DAS WISSENSCHAFTSMAGAZIN DER HOCHSCHULE MÜNCHEN - Juli 2019 - Hochschule München
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VORWORT Die Entwicklung zu einer innovativen und nachhaltigen Gesell- schaft ist eine der vornehmsten Aufgaben der Wissenschaft. Dieser Aufgabe hat sich die Hochschule München verpflich- tet. Konsequenterweise strebt die Hochschule an, im Bereich der Forschung zu den erfolgreichsten HAWs Deutschlands zu gehören und damit eine Schlüsselfunktion in der deutschen Wissenschaftslandschaft einzunehmen. Für die forschungsak- tiven Professorinnen und Professoren bedeutet das, dass ihre Forschung nicht nur wissenschaftlichen Kriterien genügen, sondern diese auch relevante Lösungsbeiträge für die Praxis liefern muss. Die Forschenden der Hochschule München lösen das Verspre- chen ein – das zeigt diese Neuauflage der forschungsNEWS. Dargelegt wird eine relevante, anwendungsorientierte For- »Wir wollen an der Hochschule Mün- schung in Form von Forschungsprojekten, die sich inhaltlich chen im Bereich der Forschung neue mit dem Thema Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen, sozialen Wege der Zusammenarbeit eröffnen, sowie ökologischen Sinne beschäftigen. Themen, deren Rele- so dass sich die Kraft und Relevanz vanz und Dringlichkeit nicht zuletzt vor dem Hintergrund der unserer Forschung noch besser ent- »Fridays for Future« – Bewegung erneut unterstrichen wurde. falten kann.« Prof. Dr. Sonja Munz Institutionell wird die Bedeutung der anwendungsorien- tierten Forschung an der Hochschule München befördert, indem sie durch die Gründung von fachlich orientierten For- schungsinstituten sichtbarer und in der Fläche wahrnehm- bar wird. Dies geschieht in der Überzeugung, dass die Hoch- schule München den Forschenden sowie dem wissenschaft- lichen Nachwuchs auf diese Weise institutionell optimale Rahmenbedingungen und ein wissenschaftliches Umfeld bieten kann, das zudem für neue KollegInnen als Arbeitge- ber attraktiv ist. Neben dem Ausbau kooperativer Promoti- onen für forschungsstarke Bereiche wird damit das Ziel ver- folgt, analog zu Aktivitäten in anderen Bundesländern, Per- spektiven hin zu einem eigenständigen Promotionsrecht zu eröffnen. Nicht zuletzt deshalb erfolgt die Gründung der For- schungsinstitute qualitätsgesichert auf der Basis von Krite- rien wie Drittmittel- und Veröffentlichungsstärke, Patenter- folgen sowie Vorerfahrungen in der Promotionsbetreuung. Gleichzeitig wird vorausgesetzt, dass sich mindestens fünf Forschende mit mindestens fünf wissenschaftlichen Mitar- beitenden auf einem fachlich kohärenten Gebiet zusammen- finden, so dass durch die Gründung der Institute eine Profi- lierung der Forschungsgebiete erfolgt sowie die Innovations- stärke und die Qualität der Forschung weiter erhöht wird. Portrait: Julia Bergmeister Prof. Dr. Sonja Munz Vizepräsidentin für Forschung 2 forschungsNEWS
INHALT Forschungsberichte Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg Fakultät für Architektur DIE SCHÖNHEIT DES ALTEN 4 Prof. Dr. Gerta Köster Fakultät für Informatik und Mathematik WOHIN MENSCHEN IM ERNSTFALL GEHEN 6 Prof. Dr. Oliver Bohlen, Prof. Dr. Simon Schramm Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik SECOND LIFE FÜR AUTOMOTIVE-BATTERIEN 8 Prof. Dr. Alexander Knoll Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik ELIAS WIRD FLÜGGE 10 Prof. Dr. Nicole Pötter Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften BALANCEAKT ZWISCHEN STANDARDISIERUNG UND INDIVIDUALISIERUNG 12 Forschungsinstitute Institut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere Institut für Material- und Bauforschung DIE FORSCHUNGSDYNAMIK WEITER UNTERSTÜTZEN 14 Promotion 16 Gründung & Entrepreneurship 18 Neu genehmigte Forschungsprojekte 19 forschungsNEWS 3
Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg Fakultät für Architektur DIE SCHÖNHEIT DES ALTEN Traditionelle alpine Architektur von historischen Gebäuden neu entdecken, bewerten und nachhaltig entwickeln – das ist das Ziel des europäischen Forschungsprojekts ATLAS. Zwei Professorinnen der Fakultät für Architektur sind in der wissenschaftlichen Leitung des Projekts aktiv. Wer Urlaub in den Bergen macht, sieht Konzept. Die beiden Professorinnen Die BesitzerInnen der historischen sie oft: alte, traditionelle Bauernhäu- ergänzen sich ideal in diesem Pro- Gebäude müssen, ebenso wie Archi- ser in einem kleinen Bergdorf. Sie sind jekt: Eßig hat die Professur für Baukon- tektInnen, Erbschaftsbehörden und nicht mehr bewohnt, und langsam struktion und Bauklimatik inne und politische EntscheidungsträgerInnen aber sicher beginnt ihr Verfall. Für die ist Expertin für Nachhaltigkeit, Lan- in den Kommunen, meist erst für die Renovierung oder Sanierung solcher genberg ist Professorin für Bauen im Notwendigkeit und den Nutzen einer Häuser macht sich das Projekt »Advan- Bestand, Denkmalpflege und Bauauf- nachhaltigen Entwicklung der traditi- ced Tools for Low-carbon, high-value nahme und steht für die Bewahrung onellen alpinen Architektur sensibili- development of historic architecture der historischen Bausubstanz unter siert werden. in the Alpine Space« (ATLAS) stark. Berücksichtigung ihrer kulturellen »Wir wollen die traditionelle alpine Bedeutung. In einem ersten Schritt entsteht im Architektur bewahren und historische Rahmen von ATLAS deshalb ein histo- Gebäude – auch Häuser und Ensem- GEBÄUDE NACHHALTIG ENTWICKELN rischer Gebäudeatlas als Online-Da- bles jenseits des Schutzniveaus – Bis zu 60 Prozent der Gebäude in länd- tenbank mit Best-Practice-Beispielen. erhalten und für die Zukunft rüsten. lichen Gebieten können als historisch Tobias Listl, wissenschaftlicher Mit- Gleichzeitig sollen sie energieeffizient betrachtet werden. Meist stehen sie in arbeiter im Forschungsprojekt, klas- und nachhaltig saniert werden, denn benachteiligten Gebieten im alpinen sifizierte dafür unterschiedliche nur so können wir die ehrgeizigen Kli- Raum – sei es im slowenischen Soca- Typologien wie beispielsweise das Ju- maschutzziele erreichen und die Merk- Tal, im italienischen Truden im Natur- rasteinhaus im bayerischen Altmühl- male der alpinen Kulturlandschaft park oder im österreichischen Hittisau tal (Bild rechts), das Appenzeller Haus schützen«, erklären Prof. Dr. Natalie in Vorarlberg – und bieten ein geringes in der Schweiz oder das Vorarlberger Eßig und Prof. Dr. Silke Langenberg das Maß an Energieeffizienz und Komfort. Holzhaus in Österreich (Bild oben) – 4 forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE und stellte gelungene Beispiele für die KOMMUNEN SIND GEFRAGT Fotos: Prof. Dr. Natalie Eßig, Prof. Dr. Silke Langenberg, Portraits: Johanna Weber nachhaltige Sanierung solcher histori- Ein Hauptergebnis des Forschungs- schen Gebäude in die Datenbank ein. projekts ATLAS wird ein ganzheit- Darüber hinaus finden sich hier auch liches Toolkit für Kommunen sein. Tipps, was man von historischen Bau- »Gemeinden sind Schlüsselakteure, ten lernen kann, zum Beispiel Fenster- wenn es um die optimalen Rahmen- läden aus Holz, die man im Sommer bedingungen für eine nachhaltige als Sonnenschutz verwendet, im Win- Sanierung historischer Gebäude geht. ter aber aushängt, um Platz für ein zu- Sie können Pilotprojekte starten und sätzliches Winterfenster zu machen. sich selbst an der Renovierung tradi- tioneller Gebäude beteiligen, lokale »Wir wollen die traditionelle Im zweiten Arbeitspaket entwickelt Netzwerke gründen oder sich als alpine Architektur bewahren Prof. Eßig mit ihrem wissenschaftli- Modellregion positionieren«, erklä- und historische Gebäude – auch chen Mitarbeiter Ahmed Khoja ein ren Eßig und Langenberg. Häuser und Ensembles jenseits Bewertungsschema mit so genannten des Schutzniveaus – erhalten und für die Zukunft rüsten.« »Key Performance Indicators« für die Professor Eßig hat übrigens selbst Prof. Dr. Silke Langenberg, Prof. Dr. Natalie Eßig Nachhaltigkeit historischer Gebäude- ein historisches Gebäude in Franken sanierungen. Dabei geht es – neben renoviert und weiß – aus der Perspek- ökologischen, wirtschaftlichen und tive der Bauherrin und der Architek- sozialen Kriterien – auch um kultu- tin – wie viele Stolpersteine im Lauf relle Aspekte wie die Vereinbarkeit der eines solchen Projekts auftauchen. Sanierung mit den kulturellen Werten »Man muss sehr behutsam vorgehen, in der Region. um die Schönheit des Alten zu bewah- ren, kann aber auch moderne Ele- Folgen wird ein »interactive retrofit mente integrieren«, sagt sie. In ihrem guidance tool«, das jede und jeder Ein- eigenen Haus hat sie zum Beispiel die zelne als Grundlage für Sanierungs- inneren Fenster ihres Altbau-Kasten- pläne nutzen kann: »Welcher Architekt fensters durch eine energieeffizi- ist sensibel für das Thema? Wie wurde entere Verglasung ersetzt, deren ein ähnliches Gebäude saniert? Welche Fensterrahmen aber die historischen Projekttitel Baumaterialien haben sich bewährt? Proportionen aufgreifen. Ein klarer Advanced Tools for Low-carbon, high-value Wie wurde gedämmt?« nennt Eßig Fall für die Best-Practice-Datenbank. development of historic architecture in the einige praktische Beispiele. Elke Zapf Alpine Space (ATLAS) Projektlaufzeit Alte Posthalterei in Mörnsheim im Altmühltal 17. April 2018 bis 16. April 2021 Projektpartner n Accademia Europea di Bolzano, Italien (Koordinator) n Universität Innsbruck, Österreich n Energieinstitut Vorarlberg, Österreich n Posoški razvojni center, Slowenien n Gemeinde Truden im Naturpark, Italien n Teamblau GmbH, Italien n Sites et Cités Remarquables France, Frankreich n University of Applied Sciences and Arts of Southern Switzerland, Schweiz Projektträger und Zuwendungsgeber Europäische Union, Interreg-Programm forschungsNEWS 5
Algorithmus »EikMesh« Das gesamte Simulationsgebiet, das dem realen Gebiet entspricht, wird mit einem Dreiecksgitter überzogen. Prof. Dr. Gerta Köster Fakultät für Informatik und Mathematik WOHIN MENSCHEN IM ERNSTFALL GEHEN Ein paar Minuten in die Zukunft schauen und damit wissen, was in einer Gefahrensitua- tion zu tun ist: Hiervon träumen Sicherheitsverantwortliche auf Großveranstaltungen. Im Forschungsprojekt S²UCRE an der Fakultät für Informatik und Mathematik sorgen neue Simulationen dafür, Szenarien »vorzuspulen« – was im Ernstfall Leben retten kann. Konzerte, Paraden, Essensstände, Bars: in urbanen Gegenden. Das Besondere: im entsprechenden Simulationsbe- Über 300.000 BesucherInnen tum- Diese sollen mithilfe effizienter und reich. Außerdem bestimmt Projekt- meln sich auf dem Hamburger Hafen- paralleler Algorithmen ein Szenario mitarbeiterin Marion Gödel auf Basis geburtstag. Musik liegt in der Luft, es anzeigen, das drei bis fünf Minuten in dieser und weiterer Parameter mit- duftet nach gebrannten Mandeln und der Zukunft liegt. So könnten in einer hilfe von Machine-Learning-Algorith- frischen Fischbrötchen. Ganz plötzlich Gefahrensituation beispielsweise Per- men das wahrscheinlichste Ziel der verdunkelt sich der Himmel und ein sonenströme entsprechend umgeleitet Agenten. Platzregen prasselt auf den Hafenplatz oder Zugänge gesperrt werden. nieder. Die Leute rennen wild umher, Bei den weiteren Parametern handelt alle fliehen vor dem Schauer – Chaos DIGITALE AGENTEN WIE MENSCHEN es sich um Informationen zu mensch- bricht aus. HANDELN LASSEN lichem Verhalten und menschlichen Situationen wie diese, in denen Men- Stellvertretend für die realen Besu- Bedürfnissen im Kontext der Veran- schen durcheinanderlaufen oder eva- cherInnen einer Veranstaltung treten staltung. Diese liefern die »Human kuiert werden müssen, kommen auf in die Simulation sogenannte Agen- Factors ExpertInnen« des Industrie- Großveranstaltungen häufig vor. Für ten. Diese agieren wie die reale Men- partners Team HF. Es befragt Besuche- höchstmögliche Sicherheit sorgen schenmenge in der entsprechenden rInnen vor einer Veranstaltung z. B. zu z. B. Videoaufnahmen, über die Perso- Umgebung, aber in einer digitalen deren Wohnort und Alter, aber auch nal das Geschehen beobachtet. Doch es Computerwelt. Aus Videoaufnahmen dazu, wie sie bestehende Sicherheits- geht besser: Im Projekt S²UCRE entwi- der Veranstaltung, die der Projektpart- vorkehrungen wahrnehmen. Ebenso ckelt Prof. Dr. Gerta Köster gemeinsam ner Fraunhofer IOSB liefert, werden fließen Fragebögen, die in anderen mit ihrem Team Simulationen von Informationen zur Personendichte und Kontexten erstellt wurden, beispiels- Personengruppen und deren Bewe- Richtungsvektoren abgeleitet. Anhand weise vom Veranstalter selbst, in die gungsrichtungen für Veranstaltungen dieser platziert das Team die Agenten Auswahl der Parameter ein. So kann 6 forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE der Wohnort eines Gastes etwa darü- Veranstaltungsgebiets korrekt abgebil- Grafik: Benedikt Zönnchen, Foto und Portrait: Johanna Weber ber entscheiden, ob sie oder er die det werden. U-Bahn-Station oder die ebenso weit entfernte Bushaltestelle ansteuert. Das Im Mesh wird die Zielrichtung der Beispiel zeigt, wie wesentlich Infor- Agenten durch eine sogenannte »Flu- mationen zu menschlichem Verhal- tung« berechnet. Bildlich lässt sich ten und menschlichen Bedürfnissen diese wie ein umgeworfener Eimer Was- für die Berechnung des Ziels sind. ser vorstellen, dessen Inhalt sich – aus- Gödel untersucht sämtliche Parameter gehend vom geographischen Ziel – über außerdem dahingehend, wie stark sie eine Fläche ergießt. Da ein Compu- die Bewegungsrichtung eines Agenten ter nur eine kleine Anzahl an Agenten beeinflussen. Im S²UCRE-Regelkreis schneller als Echtzeit simulieren kann, werden die wichtigen Parameter lau- wird die Simulation auf viele Computer fend so angepasst, dass Simulation bzw. Prozessoren verteilt. Sie muss pa- und reale Videodaten möglichst gut rallelisiert werden, wofür das erzeugte »S²UCRE spannt einen perfek- übereinstimmen. Gitter in zusammenhängende Teile ten Bogen zwischen komplexer Theorie und enorm sinnvoller zerlegt wird – das heißt, ein Teilgebiet Anwendung.« EFFIZIENTER PARALLELER ALGORITH besteht aus mehreren Dreiecken und MUS »SPULT« SIMULATION VOR Prof. Dr. Gerta Köster wird je einem Prozessor zugeordnet. Um den Weg zum berechneten Ziel der Agenten zu simulieren, entwi- Jeder Prozessor erhält annähernd ckelt Benedikt Zönnchen, Doktorand gleich viel »Arbeit«, zusätzlich soll die und S²UCRE-Mitarbeiter, einen Algo- Kommunikation zwischen den Pro- rithmus namens »EikMesh«. Dieser zessoren geringgehalten werden. Da überzieht das gesamte Simulationsge- sich Agenten über die Teilgebiete hin- biet, das dem realen Gebiet entspricht, wegbewegen, übergibt ein Prozessor mit einem anpassungsfähigen Drei- den Rechenprozess für die Agenten ecksgitter (Mesh). Die Größe der Drei- dem nächsten. Dadurch kann genau ecke richtet sich nach der Verteilung bestimmt werden, wie viele Prozes- Projekttitel der Agenten: In Bereichen, in denen soren für die Simulation nötig sind. Safety & Security of Urban Crowded sich mehr Agenten aufhalten, sind sie Unter Verwendung der Rechnerkapa- Environments (S²UCRE) kleiner, und entsprechend größer in zität ist es dann möglich, eine in der Bereichen mit weniger Agenten. Mit- Zukunft liegende Situation zu bestim- Projektlaufzeit hilfe des Gitters können selbst ver- men – und so Veranstaltungen sicherer 1. August 2017 bis 31. Juli 2020 winkelte oder enge Bereiche des zu machen. Lea Knobloch Projektpartner n Fraunhofer IOSB, Karlsruhe n accu:rate GmbH, München Das S²UCRE-Projektteam: Benedikt Zönnchen, Marion Gödel und Prof Dr. Gerta Köster (von links) n SECURITON GmbH, Achern n Team HF PartG, Ludwigsburg n Goethe-Universität Frankfurt am Main Projektträger VDI-Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf Zuwendungsgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung forschungsNEWS 7
Prof. Dr. Oliver Bohlen, Prof. Dr. Simon Schramm Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik SECOND LIFE FÜR AUTOMOTIVE-BATTERIEN Im Forschungsprojekt UnABESA soll eine universelle Anbindung von Batteriespeichern aus Elektrofahrzeugen für stationäre Anwendungen entwickelt werden. Daran arbeitet die Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik im Verbund mit einem großen Part- ner aus der Automobilindustrie und zwei mittelständischen Technologieunternehmen. Es hat die Größe eines Schuhkartons nicht mehr genug Power für den Um diese sinnvolle Weiternutzung und könnte in wenigen Jahren in klei- Einsatz im Elektroauto haben, was zu ermöglichen, setzen die beiden nen und mittleren Unternehmen und zum Beispiel nach 100.000 gefah- Forscher auf das Prinzip der galva- Handwerksbetrieben, in Fuhrparks renen Kilometern der Fall sein kann, nischen Trennung. Dabei wird die von Stadtwerken oder in privaten verfügen sie immer noch über 70 elektrische Leitung durch elektrisch Nachbarschaftsquartieren zum Einsatz bis 80 Prozent ihrer Anfangskapazi- nicht leitfähige Kopplungsglieder – kommen: Das kompakte Koppelele- tät«, weiß Prof. Schramm, der selbst das Koppelelement in der Größe eines ment, das gerade im Verbundvorhaben ein Elektroauto fährt. Ein enormes Schuhkartons, das gerade entwickelt UnABESA an der Hochschule Mün- Potenzial, das UnABESA nutzen will. wird – aufgetrennt. Erst dann »fühlt« chen konzipiert wird. Prof. Dr. Simon sich die Batterie wie im Fahrzeugbe- Schramm und Prof. Dr. Oliver Bohlen DEN ÖKOLOGISCHEN FUSSABDRUCK trieb und kann ohne weitere Modifika- entwickeln zusammen mit Partnern VERRINGERN tion eingesetzt werden. Zum Beispiel aus der Wirtschaft diese intelligente »Aktuell wird viel über den soge- in einer Bio-Bäckerei, die nicht nur Schnittstelle. nannten energetischen Rucksack von Vollkornbrötchen backt, sondern auch Sie soll dafür sorgen, dass die Lithi- Elektroautos diskutiert«, sagt Prof. durch die Photovoltaikanlage auf dem um-Ionen-Akkus aus Elektroautos – Bohlen. »Die Energiemenge für die Dach und den Fuhrpark aus Elektroau- sogenannte Automotive-Batterien Herstellung großer Batteriespeicher tos Vorreiter im Bereich Klimaschutz – nach ihrem Einsatz im Fahrzeug ist sehr hoch und amortisiert sich sein will. »Das Plus an Sonnenenergie, ein »Second Life« in einer stationä- erst nach einer gewissen Nutzungs- das sie tagsüber produziert, könnte die ren Anwendung führen und durch zeit. Je länger eine Automotive- Bäckerei in Automotive-Batterien in die längere Lebensdauer ihre CO2- Batterie im Einsatz ist, desto besser einem Nebenraum der Bäckerei spei- Bilanz verbessern. »Wenn Batterien ist ihr ökologischer Fußabdruck.« chern, und nachts für den Betrieb das 8 forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE Backofens oder rund um die Uhr als PLUG-AND-PLAY-LÖSUNG Fotos: Prof. Dr. Simon Schramm, Portraits: Johanna Weber Ladestation für Elektrofahrzeuge nut- Im Labor der Fakultät für Elektro- zen«, erklären die beiden Wissenschaft- technik und Informationstechnik der ler. Den wesentlichen Vorteil gegenüber Hochschule München liegen zwei herkömmlichen Energiespeichern zur große Automotive-Batterien auf einem Eigenverbrauchserhöhung sehen sie Gestell. Daneben stehen Bohlen und in der Effizienz, Sicherheit und Wirt- Schramm und diskutieren mit Studie- schaftlichkeit der Fahrzeugbatterien in renden aus den beiden Studiengängen Second-Life-Anwendungen. Regenerative Energien und Elektromo- bilität über die Entwicklung des Kop- »Noch ist das eine Vision. Wir stehen pelelements. »Der DC-DC-Wandler des »Je länger eine Automotive- vor erheblichen Forschungs- und Ent- Koppelelements soll die Spannung der Batterie im Einsatz ist, desto wicklungsarbeiten, um das Second Life Automotive-Batterie hocheffizient auf besser ist ihr ökologischer der Automotive-Batterien zu ermögli- das für den Netzumrichter notwen- Fußabdruck.« chen«, sagen die beiden Professoren. Sie dige Niveau umwandeln und zur ein- Prof. Dr. Simon Schramm, Prof. Dr. Oliver Bohlen haben im Projekt UnABESA die wissen- heitlichen elektrischen und logischen schaftliche Leitung für die Entwicklung Schnittstelle werden«, erklären die und Umsetzung des Systems inklusive Experten. »Am Ende wird dann ein Hardware und Software inne und arbei- intelligentes bidirektionales Koppele- ten eng mit Partnern aus der Wirtschaft lement mit galvanischer Trennung als zusammen. Die BMW AG bringt als Ver- Plug-and-Play-Lösung stehen, das alle bundkoordinator umfassendes Know- Funktionen der Automotive-Batterie how über Automotive-Batterien, die erhält und gleichzeitig einen kostenin- für den vollelektrischen BMW i3 entwi- tensiven Netztransformator einspart.« ckelt wurden, ein. Die mittelständische Sind die im Verbund entstehenden Firma Inductron Inductive Electronic Koppelelemente erst einmal fertig, Components GmbH kümmert sich um können beliebig skalierbar stationäre die Dimensionierung und Umsetzung Speicher aus Fahrzeugbatterien aufge- Projekttitel von geeigneten induktiven Kernkompo- baut werden. »Wirtschaftlich sinnvoll Universelle Anbindung von Batteriespeichern nenten für die Kopplung der Batterie im sind diese Speicher vor allem dann, aus Elektrofahrzeugen für Stationäre Anwen- angestrebten Leistungs- und Frequenz- wenn sie aus zwei oder mehr Batterien dungen (UnABESA) bereich. Und die Firma Munich Electrifi- bestehen«, prognostizieren Oliver Boh- cation GmbH steuert die Elektronik und len und Simon Schramm. Und davon Projektlaufzeit Software bei, die dafür sorgt, dass sich profitiert mit Sicherheit auch die Bio- 1. Juni 2017 bis 31. Mai 2020 die Batterie wie im Auto »fühlt«. bäckerei. Elke Zapf Projektpartner n Bayerische Motoren Werke AG Das kleine Koppelelement wandelt die Spannung der großen Automotive-Batterien hocheffizient um (Verbundkoordinator) n Inductron Inductive Electronic Components GmbH n Munich Electrification GmbH n Vattenfall Europe Innovation GmbH (assoziierter Partner) Projektträger Projektträger Jülich Zuwendungsgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Energie forschungsNEWS 9
Prof. Dr. Alexander Knoll Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik ELIAS WIRD FLÜGGE Im Projekt FAMOSL an der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik entwickeln die Ingenieure um Prof. Dr. Alexander Knoll Technologien, die elektrische Flugzeuge künftig ökonomischer und sicherer machen. Ein kleines Elektro-Flugzeug lernt, wie Stock der Fakultät, hoch über den Dä- Piloten gesteuerten Flug ermögli- es unabhängig wird von seinem Pilo- chern Münchens, stehen zahlreiche chen.« Dieses System berücksichtigt ten. ELIAS heißt der schlanke, weiße Flugzeugmodelle in den Vitrinen. An bei der Bahnplanung die speziellen Flieger aus Karbon, der mit einem Pro- den Wänden hängen Bilder, die den Eigenschaften eines batterie-elektri- peller an seiner Nase im bayerischen Blick ins Cockpit von Flugzeugen zei- schen Flugzeugs. Außerdem entwi- Voralpenland seine Kreise durch die gen. Die Begeisterung fürs Fliegen ist ckeln die Münchner Ingenieure ein Lüfte zieht. Das Wissen vermittelt dem spürbar. System, das es erlaubt, auf Basis einer Fluggerät das Team von Prof. Dr. Alex- Vielzahl von Systemzuständen den ander Knoll, Leiter des Labors für Au- Doch Knoll ist nicht nur Pilot, sondern Startvorgang permanent zu überwa- tomatisierung und Dynamik an der auch Ingenieur. Und da interessiert chen und gegebenenfalls rechtzeitig Hochschule München. er sich vor allem für das elektrische abzubrechen. Ein derartiges System Fliegen. Zusammen mit seinem Dok- existiert in der Verkehrsfliegerei »Kleine, elektrisch betriebene Flugzeu- toranden Ferdinand Settele und Kolle- derzeit noch nicht. ge werden für Aufgaben wie etwa Über- gen von der Technischen Universität wachungseinsätze immer wichtiger«, München tüfteln die Forscher daran, ENTSCHEIDUNG WÄHREND DES FLUGS erklärt Knoll in seinem Büro am Cam- wie man ELIAS unabhängiger machen Die Ingenieure wollen ELIAS aber nicht pus Lothstrasse. Noch sind die Flieger kann von PilotInnen. »Im Projekt nur strikte Vorgaben zu Beginn des auf Piloten angewiesen, doch sie wer- FAMOSL haben wir zwei Schwerpunk- Fluges machen. »Während der einzel- den unabhängiger. Auch ELIAS kann te, um das Flight Management unseres nen Phasen soll der Flieger selbst Ent- bisher nur den Reiseflug automatisch Testflugzeugs zu optimieren«, erklärt scheidungen treffen, aufgrund der Da- bewältigen. Start und Landung wird Settele. Zum einen wollen die Ingeni- ten, die ihm seine Sensoren über die nach wie vor vom Piloten kontrolliert. eure seine Flugführung verbessern. Umgebung übermitteln«, erklärt Set- Knoll ist selbst Pilot und fliegt den Pas- »Wir entwickeln Programme für ein tele. So können etwa Windänderungen sagier-Jet Airbus A320 sowie Geschäfts- ›optionally piloted‹ System, die einen eine Reaktion des Fliegers notwendig flugzeuge. In seinem Büro im fünften automatisierten, aber auch den vom machen. »Alle unsere Entwicklungen 10 forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE zielen darauf ab, das elektrische Flie- die Lärmbelästigung drastisch redu- Fotos:IABG/ACENTIS, Portrait: Johanna Weber gen ökonomischer und sicherer zu ziert werden.« Der elektrische Antrieb machen«, so Settele weiter. Der junge macht unabhängig von der Luftversor- Doktorand ist, ebenso wie sein Chef, be- gung, im Gegenteil zum Verbrennungs- geisterter Flieger. Angefangen hat Set- motor. Zudem verändert das Flugzeug tele mit dem Segelflug, aber auch das nicht sein Gewicht während des Fluges Gleitschirmfliegen fasziniert ihn. »Da- und muss daher nicht seine Höhe an- bei spürt man das Fliegen am eigenen passen, um die effizienteste Flugroute Körper, und man ist extrem nahe an zu erreichen. Aber es gibt auch Nach- der natürlichen Umgebung«, erzählt teile: Batterien sind derzeit nicht um- Settele begeistert. Auch er hat überlegt, weltfreundlich in der Herstellung, und Pilot zu werden, doch nun hat ihn die haben vor allem eine sehr geringe Leis- Technologieentwicklung an der Hoch- tungsdichte. Fossile Treibstoffe haben schule München in ihren Bann gezo- eine rund 54 Mal höhere Energiedichte »Das elektrische Fliegen gen. »Ein Großteil unserer Arbeit be- als Batterien. Daher werden reine Elekt- bietet uns völlig neue steht in der Programmierung von roflieger zunächst bei kleineren Einsät- Möglichkeiten in der Kon- Software«, sagt Settele. »Ingenieure zen stärker zum Tragen kommen, sind figuration des Antriebs.« sind also auch Softwareentwickler.« sich die beiden Ingenieure einig. Prof. Dr. Alexander Knoll »Elektrisches Fliegen bietet einige Vor- »Der Übergang zu mehr Automatisie- teile«, betont Prof. Knoll. »Bei der Ent- rung in der Fliegerei wird sicher stu- wicklung werden neue Konfigurationen fenweise erfolgen. Ich stelle mir vor, möglich. So kann man beispielsweise dass Frachtflugzeuge in ferner Zukunft Projekttitel Antriebe überall entlang der Flügel an- autonom fliegen, ebenso wie die viel Flight Automatic Management of Electro- bringen. Zudem lassen sich Motoren diskutierten Air Taxis«, meint Knoll. Optimal Start and Landing (FAMOSL) nach Bedarf an- und abschalten und so »Eine Kombination aus Pilot und die Effizienz erhöhen. Außerdem kann intelligenter Technik ist zumindest in Projektlaufzeit durch den gezielten Einsatz der Elekt- der Verkehrsfliegerei aber sicher kein 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2019 romotoren in bestimmten Flugphasen Auslaufmodell«. Thorsten Naeser Zuwendungsgeber Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft ELIAS beim Start und Medien, Energie und Technologie Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. Projektpartner n IABG Industrieanlagen-Betriebs- gesellschaft mbH n ACENTISS GmbH n VITES GmbH n Silver Atena Electronic Systems Engineering GmbH n Zentrum für Telematik e. V. n Technische Universität München forschungsNEWS 11
hei t und G es rb r we c he Sp r a ng lb ildu Schu Fam ilie n ne n W oh le ur e l Kult üsse fs- Einfl B erung s - u bi l d tem s ys te r / Be r a pe r ke e Gate g n Prof. Dr. Nicole a l tu Pötter Verw Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften BALANCEAKT ZWISCHEN STANDARDISIERUNG UND INDIVIDUALISIERUNG Wie entwickeln bleibeberechtigte junge Geflüchtete eine berufliche Ausbildungsperspek- tive und finden Wege, sie zu realisieren? Prof. Dr. Nicole Pötter von der Fakultät für ange- wandte Sozialwissenschaften und ihre Projektpartner erforschen diese Frage im Projekt BebjG an drei Orten in Deutschland. »Ich war runter, also ich war ganz für die lokale Umsetzung der Beratun- stand, Herkunftsländer, kultureller Hin- unten. Ich will einfach nicht immer gen in München, ihre Kooperations- tergrund und Bildung, alle haben indi- unten sein. Ich will mal nach oben.« partner für die im Ennepe-Ruhr-Kreis viduelle Ausgangsbedingungen. »Die So formuliert ein bleibeberechtigter in Nordrhein-Westfalen sowie in Geflüchteten gibt es nicht«, sagt Pötter. Jugendlicher aus Somalia seine Bil- Rostock. Die drei Standorte unterschei- »Was sie tatsächlich gemeinsam haben, dungsziele. Wie er diese als Quereinstei- den sich stark voneinander, nach der ist, quer in dieses Bildungssystem ein- ger über den Hauptschulabschluss an Struktur ihrer Angebote, ihrer Lage in zusteigen. Auf der einen Seite haben sie einer deutschen Schule, eine abgebro- Deutschland, nach Ausbildungs- und keine Kenntnisse über das Bildungssys- chene Deutschmaßnahme, ein berufs- Arbeitsmarkt sowie in ihrer Wirt- tem, auf der anderen müssen sie alles, bildendes Angebot des Jobcenters bis schaftskraft. Aus den Interviews mit nicht nur die Sprache, viel schneller ler- zu einem Ausbildungsvertrag umsetzte, den Beratenden, deren Leitungskräften nen als wir.« Zu diesem Leben im Zeit- erzählte er Prof. Dr. Nicole Pötter. Ihr und Geflüchteten verdichtet Pötter raffer kommen für die Geflüchteten Forschungsprojekt: Wie unterstützen diejenigen Themen und Faktoren, die weitere drängende Herausforderun- Beratende in Jobcentern, Jugendmig- die Integration in eine berufliche Aus- gen hinzu: Beispielsweise eine auf- rationsdiensten und weiteren berufs- bildung fördern oder hemmen. grund des befristeten Bleiberechts oft bildungsnahen Einrichtungen junge unsichere Lebensperspektive, die Un- bleibeberechtigte Geflüchtete dabei, DIVERSE AUSGANGSLAGEN: EIN LEBEN terstützung von Familienangehörigen, eigene Wege in eine berufliche Ausbil- IM ZEITRAFFER zu deren Auskommen sie oft beitra- dung zu finden? So unterschiedlich die Bedingungen gen wollen. Oder die Fluchterfahrung, Die Professorin für Grundlagen der für die Beratenden an den drei Orten, teilweise ein jahrelanger Überlebens- Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt so verschieden die Lebenslagen der Ge- kampf, die ein Planen über den Tag hin- Bildungsfragen interessiert sich dabei flüchteten: Alter, Geschlecht, Familien- aus lange Zeit unrealistisch machte. 12 forschungsNEWS
FORSCHUNGSBERICHTE Diese Punkte können in den Bera- sich im Verlauf der Integration: Grafik: Projekt BeBjG, Portrait: Johanna Weber tungssituationen mit den offiziellen »Während am Anfang tatsächlich Beratungszielen, die Menschen lang- vielleicht der Spracherwerb im Vor- fristig in Lohn und Brot zu bringen, dergrund stand, geht es jetzt stärker kollidieren. Die kulturellen Besonder- darum, sie zu unterstützen, damit heiten hingegen, dies zeigen die Inter- sie die Ausbildung auch erfolgreich viewauswertungen, stehen bei den abschließen können«, sagt die Profes- »Die Geflüchteten gibt es nicht. Beratenden im Gespräch nicht im Vor- sorin. Mehr Teilzeitlösungen und an- Was sie tatsächlich gemeinsam dergrund. Sie nehmen vielmehr wahr, dere Flexibilisierungen wünschten haben, ist, quer in dieses Bil- dass viele Interessen und Sehnsüchte sich Beratende wie Geflüchtete. Auch dungssystem einzusteigen.« der jungen Geflüchteten sich wenig mehr individuell zugeschnittene Be- Prof. Dr. Nicole Pötter von denjenigen ihrer Altersgenos- ratung und vor allem Unterstützung sInnen in Deutschland unterscheiden. wird von den Einrichtungen gefor- dert, laut Pötter ein Spagat für die In- Dass der Zugang in eine berufliche stitutionen. Sie fasst die Sicht der Be- Ausbildung und später in eine Er- ratenden zusammen: »Auf der einen werbsarbeit gelingt, hängt oft von Seite muss ich sichergehen, dass alle ganz grundlegenden Faktoren ab: das gleiche Angebot bekommen, weil Wohnen, Schulbildung, Spracher- alle das Anrecht auf das Gleiche ha- werb, Gesundheit, kulturelle Einflüs- ben. Und gleichzeitig stelle ich dann se und Familiensituation. Wohnen fest, das Gleiche ist gar nicht für al- steht als Negativ-Faktor an erster Stel- le passend.« Ein weiteres Manko in le. »Wenn ich in der Unterkunft woh- der Beratung: »Wir können den Ge- ne, kann ich mich aufs Lernen gar flüchteten sagen, das sind die nächs- Projekttitel nicht konzentrieren, weil da ständig ten Schritte. Aber, was ihnen dann Chancen des Zugangs zur beruflichen Bildung viele andere Leute um mich herum oft fehlt, ist eine Begleitung.« für bleibeberechtigte junge Geflüchtete: sind oder vielleicht auch viele Konflik- Möglichkeiten und Hindernisse in der Bera- te«, erläutert die Forscherin die Pers- Den Einzelfall individueller zu be- tung und Unterstützung (BeBjG) pektive der Befragten. Familiäre Ver- trachten und die Geflüchteten zu pflichtungen wirkten sich wiederum begleiten, das könnten zivilgesell- Projektlaufzeit vor allem zu Ungunsten der Integrati- schaftliche Beratungs- und Unter- 15. August 2017 bis 31. März 2020 on von Frauen aus. Bereits früh in fa- stützungsangebote eventuell zielge- miliäre Pflichten eingebunden, ha- richteter leisten. In einem Folgepro- Projektpartner ben sie schon kleine Kinder, was eine jekt untersucht Pötter deshalb, wel- n Dr. Bernhard Hilkert, Bundesinstitut für Arbeitsintegration weiter erschwert. che Rolle Freiwillige und Migranten- Berufsbildung (Projektsprecher) selbsthilfe-Organisationen bei der n Prof. Dr. Andreas Diettrich, Universität DAS DILEMMA VON STANDARDISIE- Ausbildungs- und Erwerbsarbeitsin- Rostock RUNG UND INDIVIDUALISIERUNG tegration in München spielen und Die Relevanz einzelner Faktoren für wie sich diese mit den offiziellen Stel- Projektträger und Zuwendungsgeber den Weg in die Arbeitswelt verschiebt len vernetzen. Christiane Taddigs-Hirsch Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) forschungsNEWS 13
Institut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere Institut für Material- und Bauforschung Die Forschungs- dynamik weiter unterstützen Die Hochschule München hat jüngst zwei neue Forschungs- institute bekommen: das Institut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere sowie das Institut für Material- und Bauforschung. Ein Gespräch mit den beiden Institutsleitern Prof. Dr. Werner Jensch und Prof. Dr. Christian Schuler: Warum braucht die Hochschule München Mitarbeiter. Überdies macht institutiona- eigene Forschungsinstitute? lisierte Forschung die Hochschule Mün- Jensch: Forschungsstark sind wir schon im- chen interessant für weitere forschungs- mer, das war auch Voraussetzung für un- starke Professorinnen und Professoren. ser Forschungsinstitut: Alle Kolleginnen und Kollegen mussten hohe Hürden be- Welche Mittel stehen Ihnen von Seiten züglich eingeworbener Forschungsmit- der Hochschule zur Verfügung? tel, betreuter Promotionen und veröf- Schuler: Jedes Forschungsinstitut erhält fentlichter Publikationen nehmen. Über eine Postdoc-Stelle, finanziert für fünf Jah- die Forschungsinstitute wollen wir unse- re. Diese Position gewährleistet die Ge- re Forschung nach außen besser sichtbar schäftsführung des Instituts, vertritt es machen. nach außen und macht deren Öffent- Schuler: Die Forschungsinstitute sollen lichkeitsarbeit, vernetzt die Projekte und Ressourcen bündeln und ein besseres wis- schafft Strukturen für das Personal. Das senschaftliches Umfeld schaffen. Obwohl Institut für Material- und Bauforschung Prof. Dr. Werner Jensch wir uns gerade erst gegründet haben, sind plant, diese wichtige Position mit einem Leiter des Instituts für energieeffiziente bereits jetzt eine engere Zusammenarbeit gut vernetzten wissenschaftlichen Mit- Gebäude und Quartiere und eine bessere Vernetzung im Grün- arbeitenden zu besetzen, der/die unser dungskollegium bemerkbar. Team und unsere Organisation kennt und gemeinsam mit uns wachsen kann. Worin liegt der primäre Unterschied zwi- Jensch: Zudem finanziert die Hochschu- schen Ihren bisherigen Forschungsaktivitä- le für jedes Forschungsinstitut eine Pro- Forschungsinstitut für Energieeffiziente ten und der Forschung am neuen Institut? fessur als Lehrausgleich. Denn Forschung Gebäude und Quartiere (CENERGIE) Jensch: Bisher waren wir Einzelkämpfer, da braucht Zeit, die dann in der Lehre fehlt. n Institutsleiter: waren die Kapazitäsgrenzen in puncto For- Diese Institutsleiterposition wollen wir im Prof. Dr. Werner Jensch schung schon mal erreicht. Heute denken Gründungskollegium jedoch rollierend n Gründungsteam: 5 ProfessorInnen der wir mehr im Team, das neu gegründete In- besetzen – voraussichtlich auf zwei Jah- Fakultäten für Architektur sowie stitut verstetigt die Zusammenarbeit un- re, denn schließlich soll keiner der Chef für Versorgungs- und Gebäudetechnik, ter uns forschenden Kolleginnen und Kol- seiner KollegInnen sein. Und die Lehre Verfahrenstechnik Papier und Verpackung, legen, wir können kompetenzorientiert möchte langfristig auch keiner von uns Druck- und Medientechnik Teams bilden und somit komplexe Aufga- missen! n Wissenschaftliche MitarbeiterInnen: benstellungen bearbeiten sowie gezielt auf 19, davon 14 PromovendInnen Anfragen aus der Industrie reagieren. Worauf liegt Ihr Forschungsfokus, was n Forschungsvolumen: Schuler: Auch bringen die Institute Syner- werden Ihre langfristigen Schwerpunkte ca. 4 Millionen Euro gieeffekte und mehr Struktur für die wis- im Forschungsinstitut sein? senschaftlichen Mitarbeiterinnen und Schuler: Wir forschen jetzt verstärkt im 14 forschungsNEWS
FORSCHUNGSINSTITUTE Das Projekt NUData Campus des Forschungsinstituts für energieeffiziente Gebäude und Quartiere unter- sucht den Hochschulcampus hinsichtlich aller Energiefaktoren. Team, wollen weniger Insellösungen für Quo vadis: Wo sehen Sie Ihr Forschungs- unser gemeinsames Thema: die langfris- institut in fünf Jahren? tige Erhaltung und nachhaltige Entwick- Schuler: Dazu muss ich vorausschicken: lung von Baubestand und Infrastruktur. Jeder am Institut Beteiligte hat seine bis- Aktuell erforsche ich beispielsweise ge- herige Forschungsreputation hart erarbei- meinsam mit Prof. Dr. Christoph Dau- tet und will nichts riskieren. Wir wollen berschmidt und Prof. Dr. Andrea Kuster- langsam und überlegt in das Thema For- mann Bewehrungsstäbe aus Basalt, die im schungsinstitut hineinwachsen, sind aber korrosionsgefährdeten Bereich eingesetzt hoch motiviert. werden sollen: eine Sanierungsmaßnah- Jensch: Unser großes Ziel ist das Promoti- me insbesondere für Fassaden und Park- onsrecht für die Hochschule. Derzeit pro- hausdecken. Und was sich bisher gezeigt movieren unsere Doktorandinnen und hat: Zu dritt forscht man schneller über Doktoranden mit unseren Forschungsthe- den eigenen Tellerrand hinaus, auch die men bei Universitätsprofessorinnen und Vernetzung mit externen Partnern ist -professoren, damit wandert unter Um- Prof. Dr. Christian Schuler erfolgreicher. ständen Know-how ab. Die Forschungsins- Leiter des Instituts für Material- und Jensch: Unser Institut beschäftigt sich titute sollen Strukturen schaffen auf dem Bauforschung mit ganzheitlichen Lösungen für die Weg zum Promotionsrecht. Gestaltung und Versorgung von Gebäu- Schuler: Das stimmt, wir sind angewiesen den und Quartieren. Eines unserer Pro- auf unsere Forschungspartnerinnen und jekte hierzu ist der NUData Campus, eine -partner an den Universitäten, und die Zu- Forschungsinstitut für Material- Nutzungsdaten-basierte Optimierung sammenarbeit funktioniert vorbildlich. und Bauforschung von Gebäuden und Anlagen. Dazu unter- Aber unsere Doktorandinnen und Dokto- n Institutsleiter: suchen wir bereits in Kooperation mit randen promovieren im Schnitt zwei Jah- Prof. Dr. Christian Schuler Kolleginnen und Kollegen aus aus den re länger, denn sie müssen sich quasi dop- n Gründungsteam: 7 ProfessorInnen Fakultäten für Elektrotechnik und Infor- pelt beweisen. Es wäre wünschenswert, der Fakultäten für Architektur, mationstechnik sowie Informatik und dies zeitlich abkürzen und den univer- für Bauingenieurwesen sowie für Mathematik und TU München unseren sitären Partnerinnen und Partnern Ar- Foto und Portraits: Johanna Weber Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Hochschulcampus hinsichtlich aller Ener- beit abnehmen zu können. Insofern: Die Flugzeugtechnik giefaktoren und erforschen auch neue Forschungsinstitute sollen nicht nur die n Wissenschaftliche MitarbeiterInnen: Lösungsansätze im Rahmen der Digita- Qualität der Hochschulforschung erhö- 28, davon 12 PromovendInnen lisierung. Und natürlich wollen wir mit hen, sondern auch den gesamten Prozess n Forschungsvolumen: unserem Forschungsinstitut kein »abge- des Forschens an der Hochschule weiter ca. 5,5 Millionen Euro schlossener Club« bleiben. Wir haben fundamentieren. schon jetzt die Aufnahme sechs weiterer Institutsmitglieder geplant. Das Interview führte Daniela Hansjakob. forschungsNEWS 15
PROMOTION KARRIEREN IN DER WISSENSCHAFT Den AbsolventInnen der Hochschule München steht mit einer herausragenden Promotion die Tür ins internationale Forschungsumfeld offen. Mehrere Alumni forschen derzeit als PostDocs im Ausland, nut- zen aber auch die Chance, sich weiter in der Wissenschaft zu engagieren – wie diese drei Alumni, die nach ihren exzellenten Promotionen als PostDocs an renommierten Universitäten in Übersee arbeiten: schen Einsatz in der Arthrose-Behandlung. Die Nachwuchs- wissenschaftlerin studierte an der Hochschule München im Master Mikro- und Nanotechnik und schloss eine kooperative Promotion zum Thema »Rasterkraftmikros- kopische Untersuchungen von Struktur-Funktions-Bezie- hungen in der Knorpelmatrix« an. Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Matthias Schieker sowie PD Dr. Attila Aszodi von der LMU und Prof. Dr. Hauke Clausen-Schaumann von der Hochschule München betreut und im Oktober 2016 am Dr. Carina Prein Klinikum der LMU mit summa cum laude bewertet. Ein halbes Jahr später wurde sie auch mit dem »Oskar« für Dr. Carina Prein ist seit Juni 2017 im Rahmen eines Post- eine herausragende Promotion an der HM ausgezeich- Doc-Stipendiums an der University of Western Ontario in net. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit sind entscheidende Grund- Kanada tätig. Dort untersucht sie den Einfluss des Kern- lage für weitere Forschungsprojekte am CANTER mit dem rezeptor-Koaktivators PGC1alpha auf die Knochen- und Schwerpunkt »Herstellung und biophysikalische Charakte- Knorpelentwicklung und seinen möglichen therapeuti- risierung von dreidimensionalen Geweben.« Dr. Christopher Künneth arbeitet seit Februar 2019 am bekannten Georgia Institute of Technology in Atlanta. Der Absolvent der Hochschule München schloss im Oktober 2018 seine kooperative Promotion bei Prof. Dr. Karsten Reuter von der TU München und Prof. Dr. Alfred Kersch von der HM mit summa cum laude ab und befasste sich mit Portrait oben: privat, Portrait Mitte: privat, Portrait unten: Andreas Heddergott/TU München »Modeling the Ferroelectric and Pyroelectric Characteristics in Polycrystalline Doped Hafnium Dioxides«. Ferroelektri- zität ist eine phänomenologische Eigenschaft von Festkör- pern, bei der eine intrinsische Polarisation eines Kristalls Dr. Christopher Künneth durch das Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes zwischen remanenten Zuständen geschaltet werden kann. Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissen- Im Rahmen seiner Dissertation wirkte Künneth wesentlich schaften aufgebaut sowie eine OpenSource-Infrastruktur daran mit, dass eine Infrastruktur für high-performance im Labor für Modellbildung und Simulation geschaffen Simulation mit Dichtefunktionaltheorie am Leibniz- werden konnte. Dr. Felix Dietrich schloss im August 2017 seine kooperative Promotion zum Thema »Data-driven surrogate models for dynamical systems« bei Prof. Dr. Hans-Joachim Bungartz von der TU München und Prof. Dr. Gerta Köster von der Hochschule München mit summa cum laude ab. Inzwi- schen ist er seit 2017 als Postdoctoral Fellow an der Johns Hopkins University in Baltimore und Visiting Research Collabotator an der Princeton University in den USA tätig und arbeitet hauptsächlich mit Prof. Dr. Yannis Kevreki- dis an der numerischen Analyse komplexer Systeme. Das Dr. Felix Dietrich beinhaltet Algorithmen zur Beschleunigung von Simula- 16 forschungsNEWS
PROMOTION tionen inklusive Analyse und Optimierung sowie nicht- gruppen an Anwendungen wie Systemidentifikation aus lineare Mannigfaltigkeitsapproximationen. Darüber Trajektoriendaten von einzelnen Zellen in der Biologie, hinaus beschäftigt sich Dietrich mit der Approximation Rekonstruktion von physikalischen Systemen aus Beob- von linearen Operatoren wie dem Koopman und Laplace- achtungsdaten oder Polymer- und Proteinfaltungssimu- Beltrami operator und arbeitet mit mehreren Forschungs- lationen in der Verfahrenstechnik. Elke Zapf WEGBEGLEITUNG BEI DER PROMOTION IM BAUBEREICH Unter dem Dach von BayWISS kooperieren bayerische Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissen- schaften (HAW) und intendieren mit der so genannten »Verbundpromotion«, die Promotionsbedingungen für NachwuchswissenschaftlerInnen zu verbessern. Dabei betreuen ProfessorInnen beider Hochschultypen gemein- sam junge ForscherInnen. Gut drei Jahre nach dem Start profitieren rund 130 DoktorandInnen in insgesamt zehn Verbundkollegs von der hochschularten-übergreifenden Nachwuchsförderung im Rahmen von BayWISS und den Prof. Dr. Christoph Dauberschmidt und Dr. Manuela Tischler spezifischen Stärken beider Hochschularten. Drei der zehn Kollegs werden federführend von einer Hochschule für Die Koordinationsstelle des BayWISS-Promotionsverbund- angewandte Wissenschaften betreut – eines davon ist das kollegs »Infrastruktur, Bauen und Urbanisierung« ist seit Kolleg »Infrastruktur, Bauen und Urbanisierung« an der Februar dieses Jahres an der Hochschule München ange- Hochschule München, an dem zudem die Universität der siedelt. Sprecher des Verbundkollegs ist Prof. Dr. Christoph Bundeswehr München, die TU München und die OTH Re- Dauberschmidt, wissenschaftliche Referentin und Koor- gensburg beteiligt sind. »Davon geht eine starke Signal- dinatorin ist Dr. Manuela Tischler. Seit Februar betreut sie wirkung aus«, ist sich Dr. Manuela Tischler sicher. »Wir das Kolleg organisatorisch und administrativ und ist dar- stärken die Netzwerkbildung zwischen Universitäten und über hinaus zentrale Ansprechpartnerin für allgemeine HAWs und zeigen, dass es in beiden Institutionen heraus- Fragen zu Promotionsmöglichkeiten im Rahmen von ragende Forscherpersönlichkeiten und engagierten wis- BayWISS an der Hochschule München. »Wir organisieren senschaftlichen Nachwuchs gibt.« Elke Zapf regelmäßige Netzwerktreffen und Veranstaltungen, bieten einen fundierten Rahmen für die fachliche Zusammenar- beit und stehen Promovierenden und Promotionsbetreu- ern auch mit praktischem Rat und Tat zur Seite«, erläutert Weitere Informationen www.baywiss.de die promovierte Wissenschaftssoziologin und Expertin für Karrierewege in der Wissenschaft. COWORKING-PLÄTZE FÜR WISSENSCHAFTLICHES ARBEITEN CoWorking-Spaces sind die Büros der Zukunft – für Freiberuf- Portrait: Johanna Weber, Foto: Lena Schmidbauer lerInnen, Start-ups und digitale Nomaden. In offenen Räumen können sie kreativ zusammenarbeiten, gemeinsam Projekte entwickeln und voneinander profitieren. Auch an der Hoch- schule München gibt es in der Lothstraße 64 seit März dieses Jahres zwei einladende CoWorking-Räume für wissenschaft- liche MitarbeiterInnen. Elke Zapf Raumbuchung über https://booked.cc.private.hm.edu/forwin CoWorking-Arbeitsplätze an der Hochschule München forschungsNEWS 17
GRÜNDUNG & ENTREPRENEURSHIP Dr. Christina Weber Strascheg Center for Entrepreneurship WELCHE LEHRE MACHT UNTERNEHMERISCH? Brüssel, München, Kopenhagen: Als Innovationstandort soll Europa fit für die Zukunft werden. An europäischen Hochschulen wird deshalb zunehmend in Entrepreneurship Education investiert – zum Beispiel in das EU-Projekt EEEPHEIC am Strascheg Center for Forschungsteam: Trevor McConnell und Dr. Christina Weber Entrepreneurship (SCE) der Hochschule München. Wie kann man Studierende dazu moti- Online-Toolkit, das neue Maßstäbe ferenz im Juni 2019 in Bukarest vor- vieren, unternehmerisch zu denken auch in Bedienungsfreundlichkeit set- gestellt. Ab Wintersemester soll nach und zu handeln? Welche Kompe- zen will. Im Konsortium forschen Wis- dem Pilot das finale Toolkit auf der tenzen, Fähigkeiten und Einstellungen senschaftlerInnen aus Deutschland, Web-Seite www.heinnovate.eu abruf- müssen gefördert werden, damit es Dänemark, Großbritannien, Kroatien bar sein und Lehrende unterstützen, zu Start-ups und Spin-offs kommt? und den Niederlanden. ihre EE-Lehrformate jederzeit gut zu Mit diesen Fragen befasst sich das For- evaluieren – und Europas Studierende schungsgebiet Entrepreneurship Edu- Evaluieren setzt voraus, dass Katego- und Auszubildende zu Entrepreneu- cation (EE), in dem das zweijährige rien bestimmt werden, die messbare ren zu machen. Dr. Christina Weber EU-Projekt EEEPHEIC angesiedelt ist. Dimensionen, Eigenschaften und Lern- Im Mittelpunkt stehen die wissen- inhalte für eine Bewertung bezeich- Projekttitel schaftliche Bestandsaufnahme von nen. Der Kompetenzerwerb durch EE Evaluation of Entrepreneurship Programs at Kursinhalten sowie die Konstruktion ist allgemein auf verschiedenen Wegen Higher Education Institutions and Centers eines Online-Evaluierungstools für feststellbar, es zählen dazu nicht nur (EEEPHEIC) vielfältige Lehrformate. Damit können realisierte Gründungen, sondern auch Lehrende rasch überprüfen, welche eine Gründungsabsicht oder Interesse Projektlaufzeit Kompetenzentwicklung unterschied- am Erschaffen neuartiger Prozesse. 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2019 liche Formate aus Theorie- und Praxis- EE-Lehre unterscheidet sich stark von modulen bewirken. klassischer Hochschullehre, da zwar Projektpartner Fachwissen vermittelt, zusätzlich aber n Ecorys Die Evaluierung der Aneignung von persönliche Einstellungen verändert n SCE Strascheg Center for Entrepreneurship unternehmerischen Kompetenzen und vielfältige Handlungskompeten- Hochschule München erfordert in Zukunft ein verbessertes zen erlernt werden sollen. EEEPHEIC n Technopolis Ltd., Großbritannien methodisches Fundament. Deshalb erweitert deshalb den EntreComp- n Danish Foundation for Entrepreneurship, wurde für die Entwicklung des Tools Rahmen um vier Dimensionen, die Dänemark zunächst – auf Grundlage des Entre- sich durch Selbsteinschätzungen und n J.J.Strossmayr Institute Osijek University, Comp-Modells1 mit den drei Kompe- Vignetten auswerten lassen: Lehrende Kroatien tenzbereichen »Ressourcen«, »Into erhalten schnell ein Gesamtfeedback Action« und »Ideas & Opportunities« – ihrer Gruppe zu Beginn oder am Ende Projektträger und Zuwendungsgeber eine Bestandsaufnahme der häufigsten ihres Kurses. EU Directorate Generale ECAS Lehrformate in Europa durchgeführt. Danach trafen sich 30 ExpertInnen TESTVERSION ONLINE Foto: Johanna Weber 1 EntreComp ist ein Modell und Instrument der Euro- aus ganz Europa, um gemeinsam neue Eine erste Testversion des Tools wird päischen Kommisssion (2016), das unternehmerische Evaluierungs-Prototypen zu konstru- Ende des Sommersemesters an 150 Kompetenzen definiert und Hochschulen und anderen ieren. Seitdem entwickelt das For- europäischen Hochschulen getestet. Bildungsträgern damit einen Rahmen zur Evaluierung von Trainingsprogrammen bereitstellt. Das Modell schungskonsortium rund um das Das Evaluationstool EValueComp wird geht von drei Handlungsbereichen aus, von denen SCE an der Hochschule München ein zeitgleich auf der HEInnovate Kon- jeder wiederum fünf Basiskompetenzen umfasst. 18 forschungsNEWS
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