Jugendschutzbericht 2020 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - der Bayerischen ...

 
WEITER LESEN
Jugendschutzbericht 2020 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - der Bayerischen ...
Jugendschutzbericht
2020
für den Medienrat der
Bayerischen Landeszentrale
für neue Medien (BLM)
Jugendschutzbericht 2020 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - der Bayerischen ...
Jugendschutzbericht 2020 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - der Bayerischen ...
Jugendschutzbericht 2020
für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale
für n
    ­ eue Medien (BLM)

BLM | Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz
München, 11. Februar 2021
Jugendschutzbericht 2020 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - der Bayerischen ...
Inhalt

                   Vorwort  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .     6

1                  Der Jugendmedienschutz in der BLM .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                   7

1.1                Medienkompetenz-Ausschuss  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                            7

1.2                Beschwerden  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               10

1.2.1              Beschwerden Telemedien  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  10

1.2.2              Beschwerden Rundfunk  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  12

1.3                Prävention  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .          14

1.3.1              Veranstaltungen und Gespräche  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  14

1.3.2              Einzelfälle  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  16

1.4                Aufsicht  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  18

1.4.1              Aufsicht Telemedien  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  19

1.4.2              Aufsicht Rundfunk  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                        21

1.4.3              Gerichtsverfahren  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  27

1.5                Genehmigungen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                      28

2                  Bundesweiter Jugendmedienschutz: BLM und KJM  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                      29

2.1                Arbeitsgruppen der KJM  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  29

2.2                Thematische Einzelfragen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                   34

2.3                Prüftätigkeit für KJM – Ständige Prüfer  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  37

3                  Beiträge zur Öffentlichkeitsarbeit  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  39
3.1                Veranstaltungen der BLM  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  39

3.2                Publikationen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  41

3.3                Vorträge, Podiumsdiskussionen, Workshops  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  42

4                  Weitere Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Abkürzungsverzeichnis  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                              46

Impressum  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .         47
6
                                      Vorwort

                                                                   Debatte und brachte die Perspektive des Jugendmedien-
                                                                   schutzes und der Medienaufsicht in eine aktuelle Aktion
                                                                   des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und
                                                                   Soziales gegen Verschwörungsmythen ein.
                                                                   ■ Auch auf die Veranstaltungen der BLM wirkte sich die
                                                                   Pandemie aus. Die stets gut besuchte Fachtagung Ju­
                                                                   gendschutz und Nutzerkompetenz – dieses Jahr zum
                                                                   Thema „Soll das ein Witz sein?! Was ist, was kann, was darf
    Die im Jahr 2020 weltweit grassierende Covid-19-Pandemie       Humor im digitalen Zeitalter?“ – musste verschoben wer-
    hatte nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die reale        den, da sie besonders vom persönlichen Austausch lebt.
    Lebenswelt, sondern auch auf die Medienwelt und Medien-        Andere Veranstaltungen wurden in digitaler Form durch-
    nutzung der Menschen. Dies zeigte sich vor allem auch bei      geführt. So fand zum Beispiel anlässlich des europaweiten
    Kindern und Jugendlichen: So verbrachten etwa Jugend­          Aktionstags für die Betroffenen von Hasskriminalität am
    liche zwischen 12 und 19 Jahren laut aktueller JIM-Studie1     22. 07. 2020 die Online-Veranstaltung „Justiz, Medien, Gesell-
    allein mit der Nutzung von Streamingdiensten knapp zwei        schaft – gemeinsam gegen Hate Speech“ statt.
    Stunden pro Tag – zusätzlich zur Nutzung anderer Medien-       ■ Erstmals brachte die BLM eine Publikation zu einem
    angebote. Die damit einhergehenden Entwicklungen stel-         wichtigen Nutzerschutz-Thema in Leichter Sprache he­
    len auch den Jugendmedienschutz vor neue Herausforde-          raus: Die Broschüre „Recht am eigenen Bild – Tipps in
    rungen. Dies gilt selbstverständlich auch für die gesetzli-    Leichter Sprache“ erklärt Menschen mit Leseeinschränkun-
    chen Grundlagen in diesem Bereich, die laufend überprüft       gen, worauf man beim Fotografieren, Filmen und Verbrei-
    und novelliert werden müssen. Dabei heißt es jedoch stets,     ten von Bildern im Netz achten sollte.
    das Ziel des Jugendmedienschutzes nicht aus den Augen          ■ Auch bei den Aufsichtsverfahren hat die BLM neue
    zu verlieren: mediale Einflüsse der Erwachsenenwelt auf        Wege beschritten: Sie hat damit begonnen, in einem abge-
    Kinder und Jugendliche, die ihrem Alter und Entwick-           stuften Verfahren aufgrund von Pornografie gegen Twitter
    lungsstand (noch) nicht entsprechen, möglichst gering zu       vorzugehen. Damit hat sich die BLM dem Vorgehen ge-
    halten.                                                        gen Twitter als Plattformbetreiber und Host-Provider an-
           Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien           geschlossen, das die Kommission für Jugendmedienschutz
    (BLM) hat im Jahr 2020 eine Vielzahl von Medienangebo-         (KJM) gemeinsam mit einigen Landesmedienanstalten
    ten mit Blick auf mögliche Jugendschutzverstöße über-          führt.
    prüft – von Fällen aus der eigenen Beobachtung bis hin zu      ■ Bei zahlreichen bundesweiten Jugendschutzfragen
    Beschwerden und Hinweisen, die beispielsweise von Bürge-       übernahm die BLM im Rahmen der Mitarbeit bei der Kom-
    rinnen und Bürgern eingehen. Darüber hinaus hat sie zahl-      mission für Jugendmedienschutz wieder eine aktive Rolle,
    reiche weitere Aktivitäten umgesetzt, zum Beispiel:            vor allem im Kreis der Ständigen Prüfer der KJM sowie in
    ■ Beim Engagement der BLM gegen Extremismus, Anti­             den verschiedenen KJM-Arbeitsgruppen. So hat sie bei-
    semitismus und verwandte Problemfelder in den Medien           spielsweise an der Überarbeitung der Beurteilungskrite-
    spielte in diesem Jahr das Thema Verschwörungsideo­            rien der Medienaufsicht – den „Kriterien für die Aufsicht
    logien eine große Rolle – bedingt durch die Corona-Pan-        im Rundfunk und in den Telemedien“ – aktiv mitgewirkt,
    demie (Stichwort „Querdenker-Bewegung“). Neben der             die im Herbst 2020 in aktualisierter Form veröffentlicht
    Prüfung von Bürgerbeschwerden zu entsprechenden                wurden.
    Medien­inhalten beteiligte sich die BLM an der öffentlichen           Gemäß dem Medienratsbeschluss vom 11. 11. 1993
                                                                   zur Eindämmung der Gewalt im Fernsehen berichtet die
                                                                   Geschäftsführung hiermit zum 46. Mal über die Aufsicht
                                                                   von Angeboten im Rundfunk und in Telemedien sowie
                                                                   über Maßnahmen im Hinblick auf die Bestimmungen des
    1 Quelle: JIM 2020 Jugend, Information, Medien – Basisunter­
    suchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland,   Jugendschutzes. Dies umfasst den Zeitraum von Januar bis
    Hrsg.: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest           einschließlich Dezember 2020.
1
                                                                                                                                  7
                                       Der Jugendmedienschutz
                                       in der BLM

   Der Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien gehört              1.1 Medienkompetenz-Ausschuss
   zu den zentralen Aufgaben der Landesmedienanstalten.
   Er ist ein Rechtsgut mit Verfassungsrang (Artikel 5 Abs. 2
   Grundgesetz). In Bayern nimmt die BLM diese Aufgabe auf

                                                                hintergrund
                                                                              Der Ausschuss „für Fragen der Medienkompe-
   Grundlage der Bayerischen Verfassung sowie des Bayeri-
                                                                              tenz und des Jugendschutzes (Medienkompe-
   schen Mediengesetzes (BayMG) wahr.
                                                                              tenz-Ausschuss)“ wurde 2014 eingerichtet, um
                                                                              der besonderen Bedeutung der beiden Themen in
                                                                              der BLM Rechnung zu tragen.
              Nach Artikel 111a der Bayerischen Verfassung
hintergrund

              wird Rundfunk in öffentlicher Verantwortung
              und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft be-
              trieben. Die Bayerische Landeszentrale für neue      Im Berichtszeitraum behandelte der Ausschuss in drei
              Medien steht daher in einer besonderen gesell-       Sitzungen zahlreiche Fragen und setzte erneut wichtige
              schaftlichen Verantwortung: Sie hat unter            fachliche Impulse. Für die praktische Arbeit der BLM ist die
              anderem die Aufgabe, auf eine qualitätsvolle         Beratung von Jugendschutzfragen im Ausschuss, in dem
              Programmgestaltung hinzuwirken.
                                                                   Vertreterinnen und Vertreter verschiedener gesellschaft-
                                                                   lich relevanter Gruppen vertreten sind, von zentraler Be-
                                                                   deutung. Der Jugendschutz der BLM wird dadurch maß-
         Dem BLM-Medienrat mit seiner pluralistischen Zu-          geblich unterstützt und gestärkt.
   sammensetzung aus den gesellschaftlich relevanten
   Gruppen Bayerns und dem Medienkompetenz-Ausschuss
   kommt beim Jugendschutz eine besondere Bedeutung
   zu. Der gesamtgesellschaftliche Diskurs ist hier besonders                 Die Aufgaben des „Ausschusses für Fragen der
                                                                hintergrund

   wichtig, da Jugendschutzfragen immer eng mit Wertefra-                     Medienkompetenz und des Jugendschutzes
   gen verknüpft sind.                                                        (Medienkompetenz-Ausschuss)“:

                                                                              ■	die Beratung von Fragen der Vermittlung von
                                                                                 Medienkompetenz und zur Förderung von
                                                                                 Medienkompetenzprojekten
                                                                              ■	die Begleitung medienpädagogischer
                                                                                 Veranstaltungen
                                                                              ■	die Beratung der übereinstimmenden Sat-
                                                                                 zungen und Gemeinsamen Richtlinien nach
                                                                                 dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
                                                                                 (JMStV)
                                                                              ■	die Beratung über Jugendschutzfragen im
                                                                                 Hörfunk und im Fernsehen sowie in den
                                                                                 Telemedien
8      Der Jugendmedienschutz in der BLM

              In der Sitzung am 10. 03. 2020 wurde Michael Schwä-      sicht und sind eine zentrale Grundlage für die BLM-Jugend-
       gerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes,         schutzarbeit sowohl bei Aufsichtsverfahren als auch im
       zum neuen Vorsitzenden des Medienkompetenz-Aus-                 präventiven Bereich.
       schusses gewählt. Michael Voss, der seit Mai 2017 den Vor-            Die Ausschussmitglieder befassten sich mit aktuel-
       sitz innehatte, schied in der Sitzung am 26. 11. 2019 aus dem   len Beispielfällen und würdigten die Jugendschutz-Arbeit
       Medienkompetenz-Ausschuss aus. Ilona Schuhmacher, die           der BLM bei der Bearbeitung von Bürgerbeschwerden.
       im Oktober 2019 seine Nachfolge als Vizepräsidentin des
       Bayerischen Jugendrings antrat, nimmt nun seinen Platz          Jugendschutz beim Anbieter ProSieben
       als Mitglied im Medienrat ein und wurde von diesem in den       Seit Anfang 2020 ist der Sender ProSieben bei der BLM zu-
       Medienkompetenz-Ausschuss entsandt.                             gelassen. Vor diesem Hintergrund befasste sich der Aus-
                                                                       schuss mit dem Jugendschutz des Anbieters. Die BLM
                                                                       überprüft regelmäßig in Stichproben das Mediatheken-
                  Der Medienkompetenz-Ausschuss                        angebot sowie das Fernsehprogramm von ProSieben im
    hintergrund

                  (Stand: 31. Dezember 2020):                          Hinblick auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmun-
                                                                       gen. Mehrere Sendungen im Programm des Senders sind
                  Vorsitzender:
                  Michael Schwägerl (Lehrerverbände)                   jugendschutzrelevant und regelmäßig Gegenstand von
                                                                       öffentlichen und gesellschaftskritischen Debatten. Dies
                  Stv. Vorsitzender:                                   zeigt sich auch an der Anzahl von Bürgerbeschwerden, die
                  Dr. Gerhard Hopp (Bayerischer Landtag, CSU)          bei der BLM dazu eingehen. Die BLM steht im regelmäßi-
                  14 Mitglieder:                                       gen Austausch mit den Jugendschutzbeauftragten von
                  Michael Busch (Bayerischer Journalistenver-          ProSieben. In vielen Fällen konnten somit durch entspre-
                  band), Max Deisenhofer (Bayerischer Landtag,         chende Hinweise der BLM Lösungen im Sinne des Jugend-
                  Bündnis 90/Die Grünen), Paul Hansel (Bund der        medienschutzes erreicht werden.
                  Vertriebenen Landesverband Bayern), Christa
                  Hasenmaile (Gewerkschaften), Dr. Gerhard Hopp        Vorgehen gegen ausländische Anbieter:
                  (Bayerischer Landtag, CSU), Walter Keilbart          Änderung der gesetzlichen Grundlagen nötig
                  (Industrie- und Handelskammern), Ulla Kriebel        Ein weiteres Thema im Ausschuss war das Vorgehen der
                  (Katholische kirchliche Frauenorganisationen),       Medienaufsicht gegen ausländische Anbieter bei mögli-
                  Wilhelm Lehr (Vertreter der Musikorganisatio-        chen Verstößen gegen den JMStV.
                  nen), Hans-Peter Rauch (Handwerkskammern),
                                                                             Die Landesmedienanstalten sind für die Einhal-
                  Ilona Schuhmacher (Bayerischer Jugendring),
                                                                       tung der gesetzlichen Bestimmungen des Jugendmedien-
                  Dr. Florian Schuller (Katholische Kirche),
                                                                       schutz-Staatsvertrags (JMStV) zuständig. Nach dem Gel-
                  Michael Schwägerl (Lehrerverbände), Harald
                                                                       tungsbereich des JMStV rücken damit zuerst Anbieter, die
                  Stempfer (Bayerischer Landessportverband),
                                                                       ihren Sitz in Deutschland haben, in den Fokus der Beob-
                  Arwed Vogel (Schriftstellerorganisationen)
                                                                       achtung und Aufsichtstätigkeit. Neben den Inhalte-An-
                                                                       bietern können aber auch Anbieter von Speicherplatz für
                                                                       fremde Inhalte (Host-Provider) oder reine Zugangsver-
                                                                       mittler (Access-Provider) grundsätzlich nach den Vor-
       Beschwerden aus der Bevölkerung: wichtige                       schriften des JMStV belangt werden. Die BLM ist in ihrer Ju-
       Grundlage für die Jugendschutzarbeit der BLM                    gendschutzarbeit immer wieder auch mit jugendschutzre-
       Der Ausschuss befasste sich mit den Beschwerden und An-         levanten Angeboten, die aus dem Ausland kommen, kon-
       fragen zu Jugendschutzthemen, die regelmäßig aus der            frontiert. Die Bestimmungen des JMStV sind jedoch gegen-
       Bevölkerung bei der BLM eingehen (→ 1.2). Diese Beschwer-       über ausländischen Anbietern nur schwer durchzusetzen.
       den und Hinweise zu Medieninhalten sind ein wichtiger           Da Content-Provider häufig nicht problemlos zu ermitteln
       Gradmesser für das Werteempfinden in der Gesellschaft.          sind, kann nach der abgestuften Verantwortlichkeit unter
       Sie zeigen den Bedarf für Jugendschutz und Medienauf-           bestimmten Voraussetzungen auch gegen Host-Provider
Der Jugendmedienschutz in der BLM    9

vorgegangen werden. Es handelt sich allerdings um sehr         Jugendschutzreform: Jugendschutzgesetz
aufwendige und langwierige Verfahren.                          des Bundes (JuSchG) und Jugendmedien­
       Einige Landesmedienanstalten führen derzeit Mus-        schutz-Staatsvertrag der Länder (JMStV)
terverfahren gegen Anbieter mit Sitz im EU-Ausland durch.      Auch über die anstehende Jugendschutzreform wurde im
Ziel ist es, neben der Ahndung der Verstöße auch gesetz-       Ausschuss beraten. Ziel der geplanten Novellierungen des
liche Missstände aufzuzeigen, um auf europäischer Ebene        Jugendschutzgesetzes (JuSchG) und des JMStV sollte ein
eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen zu bewir-           kohärentes System des Jugendmedienschutzes sein. Nach
ken. Auch die BLM hat erstmals bei vier Fällen Aufsichts-      Aufassung des Ausschusses sind wichtige Anforderungen
verfahren zu Angeboten mit Sitz des Host-Providers im          an die Reform eine klare Kompetenzverteilung zwischen
Ausland eingeleitet. Hierbei handelt es sich um Profile auf    Bund und Ländern, die Vermeidung von Doppelstrukturen,
Twitter mit pornografischen Inhalten, bei denen die Inha-      die Einbeziehung ausländischer Anbieter in die Regelungen
berin oder der Inhaber des Profils nicht ermittelt werden      und die Bereitstellung technischer Jugendschutzlösungen.
konnte (→ 2.2; → 1.4.1). Die Mitglieder des Ausschusses dis-   Am 14.10.2020 stimmte das Bundeskabinett dem Entwurf
kutierten über die Bedeutung des Vorgehens gegen aus-          zur Änderung des JuSchG zu, die abschließenden Beratun-
ländische Anbieter. Sie betonten die Wichtigkeit, Zeichen      gen im Bundesrat und Bundestag stehen noch aus (→ 2.2).
zu setzen, um die Notwendigkeit veränderter gesetzlicher       Der durch den Staatsvertrag zur Modernisierung der Me-
Grundlagen für die Arbeit der Medienaufsicht aufzuzeigen.      dienordnung in Deutschland (Modernisierungsstaatsver-
                                                               trag) geänderte JMStV trat am 07. 11. 2020 in Kraft (→ 2.2).
Verschwörungsmythen: ein Thema für den
Jugendmedienschutz                                             Rechtliche Aspekte bei TikTok
Der Ausschuss befasste sich mit dem Thema Verschwö-            Ein weiteres Thema für den Ausschuss waren die rechtli-
rungsmythen und Jugendschutz. In der Prüf- und Auf-            chen Problemlagen bei der chinesischen Plattform TikTok.
sichtspraxis der BLM fallen seit einigen Jahren immer wie-     TikTok wird zum Teil auch dazu genutzt, um jugendgefähr-
der Telemedienangebote, die Verschwörungsmythen ver-           dende Inhalte zu verbreiten. Nach den geltenden gesetzli-
breiten, auf. Diese Entwicklung wird aktuell durch die Co-     chen Vorschriften gibt es jedoch viele Hürden, um gegen-
rona-Pandemie verstärkt. Verschwörungsmythen sind              über ausländischen Anbietern rasch und effektiv vorge-
meist düster, schildern Bedrohungsszenarien und Dysto-         hen zu können (→ 2.2). Bei den Funktionsweisen von Tik-
pien und schaffen Feindbilder. Oft sind sie von einem ex-      Tok problematisierte der Ausschuss, dass bei Installation
tremistischen oder antisemitischen Weltbild geprägt, mi-       der TikTok-App die Nutzung „öffentlich“ voreingestellt
schen Fiktion und Fakten und sind daher schwer zu ent-         ist. Dadurch können zunächst alle Nutzerinnen und Nutzer
kräften. Dem BLM-Jugendschutz ist es ein Anliegen, dass        der App die Profile und hochgeladenen Videos sehen und
neben einem aufsichtsrechtlichen Vorgehen gegen ent-           kommentieren. Unerfahrene Kinder und Jugendliche kön-
sprechende Angebote auch präventiv auf mögliche Gefah-         nen so Gefahr laufen, durch freizügige und unbedachte Vi-
ren aufmerksam gemacht wird und wichtige Zielgruppen           deos mit privaten Details Opfer von Cyber-Grooming und
sensibilisiert werden. Die Ausschuss-Mitglieder befassten      Cyber-Mobbing zu werden. Kritisch betrachtet wurden zu-
sich mit ausgewählten Beispielen aus der Jugendschutz-         dem die fehlende Kontrolle des Mindestalters sowie ein
praxis. Sie bekräftigten, dass einerseits Aufsichtsverfah-     hohes datenschutzrechtliches Problempotenzial.
ren geführt werden, andererseits Prävention und Aufklä-
rung erfolgen muss, damit Risiken für Kinder und Jugend-
liche im Netz möglichst gering gehalten werden können.
10   Der Jugendmedienschutz in der BLM

     Initiative „Justiz und Medien –                                1.2 Beschwerden
     konsequent gegen Hass“: Zwischenbilanz
     Der Ausschuss informierte sich über den aktuellen Stand        Die BLM ist Anlaufstelle und Ansprechpartnerin für Be-
     der gemeinsamen Initiative der BLM und des Bayeri-             schwerden und Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern
     schen Staatsministeriums der Justiz „Justiz und Medien –       sowie Institutionen zu Medieninhalten. Beschwerden und
     konse­quent gegen Hass“, die im Oktober 2019 ins Leben         Hinweise aus der Bevölkerung stellen dabei eine wichtige
     gerufen worden ist (→ 2.2). Die Initiative setzt ein Zei-      Grundlage für die Jugendschutzarbeit der BLM dar: für Pro-
     chen für die Meinungsfreiheit und gegen Hass, Antisemi­        grammbeobachtung, präventive Tätigkeit, Prüf- und Auf-
     tismus und Volksverhetzung im Netz und wird mittler­           sichtsverfahren. Die BLM geht jeder Beschwerde und je-
     weile von 112 Medienunternehmen (Stand: Dezember               dem Hinweis nach und prüft den Sachverhalt, auch wenn
     2020) unterstützt. Dadurch wird mit dem Thema Hate             nicht in jedem Einzelfall gesetzliche Bestimmungen ver-
     Speech in den Medienhäusern offensiver umgegan-                letzt sind, und informiert die Beschwerdeführer über das
     gen und dieses auch in der Gesellschaft verstärkt wahr-        Ergebnis der Überprüfung. Bürgerbeschwerden sind ein
     genommen. Die BLM übernimmt bei der Initiative ins-            wichtiger Gradmesser für das Werteempfinden in der Ge-
     besondere die Öffentlichkeitsarbeit und die Erstellung         sellschaft: Sie zeigen, dass der Jugendschutz und die Me-
     von Schulungs- und Informationsmaterial. Am 02. 03. 2020       dienaufsicht in der Bevölkerung nach wie vor einen hohen
     startete die Website https://www.blm.de/konsequent-­           Stellenwert genießen.
     gegen-hass.cfm, die über Rahmendaten und Ansprech-                   Insgesamt erreichten die BLM im Jahr 2020 rund 180
     partner der Initiative informiert.                             Beschwerden zu Jugendschutzthemen.

     Broschüre „Recht am eigenen Bild“ in Leichter
     Sprache: Stärkung der Nutzerkompetenz bei                      1.2.1 Beschwerden Telemedien
     Menschen mit Behinderungen und Menschen mit
     Migrationshintergrund                                          Zu Telemedieninhalten von Anbietern mit Sitz in Bayern
     Im Ausschuss wurde die Broschüre „Recht am eigenen Bild“       und darüber hinaus sind bei der BLM im Jahr 2020 knapp
     in Leichter Sprache vorgestellt (→ 3.2). Anlass für die Bro-   100 Bürgerbeschwerden, Hinweise und Anfragen einge-
     schüre war eine Nachfrage des Vereins Caritas Behinder-        gangen. Dies entspricht in etwa der Anzahl vom Vorjahr.
     tenhilfe und Psychiatrie e. V. nach der im Jahr 2019 veröf-          Bei etwa der Hälfte handelte es sich dabei um Prob-
     fentlichten Broschüre „Recht am eigenen Bild“ in Leichter      lemfälle, das heißt, die BLM sah hier aufgrund von mögli-
     Sprache für Menschen mit Behinderungen und Menschen            chen Jugendschutzverstößen Handlungsbedarf.
     mit Migrationshintergrund. Ziel der aktuellen Broschüre ist          Im Rahmen ihrer Zuständigkeit kontaktierte sie in
     es, das Bewusstsein aller Mediennutzerinnen und -nutzer        geeigneten Fällen die Anbieter bzw. deren Jugendschutz-
     für einen verantwortungsvollen Umgang mit fremden In-          beauftragte, um diese zu einer freiwilligen und schnellen
     halten unter Berücksichtigung des Rechts am eigenen Bild       Behebung der Verstöße zu bewegen. Etwa ein Drittel der
     zu stärken und komplexe Rechtsfragen auf verständliche         Problemfälle konnte auf diese Weise präventiv gelöst wer-
     und einfache Weise zu beantworten. Die Medienkompe-            den. Präventive Verfahren sind im Telemedienbereich häu-
     tenz soll bei allen Mediennutzerinnen und -nutzern geför-      figer als im Rundfunk, da die betreffenden Inhalte meist
     dert werden.                                                   noch online sind und eine nachträgliche Umsetzung von
                                                                    Jugendschutzmaßnahmen jederzeit möglich ist (→ 1.3).
                                                                          Ein Teil der Beschwerden mündet aber regelmäßig
                                                                    auch in Aufsichtsverfahren der BLM (→ 1.4) oder die BLM
                                                                    setzt sich für Indizierungsverfahren seitens der Bundes-
                                                                    prüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) ein.
                                                                          In den übrigen Fällen bestand nach der Prüfung ent-
                                                                    weder kein weiterer Handlungsbedarf, da sich der Verdacht
                                                                    auf einen Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen
Der Jugendmedienschutz in der BLM     11

nicht bestätigte, oder es gab mangels Zuständigkeit bzw.            und auch im Rahmen der Show selbst wurde weitgehend
Erreichbarkeit des Anbieters keine Handlungsmöglichkeit             auf die Nennung der Begriffe verzichtet.
für die BLM.                                                              Auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen (noch)
      Inhaltliche Schwerpunkte bei den Beschwerden und              nicht verletzt sind, bergen sexualisierte Medieninhalte aus
Anfragen im Bereich Telemedien im Jahr 2020 waren ins-              Sicht des Jugendschutzes ein Problempotenzial. So zeigt
besondere Pornografie und Sexualdarstellungen sowie In-             die Erfahrung der BLM, dass sich viele Eltern an sexualisier-
halte im Kontext von Rechtsextremismus und Antisemi-                ten Inhalten stören, auch wenn noch kein Verstoß vorliegt.
tismus (Themenspektrum: fremdenfeindliche Äußerungen,               Als Antwort auf entsprechende Anfragen und Beschwer-
Volksverhetzung, Holocaustleugnung, verfassungsfeind-               den von Bürgerinnen und Bürgern ist im Jahr 2019 in Zu-
liche Kennzeichen, verschwörungstheoretische Inhalte).              sammenarbeit von BLM und Aktion Jugendschutz Bayern
Weitere Themen waren Darstellungen von Alkohol- und                 die Broschüre „Wie erkläre ich das meinem Kind? Darstel-
Drogen(konsum), Gewaltdarstellungen, indizierte Inhalte             lungen von Sexualität in den Medien – Informationen für
im Netz sowie Onlinespiele.                                         Eltern“ erschienen3.
                                                                          Maßnahme: Kommunikation mit Jugendschutz­-
Bürgerbeschwerden Telemedien:                                             be­auf­tragten des Anbieters; Kommunikation mit
ausgewählte Beispiele aus der Praxis                                      Be­schwerde­führern

■     Dating-Show „M.O.M. – Milf oder Missy?“                       ■    Website einer Schweizer Sekte mit
      (Joyn)                                                             Verschwörungsideologien
       Ein Schwerpunkt bei Bürgerbeschwerden im Jugend-                   Im Jahr 2020 spielten Verschwörungstheorien
 medienschutz sind seit jeher Darstellungen von Sexualität.         bzw. -ideologien eine zunehmende Rolle im BLM-Jugend-
 Ein Beispiel hierfür im aktuellen Berichtszeitraum war die         schutz bei Telemedien (→ 3.2). Ein Beispiel hierfür ist die
 neue Dating-Show „M.O.M. – Milf oder Missy?“, die beim In-         Website einer Schweizer Sekte im scheinbar seriösen
ternet-Sender Joyn2 zum Abruf angeboten wurde und von               Nachrichtenstil. Mit zahlreichen Videobeiträgen und de-
 einer großen Werbekampagne begleitet war. Bei der BLM              ren Präsentation durch vermeintliche Nachrichtenspre-
 gingen zahlreiche Beschwerden sowie Presseanfragen ein.            cher in Fernsehstudios werden zu Themen wie „Corona-
Zum Großteil richtete sich die Kritik der Bürgerinnen und           virus“, „Satanismus“, „Impfen“ oder „Medienkrieg“ zahl-
 Bürger gegen die Verwendung des Begriffs „Milf“ – eine             reiche Verschwörungstheorien propagiert. Zudem sind
 aus der Pornografie stammende Bezeichnung für Frauen               Beiträge mit Bezügen zum Antisemitismus und Rechts-
 mittleren Alters – im Rahmen von Programmtrailern und              extremismus enthalten. Beispielsweise finden sich auf
Werbeplakaten, und weniger gegen die Sendung an sich.               der Website – neben dem alten Mythos der vermeint-
       Die BLM nahm Kontakt zur Jugendschutzbeauftrag-              lich zentral gesteuerten und gleichgeschalteten „Lügen-
ten des Anbieters auf und sichtete die Sendung. Die Prü-            presse“ oder „Lügenmedien“ – aktuelle Verschwörungs-
fung ergab, dass kein Verstoß gegen die Jugendschutz-               mythen rund um das Coronavirus („Biowaffe Corona­virus?
 bestimmungen vorlag. Denn auch wenn der Begriff „Milf“             Wie Medien verleumden und Infos unterschlagen“) so-
 pornografischen Ursprungs ist, bedeutet dessen bloße               wie der QAnon-Bewegung „(„Adrenochrom: Menschen-
Verwendung im Rahmen einer Sendung – vorliegend u. a.               blut als Rausch- und Verjüngungsmittel“). Die Prüfung der
 im Titel – nicht automatisch, dass problematische Inhalte          BLM ergab, dass bei dem Angebot mindestens die Gefahr
für Kinder und Jugendliche enthalten sind. So waren in der          einer Entwicklungsbeeinträchtigung von unter 18-Jähri-
Sendung an sich weder pornografische Inhalte noch ent-              gen durch nachhaltige Ängstigung und Verunsicherung
 wicklungsbeeinträchtigende Sexualdarstellungen festzu-             sowie darüber hinaus ggf. einer Jugendgefährdung be-
 stellen. Dennoch reagierte Joyn auf die Kritik: Der Zusatz         steht. Dies gilt v. a. bei Themen, die einen engen Bezug
„Milf oder Missy?“ wurde aus dem Sendungstitel entfernt             zur Lebenswelt und zum Alltag von Kindern und Jugend-

2 Joyn ist eine rundfunkrechtliche Plattform, mit Verbreitungs­     3 Abrufbar zum Download unter https://www.blm.de/
  wegen ausschließlich über Internet und einer Zulassung der BLM.     aktivitaeten/medienkompetenz/materialien/sexualitaet.cfm
12   Der Jugendmedienschutz in der BLM

     lichen aufweisen, wie der Coronavirus-Pandemie. Hier ist     Neues Online-Beschwerdeformular
     aufgrund der aktuellen Situation eine besonders starke       Im Jahr 2019 waren bei den Bürgerbeschwerden Verän-
     Betroffenheit und Verunsicherung in Familien zu ver-         derungen in Sprache und Form aufgefallen. So war die
     muten. Beim Mythos rund um das Trinken von Kinder-           BLM im Jugendschutz mit auffällig vielen anonymen oder
     blut kommen Horrorelemente und Gewaltfantasien hinzu.        bruchstückhaften Hinweisen, darunter auch Wut- und
     Die BLM erhielt zu dem Angebot mehrere Beschwerden           Hasskommentaren sowie Fake-Beschwerden, konfron-
     und Anfragen, teilweise mit Hinweisen auf einen mögli-       tiert gewesen – häufig über die Social-Media-Kanäle der
     chen Bezug zu Bayern („Studio München“, „Studio Nürn-        BLM. Dieser Entwicklung wurde im Berichtszeitraum durch
     berg“). Der Anbieter der Website ist jedoch in der Schweiz   ein Online-Beschwerdeformular ein Stück entgegenge-
     ansässig. Daher regte die BLM im ersten Schritt bei der      wirkt. Das Beschwerdeformular unterstützt Bürgerinnen
     BPjM eine Indizierung des Angebots an. Dies hätte weit-      und Bürger dabei, ihre Anliegen zu strukturieren und für
     reichende Verbreitungs- und Werbebeschränkungen zur          die Bearbeitung wichtige Informationen wie „Internetad-
     Folge. Die betreffende Website wäre künftig zum Bei-         resse“, „Aufrufdatum/Uhrzeit“ und „Themenfeld“ anzu-
     spiel nicht mehr über große Suchmaschinen auffindbar.        geben. Auch um die Mitteilung von Kontaktdaten wird im
     Ein Ergebnis im Indizierungsverfahren liegt bisher nicht     Rahmen des Formulars, mit Hinweis auf die Einhaltung des
     vor. Weitere Möglichkeiten des Vorgehens werden noch         Datenschutzes, gebeten.
     geprüft.                                                           Das Beschwerdeformular ist auf der BLM-Website
           Maßnahme: Indizierungsanregung der BLM bei der         abrufbar unter https://www.blm.de/service/beschwerde.
           BPjM; Kommunikation mit Beschwerdeführern              cfm.

     ■    YouTube-Videos mit Darstellungen
          von Drogenkonsum                                        1.2.2 Beschwerden Rundfunk
           Auch zu Darstellungen von Drogenkonsum gingen im
     Berichtszeitraum mehrere Beschwerden ein. Hier standen       Im Jahr 2020 erhielt die BLM über 80 Beschwerden zu
     YouTube-Videos rund um einen deutschen Ethnopharma-          Rundfunkinhalten aus ihrem Zuständigkeitsbereich. Der
     kologen im Mittelpunkt, der darin seine Erfahrungen mit      deutliche Anstieg gegenüber dem Vorjahr (25 Beschwer-
     verschiedenen Drogen mitteilt und sich für die Legalisie-    den) ist vor allem auf die neue Zuständigkeit der BLM für
     rung bestimmter Drogen einsetzt. Die Prüfung der BLM er-     den Sender ProSieben seit Januar 2020 zurückzuführen.
     gab, dass Drogenkonsum in den Videos nahezu ausschließ-            Die Beschwerden betrafen Sendeinhalte verschie-
     lich positiv dargestellt und verharmlost wird. Dies kann     dener Genres, hauptsächlich im Fernsehen, aber auch ver-
     auf Kinder und Jugendliche, die sich noch in der Entwick-    einzelt im Hörfunk: Programmankündigungen, Trailer,
     lung befinden und dabei auch Grenzen austesten, sozial­      Shows, Serienepisoden, Spielfilme, Erotikformate sowie
     ethisch desorientierend und somit beeinträchtigend wir-      Werbespots.
     ken. Besonders gilt dies für Kinder und Jugendliche, die           Erneut bezogen sich die meisten Beschwerden auf
     Risikogruppen angehören. Da das gesamte Angebot von          die Ausstrahlung sexualisierter Programminhalte – vor al-
     YouTube allerdings mit einer ausreichenden technischen       lem auf Werbespots für Sexspielzeug und weitere Erotik-
     Jugendschutzvorkehrung versehen ist – einem sogenann-        produkte im Tagesprogramm. Einen weiteren Schwerpunkt
     ten „age-de.xml Label“, vorliegend mit der Einstufung „18“   bildeten Beschwerden zu Gewaltinhalten im TV-Programm.
     – war kein Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen
     gegeben. Ein Vorgehen der BLM war in diesem Fall nicht
     möglich.
           Maßnahme: Kommunikation mit Beschwerdeführer
Der Jugendmedienschutz in der BLM    13

Bürgerbeschwerden Rundfunk:                                        Die Überprüfung der BLM ergab Folgendes: Von der
ausgewählte Beispiele aus der Praxis                         FSK hatte der Horrorfilm eine Freigabe „ab 16 Jahren“ er-
                                                             halten. Somit dürfte er im Fernsehen nur zwischen 22:00
■    Werbespot für „BDSM-Set“                                Uhr und 06:00 Uhr ausgestrahlt werden. Der Film wurde je-
      Bei sexualisierten Programminhalten im Tagespro-       doch im Jahr 2020 in einer gekürzten Fassung von der Frei-
gramm besteht das Problempotenzial, dass Kinder und Ju-      willigen Selbstkontrolle Fernsehen e. V. (FSF) geprüft. Die
gendliche mit Inhalten konfrontiert werden, die ihrem Ent-   FSF traf die Entscheidung „ab 12/Hauptabendprogramm“.
wicklungsstand nicht entsprechen und von ihnen nicht         Das bedeutet, dass der Horrorfilm ab 20:00 Uhr ausge-
eingeordnet werden können. Die Darstellung erfolgt meist     strahlt werden kann. Die Überprüfung der BLM im genann-
aus einer Erwachsenenperspektive und setzt sexuelle Er-      ten Fall ergab, dass alle 23 Schnittauflagen seitens des An-
fahrungen voraus, die Kinder und Jugendliche nicht haben.    bieters erfüllt wurden.
      Eine Beschwerde bezog sich auf einen Werbespot des           Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer
Online-Erotik-Versandhändlers EIS.de zu einem „BDSM-Set“
im Tagesprogramm von ProSieben.                              ■    Joko & Klaas LIVE
      Die BLM prüfte den Werbespot, sah jedoch aufgrund            Zur im Rahmen der Sendung „Joko & Klaas LIVE“ prä-
der insgesamt zurückhaltenden Darstellung noch keinen        sentierten medialen Kunstausstellung „Männerwelten“,
Verdacht auf einen Jugendschutzverstoß. Dennoch war          die sexuelle Gewalt gegen Frauen thematisierte, erhielt
insgesamt bei derartigen Werbespots die Tendenz zu einer     die BLM mehrere Beschwerden. Kritisiert wurden poten-
erneuten Grenzverschiebung bei der Ausstrahlung im           ziell pornografische Inhalte sowie eine Ängstigung und
Tagesprogramm feststellbar. So wurden erstmalig Infor-       Überforderung von Kindern und Jugendlichen durch ex-
mationen zur Funktionsweise oder Zielgruppe der Pro-         plizite Schilderungen von sexueller Belästigung, Übergrif-
dukte präsentiert. Zudem waren einige der beworbenen         fen und Gewalt. Bei ihrer Überprüfung stellte die BLM fest,
Produkte dem Bereich spezieller Sexualpraktiken zuzuord-     dass keine Pornografie vorlag: Die Darstellungen von Ge-
nen. Die BLM hat dies in einem Gespräch mit den Jugend-      schlechtsteilen und sexuellen Handlungen in Bild- und
schutzbeauftragten der TV-Sender thematisiert und auf        Textform dienten rein der Gesellschaftskritik und wiesen
die Notwendigkeit einer verstärkten Sensibilität im Hin-     keinen Stimulationscharakter auf. Ferner ergab die Über-
blick auf Kinder hingewiesen.                                prüfung, dass aufgrund der gestalterischen Umsetzung
      Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer;                 der Sendung die Meinungs- und Kunstfreiheit stärker zu
      Gespräch mit Jugendschutzbeauftragten                  gewichten waren als der Jugendschutz.
                                                                    Maßnahme: Antwort an Beschwerdeführer
■    Ausstrahlung des Spielfilms
     „ES – Teil 1 (2017)“                                    ■    Trailer zu dem Actionfilm „Gemini Man“
       Immer wieder erreichen die BLM Zuschauerbeschwer-           Regelmäßig erreichen die BLM Zuschauerbeschwer-
den, die eine vermeintliche Fehlplatzierung von Sendun-      den, in denen die Ausstrahlung gewalthaltiger Filmtrailer
gen, insbesondere Spielfilmen, problematisieren. Dabei       in Werbepausen im TV-Programm kritisiert wird. Im Be-
wird meist auf eine Diskrepanz zwischen der Freigabe der     richtszeitraum ging eine Beschwerde zu einer Programm­
Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und    ankündigung zum Actionfilm „Gemini Man“ im Tagespro-
der Ausstrahlungszeit hingewiesen.                           gramm ein. Der Beschwerdeführer kritisierte gewalthaltige
       So gingen zur Ausstrahlung des Horrorfilms „ES –      Sequenzen aus dem Actionfilm mit Blick auf zusehende
Teil 1 (2017)“ im Hauptabendprogramm des Senders Pro-        Kinder. Die BLM sichtete den Trailer und kam zu dem Ergeb-
Sieben sowie der zugehörigen Programmankündigung ei-         nis, dass die Grenze zum Jugendschutzverstoß noch nicht
nige Beschwerden ein. Die Beschwerdeführer kritisierten      überschritten war. Da jedoch gewalthaltige Programm­
die zahlreichen Gewalt- und Bedrohungsszenarien mit der      ankündigungen ein Problem gerade für jüngere Kinder sein
Folge einer Ängstigung von Kindern und Jugendlichen un-      können, forderte die BLM den Anbieter auf, künftig bei der
ter 16 Jahren.                                               Platzierung von Trailern im Tagesprogramm ein verstärk-
                                                             tes Augenmerk auf jüngere Kinder zu legen. Die Jugend-
14   Der Jugendmedienschutz in der BLM

      schutzbeauftragte des Anbieters sagte dies zu. Sie teilte   1.3.1 Veranstaltungen und Gespräche
     ferner mit, dass der Trailer im Nachgang zur Ausstrahlung
      der FSF vorgelegt wurde. Diese habe keine Entwicklungs-     Münchner Jugendschutzrunde 2020
      beeinträchtigung jüngerer Kinder gesehen und den Trailer    Zum nunmehr 19. Mal fand am 17. 11. 2020 die jährliche
     „ab 12 Jahren/ Tagesprogramm“ freigegeben.                     Münchner Jugendschutzrunde statt – aufgrund der Covid-
           Maßnahme: Hinweis an Anbieter; Antwort an              19-­Pandemie erstmals nicht im Rahmen eines persönlichen
           Beschwerdeführer                                       Austauschs, sondern in digitaler Form als Videokonferenz.
                                                                          An dem Expertenaustausch nahmen rund 30 Jugend-
                                                                   schutzbeauftragte privater Fernseh- und Telemedienan-
     1.3 Prävention                                                bieter aus München und Umgebung sowie Vertreterinnen
                                                                    und Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums für Fa-
     Die BLM hat nicht nur die Durchführung von Aufsichtsver-       milie, Arbeit und Soziales teil. Die Münchner Jugendschutz-
     fahren bei Jugendschutzverstößen im Blick. Sie versteht        runde ist fester Bestandteil der präventiven Beratung, die
     sich auch als bayernweite Ansprechpartnerin für Rund-          der Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz sowohl
     funk- und Telemedienanbieter in allen Jugendschutzbelan-     für Rundfunk- als auch für Telemedienanbieter initiiert hat.
     gen. Die BLM steht insbesondere mit den Jugendschutzbe-              Thematische Schwerpunkte waren die BLM-Initiative
     auftragten der Anbieter in regelmäßigem Austausch, um        „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“, der aktuelle
     sie bei jugendschutzrelevanten Fragestellungen zu unter-     Stand der Novellierung des Jugendschutzgesetzes sowie
     stützen. Sie trägt auf diese Weise dazu bei, dass im Vor-      das Inkrafttreten des Medienstaatsvertrages (MStV) am
     feld von aufsichtsrechtlichen Verfahren schnelle und pra-    07.11.2020, mit dem gleichzeitig auch Änderungen des Ju-
     xisnahe Lösungen im Sinne des Jugendmedienschutzes             gendmedienschutz-Staatsvertrages in Kraft getreten sind.
     gefunden werden können. Etliche Verstöße können so             Es wurde über die Aktualisierung der Aufsichtskriterien
     aufgrund präventiver Beratung von vornherein vermie-           der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) für Rund-
     den werden. Viele Anbieter nehmen das Präventions- und       funk und Telemedien sowie über die KJM-Schwerpunktun-
     Beratungsangebot regelmäßig in Anspruch. Sie sehen die       tersuchung 2020 zum Thema „Alternative Medien und In-
     BLM mit ihrer Jugendschutzexpertise als kompetente und       fluencer als Multiplikatoren von Hass, Desinformation und
     verlässliche Ansprechpartnerin. Gerade im Internet stellt    Verschwörungstheorien“ berichtet.
     der Kontakt und Informationsaustausch zwischen Auf-                  Zudem erhielten die Teilnehmerinnen und Teilneh-
     sicht und Anbietern – idealerweise den Jugendschutzbe-         mer einen Einblick in die laufende Jugendschutzarbeit
     auftragten – unterhalb von Aufsichtsverfahren eine wich-       der BLM sowohl im Rundfunk als auch bei Telemedien –
     tige Säule der Jugendschutzarbeit dar, um Problemfälle       vor allem auch, was Zuschauerbeschwerden und aktuelle
     schnell bilateral aufklären oder beheben zu können.            Prüffälle betrifft.
           Zum Präventionsangebot des Bereichs Medienkom-                  Der Austausch wird auch im nächsten Jahr fort-­
     petenz und Jugendschutz gehören Veranstaltungen, Ge-          ­ gesetzt.
     spräche in kleinerem Kreis und Hinweise an einzelne An-
     bieter bei problematischen Einzelfällen. Zu den Zielgrup-    Gespräche mit Anbietern
     pen der Präventionsarbeit der BLM gehören überdies           Der Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz führt
     Multiplikatoren.                                             anlassbezogen bilaterale Gespräche mit den Jugend-
                                                                  schutzbeauftragten und anderen Vertreterinnen und Ver-
                                                                  tretern der Fernsehsender und Telemedienanbieter im Zu-
                                                                  ständigkeitsbereich der BLM. Im Jahr 2020 gab es Gesprä-
                                                                  che zu unterschiedlichen jugendschutzrelevanten Themen.
Der Jugendmedienschutz in der BLM    15

Austausch mit ProSieben                                         land) statt. Anlass für den Austausch waren Einzelfälle, die
Im März 2020 fand ein Austausch mit dem Jugendschutz-           aufgrund von Nutzerbeschwerden sowie in der Programm-
beauftragten von ProSieben statt. Hintergrund war, dass         beobachtung der BLM wegen Diskrepanzen zwischen den
die BLM seit Anfang des Jahres 2020 für den Sender Pro-         amazoneigenen Altersfreigaben und FSK-Einstufungen
Sieben zuständig ist. Es wurden aktuelle jugendschutzre-        aufgefallen waren.
levante Fälle im Programm von ProSieben sowie Bürgerbe-
schwerden thematisiert.
                                                                Austausch mit Experten
Austausch mit HSE24
Im April 2020 stand die BLM im Austausch mit HSE24. Hin-        ■    Vernetzung beim Thema „Politischer
tergrund waren mehrere Programmbeschwerden, die sich                 Extremismus“
gegen einen HSE24-Imagewerbespot wandten. In dem                       Aufgrund der Corona-Pandemie konnte der Exper-
Spot drohte eine Frau einer anderen Frau gegenüber da-          tenaustausch der BLM zum Thema „Politischer Extremis-
mit, ihren Hamster in einen laufenden Standmixer zu wer-        mus im Internet“, der in der Regel einmal im Jahr statt-
fen, wenn sie ihr nicht verrät, wo sie ihr Kleid gekauft hat.   findet, nicht in der gewohnten Weise durchgeführt wer-
      Die Überprüfung durch die BLM ergab, dass der Spot        den. Die BLM stand aber anlassbezogen – u. a. aufgrund
auf YouTube und in mehreren TV-Programmen verbreitet            verschiedener Einzelfälle – mit Mitgliedern der Experten-
wurde, nicht aber im Programm von HSE24 selbst. Nach            runde bilateral in Kontakt und hielt so den Austausch und
Einschätzung der BLM bestand ein Problempotenzial da-           die Vernetzung aufrecht.
hingehend, dass zusehende jüngere Kinder durch die dar-                Sie informierte die Expertenrunde auch über das wei-
gestellte Todesangst, in der der Hamster schwebt, nach-         tere Vorgehen mit „Feindes-“ oder „Todeslisten“ auf aus-
haltig geängstigt werden können. Die BLM nahm darauf-           ländischen Websites mit antisemitischem Hintergrund.
hin Kontakt mit HSE24 auf. Der Anbieter zog den Spot in         Aufgrund eines Indizierungsantrags zu einer solchen Web-
der ursprünglichen Form bei seinen Werbepartnern zu-            site, der nach einem Hinweis der BLM von der KJM gestellt
rück und setzte einen anderen Spot ein, der keine Jugend-       wurde, indizierte die BPjM im Januar 2020 mehrere, teils
schutzrelevanz besaß. Damit wurde nach Einschätzung der         antisemitische Websites mit sogenannten „Feindeslisten“
BLM dem Wohl jüngerer Kinder gemäß § 5 JMStV Rechnung           bzw. „Online-Prangern“.
getragen.                                                              Die BLM ist Mitglied im landesweiten Beratungsgre-
      Im Nachgang dazu wandte sich HSE24 mit einem              mium „Bayern gegen Rechtsextremismus“, einem Zusam-
weiteren Spot, der Grusel- bzw. Horrelemente enthielt und       menschluss von unterschiedlichen Institutionen, Initiati-
mit Klischees aus dem Bereich des Okkultismus spielte, vor      ven, staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen so-
dessen Ausstrahlung mit der Bitte um Prüfung an die BLM.        wie Einzelpersonen, die sich gegen Rechtsextremismus,
Die BLM kam zu der Einschätzung, dass eine Ausstrahlung         Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlich-
des Spots nach 20:00 Uhr aus Sicht des Jugendschutzes           keit engagieren. Im Fokus des Gremiums stehen der Er-
vertretbar wäre, und teilte dies dem Anbieter mit.              fahrungsaustausch und die Vernetzung. In der Regel fin-
      Das Beispiel zeigt, dass im direkten Austausch mit        den pro Jahr zwei Vernetzungstreffen statt. Im Jahr 2020
Anbietern schnelle Lösungen für den Jugendschutz im Vor-        wurde pandemiebedingt nur ein Termin, in digitaler Form
feld der Ausstrahlung möglich sind.                             im Oktober 2020, durchgeführt. Dabei ging es, neben ei-
                                                                nem allgemeinen Austausch, vor allem um die Themen Ver-
Gespräch mit Amazon                                             schwörungsmythen und Rechtsextremismus im Zusam-
Im Mai 2020 fand ein Gespräch mit der Jugendschutz-             menhang mit „Corona-Protesten“ sowie Hass im Alltag
beauftragten von Amazon Deutschland zu verschiede-              Medienschaffender.
nen Fragen rund um den Jugendschutz beim Streaming-                    Koordiniert wird das landesweite Beratungsgre-
dienst „Amazon Prime Video“ (Sitz des Anbieters in Mün-         mium von der Landeskoordinierungsstelle „Bayern gegen
chen, daher Zuständigkeit der BLM gemäß JMStV) sowie            Rechtsextremismus“ (LKS), einer Einrichtung des Bayeri-
bei der Plattform Amazon.de (Sitz des Anbieters im Aus-         schen Jugendrings (BJR).
16   Der Jugendmedienschutz in der BLM

            Der BLM-Jugendschutz stand außerdem im bilate­             1.3.2 Einzelfälle
     ralen Kontakt mit der LKS und deren Mitarbeiterinnen
     und Mitarbeitern in der „mobilen Beratung gegen Rechts­          Telemedien
     extremismus in Bayern“. Anlass waren Berührungspunkte
     bei Beschwerden und Anfragen zu Medienangeboten mit
                                                                                  Die BLM tritt im Vorfeld von Aufsichtsverfah-

                                                                    hintergrund
     rechtsextremistischen und antisemitischen Inhalten. Im
                                                                                  ren an Telemedienanbieter heran, bei deren
     Juli 2020 fand hierzu ein digitaler Austausch statt, bei dem
                                                                                  Angeboten Verstöße gegen die Jugendschutz-
     verschiedene Beispiele aus der Praxis besprochen wurden,                     bestimmungen gesehen werden und bei denen
     mit denen BLM und LKS aus unterschiedlichen Perspekti-                       gleichzeitig eine Bereitschaft für den Jugend­
     ven befasst sind. Der Austausch wird bei Bedarf fortge-                      medienschutz zu erwarten ist. Die BLM weist
     setzt. Der Austausch auf Arbeitsebene wurde als gewinn-                      die Anbieter auf die problematischen Inhalte hin
     bringend für beide Seiten eingestuft. Eine Fortsetzung ist                   und benennt mögliche Jugendschutzmaßnah-
     zum geeigneten Zeitpunkt geplant.                                            men. In vielen Fällen reagieren die Anbieter und
            Auch mit dem Referat Radikalisierungsprävention                       entfernen die betreffenden Inhalte oder setzen
     des Bayerischen Sozialministeriums führte die BLM im                         Jugendschutzmaßnahmen wie Zeitgrenzen
     Juli 2020 ein Gespräch. Das Sozialministerium hatte den                      oder Alterskennzeichnungen („Labeling“) ein.
     BLM-Jugendschutz um Austausch zur Arbeit im Bereich                          Auf diese Weise werden Jugendschutzprobleme
     Antisemitismus und Rechtsextremismus in Telemedien,                          schnell und praxisnah gelöst. Reagieren die An-
     insbesondere auch in Online-Games, gebeten. Ein weite-                       bieter nicht und bestehen die Verstöße weiter,
     res Thema waren auch hier Verschwörungsideologien. Hier                      speist die BLM die Fälle in das Prüfverfahren
     wurde die BLM gebeten, sich an der für Herbst geplanten                      der KJM ein.
     Aktion des Sozialministeriums gegen Verschwörungsmy-
     then zu beteiligen. Dies erfolgte im November in Form ei-
     nes Blogbeitrags zum Thema „Verschwörungsmythen und              Im Berichtszeitraum kontaktierte die BLM in rund 100 Fäl-
     Jugendmedienschutz“.                                             len Telemedienanbieter mit Sitz in Bayern und wies sie
            Das Bayerische Bündnis für Toleranz, das ebenfalls        auf problematische Inhalte in ihren Angeboten hin, mit
     Mitglied im Landesweiten Beratungsgremium Bayern ge-             dem Ziel, sie zu freiwilligen Jugendschutzmaßnahmen zu
     gen Rechtsextremismus ist, hatte der BLM Ende 2019 eine          bewegen.
     Kooperation bei der Veranstaltung des nächsten Wunsied-                Anlass hierfür waren einerseits Bürgerbeschwerden
     ler Forums im Oktober 2020 zum Thema „Demokratie und             und Hinweise anderer Stellen an die BLM, andererseits In-
     Menschenwürde schützen – kein Platz für Hass und Hetze           halte, die in der eigenen Beobachtung der BLM im Jugend-
     im Netz“ vorgeschlagen. Das Forum konnte zwar pande-             schutz aufgefallen waren.
     miebedingt nicht stattfinden. Für Anfang 2021 ist aber                 Der Großteil der Fälle bezog sich dabei auf das An-
     stattdessen eine Online-Veranstaltungsreihe „Gegen Hass          gebot eines großen Online-Versandhandels mit Haupt-
     und Hetze im Netz“ vorgesehen, die die BLM und das Bay-          sitz im Ausland und einer deutschen Zweigniederlassung
     erische Bündnis für Toleranz gemeinsam durchführen               in München. Jugendschutzverstöße sind im Angebot des
     werden.                                                          Versandhandels regelmäßig gegeben. Der Umsetzung von
                                                                      Aufsichtsmaßnahmen gemäß JMStV steht hier jedoch ent-
     Schulungen für Multiplikatoren                                   gegen, dass der Anbieter nicht in Deutschland ansässig
     Im Rahmen ihrer Präventionsarbeit wendet sich die BLM            ist. Fälle, bei denen Handlungsbedarf besteht, leitet die
     nicht nur an Anbieter, sondern auch an Zielgruppen aus           BLM daher im Rahmen ihrer präventiven Tätigkeit an die
     dem Bereich der Multiplikatoren, wie Lehrerinnen und Leh-        Jugendschutzbeauftragte für das dortige Notice-and-­
     rer, Erzieherinnen und Erzieher, Medienpädagoginnen und          Takedown-Verfahren weiter, mit dem Ergebnis, dass die
     Medienpädagogen oder Fachkräfte von Jugendämtern                 Pro­bleme in der Regel schnell behoben werden.
     oder der Jugendhilfe.
Der Jugendmedienschutz in der BLM    17

     Ein weiterer Teil der Fälle bezog sich auf jugend-      dass drastische und explizite Darstellungen von Eingriffen
schutzrelevante Inhalte in den Mediatheken der in Bay-       in den menschlichen Körper Kinder und jüngere Jugend­
ern ansässigen Fernsehsender. Hier steht der BLM-Jugend-     liche nachhaltig ekeln, ängstigen und verunsichern kön-
schutz seit vielen Jahren in Kontakt mit den Jugendschutz-   nen. Andererseits zeigen solche Formate, wie Ärzte kran-
beauftragten, sodass auch hier potenzielle Jugendschutz-     ken oder verletzten Menschen helfen, und die OP-Bilder
verstöße auf direktem Weg meist schnell beseitigt werden.    sind in der Regel in einen sachlichen Rahmen eingebettet.
     Im Jahr 2020 lagen die Problemfelder im Telemedi-       Beides ist bei einer Bewertung aus Jugendschutzsicht zu
enbereich insbesondere bei Pornografie sowie entwick-        berücksichtigen. Eine Jugendschutzrelevanz und ein Pro-
lungsbeeinträchtigenden Sexualdarstellungen, dem Be-         blempotenzial sind bei derartigen Inhalten gegeben, auch
werben und Anbieten indizierter Filme im Online-Versand-     wenn die Grenze zum Verstoß noch nicht überschritten
handel, Gewaltdarstellungen, Medical-Formaten sowie          ist. Nach dem Hinweis der BLM entschied sich der Anbie-
der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger           ter, die Grenzen hier nicht auszureizen, und erhöhte die
Organisationen.                                              Alterseinstufung für die Rubrik „ungepixelte OP-Szenen“
                                                             in der Mediathek.
                                                                   Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Angebot
Beispiele aus der Praxis:                                          verändert; präventive Gespräche mit der
                                                                   Jugendschutzbeauftragten
■    Hakenkreuz-Kugelschreiber bei
     Online-Versandhandel                                    ■    Website einer Erotikmesse
      Immer wieder erreichen die BLM Hinweise auf ver-             Bei der BLM ging eine Beschwerde zur Website ei-
schiedene Produkte mit Hakenkreuzen im Angebot ei-           ner großen Erotikmesse mit Sitz in München ein. Die Be-
ner großen Versandhandels-Plattform. Im Berichtszeit-        schwerdeführerin kritisierte an der Website, die Bilder von
raum ging eine Beschwerde zu einem mit Hakenkreuzen          sexuellen Handlungen aus dem Bereich des Sadomaso-
versehenen Kugelschreiber ein, der bei dem Online-Ver-       chismus zeigt, absolut unzulässige Inhalte in Form von Ge-
sand als Geschenkartikel beworben und zum Kauf ange-         waltpornografie. Dies bestätigte die Überprüfung der BLM
boten wurde. Es handelte sich hier um eine Verwendung        zwar nicht. Es wurde jedoch festgestellt, dass in dem An-
von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die      gebot entwicklungsbeeinträchtigende Sexualdarstellun-
als absolut unzulässig sowohl im Sinne des JMStV als auch    gen für unter 18-Jährige ohne Jugendschutzmaßnahmen
des Strafgesetzbuches (StGB) einzustufen ist. Die BLM        verbreitet wurden sowie auf eine indizierte Sex-Website
kontaktierte die Jugendschutzbeauftragte des Anbieters       verlinkt wurde. Die BLM kontaktierte den Anbieter und sei-
und forderte sie zum schnellen Handeln auf. Das Produkt      nen Jugendschutzbeauftragten, wies auf die genannten
wurde innerhalb kurzer Zeit aus dem Angebot entfernt.        Verstöße hin und forderte Abhilfe. Der Jugendschutzbe-
      Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Produkt                auftragte reagierte umgehend, setzte Jugendschutzmaß-
      entfernt; präventive Gespräche mit der                 nahmen – eine Kennzeichnung und Programmierung des
      Jugendschutzbeauftragten                               gesamten Angebots mit „18“ – um und entfernte die Ver-
                                                             linkung auf die indizierte Website.
■    OP-Szenen in Mediathek                                        Maßnahme: Hinweis an Anbieter → Angebot
      Hinweise der BLM an Anbieter und deren Jugend-               verändert
schutzbeauftragte betreffen oft die Alterseinstufung
von TV-Serien und Filmen in Online-Mediatheken oder
Video-on-Demand-Angeboten, die nicht auf Altersfrei-
gaben der FSK oder auf FSF-Entscheidungen beruhen. Im
Berichtszeitraum war die Frage der Bewertung von Ope-
rationsbildern in sogenannten Medical-Formaten und de-
ren Präsentation in Form von „ungepixelten OP-Szenen“ in
der Mediathek ein Thema. Einerseits ist hier zu bedenken,
18   Der Jugendmedienschutz in der BLM

     Rundfunk
                                                                                Jugendschutz und Alkoholwerbung:

                                                                  hintergrund
     ■    Anfragen von lokalen Rundfunkanbietern zu                             Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)
          Werbung für Prostitution und Sexspielzeug                             enthält eigene Regelungen zum Jugendschutz in
           Nach Beschluss des Medienrats aus dem Jahr 2014                      der Werbung, darunter auch zum Thema Alkohol-
     darf Werbung für Prostitution und Sexspielzeug grund-                      werbung. So darf sich Werbung für alkoholische
     sätzlich nur zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr ausge-                       Getränke weder an Kinder oder Jugendliche rich-
     strahlt werden. Hierzu haben die Anbieterverbände Ver-                     ten noch durch die Art der Darstellung Kinder und
     band Bayerischer Lokalrundfunk (VBL), Vereinigung Baye­                    Jugendliche besonders ansprechen oder diese
                                                                                beim Alkoholgenuss darstellen (§ 6 Abs. 5 JMStV).
     rischer Rundfunkanbieter (VBRA) und Verband unabhän-
                                                                                Gesetzliche Jugendschutzbestimmungen, die be-
     giger Lokalradios in Bayern (VuLB) im Jahr 2016 eine Hand-
                                                                                sagen, dass man Alkoholkonsum in den Medien
     lungsanweisung erarbeitet, die den Medienratsbeschluss
                                                                                grundsätzlich nur Personen ab 16 oder 18 Jahren
     konkretisiert und den Sendern und Vermarktern bei Ein-
                                                                                zeigen darf, gibt es nicht. Es kommt auf die Art
     zelfragen weiterhelfen soll. Der BLM-Medienrat hat die
                                                                                der Darstellung im Einzelfall an. Weitere Jugend-
     Handlungsanweisung im Jahr 2016 zustimmend zur Kennt-
                                                                                schutzbestimmungen zum Thema Alkohol ste-
     nis genommen.                                                              hen im Jugendschutzgesetz (§ 9 JuSchG). Darin
           Dennoch wandten sich auch im Jahr 2020 vereinzelt                    finden sich u. a. Regelungen, ab welchem Alter
     Hörfunkanbieter und Werbevermarkter mit Anfragen an                        alkoholische Getränke an Jugendliche abgegeben
     die BLM, um sich nach Möglichkeiten für Werbung für Pro-                   werden dürfen. Diese Vorschriften beziehen sich
     stitution, Sexspielzeug und vergleichbare Bereiche zu er-                  aber auf den Jugendschutz in der Öffentlichkeit
     kundigen und baten um Auskunft in konkreten Fällen. Die                    und nicht auf Darstellungen in den Medien.
     BLM prüfte die Anfragen und teilte den Anbietern ihre Ein-
     schätzung mit.
                                                                    .
     ■    Anfragen eines Radiosenders
          zu Werbung für Alkohol                                     1.4 Aufsicht
           Die BLM erhielt im Berichtszeitraum eine Anfrage ei-
     nes bayerischen Radiosenders zur geplanten Bewerbung                  Nicht alle Fälle eignen sich für ein präventives Vorge-
     eines alkoholischen Getränks. Sie prüfte das vorgelegte         hen. Auch sind nicht alle Anbieter bereit, das Beratungsan-
     Spotkonzept und kam zu der Einschätzung, dass der Spot          gebot der BLM anzunehmen und freiwillig Jugendschutz-
     bei einer geplanten Ausstrahlung in der angekündigten           maßnahmen umzusetzen. Mit Aufsichtsmaßnahmen, also
     Form im Tagesprogramm nicht gegen die Vorgaben des              dem Verhängen von Bußgeldern, Beanstandungen und
     JMStV zu Werbung für alkoholische Getränke verstößt: Die        Untersagungen werden in konkreten Einzelfällen exemp-
     Werbung für das alkoholische Getränk richtete sich weder        larisch Grenzen markiert, die Wirkung über den Einzelfall
     an Kinder oder Jugendliche noch sprach sie durch die Art        hinaus entfalten und Signalwirkung haben.
     der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders an oder
     stellte diese beim Alkoholgenuss dar. Da auch keine ent-
     wicklungsbeeinträchtigenden Inhalte auszumachen waren,
     sprach nichts gegen die Ausstrahlung des Werbespots im
     Tagesprogramm. Die BLM teilte das Ergebnis der Überprü-
     fung dem Radiosender mit.
Sie können auch lesen