Recycling, Abfall- und Abwasserwirtschaft - Zielmarktanalyse Griechenland 2017
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 3 Impressum Herausgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit 11019 Berlin www.bmwi.de Text und Redaktion Deutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer (DGIHK) Gestaltung und Produktion DGIHK Stand Das Bundesministerium für Wirtschaft und September 2017 Energie ist mit dem audit berufundfamilie® für seine familienfreundliche Personalpolitik Bildnachweis ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von pixabay der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. Die Studie wurde im Rahmen des BMWi Markterschließungsprogramms für das Projekt, Geschäftsanbahnung zum Thema Abfall-und Recyclingwirtschaft, Kläranlagen und Abwasserbehandlung in Griechenland erstellt und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Die Zielmarktanalyse steht der Germany Trade & Invest GmbH sowie geeigneten Dritten zur unentgeltlichen Verwertung zur Verfügung. Sämtliche Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen unmittelbar oder mittelbar verursacht werden, haftet der Herausgeber nicht, sofern ihm nicht nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden zur Last gelegt werden kann.
4 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................................................................................5 Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................................................................................6 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................................................................7 1 EINLEITUNG......................................................................................................................................................................................9 2 ZIELMARKT ALLGEMEIN ...........................................................................................................................................................10 2.1 Basisdaten und politischer Hintergrund .......................................................................................................................................10 2.2 Wirtschaft, Struktur und Entwicklung.........................................................................................................................................12 2.2.1 Außenhandel ..................................................................................................................................................................................14 2.2.2 Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland .......................................................................................................................................16 3 ABFALL- UND ABWASSERWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND ........................................................................................18 3.1 Staatliche Zuständigkeiten und politischer Wille ........................................................................................................................18 3.2 Die griechische Abfallwirtschaft....................................................................................................................................................19 3.2.1 Status Quo der griechischen Abfallwirtschaft und Vergleich zu europäischen Mitgliedsstaaten ..................................................19 3.2.2 Abfallaufkommen und Verteilung der illegalen Deponien ............................................................................................................22 3.2.3 Europäisches Vertragsverletzungsverfahren im Abfallberich........................................................................................................24 3.2.4 Griechenlands neuer Abfallwirtschaftsplan ...................................................................................................................................25 3.2.5 Ausblick und Potentiale für deutsche Unternehmen aus der Recycling- und Abfallwirtschaft .....................................................27 3.3 Die griechische Abwasserwirtschaft..............................................................................................................................................28 3.3.1 Status Quo der griechischen Abwasserwirtschaft ..........................................................................................................................28 3.3.2 Abwasserqualität und Abwasserwiederverwendung......................................................................................................................32 3.3.3 Europäisches Vertragsverletzungsverfahren im Abwasserbereich ................................................................................................34 3.3.4 Gesetzesentwurf für neuen Abwasserwirtschaftsplan ....................................................................................................................35 3.3.5 Ausblick und Potentiale für deutsche Unternehmen aus der Wasser- und Abwasserwirtschaft ....................................................36 3.4 Förder- und Investitionsprogramme ............................................................................................................................................37 3.5 Markteintrittsmöglichkeiten und öffentliche Ausschreibungen .................................................................................................41 4 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN .................................................................................................................................44 4.1 Zusammenfassung 91/271/EWG ...................................................................................................................................................44 4.2 Aktuelle EU-Richtlinie ...................................................................................................................................................................45 4.3 Exkurs: EU Umwelt Umsetzungsbewertung- Länderreport: Griechenland .............................................................................46 5 SCHLUSSBETRACHTUNG ............................................................................................................................................................48 Anhang: Abwasserwiederverwertungsprojekt in Thessaloniki ...............................................................................................................50 Quellenverzeichnis ................................................................................................................................................................................57
5 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Demographische Kennzahlen Griechenlands im Jahr 2016 ...................................................................................................11 Tabelle 2: Wirtschaftsparameter Griechenland 2015 bis 2017 ...............................................................................................................12 Tabelle 3: Geschäftsumfeld in Griechenland ..........................................................................................................................................13 Tabelle 4 Entwicklung des bilateralen Handelsvolumens 2012 bis 2015 in Mio. Euro ..........................................................................17 Tabelle 5: Vertragsverletzungsverfahren ................................................................................................................................................19 Tabelle 6: Jährliches Abfallaufkommen in Tonnen (2004 - 2014) .........................................................................................................22 Tabelle 7: Entsorgungsart der unterschiedlichen Abfallaufkommen (2014) ..........................................................................................22 Tabelle 8: Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Griechenland ................................................................................................25 Tabelle 9: Alte Bewirtschaftungspläne der 13 Verwaltungsbezirke Griechenlands ...............................................................................25 Tabelle 10: Auswahl griechischer Recyclingsysteme,- unternehmen .....................................................................................................26 Tabelle 11: Abwasserwiederverwendungsprojekte ................................................................................................................................33 Tabelle 12: Projektausschreibungen Abwasser- und Abfallwirtschaft Griechenlands ...........................................................................42 Tabelle 13: Auswirkungen der Abwassernutzung auf den landwirtschaftlichen Produktertrag .............................................................52 Tabelle 14: Prozentualer Anteil und Wasserverbrauch in der Halastra-Kalohori-Region ......................................................................53 Tabelle 15: Konzentrationen chemischer Verbindungen im Abwasser ..................................................................................................54 Tabelle 16: Konzentrationen von Schwermetallen im Abwasser ...........................................................................................................54 Tabelle 17: Wasserqualitätskriterien ......................................................................................................................................................55
6 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Karte des Staatsgebiets Griechenlands .............................................................................................................................10 Abbildung 2: Verwaltungsbezirke Griechenlands ..................................................................................................................................11 Abbildung 3: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts 2009 bis 2017 in % ....................................................................................12 Abbildung 4: Exportprodukte Griechenlands .........................................................................................................................................14 Abbildung 5: Exportdestinationen Griechenlands im Jahr 2016 ............................................................................................................15 Abbildung 6: Importprodukte Griechenlands .........................................................................................................................................15 Abbildung 7: Importherkunftsländer Griechenlands im Jahr 2016 .........................................................................................................16 Abbildung 8: Importe aus Deutschland / Exporte nach Deutschland im Jahr 2016 ................................................................................17 Abbildung 9: Abfallverwertung im europäischen Vergleich im Jahr 2014 ............................................................................................20 Abbildung 10: Abfallbehandlung - Griechenland im europäischen Vergleich .......................................................................................21 Abbildung 11: Illegale Abfalldeponien in Griechenland (2011) ............................................................................................................23 Abbildung 12: Abwasserbehandlungen im europäischen Vergleich ......................................................................................................31 Abbildung 13: Projektskizze, Abwasserwiederverwendungsprojekt in Thessaloniki.............................................................................50 Abbildung 14: Abwasserwiederverwendungsprojekte ...........................................................................................................................51 Abbildung 15: Bewässerungskanal und Mischungsort des Abwassers und dem Fluss Axios ................................................................51
7 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abkürzungsverzeichnis AE Anonimi Eteria = Aktiengesellschaft AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen As Arsen B Bor BIP Bruttoinlandsprodukt BSB Biologischer Sauerstoffbedarf BSEC Organization of the Black Sea Economic Cooperation bzw. beziehungsweise Ca. Circa Cd Cadmium Cl Chlor Cr Chrom Cu Kupfer EAFRD European Agricultural Fund for Rural Development Ebd. Ebenda EBRD European Bank for Reconstruction and Development EC Ethylkarbonat EE Eterorythmi Eteria = Kommanditgesellschaft EEA European Environment Agency EG Europäische Gemeinschaft ELSTAT Ellinikí Statistikí Archí; griechisches Statistikamt EMFF Europäischer Meeres- und Fischereifonds EPE Eteria Periorismenis Efthinis = Gesellschaft mit beschränkter Haftung ERDF European Regional Development Fund ERGANI Historical Archive of the Aegean ESFS European System of Financial Supervision ESM Europäischer Stabilitätsmechanismus ESPA European Stabiliser Producers Association etc. et cetera EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof Euro/mg Euro pro Milligramm Euro/t Euro pro Tonne EUSAIR Eurpean Union Strategy for the Adriatic and Ionian Region EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft FE Eisen FYROM Former Yugoslav Republic of Macedonia GSEVEE Geniki Synomosbondia Epangelmation Biotechnon Emporon Ellados = Griechischer Verband der Handels- und Handwerksbetriebe GTAI Germany Trade and Invest ha Hektar HFSF Hellenic Financial Stability Fund Hg Quecksilber HRAF Hellenic Financial Stability Fund HRDAE Hellenic Republic Asset Development Fund i.d.R. in der Regel IFC Industry Foundation Classes IWF Internationaler Währungsfonds
8 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND IKA Idryma Kinonika Asfaliseon; Träger der gesetzlichen Sozialversicherung für Arbeitnehmer ILO International Labour Organization IPA Instrument for the Pre-Accession Assistance IT Informationstechnik Jan. Januar JASPERS Joint Assistance to Support Projects in European Regions JESSICA Joint European Support for Sustainable Investment in City Areas kg Kilogramm km² Quadratkilometer MBR Membrane Bio Reactor MCS Monitoring and Control System mg Milligramm m3 Kubikmeter m3/ha Kubikmeter pro Hektar mm3 Kubikmillimeter Mio. Millionen Mn Mangan Mrd. Milliarde NGO Non-Governmental Organisations NE-Metalle Nichteisen-Metalle Ni Nickel OAED griechisches Arbeitsamt; „Organisation für die Beschäftigung des Arbeitskraftpotentials„= Organismos Apascholiseos Ergatikou Dynamikou OE Omorythmi Eteria = Offene Handelsgesellschaft OECD Organization for Economic Co-operation and Development Okt. Oktober P Phosphor Po Polonium Pb Blei pH lat. Potential hydrogenii PPP Public Partner Partnership RDP Regional Development Programme SA Societe Anonyme SPV Special Purpose Sociétés Anonymes, eine spezielle Zwecksvereinigung SYRIZA Synaspismos Rizospastikis Aristeras = „Koalition der radikalen Linken“ t Metrische Tonne TANAP Transanatolische Pipeline TAP Trans Adriatic Pipeline TED Tenders Electronic Daily Tel. Telefon TKN Kjedahl Nitrogen UA Unterabschnitt u. a. unter anderem UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees USA United States of America u. U. unter Umständen UV Ultraviolettstrahlung vgl. vergleiche WBIF Western Balkans Investment Framework WTO World Trade Organization z. B. zum Beispiel z.Hd. zu Händen
9 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 1 Einleitung Die Sektoren der griechischen Abfall- und Abwasserwirtschaft gehören zu den Wirtschaftsbereichen mit den größten Entwicklungspotenzialen in Griechenland. Aufgrund der Tatsache, dass in diesen Sektoren über einen langen Zeitraum keine Innovationen oder moderne Technologien und Ansätze Rücksicht gefunden haben, besteht dort enormes wirtschaftliches Entwicklungspotential. Was die Abfallwirtschaft betrifft, bestehen für Griechenland zu einer nahezu vollständigen Umstrukturierung des Abfallsystems kaum Alternativen. Regulierungen und Gesetzesrahmen werden vorangebracht, da Griechenland nicht nur europäische Fördergelder erhält, sondern auch Strafen in Millionenhöhe zahlen muss für weiterhin aktive illegale Mülldeponien und bereits geschlossene, aber noch nicht wieder aufgearbeitete Anlagen. Das griechische Abfallaufkommen lässt sich nahezu zur Hälfte in Industrieabfälle aufteilen, wohingegen landwirtschaftliche Abfälle 30% und Siedlungsabfälle etwa 16% ausmachen. 4% der Abfälle werden zu dem Bereich des Bauschutts zugewiesen. Auch beim Recycling bestehen große Rückstände. Lediglich in 15 Gemeinden findet bereits eine vierströmige Mülltrennung statt. In den überwiegenden Gemeinden wird die Mülltrennung zweigliedrig in Plastik-, Glas- und Metallabfälle (blaue Abfalltone) und Restmüll (grüne Abfalltone) aufgeteilt. Altbatterien und beispielsweise Glühbirnen werden bisher nur kaum separat aussortiert. Auch im Abwasserbereich besteht ähnlicher Nachholbedarf. Ähnlich wie bei veralteten und illegalen Mülldeponien kollidiert Griechenland auch hier regelmäßig mit europäischen Recht. Hauptprobleme liegen hierbei u. A. in den oftmals mangelhaften Kanalisations-und Abwassersystemen, der unsachgemäßen Sammlung und Behandlung der Abwässer sowie in der langsamen Umsetzung der Rechtsvorschriften und einer unvollständigen Datenerhebung. Besonders das bestehende Datenerhebungsproblem, das Ausbleiben von Strafen oder die nur sehr schleppende Ausführung von Strafverfahren gegen Betreiber von nicht-konformen Kläranlagen und Unternehmen, die verschmutztes und gefährliches Industrieabwasser in Flüsse ableiten gehören zu den Hauptproblemen der griechischen Abwasserwirtschaft. Empfindliche Geldstrafen, die vom Europäischen Gerichtshof verhängt wurden sind das Resultat hiervon. Die vorliegende Zielmarktanalyse (ZMA) liefert zunächst allgemeine Informationen über Griechenland. Neben einem Überblick des Verwaltungsaufbaus Griechenlands, setzt sich die Analyse auch mit der geostrategischen Lage Griechenlands, ihrer Wirtschaft, Struktur und Entwicklung auseinander, um letztlich die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland, anhand einer Gegenüberstellung von Import- und Exportgütern, darzustellen. Im Kernbereich beschäftigt sich die Analyse mit der Abfall-und Abwasserwirtschaft Griechenlands, wobei zunächst mit der Darstellung der griechischen Abfallwirtschaft und damit einhergehend mit den EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland begonnen wird. Im weiteren Verlauf werden die Menge des Abfallaufkommens, die Verteilung der Abfallarten und die Art ihrer Entsorgung dargestellt. Zudem wird ein europäischer Vergleich der Abfallverwertung vorgenommen. Es folgt eine auf Griechenland bezogene Übersicht illegaler Abfalldeponien, Investitionsprojekte, die alten und neuen Bewirtschaftungspläne der 13 Verwaltungsbezirke und die Darstellung von Recyclingsystemen und Recyclingunternehmen. Ferner erfolgt eine Darstellung der eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren im Bereich der Abfallwirtschaft. Die daraus entstehenden Marktpotentiale schließen das Kapitel über die Abfallbranche Griechenlands ab. Daraufhin widmet sich die ZMA der griechischen Abwasserwirtschaft, wobei zunächst eine Übersicht der in Griechenland befindlichen Kläranlagen und ihren Behandlungskapazitäten dargestellt wird. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die vielfältigen Probleme der Abwasserbranche gelegt, aus denen - ähnlich wie in der Abfallbranche - Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland eingeleitet wurden. Daraufhin wird auf den entstandenen Handlungsbedarf der griechischen Regierung eingegangen, der in Form eines Gesetzesentwurfs hinsichtlich eines neuen Abwasserwirtschaftsplan beschrieben wird. Auch das Kapitel über die griechische Abwasserbrache mit der Darstellung der hier entstehenden abgeschlossen. Eine Übersicht über Markteintrittsmöglichkeiten und über öffentlicher Ausschreibungen im Bereich der Abwasser-und Abfallwirtschaft in Griechenland, gefolgt von einer Übersicht über Förder- und Investitionsprogrammen runden das dritte Kapitel ab. Die ZMA widmet sich sodann den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Abfall- und Abwasserwirtschaft. Es folgt in diesem Zusammenhang auch ein Exkurs hinsichtlich der aktuellen Umweltprogramme der Europäischen Union im Zeitraum 2014 bis 2020 und eine EU Umwelt-Umsetzungsbewertung Griechenlands. Die Studie schließt mit einer Schlussbetrachtung, gefolgt von einem Projektbeispiel für Wasserwiederverwertung in Griechenland ab.
10 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 2 Zielmarkt allgemein 2.1 Basisdaten und politischer Hintergrund Griechenland befindet sich geographisch in Südosteuropa und grenzt im Norden an Albanien, die ehemalige jugoslawischen Republik Mazedonien, Bulgarien und im Osten an die Türkei. Die Landesfläche beträgt 131.957 km 2. Dabei fallen 106.915 km2 auf das Festland und 25.042 km2 auf den 3.054 Inseln, von denen derzeit 87 bewohnt sind. Abbildung 1: Karte des Staatsgebiets Griechenlands Quelle: Weltkarte.com [2017] Das politische System Griechenlands ist ein republikanisches Regierungssystem bestehend aus dem Ministerpräsidenten und seinem Kabinett sowie dem vom Parlament gewählten Staatspräsidenten. Des Weiteren ist die griechische politische Landschaft durch das Parlament sowie eine pluralistische Parteienlandschaft gekennzeichnet. Das administrative System ist seit der Verwaltungsreform „Kallikrates“ vom Januar 2011 dreigeteilt: Die oberste Verwaltungseinheit sind die sieben „Dezentralen Behörden“, die durch von der Regierung benannte Generalsekretäre geführt werden. Diesen unterstehen auf zweiter Verwaltungsebene dreizehn Regionen, die von einem Gouverneur und einem Regionalrat geführt werden. Über die Einwohnerzahl der Regionen wird außerdem die Verteilung an Sitzen im Parlament proportional abgeleitet. Sie bestehen schließlich auf dritter Ebene aus 325 Gemeinden (Dimos), die jeweils von einem Bürgermeister geführt werden. Der jeweilige Gemeinderat wird alle fünf Jahre gewählt. Die Gemeinden unterteilen sich wiederum in Gemeindebezirke). Die graphische Verteilung der 13 Regionen, die aus den ehemaligen 54 Präfekturen zusammengefasst wurden, verdeutlicht folgende Karte:
11 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildung 2: Verwaltungsbezirke Griechenlands Quelle: Wikipedia.com [2017] Momentan (August 2017) leben nach OECD-Angaben ca. 11 Mio. Menschen in Griechenland. Die natürliche Wachstumsrate beträgt -0,1% und befindet sich somit mittlerweile im negativen Bereich. 73% der Griechen leben in Städten, davon allein 4,5 Mio. in der Hauptstadt Athen. Offiziell sind etwa 93% der Bevölkerung ethnische Griechen, zu den Minderheiten gehören Slawen, Aromunen, Türken, Pomaken (slawischsprachige Muslime), Roma und Armenier. 98% der Menschen gehören offiziell der griechisch- orthodoxen Kirche an, ca. 1,3% der Bevölkerung sind als Muslime erfasst (OECD 2015). Die nachfolgende Tabelle führt die wesentlichen demographischen Kennziffern Griechenlands auf: Tabelle 1: Demographische Kennzahlen Griechenlands im Jahr 2016 Demographische Kennzahlen Griechenland Deutschland Bevölkerung Mitte 2016 (in Mio.) 10,8 82,6 Bevölkerungsprojektion für 2050 (in Mio.) 9,2 81 Geburten pro 1.000 Einwohner 8 9 Todesfälle pro 1.000 Einwohner 10 11 Gesamtfruchtbarkeitsrate (Kinder pro Frau) 1,3 1,5 Säuglingssterblichkeit pro 1.000 Lebendgeborene 3,8 3,2 Lebenserwartung bei der Geburt (Jahre) – männlich 78 78 Lebenserwartung bei der Geburt (Jahre) – weiblich 84 83 Bevölkerung < 15 Jahre (in %) 15 13 Bevölkerung > 64 Jahre (in %) 19 21 Städtische Bevölkerung (in %) 73 75,3 CO2-Emissionen 2013 (in Mio. Tonnen) 18,9 206,5 Quelle: Stiftung Weltbevölkerung, eigene Darstellung
12 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 2.2 Wirtschaft, Struktur und Entwicklung Die griechische Wirtschaft steckt nun seit fast zehn Jahren in der Krise. Das Bruttoinlandsprodukt verzeichnete zuletzt (2016) einen Rückgang von 0,3 %. Für das Jahr 2017 wird ein Wachstum von 2,7 % erwartet. Abbildung 3: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts 2009 bis 2017 in % 4 2,7 2 0,7 0 0 -0,7 -2 -4 -3,1 -3,2 -4,9 -6 -8 -7,1 -7,3 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* Quelle: European Economic Forecast, Winter 2016, eigene Darstellung Der BIP-Rückgang im Jahr 2016 fiehl jedoch geringer aus, als angesichts der politischen Entwicklungen im Jahr 2015 (Referendum, Neuwahlen, Kapitalverkehrskontrollen) und der hohen Unsicherheiten bei den Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket erwartet. Diese Entwicklung wurde u. a. durch einen Anstieg des privaten Konsums erreicht. Da die griechischen Haushalte aufgrund der beschrie-benen Unsicherheiten dazu übergingen, Bankguthaben vermehrt für den Kauf von Konsumgütern zu nutzen, um somit einem möglichen „Haircut“ zu entgehen, stieg der Privatkonsum im Jahr 2015 an. Des Weiteren wurde das Wachstum durch einen starken Tourismussektor unterstützt, der sich auch im Jahr 2016 und 2017weiter positiv entwickelte. Folgende Tabelle zeigt weitere Wirtschaftsparametern Griechenlands. Tabelle 2: Wirtschaftsparameter Griechenland 2015 bis 2017 Wirtschaftsparameter 2015 bis 2017 2015 2016 2017 Bruttoinlandsprodukt (Mrd. EURO) 176,0 175,4 181,8 BIP/Kopf (nominal; EURO) 16.211 16.192 16.811 Inflationsrate (%) -1,1 0,1 1,1 Arbeitslosenquote (%) 24,9 23,5 22,2 Durchschnittslohn (Euro, brutto, Monatslohn jeweils im 1.022 986,2 - Januar) Haushaltssaldo (% des BIP) -7,5 -2,5 -1,0 Leistungsbilanzsaldo (% des BIP) 0,0 0,0 0,2 Investitionen 9,8 10,3 11,7 (% des BIP, brutto, öffentlich und privat) Staatsverschuldung 177,4 181,6 179,1 Wirtschaftswachstum nach Sektoren Verarbeitendes Gewerbe 4,7; Groß- und Einzelhandel 0,4; öffentliche Verwaltung, (%, real; 2015) Verteidigung, Sozialversicherung -1,7; Gastgewerbe -2,6; Finanz- und Versicherungsdienstleistungen -3,6; Transport- und Logistik -5,0; Land- und Forstwissenschaften, Fischerei -5,7; Bau -5,6; Grundstücks- und Wohnungswesen – 6,8 Quelle: GTAI [2016]
13 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Es ist abzuwarten, wie sich Griechenland weiter entwickeln wird. Trotz der Anzeichen einer langsamen wirtschaftlichen Erholung befindet sich die Arbeitslosenquote Griechenlands weiterhin auf einem Rekordhoch. Nachdem 2010 die Inflationsrate auf einen Höchstwert von 4,7% geklettert war, ist sie aufgrund der wegbrechenden Binnennachfrage wieder gesunken und lag im Jahr 2016 bei 0,02% (StAt 2017a). Die Verbraucherpreise bewegen sich seit 2013 im deflationären Bereich und lagen 2013 bei -0,9% und 2014 bei -1,4% (Europäische Kommission 2015). Nach Einschätzung der Europäischen Kommission dürften die Verbraucherpreise erst im Jahr 2017 (parallel zu einem erwarteten Anstieg der Wirtschaftsleistung) wieder steigen (GTAI (2016a). Was die Haushaltslage in Griechenland betrifft, spiegelt diese die realwirtschaftlichen Entwicklungen wider. Dennoch konnte auch im Jahr 2015 ein leicht positiver Primärsaldo (öffentlicher Gesamthaushalt, ohne Zinszahlungen) erreicht werden. Beigetragen haben dazu Maßnahmen wie Steuererhöhungen, die im Rahmen des dritten Anpassungsprogramms seit Sommer 2015 eingeführt wurden. Im Mai 2016 hat das griechische Parlament ein weiteres Paket von Maßnahmen im Renten- und Steuerbereich verabschiedet, das in den kommenden Jahren einen Konsolidierungsbeitrag von 3% des BIP bringen und damit den für die Zeit ab 2018 vereinbarten positiven Primärsaldo von 3,5% des BIP gewährleisten soll (BMF 2015). Ferner wurde die Mehrwertsteuer zum 01.06.2016 von 23 % auf 24 % angehoben. Auch für die Einkommens- und Immobiliensteuer, sowie für die Solidaritätsabgabe wurden die Sätze erhöht. Für den Fall eines absehbaren Scheiterns der Erreichung des vereinbarten Anpassungspfades wurde im Mai 2016 ein Anpassungsmechanismus beschlossen, der erforderliche fiskalische Einsparungen vorsieht. Tabelle 4 verdeutlicht die aktuelle Einschätzung des Geschäftsumfeldes in Griechenland durch unterschiedliche Reports: Tabelle 3: Geschäftsumfeld in Griechenland Geschäftsumfeld in Griechenland Gutachten Rangstelle Ease of Doing Business 2017 61 von 190 Ländern Global Compitiveness Index 2016-2017 86 von 138 Ländern Corruption Perceptions Index 2016-2017 58 von 168 Ländern Länderbonität Institutional Investor Rang 129; Bonitätsindex 27,1 Quelle: GTAI [2016] In diesem Kontext erscheint der aktuelle „Ease of Doing Business-Report“ der Weltbank interessant. Hier steht Griechenland auf Platz 61 von 190 (im Vorjahr 58). Eine positive Bewertung als im Vorjahr erhielt Griechenland nur in der Kategorie Immobilienregistrierung (Registering Property, Platz 141). Im Gegensatz dazu fielen in den Kategorien Unternehmensgründung (Starting a Business, Platz 56), Baugenehmigungen (Dealing with Construction Permits, Platz 58), Stromanschluss (Getting Electricity, Platz 52), Krediterhalt (Getting Credit, Platz 82), Schutz von Minderheitsbeteiligten (Protecting Minority Investors, Platz 42), Besteuerung (Paying Taxes, Platz 64), Durchsetzung von Verträgen (Enforcing Contracts, Platz 133) die Bewertungen schlechter aus als im Vorjahr. Die Bewertung in den Kategorien Warenhandel (Trading across the borders, Platz 29) und Insolvenzlösungen (Resolving Insolvency, Platz 52) wurden wie im Vorjahr beurteilt (vgl. World Bank, 2017). Auch gemäß Global Compitiveness Index 2016-2017 besteht in Griechenland noch weiterhin starker Handlungsbedarf. In diesem Index belegt Griechenland von 138 Ländern lediglich Platz 86. Folgende Hauptprobleme wurden identifiziert: 1. Politische Instabilität 2. Steuersatz 3. Ineffiziente Regierungsbürokratie 4. Kapitalzugang 5. Steuervorschriften
14 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 2.2.1 Außenhandel Die Hauptwirtschaftszweige Griechenlands sind die Petrochemische-, Lebensmittel-, Tabak-, Bergbau-, Metallurgische (Aluminium- und Stahlwerke), Bekleidungs-, Textil- und Schuhindustrie. Den Großteil der griechischen Exporte machten im Jahr 2016 mineralische Brennstoffe (27%), Nahrungsmittel und lebende Tiere (17%) aus sowie Industrieerzeugnisse (16%), Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge (11%). Griechenland exportiert 57% seiner Waren und Erzeugnisse in die EU und 43% in Drittländer (ELSTAT 2016). Abbildung 4: Exportprodukte Griechenlands Waren und Verschiedene Transaktionen, nicht Industrieerzeugnisse; kategorisiert; 0% 8% Nahrungsmittel und lebende Tiere ; 17% Maschinenbauerzeu Getränke und Tabak; gnisse und Mio. EUR; 3% Fahrzeuge; 11% Industrieerzeugnisse (hauptsächlich nach Rohstoffe Materialkategorien); (ausgenommen 16% Nahrungsmittel und mineralische Brennstoffe); 4% Mineralische Brennstoffe, etc.; Chemikalien und 27% Chemieprodukte; 11% Tierische, pflanzliche Öle und Fette; 3% Quelle: Griechisches Statistikamt [2016] In dem Jahr 2016 lag Deutschland als Exportmarkt, nach Italien an zweiter Stelle der Hauptabnahmeländer griechischer Produkte. Deutschland verdrängte somit Zypern auf den dritten Platz, gefolgt von Bulgarien, der Türkei und Frankreich, was auch folgende Abbildung verdeutlicht.
15 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildung 5: Exportdestinationen Griechenlands im Jahr 2016 Niederlande China Spanien Italien Frankreich Türkei Deutschland Bulgarien Zypern Quelle: Europäische Kommission [2017] Was die Importe Griechenlands betrifft, so waren im Jahr 2016 wie aus Abbildung 6 ersichtlich, Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge, mineralische Brennstoffe etc., Chemikalien und Chemieprodukte, Nahrungsmittel und lebende Tiere sowie verschiedene Industrieerzeugnisse die wichtigsten Importgüter. Abbildung 6: Importprodukte Griechenlands Waren und Transaktionen, nicht kategorisiert; 0% Nahrungsmittel und lebende Tiere ; 12% Verschiedene Industrieerzeugnisse; Getränke und Tabak; 12% 1% Rohstoffe (ausgenommen Maschinenbau- Nahrungsmittel erzeugnisse und und mineralische Fahrzeuge; 23% Brennstoffe); 2% Mineralische Brennstoffe, etc.; 21% Industrieerzeugnisse (hauptsächlich nach Tierische, pflanzliche Materialkategorien); Öle und Fette; 1% 12% Chemikalien und Chemieprodukte; 16% Quelle: Griechisches Statistikamt [2016] Diese Importe stammen aus nachfolgenden Ländern:
16 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildung 7: Importherkunftsländer Griechenlands im Jahr 2016 Kasachstan Zypern Türkei Deutschland Bulgarien Spanien Italien Frankreich Irak China Niederlande Russland Quelle: Europäische Kommission [2017] Betrachtet man die Importe Griechenlands in 2016, lässt sich feststellen, dass Deutschland seinen traditionellen Platz als wichtigster Warenlieferant Griechenlands behalten konnte und vor Italien, China und Russland lag. Letzteres lag als Hauptlieferant von Erdgas und Erdölprodukten in den vorherigen Jahren regelmäßig vor Deutschland. 2.2.2 Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland Deutsche Unternehmen sind in Griechenland vor allem im Einzelhandel und der Pharmaindustrie engagiert. Deutschland war im Jahr 2015 mit einem Handelsvolumen von über 6,6 Mrd. Euro und einem Anteil von 9,5% Griechenlands wichtigster Handelspartner. An zweiter Stelle steht Italien (9,4%) gefolgt von Russland (5,3%). Deutsche Unternehmen zählen zu den wichtigsten ausländischen Investoren. So besitzt die Deutsche Telekom einen 40-prozentigen Anteil am halbstaatlichen griechischen Telekommunikationskonzern OTE. Darüber hinaus haben sich, neben den seit vielen Jahren in Griechenland tätigen Unternehmen wie Siemens, Bayer, Hochtief u. a., auch Einzelhandelsunternehmen wie Lidl und Media-Saturn in Griechenland etabliert. Wichtige Infrastrukturprojekte, wie die Athener U-Bahn und der Athener Flughafen, wurden mithilfe deutscher Unternehmen ausgeführt. Den größten Anteil der griechischen Importe aus Deutschland machten 2016 Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge, Chemikalien und Chemieprodukte sowie Nahrungsmittel und lebende Tiere aus. Was die griechischen Exporte nach Deutschland ausmacht machen Nahrungsmittel und lebende Tiere, Industrieerzeugnisse und Chemikalien und Chemieprodukte den größten Anteil aus (Europäische Kommission 2017).
17 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildung 8: Importe aus Deutschland / Exporte nach Deutschland im Jahr 2016 Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge 0,20 1,20 Chemikalien und Chemieprodukte 0,25 1,12 Nahrungsmittel und lebende Tiere 0,51 0,59 Verschiedene Industrieerzeugnisse 0,17 0,43 Industrieerzeugnisse (hauptsächlich nach 0,28 Materialkategorien) 0,42 Getränke und Tabak 0,06 0,07 Rohstoffe (ausgenommen Nahrungsmittel 0,02 und mineralische Brennstoffe) 0,04 Mineralische Brennstoffe, etc. 0,06 0,02 Waren und Transaktionen, nicht 0,046 kategorisiert 0,015 Tierische, pflanzliche Öle und Fette 0,039 0,012 Exporte nach Deutschland Importe aus Deutschland Quelle: Europäische Kommission [2017] Es ist festzustellen, dass Deutschland weiterhin zu den wichtigsten Handelspartnern Griechenlands zählt. Dabei verzeichnet das bilaterale Handelsvolumen seit dem Jahr 2012 einen leichten Zuwachs, der jedoch im Jahr 2015 infolge der politischen Unsicherheiten und der eingeführten Kapitalverkehrskontrollen wieder geringer ausfiel als im Jahr 2014. Die Entwicklung des bilateralen Handelsvolumens kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Tabelle 4 Entwicklung des bilateralen Handelsvolumens 2012 bis 2015 in Mio. Euro 2012 Δ (%) 2013 Δ (%) 2014 Δ (%) 2015 Δ (%) Deutsche Exporte nach Griechenland 4.826,7 (-14,4) 4.709,9 (-2,4) 5.113,7 (+8,6) 4.850,4 (-5,1) Griechische Exporte nach Deutschland 1.862,3 (-4,5) 1.796,9 (-3,5) 1.692,0 (-5,8) 1.819,6 (+7,5) Handelsvolumen 4.826,7 6.506,8 6.805,7 6.670,0 Quelle: Deutsche Bundesbank (2017), eigene Darstellung
18 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 3 Abfall- und Abwasserwirtschaft in Griechenland Die Hauptregeln der Umsetzung zum Schutz der Natur und Umwelt, als auch der Schutz des kulturellen Erbes sowie die Landschafts- und Städteplanung sind im Artikel 24 der griechischen Verfassung verankert. Nach der Verfassung fällt die Verantwortung für den Schutz auf den Staat. Die verfassungsgebende Vorgabe wird durch zahlreiche weitere Regelungen konkretisiert, die seit dem Jahr 2010 stetig zugenommen haben. Das für die Abwasser- und Müllentsorgung bedeutendste Gesetz ist folgendes: Gesetz 4042/2011: Schutz der Umwelt durch ein Strafgesetz und Einrichtung von Rahmenrichtlinien für Abfallaufkommen und Management. Dies stellt die Umsetzung der Richtlinie 2008/99/EC und 2008/98/EC (vgl. Giannakourou, 2017). 3.1 Staatliche Zuständigkeiten und politischer Wille Im Allgemeinen ist für die griechische Abwasser- und Abfallwirtschaft das Ministerium für Umwelt und Energie (YPEKA) verantwortlich. Das Ministerium für Umwelt und Energie ist zuständig für die Entwicklung struktureller Rahmenbedingungen, die staatliche Planung zur Umsetzung der EU-Richtlinien, die technische Rahmenbedingungen und die Lizensierung der Betriebe. Die einzelnen Verwaltungsregionen sind für die Planung der ökologischen und sozialen Entwicklung sowie der Kultur und Lebensqualität zuständig. Ferner sind die Verwaltungsregionen verpflichtet einen Plan zur regionalen Abwasser- und Abfallversorgung zu entwickeln. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass Gemeinden in diesem Bereich miteinander kooperieren und sich zu einem interkommunalen Verband zusammentun (vgl. Europäische Kommission, 2011). Die Zuständigkeiten der Gemeinden liegen bei dem Sammeln, dem Transport, der Lagerung, der Wiederaufbereitung und der Entsorgung. Rechtlich ist es auch möglich, diese Tätigkeiten auf ein lizenziertes Subunternehmen des Privatsektors zu übertragen. Der anfallende Siedlungsabfall der 325 griechischen Gemeinden wird somit entweder durch gemeindeeigene Dienste oder mit Hilfe von lizenzierten Privatunternehmen gesammelt und transportiert. Gerade die Übertragung der Abfallentsorgung auf private Unternehmen ist in Griechenland Grund für zahlreiche Diskussionen. So bereitete der Bürgermeister von Thessaloniki im Juni 2017 in Folge eines mehrtägigen Streikes der Angestellten der kommunalen Abfalldienste eine Ausschreibung für private Unternehmen vor, die jedoch aufgrund des Endes des Streiks nicht stattfand. Zusätzlich existieren einige NGO´s, die sich allerdings eher auf die pädagogische Umweltbildung, besonders im Bereich des Recyclings und der Heimkompostierung fokkusieren (vgl. Europäische Kommission, 2011). Der politische Wille die griechische Abfall- und Abwasserwirtschaft zu reformieren besteht nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Vertragsverletzungsverfahre, mit denen die griechische Regierung konfrontiert ist und die empfindliche Strafzahlungen mit sich führen. Beispielhaft für solche Strafzahlungen kann ein Fall aus Dezember 2015 dienen. Aufgrund der rückständigen Abfallbewirtschaftung auf der griechischen Insel Korfu, brachte die Europäische Kommission Griechenland vor den Europäischen Gerichtshof. Im speziellen ging es bei diesem Verfahren um die Temploni-Deponie. Diese Anlage auf Korfu verstößt bereits seit 2007 gegen EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen Abfall und Deponien. Der Verstoß sei dabei so gravierend, dass ein ernstes Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bestehen würde. Im Einzelnen wurden auf Korfu Mängel festgestellt, welche sich auf den unsachgemäßen Umgang mit Biogas, der fehlenden Behandlung von austretenden Flüssigkeiten und das Vorhandensein von Abfällen die auf der Deponie nicht behandelt werden dürfen beziehen. Da bereits unterschiedliche Maßnahmen keine entsprechende Reaktion hervorgerufen haben, fühlte sich die Kommission genötigt, Griechenland diesbezüglich vor den Europäischen Gerichtshof zu verklagen, um die griechische Regierung zu entsprechenden Maßnahmen zu bewegen. Insgesamt musste Griechenland alleine im Jahr 2015 Strafgelder in Höhe von 29,5 Mio. Euro zahlen. Diese Strafzahlungen setzen sich zusammen für 46 unkontrollierte aktive Mülldeponien und für 136 geschlossene aber nicht sanierte Deponien. Dieser Aspekt ist
19 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND eine der größten Herausforderungen Griechenlands im Zusammenhang mit der Neugestaltung des griechischen Abfallentsorgungssystems. Im Folgenden sind die Vertragsverletzungsverfahren dargestellt, in denen es zu einem zweiten Urteil durch den EuGH und somit auch zu einer Strafzahlung gekommen ist, die zu weiteren unnötigen Ausgaben für Griechenland führt. Eine detaillierteren Überblicküber die Vertragsverletzungsverfahren im Bereich der griechischen Abfallwirtschaft kann dem Abschnitt 3.2.3 entnommen werden. Tabelle 5: Vertragsverletzungsverfahren Vertragsverletzungsverfahren Höhe der Strafzahlung 2016: Verletzung der Richtlinie 91/689/EWG: 10 Mio. Euro, 30.000 Euro täglich bis zur Umsetzung. Plan für die Beseitigung gefährlicher Abfälle. 2014: Verletzung der Richtlinie 75/442/EWG: 10 Mio. Euro, halbjährig 14,52 Mio. Euro bis zur Umsetzung. illegale Deponien. 2015: Verzögerung der Übernahme der Richtlinie für 10 Mio. Euro, halbjährig 3,64 Mio. Euro bis zur Umsetzung. Abwasserbehandlung 91/271/EWG. Quelle: GTAI [2016] In Folge des Drucks von Seiten der EU wurde im Jahr 2015 ein neuer nationaler Abfallbewirtschaftungsplan für den Zeitraum 2015 bis 2020 verabschiedet (siehe Kapitel Griechenlands neuer Abfallbewirtschaftungsplan). Ebenfalls wird zurzeit an einem Businessplan im Bereich der Abwasseraufbereitung gefeilt. Dabei ist die Regierung offen für öffentlich-private Partnerschaften (PPP). Auch ist es durch den griechischen Staatsfond „HRAF“ möglich Anteile an den staatlichen Wasserversorgungs- und Abwasserunternehmen zu erwerben. Interesse besteht hier besonders bei französischen Unternehmen aus der Abwasserwirtschaft. 3.2 Die griechische Abfallwirtschaft 3.2.1 Status Quo der griechischen Abfallwirtschaft und Vergleich zu europäischen Mitgliedsstaaten Wie unter 3.1 bereits beschrieben wird der anfallende Siedlungsabfall entweder durch gemeindeeigene Unternehmen oder mit Hilfe von 502 lizenzierten Privatunternehmen gesammelt und transportiert. In Griechenland gibt es 55 Umladestationen, die in Betrieb sind und 14 die sich noch im Fertigstellungsstadium befinden. Zudem kann das Land auf 74 legal operierende Mülldeponien zurückgreifen, was einem Deckungsgrad der Bevölkerung von 94 Prozent entspricht. Drei Anlagen wurden bereits errichtet, welche sich mit der mechanischen und biologischen Bearbeitung vor organisch abbaubaren Abfällen befassen. Für gefährliche Industrieabfälle haben sich 30 lizenzierte Firmen etabliert, die diesen Abfall entweder in die vier bestehenden griechischen Anlagen für gefährliche Abfälle oder ins Ausland transportieren. Im Bereich der Verwaltung von nicht gefährlichen Abfällen sind bisher hauptsächlich fünf Unternehmen beschäftigt. Zu den größten Unternehmen in diesem Bereich zählen das griechische Bauunternehmen Aktor S.A, das Abfallverarbeitungsunternehmen Ilektor S.A. (beide gehören der Unternehmensgruppe Hellaktor S.A.), das zyprische Bauunternehmen J&P Avax S.A. sowie das griechische Umweltschutzunternehmen Envitec. Trotz des sich mittlerweile rasch entwickelnden Sektors hingt Griechenland im europäischen Vergleich noch stark hinterher, was mit dem fehlenden Bewusstsein für eine umweltschonende Abfallwirtschaft in der Vergangenheit zusammenhängt. In der griechischen Gesellschaft war das Thema Müll lange nicht von Bedeutung. Bis in die neunziger Jahre hinein waren unkontrollierte illegale Müllhalden und auch die Verbrennung von unsortierten und oftmals gefährlichen Abfällen an der Tagesordnung. Erst durch die Richtlinien der Europäischen Union wurde der Anstoß des richtigen Umgangs mit dem Müll gegeben. Teilweise kann Griechenland diese bis heute nicht erfüllen (siehe auch unter 3.1). Trotz einer schlechten Infrastruktur und einem eher geringen Umweltbewusstsein konnte seit dem Jahr 2000 der gröbste Abfall ordnungsmäßig verfasst und entsorgt werden. Allerdings resultieren neue Anstöße zur umweltschonenden Gesetzgebung weiterhin eher der EU, als der griechischen Regierung (vgl. MStR, 2016). Besonders der Vergleich zur deutschen Abfallwirtschaft zeigt das Maß an der Rückständigkeit Griechenlands in diesem Sektor auf. So belegt eine Statistik von Eurostat, dass im Jahr 2013 Siedlungsabfälle in Griechenland zu 80,7% deponiert wurden. Lediglich 15,6% wurden mittels eins Recyclingsystems bearbeitet und nur 3,7% wurden kompostiert. Zum Vergleich wurden deutsche Siedlungsabfälle 2013 lediglich zu 1,3% in Deponien behandelt. Demgegenüber wurden 46,7% der Siedlungsabfälle in
20 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Recyclinganlagen bearbeitet und 17,2% kompostiert. Während eine Müllverbrennung in Griechenland nicht stattgefunden hat, lag 2013 die Abfallmenge welche in Deutschland verbrannt wurde bei 34,8%. Auch wenn Deutschland sicherlich eine besonders positiv zu betrachtende Entwicklung im Bereich von Abfallsystemen und Recyclingkultur in den letzten Dekaden vorweisen kann, so liegen die griechischen Werte von 2013 auch deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Im europäischen Vergleich lag die Behandlung von Abfallmengen im Wege der Deponierung bei 30,7%. In 2013 wurden 25,9% der europäischen Abfallmengen verbrannt, 27,7% recycelt und 15,7% kompostiert, was auch folgende Abbildung graphisch verdeutlicht. In folgender Grafik ist dargestellt, wie Griechenland im europäischen Vergleich den Abfall prozentual unterschiedlich verwertet: Abbildung 9: Abfallverwertung im europäischen Vergleich im Jahr 2014 Quelle: CEWEP 2013 Auch in einer für die Europäische Kommission durchgeführten Studie, die von der Beratungsgesellschaft für integrierte Problemlösungen (BiPRO) durchführt wurde, wird deutlich, dass Griechenland im Vergleich zu anderen europäischen Mitgliedstaaten in der Abfallbehandlung am schlechtesten abschneidet. Per Punktevergabesystem wurden hierbei insgesamt 18 Abfallbehandlungsmethoden bewertet, von denen einige (z.B. Wiederverwertungsrate kommunaler Abfälle) die doppelte Punktzahl erhielten. Folgende Abbildung verdeutlich die Ergebnisse dieser Studie. Von insgesamt 42 möglichen Punkten erhielt Griechenland gerade einmal 3 und befindet sich im europäischen Vergleich auf dem letzten Platz.
RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 21 Abbildung 10: Abfallbehandlung - Griechenland im europäischen Vergleich Quelle: BIPRO, 2012, S.6
RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND 22 3.2.2 Abfallaufkommen und Verteilung der illegalen Deponien Das höchste Abfallaufkommen Griechenlands ist in West-Makedonien mit 28% vorzufinden. Darauf folgen Zentralgriechenland mit 12%, Attika inkl. Athen/Piräus mit 11%. Danach reihen sich Zentral-Makedonien inkl. Thessaloniki mit 10% bzw. der Peloponnes mit 10% ein. (vgl. MStR,2015). Einen detaillierten Überblick über das Abfallaufkommen in Griechenland nach Abfallart liefern die folgende Tabelle. Tabelle 6: Jährliches Abfallaufkommen in Tonnen (2014) Jahr Chemischer & Recycelbarer Kommunaler Klärschlamm Bergbau oder Gesamt medizinischer Abfall Abfall Abfall anderer Abfall 2004 471,779 1,701,596 5,074,791 116,678 25,981,949 33,346,793 2006 348,908 3,446,512 5,262,410 139,964 42,126,868 51,324,662 2008 171,796 3,913,450 5,159,916 158,732 59,240,070 68,643,964 2010 202,070 2,849,335 5,922,904 117,789 61,340,607 70,432,705 2012 174,524 2,193,687 5,547,016 109,274 64,303,779 72,328,280 2014 187,232 2,012,754 5,477,424 138,038 61,943,420 69,758,868 Quelle: Hellenic Statistical Authority (2017) In der folgenden Tabelle wird die Entsorgungsart der unterschiedlichen Abfallaufkommen prozentual aufgelistet. Tabelle 7: Entsorgungsart der unterschiedlichen Abfallaufkommen (2014) Abfallkategorien Rückgewinnung Entsorgung Lagerung Nicht registrierte Entsorgung Nicht-gefährlicher Abfall Kommunal 19% 80% 0% 1% Industriell 8% 80% 3% 9% Bauabfälle 0% 0% 0% 100% Landwirtschaft - - - 100% Gefährlicher Abfall Kommunal 25% 75% 0% 0% Industriell 37% 12% 18% 34% Bauabfälle - 100% - - Landwirtschaft - - - - Quelle: Hellenic Statistical Authority (2017) Zwar erhält Griechenland durch EU-Mittel unterschiedliche Förderungsmöglichkeiten zur Neugestaltung der Abfallbewirtschaftung, jedoch erscheinen immer wieder Schlagzeilen in den Medien, wonach Griechenland, wie bereits beschrieben, zur Zahlung hoher Strafgebühren von Seiten der Europäischen Kommission angewiesen wurde. Besonders im Bereich der Rückgewinnung des nicht- gefährlichen Abfalls hat Griechenland großen Nachholbedarf. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass der Sektor der Bauabfälle einer mangelhaften Datenerfassung unterliegt, so dass die Werte nicht der Realität entsprechen. Des Weiteren ist auch die Dunkelziffer hinsichtlich gefährlicher Abfälle besonders hoch. Auch werden nur 25 % der gefährlichen Kommunalabfälle und 37 % der gefährlichen Industrieabfälle recycelt, der Rest muss entsorgt werden. Dabei kann Griechenland zum Teil nicht die richtige Entsorgung gewährleisten und muss den Müll exportieren. Da dies mit hohen Kosten verbunden ist, wird der gefährliche Abfall teilweise illegal und unter unkontrollierten Bedingungen entsorgt. Wie bereits unter 3.1 erwähnt verfügt Griechenland über 75 legale geordnete Deponien, 59 Abfalltransferstationen, drei mechanisch- biologisch Restabfallbehandlungs- und Abfalltransferstationen sowie 35 Materialgewinnungsanlagen, was einen Deckungsgrad von 94% der Bevölkerung ausmacht (vgl. GTAI, 2016). Die Deponiesteuern belaufen sich auf 40 Euro/t (CEWEP, 2017). Neben den 75 legalen Deponien verfügt Griechenland noch immer über 46 unkontrollierte aktive Mülldeponien und136 geschlossene aber nicht sanierte Deponien. Dieser Aspekt ist eine der größten Herausforderungen Griechenlands im Zusammenhang mit der Neugestaltung des griechischen Abfallentsorgungssystems. In folgender Abbildung sind die illegalen Abfalldeponien Griechenlands dargestellt.
23 RECYCLING, ABFALL- UND RECYCLINGWIRTSCHAFT IN GRIECHENLAND Abbildung 11: Illegale Abfalldeponien in Griechenland (2011) Rot: Aktive, Grün: geschlossene, Gelb: Noch aktiv, werden aber in Zukunft geschlossen Quelle: Europäische Kommission (2011) Die Griechischen Abfallströme In den meisten Gemeinden Griechenland werden zwei Müllströme angewendet. In die blaue Abfalltonne werden Plastik-, Glas- und Metallabfälle geworfen, während Restmüll in der grünen Tonne entsorgt wird. Etwa 92 % der Bevölkerung haben Zugang zu den 153.000 blauen Recyclingtonnen. Insgesamt gibt es über das Land verteilt zurzeit 32 Mülltrennungsstellen für wiederverwertbare Abfälle aus den blauen Tonnen (vgl. GTAI, 2016). Lediglich in 15 Gemeinden des Landes wird in vier Ströme getrennt (vgl. RETech, 2011). Insgesamt befassen sich 22 zugelassene Recyclingsysteme mit der Sammlung und Verwertung von Verpackungen, Batterien, Akkumulatoren, Elektrogeräten, Altreifen, Schmierölabfällen, Altfahrzeugen, Abfallaushub und Bauschutt. Eine Aufstellung der Systeme der Internetseite der griechischen Recycling-Agentur (www.eoan.gr) zu entnehmen.
Sie können auch lesen