DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München

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DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN   Juli 2019

                                                      forschungsNEWS   1
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
VORWORT

                                      Die Entwicklung zu einer innovativen und nachhaltigen Gesell-
                                      schaft ist eine der vornehmsten Aufgaben der Wissenschaft.
                                      Dieser Aufgabe hat sich die Hochschule München verpflich-
                                      tet. Konsequenterweise strebt die Hochschule an, im Bereich
                                      der Forschung zu den erfolgreichsten HAWs Deutschlands zu
                                      gehören und damit eine Schlüsselfunktion in der deutschen
                                      Wissenschaftslandschaft einzunehmen. Für die forschungsak-
                                      tiven Professorinnen und Professoren bedeutet das, dass ihre
                                      Forschung nicht nur wissenschaftlichen Kriterien genügen,
                                      sondern diese auch relevante Lösungsbeiträge für die Praxis
                                      liefern muss.

                                      Die Forschenden der Hochschule München lösen das Verspre-
                                      chen ein – das zeigt diese Neuauflage der forschungsNEWS.
                                      Dargelegt wird eine relevante, anwendungsorientierte For-
»Wir wollen an der Hochschule Mün-    schung in Form von Forschungsprojekten, die sich inhaltlich
chen im Bereich der Forschung neue    mit dem Thema Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen, sozialen
Wege der Zusammenarbeit eröffnen,     sowie ökologischen Sinne beschäftigen. Themen, deren Rele-
so dass sich die Kraft und Relevanz   vanz und Dringlichkeit nicht zuletzt vor dem Hintergrund der
unserer Forschung noch besser ent-    »Fridays for Future« – Bewegung erneut unterstrichen wurde.
falten kann.«
Prof. Dr. Sonja Munz                  Institutionell wird die Bedeutung der anwendungsorien-
                                      tierten Forschung an der Hochschule München befördert,
                                      indem sie durch die Gründung von fachlich orientierten For-
                                      schungsinstituten sichtbarer und in der Fläche wahrnehm-
                                      bar wird. Dies geschieht in der Überzeugung, dass die Hoch-
                                      schule München den Forschenden sowie dem wissenschaft-
                                      lichen Nachwuchs auf diese Weise institutionell optimale
                                      Rahmenbedingungen und ein wissenschaftliches Umfeld
                                      bieten kann, das zudem für neue KollegInnen als Arbeitge-
                                      ber attraktiv ist. Neben dem Ausbau kooperativer Promoti-
                                      onen für forschungsstarke Bereiche wird damit das Ziel ver-
                                      folgt, analog zu Aktivitäten in anderen Bundesländern, Per-
                                      spektiven hin zu einem eigenständigen Promotionsrecht zu
                                      eröffnen. Nicht zuletzt deshalb erfolgt die Gründung der For-
                                      schungsinstitute qualitätsgesichert auf der Basis von Krite-
                                      rien wie Drittmittel- und Veröffentlichungsstärke, Patenter-
                                      folgen sowie Vorerfahrungen in der Promotionsbetreuung.
                                      Gleichzeitig wird vorausgesetzt, dass sich mindestens fünf
                                      Forschende mit mindestens fünf wissenschaftlichen Mitar-
                                      beitenden auf einem fachlich kohärenten Gebiet zusammen-
                                      finden, so dass durch die Gründung der Institute eine Profi-
                                      lierung der Forschungsgebiete erfolgt sowie die Innovations-
                                      stärke und die Qualität der Forschung weiter erhöht wird.
                                                                                                      Portrait: Julia Bergmeister

                                      Prof. Dr. Sonja Munz
                                      Vizepräsidentin für Forschung

 2    forschungsNEWS
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
INHALT

Forschungsberichte
Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg
Fakultät für Architektur

DIE SCHÖNHEIT DES ALTEN                                                 4

Prof. Dr. Gerta Köster
Fakultät für Informatik und Mathematik

WOHIN MENSCHEN IM ERNSTFALL GEHEN                                       6

Prof. Dr. Oliver Bohlen, Prof. Dr. Simon Schramm
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik

SECOND LIFE FÜR AUTOMOTIVE-BATTERIEN                                    8

Prof. Dr. Alexander Knoll
Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik

ELIAS WIRD FLÜGGE                                                     10

Prof. Dr. Nicole Pötter
Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften

BALANCEAKT ZWISCHEN STANDARDISIERUNG UND
INDIVIDUALISIERUNG                                                    12

Forschungsinstitute
Institut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere
Institut für Material- und Bauforschung

DIE FORSCHUNGSDYNAMIK WEITER UNTERSTÜTZEN                             14

Promotion                                                             16

Gründung & Entrepreneurship                                           18

Neu genehmigte
Forschungsprojekte                                                    19

                                                              forschungsNEWS   3
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg
    Fakultät für Architektur

    DIE SCHÖNHEIT DES ALTEN
    Traditionelle alpine Architektur von historischen Gebäuden neu entdecken, bewerten
    und nachhaltig entwickeln – das ist das Ziel des europäischen Forschungsprojekts ATLAS.
    Zwei Professorinnen der Fakultät für Architektur sind in der wissenschaftlichen Leitung
    des Projekts aktiv.

    Wer Urlaub in den Bergen macht, sieht          Konzept. Die beiden Professorinnen         Die BesitzerInnen der historischen
    sie oft: alte, traditionelle Bauernhäu-        ergänzen sich ideal in diesem Pro-         Gebäude müssen, ebenso wie Archi-
    ser in einem kleinen Bergdorf. Sie sind        jekt: Eßig hat die Professur für Baukon-   tektInnen, Erbschaftsbehörden und
    nicht mehr bewohnt, und langsam                struktion und Bauklimatik inne und         politische EntscheidungsträgerInnen
    aber sicher beginnt ihr Verfall. Für die       ist Expertin für Nachhaltigkeit, Lan-      in den Kommunen, meist erst für die
    Renovierung oder Sanierung solcher             genberg ist Professorin für Bauen im       Notwendigkeit und den Nutzen einer
    Häuser macht sich das Projekt »Advan-          Bestand, Denkmalpflege und Bauauf-         nachhaltigen Entwicklung der traditi-
    ced Tools for Low-carbon, high-value           nahme und steht für die Bewahrung          onellen alpinen Architektur sensibili-
    development of historic architecture           der historischen Bausubstanz unter         siert werden.
    in the Alpine Space« (ATLAS) stark.            Berücksichtigung ihrer kulturellen
    »Wir wollen die traditionelle alpine           Bedeutung.                                 In einem ersten Schritt entsteht im
    Architektur bewahren und historische                                                      Rahmen von ATLAS deshalb ein histo-
    Gebäude – auch Häuser und Ensem-               GEBÄUDE NACHHALTIG ENTWICKELN              rischer Gebäudeatlas als Online-Da-
    bles jenseits des Schutzniveaus –              Bis zu 60 Prozent der Gebäude in länd-     tenbank mit Best-Practice-Beispielen.
    erhalten und für die Zukunft rüsten.           lichen Gebieten können als historisch      Tobias Listl, wissenschaftlicher Mit-
    Gleichzeitig sollen sie energieeffizient       betrachtet werden. Meist stehen sie in     arbeiter im Forschungsprojekt, klas-
    und nachhaltig saniert werden, denn            benachteiligten Gebieten im alpinen        sifizierte dafür unterschiedliche
    nur so können wir die ehrgeizigen Kli-         Raum – sei es im slowenischen Soca-        Typologien wie beispielsweise das Ju-
    maschutzziele erreichen und die Merk-          Tal, im italienischen Truden im Natur-     rasteinhaus im bayerischen Altmühl-
    male der alpinen Kulturlandschaft              park oder im österreichischen Hittisau     tal (Bild rechts), das Appenzeller Haus
    schützen«, erklären Prof. Dr. Natalie          in Vorarlberg – und bieten ein geringes    in der Schweiz oder das Vorarlberger
    Eßig und Prof. Dr. Silke Langenberg das        Maß an Energieeffizienz und Komfort.       Holzhaus in Österreich (Bild oben) –

4   forschungsNEWS
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
FORSCHUNGSBERICHTE

                                                                                      und stellte gelungene Beispiele für die          KOMMUNEN SIND GEFRAGT
Fotos: Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg, Portraits: Johanna Weber

                                                                                      nachhaltige Sanierung solcher histori-           Ein Hauptergebnis des Forschungs-
                                                                                      schen Gebäude in die Datenbank ein.              projekts ATLAS wird ein ganzheit-
                                                                                      Darüber hinaus finden sich hier auch             liches Toolkit für Kommunen sein.
                                                                                      Tipps, was man von historischen Bau-             »Gemeinden sind Schlüsselakteure,
                                                                                      ten lernen kann, zum Beispiel Fenster-           wenn es um die optimalen Rahmen-
                                                                                      läden aus Holz, die man im Sommer                bedingungen für eine nachhaltige
                                                                                      als Sonnenschutz verwendet, im Win-              Sanierung historischer Gebäude geht.
                                                                                      ter aber aushängt, um Platz für ein zu-          Sie können Pilotprojekte starten und
                                                                                      sätzliches Winterfenster zu machen.              sich selbst an der Renovierung tradi-
                                                                                                                                       tioneller Gebäude beteiligen, lokale          »Wir wollen die traditionelle
                                                                                      Im zweiten Arbeitspaket entwickelt               Netzwerke gründen oder sich als               alpine Architektur bewahren
                                                                                      Prof. Eßig mit ihrem wissenschaftli-             Modellregion positionieren«, erklä-           und historische Gebäude – auch
                                                                                      chen Mitarbeiter Ahmed Khoja ein                 ren Eßig und Langenberg.
                                                                                                                                                                                     Häuser und Ensembles jenseits
                                                                                      Bewertungsschema mit so genannten
                                                                                                                                                                                     des Schutzniveaus – erhalten
                                                                                                                                                                                     und für die Zukunft rüsten.«
                                                                                      »Key Performance Indicators« für die             Professor Eßig hat übrigens selbst
                                                                                                                                                                                     Prof. Dr. Silke Langenberg, Prof. Dr. Natalie Eßig
                                                                                      Nachhaltigkeit historischer Gebäude-             ein historisches Gebäude in Franken
                                                                                      sanierungen. Dabei geht es – neben               renoviert und weiß – aus der Perspek-
                                                                                      ökologischen, wirtschaftlichen und               tive der Bauherrin und der Architek-
                                                                                      sozialen Kriterien – auch um kultu-              tin – wie viele Stolpersteine im Lauf
                                                                                      relle Aspekte wie die Vereinbarkeit der          eines solchen Projekts auftauchen.
                                                                                      Sanierung mit den kulturellen Werten             »Man muss sehr behutsam vorgehen,
                                                                                      in der Region.                                   um die Schönheit des Alten zu bewah-
                                                                                                                                       ren, kann aber auch moderne Ele-
                                                                                      Folgen wird ein »interactive retrofit            mente integrieren«, sagt sie. In ihrem
                                                                                      guidance tool«, das jede und jeder Ein-          eigenen Haus hat sie zum Beispiel die
                                                                                      zelne als Grundlage für Sanierungs-              inneren Fenster ihres Altbau-Kasten-
                                                                                      pläne nutzen kann: »Welcher Architekt            fensters durch eine energieeffizi-
                                                                                      ist sensibel für das Thema? Wie wurde            entere Verglasung ersetzt, deren
                                                                                      ein ähnliches Gebäude saniert? Welche            Fensterrahmen aber die historischen
                                                                                                                                                                                Projekttitel
                                                                                      Baumaterialien haben sich bewährt?               Proportionen aufgreifen. Ein klarer
                                                                                                                                                                                Advanced Tools for Low-carbon, high-value
                                                                                      Wie wurde gedämmt?« nennt Eßig                   Fall für die Best-Practice-Datenbank.
                                                                                                                                                                                development of historic architecture in the
                                                                                      einige praktische Beispiele.                     Elke Zapf
                                                                                                                                                                                Alpine Space (ATLAS)

                                                                                                                                                                                Projektlaufzeit
                                                                                        Alte Posthalterei in Mörnsheim im Altmühltal
                                                                                                                                                                                17. April 2018 bis 16. April 2021

                                                                                                                                                                                Projektpartner
                                                                                                                                                                                n   Accademia Europea di Bolzano,
                                                                                                                                                                                    Italien (Koordinator)
                                                                                                                                                                                n   Universität Innsbruck, Österreich
                                                                                                                                                                                n   Energieinstitut Vorarlberg, Österreich
                                                                                                                                                                                n   Posoški razvojni center, Slowenien
                                                                                                                                                                                n   Gemeinde Truden im Naturpark, Italien
                                                                                                                                                                                n   Teamblau GmbH, Italien
                                                                                                                                                                                n   Sites et Cités Remarquables France,
                                                                                                                                                                                    Frankreich
                                                                                                                                                                                n   University of Applied Sciences and Arts
                                                                                                                                                                                    of Southern Switzerland, Schweiz

                                                                                                                                                                                Projektträger und Zuwendungsgeber
                                                                                                                                                                                Europäische Union, Interreg-Programm

                                                                                                                                                                                                              forschungsNEWS      5
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
Algorithmus »EikMesh«

                                                                      Das gesamte Simulationsgebiet,
                                                                      das dem realen Gebiet entspricht,
                                                                      wird mit einem Dreiecksgitter
                                                                      überzogen.

    Prof. Dr. Gerta Köster
    Fakultät für Informatik und Mathematik

    WOHIN MENSCHEN IM
    ERNSTFALL GEHEN
    Ein paar Minuten in die Zukunft schauen und damit wissen, was in einer Gefahrensitua-
    tion zu tun ist: Hiervon träumen Sicherheitsverantwortliche auf Großveranstaltungen. Im
    Forschungsprojekt S²UCRE an der Fakultät für Informatik und Mathematik sorgen neue
    Simulationen dafür, Szenarien »vorzuspulen« – was im Ernstfall Leben retten kann.

    Konzerte, Paraden, Essensstände, Bars:    in urbanen Gegenden. Das Besondere:          im entsprechenden Simulationsbe-
    Über 300.000 BesucherInnen tum-           Diese sollen mithilfe effizienter und        reich. Außerdem bestimmt Projekt-
    meln sich auf dem Hamburger Hafen-        paralleler Algorithmen ein Szenario          mitarbeiterin Marion Gödel auf Basis
    geburtstag. Musik liegt in der Luft, es   anzeigen, das drei bis fünf Minuten in       dieser und weiterer Parameter mit-
    duftet nach gebrannten Mandeln und        der Zukunft liegt. So könnten in einer       hilfe von Machine-Learning-Algorith-
    frischen Fischbrötchen. Ganz plötzlich    Gefahrensituation beispielsweise Per-        men das wahrscheinlichste Ziel der
    verdunkelt sich der Himmel und ein        sonenströme entsprechend umgeleitet          Agenten.
    Platzregen prasselt auf den Hafenplatz    oder Zugänge gesperrt werden.
    nieder. Die Leute rennen wild umher,                                                   Bei den weiteren Parametern handelt
    alle fliehen vor dem Schauer – Chaos      DIGITALE AGENTEN WIE MENSCHEN                es sich um Informationen zu mensch-
    bricht aus.                               HANDELN LASSEN                               lichem Verhalten und menschlichen
    Situationen wie diese, in denen Men-      Stellvertretend für die realen Besu-         Bedürfnissen im Kontext der Veran-
    schen durcheinanderlaufen oder eva-       cherInnen einer Veranstaltung treten         staltung. Diese liefern die »Human
    kuiert werden müssen, kommen auf          in die Simulation sogenannte Agen-           Factors ExpertInnen« des Industrie-
    Großveranstaltungen häufig vor. Für       ten. Diese agieren wie die reale Men-        partners Team HF. Es befragt Besuche-
    höchstmögliche Sicherheit sorgen          schenmenge in der entsprechenden             rInnen vor einer Veranstaltung z. B. zu
    z. B. Videoaufnahmen, über die Perso-     Umgebung, aber in einer digitalen            deren Wohnort und Alter, aber auch
    nal das Geschehen beobachtet. Doch es     Computerwelt. Aus Videoaufnahmen             dazu, wie sie bestehende Sicherheits-
    geht besser: Im Projekt S²UCRE entwi-     der Veranstaltung, die der Projektpart-      vorkehrungen wahrnehmen. Ebenso
    ckelt Prof. Dr. Gerta Köster gemeinsam    ner Fraunhofer IOSB liefert, werden          fließen Fragebögen, die in anderen
    mit ihrem Team Simulationen von           Informationen zur Personendichte und          Kontexten erstellt wurden, beispiels-
    Personengruppen und deren Bewe-           Richtungsvektoren abgeleitet. Anhand         weise vom Veranstalter selbst, in die
    gungsrichtungen für Veranstaltungen       dieser platziert das Team die Agenten        Auswahl der Parameter ein. So kann

6   forschungsNEWS
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
FORSCHUNGSBERICHTE

                                                              der Wohnort eines Gastes etwa darü-                   Veranstaltungsgebiets korrekt abgebil-
Grafik: Benedikt Zönnchen, Foto und Portrait: Johanna Weber

                                                              ber entscheiden, ob sie oder er die                   det werden.
                                                              U-Bahn-Station oder die ebenso weit
                                                              entfernte Bushaltestelle ansteuert. Das               Im Mesh wird die Zielrichtung der
                                                              Beispiel zeigt, wie wesentlich Infor-                 Agenten durch eine sogenannte »Flu-
                                                              mationen zu menschlichem Verhal-                      tung« berechnet. Bildlich lässt sich
                                                              ten und menschlichen Bedürfnissen                     diese wie ein umgeworfener Eimer Was-
                                                              für die Berechnung des Ziels sind.                    ser vorstellen, dessen Inhalt sich – aus-
                                                              Gödel untersucht sämtliche Parameter                  gehend vom geographischen Ziel – über
                                                              außerdem dahingehend, wie stark sie                   eine Fläche ergießt. Da ein Compu-
                                                              die Bewegungsrichtung eines Agenten                   ter nur eine kleine Anzahl an Agenten
                                                              beeinflussen. Im S²UCRE-Regelkreis                    schneller als Echtzeit simulieren kann,
                                                              werden die wichtigen Parameter lau-                   wird die Simulation auf viele Computer
                                                              fend so angepasst, dass Simulation                    bzw. Prozessoren verteilt. Sie muss pa-
                                                              und reale Videodaten möglichst gut                    rallelisiert werden, wofür das erzeugte
                                                                                                                                                                     »S²UCRE spannt einen perfek-
                                                              übereinstimmen.                                       Gitter in zusammenhängende Teile
                                                                                                                                                                     ten Bogen zwischen komplexer
                                                                                                                                                                     Theorie und enorm sinnvoller
                                                                                                                    zerlegt wird – das heißt, ein Teilgebiet
                                                                                                                                                                     Anwendung.«
                                                              EFFIZIENTER PARALLELER ALGORITH                       besteht aus mehreren Dreiecken und
                                                              MUS »SPULT« SIMULATION VOR                                                                             Prof. Dr. Gerta Köster
                                                                                                                    wird je einem Prozessor zugeordnet.
                                                              Um den Weg zum berechneten Ziel
                                                              der Agenten zu simulieren, entwi-                     Jeder Prozessor erhält annähernd
                                                              ckelt Benedikt Zönnchen, Doktorand                    gleich viel »Arbeit«, zusätzlich soll die
                                                              und S²UCRE-Mitarbeiter, einen Algo-                   Kommunikation zwischen den Pro-
                                                              rithmus namens »EikMesh«. Dieser                      zessoren geringgehalten werden. Da
                                                              überzieht das gesamte Simulationsge-                  sich Agenten über die Teilgebiete hin-
                                                              biet, das dem realen Gebiet entspricht,               wegbewegen, übergibt ein Prozessor
                                                              mit einem anpassungsfähigen Drei-                     den Rechenprozess für die Agenten
                                                              ecksgitter (Mesh). Die Größe der Drei-                dem nächsten. Dadurch kann genau
                                                              ecke richtet sich nach der Verteilung                 bestimmt werden, wie viele Prozes-          Projekttitel
                                                              der Agenten: In Bereichen, in denen                   soren für die Simulation nötig sind.        Safety & Security of Urban Crowded
                                                              sich mehr Agenten aufhalten, sind sie                 Unter Verwendung der Rechnerkapa-           Environments (S²UCRE)
                                                              kleiner, und entsprechend größer in                   zität ist es dann möglich, eine in der
                                                              Bereichen mit weniger Agenten. Mit-                   Zukunft liegende Situation zu bestim-       Projektlaufzeit
                                                              hilfe des Gitters können selbst ver-                  men – und so Veranstaltungen sicherer       1. August 2017 bis 31. Juli 2020
                                                              winkelte oder enge Bereiche des                       zu machen. Lea Knobloch
                                                                                                                                                                Projektpartner
                                                                                                                                                                n   Fraunhofer IOSB, Karlsruhe
                                                                                                                                                                n   accu:rate GmbH, München
                                                                Das S²UCRE-Projektteam: Benedikt Zönnchen, Marion Gödel und Prof Dr. Gerta Köster (von links)
                                                                                                                                                                n   SECURITON GmbH, Achern
                                                                                                                                                                n   Team HF PartG, Ludwigsburg
                                                                                                                                                                n   Goethe-Universität Frankfurt
                                                                                                                                                                    am Main

                                                                                                                                                                Projektträger
                                                                                                                                                                VDI-Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

                                                                                                                                                                Zuwendungsgeber
                                                                                                                                                                Bundesministerium für Bildung und
                                                                                                                                                                Forschung

                                                                                                                                                                                              forschungsNEWS   7
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
Prof. Dr. Oliver Bohlen, Prof. Dr. Simon Schramm
    Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik

    SECOND LIFE FÜR
    AUTOMOTIVE-BATTERIEN
    Im Forschungsprojekt UnABESA soll eine universelle Anbindung von Batteriespeichern aus
    Elektrofahrzeugen für stationäre Anwendungen entwickelt werden. Daran arbeitet die
    Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik im Verbund mit einem großen Part-
    ner aus der Automobilindustrie und zwei mittelständischen Technologieunternehmen.

    Es hat die Größe eines Schuhkartons        nicht mehr genug Power für den          Um diese sinnvolle Weiternutzung
    und könnte in wenigen Jahren in klei-      Einsatz im Elektroauto haben, was       zu ermöglichen, setzen die beiden
    nen und mittleren Unternehmen und          zum Beispiel nach 100.000 gefah-        Forscher auf das Prinzip der galva-
    Handwerksbetrieben, in Fuhrparks           renen Kilometern der Fall sein kann,    nischen Trennung. Dabei wird die
    von Stadtwerken oder in privaten           verfügen sie immer noch über 70         elektrische Leitung durch elektrisch
    Nachbarschaftsquartieren zum Einsatz       bis 80 Prozent ihrer Anfangskapazi-     nicht leitfähige Kopplungsglieder –
    kommen: Das kompakte Koppelele-            tät«, weiß Prof. Schramm, der selbst    das Koppelelement in der Größe eines
    ment, das gerade im Verbundvorhaben        ein Elektroauto fährt. Ein enormes      Schuhkartons, das gerade entwickelt
    UnABESA an der Hochschule Mün-             Potenzial, das UnABESA nutzen will.     wird – aufgetrennt. Erst dann »fühlt«
    chen konzipiert wird. Prof. Dr. Simon                                              sich die Batterie wie im Fahrzeugbe-
    Schramm und Prof. Dr. Oliver Bohlen        DEN ÖKOLOGISCHEN FUSSABDRUCK            trieb und kann ohne weitere Modifika-
    entwickeln zusammen mit Partnern           VERRINGERN                              tion eingesetzt werden. Zum Beispiel
    aus der Wirtschaft diese intelligente      »Aktuell wird viel über den soge-       in einer Bio-Bäckerei, die nicht nur
    Schnittstelle.                             nannten energetischen Rucksack von      Vollkornbrötchen backt, sondern auch
    Sie soll dafür sorgen, dass die Lithi-     Elektroautos diskutiert«, sagt Prof.    durch die Photovoltaikanlage auf dem
    um-Ionen-Akkus aus Elektroautos –          Bohlen. »Die Energiemenge für die       Dach und den Fuhrpark aus Elektroau-
    sogenannte Automotive-Batterien            Herstellung großer Batteriespeicher     tos Vorreiter im Bereich Klimaschutz
    – nach ihrem Einsatz im Fahrzeug           ist sehr hoch und amortisiert sich      sein will. »Das Plus an Sonnenenergie,
    ein »Second Life« in einer stationä-       erst nach einer gewissen Nutzungs-      das sie tagsüber produziert, könnte die
    ren Anwendung führen und durch             zeit. Je länger eine Automotive-        Bäckerei in Automotive-Batterien in
    die längere Lebensdauer ihre CO2-          Batterie im Einsatz ist, desto besser   einem Nebenraum der Bäckerei spei-
    Bilanz verbessern. »Wenn Batterien         ist ihr ökologischer Fußabdruck.«       chern, und nachts für den Betrieb das

8   forschungsNEWS
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
FORSCHUNGSBERICHTE

                                                           Backofens oder rund um die Uhr als                  PLUG-AND-PLAY-LÖSUNG
Fotos: Prof. Dr. Simon Schramm, Portraits: Johanna Weber

                                                           Ladestation für Elektrofahrzeuge nut-               Im Labor der Fakultät für Elektro-
                                                           zen«, erklären die beiden Wissenschaft-             technik und Informationstechnik der
                                                           ler. Den wesentlichen Vorteil gegenüber             Hochschule München liegen zwei
                                                           herkömmlichen Energiespeichern zur                  große Automotive-Batterien auf einem
                                                           Eigenverbrauchserhöhung sehen sie                   Gestell. Daneben stehen Bohlen und
                                                           in der Effizienz, Sicherheit und Wirt-              Schramm und diskutieren mit Studie-
                                                           schaftlichkeit der Fahrzeugbatterien in             renden aus den beiden Studiengängen
                                                           Second-Life-Anwendungen.                            Regenerative Energien und Elektromo-
                                                                                                               bilität über die Entwicklung des Kop-
                                                           »Noch ist das eine Vision. Wir stehen               pelelements. »Der DC-DC-Wandler des               »Je länger eine Automotive-
                                                           vor erheblichen Forschungs- und Ent-                Koppelelements soll die Spannung der              Batterie im Einsatz ist, desto
                                                           wicklungsarbeiten, um das Second Life               Automotive-Batterie hocheffizient auf             besser ist ihr ökologischer
                                                           der Automotive-Batterien zu ermögli-                das für den Netzumrichter notwen-                 Fußabdruck.«
                                                           chen«, sagen die beiden Professoren. Sie            dige Niveau umwandeln und zur ein-
                                                                                                                                                                 Prof. Dr. Simon Schramm, Prof. Dr. Oliver Bohlen
                                                           haben im Projekt UnABESA die wissen-                heitlichen elektrischen und logischen
                                                           schaftliche Leitung für die Entwicklung            Schnittstelle werden«, erklären die
                                                           und Umsetzung des Systems inklusive                 Experten. »Am Ende wird dann ein
                                                           Hardware und Software inne und arbei-               intelligentes bidirektionales Koppele-
                                                           ten eng mit Partnern aus der Wirtschaft             lement mit galvanischer Trennung als
                                                           zusammen. Die BMW AG bringt als Ver-                Plug-and-Play-Lösung stehen, das alle
                                                           bundkoordinator umfassendes Know-                   Funktionen der Automotive-Batterie
                                                           how über Automotive-Batterien, die                  erhält und gleichzeitig einen kostenin-
                                                           für den vollelektrischen BMW i3 entwi-              tensiven Netztransformator einspart.«
                                                           ckelt wurden, ein. Die mittelständische             Sind die im Verbund entstehenden
                                                           Firma Inductron Inductive Electronic                Koppelelemente erst einmal fertig,
                                                           Components GmbH kümmert sich um                     können beliebig skalierbar stationäre
                                                           die Dimensionierung und Umsetzung                   Speicher aus Fahrzeugbatterien aufge-
                                                                                                                                                             Projekttitel
                                                           von geeigneten induktiven Kernkompo-                baut werden. »Wirtschaftlich sinnvoll
                                                                                                                                                             Universelle Anbindung von Batteriespeichern
                                                           nenten für die Kopplung der Batterie im            sind diese Speicher vor allem dann,
                                                                                                                                                             aus Elektrofahrzeugen für Stationäre Anwen-
                                                           angestrebten Leistungs- und Frequenz-               wenn sie aus zwei oder mehr Batterien
                                                                                                                                                             dungen (UnABESA)
                                                           bereich. Und die Firma Munich Electrifi-            bestehen«, prognostizieren Oliver Boh-
                                                           cation GmbH steuert die Elektronik und              len und Simon Schramm. Und davon
                                                                                                                                                             Projektlaufzeit
                                                           Software bei, die dafür sorgt, dass sich            profitiert mit Sicherheit auch die Bio-
                                                                                                                                                             1. Juni 2017 bis 31. Mai 2020
                                                           die Batterie wie im Auto »fühlt«.                   bäckerei. Elke Zapf

                                                                                                                                                             Projektpartner
                                                                                                                                                             n   Bayerische Motoren Werke AG
                                                            Das kleine Koppelelement wandelt die Spannung der großen Automotive-Batterien hocheffizient um       (Verbundkoordinator)
                                                                                                                                                             n   Inductron Inductive Electronic
                                                                                                                                                                 Components GmbH
                                                                                                                                                             n   Munich Electrification GmbH
                                                                                                                                                             n   Vattenfall Europe Innovation GmbH
                                                                                                                                                                 (assoziierter Partner)

                                                                                                                                                             Projektträger
                                                                                                                                                             Projektträger Jülich

                                                                                                                                                             Zuwendungsgeber
                                                                                                                                                             Bundesministerium für Wirtschaft
                                                                                                                                                             und Energie

                                                                                                                                                                                          forschungsNEWS    9
DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
Prof. Dr. Alexander Knoll
     Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik

     ELIAS WIRD FLÜGGE
     Im Projekt FAMOSL an der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik
     entwickeln die Ingenieure um Prof. Dr. Alexander Knoll Technologien, die elektrische
     Flugzeuge künftig ökonomischer und sicherer machen.

     Ein kleines Elektro-Flugzeug lernt, wie      Stock der Fakultät, hoch über den Dä-     Piloten gesteuerten Flug ermögli-
     es unabhängig wird von seinem Pilo-          chern Münchens, stehen zahlreiche         chen.« Dieses System berücksichtigt
     ten. ELIAS heißt der schlanke, weiße         Flugzeugmodelle in den Vitrinen. An       bei der Bahnplanung die speziellen
     Flieger aus Karbon, der mit einem Pro-       den Wänden hängen Bilder, die den         Eigenschaften eines batterie-elektri-
     peller an seiner Nase im bayerischen         Blick ins Cockpit von Flugzeugen zei-     schen Flugzeugs. Außerdem entwi-
     Voralpenland seine Kreise durch die          gen. Die Begeisterung fürs Fliegen ist    ckeln die Münchner Ingenieure ein
     Lüfte zieht. Das Wissen vermittelt dem       spürbar.                                  System, das es erlaubt, auf Basis einer
     Fluggerät das Team von Prof. Dr. Alex-                                                 Vielzahl von Systemzuständen den
     ander Knoll, Leiter des Labors für Au-       Doch Knoll ist nicht nur Pilot, sondern   Startvorgang permanent zu überwa-
     tomatisierung und Dynamik an der             auch Ingenieur. Und da interessiert       chen und gegebenenfalls rechtzeitig
     Hochschule München.                          er sich vor allem für das elektrische     abzubrechen. Ein derartiges System
                                                  Fliegen. Zusammen mit seinem Dok-         existiert in der Verkehrsfliegerei
     »Kleine, elektrisch betriebene Flugzeu-      toranden Ferdinand Settele und Kolle-     derzeit noch nicht.
     ge werden für Aufgaben wie etwa Über-        gen von der Technischen Universität
     wachungseinsätze immer wichtiger«,           München tüfteln die Forscher daran,       ENTSCHEIDUNG WÄHREND DES FLUGS
     erklärt Knoll in seinem Büro am Cam-         wie man ELIAS unabhängiger machen         Die Ingenieure wollen ELIAS aber nicht
     pus Lothstrasse. Noch sind die Flieger       kann von PilotInnen. »Im Projekt          nur strikte Vorgaben zu Beginn des
     auf Piloten angewiesen, doch sie wer-        FAMOSL haben wir zwei Schwerpunk-         Fluges machen. »Während der einzel-
     den unabhängiger. Auch ELIAS kann            te, um das Flight Management unseres      nen Phasen soll der Flieger selbst Ent-
     bisher nur den Reiseflug automatisch         Testflugzeugs zu optimieren«, erklärt     scheidungen treffen, aufgrund der Da-
     bewältigen. Start und Landung wird           Settele. Zum einen wollen die Ingeni-     ten, die ihm seine Sensoren über die
     nach wie vor vom Piloten kontrolliert.       eure seine Flugführung verbessern.        Umgebung übermitteln«, erklärt Set-
     Knoll ist selbst Pilot und fliegt den Pas-   »Wir entwickeln Programme für ein         tele. So können etwa Windänderungen
     sagier-Jet Airbus A320 sowie Geschäfts-      ›optionally piloted‹ System, die einen    eine Reaktion des Fliegers notwendig
     flugzeuge. In seinem Büro im fünften         automatisierten, aber auch den vom        machen. »Alle unsere Entwicklungen

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FORSCHUNGSBERICHTE

                                              zielen darauf ab, das elektrische Flie-     die Lärmbelästigung drastisch redu-
Fotos:IABG/ACENTIS, Portrait: Johanna Weber

                                              gen ökonomischer und sicherer zu            ziert werden.« Der elektrische Antrieb
                                              machen«, so Settele weiter. Der junge       macht unabhängig von der Luftversor-
                                              Doktorand ist, ebenso wie sein Chef, be-    gung, im Gegenteil zum Verbrennungs-
                                              geisterter Flieger. Angefangen hat Set-     motor. Zudem verändert das Flugzeug
                                              tele mit dem Segelflug, aber auch das       nicht sein Gewicht während des Fluges
                                              Gleitschirmfliegen fasziniert ihn. »Da-     und muss daher nicht seine Höhe an-
                                              bei spürt man das Fliegen am eigenen        passen, um die effizienteste Flugroute
                                              Körper, und man ist extrem nahe an          zu erreichen. Aber es gibt auch Nach-
                                              der natürlichen Umgebung«, erzählt          teile: Batterien sind derzeit nicht um-
                                              Settele begeistert. Auch er hat überlegt,   weltfreundlich in der Herstellung, und
                                              Pilot zu werden, doch nun hat ihn die       haben vor allem eine sehr geringe Leis-
                                              Technologieentwicklung an der Hoch-         tungsdichte. Fossile Treibstoffe haben
                                              schule München in ihren Bann gezo-          eine rund 54 Mal höhere Energiedichte
                                                                                                                                          »Das elektrische Fliegen
                                              gen. »Ein Großteil unserer Arbeit be-       als Batterien. Daher werden reine Elekt-
                                                                                                                                          bietet uns völlig neue
                                              steht in der Programmierung von             roflieger zunächst bei kleineren Einsät-
                                                                                                                                          Möglichkeiten in der Kon-
                                              Software«, sagt Settele. »Ingenieure        zen stärker zum Tragen kommen, sind
                                                                                                                                          figuration des Antriebs.«
                                              sind also auch Softwareentwickler.«         sich die beiden Ingenieure einig.
                                                                                                                                          Prof. Dr. Alexander Knoll

                                              »Elektrisches Fliegen bietet einige Vor-    »Der Übergang zu mehr Automatisie-
                                              teile«, betont Prof. Knoll. »Bei der Ent-   rung in der Fliegerei wird sicher stu-
                                              wicklung werden neue Konfigurationen        fenweise erfolgen. Ich stelle mir vor,
                                              möglich. So kann man beispielsweise         dass Frachtflugzeuge in ferner Zukunft     Projekttitel
                                              Antriebe überall entlang der Flügel an-     autonom fliegen, ebenso wie die viel       Flight Automatic Management of Electro-
                                              bringen. Zudem lassen sich Motoren          diskutierten Air Taxis«, meint Knoll.      Optimal Start and Landing (FAMOSL)
                                              nach Bedarf an- und abschalten und so       »Eine Kombination aus Pilot und
                                              die Effizienz erhöhen. Außerdem kann        intelligenter Technik ist zumindest in     Projektlaufzeit
                                              durch den gezielten Einsatz der Elekt-      der Verkehrsfliegerei aber sicher kein     1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2019
                                              romotoren in bestimmten Flugphasen          Auslaufmodell«. Thorsten Naeser
                                                                                                                                     Zuwendungsgeber
                                                                                                                                     Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft
                                                ELIAS beim Start                                                                     und Medien, Energie und Technologie

                                                                                                                                     Projektträger
                                                                                                                                     Deutsches Zentrum für Luft- und
                                                                                                                                     Raumfahrt e. V.

                                                                                                                                     Projektpartner
                                                                                                                                     n   IABG Industrieanlagen-Betriebs-
                                                                                                                                         gesellschaft mbH
                                                                                                                                     n   ACENTISS GmbH
                                                                                                                                     n   VITES GmbH
                                                                                                                                     n   Silver Atena Electronic Systems
                                                                                                                                         Engineering GmbH
                                                                                                                                     n   Zentrum für Telematik e. V.
                                                                                                                                     n   Technische Universität München

                                                                                                                                                                      forschungsNEWS   11
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                                                                                                            und
                                                                                                     G es

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                                                                                                                ilie n

                                                                   ne n
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                ur e l
            Kult üsse                                                                                                            fs-
             Einfl                                                                                                        B erung s -
                                                                                                                               u
                                                                                                                         bi l d tem
                                                                                                                           s ys

                                                                           te r /
                                                                     Be r a     pe r
                                                                          ke e
                                                                     Gate

                                 g n
           Prof. Dr. Nicole  a l tu
                            Pötter
                        Verw
           Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften

          BALANCEAKT ZWISCHEN
          STANDARDISIERUNG UND
          INDIVIDUALISIERUNG
           Wie entwickeln bleibeberechtigte junge Geflüchtete eine berufliche Ausbildungsperspek-
           tive und finden Wege, sie zu realisieren? Prof. Dr. Nicole Pötter von der Fakultät für ange-
           wandte Sozialwissenschaften und ihre Projektpartner erforschen diese Frage im Projekt
           BebjG an drei Orten in Deutschland.

           »Ich war runter, also ich war ganz             für die lokale Umsetzung der Beratun-         stand, Herkunftsländer, kultureller Hin-
           unten. Ich will einfach nicht immer            gen in München, ihre Kooperations-            tergrund und Bildung, alle haben indi-
           unten sein. Ich will mal nach oben.«           partner für die im Ennepe-Ruhr-Kreis          viduelle Ausgangsbedingungen. »Die
           So formuliert ein bleibeberechtigter           in Nordrhein-Westfalen sowie in               Geflüchteten gibt es nicht«, sagt Pötter.
           Jugendlicher aus Somalia seine Bil-            Rostock. Die drei Standorte unterschei-       »Was sie tatsächlich gemeinsam haben,
           dungsziele. Wie er diese als Quereinstei-      den sich stark voneinander, nach der          ist, quer in dieses Bildungssystem ein-
           ger über den Hauptschulabschluss an            Struktur ihrer Angebote, ihrer Lage in        zusteigen. Auf der einen Seite haben sie
           einer deutschen Schule, eine abgebro-          Deutschland, nach Ausbildungs- und            keine Kenntnisse über das Bildungssys-
           chene Deutschmaßnahme, ein berufs-             Arbeitsmarkt sowie in ihrer Wirt-             tem, auf der anderen müssen sie alles,
           bildendes Angebot des Jobcenters bis           schaftskraft. Aus den Interviews mit          nicht nur die Sprache, viel schneller ler-
           zu einem Ausbildungsvertrag umsetzte,          den Beratenden, deren Leitungskräften         nen als wir.« Zu diesem Leben im Zeit-
           erzählte er Prof. Dr. Nicole Pötter. Ihr       und Geflüchteten verdichtet Pötter            raffer kommen für die Geflüchteten
           Forschungsprojekt: Wie unterstützen            diejenigen Themen und Faktoren, die           weitere drängende Herausforderun-
           Beratende in Jobcentern, Jugendmig-            die Integration in eine berufliche Aus-       gen hinzu: Beispielsweise eine auf-
           rationsdiensten und weiteren berufs-           bildung fördern oder hemmen.                  grund des befristeten Bleiberechts oft
           bildungsnahen Einrichtungen junge                                                            unsichere Lebensperspektive, die Un-
           bleibeberechtigte Geflüchtete dabei,           DIVERSE AUSGANGSLAGEN: EIN LEBEN              terstützung von Familienangehörigen,
           eigene Wege in eine berufliche Ausbil-         IM ZEITRAFFER                                 zu deren Auskommen sie oft beitra-
           dung zu finden?                                So unterschiedlich die Bedingungen            gen wollen. Oder die Fluchterfahrung,
           Die Professorin für Grundlagen der             für die Beratenden an den drei Orten,         teilweise ein jahrelanger Überlebens-
           Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt            so verschieden die Lebenslagen der Ge-        kampf, die ein Planen über den Tag hin-
           Bildungsfragen interessiert sich dabei         flüchteten: Alter, Geschlecht, Familien-      aus lange Zeit unrealistisch machte.

     12    forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE

                                                 Diese Punkte können in den Bera-           sich im Verlauf der Integration:
Grafik: Projekt BeBjG, Portrait: Johanna Weber

                                                 tungssituationen mit den offiziellen       »Während am Anfang tatsächlich
                                                 Beratungszielen, die Menschen lang-        vielleicht der Spracherwerb im Vor-
                                                 fristig in Lohn und Brot zu bringen,       dergrund stand, geht es jetzt stärker
                                                 kollidieren. Die kulturellen Besonder-     darum, sie zu unterstützen, damit
                                                 heiten hingegen, dies zeigen die Inter-    sie die Ausbildung auch erfolgreich
                                                 viewauswertungen, stehen bei den           abschließen können«, sagt die Profes-          »Die Geflüchteten gibt es nicht.
                                                 Beratenden im Gespräch nicht im Vor-       sorin. Mehr Teilzeitlösungen und an-           Was sie tatsächlich gemeinsam
                                                 dergrund. Sie nehmen vielmehr wahr,        dere Flexibilisierungen wünschten              haben, ist, quer in dieses Bil-
                                                 dass viele Interessen und Sehnsüchte       sich Beratende wie Geflüchtete. Auch           dungssystem einzusteigen.«
                                                 der jungen Geflüchteten sich wenig         mehr individuell zugeschnittene Be-            Prof. Dr. Nicole Pötter
                                                 von denjenigen ihrer Altersgenos-          ratung und vor allem Unterstützung
                                                 sInnen in Deutschland unterscheiden.       wird von den Einrichtungen gefor-
                                                                                            dert, laut Pötter ein Spagat für die In-
                                                 Dass der Zugang in eine berufliche         stitutionen. Sie fasst die Sicht der Be-
                                                 Ausbildung und später in eine Er-          ratenden zusammen: »Auf der einen
                                                 werbsarbeit gelingt, hängt oft von         Seite muss ich sichergehen, dass alle
                                                 ganz grundlegenden Faktoren ab:            das gleiche Angebot bekommen, weil
                                                 Wohnen, Schulbildung, Spracher-            alle das Anrecht auf das Gleiche ha-
                                                 werb, Gesundheit, kulturelle Einflüs-      ben. Und gleichzeitig stelle ich dann
                                                 se und Familiensituation. Wohnen           fest, das Gleiche ist gar nicht für al-
                                                 steht als Negativ-Faktor an erster Stel-   le passend.« Ein weiteres Manko in
                                                 le. »Wenn ich in der Unterkunft woh-       der Beratung: »Wir können den Ge-
                                                 ne, kann ich mich aufs Lernen gar          flüchteten sagen, das sind die nächs-      Projekttitel
                                                 nicht konzentrieren, weil da ständig       ten Schritte. Aber, was ihnen dann         Chancen des Zugangs zur beruflichen Bildung
                                                 viele andere Leute um mich herum           oft fehlt, ist eine Begleitung.«           für bleibeberechtigte junge Geflüchtete:
                                                 sind oder vielleicht auch viele Konflik-                                              Möglichkeiten und Hindernisse in der Bera-
                                                 te«, erläutert die Forscherin die Pers-    Den Einzelfall individueller zu be-        tung und Unterstützung (BeBjG)
                                                 pektive der Befragten. Familiäre Ver-      trachten und die Geflüchteten zu
                                                 pflichtungen wirkten sich wiederum         begleiten, das könnten zivilgesell-        Projektlaufzeit
                                                 vor allem zu Ungunsten der Integrati-      schaftliche Beratungs- und Unter-          15. August 2017 bis 31. März 2020
                                                 on von Frauen aus. Bereits früh in fa-     stützungsangebote eventuell zielge-
                                                 miliäre Pflichten eingebunden, ha-         richteter leisten. In einem Folgepro-      Projektpartner
                                                 ben sie schon kleine Kinder, was eine      jekt untersucht Pötter deshalb, wel-       n   Dr. Bernhard Hilkert, Bundesinstitut für
                                                 Arbeitsintegration weiter erschwert.       che Rolle Freiwillige und Migranten-           Berufsbildung (Projektsprecher)
                                                                                            selbsthilfe-Organisationen bei der         n   Prof. Dr. Andreas Diettrich, Universität
                                                 DAS DILEMMA VON STANDARDISIE-              Ausbildungs- und Erwerbsarbeitsin-             Rostock
                                                 RUNG UND INDIVIDUALISIERUNG                tegration in München spielen und
                                                 Die Relevanz einzelner Faktoren für        wie sich diese mit den offiziellen Stel-   Projektträger und Zuwendungsgeber
                                                 den Weg in die Arbeitswelt verschiebt      len vernetzen. Christiane Taddigs-Hirsch   Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

                                                                                                                                                                     forschungsNEWS   13
Institut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere
       Institut für Material- und Bauforschung

      Die Forschungs-
      dynamik weiter
      unterstützen
      Die Hochschule München hat jüngst zwei neue Forschungs-
      institute bekommen: das Institut für energieeffiziente
      Gebäude und Quartiere sowie das Institut für Material- und
      Bauforschung. Ein Gespräch mit den beiden Institutsleitern
      Prof. Dr. Werner Jensch und Prof. Dr. Christian Schuler:

                                                Warum braucht die Hochschule München         Mitarbeiter. Überdies macht institutiona-
                                                eigene Forschungsinstitute?                  lisierte Forschung die Hochschule Mün-
                                                Jensch: Forschungsstark sind wir schon im-   chen interessant für weitere forschungs-
                                                mer, das war auch Voraussetzung für un-      starke Professorinnen und Professoren.
                                                ser Forschungsinstitut: Alle Kolleginnen
                                                und Kollegen mussten hohe Hürden be-         Welche Mittel stehen Ihnen von Seiten
                                                züglich eingeworbener Forschungsmit-         der Hochschule zur Verfügung?
                                                tel, betreuter Promotionen und veröf-        Schuler: Jedes Forschungsinstitut erhält
                                                fentlichter Publikationen nehmen. Über       eine Postdoc-Stelle, finanziert für fünf Jah-
                                                die Forschungsinstitute wollen wir unse-     re. Diese Position gewährleistet die Ge-
                                                re Forschung nach außen besser sichtbar      schäftsführung des Instituts, vertritt es
                                                machen.                                      nach außen und macht deren Öffent-
                                                Schuler: Die Forschungsinstitute sollen      lichkeitsarbeit, vernetzt die Projekte und
                                                Ressourcen bündeln und ein besseres wis-     schafft Strukturen für das Personal. Das
                                                senschaftliches Umfeld schaffen. Obwohl      Institut für Material- und Bauforschung
Prof. Dr. Werner Jensch
                                                wir uns gerade erst gegründet haben, sind    plant, diese wichtige Position mit einem
Leiter des Instituts für energieeffiziente
                                                bereits jetzt eine engere Zusammenarbeit     gut vernetzten wissenschaftlichen Mit-
Gebäude und Quartiere
                                                und eine bessere Vernetzung im Grün-         arbeitenden zu besetzen, der/die unser
                                                dungskollegium bemerkbar.                    Team und unsere Organisation kennt und
                                                                                             gemeinsam mit uns wachsen kann.
                                                Worin liegt der primäre Unterschied zwi-     Jensch: Zudem finanziert die Hochschu-
                                                schen Ihren bisherigen Forschungsaktivitä-   le für jedes Forschungsinstitut eine Pro-
Forschungsinstitut für Energieeffiziente
                                                ten und der Forschung am neuen Institut?     fessur als Lehrausgleich. Denn Forschung
Gebäude und Quartiere (CENERGIE)
                                                Jensch: Bisher waren wir Einzelkämpfer, da   braucht Zeit, die dann in der Lehre fehlt.
n    Institutsleiter:
                                                waren die Kapazitäsgrenzen in puncto For-    Diese Institutsleiterposition wollen wir im
     Prof. Dr. Werner Jensch
                                                schung schon mal erreicht. Heute denken      Gründungskollegium jedoch rollierend
n    Gründungsteam: 5 ProfessorInnen der
                                                wir mehr im Team, das neu gegründete In-     besetzen – voraussichtlich auf zwei Jah-
     Fakultäten für Architektur sowie
                                                stitut verstetigt die Zusammenarbeit un-     re, denn schließlich soll keiner der Chef
     für Versorgungs- und Gebäudetechnik,
                                                ter uns forschenden Kolleginnen und Kol-     seiner KollegInnen sein. Und die Lehre
     Verfahrenstechnik Papier und Verpackung,
                                                legen, wir können kompetenzorientiert        möchte langfristig auch keiner von uns
     Druck- und Medientechnik
                                                Teams bilden und somit komplexe Aufga-       missen!
n    Wissenschaftliche MitarbeiterInnen:
                                                benstellungen bearbeiten sowie gezielt auf
     19, davon 14 PromovendInnen
                                                Anfragen aus der Industrie reagieren.        Worauf liegt Ihr Forschungsfokus, was
n    Forschungsvolumen:
                                                Schuler: Auch bringen die Institute Syner-   werden Ihre langfristigen Schwerpunkte
     ca. 4 Millionen Euro
                                                gieeffekte und mehr Struktur für die wis-    im Forschungsinstitut sein?
                                                senschaftlichen Mitarbeiterinnen und         Schuler: Wir forschen jetzt verstärkt im

14    forschungsNEWS
FORSCHUNGSINSTITUTE

                                      Das Projekt NUData Campus des Forschungsinstituts für energieeffiziente Gebäude und Quartiere unter-
                                      sucht den Hochschulcampus hinsichtlich aller Energiefaktoren.

                                    Team, wollen weniger Insellösungen für                    Quo vadis: Wo sehen Sie Ihr Forschungs-
                                    unser gemeinsames Thema: die langfris-                    institut in fünf Jahren?
                                    tige Erhaltung und nachhaltige Entwick-                   Schuler: Dazu muss ich vorausschicken:
                                    lung von Baubestand und Infrastruktur.                    Jeder am Institut Beteiligte hat seine bis-
                                    Aktuell erforsche ich beispielsweise ge-                  herige Forschungsreputation hart erarbei-
                                    meinsam mit Prof. Dr. Christoph Dau-                      tet und will nichts riskieren. Wir wollen
                                    berschmidt und Prof. Dr. Andrea Kuster-                   langsam und überlegt in das Thema For-
                                    mann Bewehrungsstäbe aus Basalt, die im                   schungsinstitut hineinwachsen, sind aber
                                    korrosionsgefährdeten Bereich eingesetzt                  hoch motiviert.
                                    werden sollen: eine Sanierungsmaßnah-                     Jensch: Unser großes Ziel ist das Promoti-
                                    me insbesondere für Fassaden und Park-                    onsrecht für die Hochschule. Derzeit pro-
                                    hausdecken. Und was sich bisher gezeigt                   movieren unsere Doktorandinnen und
                                    hat: Zu dritt forscht man schneller über                  Doktoranden mit unseren Forschungsthe-
                                    den eigenen Tellerrand hinaus, auch die                   men bei Universitätsprofessorinnen und
                                    Vernetzung mit externen Partnern ist                      -professoren, damit wandert unter Um-
                                                                                                                                             Prof. Dr. Christian Schuler
                                    erfolgreicher.                                            ständen Know-how ab. Die Forschungsins-
                                                                                                                                             Leiter des Instituts für Material- und
                                    Jensch: Unser Institut beschäftigt sich                   titute sollen Strukturen schaffen auf dem
                                                                                                                                             Bauforschung
                                    mit ganzheitlichen Lösungen für die                       Weg zum Promotionsrecht.
                                    Gestaltung und Versorgung von Gebäu-                      Schuler: Das stimmt, wir sind angewiesen
                                    den und Quartieren. Eines unserer Pro-                    auf unsere Forschungspartnerinnen und
                                    jekte hierzu ist der NUData Campus, eine                  -partner an den Universitäten, und die Zu-
                                                                                                                                             Forschungsinstitut für Material-
                                    Nutzungsdaten-basierte Optimierung                        sammenarbeit funktioniert vorbildlich.
                                                                                                                                             und Bauforschung
                                    von Gebäuden und Anlagen. Dazu unter-                     Aber unsere Doktorandinnen und Dokto-
                                                                                                                                             n   Institutsleiter:
                                    suchen wir bereits in Kooperation mit                     randen promovieren im Schnitt zwei Jah-
                                                                                                                                                 Prof. Dr. Christian Schuler
                                    Kolleginnen und Kollegen aus aus den                      re länger, denn sie müssen sich quasi dop-
                                                                                                                                             n   Gründungsteam: 7 ProfessorInnen
                                    Fakultäten für Elektrotechnik und Infor-                  pelt beweisen. Es wäre wünschenswert,
                                                                                                                                                 der Fakultäten für Architektur,
                                    mationstechnik sowie Informatik und                       dies zeitlich abkürzen und den univer-
                                                                                                                                                 für Bauingenieurwesen sowie für
                                    Mathematik und TU München unseren                         sitären Partnerinnen und Partnern Ar-
Foto und Portraits: Johanna Weber

                                                                                                                                                 Maschinenbau, Fahrzeugtechnik,
                                    Hochschulcampus hinsichtlich aller Ener-                  beit abnehmen zu können. Insofern: Die
                                                                                                                                                 Flugzeugtechnik
                                    giefaktoren und erforschen auch neue                      Forschungsinstitute sollen nicht nur die
                                                                                                                                             n   Wissenschaftliche MitarbeiterInnen:
                                    Lösungsansätze im Rahmen der Digita-                      Qualität der Hochschulforschung erhö-
                                                                                                                                                 28, davon 12 PromovendInnen
                                    lisierung. Und natürlich wollen wir mit                   hen, sondern auch den gesamten Prozess
                                                                                                                                             n   Forschungsvolumen:
                                    unserem Forschungsinstitut kein »abge-                    des Forschens an der Hochschule weiter
                                                                                                                                                 ca. 5,5 Millionen Euro
                                    schlossener Club« bleiben. Wir haben                      fundamentieren.
                                    schon jetzt die Aufnahme sechs weiterer
                                    Institutsmitglieder geplant.                              Das Interview führte Daniela Hansjakob.

                                                                                                                                                                    forschungsNEWS    15
PROMOTION

KARRIEREN IN DER WISSENSCHAFT
Den AbsolventInnen der Hochschule München steht mit einer herausragenden Promotion die Tür ins
internationale Forschungsumfeld offen. Mehrere Alumni forschen derzeit als PostDocs im Ausland, nut-
zen aber auch die Chance, sich weiter in der Wissenschaft zu engagieren – wie diese drei Alumni, die
nach ihren exzellenten Promotionen als PostDocs an renommierten Universitäten in Übersee arbeiten:

                                                               schen Einsatz in der Arthrose-Behandlung. Die Nachwuchs-
                                                               wissenschaftlerin studierte an der Hochschule München
                                                               im Master Mikro- und Nanotechnik und schloss eine
                                                               kooperative Promotion zum Thema »Rasterkraftmikros-
                                                               kopische Untersuchungen von Struktur-Funktions-Bezie-
                                                               hungen in der Knorpelmatrix« an. Die Arbeit wurde von
                                                               Prof. Dr. Matthias Schieker sowie PD Dr. Attila Aszodi von
                                                               der LMU und Prof. Dr. Hauke Clausen-Schaumann von der
                                                               Hochschule München betreut und im Oktober 2016 am
     Dr. Carina Prein                                          Klinikum der LMU mit summa cum laude bewertet. Ein
                                                               halbes Jahr später wurde sie auch mit dem »Oskar« für
Dr. Carina Prein ist seit Juni 2017 im Rahmen eines Post-      eine herausragende Promotion an der HM ausgezeich-
Doc-Stipendiums an der University of Western Ontario in        net. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit sind entscheidende Grund-
Kanada tätig. Dort untersucht sie den Einfluss des Kern-       lage für weitere Forschungsprojekte am CANTER mit dem
rezeptor-Koaktivators PGC1alpha auf die Knochen- und           Schwerpunkt »Herstellung und biophysikalische Charakte-
Knorpelentwicklung und seinen möglichen therapeuti-            risierung von dreidimensionalen Geweben.«

Dr. Christopher Künneth arbeitet seit Februar 2019 am
bekannten Georgia Institute of Technology in Atlanta. Der
Absolvent der Hochschule München schloss im Oktober
2018 seine kooperative Promotion bei Prof. Dr. Karsten
Reuter von der TU München und Prof. Dr. Alfred Kersch von
der HM mit summa cum laude ab und befasste sich mit

                                                                                                                             Portrait oben: privat, Portrait Mitte: privat, Portrait unten: Andreas Heddergott/TU München
»Modeling the Ferroelectric and Pyroelectric Characteristics
in Polycrystalline Doped Hafnium Dioxides«. Ferroelektri-
zität ist eine phänomenologische Eigenschaft von Festkör-
pern, bei der eine intrinsische Polarisation eines Kristalls     Dr. Christopher Künneth
durch das Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes
zwischen remanenten Zuständen geschaltet werden kann.          Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissen-
Im Rahmen seiner Dissertation wirkte Künneth wesentlich        schaften aufgebaut sowie eine OpenSource-Infrastruktur
daran mit, dass eine Infrastruktur für high-performance        im Labor für Modellbildung und Simulation geschaffen
Simulation mit Dichtefunktionaltheorie am Leibniz-             werden konnte.

                                                               Dr. Felix Dietrich schloss im August 2017 seine kooperative
                                                               Promotion zum Thema »Data-driven surrogate models for
                                                               dynamical systems« bei Prof. Dr. Hans-Joachim Bungartz
                                                               von der TU München und Prof. Dr. Gerta Köster von der
                                                               Hochschule München mit summa cum laude ab. Inzwi-
                                                               schen ist er seit 2017 als Postdoctoral Fellow an der Johns
                                                               Hopkins University in Baltimore und Visiting Research
                                                               Collabotator an der Princeton University in den USA tätig
                                                               und arbeitet hauptsächlich mit Prof. Dr. Yannis Kevreki-
                                                               dis an der numerischen Analyse komplexer Systeme. Das
     Dr. Felix Dietrich
                                                               beinhaltet Algorithmen zur Beschleunigung von Simula-

16     forschungsNEWS
PROMOTION

                                                  tionen inklusive Analyse und Optimierung sowie nicht-          gruppen an Anwendungen wie Systemidentifikation aus
                                                  lineare Mannigfaltigkeitsapproximationen. Darüber              Trajektoriendaten von einzelnen Zellen in der Biologie,
                                                  hinaus beschäftigt sich Dietrich mit der Approximation         Rekonstruktion von physikalischen Systemen aus Beob-
                                                  von linearen Operatoren wie dem Koopman und Laplace-           achtungsdaten oder Polymer- und Proteinfaltungssimu-
                                                  Beltrami operator und arbeitet mit mehreren Forschungs-        lationen in der Verfahrenstechnik. Elke Zapf

                                                  WEGBEGLEITUNG BEI DER PROMOTION IM BAUBEREICH
                                                                                                                 Unter dem Dach von BayWISS kooperieren bayerische
                                                                                                                 Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissen-
                                                                                                                 schaften (HAW) und intendieren mit der so genannten
                                                                                                                 »Verbundpromotion«, die Promotionsbedingungen für
                                                                                                                 NachwuchswissenschaftlerInnen zu verbessern. Dabei
                                                                                                                 betreuen ProfessorInnen beider Hochschultypen gemein-
                                                                                                                 sam junge ForscherInnen. Gut drei Jahre nach dem Start
                                                                                                                 profitieren rund 130 DoktorandInnen in insgesamt zehn
                                                                                                                 Verbundkollegs von der hochschularten-übergreifenden
                                                                                                                 Nachwuchsförderung im Rahmen von BayWISS und den
                                                    Prof. Dr. Christoph Dauberschmidt und Dr. Manuela Tischler
                                                                                                                 spezifischen Stärken beider Hochschularten. Drei der zehn
                                                                                                                 Kollegs werden federführend von einer Hochschule für
                                                  Die Koordinationsstelle des BayWISS-Promotionsverbund-         angewandte Wissenschaften betreut – eines davon ist das
                                                  kollegs »Infrastruktur, Bauen und Urbanisierung« ist seit      Kolleg »Infrastruktur, Bauen und Urbanisierung« an der
                                                  Februar dieses Jahres an der Hochschule München ange-          Hochschule München, an dem zudem die Universität der
                                                  siedelt. Sprecher des Verbundkollegs ist Prof. Dr. Christoph   Bundeswehr München, die TU München und die OTH Re-
                                                  Dauberschmidt, wissenschaftliche Referentin und Koor-          gensburg beteiligt sind. »Davon geht eine starke Signal-
                                                  dinatorin ist Dr. Manuela Tischler. Seit Februar betreut sie   wirkung aus«, ist sich Dr. Manuela Tischler sicher. »Wir
                                                  das Kolleg organisatorisch und administrativ und ist dar-      stärken die Netzwerkbildung zwischen Universitäten und
                                                  über hinaus zentrale Ansprechpartnerin für allgemeine          HAWs und zeigen, dass es in beiden Institutionen heraus-
                                                  Fragen zu Promotionsmöglichkeiten im Rahmen von                ragende Forscherpersönlichkeiten und engagierten wis-
                                                  BayWISS an der Hochschule München. »Wir organisieren           senschaftlichen Nachwuchs gibt.« Elke Zapf
                                                  regelmäßige Netzwerktreffen und Veranstaltungen, bieten
                                                  einen fundierten Rahmen für die fachliche Zusammenar-
                                                  beit und stehen Promovierenden und Promotionsbetreu-
                                                  ern auch mit praktischem Rat und Tat zur Seite«, erläutert                                 Weitere Informationen
                                                                                                                                                  www.baywiss.de
                                                  die promovierte Wissenschaftssoziologin und Expertin für
                                                  Karrierewege in der Wissenschaft.

                                                  COWORKING-PLÄTZE FÜR WISSENSCHAFTLICHES ARBEITEN
                                                  CoWorking-Spaces sind die Büros der Zukunft – für Freiberuf-
Portrait: Johanna Weber, Foto: Lena Schmidbauer

                                                  lerInnen, Start-ups und digitale Nomaden. In offenen Räumen
                                                  können sie kreativ zusammenarbeiten, gemeinsam Projekte
                                                  entwickeln und voneinander profitieren. Auch an der Hoch-
                                                  schule München gibt es in der Lothstraße 64 seit März dieses
                                                  Jahres zwei einladende CoWorking-Räume für wissenschaft-
                                                  liche MitarbeiterInnen. Elke Zapf

                                                                                  Raumbuchung über
                                                             https://booked.cc.private.hm.edu/forwin
                                                                                                                     CoWorking-Arbeitsplätze an der Hochschule München

                                                                                                                                                                         forschungsNEWS   17
GRÜNDUNG & ENTREPRENEURSHIP

                                                           Dr. Christina Weber
                                                           Strascheg Center for Entrepreneurship

                                                           WELCHE LEHRE MACHT
                                                           UNTERNEHMERISCH?
                                                           Brüssel, München, Kopenhagen: Als Innovationstandort soll Europa
                                                           fit für die Zukunft werden. An europäischen Hochschulen wird
                                                           deshalb zunehmend in Entrepreneurship Education investiert –
                                                           zum Beispiel in das EU-Projekt EEEPHEIC am Strascheg Center for
Forschungsteam: Trevor McConnell und Dr. Christina Weber
                                                           Entrepreneurship (SCE) der Hochschule München.

       Wie kann man Studierende dazu moti-                 Online-Toolkit, das neue Maßstäbe        ferenz im Juni 2019 in Bukarest vor-
       vieren, unternehmerisch zu denken                   auch in Bedienungsfreundlichkeit set-    gestellt. Ab Wintersemester soll nach
       und zu handeln? Welche Kompe-                       zen will. Im Konsortium forschen Wis-    dem Pilot das finale Toolkit auf der
       tenzen, Fähigkeiten und Einstellungen               senschaftlerInnen aus Deutschland,       Web-Seite www.heinnovate.eu abruf-
       müssen gefördert werden, damit es                   Dänemark, Großbritannien, Kroatien       bar sein und Lehrende unterstützen,
       zu Start-ups und Spin-offs kommt?                   und den Niederlanden.                    ihre EE-Lehrformate jederzeit gut zu
       Mit diesen Fragen befasst sich das For-                                                      evaluieren – und Europas Studierende
       schungsgebiet Entrepreneurship Edu-                 Evaluieren setzt voraus, dass Katego-    und Auszubildende zu Entrepreneu-
       cation (EE), in dem das zweijährige                 rien bestimmt werden, die messbare       ren zu machen. Dr. Christina Weber
       EU-Projekt EEEPHEIC angesiedelt ist.                Dimensionen, Eigenschaften und Lern-
       Im Mittelpunkt stehen die wissen-                   inhalte für eine Bewertung bezeich-
                                                                                                    Projekttitel
       schaftliche Bestandsaufnahme von                    nen. Der Kompetenzerwerb durch EE
                                                                                                    Evaluation of Entrepreneurship Programs at
       Kursinhalten sowie die Konstruktion                 ist allgemein auf verschiedenen Wegen
                                                                                                    Higher Education Institutions and Centers
       eines Online-Evaluierungstools für                  feststellbar, es zählen dazu nicht nur
                                                                                                    (EEEPHEIC)
       vielfältige Lehrformate. Damit können               realisierte Gründungen, sondern auch
       Lehrende rasch überprüfen, welche                   eine Gründungsabsicht oder Interesse
                                                                                                    Projektlaufzeit
       Kompetenzentwicklung unterschied-                   am Erschaffen neuartiger Prozesse.
                                                                                                    1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2019
       liche Formate aus Theorie- und Praxis-              EE-Lehre unterscheidet sich stark von
       modulen bewirken.                                   klassischer Hochschullehre, da zwar
                                                                                                    Projektpartner
                                                           Fachwissen vermittelt, zusätzlich aber
                                                                                                    n   Ecorys
       Die Evaluierung der Aneignung von                   persönliche Einstellungen verändert
                                                                                                    n   SCE Strascheg Center for Entrepreneurship
       unternehmerischen Kompetenzen                       und vielfältige Handlungskompeten-
                                                                                                        Hochschule München
       erfordert in Zukunft ein verbessertes               zen erlernt werden sollen. EEEPHEIC
                                                                                                    n   Technopolis Ltd., Großbritannien
       methodisches Fundament. Deshalb                     erweitert deshalb den EntreComp-
                                                                                                    n   Danish Foundation for Entrepreneurship,
       wurde für die Entwicklung des Tools                 Rahmen um vier Dimensionen, die
                                                                                                        Dänemark
       zunächst – auf Grundlage des Entre-                 sich durch Selbsteinschätzungen und
                                                                                                    n   J.J.Strossmayr Institute Osijek University,
       Comp-Modells1 mit den drei Kompe-                   Vignetten auswerten lassen: Lehrende
                                                                                                        Kroatien
       tenzbereichen »Ressourcen«, »Into                   erhalten schnell ein Gesamtfeedback
       Action« und »Ideas & Opportunities« –               ihrer Gruppe zu Beginn oder am Ende
                                                                                                    Projektträger und Zuwendungsgeber
       eine Bestandsaufnahme der häufigsten                ihres Kurses.
                                                                                                    EU Directorate Generale ECAS
       Lehrformate in Europa durchgeführt.
       Danach trafen sich 30 ExpertInnen                   TESTVERSION ONLINE
                                                                                                                                                          Foto: Johanna Weber

                                                                                                    1
                                                                                                      EntreComp ist ein Modell und Instrument der Euro-
       aus ganz Europa, um gemeinsam neue                  Eine erste Testversion des Tools wird    päischen Kommisssion (2016), das unternehmerische
       Evaluierungs-Prototypen zu konstru-                 Ende des Sommersemesters an 150          Kompetenzen definiert und Hochschulen und anderen
       ieren. Seitdem entwickelt das For-                  europäischen Hochschulen getestet.       Bildungsträgern damit einen Rahmen zur Evaluierung
                                                                                                    von Trainingsprogrammen bereitstellt. Das Modell
       schungskonsortium rund um das                       Das Evaluationstool EValueComp wird      geht von drei Handlungsbereichen aus, von denen
       SCE an der Hochschule München ein                   zeitgleich auf der HEInnovate Kon-       jeder wiederum fünf Basiskompetenzen umfasst.

       18   forschungsNEWS
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