Jugendschutzbericht 2019 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - Bayerische Landeszentrale für ...
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Jugendschutzbericht 2019 für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für n eue Medien (BLM) BLM | Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz München, 13. Februar 2020
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1 Der Jugendmedienschutz in der BLM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1 Der Medienkompetenz-Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2 Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.1 Beschwerden Telemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.2 Beschwerden Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.3 Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.3.1 Veranstaltungen und Gespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.3.2 Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.4 Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.4.1 Aufsicht Telemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.4.2 Aufsicht Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4.3 Aufsicht neue Angebotsarten und hybride Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1.4.4 Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2 Bundesweiter Jugendmedienschutz: BLM und KJM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.1 Arbeitsgruppen der KJM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.2 Thematische Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.3 Sitzungsleitung von Prüfgruppen der KJM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3 Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.1 Fachtagungen der BLM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.2 Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.3 Vorträge, Podiumsdiskussionen, Workshops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4 Weitere Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
6 Vorwort netzung mit Partnern aus München und Umgebung s owie das präventive und aufsichtsrechtliche Vorgehen in rele- vanten Einzelfällen zu nennen. Besondere Herausforderungen bestanden im Bereich der Bürgerbeschwerden. Sowohl eine deutliche Steigerung der Anzahl als auch Veränderungen in der Form – z. B. zu- nehmend anonyme oder bruchstückhafte Hinweise, Wut- und Hasskommentare, Fake-Beschwerden – führten zu ei- Aufgrund der Entwicklungen in der Medienwelt steht der nem erhöhten Aufwand bei der Bearbeitung. gesetzliche Jugendmedienschutz immer wieder vor neuen Mit zwei praxisnahen Publikationen zu aktuellen Herausforderungen und muss sich an Veränderungen an- Themen rund um den Jugend- und Nutzerschutz – zum passen. Dies gilt auch für die gesetzlichen Grundlagen in „Recht am eigenen Bild“ sowie zu „Darstellungen von Se- diesem Bereich, die deshalb immer wieder überprüft und xualität in den Medien“ – und einer Fachtagung mit Bei- novelliert werden müssen. Unverändert bleibt aber das trägen zu „Sprache und Medien“ leistete die BLM wichtige Ziel des Jugendmedienschutzes, mediale Einflüsse der Er- Beiträge zur Unterstützung von Eltern, Pädagogen und an- wachsenenwelt auf Kinder und Jugendliche, die ihrem Alter deren Multiplikatoren im Medienalltag. und Entwicklungsstand (noch) nicht entsprechen, mög- Auch bei zahlreichen bundesweiten Jugendschutz- lichst gering zu halten. Maßnahmen zum Jugendschutz fragen übernahm die BLM im Rahmen der Mitarbeit bei müssen dabei die Anbieter ergreifen, nicht die Eltern bzw. der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in Arbeits- die Kinder und Jugendlichen selbst. gruppen, der Leitung von KJM-Prüfgruppen, der Konzep- Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien tion und Durchführung des jährlichen KJM-Prüfer-Work- (BLM) hat im Bereich Jugendschutz im Jahr 2019 eine Viel- shops sowie der Bearbeitung von Anträgen im KJM-Bestä- zahl von Maßnahmen und Initiativen umgesetzt. Sie enga tigungsverfahren eine aktive Rolle. gierte sich bayernweit auf vielfältige Weise gegen Extre- Gemäß dem Medienratsbeschluss vom 11. 11. 1993 zur mismus, Antisemitismus und verwandte Problemfelder in Eindämmung der Gewalt im Fernsehen berichtet die Ge- den Medien. Neben der neu gestarteten Initiative „Justiz schäftsführung hiermit zum 45. Mal über die Aufsicht von und Medien – konsequent gegen Hass“ zusammen mit Angeboten im Rundfunk und in Telemedien sowie über dem Bayerischen Justizministerium ist hier die Annahme Maßnahmen im Hinblick auf die Bestimmungen des Ju- der Definition der International Holocaust Remembrance gendschutzes. Dies umfasst den Zeitraum von Januar bis Alliance durch den BLM-Medienrat, der Ausbau der Ver einschließlich Dezember 2019.
1 7 Der Jugendmedienschutz in der BLM Der Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien gehört zu den zentralen Aufgaben der Landesmedienanstalten. Die Aufgaben des „Ausschusses für Fragen der hintergrund Er ist ein Rechtsgut mit Verfassungsrang (Artikel 5 Medienkompetenz und des Jugendschutzes Abs. 2 Grundgesetz) und in Bayern eine staatliche Aufgabe, (Medienkompetenz-Ausschuss)“ geregelt in der Bayerischen Verfassung. Da nach Artikel 111a der Bayerischen Verfassung ■ die Beratung von Fragen der Vermittlung Rundfunk in öffentlicher Verantwortung und in öffent- von Medienkompetenz und zur Förderung lich-rechtlicher Trägerschaft betrieben wird, steht die Bay- von Medienkompetenzprojekten ■ die Begleitung medienpädagogischer erische Landeszentrale für neue Medien (BLM) in einer be- Veranstaltungen sonderen gesellschaftlichen Verantwortung: Sie hat unter ■ die Beratung der übereinstimmenden anderem die Aufgabe, auf eine qualitätsvolle Programm- Satzungen und gemeinsamen Richtlinien gestaltung hinzuwirken. nach dem JMStV Dem BLM-Medienrat mit seiner pluralistischen Zu- ■ die Beratung über Jugendschutzfragen im sammensetzung aus den gesellschaftlich relevanten Hörfunk und im Fernsehen sowie in den Gruppen Bayerns und dem Medienkompetenz-Ausschuss Telemedien kommt beim Jugendschutz eine besondere Bedeutung zu. Der gesamtgesellschaftliche Diskurs ist hier besonders wichtig, da Jugendschutzfragen immer eng mit Wertefra- gen verknüpft sind. Der Medienkompetenz-Ausschuss hintergrund (Stand: 31. Dezember 2019) Vorsitzender: 1.1 Der Medienkompetenz-Ausschuss Michael Voss (Bayerischer Jugendring) Der „Ausschuss für Fragen der Medienkompetenz und des Stv. Vorsitzender: Jugendschutzes (Medienkompetenz-Ausschuss)“ wurde Dr. Gerhard Hopp (Bayerischer Landtag, CSU) 2014 eingerichtet, um der besonderen Bedeutung der bei- 14 Mitglieder: den Themen in der BLM Rechnung zu tragen. Im Berichts- Michael Busch (Bayerischer Journalistenver- zeitraum behandelte der Ausschuss in vier Sitzungen zahl- band), Max Deisenhofer (Bayerischer Landtag, reiche Fragen und setzte erneut wichtige fachliche Im- Bündnis 90/Die Grünen), Paul Hansel (Bund der pulse. Für die praktische Arbeit der BLM ist die Beratung Vertriebenen Landesverband Bayern), Christa von Jugendschutzfragen im Ausschuss, in dem Mitglieder Hasenmaile (Gewerkschaften), Dr. Gerhard verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen vertre- Hopp (Bayerischer Landtag, CSU), Walter ten sind, von zentraler Bedeutung. Der Jugendschutz der Keilbart (Industrie- und Handelskammern), BLM wird dadurch maßgeblich unterstützt und gestärkt. Ulla Kriebel (Katholische kirchliche Frauen organisationen), Wilhelm Lehr (Musikorgani sationen), Hans-Peter Rauch (Handwerks kammern), Dr. Florian Schuller (Katholische Kirche), Michael Schwägerl (Lehrerverbände), Harald Stempfer (Bayerischer Landessport- verband), Arwed Vogel (Schriftstellerorganisa tionen), Michael Voss (Bayerischer Jugendring)
8 Der Jugendmedienschutz in der BLM Von links nach rechts: Siegfried Schneider, BLM-Präsident; Dr. Ludwig Spaenle, Beauf tragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe; Walter Keilbart, Vorsitzender des BLM-Medienrats; Michael Voss, Vorsitzender des Medienkompetenz-Ausschusses der BLM Bild: BLM Positionierung gegen Hass, Extremismus und Antisemitismus: Antisemitismus gemäß der International Gespräch mit Dr. Ludwig Spaenle Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) d e fi n i t i o n Im Rahmen der Ausschuss-Sitzung im Mai 2019 fand ein „Der Antisemitismus ist eine bestimmte Wahr- Gespräch mit dem Beauftragten der Bayerischen Staats- nehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber regierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder Spaenle, statt. nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Ei- gentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitu- Der BLM ist es ein Anliegen, sich nicht nur mit den tionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hin- politischen, wirtschaftlichen und strukturellen Folgen der aus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdi- Digitalisierung, sondern auch mit den damit verbundenen sches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher An- ethischen Fragen auseinanderzusetzen und sich in die ge- griffe sein.“ sellschaftspolitische Debatte einzubringen. Dazu gehört www.blm.de/infothek/aktuell/aktuell.cfm?object_ID=12315 die entschiedene Positionierung gegen Hass, Extremismus &sCriteria=IHRA und Antisemitismus. Dr. Ludwig Spaenle legte dar, dass es ihm um das Anstoßen eines breiten gesamtgesellschaft- Die IHRA lichen Prozesses geht, in dem Medien, insbesondere pri- „Die International Holocaust Remembrance vate Hörfunk- und Fernsehanbieter, für die Information Alliance (IHRA) wurde 2000 als internationale und Meinungsbildung eine zentrale Rolle einnehmen. Aus- Organisation gegründet, um die Erinnerung an gangspunkt dafür sei die Definition von Antisemitismus, den Holocaust wachzuhalten und Holocaust- die 2016 von der International Holocaust Remembrance Al- Erziehung weltweit zu fördern. Sie hat 31 Mit- liance (IHRA) entwickelt worden ist. glieder, zehn Länder haben Beobachterstatus und sieben Organisationen sind ständig asso Die Ausschussmitglieder bekräftigten die Notwen- ziiert. Die Arbeit der IHRA wird durch ein Exe- digkeit, klare Zeichen gegen Antisemitismus und Volks- kutiv-Sekretariat mit Sitz in Berlin unterstützt. verhetzung in den Medien zu setzen. Sie berieten mit Der Vorsitz der IHRA wechselt jährlich; 2016 Dr. Spaenle darüber, wie beim Kampf gegen Antisemitis- hatte R umänien den Vorsitz inne, dieses Jahr die mus ein gesamtgesellschaftlicher Konsens befördert wer- Schweiz, in 2018 übernimmt Italien.“ den könne. Der Ausschuss betonte, dass der Medienrat der Quelle: Auswärtiges Amt, www.auswaertiges-amt.de/de/ BLM als plural zusammengesetztes Gremium hierzu wert- aussenpolitik/themen/kulturdialog/-/216610 volle Impulse geben könne. Dabei sei es wichtig, nicht nur negative Aspekte zu thematisieren, sondern ebenso posi tive Aspekte – in Form von Beispielen jüdischen Lebens und jüdischer Kultur – in den Vordergrund zu rücken.
Der Jugendmedienschutz in der BLM 9 Der Medienrat der BLM nahm in seiner Sitzung im immer mehr Redaktionen von Medienhäusern befassen. Juli 2019 die Definition der IHRA einstimmig an und setzte So können sie möglicherweise ihren Beitrag zur Meinungs- damit ein wichtiges Signal gegen Hass, Extremismus und bildung nicht mehr ausreichend erfüllen, wenn sie sich ver- Antisemitismus. Viele andere Stellen haben sich dieser De- anlasst sehen, ihre Foren präventiv zu bestimmten The- finition bereits angeschlossen, in Deutschland neben dem men zu schließen. Vor diesem Hintergrund hat die BLM BLM-Medienrat u. a. die Bundesregierung und die Bayeri gemeinsam mit dem Bayerischen Justizministerium die sche Staatsregierung. Ein gemeinsames internationales Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ Verständnis von Antisemitismus ist wichtig, um diesen am 21. 10. 2019 im Rahmen eines Pressegesprächs ins Le- wirksam bekämpfen zu können. ben gerufen (→ 2.2). Mit der Initiative soll ein Zeichen für die Meinungsfreiheit und gegen Hass, Antisemitismus und Fälle aus der Aufsichtspraxis im Kontext Volksverhetzung im Netz gesetzt werden. Redaktionen von Antisemitismus: großes gesellschaftliches soll es durch die gemeinsame Initiative ermöglicht wer- Problempotenzial den, mögliche Straftaten in diesem Bereich auf einem ein- Der Ausschuss befasste sich mit Fällen aus der Aufsichts fachen Weg einem zentralen Ansprechpartner, der Staats- praxis im Kontext von Antisemitismus. Insbesondere bei anwaltschaft München I, zu melden. Ziel der Initiative ist Internetangeboten gibt es in Einzelfällen immer wieder es, den Verfassern von Hate Speech ihre Grenzen aufzuzei- Darstellungen mit antisemitischen Inhalten. Bei der Bewer gen und klarzumachen, dass das Internet kein rechtsfreier tung solcher Angebote können verschiedene Bestimmun- Raum ist. Verhetzende Kommentare und Beleidigungen gen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) rele dürfen nicht zum Normalfall werden. Hasskommentare vant sein. Angebote sind z. B. gemäß JMStV unzulässig, sollen nicht mehr nur einfach gelöscht werden, vielmehr wenn sie volksverhetzend sind bzw. zum Hass aufstacheln, sollen ihre Verfasser mit einer strafrechtlichen Verfolgung wenn sie den Holocaust leugnen oder verharmlosen oder rechnen müssen. Die Ausschussmitglieder würdigten die auch, wenn sie auf bestimmte Angebote, die von der Bun- Initiative als wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Hass desprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indi- postings im Netz im Spannungsfeld zwischen Meinungs- ziert wurden, verlinken. Im Rahmen ihrer Aufsichtspraxis freiheit und der Notwendigkeit rechtlichen Vorgehens. im Jugendschutz sind der BLM außerdem Inhalte in Tele- medienangeboten aufgefallen, bei denen zur Herabwürdi- Sucht und Medien: ein Thema für Jugendschutz gung von Personen die Bezeichnung „Jude“ als Schimpf- und Medienpädagogik wort gebraucht wird. Darüber hinaus gibt es Fälle, bei de- Der Ausschuss setzte sich mit dem Thema „Sucht und nen im Kontext von Hasskommentaren gegen Personen ein Medien“ auseinander. Medien spielen bei der Identitätsent- Sprachgebrauch verwendet wird, der Assoziationen an den wicklung von Jugendlichen eine wichtige Rolle und die On- Holocaust weckt. Auch wenn es sich nicht in jedem Einzel- line-Nutzungszeiten nehmen zu. Immer wieder befassen fall um unzulässige Inhalte im Sinne des JMStV handelt, ist sich daher Studien mit den Themen Internet- und Spieleab- eine Jugendschutzrelevanz aufgrund von Inhalten gegeben, hängigkeit. So hat der Arbeitsstab der Drogenbeauftrag- die für Kinder und Jugendliche entwicklungsbeeinträch- ten der Bundesregierung beim Bundesministerium für Ge- tigend sein können. Der Ausschuss würdigte das jugend- sundheit im Jahr 2017 eine Expertise zum Thema „Sucht- schutzrechtliche Vorgehen der BLM gegen entsprechende fördernde Faktoren von Computer- und Internetspielen“ in Angebote und bekräftigte das gesellschaftliche Problem- Auftrag gegeben. Die Expertise ist eine Zusammenfassung potenzial, das von derartigen Internetangeboten ausgeht. von Studienergebnissen der letzten Jahre und führt zen- trale Merkmale auf, die für eine Suchtgefährdung verant- Initiative „Justiz und Medien – wortlich sein könnten, wie die Gestaltung von Belohnungen konsequent gegen Hass“ innerhalb des Spiels, soziale Interaktionen sowie negative Ein weiteres Thema im Ausschuss war die gemeinsame Konsequenzen bei Spielpausen. Auch die Arbeitsgruppe Initiative der BLM und des Bayerischen Staatsministeriums „Games“ der KJM, bei der die BLM die Federführung inne- der Justiz „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“. hat, überarbeitet derzeit die Beurteilungskriterien für On- Mit dem Thema Hassrede im Internet müssen sich auch line-Games unter Berücksichtigung der genannten Aspekte.
10 Der Jugendmedienschutz in der BLM Die Darstellung von Suchtverhalten in den Medien, zu Werbespots für Sexspielzeug und anderen sexualisier- v. a. hinsichtlich Alkohol und Drogen, ist grundsätzlich ten Inhalten im Fernsehen erhält und die regelmäßig im jugend schutzrelevant. Aus Sicht des Jugendschutzes Ausschuss thematisiert werden. Die Publikation beinhaltet ist besonders problematisch, wenn unkontrollierter und praxisnahe Tipps und Anregungen für Eltern zum Umgang exzessiver Drogenkonsum positiv dargestellt und wenn mit entsprechenden Inhalten im Medienalltag. der Konsum von legalen und illegalen Drogen verharmlost, Ebenfalls im Ausschuss thematisiert wurde die Bro- verherrlicht oder angepriesen wird. Die Ausschussmitglie- schüre „Recht am eigenen Bild – Tipps, Tricks und Klicks“. der vertraten die Auffassung, dass solche Angebote in Ziel der Broschüre ist zum einen, das Bewusstsein für einen Rundfunk und Telemedien im Hinblick auf die Einhaltung verantwortungsvollen Umgang mit fremden Inhalten un- der Jugendschutzbestimmungen weiter beobachtet wer- ter Berücksichtigung des Rechts am eigenen Bild zu stär- den müssen. Sie bekräftigten die Förderung der Medien- ken. Zum anderen sollen komplexe Rechtsfragen auf ver- kompetenz von Kindern und Jugendlichen beim Umgang ständliche und einfache Weise beantwortet werden. Nach- mit entsprechenden Medienangeboten. dem die Mitte 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grund- verordnung (DSGVO) auch neue Regelungen zur Einwilli- Jährliche Fachtagungen Jugendschutz und gung durch Minderjährige beinhaltet, ist das Thema „Recht Medienkompetenz: Diskussion über aktuelle am eigenen Bild“ sehr aktuell und klärt Fragen zur DSGVO. Themen für ein breites Fachpublikum Die Ausschussmitglieder würdigten die Broschüren als hilf- Seit 2015 veranstaltet die BLM jährlich eine Tagung für ein reiche Beiträge zur Unterstützung von Eltern, Pädagogen breites Fachpublikum zu einem übergreifenden Thema und Multiplikatoren zu zwei hochaktuellen Themen. aus dem Jugendschutz und der Nutzerkompetenz. Auf- gabe des Medienkompetenz-Ausschusses ist es, über den inhaltlichen Schwerpunkt der Fachtagung zu beraten und 1.2 Beschwerden ein Thema festzulegen. Für die 6. Fachtagung Jugend- schutz und Nutzerkompetenz der BLM, die am 13. 05. 2020 Die BLM ist Anlaufstelle und Ansprechpartner für Be- stattfinden wird, legte der Ausschuss als Thema „Soll das schwerden und Anfragen von Bürgern und Institutionen ein Witz sein? Humor in den Medien: Möglichkeiten und zu Medieninhalten. Beschwerden und Hinweise aus der Be- Grenzen“ fest. Die Fachtagung greift mit dem Thema völkerung stellen dabei eine wichtige Grundlage für die „Humor in den Medien“ ein allgegenwärtiges und stets Jugendschutzarbeit der BLM dar: für Programmbeobach- aktuelles Thema auf. Der Ausschuss hatte auch für die tung, präventive Tätigkeit, Prüf- und Aufsichtsverfahren. 5. Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz „Ver- Die BLM geht jeder Beschwerde und jedem Hinweis nach roht, verkürzt, verbuggt? Beiträge zum Thema Sprache und prüft den Sachverhalt, auch wenn nicht in jedem Ein- und Medien“, die am 15. 05. 2019 in der BLM stattfand, das zelfall gesetzliche Bestimmungen verletzt sind, und infor- Thema ausgewählt (→ 3.1). miert die Beschwerdeführer über das Ergebnis der Über- prüfung. Bürgerbeschwerden sind ein wichtiger Gradmes- Broschüren „Wie erkläre ich das meinem Kind? ser für das Werteempfinden in der Gesellschaft: Sie zeigen, Darstellungen von Sexualität in den Medien“ und dass der Jugendschutz und die Medienaufsicht in der Be- „Recht am eigenen Bild – Tipps, Tricks und Klicks“ völkerung nach wie vor einen hohen Stellenwert genießen. Der Ausschuss befasste sich mit der 2019 von der BLM in Kooperation mit der Aktion Jugendschutz Landesarbeits- stelle Bayern e. V. veröffentlichten Broschüre „Wie erkläre 1.2.1 Beschwerden Telemedien ich das meinem Kind? Darstellungen von Sexualität in den Medien“ (→ 3.2). Zielgruppe der Broschüre sind Eltern und Zu Telemedieninhalten von Anbietern mit Sitz in Bayern Erziehende von Kindern bis etwa 12 Jahren. Der Ratgeber, bzw. darüber hinaus sind bei der BLM im Jahr 2019 rund 130 ein weiterer Band in der neuen Reihe „Informationen für Bürgerbeschwerden, Hinweise und Anfragen eingegangen. Eltern“, ist als Antwort auf die zahlreichen Beschwerden Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies eine erhebliche Stei- entstanden, die die BLM seit Jahren vor allem von Eltern gerung dar.
Der Jugendmedienschutz in der BLM 11 Neben der gestiegenen Anzahl der Fälle ist auf Bürgerbeschwerden Telemedien: fällig, dass sich die Form der Beschwerden verändert hat. ausgewählte Beispiele aus der Praxis So erhielt die BLM im Jahr 2019 etliche über Social-Media- Kanäle übermittelte, teils anonyme oder bruchstückhafte ■ Problematische Inhalte aus dem Ausland – Hinweise, darunter Wut- und Hasskommentare sowie antisemitische Websites mit „Feindeslisten“: Fake-Beschwerden. Die Problematik von öffentlich zugänglichen, anti Beschwerdeführer kritisierten ganze Profile von An- semitischen Websites mit sogenannten „Juden-Steck- bietern bei YouTube, Twitter oder Instagram, die lange Vi- briefen“, in der öffentlichen Diskussion und in den Medien deos, Chataufzeichnungen oder eine Vielzahl von Postings, auch „Todeslisten“ oder „Feindeslisten“ genannt, war im teils in fremden Sprachen, enthielten. Dies zog zeitauf- Berichtszeitraum ein Schwerpunkt bei den Beschwerden wendige Prüfungen nach sich. im Bereich Telemedien. Die BLM erhielt hierzu viele Anfra- Hinzu kam, dass immer häufiger Internetinhalte kriti gen und Beschwerden, sowohl von Bürgern als auch von siert wurden, bei denen der Anbieter nicht ermittelt wer- Strafverfolgungsbehörden und anderen Stellen, die hier den konnte. Dies gilt vor allem für Twitter- oder Instagram- hohen Handlungsbedarf sehen. Ein Beispiel dafür war eine profile, bei denen oft nur ein vager Hinweis auf den Wohn- englischsprachige Website, deren Anbieter im Ausland ort des jeweiligen Anbieters gegeben ist, wie z. B. „aus Bay- sitzt. Auf der Website wurden Personen und Institutio- ern“, und etliche Anbieter Kunstnamen angeben, sodass nen aus zahlreichen Ländern, darunter 384 aus Deutsch- kein Rückschluss auf ihre tatsächliche Identität möglich ist. land, aufgelistet, mit dem Ziel, „anti-weiße Verräter“ zu Vor diesem Hintergrund konnte die BLM in deutlich weniger „dokumentieren“ und „jüdischen Einfluss“ zu „markieren“ Fällen als im Vorjahr ihre Zuständigkeit ermitteln bzw. im („Documenting anti-White traitors, subversives, and high- Rahmen ihrer Zuständigkeit an die Anbieter herantreten. lighting Jewish influence“). Etwa ein Viertel der Problemfälle konnte dennoch Einem medienrechtlichen Vorgehen gegen den An- präventiv, d. h. durch Kontaktaufnahme mit dem Anbie- bieter durch die deutsche Medienaufsicht stand hier ent- ter bzw. dessen Jugendschutzbeauftragten, gelöst wer- gegen, dass die deutschen Jugendschutzbestimmungen den. Präventive Verfahren sind im Telemedienbereich häu- nur für Anbieter mit Sitz in Deutschland gelten. Die BLM figer als im Rundfunk, da die betreffenden Inhalte meist setzte sich deshalb bei der Kommission für Jugendmedien- noch online sind und eine nachträgliche Umsetzung von schutz dafür ein, dass zu der Website ein Indizierungsan- Jugendschutzmaßnahmen möglich ist (→ 1.3). Ein Teil der trag bei der BPjM, aufgrund einer möglichen Jugendge- Beschwerden mündet aber auch in Aufsichtsverfahren der fährdung, gestellt wurde. Eine Indizierung durch die BPjM BLM (→ 1.4). In den übrigen Fällen bestand entweder kein erfolgte im Januar 2020. Die Indizierung hat zur Folge, dass Handlungsbedarf, da sich der Verdacht auf einen Verstoß die Website künftig nicht mehr über Google und andere gegen die Jugendschutzbestimmungen nicht bestätigte, große Suchmaschinen abrufbar ist. oder es gab mangels Zuständigkeit bzw. Erreichbarkeit des Maßnahme: Einleitung eines Indizierungsverfahrens Anbieters keine Handlungsmöglichkeit für die BLM. durch die KJM → Indizierung durch die BPJM im Januar 2020; Inhaltliche Problemfelder bei den Beschwerden und Kommunikation mit Beschwerdeführern Anfragen im Bereich Telemedien im Jahr 2019 waren insbe- sondere: die Verwendung von Kennzeichen verfassungs- widriger Organisationen; fremdenfeindliche, antisemiti- sche oder volksverhetzende Inhalte; das Bewerben und Anbieten indizierter Inhalte; Pornografie sowie entwick- lungsbeeinträchtigende Sexualdarstellungen; Gewaltdar- stellungen; Darstellungen von Alkohol- und Tabakkonsum; „Let’s Play Videos“, d. h. das kommentierte Vorführen von Computerspielen und andere Inhalte in Streamingangebo- ten, wobei sich hier zugleich die Frage nach der rundfunk- rechtlichen Einordnung stellte.
12 Der Jugendmedienschutz in der BLM ■ Streaming-Angebote im Internet mit „Let’s Play Videos“: Rundfunk im Internet hintergrund Im Jahr 2018 hatten Bürger auf verschiedene (Live-) Auch Inhalte im Internet können Rundfunk sein Streaming-Angebote im Internet hingewiesen, die Rund- und eine Rundfunkzulassung bzw. Genehmigung funk seien und eine Rundfunkgenehmigung der Medien einer Landesmedienanstalt benötigen. Gemäß aufsicht benötigten. Dies setzte sich im Jahr 2019 fort. der „Checkliste zur Einordnung von Streaming Neben der Frage der Einordnung solcher Streaming- Angeboten im Internet“ der Medienanstalten Angebote als Rundfunk oder Telemedium und dem Er- (vgl. https://www.die-medienanstalten.de/) sind entscheidende Kriterien für Rundfunk, dass greifen von Aufsichtsmaßnahmen bei fehlender Rund- ein Angebot live oder zumindest linear verbrei- funkzulassung (vgl. FAQs auf BLM-Website) befasste tet wird, dass es journalistisch-redaktionell ge- sich die BLM anlässlich von Beschwerden in einigen Fällen staltet ist, einem Sendeplan folgt und sich an auch mit der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen. mindestens 500 potenzielle Nutzer gleichzeitig Häufig ging es dabei um „Let‘s Play Videos“, die häufig wendet. Kein Rundfunk und somit zulassungs Bestandteil solcher Streaming-Angebote sind. Hier stellt frei sind dagegen Videos auf Abruf („on sich die Frage nach Altersfreigaben und entsprechenden demand“), bei denen die Nutzer einen individu- Jugendschutzmaßnahmen. ellen Startzeitpunkt bestimmen. Das ist derzeit Maßnahme: Kommunikation mit Anbietern und z. B. bei den meisten Videos auf YouTube, Vimeo Beschwerdeführern oder Facebook der Fall. Zuständig für die Ent- scheidung über Rundfunkzulassungen ist die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) „Let’s Play Videos“ im Internet der Landesmedienanstalten. hintergrund Bei „Let’s Play Videos“ im Internet handelt es Da im Rundfunk teilweise andere Jugendschutz sich um das kommentierte Vorführen von Com- maßnahmen gelten als in Telemedien – puterspielen, einer bei vielen Jugendlichen be- beispielsweise ist im Rundfunk keine Porno- liebten Aktivität, sowohl als Spieler als auch als grafie erlaubt, in Telemedien in geschlosse- Zuschauer. Vorgeführt und kommentiert wer- nen Benutzergruppen für Erwachsene hingegen den z. B. Computerspiele mit einer Freigabe der schon – ist die Frage der Einordnung eines An Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) gebots als Rundfunk oder Telemedium auch für ab 16 oder ab 18 Jahren. Bei solchen „Let‘s Plays“ den Jugendschutz relevant. ist regelmäßig von einer Jugendschutzrele- Wer Hörfunkprogramme ausschließlich im Inter- vanz auszugehen. Es stellt sich deshalb die Frage net verbreitet, bedarf keiner Zulassung. Er hat nach Jugendschutzmaßnahmen und die Bestel- das Angebot der zuständigen Landesmedienan- lung eines Jugendschutzbeauftragten kann nö- stalt anzuzeigen (§ 20b Rundfunkstaatsvertrag tig sein. Die Altersfreigaben der USK für Compu- (RStV). terspiele können allerdings nicht eins zu eins auf die kommentierten und als Video präsentierten Spiele-Versionen übertragen werden. Ein „Let's Play V ideo“ zu einem USK 18-Spiel ist also nicht ■ Inhalte in Mediatheken von TV-Sendern: automatisch erst „ab 18“ zum Anschauen geeig- Tele 5 setzt online auf Zeitgrenzen net. Eine Überprüfung muss hier immer im Ein- Die BLM erhält regelmäßig Beschwerden zu Inhalten zelfall erfolgen, da die jeweiligen Kommentierun- in Mediatheken von Fernsehsendern. Dabei zeigt sich im- gen und Spielverläufe ganz unterschiedlich sein mer wieder, dass Bürger die Maßnahme „Alterskennzeich- können und bei einer Bewertung aus Jugend- nung“ für Jugendschutzprogramme, auch „Labeling“ ge- schutzsicht mit berücksichtigt werden müssen. nannt, nicht kennen. Die Filme oder Serienfolgen, die im Fernsehen nur innerhalb von Zeitgrenzen zu sehen sind, werden in den Online-Mediatheken rund um die Uhr ange- boten, scheinbar frei zugänglich. Das Labeling, das im Hin-
Der Jugendmedienschutz in der BLM 13 tergrund läuft, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen gramm zahlreicher Sender. Bei solchen sexualisierten Pro- und die damit verknüpfte Ausfilterung von Inhalten funk- gramminhalten besteht ein Problempotenzial dahinge- tioniert nur, wenn auf dem heimischen PC ein entsprechen- hend, dass Kinder und Jugendliche mit Inhalten konfron- des Jugendschutzprogramm installiert ist. Das ist in der tiert werden, die ihrem Entwicklungsstand nicht entspre- Praxis selten der Fall: So nehmen viele Nutzer diese Art der chen und von ihnen nicht eingeordnet werden können. Jugendschutzmaßnahme gar nicht wahr. Hinzu kommt: Da Die Darstellung erfolgt dabei meist aus einer Erwachse- bisher nicht alle Geräte berücksichtigt sind, mit denen Kin- nenperspektive und setzt einen sexuellen Erfahrungs- der und Jugendliche online sind, wie Smartphones oder Ta- fundus v oraus, den Kinder und Jugendliche nicht besitzen. blets und auch nicht alle relevanten Plattformen, steht Eine derartige Beschwerde bezog sich auf die Ausstrah- die Wirksamkeit des Labelings und der Jugendschutzpro- lung eines Werbespots des Kondomherstellers „Durex“ gramme derzeit ganz grundsätzlich in der Kritik. zu dessen Gleitgel-Sortiment im Rahmen der Kampagne Deshalb, und weil die BLM hierzu mit ihnen im Aus- „Girls Go Gleitgel“. Der Werbespot wurde mehrmals im tausch steht, setzen manche Anbieter inzwischen auf Tagesprogramm des Senders Kabel Eins ausgestrahlt. Alternativen. So hat der bundesweite TV-Sender Tele 5, mit Die BLM prüfte den Werbespot im Hinblick auf eine Sitz in Bayern, bei Inhalten ab 18 Jahren in seiner Online- entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder und Mediathek jetzt auf eine Beschränkung der Sendezeit Jugendliche, sah jedoch aufgrund der vorliegend insge- – auf den Zeitraum zwischen 23:00 und 06:00 Uhr – um- samt dezenten Darstellungsebene noch keinen Anfangs- gestellt. Tele 5 setzt damit eine Jugendschutzmaßnahme verdacht auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des ein, die in der Praxis wirksam und Eltern aus dem linearen JMStV. Dennoch stellt die gehäufte Darstellung sexueller Fernsehen vertraut ist. Themen im Tagesprogramm – auch wenn sie sich innerhalb Maßnahme: Kommunikation mit Anbieter → Tele 5 der gesetzlichen Grenzen des JMStV bewegt – aus Sicht setzt Zeitgrenzen bei Filmen ab 18 Jahren in der Mediathek der BLM ein medienethisches Problem dar. ein; Kommunikation mit Beschwerdeführern Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer; Verweis an Anbieter auf neue BLM-Broschüre „Wie erkläre ich das meinem Kind? Darstellungen von Sexualität in den Medien“ 1.2.2 Beschwerden Rundfunk ■ TLC: „Mein Leben mit 300 kg“ und Im Jahr 2019 erhielt die BLM 25 Beschwerden zu Rundfun- „Body Bizarre“ kinhalten aus ihrem Zuständigkeitsbereich. Gegenstand Zur Ausstrahlung der Reality-Doku-Formate „Body der Beschwerden waren Sendeinhalte verschiedener Gen- Bizarre“ und „Mein Leben mit 300 kg“ erreichte die BLM res, hauptsächlich im Fernsehen, aber auch im Hörfunk: Re- eine Beschwerde. Während die Episode von „Body Bizarre“ ality-Dokus, Werbespots, Spielfilme, Serienepisoden, Ero- im Hauptabendprogramm ausgestrahlt wurde, erfolgte tikformate und Dokumentationen. die Ausstrahlung der Episode „Mein Leben mit 300 kg“ an- Einen Schwerpunkt stellten Beschwerden dar, die schließend im Spätabendprogramm. In beiden Formaten sich auf die Ausstrahlung sexualisierter Programminhalte wird der Alltag von Personen präsentiert, die an als un- bezogen – darunter auch von Werbespots für Sexspiel- gewöhnlich angesehenen Erkrankungen leiden. Während zeug und andere Erotikartikel im Tagesprogramm. das Format „Mein Leben mit 300 kg“ Personen zeigt, die an starker Adipositas erkrankt sind, begleitet das Format „Body Bizarre“ meist Menschen mit seltenen Hautkrank- Bürgerbeschwerden Rundfunk: heiten, die im Regelfall mit Tumor- und Geschwulstbildun- ausgewählte Beispiele aus der Praxis gen einhergehen. Der Beschwerdeführer problematisierte eine Zurschaustellung der Betroffenen bzw. Verletzung ■ Kabel Eins: Werbespot für „Durex“-Gleitgel der Menschenwürde der dargestellten Personen. Im vorliegenden Berichtszeitraum erreichten die BLM Die BLM hat die Ausstrahlungen geprüft und proble- erneut mehrere Beschwerden zur Ausstrahlung von Wer- matisierte die voyeuristischen Tendenzen, die bei beiden bespots zu Sexspielzeug und Erotikartikeln im Tagespro- Formaten vorherrschen. Angesichts der Ausstrahlungs-
14 Der Jugendmedienschutz in der BLM zeiten im Haupt- bzw. Spätabendprogramm stellte sie je- 1.3 Prävention doch keinen Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen fest. Aufgrund des insge- Die BLM hat nicht nur die Durchführung von Aufsichtsver- samt überwiegend dokumentarischen Charakters und der fahren bei Jugendschutzverstößen im Blick. Sie versteht Darstellung der Betroffenen als aktiv Handelnde, die auf sich auch als bayernweiter Ansprechpartner für Rundfunk- die Heilung bzw. Linderung der jeweiligen Krankheit und und Telemedienanbieter in allen Jugendschutzbelangen. deren Symptome bedacht sind, bestand nach Auffassung Die BLM steht insbesondere mit den Jugendschutzbeauf- der BLM insgesamt nicht die Gefahr einer sozialethischen tragten der Anbieter in regelmäßigem Austausch, um sie Desorientierung für Kinder und Jugendliche ab 12 bzw. bei jugendschutzrelevanten Fragestellungen zu unterstüt- 16 Jahren. Ein Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen zen. Sie trägt auf diese Weise dazu bei, dass im Vorfeld von die Menschenwürde war nicht gegeben. aufsichtsrechtlichen Verfahren schnelle und praxisnahe Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer Lösungen im Sinne des Jugendmedienschutzes gefun- den werden können. Etliche Verstöße können so aufgrund ■ Tele 5: „Brown Bunny“ und präventiver Beratung von vornherein vermieden werden. „Die Suche nach dem Ultra-Sex“ Viele Anbieter nehmen das Präventions- und Beratungs- Wiederholt erreichten die BLM Zuschauerbeschwer- angebot regelmäßig in Anspruch. Sie sehen die BLM mit ih- den, in denen auf die Ausstrahlung vermeintlich porno- rer Jugendschutzexpertise als kompetenten und verlässli- grafischer Inhalte im Fernsehen hingewiesen wird. Erotik- chen Ansprechpartner. Gerade im Internet stellt der Kon- formate mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten im takt und Informationsaustausch zwischen Aufsicht und Rundfunk sind auf Grundlage von § 5 JMStV zulässig, wenn Anbietern – idealerweise den Jugendschutzbeauftragten – der Anbieter dafür Sorge trägt, dass Kinder und Jugend außerhalb von Aufsichtsverfahren eine wichtige Säule der liche sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Davon ist bei Jugendschutzarbeit dar, um Problemfälle schnell bilateral einer Ausstrahlung im Nachtprogramm zwischen 23:00 Uhr aufklären oder beheben zu können. und 06:00 Uhr auszugehen. Entsprechende Sendungen Zum Präventionsangebot des Bereichs Medienkom- bzw. Spielfilme dürfen jedoch nicht unzulässig sein. Bei petenz und Jugendschutz gehören größere Veranstaltun- erotischen bzw. sexualisierten Inhalten geht es hier vor gen, Gespräche in kleinerem Kreis und Hinweise an ein- allem um die Frage, ob Pornografie vorliegt. Dies wäre ein zelne Anbieter bei problematischen Einzelfällen. Zu den Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV, die Ausstrah- Zielgruppen der Präventionsarbeit der BLM gehören über- lung wäre im Rundfunk generell – somit auch im Nachtpro- dies Multiplikatoren. gramm – nicht zulässig. Zur Ausstrahlung des Dramas „Brown Bunny“ und der Erotik-Parodie „Die Suche nach dem Ultra-Sex“ im 1.3.1 Veranstaltungen und Gespräche Nachtprogramm des Senders Tele 5 ging eine Beschwerde ein, in der der Beschwerdeführer vermeintlich pornogra- Münchner Jugendschutzrunde 2019 fische Darstellungen problematisierte. Die Prüfung durch Am 16. 07. 2019 fand zum insgesamt 18. Mal die Münchner die BLM ergab, dass beide Filme zwar explizite Darstellun- Jugendschutzrunde in der BLM statt. Seit 2001 ist sie fester gen sexueller Handlungen aufweisen, beide Filme jedoch Bestandteil des präventiven Beratungsangebots der BLM der FSK zur Prüfung vorlagen und eine Freigabe ab 16 Jah- und erfährt stets großen Zuspruch. Erneut kamen rund 30 ren erhielten. Somit war die Ausstrahlung der Spielfilme im Teilnehmende auf Initiative des Bereichs Medienkompetenz Nachtprogramm von Tele 5 zulässig. und Jugendschutz in die BLM – hauptsächlich die Jugend- Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer schutzbeauftragten der privaten Fernsehanbieter und von Telemedienanbietern aus München und Umgebung, aber auch Jugendschutzsachverständige des Bayerischen Lan- desjugendamtes, des Stadtjugendamtes München sowie des Bayerischen Sozialministeriums, die den offenen Dia- log mit der bayerischen Medienaufsicht schätzen.
Der Jugendmedienschutz in der BLM 15 Vonseiten der BLM wurden die Anbietervertreter über Gespräch mit Discovery uschauerbeschwerden, Prüffälle in Rundfunk und Tele Z Der Jugendschutzbeauftragte der Discovery Communi- medien (vor allem rechtsextremistische Inhalte) sowie ju- cations Deutschland GmbH & Co KG bat um ein Gespräch gendschutzrelevante Problemfelder, die im laufenden Jahr mit der BLM, um über aktuelle Jugendschutz-Entwicklun- aufgefallen sind, informiert. gen bei Discovery zu informieren und den aktuellen Stand Zusätzlich fand ein Austausch über den aktuellen des Jugendschutz-Tools „MAX“ (Machine-readable Age- Stand der Novellierung der Jugendschutzrichtlinien, die classification X-pertise software) vorzustellen. Ein erstes Entwicklung bei Jugendschutzprogrammen im Zuge der Gespräch hierzu hatte bereits im Dezember 2017 stattge- KJM-Entscheidung zu „JusProg“ (→ 2.1) sowie die geplan- funden. Am 25. 07. 2019 präsentierten der Jugendschutz ten Änderungen bei den KJM-Prüfverfahren. Auch über beauftragte von Discovery und eine Mitarbeiterin das die gemeinsame Initiative der BLM und des Bayerischen hauseigene Jugendschutz-Klassifizierungstool. Das Instru Justizministeriums gegen Hassbotschaften im Netz wur- ment soll die tägliche Jugendschutzarbeit erleichtern den die Teilnehmenden in Kenntnis gesetzt. Der Austausch und die Jugendschutzbeauftragten des weltweit täti- wird im nächsten Jahr fortgesetzt. gen amerikanischen Medienunternehmens, dessen deut- sche Niederlassung in München sitzt, bei der Bewälti- Gespräche mit Anbietern gung des hohen Prüfaufkommens unterstützen. „MAX“ Der Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz führt basiert nicht auf Künstlicher Intelligenz und funktioniert anlassbezogen bilaterale Gespräche mit den Jugend- nur im Zusammenspiel mit Menschen. Es handelt es sich schutzbeauftragten und anderen Vertretern der Fernseh- um ein Prüf-Tool für Jugendschutzexperten, das Routine- sender und Telemedienanbieter im Zuständigkeitsbereich arbeiten bei Jugendschutzprüfungen vereinfachen und der BLM. Im Jahr 2019 gab es Gespräche zu unterschied für mehr Transparenz und Einheitlichkeit bei Bewertun- lichen jugendschutzrelevanten Themen. gen sorgen soll. Die Abstimmung der Kriterien der Prüf software erfolgt mit der FSF. Nach Auskunft des Jugend- Gespräch mit waipu.tv schutzbeauftragten plant Discovery, das System auch für Am 08. 04. 2019 fand in der BLM ein Gespräch mit Vertre- andere Anbieter zu öffnen. Discovery hat das Tool „MAX“ tern von ADAC TV und waipu.tv statt. Bei waipu.tv handelt der KJM im Rahmen der 22. KJM-Sitzung am 11./12. 09. 2019 es sich um eine Plattform für Live-Fernsehen und Abruf- in Stuttgart vorgestellt. Die BLM wertet derartige Initia dienste, die entweder direkt auf Smart TV, mobilen Endge- tiven von Anbietern als positiv für den Jugendschutz. räten und auf dem PC genutzt werden können oder mithilfe Wichtig ist hierbei, dass inhaltliche Bewertungen von Fach- von Streaming-Media-Adaptern auf das Fernsehgerät über- leuten vorgenommen werden, nicht von Algorithmen oder tragen werden. Der ADAC mit Sitz in München verantwor- KI-basierter Software. tet ADAC TV, das Teil eines Senderpakets von waipu.tv ist. Neben einer Demonstration der Funktionsweise von Sky waipu.tv stand die Frage im Vordergrund, ob es sich bei Die Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG legte im dem Angebot um Rundfunk oder ein Telemedium handelt. Jahr 2019 bei der KJM ihr Konzept für eine technische Die BLM wies darauf hin, dass unabhängig von dieser Frage Jugendschutzlösung „Family Feature“ zur Bewertung vor. die Jugendschutzbestimmungen und die Werbevorschrif- Vorbereitend dazu fand – nach einem ersten Gespräch ten zu beachten sind. Der Anbieter sagte zu, die einschlä- Ende des Jahres 2018 in der BLM – im Februar 2019 ein wei- gigen rechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Die BLM teres Gespräch mit Sky im Rahmen der KJM-Arbeitsgruppe verwies ferner auf die Notwendigkeit einer bundesweit „Technischer Jugendmedienschutz“ in München statt. In einheitlichen Einordnung derartiger Angebote durch die ihrer Sitzung im Mai 2019 bewertete die KJM das Konzept Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK). An dem „Family Feature“ als ein technisches Mittel im Sinne des Gespräch nahmen zwei Mitarbeiter des Bereichs Medien- JMStV positiv – zunächst befristet für den Zeitraum von kompetenz und Jugendschutz teil. zwei Jahren mit Option auf Verlängerung (→ 2.1).
16 Der Jugendmedienschutz in der BLM Austausch mit Experten wird. Das Wunsiedler Forum wird vom Bayerischen Bünd- nis für Toleranz bzw. der Projektstelle gegen Rechtsextre- ■ Vernetzung beim Thema „politischer mismus im Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrum Extremismus“ Bad Alexandersbad und der Stadt Wunsiedel veranstaltet. Die BLM setzte im Berichtszeitraum den Expertenaus- tausch zum Thema „politischer Extremismus“ fort. So tagte Schulungen für Multiplikatoren auf Einladung der BLM im November 2019 zum dritten Mal Im Rahmen ihrer Präventionsarbeit wendet sich die BLM die Expertenrunde „Politischer Extremismus im Internet“. nicht nur an Anbieter, sondern auch an Zielgruppen aus Ziel der Gesprächsrunde ist, sich mit Vertretern verschiede- dem Bereich der Multiplikatoren, wie Lehrer, Erzieher, Me- ner Stellen aus München und Umgebung, die mit der Pro- dienpädagogen oder Fachkräfte von Jugendämtern oder blematik befasst sind, auszutauschen und zu vernetzen. der Jugendhilfe. Hintergrund ist, dass die Anzahl der Bürgerbeschwer- den vor allem zu fremdenfeindlichen, rechtsextre mis- ■ Fachforum Jugendschutz „Mit einem Bein im tischen und antisemitischen Online-Inhalten sowie die Zahl Knast – Urheberrecht und Verantwortlichkeit entsprechender Prüf-, Aufsichts- und Gerichtsverfahren in von Jugendlichen bei der Mediennutzung“ den letzten Jahren gestiegen und das Thema zu einem Am 08. 04. 2019 fand in Nürnberg das vom Bayerischen Schwerpunkt der BLM-Jugendschutzarbeit geworden ist. Landesjugendamt (BLJA) veranstaltete Fachforum Jugend- Beim Austausch zu aktuellen Fragen und Erfahrun- schutz unter dem Titel „Mit einem Bein im Knast – Urheber- gen rund um das Thema „Politischer Extremismus im Inter- recht und Verantwortlichkeit von Jugendlichen bei der Me- net“ wurde unter anderem über Möglichkeiten des Vorge- diennutzung“ statt. Nach einer Begrüßung durch den Leiter hens gegen sogenannte „Feindes-“ oder „Todeslisten“ auf des BLJA referierte eine Mitarbeiterin des Bereichs Medien- ausländischen Websites mit antisemitischem Hintergrund kompetenz und Jugendschutz zu dem Thema „Musik, Vi- gesprochen. Zu diesen Listen im Internet hat die BLM im deos und Fotos grenzenlos? Tipps, Tricks und Klicks zum Ur- aktuellen Berichtszeitraum viele Beschwerden erhalten. heberrecht“. Anschließend hielt ein Richter des Oberlandes- Neben der Medienaufsicht sind auch die Strafverfolgungs- gerichts Nürnberg einen Vortrag zum Thema „Haftung und behörden damit befasst (→ 1.2.1). Die Expertenrunde soll Sanktionen – Aktuelle Rechtsprechung zum Urheberrecht“. auch in Zukunft fortgeführt werden. An der Veranstaltung nahmen ca. 100 Jugendschutzfach- Die BLM ist weiterhin Mitglied im Landesweiten Be- kräfte der bayerischen Jugendämter, der Jugendhilfe und ratungsgremium „Bayern gegen Rechtsextremismus“, anderer Organisationen (z. B. Polizei, Ordnungsbehörden, einem Zusammenschluss von unterschiedlichen Instituti- Jugendarbeit, S chulen) teil. onen, Initiativen, staatlichen und nicht-staatlichen Orga- nisationen sowie Einzelpersonen, die sich gegen Rechtsex- ■ Fortbildung des Referentennetzwerks der tremismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschen- Stiftung Medienpädagogik Bayern feindlichkeit engagieren. Im Fokus des Gremiums stehen Am 17. und 18. 07. 2019 fand eine Schulung neuer Re- Erfahrungsaustausch und Vernetzung. Im Jahr 2019 fan- ferentinnen und Referenten des Medienpädagogischen den zwei Vernetzungstreffen, im Mai in München und im Referentennetzwerks Bayern in der BLM statt. Eine Mitar- Oktober in Nürnberg, statt. Koordiniert wird das Landes- beiterin des Bereichs Medienkompetenz und Jugendschutz weite Beratungsgremium von der Landeskoordinierungs- der BLM informierte die neuen Referentinnen und Referen- stelle Bayern gegen Rechtextremismus, einer Einrichtung ten in ihrem Vortrag über die Grundlagen des Jugendme- des Bayerischen Jugendrings (BJR). dienschutzes und zeigte relevante Aspekte für die Eltern Die BLM intensivierte im Berichtszeitraum ihren Aus- arbeit auf. Mit dem Referentennetzwerk bietet die Stiftung tausch mit dem Bayerischen Bündnis für Toleranz, das Medien pädagogik Bayern Bildungseinrichtungen in ganz ebenfalls Mitglied im Landesweiten Beratungsgremium Bayern kostenlose Informationsveranstaltungen für Eltern „Bayern gegen Rechtextremismus“ ist. So wurde verein- zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten und vermittelt bart, dass die BLM im Rahmen des nächsten Wunsiedler eine Referentin oder einen Referenten in örtlicher Nähe. Das Forums im Herbst 2020 als Kooperationspartner mitwirken Projekt wird von der Bayerischen Staatskanzlei gefördert.
Der Jugendmedienschutz in der BLM 17 1.3.2 Einzelfälle Inhaltliche Problemfelder waren insbesondere unzuläs- sige Inhalte wie die Verwendung von Kennzeichen verfas- Telemedien sungswidriger Organisationen oder Volksverhetzung, das Bewerben und Anbieten indizierter Filme und Spiele im Online-Versandhandel, Pornografie, entwicklungsbeein- Die BLM tritt im Vorfeld von Aufsichtsverfah- trächtigende Sexualdarstellungen, Serien und Filme in Me- hintergrund ren an Telemedienanbieter heran, bei deren diatheken und Video-on-Demand-Angeboten mit zu nied- Angeboten Verstöße gegen die Jugendschutz- riger Alterseinstufung sowie problematische Werbeinhalte, bestimmungen gesehen werden und bei denen u. a. zum Thema Alkoholwerbung. gleichzeitig eine Bereitschaft für den Jugend- medienschutz zu erwarten ist. Die BLM weist die Anbieter auf die problematischen Inhalte hin und benennt mögliche Jugendschutzmaßnah- Beispiele aus der Praxis men. In vielen Fällen reagieren die Anbieter und entfernen die betreffenden Inhalte oder setzen ■ Bastel- und Malvorlagen in Hakenkreuzform Jugendschutzmaßnahmen wie Zeitgrenzen bei Online-Versandhandel oder Alterskennzeichnungen („Labeling“) ein. Die BLM erreichte ein Hinweis auf Schablonen in Ha- Auf diese Weise werden Jugendschutzprobleme kenkreuzform, die bei einem großen Online-Versandhan- schnell und praxisnah gelöst. Reagieren die An- del in verschiedenen Größen als Bastel- und Malvorlagen bieter nicht und bestehen die Verstöße w eiter, beworben und zum Kauf angeboten wurden. Es handelte speist die BLM die Fälle in das Prüfverfahren der sich hier um das Anbieten von Kennzeichen verfassungs- KJM ein. widriger Organisationen. Dies ist als absolut unzulässig so- wohl im Sinne des JMStV als auch des Strafgesetzbuches (StGB) einzustufen. Da die sogenannte Sozialadäquanz- Im Berichtszeitraum kontaktierte die BLM in rund 40 Fäl- klausel hier nicht einschlägig war (→ 1.4.1), kontaktierte len Telemedienanbieter mit Sitz in Bayern und wies sie auf die BLM die Jugendschutzbeauftragte des Anbieters und problematische Inhalte in ihren Angeboten hin, mit dem forderte sie zum schnellen Handeln auf. Innerhalb kurzer Ziel, dass auf freiwilliger Basis Jugendschutzmaßnahmen Zeit wurden die betreffenden Produkte aus dem Angebot ergriffen werden. Anlass hierfür waren meist Bürgerbe- entfernt. schwerden oder Hinweise anderer Stellen an die BLM. Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Produkte Etwa die Hälfte der Fälle bezog sich dabei auf das entfernt Angebot eines großen Online-Versandhandels mit Haupt- sitz im Ausland und einer deutschen Zweigniederlassung ■ Website zu WhatsApp-Gruppen mit in München. Zu Inhalten im Angebot des Versandhandels volksverhetzenden Titeln erhält die BLM regelmäßig Beschwerden und Hinweise. Bereits im Vorjahr hatte die BLM mehrere Hinweise Aufsichtsmaßnahmen sind jedoch nicht möglich, da der und Beschwerden zu einem Angebot eines Webentwick- JMStV hier nicht greift. Fälle, bei denen Handlungsbedarf lers aus Bayern erhalten, das Nutzern dazu dient, Whats- besteht, leitet die BLM daher im Rahmen ihrer präventi- App-Gruppen zu suchen, zu finden und zu gründen. Dabei ven Tätigkeit an die Jugendschutzbeauftragte für das waren Gruppen-Titel und -Beschreibungen aufgefallen, dortige Notice-and-Takedown-Verfahren weiter. Dies be- die volksverhetzend waren, verfassungsfeindliche Paro deutet: Der Anbieter entfernt problematische Inhalte von len enthielten oder sich an der Grenze zur Pornografie Marketplace-Anbietern, wenn er darüber zuvor in Kenntnis bewegten. Als Inhalteanbieter sind dabei die verschiede- gesetzt wurde. Die BLM meldet kontinuierlich problema- nen N utzer anzusehen, die die betreffenden WhatsApp- tische Inhalte an den Anbieter. Dieser entfernt die betref- Gruppen erstellen und betiteln. Die BLM wies den Platt- fenden Inhalte in der Regel schnell, allerdings tauchen auf- formbetreiber schriftlich auf die Problematik hin und for- grund der Fülle der Produkte innerhalb kurzer Zeit wieder derte ihn auf, zu reagieren. Im Anschluss waren Verände- neue Problemfälle auf (→ 1.2). rungen im Angebot feststellbar. So ergaben stichproben-
18 Der Jugendmedienschutz in der BLM artige Überprüfungen der BLM, dass die früheren massiven und zu FSK-Freigaben auch bei fernsehnahen Inhalten in Verstöße im Bereich der Unzulässigkeit bei der Betitelung Video-on-Demand-Angeboten zur Orientierung nutzen. und Beschreibung von WhatsApp-Gruppen nicht mehr Maßnahme: Hinweis an Anbieter → indizierte und gegeben sind. beschlagnahmte Filmfassung entfernt Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Angebot verändert Jugendschutz und Alkoholwerbung hintergrund ■ Alkoholwerbung in Facebook-Account zu Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) „School‘s Out Partys“ in Bayern enthält eigene Regelungen zum Jugendschutz Im Rahmen eines Facebook-Auftritts, der Veranstal- in der Werbung, darunter auch zum Thema tungen der unter Jugendlichen populären „School‘s Out Alkoholwerbung. So darf sich Werbung für Partys“ in einer bayerischen Großstadt ankündigt und alkoholische Getränke weder an Kinder oder bewirbt, war ein von Partymusik untermalter Videoclip Jugendliche richten noch durch die Art der Dar- stellung Kinder und Jugendliche besonders mit Alkoholwerbung abrufbar. Es handelte sich dabei um ansprechen oder diese beim Alkoholgenuss dar- eine Art der Darstellung von Alkoholwerbung, die Jugend stellen (§ 6 Abs. 5 JMStV). Gesetzliche Jugend- liche besonders anspricht: So wurde ein jugendaffines schutzbestimmungen, die besagen, dass man Geschehen und ein für Jugendliche attraktives Ambiente Alkoholkonsum in den Medien grundsätzlich nur mit feiernden jungen Menschen und beliebten Freizeit Personen ab 16 oder 18 Jahren zeigen darf, gibt aktivitäten wie Tisch- und Sandfußballspielen gezeigt. Der es nicht. Es kommt auf die Art der Darstellung Videoclip war dabei auch als an Jugendliche gerichtet zu im Einzelfall an. Weitere Jugendschutzbestim- verstehen, da ab 16-Jährige die Zielgruppe der „School‘s mungen zum Thema Alkohol stehen im Jugend- Out Partys“ sind. Derartige Darstellungen mit Werbung für schutzgesetz (§ 9 JuSchG). Darin finden sich u. a. alkoholische Getränke sind in Rundfunk und Telemedien Regelungen, ab welchem Alter alkoholische Ge- unzulässig. Die BLM kontaktierte den Anbieter und wies tränke an Jugendliche abgegeben werden dür- ihn auf die Problematik hin. Überprüfungen zeigten, dass fen. Diese Vorschriften beziehen sich aber auf das Video umgehend entfernt wurde. den Jugendschutz in der Öffentlichkeit und nicht Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Werbeclip entfernt auf Darstellungen in den Medien. ■ Horrorfilm in indizierter und beschlagnahm- ter Version in Video-on-Demand-Angebot In einem großen Video-On-Demand-Angebot fiel Rundfunk aufgrund einer Bürgerbeschwerde ein Spielfilm aus dem Horror-Genre auf, der statt in der zulässigen FSK-18- ■ Anfragen von Rundfunkanbietern zu Version in der ungekürzten, von der BPjM indizierten und Werbung für Prostitution und Sexspielzeug beschlagnahmten Fassung gezeigt wurde. Derartige Filme Nach Beschluss des Medienrats vom 24. 07. 2014 darf sind laut JMStV absolut unzulässig und dürfen nicht zu- Werbung für Prostitution und Sexspielzeug grundsätzlich gänglich gemacht werden. Die BLM kontaktierte die Ju- nur zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr ausgestrahlt wer- gendschutzbeauftragte des verantwortlichen Anbieters den. Hierzu haben die Anbieterverbände Verband Bayeri- im Rahmen ihrer präventiven Anbieterberatung und for- scher Lokalrundfunk (VBL), Vereinigung Bayerischer Rund- derte sie zur kurzfristigen Stellungnahme auf. Der Anbie- funkanbieter (VBRA) und Verband unabhängiger Lokal- ter reagierte in kurzer Zeit und entfernte die benannte in- radios in Bayern (VuLB) bereits im Jahr 2016 eine Hand- dizierte und beschlagnahmte Filmfassung aus seinem An- lungsanweisung erarbeitet, die den Medienratsbeschluss gebot. So konnte hier im Sinne des Jugendschutzes im Vor- konkretisiert und den Sendern und Vermarktern bei Ein- feld eines Aufsichtsverfahrens eine schnelle Lösung erzielt zelfragen weiterhelfen soll. Der BLM-Medienrat hat die werden. Derartige Fälle zeigen, dass Bürger die aus dem Handlungsanweisung im Jahr 2016 zustimmend zur Kennt- linearen Fernsehen bekannten Regelungen zur Indizierung nis genommen. Dennoch wandten sich auch im Jahr 2019
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