Jetzt gilt's: Volksbegehren begann am 26. Februar - Von Michael Prütz, Sprecher der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" - DIE LINKE ...

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Ausgabe 03 / 2021 • Information des Bezirksvorstandes und der BVV-Fraktion DIE LINKE Berlin-Mitte | Tiergarten | Wedding

Sonderausgabe zum Thema „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“

Jetzt gilt‘s: Volksbegehren begann am 26. Februar
Von Michael Prütz, Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“
Nach zwanzigmonatiger Wartezeit, geprägt          Bezirk gibt es mindestens ein Kiezteam, in
von angespannten Nerven, Vertröstungen sei-       manchen sogar mehrere. Seit Anfang des
tens des Senats und viel bürgerschaftlichem       Jahres konnten wir um die 800 neue Mitstrei-
Engagement, begann am 26. Februar die zwei-       terinnen und Mitstreiter dazugewinnen, die
te Stufe des Volksbegehrens zur Enteignung        mit einem ungeheuren Elan die Aktivitäten
großer privater Wohnungsbaukonzerne. Das          vor Ort vorantreiben. Trotz dieses Wachstums
Landeswahlbüro druckte die Stimmzettel, die       sind alle Interessierten gerne gesehen und
allen Interessierten zur Verfügung gestellt       werden herzlich aufgenommen. Eine Kon-
und in den Bürgerämtern ausgelegt werden.         taktaufnahme ist unter der Mail-Adresse
170.000 Unterschriften bis zum 27. Juni - das     mitmachen@dwenteignen.de möglich. Je
ist viel, aber in Wahrheit muss die Zahl noch     nach Interessen, Fähigkeiten, Möglichkeiten
viel größer sein, da nur deutsche Staatsbürger,   und zeitlicher Kapazität finden wir ein Plätz-
die in Berlin gemeldet sind, gezählt werden.      chen für jede*n in den jeweiligen Kiezteams.
Wir rechnen mit mindestens 220.000 zu sam-                                                            Nach - hoffentlich - erfolgreicher Samm-
melnden Unterschriften.                           Der Auftakt                                      lung der Unterschriften wird es am 26. Sep-
                                                  Den Auftakt bildeten am 26. Februar Meetings     tember zum Volksentscheid über die Enteig-
Die Kampagne                                      mit Corona-Vorkehrungen auf dem Nettelbeck-      nung kommen - parallel zur Bundestags- und
Eine erfolgreiche Sammlung benötigt starke        platz und an weiteren Orten Berlins sowie        Abgeordnetenhauswahl. Es ist noch zu früh,
Bündnispartner und Unterstützung in allen         eine Pressekonferenz am „Gecekondu“ am           um über einen Ausgang des Volksbegehrens
Stadtteilen. Zu unseren Bündnispartnern           Kottbuser Tor. Dort wurden Unterschriften-       zu spekulieren. Eines ist jedoch sicher: Die
gehören Verdi, die GEW, die DGB-Jugend,           listen, Material, Plakate und Flyer zur freien   Kampagne „Deutsche Wohnen & Co. enteig-
der Berliner Mieterverein, die Berliner Mie-      Verfügung verteilt. Am Abend zuvor, am 25.       nen“ ist die größte außerparlamentarische
tergemeinschaft, die Naturfreunde-Jugend,         Februar, gab es eine erste online-basierte       Bewegung seit Jahrzehnten, nicht zuletzt
Partei DIE LINKE und einzelne Gliederungen        Radiosendung mit Musik, Beiträgen von Un-        dank dem Enthusiasmus und der Dynamik
der SPD und Grünen. Wirklich außergewöhn-         terstützerinnen und Unterstützern und von        der Beteiligten.
lich ist die wachsende und tatkräftige Un-        Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus den           Lohnt es sich jetzt noch, einzusteigen und
terstützung der Berliner*innen, die sich in       Kiezteams und den diversen Arbeitsgruppen        mitzumachen? Auf jeden Fall ! Es ist nicht zu
unseren Kiezteams organisieren. In jedem          der Kampagne.                                    spät, noch Teil dieser Kampagne zu werden –
                                                                                                   und damit Teil einer ständig wachsenden
                                                                                                   Community, die sich zum Ziel gesetzt hat,
                                                                                                   hunderttausende Berlinerinnen und Berliner
              26. Februar – Start der zweiten Stufe                                                dem Renditedruck börsenorientierter Groß-
           des Volksbegehrens zur Enteignung großer                                                konzerne zu entziehen.

                privater Wohnungsbaukonzerne!
                   Wir brauchen 170.000 gültige Unterschriften!
                            Helft mit beim Sammeln!

                                Kontakt über:                                                           Bezirksverband Mitte
                                                                                                        Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin
                        kiezteam_wedding@dwenteignen.de                                                 Tel.: 030 / 240 09-336
              und über: kiezteam_mitte@dwenteignen.de                                                   Mo. bis Mi. 9–16.30 Uhr und Do. bis 19 Uhr
Seite 2   |   mittendrin März 2021                                                                                    DIE LINKE Berlin Mitte

   Blick aus dem Amt

Erst deckeln, dann vergesellschaften
V    or einem Jahr, am 23. Februar 2020,
     ist der Berliner Mietendeckel in Kraft
getreten. Ein wirklich historisches Gesetz.
                                              Wohnung überprüfen lassen wollen. Auch
                                              wenn es gedauert hat und sich alles etwas
                                              einruckeln muss – wie das bei einem völlig
                                                                                              Machtgefüge in Berlin muss sich grund-
                                                                                              sätzlich zugunsten der Mieter:innen ver-
                                                                                              schieben. Ich begrüße das Volksbegehren
Er ist ein Instrument, das der scheinbaren    neuen Gesetz nunmal der Fall ist, vor allem     zur Vergesellschaftung privater Immobi-
Ohnmacht der Berliner Mieter:innen wir-       in Corona-Zeiten – ich bin zuversichtlich,      lienkonzerne daher sehr und sehe es als
kungsvoll etwas entgegensetzt. Das zeigt:     dass wir tausenden Mieter:innen in Mitte        logische Konsequenz – erst deckeln, dann
Politik kann Veränderungen bewirken,          aus der Verwaltung heraus zu ihrem Recht        vergesellschaften!
wenn Verbände, Initiativen und progres-       verhelfen können. Das ist gut und zeigt,           Übrigens: ab dem 26. Februar können
sive Parteien zusammenarbeiten.               dass auch die Berliner Verwaltung hand-         Bewohner:innen unseres Bezirks auch im
    Durchgesetzt wird der Mietendeckel        lungsfähig ist.                                 Bürgeramt im Rathaus Mitte in der Karl-
vor allem von den Bezirken. In Mitte bin         Der Mietendeckel ist befristet auf fünf      Marx-Allee 31 unterschreiben und zwar
ich als Stadträtin für Bürgerdienste po-      Jahre angelegt – doch die Wohnungsfrage         montags von 8–15 Uhr, dienstags und don-
litisch verantwortlich. Im Bezirk Mitte       in Berlin muss grundsätzlich gelöst werden.     nerstags von 11–18 Uhr und mittwochs und
laufen berlinweit die meisten Verfahren       Schon jetzt versuchen Vermieter:innen al-       freitags von 8–13 Uhr.
bzgl. Verstößen von Vermieter:innen oder      les, um den Mietendeckel oder andere Ge-                                 Ramona Reiser,
Anzeigen von Mieter:innen, die ihre Miet-     setze, wie das Verbot der zweckfremden                             Stadträtin für Jugend,
höhe z.B. bei einem Neueinzug in eine         Nutzung von Wohnraum, zu umgehen. Das                        Familien und Bürgerdienste

Abriss in Habersaath- und Wilhelmstraße?
D   er Plattenbau in der Habersaathstraße
    40 bis 48 ist vom Abriss bedroht. Der
Eigentümer will nämlich die bezugsferti-
                                              was SPD und CDU nicht getan haben. Erst
                                              im Jahr 2018 hat es Stadtentwicklungsse-
                                              natorin Katrin Lompscher von der LINKEN
                                                                                              vor Gericht. Das Gericht hat einen Ver-
                                                                                              gleich zwischen Investor und dem Bezirk-
                                                                                              samt vorgeschlagen, der aber nicht zustan-
gen günstigen Wohnungen abreißen, um          geschafft, die Erhaltungssatzung für die        de kam, weil die »Kompromissangebote«
Luxusapartments hinzubauen. Das ist           Wilhelmstraße zu erlassen und künftige          keine waren. Deshalb wird das Bezirks-
leider kein neues Phänomen.                   Abrisse von preiswertem Wohnraum dort           amt mit Unterstützung vom Senat die Ge-
                                              zu verhindern. In der Wilhelmstraße wurde
                                              der Neubau im Jahr 2017 dann für knapp
                                              32 000 €/m2 verkauft. Eine Wohnung für
                                              12 Millionen Euro. Wenn man das auf die
                                              Habersaathstraße umrechnet, könnte der
                                              Eigentümer durch den Abriss und Neubau
                                              162 Millionen Euro Einnahmen erzielen.
                                                 Zum Glück hat DIE LINKE in der rot-rot-
                                              grünen Regierung daraufhingewirkt, dass
                                              das Wohnraumzweckentfremdungsverbot
                                              verschärft wird. Seit April 2018 kann in
                                              Berlin ein Abriss nur noch genehmigt wer-
   Bereits in der Wilhelmstraße 56 bis 59     den, wenn 1 zu 1 Ersatzwohnraum zu an-          richtsverhandlungen bis zum Ende führen.
wurde der modernste Ostberliner Platten-      gemessenen Bedingungen, also bezahlbar             Gleichzeitig hat die Linksfraktion Ber-
bau vom Eigentümer abgerissen, wobei          und in ähnlicher Lage, entsteht. Das ist ein    lin-Mitte das Bezirksamt aufgefordert,
das Bezirksamt das damals unterstützt         einmaliges Gesetz, das es nur in Berlin gibt.   diesen Abriss und weitere Abrisse durch
hat, indem es nicht gegen den Leerstand,      In anderen Bundesländern müssen Investo-        die Aufstellung eines Bebauungsplanes,
der dort herrschte, vorgegangen ist. Da-      ren, wenn sie Wohnraum abreißen, keinen         analog zur Wilhelmstraße, komplett un-
mals herrschte eine Zählgemeinschaft aus      Ersatzwohnraum schaffen.                        möglich zu machen. Leider ist dafür der
SPD und CDU im Bezirk, die dem Abriss            Zum Glück ist der Bereich Zweckent-          SPD-Stadtrat Ephraim Gothe zuständig,
nichts entgegengestellt hat. Die Links-       fremdung in Berlin-Mitte seit 2016 bei einer    der noch nicht sehr aktiv in diese Richtung
fraktion Berlin-Mitte hatte damals schon      linken Stadträtin und die hat dem Investor      geworden ist.
gefordert, eine Erhaltungssatzung in der      in der Habersaathstraße den Abriss unter-                                Andreas Böttger,
Wilhelmstraße zu erlassen, um den Abriss      sagt, weil dieser keinen Ersatzwohnraum              Fraktionsgeschäftsführer DIE LINKE.
von preiswertem Wohnraum zu verhindern,       schaffen wollte. Dagegen ging der Investor                    in der BVV von Berlin-Mitte
DIE LINKE Berlin Mitte                                                                                    mittendrin März 2021     |    Seite 3

             Argumente für die Verstaatlichung gewinnorientierter großer Berliner
                     Immobilienkonzerne nach §15 des Grundgesetzes:

• Wohnen ist ein Grundbedürfnis und                  vielmehr Ausdruck eines strukturel- • Die Deutsche Wohnen ist das füh-
  Wohnungen sind in jeder Hinsicht                   len Problems einer maximal profitori- rende Unternehmen im Berliner
  für das Menschsein unverzichtbar.                  entierten Wohnraumbewirtschaftung.    Immobilienmarkt  und nimmt eine
  Ein Verlust der Wohnung ist auch                                                         marktbestimmende Stellung ein.
  eine Bedrohung der Menschenwürde.                                                        Der Deutsche Wohnen das Hand-
  Nur wenn die Wohnungen wieder in                                                         werk zu legen nützt allen Mieterin-
  Landesbesitz kommen, kann einer                                                          nen und Mietern in Berlin, die vom
  weiteren Verdrängung von Men-                                                            Mietenwahnsinn betroffen sind.
  schen aus der Innenstadt entgegen-
                                                                           • Durch den Eingriff der Verstaatli-
  gewirkt werden.
                                                                             chung der größten Immobilienkon-
• Deutsche Wohnen & Co. betreiben                                            zerne wird der Spekulation Einhalt
  eine Strategie der permanenten                                             geboten. Eine Folge wären fallende
  Mietpreissteigerung. Da sie ihren • Deutsche Wohnen lässt die Häuser       Immobilien- und Grundstückspreise.
  Aktionären hohe Gewinne verspre-      vergammeln, betreibt keine ausrei-
  chen, sind sie dazu „gezwungen“, die  chende Instandhaltung, um dann
  Mieten immer weiter hochzutreiben.    teuer Luxusmodernisierungen durch-      Aus:
• Die Auswüchse gegen Mieter sind       zuführen und die Bestandsmieter zu      www.dwenteignen.de/
  keine tragischen Einzelfälle, sondern vertreiben.                                       warum-enteignen

Was kostet die Enteignung?
I st der Volksentscheid „Deutsche Wohnen
  & Co. enteignen“ erfolgreich, müssten
die betroffenen Immobilienkonzerne mit
                                                  Entschädigungssumme vollständig über die
                                                  Mieteinnahmen finanzieren und gleichzeitig
                                                  könnten die Mieten sofort um durchschnitt-
                                                                                                Entschädigung von einem Euro möglich.
                                                                                                   Als Ausgleich zwischen den Interessen der
                                                                                                Allgemeinheit und der Beteiligten schlägt die
einer Summe entschädigt werden, deren             lich 0,97 €/m2 gesenkt werden. Dies ist ein   Initiative das so genannte „Faire-Mieten-Mo-
Höhe laut Grundgesetz „unter gerechter            konservatives Szenario, da es stark auf die   dell“ vor. Grundlage dieser Berechnung ist,
Abwägung der Interessen der Allgemein-            Interessen der Konzerne eingeht.              dass die Miete in vergesellschaftetem Wohn-
heit und der Beteiligten zu bestimmen“               Gewichtet man stattdessen das Interesse    raum durchschnittlich maximal ein Drittel des
(Art. 14) ist. Diese Formulierung lässt           der Allgemeinheit an einer Vergesellschaf-    Einkommens an der Armutsgrenze betragen
erheblichen politischen Spielraum, und            tung, um bezahlbaren Wohnraum für alle        sollte. Damit ergäbe sich eine durchschnittli-
deshalb kursieren viele unterschiedli-            zu schaffen stärker, könnte die Entschädi-    che Nettokaltmiete von 3,70 €/m2 und eine
che Zahlen im Zusammenhang mit der                gungssumme deutlich niedriger ausfallen.      Entschädigungssumme von 8 Milliarden Euro.
Entschädigungssumme, die an die zu ent-           Im Extremfall wäre auch eine symbolische                                       Jonas Becker
eignenden Immobilienkonzerne gezahlt
werden müsste.
   Der Berliner Senat hat in seiner Kostenein-
schätzung angegeben, dass nach derzeitigem
Stand zehn Immobilienkonzerne mit insge-
samt 243.000 Wohnungen in Berlin betroffen
wären. Der Verkehrswert dieser Wohnungen
wird auf 36 Milliarden Euro taxiert. Allerdings
räumt der Senat auch die Möglichkeit einer
Entschädigung deutlich unter Verkehrswert
ein. Nach eigenen Berechnungen der Initi-
ative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“
ergäbe sich durch eine Herausrechnung der
nicht auf Eigenleistung beruhenden Wert-
steigerungen eine Entschädigungssumme
von 18,1 Milliarden Euro. Über einen Til-
gungszeitraum von 45 Jahren ließe sich diese                                                                           Karikatur: Klaus Stuttmann
Seite 4     |   mittendrin März 2021                                                                                       DIE LINKE Berlin Mitte

   Menschen in Mitte                                                                            „Ahlener Programm“ der
                                                                                                CDU von 1947:

Carolin Haupt: Berlin muss                                                                      „Stärkung der wirtschaftlichen Stellung
                                                                                                und Freiheit des einzelnen; Verhinde-
                                                                                                rung der Zusammenballung wirtschaft-
eine Stadt für alle bleiben                                                                     licher Kräfte in der Hand von Einzel-
                                                                                                personen, von Gesellschaften, privaten
„Die erforderlichen 170 000 Unterschriften für   heimgekehrt, liegt mir viel daran, Berlin      oder öffentlichen Organisationen, durch
 den Volksentscheid zur Vergesellschaftung       als einen für alle offenen, diversen und le-   die die wirtschaftliche oder politische
 von Deutsche Wohnen und anderer Immobili-       benswerten Ort zu bewahren“, erklärt das       Freiheit gefährdet werden könnte.“
 enriesen trotz Corona-Pandemie zu erreichen,    Ensemblemitglied der „Schaubühne“, „und
                                                                                                           www.kas.de/c/document_library/
                                                                                                   get_file?uuid=76a77614-6803-0750-c7a7-
                                                                                                             5d3ff7c46206&groupId=252038

                                                                                                Freiburger Thesen zur
                                                                                                Gesellschaftspolitik der
                                                                                                FDP, 1971:
                                                                                                „Vermögenskonzentration in den west-
                                                                                                lichen Industriegesellschaften führt
                                                                                                selbst bei wachsendem Lebensstan-
                                                                                                dard und steigernder sozialer Sicherung
                                                                                                der lohnabhängigen Massen zu einer
                                                                                                Disparität, welche der Begründung der
                                                                                                Besitzverhältnisse mit dem Begriff der
                                                                                                persönlichen Freiheit jede Grundlage
                                                                                                entzieht.“
                                                                                                    Karl-Hermann Flach: Noch eine Chance
                                                                                                         für die Liberalen. Eine Streitschrift,
                                                                                                     Frankfurt am Main 1971 /, beschlossen
                                                                                                   auf dem Bundesparteitag in Freiburg vom
                                                                                                                       25./27. Oktober 1971
Carolin Haupt

 würde mich sehr glücklich machen und stolz das geht nur, wenn es eine Stadt für alle
 auf uns Berliner*innen“, sagt Carolin Haupt. bleibt“. Ihr Lebenspartner Lorenz Just hatte
„Es wäre ein Akt gelebter Demokratie und ein schon im vergangenen Jahr den Roman „Am
 nicht zu überhörendes Signal an die Politik, Rand der Dächer“ veröffentlicht, in dem er
 im Sinne der mehrheitlichen Mieter*innen über die ersten Schritte der Gentrifizierung
 zu agieren, statt im Interesse der profitori- Berlins in den 1990er Jahren schreibt. „Wir
 entierten Immobilienwirtschaft.“ Der Mie- leben mit unserem Sohn in Mitte in einer
 tendeckel der DIE LINKE habe ihr gezeigt, Mehr-Generationen-WG gemeinsam mit
 dass auf anhaltende und sich verschärfende zwei Alt-Berliner*innen, für die ein Umzug
 Probleme wie den Wohnungsmarkt in Berlin aus ihrer mittlerweile zu großen Wohnung
 tatsächlich radikale und mutige Maßnah- in eine kleinere, aber deutlich teurere im
 men auf politischer Ebene durchgesetzt Kiez nicht in Frage kam.“
 werden können. Diese Erfahrung stimme           Dass hingegen Deutsche Wohnen 2019
 sie auch zuversichtlich, dass eine Kampagne eine Dividenden-Ausschüttung von 350
 wie „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ Millionen Euro hatte - was bedeutet, dass
 wirklich gelingen kann. Die 33-jährige ist die Mieter*innen monatlich 177 Euro ihrer
 Mitglied des Kiezteams Berlin-Mitte, das Miete nur ins Portemonnaie der Aktionäre
 wie in allen anderen Stadtbezirken extra gezahlt haben – sorgt bei Carolin Haupt
 für die Unterschriftensammlung des Volks- gleichermaßen für Wut und Entschlossen-
 entscheids gegründet wurde.                   heit: „Mit Wohnraum zu spekulieren ist
                                                                                                                                                    Karikatur: Klaus Stuttmann

    In Rathenow geboren, in Prenzlauer Berg asozial und muss unbedingt von der Politik
 und Friedrichshain aufgewachsen, kehrte unterbunden werden.“ Das zeige sich in
 sie 2019 nach zwölf Jahren Studium und Ar- der Pandemie jetzt besonders drastisch.
 beit in Leipzig, Zürich und Hannover nach „Unsere Kampagne ist darauf die beste
 Berlin zurück, wurde Mitglied der DIE LIN- Antwort“.
 KE und zugleich Bürgerdeputierte. „Wieder                               Matthias Herold
DIE LINKE Berlin Mitte                                                                                              mittendrin März 2021     |    Seite 5

   Bei anderen gelesen                                Wohnungen als Fischfutter für börsennotierte Immobilienhaie?

 ➤ Mieten in Berlin seit einem                                DEUTSCHE WOHNEN & Co.
                                                                   ENTEIGNEN!
   Jahr gedeckelt
  Viele Wohnungen werden dennoch zu Preisen
  inseriert, die deutlich über den im Gesetz for-
  mulierten Obergrenzen liegen. Drei Viertel der
  Inserate überschreiten die Mietendeckel-Ober-
  grenzen, die Anzahl der inserierten Wohnungen
                                                      A    m 26. Februar hat die 2. Phase der
                                                           Unterschriftensammlung begonnen.
                                                      Innerhalb von vier Monaten müssen rund
                                                                                                           Zweites Geschäftsmodell: Die Umwand-
                                                                                                        lung in Eigentumswohnungen als Verdrän-
                                                                                                        gungs-Alptraum für die Mieter. Nicht nur
  ist um 30 Prozent verringert. Vermieter ver-
                                                      220 000 Berliner:innen (einschl. einer            die „Deutsche Wohnen“, sondern auch z.B.
  langen im Schnitt 2,76 € je Quadratmeter zu
                                                      Reserve über die erforderlichen rund              Akelius oder Heimstaden, bieten zahllosen
  viel. In einigen Stadtteilen stieg das Niveau der
                                                      170 000 hinaus) überzeugt werden, für             Berliner:innen schlaflose Nächte, weil gera-
  Angebotsmieten sogar. Im vergangenen Jahr
                                                      die Enteignung und Vergesellschaftung             de in Milieuschutzgebieten nur ein winziger
  wurden 19 Prozent weniger Wohnungen inse-
                                                      großer Immobilienkonzerne in Berlin zu            Bruchteil der Mieter innerhalb von sieben
  riert. Auf eine angebotene Wohnung melden
                                                      unterschreiben.                                   Jahren die geforderten unverschämten Ei-
  sich im Durchschnitt 214 Bewerber, weniger
                                                         In jedem Bezirk sind selbständige Kiez-        gentumswohnungs-Preise für einen Vorkauf
  Wohnungen, dafür mehr Eigentumswohnun-
                                                      strukturen organisiert worden. Sie sollen         zahlen kann.
  gen inseriert.
                                                      der Ort sein, an dem sich Menschen in ih-            Drittes Geschäftsmodell: Die Grunder-
               „Berliner Morgenpost“, 18.02.2021
                                                      rer Nachbarschaft vernetzen, gemeinsam            werbssteuerbefreiung per Share-Deal-Me-
                                                      Unterschriften sammeln, sich austauschen          thode. Die Immobilien werden in eine Firma
 ➤ IMMOBILIENJONGLEURE
                                                      und kennenlernen.                                 gesteckt, deren Anteile (Shares) dann an ein-
   Der Mieterwahnsinn macht sich breit,
       zeigt neue Neigungsehe.
   Privat, privat, das Unschuldskleid,
       krankliberaler Fehlbarkeit
   Quält nun auch Großstadtnähe.

   Noch gibt’s „Vonovia“ trotz Kritik.
       Im Dax auch „Deutsche Wohnen“.
   Das Umland starr in beider Blick.
       Wie lange noch will Politik
   Die Spekulanten schonen?

   In Startlöchern das Kapital, Corona
       kam gelegen,
   Zwar für die Menschlichkeit fatal,                                                           Instandhaltungskosten gespart: Die Friedrich-Ebert-Siedlung
       für Börsengaukler mondial
                                                           Warum sollen gerade die großen Immo-         zelne Käufer verkauft werden (war eigentlich
   Ein „IMMOBILIENSEGEN“.
                                                       bilienkonzerne mit über 3000 Wohnungen           für Industriefirmen vorgesehen; Reformge-
                         „RotFuchs“, Februar 2021      enteignet werden? Welche Erfahrungen sind        setze liegen seit Jahren auf Eis, ein absoluter
                                                       mit ihnen gemacht worden? Schließlich war        Skandal).
 ➤ Erstes Jahr für Mietpreisbremse
                                                       Berlin immer eine „Mieterstadt“. Auch heu-          Viertes Geschäftsmodell: Diese Geschäfts-
  Am 23. Februar 2020 ist das Gesetz zur Neu-          te sind es 85 Prozent der Wohnungen. Das         strategie kennzeichnet wesentlich die börsen-
  regelung gesetzlicher Vorschriften zur Mie-          bedingt jede Menge an Erfahrungen mit den        notierten Immobilienkonzerne, die eigentlich
  tenbegrenzung (kurz Mietendeckel) in Kraft          „Geschäftsmodellen“ dieser Großkonzerne:          gar keine klassischen Wohnungsverwalter sind,
  getreten, nachdem es endlich im Januar im                Erstes Geschäftsmodell: Da Instandhal-       sondern Finanzkonzerne, die den Wohnungs-
  Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen                tungskosten vom Vermieter zu zahlen sind,        markt als profitträchtige Anlagemöglichkeit
  wurde. Es ist ein Berliner Landesgesetz, das         Modernisierungskosten aber auf die Mieter        auf Kosten der Mieter missbrauchen wollen.
  Mietpreisbegrenzungen aus der Landeskom-             umgelegt werden können, wird an der In-          2012/2013 wurde die Deutsche Wohnen zu
  petenz für das Wohnungswesen schafft und             standhaltung gespart. Das läuft auf marode       einer Europäischen Aktiengesellschaft um-
  Überschreitungen über die Begrenzungen               Leitungen bei Heizung, Wasser und Elektri-       gewandelt, wodurch die Wohnungsbestände
  verbietet bis hin zu Bußgeldern für Verstöße         zität hinaus. Gerade die Deutsche Wohnen         jährlich beliebig höher bewertet werden kön-
  gegen das Gesetz, das zunächst für fünf Jahre        hat das jahrelang vorgeführt, z.B. in der        nen. Die Dividende stieg von 2014 bis 2017
  befristet ist. Zivilrechtliche Vereinbarungen        Friedrich-Ebert-Siedlung im Wedding mit          um mehr als 90 Prozent.
  zwischen Mieter/Mieterinnen und Vermieter            wochenlangen Heizungs-Reparaturen im Win-        Über dreihundert Mieterinitiativen haben sich
  entfalten somit keine Wirkung, wo sie über die       terhalbjahr oder bei 450 Wohnungen in der        inzwischen in Berlin gebildet, um den profito-
  öffentlich rechtlichen Mietpreisbegrenzungen         Kottbusser, Skalitzer, Kohlfurter Straße usw..   rientierten großen Wohnungskonzernen mit
  des Landes Berlin hinaus gehen.                      Verschimmelte Wände in der Trettachzeile         ihrem Mietenwahnsinn Einhalt zu gebieten.
     „Internet Berliner Mietendeckel-Regelungen“.      (Tegel) über Jahre hinweg. Zusätzlich gene-      Fangen wir’s an!
                                                       rell hohe und fragwürdige Mietnebenkosten.                                         Rainer Scholz
Seite 6   |   mittendrin März 2021                                                                      DIE LINKE Berlin Mitte

Drinnen und draußen
A    m Anfang der Zukunft zer-
     bricht das Übliche. Berlin
findet nicht mehr draußen statt,
                                                                                        Schulen, Straßenbänke, Ampeln,
                                                                                        Fahrpläne, Kaffeehäuser, Grün,
                                                                                        Einzelhandel und Mülleimer mit
das Innenleben sichern Wohn-,                                                           administrativem Stillstand, ideo-
Baugemeinschaft, Genossen-                                                              logischem Hochmut, politischem
schaft, Eigentum und Miete. Wer                                                         Ränkespiel und engem Ver wal-
wohnt, bleibt. Zurückgefahren                                                           tungsblick? Wer profitiert von Fe-
sind Homeschooling und Kin-                                                             rienwohnungen, leerem Wohnraum,
derbetreuung, Erwerbsarbeit                                                             sittenwidrig teuren Living Spaces,
als Dauermieter.                                                                        Dreckhalden, architektonischer
   Wieviel Raum erhält das Home                                                         Ödnis, klotzigem Bundesbürobau,
Of fice, wenn für traditionelle                                                         Nachnutzung, Dachgeschossen,
Wohnfunktionen wie Kochen,                                                              Wohnküchen, Arbeitszimmern,
Schlafen, Reproduzieren in Miets-                                                       Terrassen? Corona beschleunigt
kaserne, Plattenbau, Reformhaus,                                                        das Elektronikzeitalter.
Küche-Klo-Schlaf-Wohn-Kinder-                                                              Schon jetzt könnte jeder Haus-
zimmer-Balkon der Platz kaum                                                            halt intelligenter wohnen, ich will
reicht? Die alte Mitte stößt an                                                         noch kein Smar t Living, keine
Grenzen. Einst wichen Proletarier                                                       Vernetzung von Licht, Herd, Kühl-
auf Kneipen als erweiterte Wohn-                                                        schrank, Waschmaschine, CDs,
stube aus, heute gibt´s Cowor-                                                          TV, Handy, aber einen Fahrstuhl
king-Spaces, Co-Wohnen, Start-                                                          im Altbau. Das ist politisch blo-
Ups, delivery food, lunch to-go,                                                        ckiert. Doch Mitte muss sich als
digitalisiert wie All- und Werktag,                                                     Wohn-, Reproduktions-, Arbeits-
Kultur, Handel, Geselligkeit, Bil-                                                      und Regierungsort der Zukunft
dung. Wohnraum ist knapp, teuer,                                                        dem Druck der Smart City zügig
im Mai der neue Mietspiegel, aber Abriss, Neubau, Umbruch zu Füßen des Fernsehturms     stellen. Technisch mäßig interes-
permanent ändern Familienstand,                                                         siert, fußläufig, autounabhängig,
Geschlecht, Alter, Herkunft, Bil-                                                       werde ich derweil mit Freunden
dung, Gesundheit, Vorlieben, Geschmack kollidieren Wohnen, Bauen, Straßenlicht,         kochen und essen.
und Zeitgeist Bedürfnisse und Kiez. Wie oft Pflastersteine, Spiel- und andere Plätze,                          Irene Runge

   In Berlin-Mitte startete am 26. Februar die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ auf dem Nettelbeckplatz.
DIE LINKE Berlin Mitte                                                                                          mittendrin März 2021     |   Seite 7

   Aus dem Abgeordnetenhaus

Markt-Glaube

                                                                                                                                                 Foto: Rico Prauss
D     er Markt, der Alleskönner, so die Les-
      art herrschender Wirtschaftslehre,
 löst noch jedes Problem am besten. Dem-
 gegenüber sei der Staat eher schlecht
 aufgestellt. Den will man zwar gern anru-
 fen, wenn er – wie jetzt in Pandemiezeiten
– Unternehmen finanziell stützt und Wirt-
 schaftsstabilisierungsfonds auflegt, aber
 ist die Krise vorbei, gilt für viele: Zurück
 ins Körbchen, lieber Staat.
    Natürlich sind die Marktwirtschaftler be-
 reit zuzugeben, dass ohne eine öffentliche
 Infrastruktur kein einziges Privatunterneh-
 men Gewinne erwirtschaften könnte. Auf
 welchen Straßen und Schienen sollten ihre                                                                        DIE LINKE-Abgeordnete Carola Bluhm
 Güter transportiert werden, wer garantierte
 ihnen sonst Recht und Gesetz und Schutz            zur Vorsorge, Fürsorge und Bereitstellung all     dass jede lebensnotwendige Infrastruktur,
 ihres Eigentums, wer stellte jenen, die ih-        dessen, was für sozialen Frieden und mehr         die der Verwertung des Kapitals anheimge-
 nen den Mehrwert überhaupt erst schaffen,          Gerechtigkeit notwendig ist, nachzukommen.        stellt ist, jenen verwehrt wird, die sie sich
 soziale Infrastruktur zur Reproduktion ihrer       Und zwar indem sie dem Kapital „Lebens-           nicht leisten können.
 Arbeitskraft bereit, wer bildete all jene aus,     mittel“ entziehen, um sie der Allgemeinheit          Die „Deutsche Wohnen“ ist ein unglaublich
 die später in den Werkhallen, Supermärkten         zu möglichst erträglichen und bezahlbaren         gutes Beispiel dafür, wie Recht der Ökonom
 und Büros jene mehrwertschaffende Arbeit           Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Dann        Polany hatte. Eine Lösung ist, sich zurückzu-
 verrichten, auf die sich ihr Reichtum gründet?     ist von Sozialismus und Planwirtschaft die        holen, was kommodifiziert und dem bloßen
    Richtig böse werden die Apologeten des          Rede (als plante die Marktwirtschaft so gar       Gewinngedanken unterworfen wurde, obwohl
 Marktes trotzdem, maßt sich der Staat oder         nichts), dann wird gesagt, die freie Entfaltung   es lebensnotwendig für alle Menschen ist.
 besser, maßen sich die Gesellschaft und de-        der stetig heilenden Marktkräfte sei gestört.     Am besten via Volksentscheid.
 ren politische Institutionen an, ihren Pflichten   Der Ökonom Karl Polanyi hat beschrieben,                                           Carola Bluhm

            Kostenlose Sozial-                                                                         Wahlkreisbüro Tobias Schulze,
           und Mieterberatung
                                                                                                       Mitglied des Abgeordnetenhauses
  der Linksfraktion in der BVV und des
                                                                                                       Tegeler Str. 39
  Bezirksvorstandes der Partei DIE LINKE –
  mit Rechtsanwalt André Roesener                                                                      13353 Berlin – Wedding
  an jedem ersten Mittwoch des Monats                                                                  Tel.: 030 – 547 13 449
  von 17.00 bis 19.00 Uhr im                                                                           Bus 142 Kiautschoustraße, S- und U-Bahn-
  Nachbarschaftszentrum                                                                                hof Wedding, U-Bahnhof Amrumer Straße
  „Bürger für Bürger“ der Volkssolidarität,
                                                                                                       Während der Öffnungszeiten telefonisch
  Brunnenstr. 145, 10115 Berlin – und
  an jedem dritten Mittwoch des Monats                                                                 erreichbar.
  im Kreativhaus, Fischerinsel 3,                                                                      Öffnungszeiten:
  10179 Berlin.                                                                                        Während der Öffnungszeiten telefonisch
                                                     Die Linke – Fraktion in der BVV
  an jedem ersten, dritten und fünften
                                                     Mitte von Berlin                                  erreichbar.
  Mittwoch des Monats
  kostenlose Beratung zu Sozialrecht                                                                   Di, Mi und Do 10 – 16 Uhr
                                                     Die Sprechzeiten im Fraktionsbüro                 Und nach Vereinbarung!
  (Hartz IV) sowie Familien-, Miet- und
                                                     finden
  Arbeitsrecht durch die Rechtsanwälte                                                                 Per Mail, Facebook, Twitter erreichbar.
                                                     an jedem Mittwoch von 15 bis 17 Uhr
  Nina Jenny Soest und Christian Wisch               und nach Absprache
  von 17.00 bis 19.00 (keine Anmeldung
                                                                                                       buero.schulze@linksfraktion.berlin
                                                     im Rathaus Mitte, Karl-Marx-Allee 31,
  erforderlich)                                      10178 Berlin, Raum 114 statt.                     www.facebook.com/TobiasSchulzeLINKE
  LinksTreff, Malplaquetstr. 12, 13347 Berlin,       Telefon: 901 82 45 65                             www.tobiasschulze.berlin
  Tel.: 28705751                                     kontakt@linksfraktion-berlin-mitte.de             Twitter: @sprengbuero
Seite 8    |   mittendrin März 2021                                                                                                           DIE LINKE Berlin Mitte

    Das ist                                        Anna Bündgens:
      das Letzte
 Meine Oma wohnte im 2. Hinterhof, doch ihre
                                                   Durch Vergesellschaftung
 Küche zierte der stolze Spruch „Eigener Herd
 ist Goldes wert!“. Ich wollte als Bauarbeiter,
                                                   Mietenwahnsinn stoppen
 dass meine Familie auch mal so glücklich          Interview mit aktiver Mitstreiterin im Kiezteam Wedding
 sein sollte. In einem Plattenbau der DDR
 fanden wir unser kleines Paradies: 9. Etage       Wie bist du zum Kiezteam Wedding                                  Taschen der Aktionär*innen wandern, son-
 mit Fahrstuhl und Fernheizung, Müllschlu-         gekommen?                                                         dern könnten gesenkt und für die Instand-
 cker und Bad. Miete 60 Mark. Doch dann               Im Herbst 2020 über ein Neueinsteiger-                         haltung der Häuser verwendet werden. Mir
 kam die Wende. Mein Betrieb machte dicht.         treffen der Sammel-AG, ich habe es dann mit                       persönlich gefällt besonders die Idee, den
 Ich musste in den Vorruhestand. Da fehlten        aufgebaut. Jetzt sind wir schon über 100, die
 dann acht Jahre an der Rente. Die Miete stieg     in Wedding, Gesundbrunnen und teilweise in
 aufs Vierfache, Sechsfache, Zehnfache. Wir        Reinickendorf Unterschriften sammeln. Wir
 mussten Wohngeld beantragen und in eine           treffen uns alle zwei Wochen zum Erfahrungs-
 kleinere Wohnung ziehen. Das empfand ich          austausch, planen Flyer- und Sammelaktio-
 als eine schmerzhafte Erniedrigung.               nen, vernetzen uns mit Organisationen und
     Nach 30 Jahren war im Osten vieles res-       halten Kontakt zu unseren zahlreichen Unter-
 tauriert – leider auch das Haifischbecken der     stützer*innen, die unabhängig vom Kiezteam
 Klassengesellschaft. Jeder war frei! Verarm-      sammeln gehen.
 te konnten laut fluchen – die Bereicherten
 durften sich die besten Anwälte kaufen. Die       Wie habt ihr euch auf die Sammlung
 zitierten dann die Bibel: „Macht euch die Erde    vorbereitet?
 untertan!“ Oder das Godesberger SPD-Pro-             In einem zentralen Sammelrat halten die                        enteigneten Wohnungsbestand in eine An-
 gramm: „Das Privateigentum hat Anspruch           14 Kiezteams Kontakt zueinander. Unsere                           stalt öffentlichen Rechts zu überführen und
 auf Schutz und Förderung!“ Kanzler Schrö-         sieben Arbeitsgruppen arbeiten auf Hochtou-                       demokratisch zu verwalten. Dieses Modell
 der spendete die Hartz-IV-Gesetze und Bonn        ren und kümmern sich um Öffentlichkeitsar-                        bietet einen völlig neuen Weg demokratischer
 lieferte den Einheitsvertrag als Kapitulations-   beit, Kulturveranstaltungen, Demonstratio-                        Mitbestimmung bei der Gestaltung unserer
 akte des Ostens.                                  nen und die Herstellung von Materialien. Eine                     Stadt.
     Doch die Linken, Halblinken und zeitweilig    spezielle Gruppe ist für die Hochschulen und
 Linken im Osten entwickelten andere Pläne         Universitäten zuständig. Seit Anfang Februar                      Mit welchen Vorkehrungen in der
 zur Rettung der Demokratie. Sie forderten         gibt es eine App für Smartphones zum Koor-                        Corona-Pandemie seid ihr in die
 in Berlin einen Volkentscheid gegen Woh-          dinieren und Verabreden.                                          Sammlung gegangen?
 nungs-Spekulanten. Über 58.000 Bürger                                                                                  Wir haben in dieser Herausforderung ein
 haben das Begehren unterschrieben. Nun            Welche sind eure treffendsten                                     umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet. Da
 folgt der Entscheid. Der verlangt die Zustim-     Argumente bei der Sammlung?                                       geht es vor allem um Abstandsregeln, Mas-
 mung von 7% der Berliner Wähler = 170.000             Viele Menschen haben Angst, ihre Woh-                         kenpflicht, regelmäßiges Desinfizieren oder
 Unterschriften! Das ist Herkulesarbeit an         nung zu verlieren und ihre vertraute Nachbar-                     Verschenken von Stiften. Die Unterschrif-
 Info-Ständen, in Bürgerämtern, von Tür zu         schaft verlassen zu müssen. Um ihre Profite                       tenlisten können selbst ausgedruckt und per
 Tür. Und das mit der Pandemie im Genick!          zu maximieren, haben Deutsche Wohnen,                             Post verschickt werden. Oder man checkt auf
 Aber alles, um die Obdachlosigkeit, die Lu-       Akelius, Vonovia und Co. in den letzten Jahren                    unserer Webseite www.dwenteignen.de den
 xussanierungen und die Verdrängung der            systematisches Entmietungsmanagement                              kürzesten Weg zum nächsten solidarischen
 Kiezbürger mit Wuchermieten zu bändigen.          betrieben, etwa durch Modernisierungsmaß-                         Ort - einem Späti, Buchladen oder Cafe‘ - und
 Wir sagen:                                        nahmen, Eigenbedarfskündigungen oder pure                         unterschreibt da. Auch in den Bürgerämtern
• Das Wohnrecht ist ein Menschenrecht!             Schikanen gegen die Mieter*innen. Die Miet-                       in den Bezirken ist Unterschreiben möglich.
• Berlin ist eine Mieterstadt. Der Rückkauf        preise sind explodiert. Wir denken, dass das
    privatisierter Wohnungen hilft.                Mittel der Vergesellschaftung der einzige Weg                     Das Interview mit Anna Bündgens, 33, Aktivis-
• Das Bonner Grundgesetz von 1949 prägt            ist, diesen Mietenwahnsinn zu stoppen. Un-                        tin für Non-Profit-Organisationen in Münster
    auch das Wohnrecht. Da sagt Artikel 14:        sere Mieten würden dann nicht mehr in die                         und Berlin, machte        Matthias Herold
   „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch
    soll dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“
                                                     Impressum:
    Sonst geht mit Entschädigung eine                Bezirksvorstand Berlin-Mitte                                       Liebe Leserinnen und Leser,
    Enteignung.                                      der Partei DIE LINKE

 Den Anstoß zum Mietendeckel und zur Zäh-
                                                     Geschäftsstelle:
                                                     Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin
                                                                                                                        wenn Sie unsere Monatszeitung „mitten-
 mung der Immobilien-Haie gaben also nicht
                                                     Telefon 24 009 336/204
                                                                                                                        drin“ per Email erhalten wollen, schrei-
                                                     E-Mail-Adresse:

 nur die empörten Mieter in der Karl-Marx-Allee
                                                     info@die-linke-berlin-mitte.de                                     ben Sie bitte eine kurze Information an
                                                     Internet: www.dielinke-berlin-mitte.de

 oder die jungen Revoluzzer im Wedding. Das          V.i.S.d.P.: Thilo Urchs
                                                     Satz + Druck:
                                                                                                                        info@die-linke-berlin-mitte.de
 war auch das Grundgesetz. Und das nehmen            R. Serinek / Druckerei Gottschalk, Berlin
                                                                                                                        Mit besten Grüßen
                                                     Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die
 wir beim Wort!                                      Meinung der Redaktion wieder. Redaktionsschluss: 26.02.2021
                                                                                                                        Die Redaktion der „mittendrin“
                                                     Ausgabetag für Nr. 04/2021 – 08.04.2021
                                  Arthur Paul
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