanzierung” 2017–2020 zum weiteren Ausbau           nahen Angehörigen in Anspruch genommen werden. In all
von Betreuungsplätzen geschaffen werden soll. Für das           diesen Fällen der Freistellung kann ein zinsloses Darlehen
neue Investitionsprogramm soll das vom Bund eingerich-          zur Abfederung des Lohnausfalls beim Bundesamt für Fa-
tete Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ in den             milie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt
Jahren 2017 bis 2020 um insgesamt 1,126 Milliarden Euro         werden. Die genannten Regelungen wurden im Wesentli-
aufgestockt werden.                                             chen wirkungsgleich auf den Beamten- und Soldatenbereich
                                                                übertragen. Um zu ermitteln, wie viele Personen seit dem
Seit Januar 2016 werden im Bundesprogramm „KitaPlus“            Inkrafttreten der neuen Regelungen am 1. Januar 2015 Frei-
mit einer Laufzeit von drei Jahren zukunftsfähige Konzep-       stellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeitgesetz oder Fa-
te für bedarfsgerechte Betreuungszeiten gefördert. Dazu         milienpflegezeitgesetz in Anspruch genommen haben bzw.
gehören insbesondere Öffnungszeiten vor 8:00 Uhr, nach          zum Zeitpunkt der Befragung in Anspruch nahmen, wurde
16:00 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen. Zwischen            das Institut TNS Emnid (jetzt: Kantar EMNID) mit einer re-
                                                                präsentativen Bevölkerungsbefragung beauftragt. Aufgrund
18
     Statistisches Bundesamt 2016.
                                                                der Befragung wird davon ausgegangen, dass circa 70 000
19
     Befragung des IfD Allensbach, Mai 2016.                    Personen seit dem 1. Januar 2015 die Möglichkeiten einer
MASSNAHMEN UND ENTWICKLUNGEN IN AUSGEWÄHLTEN HANDLUNGSFELDERN | 15

beruflichen Freistellung in Anspruch genommen haben.20                              tende Hilfen, Assistierte Ausbildung, berufsvorbereitende
Weitere Erkenntnisse werden vorliegen, wenn die Ergebnis-                           Bildungsmaßnahmen, Berufsausbildungsbeihilfe) einge-
se der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen wis-                            führt. Die Rechtssicherheit während und nach Abschluss
senschaftlichen Untersuchung des Pflegezeitgesetzes und                             einer Ausbildung wurde erhöht. Die Unternehmen, gerade
Familienpflegezeitgesetzes Mitte 2017 vorliegen werden.                             der Mittelstand, werden bei ihrem großen Engagement
                                                                                    zur Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und in
                                                                                    Arbeit durch Informations-, Beratungs- und Vernetzungs-
                                                                                    angebote unterstützt.
4.4           	
              Zuwanderung   und Integration
              von Flüchtlingen                                                      Die Regelungen orientieren sich an dem Grundsatz des
                                                                                    Förderns und Forderns. Die Anreize zur Integration werden
                                                                                    verstärkt, indem zum Beispiel die Niederlassungserlaubnis
Im Jahr 2015 sind rund 890 000 Schutzsuchende nach                                  von den Integrationsfortschritten abhängig gemacht wird.
Deutschland gekommen, von denen ein Teil länger oder                                Aber die gesetzlichen Regelungen sehen auch Abstriche bei
auf Dauer hier bleiben wird. Nach vorläufiger Berechnung                            Leistungen vor, wenn die Mitwirkungspflichten aufseiten
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kann für                              der Flüchtlinge nicht eingehalten werden.
das Jahr 2016 von gut 280 000 Schutzsuchenden ausgegan-
gen werden. Die Integration der Schutzsuchenden, die in                             Grundvoraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt
Deutschland eine gute Bleibeperspektive haben, erfordert                            sind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Die
eine große gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung.                                mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz als Regel-
                                                                                    instrument eingeführte berufsbezogene Deutschsprach-
Die Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungs-                                förderung baut auf den Integrationskursen auf und ver-
und Arbeitsmarkt ist ein Prozess, der Zeit und geeigne-                             mittelt weitergehende Sprachkenntnisse, um die Chancen
te Rahmenbedingungen benötigt. Erfolge werden hier                                  auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu verbessern.
erst mittel- bis langfristig sichtbar sein. Das gesetzliche                         Durch die Modulform der bundesfinanzierten berufsbe-
Instrumentarium von SGB II und SGB III bietet sowohl                                zogenen Deutschsprachförderung kann der Spracherwerb
für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt als auch für                              künftig besser mit Ausbildung, Beschäftigung und Maß-
die Förderung der Berufsausbildung und der beruflichen                              nahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik verzahnt werden.
Weiterbildung ein breites Spektrum an Maßnahmen.
Der Zugang zu diesen Leistungen für Flüchtlinge und die                             Zusätzlich wurde zum Beispiel mit der App „Ankommen“
Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Arbeitsmarkt-                               ein moderner Wegbegleiter zur schnellen Orientierung
integration allgemein sind auf dieser Basis schrittweise                            während der ersten Wochen nach der Ankunft entwickelt.
verbessert worden. Zuletzt wurden zentrale Maßnahmen                                Als alltagsnahe Unterstützung zum Erlernen der deut-
zur Förderung der Arbeitsmarktintegration mit dem am                                schen Sprache ist in die App ein kostenloser multimedialer
6. August 2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetz und                           Sprachkurs integriert. Neben weiteren Maßnahmen der
der begleitenden Verordnung umgesetzt. Durch den Ver-                               Sprachförderung kommt insbesondere auch Maßnahmen
zicht auf die Vorrangprüfung für einen Zeitraum von drei                            der Erkennung von Kompetenzen und Potenzialen sowie
Jahren wurde in 133 unter Beteiligung der Länder festge-                            des Einstiegs und der Integration in Ausbildung und Stu-
legten Agenturbezirken der BA der Arbeitsmarktzugang                                dium eine wichtige Bedeutung zu.
erleichtert. Damit wird in diesem Zeitraum und in diesen
Bezirken auch die Zeitarbeit ermöglicht. Mit dem Arbeits-
marktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“
können bis Ende 2020 jährlich 100 000 zusätzliche Arbeits-                          4.5     Fachkräftesicherung
gelegenheiten für Leistungsberechtigte nach dem Asylbe-
werberleistungsgesetz geschaffen werden, um sie bereits
während des Asylverfahrens an den deutschen Arbeits-                                Derzeit liegt in Deutschland kein akuter flächendecken-
markt heranzuführen. Weiterhin wurden Erleichterungen                               der Fachkräftemangel vor. Allerdings treten bereits heute
beim Zugang zu Leistungen der Ausbildungsförderung in                               in einzelnen Qualifikationen, Regionen und Branchen
Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus (ausbildungsbeglei-                              erkennbare Arbeitskräfteengpässe auf. Betroffene Berufs-
                                                                                    gruppen sind zum Beispiel die Gesundheits- und Pflege-
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     Mehrthemenbefragung
                            von TNS Emnid (jetzt: Kantar EMNID) von März bis Au-   berufe sowie technische Berufe. Die Fachkräftesicherung
     gust 2016: Es ist davon auszugehen, dass als untere Grenze insgesamt 68 288
     Personen seit dem Jahr 2015 eine Freistellung in Anspruch genommen haben.      ist daher und angesichts der stetig wachsenden Nachfrage
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