Kritik und Solidarität in der Corona-Pandemie
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Hallo. Der Ausbruch der Corona-Pandemie konservativ bis neonazistischen und hat dafür gesorgt, dass das Jahr 2020 von Verschwörungstheoretiker*innen in die Geschichte eingehen wird. Im geprägten Bewegung überlassen wird, Versuch mit dem, was gerade passiert, obwohl wichtige und berechtigte Kritik- umzugehen, haben wir uns entschie- punkte vorgebracht werden müssen. den, ein Zine zu machen. Wir wollen eigene Perspektiven, Erlebnisse und Die Pandemie kam überraschend. unsere Diskussionen gerne teilen und Gleich zu Beginn gab es Verweise auf anarchistische Blickwinkel zur Debatte die spanische Grippe, die vor 100 Jah- beitragen. Und natürlich Humor, der soll ren die Welt in Atem hielt. Wir müssen nicht fehlen, obwohl es insgesamt doch allerdings nicht so weit zurück schau- ganz schön ernst geworden ist. en, denn eine der letzten Pandemien globalen Ausmaßes ist die des HI-Vi- Wir wollen ein Zine machen, das Coro- rus. Als sie in den frühen 80er Jahren na ernst nimmt, die sozialen Konflikte ausbrach, starben insbesondere Men- thematisiert, notwendige Kritik klar for- schen aus queeren Communities an 3 muliert, die wenig sichtbaren Aspekte AIDS. Es war nicht ungewöhnlich, dass aufgreift, Fragen stellt und Diskussionen ganze Freund*innenkreise zu Grabe anregt. Viele Menschen sollen es lesen gebracht worden und selbstverwaltete können, doch es ist uns nicht immer oder szeneinterne Orte „leerstarben“ - leicht gefallen, komplexe Sachverhalte zurück blieb eine traumatisierte Gene- einfach zu beschreiben. Wir haben es ration und eine Mehrheitsgesellschaft, jedoch versucht, indem wir persönliche die sich dessen in diesem Ausmaß Erfahrungen als Anknüpfungspunkte ein- nicht bewusst war. HIV, die Krankheit fließen ließen. AIDS und die davon betroffenen Grup- pen wurden und werden stigmatisiert. Wir sind unterschiedliche Menschen, die Dabei ist AIDS eine weltweit verbreitete sich im Rahmen des anarchistischen Krankheit, die heutzutage bei medika- Netzwerks organisieren. Wir haben mentöser Behandlung unansteckend unterschiedliche Meinungen, Perspek- ist und fast komplett heruntergeregelt tiven, Hintergründe und Lebenserfah- werden kann. Dass nachwievor Men- rungen und entsprechend vielfältig und schen an ihr sterben, liegt an ungleich manchmal auch widersprüchlich ist das verteilten Zugängen zum Gesundheits- Zine geworden. Auf die Pandemie bezo- wesen und betrifft vor allem prekäre gen, diskutieren wir im deutschen Kon- Lebensumstände. text, da alle Mitschreibenden momentan hier leben. Rassismus und Antisemitismus ha- ben sowohl historisch, als auch in der Uns fiel auf, dass die Kritik an den Coro- Gegenwart Anteil an den Auswirkungen Nicht bezahlt von Ihrer Apotheke. na-Maßnahmen zum großen Teil einer einer Pandemie. Nicht nur in der Fra-
ge der Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen spielen postkoloniale Strukturen eine Rolle, sondern immer auch in der konstruierten Schuldfrage. Im Zine betrachten wir unter anderem die Rolle des Staates in der Pandemie, das Gesundheitssystem, elterliche Für- sorge, Corona und Protest, die Frage der Entstehung von Pandemien hin- sichtlich des Mensch-Tier-Verhältnis- ses und schließen mit einem eher phi- losophischen Ausblick. Wir freuen uns über Feedback und wei- tere Diskussionen. Schreibt uns gerne an and@notraces.net In digitaler Version findet ihr das Zine auf and.notraces.net. 4 Wir freuen uns, wenn ihr das Zine aus- 5 druckt und weiter verteilt. Wir wünschen euch viel Mut, Zuversicht und Kraft. Bleibt aktiv! Mit anarchistischen Grüßen - euer Anarchistisches Netzwerk Dresden (AND) Januar 2021 Quelle: handelsblatt.com/politik/deutschland/covid-19-in-deutschland- coronavirus-so-hat-sich-die-lungenkrankheit-in-deutschland-entwick- elt/25584942.html
Warum wird Kritik an Coronamaßnahmen hauptsächlich der Rechten überlassen? In einer unserer ersten Diskussionen zu “Wer sind denn diese Querdenker*innen und wie kann es eigentlich sein, dass Kritik an den Coronamaßnahmen, also krassen Grundrechtseinschränkungen, momentan einem rechten-verschwörungs-schwur- beler Umfeld überlassen wird?”, stellten wir fest, dass auch unsere Perspektiven dazu sehr unterschiedlich waren. Deshalb haben wir versucht, den Verlauf der Dis- kussion von einigen von uns auch in dieser Form hier abzubilden. Wir wollen ver- suchen, den unterschiedlichen Nuancen und Fragen Raum zu geben oder Fragen 6 zu stellen. 7 LEO: Tatsächlich war ja bei allen die MEGGIE: Naja, ich dachte Schwurbe- Überraschung ziemlich groß, dass es ler*innen sind diese Menschen, die zu so viele Leute auf diesen Demonstratio- den Coronademos gehen und weil die nen gab. 40.000 Menschen sind ja doch alle so unterschiedlich sind, wurde ein eine ganze Menge und ziemlich viele Wort gesucht das alle meint? Leute für einen Protest in Deutschland. LEO: Also der Duden sagt: “schwurbeln: MEGGIE: Das sieht mensch auch daran, LEO: Dass die Bewegung so divers, MEGGIE: Die Schwurbeler*innen-Be- verschwurbelt reden; Unsinn erzählen; Ge- dass der Querdenkengründer Ballweg widersprüchlich und als schwer zu wegung erinnert mich zum Teil an das brauch umgangssprachlich abwertend.” mit Reichsbürger*innen chillt. Auch von beschreiben wirkt (Regenbogenflag- frühe Pegida. Allen ist bewusst, dass „gemäßigten Bürger*innen“ kommen gen, Friedenssymbolik, Hippie-Ästhe- hier auch Nazis mitlaufen und finden JOSUA: Ich denke, im Gegensatz zu PE- klare Nazisprüche und Anspielungen tik neben rechten Nazi-Hooligans und es okay. Deswegen sind die Leute min- GIDA sind die Querdenker*innen nicht sowie Täter*innen-Opfer-Umkehr zum Reichsbürger*innen) zeigt nur, dass destens rechtsoffen und darum auch explizit rassistisch motiviert, sondern Beispiel ungeimpft im Davidstern in Na- unser grobschlächtiges, undifferenzier- erstmal nicht unsere politischen Ver- äußern sich gegen die Maßnahmen an zi-Optik oder diese NS-Vergleiche wie tes politisches Beschreibungsschema, bündeten. sich, oder? mit Sophie Scholl. Also sie setzen die das nur zwischen Rechts und Links momentanen Coronamaßnahmen mit unterscheidet, defizitär ist und uns Be- JOSUA: Was sollen denn Schwurber- LIN: Naja, alle Naziparteien von der dem Nationalsozialismus gleich und grifflichkeiten fehlen, um die (schein- ler*innen sein? AfD, über die Rechte bis hin zum Dritten sehen sich als Widerstandskämpfer*in- bare) Diversität der Schwurbeler*innen Weg rufen zu Anti-Corona Demos auf nen. Die Bewegung zeigt, wie anschluss- auszudrücken. LEO: Ich hab das auf Twitter gelesen. und beteiligten sich mehr oder weniger fähig rechtslastige, menschenfeindliche aktiv an den bisherigen Protesten. Ideologien sind und steht damit schon in einer Tradition mit dem frühen Pegida.
JOSUA: Aber es gibt ja auch eine be- in eine Lebensrealität, welche sie sonst LEO: Ja zum Beispiel an dem Infek- rechtigte Kritik an dem Umgang mit nicht haben. tionsschutzgesetz wurde nicht so viel Corona und die wird ja auch auf diesen Kritik formuliert. Ich habe das Gefühl, Demos thematisiert. Also es sind ja MEGGIE: Die Komplexität ist schwer wenn ich Kritik äußere, gibt es sofort auch ganz “normale” Leute dort, Eltern abzubilden. Für Querdenker*innen ist den Vorwurf sich mit den Querden- von uns zum Beispiel. es halt einfacher “alles in einen Topf” ker*innen gemein zu machen. Ich finde zu werfen, um eine breite (unkritische) das ‘ne krasse Einschränkung Kritik äu- LIN: Ja das stimmt schon, dass es eine Masse zu erreichen, als sich die Mühe ßern zu können. berechtigte Kritik gibt, aber du musst zu machen, Fakten und Sachverhalte halt schauen mit wem du zusammen auseinander zu dröseln und einzeln zu LIN: Ja ich finde es auch schade, dass auf ‘ner Demo bist. betrachten. sich die Gegenproteste an Nazis ab- arbeiten. Zum einen gibt es keine Diffe- JOSUA: Viele der Leute sind ja aber LIN: Ja da is schon was dran, Quer- renzierung in der Betrachtung des Pro- nicht politisch organisiert oder aktiv. denken ist halt auch gut organisiert. tests und auf der anderen Seite gibt es Damit ist das halt ein Ventil für Leute, Die haben zum Beispiel eine eigene keine eigene Plattform für Kritik an den ihren Unmut auf die Straße zu tragen. Marketingabteilung. Darüber hinaus be- Maßnahmen. Und in der linken Ecke ist Vielleicht sind sie ja auch durch Maß- nutzten sie Schlagwörter wie Freiheit, es seit Beginn des Lockdowns, als es nahmen selber betroffen, also so eine Demokratie und Diktatur sehr schlau doch noch viel Kritik an Grundrechts- eigene Betroffenheit spielt da ja auch und markant in ihren Aufrufen und Re- einschränkungen und autoritären Maß- 8 ne Rolle. Wenn ich da meine kleine den. Das spricht natürlich dann auch nahmen gab, relativ still geworden... 9 Firma habe und meine fünf Angestell- ein breites Publikum an. Aber trotzdem, ten in die Kurzarbeit schicken muss. wenn du das erste Mal auf so einer JOSUA: Ja irgendwie gibt es grad eine Oder mein kleiner Laden sich die Miete Demo warst und die Nachrichten dazu Trennlinie, entweder du bist für oder durch die Einbußen der letzten Monate schaust, sollte dir klar sein, mit wem du gegen Coronamaßnahmen. Es ist ver- gar nicht mehr leisten kann. Die kennen da gemeinsam auf einer Demo bist. ständlich, dass Menschen Angst und dann vielleicht auch diese politischen Ohnmachtsgefühle gegenüber dieser Organisationen gar nicht und können MEGGIE: Die Kritik an den Verschwö- Pandemie entwickeln. Sie trauen sich das nicht so einordnen, wie wir das kön- rungstheoretiker*innen, Reichsbürgern dann vielleicht auch nicht die Schutz- nen, die wir uns mehr mit dieser Thema- und Nazis, welche auf den Demos maßnahmen in Frage zu stellen, da tik auseinandersetzen. Außerdem gab rumlaufen, ist notwendig. Und auch sie ihnen eine Art von Sicherheit bie- es in den letzten Monaten auch keinen die Demo als solches bzw. ihre Teil- ten. Gleichzeitig blockiert auch Über- Raum, um Kritik an den Coronamaßnah- nehmer*innen müssen sich ganz klar moralisierung eine offene Debatte. men loszuwerden, der außerhalb dieser der kritischen Frage stellen, wieso sich Das erschwert auch eine notwendige Demos stattgefunden hat. nicht schärfer gegen solche Strömun- und grundsätzliche Staatskritik, weil gen abgegrenzt wird und Seite an Seite mensch sofort in eine Schubladen ge- LEO: Diese Leute sind ja aber eigent- demonstiert wird. steckt wird. lich ziemlich gut situiert, sie kommen Allerdings darf die Kritik über die Zu- Also ich finde es auch total wichtig, eine aus dem Mittelstand und plötzlich tut sammensetzung der Demo nicht ver- Kritik an den Coronamaßnahmen aus an- sich eine ganz andere Perspektive für gessen werden. Es wurden ja wichtige tiautöritärer Perspektive zu formulieren. sie auf, dass sie Privilegienverlust und inhaltlichen Punkte formuliert auf die Prekarität entgegensehen. Und Polizei- wir eingehen könnten. gewalt erfahren sie auch. Dadurch ver- ändert sich schlagartig ihr bisheriges Bild und sie bekommen einen Einblick
Staat und Kapitalismus in der Pandemie Im Frühjahr 2020 gab es einen großen in unserer globalisierten Welt bereits Einschnitt für unsere Gesellschaft. Es viele Pandemien gibt. Aber Dinge, die war kein historisch-politisches Ereig- für den Staat gerade nicht relevant sind, nis, sondern eine Pandemie. COVID-19 haben keine Priorität. Damit können führt zu einer der größten Krisen un- Politiker*innen eben nicht gut punkten. serer globalisierten Welt, die auch in Nun ist die Sache aber akut und es ist Deutschland direkt spürbar wird. Diese ihr Job, politische Entscheidungen zu verstärkt die Missstände und Fehlfunk- treffen. Während es in den letzten zwei- tionen der weltweit agierenden Wirt- hundert Jahren eine Entwicklung zu schaftssysteme und beeinflusst unser mehr Partizipation in politischen Ent- Leben, wie wir es bisher kannten, mas- scheidungsprozessen kam, beobach- siv: Tausende Todesfälle, Veränderun- ten wir in der Pandemie genau das Ge- gen zwischenmenschlicher Beziehun- genteil. Einige wenige Politiker*innen gen, Digitalisierung unseres Lebens, entscheiden bis in unser tiefstes Privat- Bewältigung der Krise nicht, viel mehr In der Debatte erhält der Staat trotzdem Zunahme von Überwachung und Kon- leben hinein, was wir zu tun und zu las- sind es die lebensnahen Tätigkeiten, viel Zuspruch für die freiheitsbeschnei- 10 trolle, existenzielle Zunahme sozialer sen haben. Zum Beispiel, mit wie vielen wie zum Beispiel die der Pfleger*in- denden Maßnahmen. Die Akzeptanz 11 Ungleichheit usw. Menschen wir uns treffen dürfen und in nen. Denn die Interessen, die der Staat autoritärem Handelns schließt auch Global gesehen haben Menschen be- welcher Beziehung wir zu ihnen stehen. hier verfolgt, sind nicht unbedingt an mit ein, dass Menschen eine klare An- gonnen, sich selbst zu organisieren, um Es ist zweitrangig, dass die Kompetenz den Menschen orientiert. Neben den sage haben wollen. Und unser Leben ist gesundheitlichen und sozialen Proble- dafür fehlt. Sie navigieren sich durch politischen Prinzipien, funktioniert der stark geprägt von autoritären Struktu- men kollektiv zu begegnen. Vor allem in Unwissenheit, aber mit entschlosse- Staat auch nach den Regeln des kapita- ren, gegen die es schwer ist anzukämp- den Ländern, wo sich der Staat zurück- nem Auftreten. Sie wollen schliesslich listischen Marktes. Und die Marktwirt- fen, wie wir aktuell sehen. zieht und die Pandemie leugnet oder wiedergewählt oder Kanzlerkandidat*in schaft muss laufen. Der Markt muss verharmlost. werden. Da sie die Möglichkeit haben, geschützt werden. Die Produktion geht Aber diese Pandemie hat einmal mehr Deutschland ist ein sogenannter So- Maßnahmen zu beschließen, tun sie das weiter. Obwohl mehr Autos für die Ge- gezeigt, dass wir uns auf den Staat zialstaat. Die meisten sozialen Hilfs- auch, selbst wenn sie damit falsche Ent- sellschaft nicht wichtig sind, hat deren nicht verlassen können. leistungen werden durch Initiativen und scheidungen für alle treffen. Der Staat Produktion Priorität vor den Menschen. Hin und her gerissen zwischen dem Organisationen, die staatlich finanziert unterbindet damit lokale individuelle Widerspruch, die Gesundheit unserer werden oder durch kirchliche Träger or- Lösungen. Und je stärker der Staat ist, Arbeiten ist also in Ordnung, egal ob zu Mitmenschen zu schützen und unserer ganisiert. Es gibt kaum Selbstorganisa- umso schwächer ist die Gesellschaft. Hause oder in der Fabrik. Freizeit, Re- Skepsis vor repressiver Politik dürfen tion und Vertrauen in der eigenen Nach- Eine schwache Gesellschaft ermöglicht generation, Kunst und Kultur hingegen wir nicht handlungsunfähig sein. Wir barschaft. Die Menschen erwarten, dem Staat seinen Einfluss und seine nicht. Was wir momentan tun dürfen, müssen unsere Kritik klar benennen dass der Staat den Ausnahmezustand Reglementierung aller Lebensbereiche ist arbeiten und konsumieren - die sys- und Möglichkeiten finden, in der Krise managed und Probleme löst. Aber der zu vertiefen und dafür nutzt er genau temrelevanten Tätigkeiten im Kapitalis- mehr Menschen dafür zu gewinnen die- Staat ist generell für große Krisen, wie solche Momente, wie die aktuelle Krise. mus. Die einen folgen den staatlichen se Gesellschaft anders zu organisieren. eine Pandemie oder die Klimakrise, Es werden zum Beispiel Gesetze ver- Maßnahmen, um möglichst wenige nicht geeignet, denn zentrale Macht- schärft oder Überwachung und Kontrol- Personen anzustecken, in der Hoffnung Wie wollen wir zukünftig arbeiten, woh- strukturen ermöglichen keine sinnvolle le ausgebaut durch eine Zunahme der es ist bald vorbei, wenn wir nur diszipli- nen und unsere Gesundheit organisie- Intervention im Detail. Trotzdem wer- Digitalisierung. niert sind. Der Rest fährt immer noch ren? Dafür gibt es viele gute Projekte den Entscheidungen getroffen, die Aus- im öffentlichen Verkehr jeden Tag zur und Ansätze, wir müssen sie jetzt sicht- wirkungen auf uns alle haben. Die Autorität, welche von Politiker*in- Arbeit. Soziale Kontakte werden also bar machen und uns jetzt gemeinsam Der Staat war in Deutschland auf die nen als gewählte Repräsentant*innen dort nicht eingeschränkt, wo der Staat organisieren! Pandemie nicht vorbereitet. Obwohl es ausgeht, hilft aber in der tatsächlichen es braucht.
Seit Monaten ist die Regierung und die Pharmaindustrie u.a. durch die Erforschung eines Impfstoffes bestrebt die Symptome der Covid 19 - Pandemie einzudämmen und zu bekämpfen. Was unbeachtet und vernachlässigt bleibt, ist die eigentliche Ursa- che, die diese Pandemie erst ermöglicht hat. Unser gesellschaftliches Mensch-Tier- Verhältnis bleibt unangetastet und die Bestrebung dies grundlegend ändern zu müs- sen, wird konsequent ignoriert und als nicht umsetzbar abgetan. Aus diesen Gründen ist es uns ein Anliegen folgenden Textauszug in unserem Zine zu veröffentlichen: Zoonosen wenn krankheiten speziesgrenzen überschreiten von Ina Schmitt (gekürzte Version) Zoonosen sind Infektionskrankheiten, wurden also von nichtmenschlichen welche wechselseitig über Spezies- Tieren auf Menschen übertragen. Mit grenzen hinweg übertragen werden. mehr als 70 Prozent stammt die Mehr- 12 […] Zu den ältesten der mehr als 200 heit dieser Zoonosen von sogenannten 13 bekannten Zoonose-Krankheiten zäh- Wildtieren. Wie die Studie ebenfalls len unter anderem Tuberkulose, Toll- zeigt, nahm die Anzahl der Infektions- wut, Pest, Cholera und Influenza sowie krankheiten über die Jahrzehnte stetig zahlreiche lebensmittelbedingte In- und deutlich zu und erreichte ihren Hö- (Regen-)Wäldern verteilen sich die in ih- bei Immungenen und der Abwehr von fektionskrankheiten wie Salmonellose hepunkt in den 1980er Jahren. [...] nen lebenden Tiere und die Individuen Erregern eine besonders wichtige Rolle und Listeriose. Hinzu kommen viele Basierend auf den Daten des Netz- begegnen sich nur selten. Krankheits- spielen. Aufgrund intensiver Landnut- neu auftretende Krankheiten wie Ebola, werkes Global Infectious Disease and ausbrüche werden schnell begrenzt, zung, (Regen-)Waldzerstörung und Kli- SARS, MERS und verschiedene antibio- Epidemiology (GIDEON) untersuchten da infizierte Tiere nur wenige andere maveränderungen, werden natürliche tika(multi)resistente Erreger. […] Wissenschaftler*innen der US-ame- Tiere anstecken können. Die Krank- Lebensräume außerdem immer kleiner. Insbesondere aufgrund zunehmender rikanischen Brown University mehr als heitsausbreitung wird somit rasch wie- Tiere teilen sich die verbliebenen Ge- Umweltzerstörung, Klimaveränderun- 12.000 Ausbrüche von 215 Infektions- der gestoppt. Anders verhält es sich biete und müssen immer enger zusam- gen und der intensiven Ausbeutung krankheiten, die in den Jahren von 1980 in gestörten Lebensräumen. Sterben menrücken. Auch dringen Menschen von Tieren und Natur sind Zoonosen bis 2013 in 219 Ländern auftraten und bestimmte Tierarten aus und die Arten- mit ihren „Nutztieren“ tiefer in Lebens- weltweit von wachsender Bedeutung. rund 44 Millionen Menschen betrafen. vielfalt nimmt ab, besetzen die über- räume vor. Die unmittelbare Nähe von Eine im Jahr 2008 in der Fachzeit- [2] Die Ergebnisse belegen eine Verdrei- lebenden und anpassungsfähigeren Menschen, „Nutz-“ und „Wildtieren“ er- schrift Nature veröffentlichte Studie [1] fachung der Ausbrüche von Infektions- Tierarten den gesamten Lebensraum. höht das Infektionsrisiko zusätzlich. untersuchte den Ursprung von 335 In- krankheiten seit den frühen 1980er Die „Populationsdichte“ nimmt zu. Das Auch auf (Wild-) Tiermärkten kommen fektionskrankheiten, welche zwischen Jahren. […] Infektionsrisiko steigt. Und mit ihm viele Tiere unterschiedlicher Spezies den Jahren 1940 und 2004 identifiziert Dass sich (zoonotische) Infektions- nimmt auch die Wahrscheinlichkeit von auf engstem Raum zusammen, die wurden. 202 der sogenannten neu auf- krankheiten häufen, ist ein Debakel mit Mutationen zu, welche letztlich auch sich ansonsten gar nicht begegnen tretenden Infektionskrankheiten (Emer- Ansage. Denn ihre Entstehung ist ein die Artenbarriere durchbrechen könn- würden. So erhöhen diese Märkte wie ging Infectious Diseases, kurz: EIDs) Zusammenspiel der Zerstörung von ten. Gleichzeitig verlieren Tierarten, auch der Verkauf von „Buschfleisch“ die haben demnach einen zoonotischen natürlichen Lebensräumen und der deren Individuenzahl abnimmt, ihre ge- Wahrscheinlichkeit der ansonsten be- Ursprung. Rund 60 Prozent der Erreger Abnahme der Artenvielfalt. In intakten netische Vielfalt, welche insbesondere schränkten Entwicklung neuer Viren. […]
Wenn viele Individuen auf engem Raum sogenannte Spanische Grippe [4] begann [1] www.nature.com/articles/nature06536.pdf zusammenkommen, steigt das Risiko im März 1918, gut ein halbes Jahr vor du möchtest [2] doi.org/10.1098/rsif.2014.0950 von Infektionskrankheiten. […] Für einen Ende des Ersten Weltkriegs, im US-Bun- [3] bestmöglichen Schutz vor Infektions- desstaat Kansas als gewöhnliche Grippe de.statista.com/statistik/daten/stu- die/1101352/umfrage/fallzahl-und-todesop-fer- dich weiter krankheiten ist genetische Vielfalt von und verlief zunächst harmlos mit Hus- ausgewaehlter-virusausbrueche-weltweit mit dem thema tierbefreiung [4] www1.wdr.de/stichtag/stichtag7314.html großer Bedeutung. In der Tierindustrie ten und Fieber, wenige Infizierte starben. [5] beschäftigen? de.statista.com/statistik/daten/studie/28944/ beschränkt sich die Zucht jedoch meist Ehe es zu einer zweiten Infektionswelle umfrage/anzahl-der-todesfaelle-durch-grippe- auf einen sehr kleinen Genpool, was die im Herbst 1918 kam, mutierte das Virus pandemien betroffenen Tiere zusätzlich anfälliger erneut. Das hochinfektiöse Virus wurde [6] de.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg macht für Infektionskrankheiten. Wel- aber nicht schwächer, wie es meist der [7] Siehe hierzu auch: Bündnis für gesellschaftliche tierbefreiung dresden ches Potential die Tierindustrie für die Fall ist, sondern tödlicher. An der Spa- Tierbefreiung: Hintergrundtext 1 – Keine Tierver- tierbefreiung-dresden.org suche für die Bekämpfung von COVID-19 www. tierbefreiung_dd@riseup.net Entstehung neuer Infektionskrankhei- nischen Grippe starben in den Jahren tierbefreier.org/tierversuche-covid-19 ten hat, zeigte sich bereits deutlich in 1918 bis 1920 Schätzungen zufolge 50 Radiobeitrag: der Vergangenheit. So sind insbesonde- Millionen Menschen. [5] Andere Schätzun- and.notraces.net/2020/11/15/ Auszüge aus dem originalen Text “Zoo- system-fleischindustrie- re Schweine, aber auch „Geflügel“ und gen gehen sogar von bis zu 100 Millionen nosen. Wenn Krankheiten Speziesgren- novemberausgabe-des- Rinder, von wesentlicher Bedeutung bei Toten aus. Die Spanische Grippe tötete zen überschreiten” von Ina Schmitt. anarchistischen-horfunk-dresden/ der Entstehung neuer Viren in der Tier- damit mehr Menschen, als der Erste Welt- Veröffentlicht in der Zeitschrift “Tierbe- industrie – und das nicht nur in der so- krieg (17 Millionen). [6] […] freiung”, Heft 108. www.tierbefreiung. genannten Massen- oder, beschönigen- Während in Gesellschaft und Politik viel de/tierbefreiung-108 14 der ausgedrückt, Intensivtierhaltung. für den Erhalt von Unternehmen, Konzern 15 Schweine sind eben, wie auch andere und ganzen Wirtschaftszweigen unter- Tiere, nicht nur Ware, sondern Lebewe- nommen wird, leiden unter Epidemien sen. Schweine können sich sowohl mit und Pandemien insbesondere diejenigen, Vogelgrippe, als auch menschlichen In- die ohnehin ganz unten in der Gesell- fluenzaviren infizieren. […] schaft stehen. Besonders betroffen sind Was das letztlich bedeuten kann und wel- Menschen, die sich auf der Flucht befin- ches Potenzial zur Entstehung neuer (hu- den, in Lager und Knäste gesperrt werden, manpathogener) Viren die Tierindustrie die Hunger leiden oder keinen Zugang zu tatsächlich hat, zeigt sich beispielhaft am medizinischer Versorgung und Hygiene- Influenzavirus A/H1N1/2009, umgangs- möglichkeiten erhalten. Ebenso leiden sprachlich auch als „Schweinegrippe“ be- und sterben unzählige nichtmenschliche zeichnet. Dem hochansteckenden Virus Individuen in Tierversuchen für die Grund- gelang es im Frühjahr 2009 von Schwei- lagenforschung und Impfstoffentwick- nen auf Menschen überzuspringen und lung. [7] […] sich binnen weniger als zwei Jahren aus- Sowohl die direkten als auch indirekten gehend von Mexiko über die USA und Folgen von Epidemien beziehungsweise letztlich die ganze Welt auszubreiten. Pandemien sind derart weitreichend, dass Weltweit starben in der Folge mehr als sie mit einem einfachen Blick kaum zu 280.000 Menschen an der Schweinegrip- überschauen sind. Zweifelsfrei ist, solan- pe [3]. ge sich politisch wie gesellschaftlich nicht Bereits vor gut 100 Jahren schaffte es grundlegend etwas ändert, werden auch schon einmal ein Influenzavirus, eben- in Zukunft bekannte wie neue Infektions- falls vom Subtyp A/H1N1, den Weg aus krankheiten viel Leid mit sich bringen. dem Schweinestall zum Menschen: Die
Gesundheitswirtschaft Unser vergleichsweise fortschrittli- zielle Unsicherheiten, Leistungsdruck, ches Gesundheitssystem organisiert vernachlässigendes Gesundheitsver- sich nach 4 Prinzipien: Versicherungs- halten, ständige Diskriminierung nach pflicht, Beitragsfinanzierung, Solidari- gesellschaftlichem Status seien hier tätsprinzip, Selbstverwaltungsprinzip. als Beispiele genannt, die den Men- Schauen wir uns diese Prinzipien in schen in einer ständigen Stresssitua- ihrer Ausgestaltung genauer an, wird tion halten. Und Stress beeinträchtigt die Fortschrittlichkeit jedoch schnell die Gesundheit enorm. fragwürdig. Während der derzeitigen Corona-Pan- In unserer neoliberalen Gesellschaft ist demie kommt unserem Gesundheits- der Marktdruck und die Sortierung von system erhöhte Aufmerksamkeit zu. Menschen in Klassen natürlich auch in Wir können ja so toll klatschen... der Gesundheitsversorgung angekom- In der Diskussion wird vor allem die Si- men. Dem Aspekt der Wirtschaftlich- tuation in den Krankenhäusern immer keit folgend, gibt es verschiedene Versi- wieder erwähnt und vor einer mögli- 16 cherungsarten (gesetzlich oder privat). chen Überlastung gewarnt. Dabei ver- 17 Sie beeinflussen, wie viel Geld Ärzt*in- gessen wird, dass unsere seit 2003 nen für eine geleistete Maßnahme über Fallpauschalen stattfindende erhalten, ob und wie schnell Termine Krankenhausfinanzierung genau zu die- vergeben werden, welche Maßnahmen ser Überlastungsgefahr beiträgt. ausgewählt werden und ob das Per- Dieses Finanzierungsmodell gibt jeder sonal Zeit hat, auf die Bedürfnisse der Erkrankung einen fixen Preis und bringt Patienten*innen einzugehen oder nicht. eine Gewinnmaximierung mit sich, für Weiterhin werden bestimmte Personen- jene, die möglichst schnell und mit den können. Risiko für das Krankenhaus mit sich, da gruppen ausgeschlossen, wenn sie der geringstem Aufwand Patienten*innen Daher sollte eigentlich der Begriff Ge- unklar ist, wann und wie viele Corona- Versicherungspflicht nicht nachkom- behandeln. Die Erlöse aus Patient*in- sundheitsversorgung mit Gesundheits- fälle eintreffen um damit Geld zu erwirt- men (z. B. wohnungslose Menschen). nenfällen werden zur Finanzierung der wirtschaft ersetzt werden. Das wäre schaften und die Erlösausfälle wieder Solidarität kommt nach dem oben ge- gesamten Krankenhausinfrastruktur wenigstens ehrlicher. auszugleichen. Der Anreiz daher, keine nannten Prinzip eben nur jenen zu, die genutzt, was zur Selektion von Patien- Schlussendlich führten die genann- Coronafälle aufzunehmen, um Gewinn- dafür bezahlen. ten*innen führt, nach denen wo die ten Prozesse zu Rationalisierung und einbußen zu verhindern, ist neben den Die Finanzierung von Maßnahmen rich- Bilanz stimmt und sich „lohnt“. Außer- einem Abbau von Überkapazitäten, da fehlenden „Vorratsbetten“ ein echtes tet sich nicht selten nach Marktanrei- dem wird Versorgung vereinfacht oder diese ohne Krise nicht nutzbar und da- Problem. Es entsteht Wettbewerb in der zen (siehe Homöopathie) und lässt prä- ganze Stationen abgebaut, weil sie kei- her nicht gewinnbringend waren. Und Versorgung von erkrankten Menschen. ventive und partizipative Maßnahmen ne Vorteile bringen. genau diese Überkapazitäten wären Außerdem entsteht auch eine politi- unterfinanziert, schlecht koordiniert Die seitdem fortschreitende Ökonomi- in einer Pandemie-Situation ja jetzt ir- sche Hierarchisierung von Erkrankun- oder schlecht zugänglich. sierung und Kommerzialisierung der gendwie nützlich... gen nach Wichtigkeit und Dringlichkeit. In unserer Gesellschaft stellt der Neo- Krankenhäuser nimmt so absurde Züge In der jetzigen Situation müssen Kran- COVID-19 Erkrankungen erhalten vor liberalismus per se ein ständig latentes an, dass inzwischen Wirtschaftsbera- kenhäuser Kapazitäten wieder frei ma- anderen, vermeintlich weniger dringli- Gesundheitsrisiko dar. ter*innen prüfen, ob Vorgänge nicht mit chen und planbare Eingriffe verschie- chen Erkrankungen, Vorrang. Das hohe Schlechte Arbeitsbedingungen, finan- noch weniger Personal bewältigt wer- ben. Dies bringt ein wirtschaftliches Risiko einer COVID-19 Erkrankung soll
#5und5 Forderungen hier nicht herunter gespielt werden, aber es darf nicht dazu führen, dass du möchtest dich Menschen mit ihrem Leid und ihrer weiter mit dem Krankheit in die Waagschale geworfen und gegeneinander ausgespielt wer- thema gesundheit beschäftigen? für mehr Solidarität gegen Corona den. Nicht mitgedacht werden neben anderen Erkrankungen z.B. die hohen Zahlen an Depressionen, die durch Iso- lation und Einsamkeit verstärkt werden gesundheitskollektiv dresden und die im Falle schwerer Ausprägung facebook.com/gekodd „Nicht auf unseren Schultern“ (NAUS) Bereits im Frühjahr wurden die 5und5 auch lebensbedrohlich sein können. ist eine antikapitalistische Kampagne Forderungen für mehr Solidarität gegen Die gesundheitlichen Folgen, die aus kritmed dresden aus Dresden. Corona ausgearbeitet. Die aktuelle Ver- dieser Politik folgen werden, sind mo- www.dresden.kritmed.de sion findet ihr auf der Kampagnenseite mentan noch nicht abschätzbar. Unser Ziel ist es, solidarische Antwor- von NAUS. bündnis für pflege dresden ten auf die Probleme und Herausfor- facebook.com/B%C3%BCndnis-f%C3%BCr- derungen, die die “Corona-Krise” mit Schaut gerne vorbei, bringt euch ein! Weiterhin führte das Wirtschaftlich- Pflege-Dresden-304413482911043 keitsprinzip der letzten Jahre zu vor- sich bringt, zu finden. Hierfür möchten handenem Personalmangel in vielen wir eine Plattform für verschiedene Bereichen und schlechter Ausstattung. Akteur*innen schaffen, um sich auszu- 18 Die hohe Belastung des Personals bei tauschen und gegenseitig bei der Um- sofort 19 schlechter Bezahlung und eigenem setzung ihrerer Forderungen und Ziele 1. Ein sicheres Zuhause für alle! extrem hohen Erkrankungsrisiko führt zu unterstützen. 2. Informationen für alle! dazu, dass vor allem in der Pflege aku- 3. Nachbarschaften stärken! ter Mangel herrscht. Die seit einigen Wir vernetzen uns in den Themenfel- 4. Unterstützung für alle, die sie brauchen! Jahren stattfindenden Schließungen dern „Lohnarbeit“, „Bildung“, „Infrastruk- 5. Dresden hat Platz! von Krankenhäusern werden auch 2020 tur & Gesundheit“, „sicheres Wohnen für während der Pandemie weiter diskutiert alle“ und „Kunst und Kultur“. und durchgeführt. Die gleichzeitigen Dabei ist es uns besonders wichtig, eine und gleich! Warnungen wegen fehlenden Plätzen Perspektive einzunehmen, die sich klar 1. Grundrechte für alle! für COVID-19 Patient*innen führt die gegen Antisemitismus, Rassismus, Se- 2. Selbstverwaltete Nachbarschaften! Debatte vollkommen ad absurdum.* xismus und andere Diskriminierungs- 3. Menschen vor Profite! Das Klatschen und Lobpreisen wäh- formen stellt. Weiterhin möchten wir 4. #WirHabenPlatz! rend der letzten Monate, verursacht vor bei unseren Forderungen & Positionen 5. Flächendeckende Infrastruktur! diesem Hintergrund Übelkeit. ökologisch & klimafreundlich agieren und uns klar gegen das Erstarken au- Gesundheitsversorgung darf nicht Markt- toritärer Züge der Gesellschaft stellen. anreizen folgen (müssen)!! Wir wollen gemeinsam eine Alternative du möchtest zu Ausbeutung, Verwertung und Unter- dich weiter * vgl. www.aerzteblatt.de/archiv/170954/Krankenhaus- drückung aufbauen. mit dem thema reform-Welche-Haeuser-muessen-schliessen Lasst uns gemeinsam Solidarität leben beschäftigen? und nicht die Ellebogen im Verteilungs- www.aerzteblatt.de/nachrichten/116857/Diskuss- kampf ausfahren. naus dresden ion-um-Krankenhausschliessungen-wird-lauter www.naus-dresden.org kontakt@naus-dresden.org wsws.org/de/articles/2020/04/01/kran-a01.html
Corona und elterliche (Für)sorge Ich trage allein die Verantwortung für manden der Corona hat. Ich solle kri- mein Kind. Im realen Leben. Auf dem tischer denken und nicht den Medien Papier hat der Erzeuger Mitsprache- glauben… Die Kinder müssen Mund- recht. Im realen Leben kümmere ich schutz tragen - so ein Quatsch. Er wolle mich um jedes Detail selbst. Und jetzt mit ihr und den Nachbarskindern auf auch noch Corona... den Spielplatz. Die Kinder sind beunruhigt und ich habe -Es ist schwierig zur Zeit so viele Kon- oft keine Antworten. Durchhalten, Ab- takte zu haben, auch für Kinder. stand halten, aushalten… Hoffentlich -Er lasse sich nichts vorschreiben, we- kommt die Kleine nicht in Quarantäne. der von mir noch von der Merkel. … Dann kann ich meinen Job vergessen, Am Ende konnte ich den Schutz meines ich bin noch in der Probezeit. Kindes wahren. Ich „freue“ mich schon Der Vater meldet sich nach 3 Monaten auf die Impfdiskussion… 20 mal wieder (angedacht waren mal alle 21 14 Tage): Wie läuft das eigentlich bei Familien, in -Warum sie ihn nicht besuchen kann in denen beide Eltern Corona-Leugner*in- Berlin…? nen und/oder Verschwörungstheoreti- -Weil ich weiß, dass er Corona nicht ker*innen sind? Wie geschützt sind die ernst nimmt und ich sie nicht während Kinder von Menschen, die alles für ei- einer Pandemie in ein Risikogebiet nen Plan von Bill Gates halten? Werden schicke. sie davor gewarnt, sich von Menschen -So ein Quatsch, Corona sei weniger mit Masken fernzuhalten, weil das schlimm als Grippe. Er hat ein Recht, Spinner sind? Oder werden sie gewarnt, sein Kind zu sehen. dass es Eliten gibt, die ihr Blut trinken (und ist auch nicht gewollt?) Überall Sehen sie in ihrer Wut noch, dass da -Warum er das dann nicht außerhalb wollen? wird Anpassung gelehrt und Kinder ler- Kinder sind, die verunsichert sind, für der kritischen Phasen wahrgenommen Welche Ängste müssen da entstehen… nen selten selbstständiges Denken und deren Gesundheit sie ebenfalls Verant- hat? Und in den 5 Jahren als wir noch Oder: wie sieht die Gesundheitsfürsor- sich (ver)wehren. wortung tragen und die keine Stimme in der Nachbarschaft wohnten? Und ge bei diesen Kindern aus? In dieser Corona-Zeit und den zunehmen- haben? Was passiert mit uns in einer er kann sie gern in Dresden besuchen Es ist kein neues Thema, wie wenig den gesellschaftlichen Konflikten gewinnt Gesellschaft, in der keine vernünftigen oder mit ihr aus Berlin rausfahren zur selbstbestimmt Menschen unter 18 das Thema jedoch an Komplexität... und kritischen Debatten mehr geführt Familie aufs Land. Jahren sind und wie sehr sie den Vor- Ich sehe die tausenden Menschen werden, sondern nur noch geschrien -…Weil er halt keine Zeit hatte. Außer- stellungen und Glaubenssätzen ihrer auf dem Bildschirm, die laute Parolen wird? In der jede*r glaubt „die Wahrheit“ dem wollte ich ja nach Dresden ziehen. Eltern ausgeliefert sind. Immer schon schreien, die mit sinnvoller und sehr zu kennen und sie unhinterfragt an jun- Warum sollte er den Weg auf sich neh- ist das komplex. dringend notwendiger Kritik nichts ge Menschen weitergeben zu müssen? men… Jetzt wolle er sie halt sehen. Nur Schule schafft nur Erziehung und Bildung mehr zu tun haben. Und ich denke: Hil- Und was passiert mit jenen Menschen, ich blockiere seine Bemühungen. im Schema XY. Kritisches Denken, ver- fe, wie bekommen wir das wieder ein- die aufgrund ihres Alters von vornher- -Corona ist der Grund, sage ich. schiedene Perspektiven und Mut zum gefangen? Und wie muss es bei den ein kein Recht haben, an solchen De- -Corona ist eine Ausrede. Er kennt nie- anders-sein wird hier kaum vermittelt Menschen zu Hause gerade laufen? batten teilzunehmen…?
du möchtest dich erfahrungsberichte Systemrelevanz? weiter mit dem Im Zusammenhang mit den Maßnah- beit zählen, ausgeklammert und daher thema elterliche Persönliche Gedanken von men zur Pandemieeindämmung wird bzgl. Schutz sich selbst überlassen: Eh- fürsorge Menschen, die am Zine wiederholt der Begriff „systemrelevante renamtliche Arbeit, die Versorgung der beschäftigen? beteiligt waren: Berufe“ genutzt. Dieser diskriminieren- Kinder, politische freiwillige Tätigkeiten, de Begriff sortiert Berufsgruppen und nachbarschaftliche Hilfe sind nur einige alternatives infolge also Menschen nach Relevanz Bereiche, die hier nicht mitgedacht wer- elternnetzwerk dresden „Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstel- len könnte die Patenschaft für 2 kleine innerhalb der Gesellschaft. Er gibt jenen den und die unsere Gesellschaft stützen. aendd@riseup.net Kinder zu übernehmen und solle doch eine höhere Wichtigkeit, die über ihre Andere Berufsgruppen, die nicht „sys- Das Netzwerk organisiert: mal ernsthaft darüber nachdenken. Auf- Lohnarbeit das Staatssystem und seine temrelevant“ sind und auch nicht mit grund der Covid-19 Pandemie machen Organe stützen und die wirtschaftliche Homeoffice die Zeit überbrücken kön- Kinder_Kleidung_Austausch: sich die Eltern Sorgen, was mit ihren Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Weiter- nen oder für die Homeoffice nicht Umsonstflohmarkt für Kinderkleidung- und hin werden Berufe als relevant erachtet, möglich ist (für viele alleinerziehende zubehör Kindern geschehen könnte, wenn sie er- facebook.com/kinderkleidungaustausch kranken und sterben sollten.“ die direkt der Pandemieeindämmung Elternteile mit Kitakind ist der Begriff und Versorgung dienen. Allerdings Homeoffice ein reiner Hohn), sind zum Kinder Küfa Dresden: monatliche Küfa mit gilt die „Relevanz“ nur für die Pande- Großteil sich selbst überlassen. politischem Input rund um´s Thema Kind, „Ich sehe Parallelen zur Situation in un- Teilnahme mit Kindern erwünscht serer Schule - dort gibt es wahrschein- miezeit, wie mensch unschwer an der Es wurden einige Betriebe finanziell un- 22 facebook.com/kinderkuefadresden lich Läuseleugner*innen... Vielleicht fehlenden Wertschätzung in Form von terstützt (vor allem der „sehr wichtige“ 23 kommt eine Badekappenpflicht.“ schlechter Bezahlung und Ausbeutung Bereich Autoindustrie ;) ). Glitzerkiste Dresden: mobile Bilbliothek erkennen kann. Diese, inzwischen in Die vielen Arbeiter*innen, die zum Bei- für Einrichtungen mit emanzipatorischen, gesellschaftskritischen und Diversität verschiedenen Gesetzen definierten[1], spiel über Zeitarbeitsfirmen oder auf zeigenden Kinder- und Jugendbüchern. „systemrelevanten“ Bereiche werden in Honorarbasis angestellt sind, die in der facebook.com/GlitzerkisteDresden der Konsequenz von der Isolationsnot- Gastronomie oder im Kulturbereich ar- wendigkeit ausgenommen. beiten usw., müssen hingegen um ihre Innerhalb dieser Berufsgruppen kommt Existenz bangen. es ebenfalls zu einer Sortierung. Ge- Wir sehen also eine klare Klassenver- sundheitsrisiken sind ungleich ver- teilung: die einen, die finanzielle Unter- teilt. Menschen in Führungspositionen stützung bekommen und/oder ihre (oft können häufiger Homeoffice erledigen, Leitungs-)aufgaben im sicheren Ho- sind seltener mit anderen Menschen meoffice erledigen können. Und auf der und damit Infektionsrisiken konfrontiert anderen Seite Menschen, die sich jeden und besitzen mehr Möglichkeiten, um Tag dem Infektionsrisiko aussetzen um Schutzmaßnahmen einzuhalten oder mit ihrer Arbeitskraft das System zu Verdienstausfälle auszugleichen. Das erhalten oder im Falle fehlender „Sys- Hauptrisiko tragen somit also (prekäre) temrelevanz“ nicht wissen, wie sie ihre Arbeiter*innen und natürlich Menschen, Miete zahlen sollen. Nicht zu vergessen die wirklich Menschenleben direkt er- sind jene, die von vornherein schon zu halten oder sich durch Ehrenamtsarbeit den Vergessenen gehören, wie Geflüch- freiwillig dem Risiko aussetzen (Pflege, tete, Erkrankte oder Menschen mit Be- Reinigungskräfte, Verkauf...). hinderung, Rentenaufstocker*innen.... Außerdem werden mit dem Begriff offi- Ein weiterer interessanter Aspekt ist, ziell alle Arbeiten, die nicht zur Lohnar- was im Rahmen dieser Diskussion als
Coromania ...ist eine Radioserie vom Anarchisti- mit dieser Frage mal einsteigen. Wie schen Hörfunk aus Dresden zur Pan- blickst du den auf das letzte halbe Jahr demie. Wir wollten unterschiedliche so aus beruflicher Perspektive zurück? Perspektiven auf die Coronakrise sicht- Was hat sich denn für dich, aber auch bar machen und haben in Interviews die Menschen, die auf die Pflege ange- nach den Erfahrungen verschiedenster wiesen sind verändert? Akteur*innen gefragt. Wir haben mit Aktivist*innen gegen die Fleischindust- KATRIN: Ja, das letzte halbe Jahr war rie gesprochen, Kinder danach gefragt, natürlich wirklich ganz schön holter- wie sie Corona finden, Eindrücke des diepolter, war ja erstmal ‘ne ziemliche Sächsischen Flüchtlingsrats und der Panik in Sachen Corona. Und keiner Abschiebehaftkontaktgruppe gesam- wusste, was jetzt so wirklich gehauen melt und viele weitere Gedanken ein- und gestochen ist. Und ich glaube, dass gefangen. wissen wir immer noch nicht so richtig, was gehauen und gestochen ist. Es Ein Radiointerview wollen wir euch ger- wurden bei uns auf Arbeit mehrere neue 24 ne vorstellen. Beschränkungen gemacht, natürlich. 25 Abgesehen davon, dass wir die ganze NINA: Seit nun fast einem halben Jahr Zeit mit Maske arbeiten. Aber eben setzen wir uns mit Corona auseinan- auch was Besucherregelungen betrifft, der. Immer wieder wurde und wird auf was der Umgang mit Lieferant*innen die vulnerablen Gruppen, also die Men- betrifft, also unter anderem auch Apo- schen, die als Risikogruppe eingestuft theke, die ja nun relativ viel liefert. werden, hingewiesen. Wir müssen die- se besonders schützen. Soziale Ver- NINA: Und inwieweit würdest du sagen, einzelung und der Blick für das eigene hat sich dadurch vielleicht auch das Wohlergehen stehen in unserer Gesell- Verhältnis zwischen dir und den Men- schaft allerdings oft im Vordergrund. schen, mit denen du dich da den gan- relevant für unser Leben markiert wird. reiche menschlichen Zusammenlebens Sich für andere einzusetzen dagegen zen Tag umgibst, verändert? Es findet eine Reduktion der notwendi- auf Funktionsbereiche reduziert, die nicht unbedingt. Eine dieser Gruppen gen Inhalte auf Lernen und (Lohn-)Ar- dem Staats- und Wirtschaftserhalt die- sind ältere Menschen. KATRIN: Naja, ich würde erstmal so beiten statt. Bereiche, die unser Leben nen. Dies zeigt sich auch in der Selbst- Ich spreche heute mit Katrin. Sie arbei- im Groben sagen, erstmal hat sich das lebenswert machen, wie Kunst, Kultur, verständlichkeit, mit der „Systemrele- tet in der Altenpflege. Hallo. Verhältnis von mir oder uns, unseren Sport, Freizeit usw. werden als wenig vanz“ nach einem Jahr Pandemie als Bewohner*innen gegenüber nicht groß- relevant ausgeklammert. Bewertungskategorie bei politischen KATRIN: Hallo. artig verändert. Also wir hatten mehr Maßnahmen herangezogen wird. Hier Stress oder haben mehr Stress, also Zusammenfassend wird in der Pande- wird Macht ausgespielt und gleichzei- NINA: In einem kritischen Artikel zu das ist ganz klar. Und wir versuchen mie besonders deutlich, dass die Krise tig verschleiert. Corona habe ich was gelesen, das so das natürlich nicht auf den Bewoh- des globalen Kapitalismus auf dem ein bisschen sarkastisch darauf hinge- ner*innenrücken auszutragen. Was ein Rücken der Schwächeren ausgetragen [1] vgl. z.B. EnWG, KWG und SGB III wiesen hat, Solidarität bedeutet, nicht bisschen ein Problem ist oder war, ist wird. Arbeiter*innen werden zum Woh- ins Altenheim zu gehen. Und ich würde natürlich, dass wir manchmal nicht wis- le aller ausgebeutet und relevante Be-
sen, wie die Leute reagieren, wenn du Und wenn das nicht mehr ist, dann hat NINA: Ok schade. - beide lachen - Ja NINA: Ich hab auch das Gefühl, dass da mit Maske vor denen stehst. Aber das enorme Auswirkungen. Und die ich finds tatsächlich krass. Weil das tatsächlich der Begriff der Solidarität das hält sich alles ziemlich im Rahmen. merkste sofort. war ja was, was in dieser Hochzeit im eigentlich gerade in so einer Negation Also darüber bin ich sehr erstaunt. Ich Frühjahr so explizit eingefordert wur- funktioniert, dass wir so alles nicht ma- hatte mir da tatsächlich mehr Gedan- NINA: Im Sommer wurde ja, ich würde de und dass es sich jetzt so sang und chen sollen. Wie, wir gehen nicht ins ken darüber gemacht, dass die Bewoh- mal sagen vor allem in Spanien und Ita- klanglos dann doch in Luft auflöst, ist Altersheim, wir haben keine Nähe zu ner*innen da befremdlicher drauf re- lien (hier hat es sich dann doch nicht so ja sehr bezeichnend. Menschen. Also es ist krass, wie der agieren, als das tatsächlich der Fall ist. etabliert) wurde immer so viel applau- Das Wort Solidarität ist ja schon mehr- Begriff gerade sozusagen einfach völlig diert um im Lockdown Solidarität mit mals aufgetaucht, ist ja so ein bisschen neu definiert wird. NINA: Es wurde ja insgesamt dem so so medizinischem Personal, Pflegebe- das Wort des Jahres. Vor allem die ein bisschen entgegengehalten, dass rufen aber auch Supermarktmitarbei- Bundesregierung hat das ja sehr verein- KATRIN: Naja, das ist glaub ich auch gesagt wurde, zum einen wir müssen ter*innen zu bekunden. Ja eigentlich nahmt, um damit alles zu legitimieren, sowas typisches in der kapitalistischen die Leute schützen, deswegen wurden ist uns allen klar, dass davon weder die was gerade legitimiert werden muss. Gesellschaft, dass Begriffe genommen Besuchsbeschränkungen, wie du es ja stressige und schwere Arbeitszeit ver- Was ist deine Perspektive auf diesen werden und dann werden die halt mit auch grad beschrieben hast, verordnet. kürzt wird, noch die Miete bezahlt wer- Begriff? Inhalten von, also mit systemrelevan- Das steht ja nun ein bisschen entgegen den kann. Wie hast du denn diese So- ten Inhalten sozusagen belegt. Also der Selbstbestimmung der Menschen. lidaritätsbekundung wahrgenommen KATRIN: Solidarität, ja das ist wirklich die systemrelevanten Inhalte sind na- War das bei euch auch Diskussion? und wie hat sich denn die Debatte um ein guter Begriff. Also eigentlich ist türlich die, die dem System helfen lo- Habt ihr euch da mit Bewohner*innen Lohnerhöhungen in deinem oder eurem das ein unglaublich schönes Wort. Der gischerweise. Und das wird dann so 26 auch drüber unterhalten? Haben die Gehalt niedergeschlagen? Inhalt, der da steht, ist eigentlich auch verwurschtet und Leuten ins Gehirn 27 sich dazu geäußert? etwas, das unser ganzes Leben tragen gehämmert, bis sie denken, dass es KATRIN: Nun ja, wie soll ich das sagen, sollte. Und Solidarität, ja heißt für mich tatsächlich auch den Begriff beinhaltet KATRIN: Ja, das Problem ist, dass die Applaudierungen waren natürlich ganz klar, mal abgesehen davon, dass und nicht, was es eigentlich wirklich man sich mit den Bewohner*innen, die sehr nett. Aber nett ist bekanntlich die es auch ein Begriff der außerhalb von heißt. Nämlich immer über den Teller- bei uns sind, nicht so richtig unterhal- kleine Schwester von Scheiße. Also es Krisenzeiten steht, heißt für mich ein- rand hinausblicken und nicht nur an ten kann, weil ein Großteil davon doch ist schon ein bisschen lächerlich. Aber fach tatsächlich über den Tellerrand zu mein eigenes Wohl denken. Und ich dement ist. Also da kriegst du keine vielleicht auch einfach wirklich ne ... gucken und nicht nur für meine Nach- meine, uns gehts ja immer gut und das adäquaten Gespräche zusammen. Du ja die Leute wussten vielleicht einfach barin oder Nachbar mal ein Sack Kar- wird natürlich gerne aus den Augen ver- merkst es natürlich an Reaktionen, also nicht, was sie machen sollten. Ich hab toffeln zu holen. Sondern tatsächlich loren. Wir sind ja auch gerne Opfer. das ist ganz klar. Wir haben natürlich keine Ahnung. Jedenfalls musste ich auch an die zu denken und da eventuell untereinander, also im Team viel darü- erst mal lachen darüber. Weil das ist auch Sachen zu tun, denen es wirklich [...] ber diskutiert. Ich hab mir auch selber natürlich blödsinnig. Also unser Beruf richtig scheiße geht. Also denken wir ziemlich viel einen Kopf darüber ge- war schon immer stressig gewesen, an die Geflüchteten in Lagern, egal in NINA: Habt ihr euch als systemrelevant macht, weil eben das, was du ausgangs also auch vor Corona. Den Beruf muss- welchen Lagern, ob nun innerhalb von wahrgenommen? gesagt hast, wegen Solidarität bedeutet te machen wollen, also sonst kriegst Deutschland oder in Europa an den nicht ins Altenheim zu gehen, finde ich du den nicht gut hin. [...] Der Stress ist Außengrenzen oder so. Solidarität KATRIN: Ich fand‘s ja immer lustig. extrem fatal. Also von Anfang an hatte natürlich enorm gewachsen durch Co- heißt auch, nicht zu vergessen, dass es Weil ich immer gedacht habe, das is ja ich das Gefühl, den Preis, den wir dafür rona. Nun ja, was soll ich den sagen - Menschen gibt, denen es 365 Tage im was, was ich noch nie im Leben sein zahlen, für diese ganzen Rücksichtnah- lacht. Jo Lohnerhöhung ist, ja ich weiß Jahr scheiße geht auf Grund von diver- wollte, jedenfalls nicht in diesem Sys- men, der ist so enorm hoch. Also gera- nicht wo das steht, in welchen Sternen, sen Umständen, wie Krieg, Ausbeutung, tem. Nee, aber wirklich nicht. Eigent- de was das Seelische und Psychische aber der ist für uns nicht ersichtlich. Umweltzerstörung ect. pp. und nicht lich war das ziemlich beleidigend alles, betrifft. Das tut extrem weh. Bei alten nur Solidarität halt wenn es mich selber wenn du das mal so nimmst. Das ist Leuten, die eigentlich regelmäßig Be- betrifft. Das finde ich immer ziemlich schon eine ganz schöne Verachtung such haben und so weiter und so fort. zynisch. unseres Berufs, weil wie gesagt, das
ist ein sehr schwerer Beruf, der ist un- glaublich schön, also wenn du den erfahrungsberichte Coronakritiker*innen im persönlichen Umfeld gerne machst, das hängt natürlich da- mit zusammen. Aber jetzt in Form von Persönliche Gedanken von irgendwie, dass du gemerkt hast, dass Menschen, die am Zine das wirklich bei den Menschen draußen beteiligt waren: Seit geraumer Zeit wird das Verhältnis um dort Kritik, welche ich teilweise als ankam, ich will gar nicht von unserem zwischen mir und meinem Vater belas- berechtigt wahrnehme, an den Corona- Arbeitgeber sprechen. Wir leben im Ka- „Ich halte mit meinem Rad an einer Fuß- tet. Ich kann mich noch gut daran erin- Maßnahmen zu üben. Dass bei diesen pitalismus, das sagt eigentlich alles. gängerampel. Es ist rot und ich warte. nern, als er mich im März 2020 anrief Demos aber auch gut vernetzte und Ich sag manchmal immer zu meinen Ich schaue auf den Ampelmast vor mir und mir erzählte, wie gefährlich Coro- stramm organisierte Nazis mitliefen, Kolleg*innen, also die, die immer so ... und will die Sticker lesen. Ich werde auf na, dieses neuartige Virus sein könnte. wollte er jedoch nicht hören. Eine klare also so wie früher in der DDR - lacht - ... einen Zettel aufmerksam. Da steht, dass Nach ersten Schätzungen und nach An- Abgrenzung, deren Notwendigkeit ich wir sind nicht mehr im VEB hier, das ist eine Tochter Hilfe für ihre Mutter sucht. sprache der Bundeskanzlerin, welche jedes Mal anspreche, ist ihm eigentlich ein scheiß Ausbeuter - lacht - du musst Die Tochter lebt selbst nicht in Dresden eine Durchseuchung von 2/3 der Bevöl- nicht zu entlocken. dich hier nicht so ins Zeug legen. Also und ist um ihre Mutter, die aufgrund kerung, also ca. 50 Millionen Menschen Und natürlich kann es sein, dass bei ich meine nicht, dass du deine Arbeit einer Asthmaerkrankung zur Risikogrup- in Deutschland, annahm, hätte das bei einer so großen Demo wie der in Berlin nicht machen sollst, sondern du musst pe gehört, in Sorge. Sie bittet die Nach- einer Sterblichkeit von 0,5 % den Tod mit 40.000 Leuten die Wahrnehmungen nicht noch zusätzliche Dinge machen, barschaft um Hilfe. Gesucht werden von ca. 250.000 Menschen bedeutet. dessen, was dort passiert, komplett die dir eh keiner dankt. Menschen, die für die Mutter einkaufen Es sollte nicht so kommen. Und auch unterschiedlich sein können. Da sich 28 gehen und ab und zu nach ihr sehen. die Meinung meines Vaters sollte sich mein Vater jedoch wenig mit der The- 29 NINA: Willst du noch was zum Schluss Im unteren Teil befinden sich die Maila- im Laufe der ersten Monate schnell in matik und den Codes von Neonazis und sagen, was positives? dresse und Telefonnummer zum Abrei- eine völlig andere Richtung wenden. Verschwörungstheoretiker*innen aus- ßen. Alle Zettel wurden abgerissen und Nach dem Lockdown im Frühjahr und kennt, wage ich zu bezweifeln, dass er KATRIN: Ich liebe meinen Beruf. - beide ich hoffe, dass dem Menschen geholfen während der Sommermonate konnte viele auf den Demos anwesende Nazis lachen - werden konnte.“ ich miterleben, wie er eine immer kri- erkannt hat. Laut seiner Aussage findet tischer werdende Haltung gegenüber in „den Medien“ ein ganz klares Framing „Ich hab meiner ü90 Oma gesagt, dass der Coronapolitik des Bundes und der statt, bei welchem die Proteste eindeu- ich an Weihnachten nicht nach Hause du willst mehr vom fahren werde und sie meinte „Toll! Das Länder einnahm. Ich fand dies nicht verwunderlich, da ich doch selbst tig delegitimiert werden sollen, indem gezielt Bilder von Neonazis gezeigt anarchistischen find ich gut, mir liegt an dem Tag eh zu Beginn der Corona-Krise den Ein- werden. Dass es jedoch problematisch hörfunk aus nichts“. Und dass sie ihre Geschenke schränkungen von Grundrechten und ist, von „den Medien“ zu sprechen und dresden hören? dann aber im Januar wolle.“ der Ausweitung der Befugnisse von dass dies auch häufig eine Argumen- Regierungen und Polizei sehr skeptisch tationsweise ist, welche von Rechten „Wir hatten ein Sozialplenum (Plenum gegenüber stand. dazu benutzt wird, um sich selbst als Sendungen zu unterschiedlichsten Themen wo wir uns über unsere Beziehungen Als ich jedoch erfuhr, dass er sowohl in Opfer darzustellen, findet als Argument findest du unter: austauschen) diese Woche mit unserer Berlin an den beiden großen Demons- bei ihm keinen Anklang. https://and.notraces.net/category/radio/ Hausgruppe. Es gab im Vorhinein sehr trationen der Corona-Kritiker*innen Er berichtet auch von einigen Gegende- ahad-anarchistischer-hoerfunk-aus-dresden viele Bedenken zum Thema Maske oder und Coronaleugner*innen teilnahm, als monstrierenden, „der Antifa“. Einige die- nicht. Am Ende haben wir uns alle ge- auch selbst in meiner Herkunftsstadt ser Leute kennt er selbst, über mich. Ich troffen und uns sehr persönlich ausge- mehrere Demos organisierte, fing ich habe früher mit ihnen abgehangen und tauscht und waren uns seit langem mal mir an Gedanken zu machen. Nicht, weil wir waren an den gleichen Orten unter- wieder sehr nah körperlich und emotio- ich es sonderlich verwerflich gefunden wegs. An den selben Orten, wo vor 25 nal und es tat einfach unglaublich gut.“ hätte, dass er eine Demo organisiert, Jahren auch mein Vater unterwegs war.
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