KAPUZINER FRANZISKANERINNEN 2019 I 2020 - Deutsche Kapuzinerprovinz
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JAHRESBERICHT 2019 I 2020 Jahresbericht Bericht über die Missionsarbeit der Deutschen Kapuzinerprovinz und der Fran- ziskanerinnen von Reute in Albanien, Brasilien, Chile, Deutschland, Indonesien und Mexiko. INHALT Kapuziner l Franziskanerinnen Vorwort 3 Indonesien 4 www.kapuziner.de Hilfe zur Selbsthilfe 4 kapuzinermission@kapuziner.org 25 Jahre Kinderdorf San Antonio 8 Die politische Lage in Indonesien 11 Missionarinnen auf Zeit im Kinderdorf 12 Neue Leitung für Indonesien 14 Missionshilfswerk der Kapuziner 15 www.kloster-reute.de Geburtstage und Jubiläen 16 mission@kloster-reute.de Hut ab 17 Albanien 18 Herausgeber Kirche aus lebendigen Steinen 18 Missionssekretariat der Kapuziner · Kloster Reute Wohncontainer für Erdbebenopfer 20 Klostergasse 6 · 88339 Bad Waldsee Br. Christian Albert geht nach Albanien 21 Redaktion Nachrichten aus Deutschland 21 Br. Helmut Rakowski Berufungen in Indonesien und Deutschland 23 Sr. Margot Spinnenhirn Chile 24 Layout Grafikdesign Monzillo · www.monzillo.de Zwischen Mut und Staunen 24 Eindrücke von Br. Marinus 26 Druck Mexiko 30 Druck-Design Gebhart-Renz, Unterankenreute „Die Letzten zuerst“ – Erfahrungen Fotos deutscher Kapuziner in Mexiko 30 Missionssekretariat der Kapuziner; Brasilien 34 Missionsprokur Franziskanerinnen von Reute; Tina Trippen; ranarex Kommunikationsdesign, Projeto Nova Esparança 34 Michele Cappiello Pastoral da Juventude – Jugendarbeit 36 Informationen 38 Titelbild Anschriften 39 „Gemeinsam unterwegs“ 2 Impressum · Inhalt
LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE UNSERER MISSIONSARBEIT ! Vorwort Papst Franziskus beschreibt Christsein als Das goldene Priesterjubiläum von Chilemis- einen Zustand permanenter Mission: Wir sionar Juan Bauer ist Anlass, auf das Leben sind auf dieser Welt, Licht zu bringen, zu eines Missionars zwischen „Mut und Stau- segnen, zu beleben, aufzurichten, zu hei- nen“ zu blicken. len, zu befreien. Rückblick hält auch Br. Arno Dähling in sei- Aus Anlass der Corona-Pandemie haben auch ner Missionschronik, die er 2019 veröffent- wir in Deutschland und Europa bemerkt, wie lichte. Unter dem Titel „Die Letzten zuerst“ angreifbar und zerbrechlich unser Leben ist. berichtet er über die Erfahrungen der Kapu- Wenn die Sorge um unsere Gesundheit, um ziner in Mexiko. uns liebe Menschen, um die Arbeit und die Zukunft sogar uns trifft, können wir uns Das Projekt Nova Esperança, in Brasilien, vorstellen, wie es Menschen geht, die in bietet Kindern eine Schulbildung und ist für Ländern leben, die ärmer sind. viele auch Ersatzfamilie. Mit der „Pastoral da Juventude“ leistet Sr. Petra einen wichti- Mit HORIZONTE informieren wir Sie, wie gen Dienst an der Jugend. wir gemeinsam mit Ihnen Menschen helfen. Im Blick auf Indonesien berichtet Br. Had- Liebe Förderinnen und Förderer unseres rian Hess, wie missionarischer Einsatz im- Missionshilfswerkes, liebe Missionsfreunde, mer auch Hilfe zur Selbsthilfe ist. Konkretes liebe Wohltäter! Wir sind auf dieser Welt, Beispiel ist das Kinderdorf San Antonio, in Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, auf- Hiliweto, das seit 25 Jahren Kindern eine zurichten, zu heilen, zu befreien. Mission ist Heimat bietet. eine Art Gegengift gegen viele Leiden. Auch wenn wir selbst gerade von großen Sorgen Was einst Missionarinnen begonnen haben, geplagt werden, vergessen wir nicht die Ar- führen heute einheimische Schwestern, unter men! Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Führung der neuen Regionalleitung, kom- petent weiter, unterstützt auch von jungen Frauen aus Deutschland, die im Kinderdorf als „Missionarinnen auf Zeit“ mitarbeiten. Einer, der für viele Unterstützerinnen und Unterstützer aus Deutschland steht, ist der Sr. Margot Spinnenhirn Orthopäde Dr. Stephan Bago, der regelmäßig Missionsprokuratorin zu medizinischen Einsätzen nach Indone sien aufbricht. Vor ihm ziehen wir, stellver- tretend für Sie alle, den Hut. Ebenfalls seit 25 Jahren besteht in Albani- en die Missionsstation in FushëArrëz. Wie Kirche aus lebendigen Steinen wächst, be- richtet Br. Andreas. Er bekommt jetzt Ver- Br. Christophorus Goedereis stärkung durch einen jungen Kapuziner aus Provinzialminister Deutschland. Vorwort 3
Indonesien Indonesien Indonesien Hilfe zur Selbsthilfe Der Staat will es, die Kirche tut es – Beispiele aus unserer Sibolgamission. Br. Hadrian Hess war 39 Jahre Missionar in Indonesien. 2013 kehrte er zurück nach Deutschland und lebt heute in seiner badischen Heimat im Wallfahrtskloster „Maria zu den Ketten“ in Zell am Harmersbach. Die modernen Kommunikationsmittel er- Geld fehlt, aber vor allem, weil die Struk- lauben ihm, auch von Deutschland das turen fehlen und Korruption bereitgestellte Leben der Kirche in Indonesien und be- Mittel auf dem Weg versickern lässt. Oft sonders der Diözese Sibolga zu verfolgen. haben Projekte auch nicht den ganzheitli- Weiterhin hilft er in kleinem Rahmen den chen Menschen, mit seinen leiblichen und Menschen dort. Er hat sich über den Bei- geistlichen Bedürfnissen, im Auge, oder es trag der Missionarinnen und Missionare werden Dinge gefördert, die die Kultur der für die Entwicklung eines Landes Gedan- einheimischen Bevölkerung zerstören. ken gemacht. Angesichts des großen Andrangs von Als 2005 das große Erdbeben Nias und die Flüchtlingen aus den Kriegs- und Krisen- umliegenden Inseln verwüstete, zeigte sich, gebieten im Nahen Osten, in Afrika und dass die Hilfe von Nichtregierungsorgani- den armen Ländern Europas wird die For- sationen (NGOs) oft gar nicht ins unwegsa- derung immer lauter, den Menschen in ih- me Hinterland kam. Die Folge waren Unge- rem ureigenen Gebiet zu helfen und dort für soziale und wirtschaftliche Entwicklung 2004 zerstörte ein Tsunami weite Küstengebiete in Asien. zu sorgen. Wer aber vollbringt diese Rie- senaufgabe? Sicher dürfen wir Missionare sagen, dass die Kirche weltweit schon im- mer genau das getan hat. Gerade in Krisengebieten ist der Staat viel- fach nur beschränkt einsatzfähig, u. a. weil 4 Indonesien
Nur wenige Monate nach dem Tsunami brachte ein Erdbeben weitere Verwüstung. rechtigkeiten, die zu Wanderbewegun gen jungen Menschen aber auch eine sinnvolle in die Städte führten. Zugleich hatte man und bereichernde Freizeitgestaltung. Viele nur den materiellen Wiederaufbau im Blick. der ehemaligen „Auszubildenden" ernäh- Solidarität und Verantwortungsbewusst- ren heute ihre Familie mit einem kleinen sein wurden nicht vermittelt. Ein solcher Handwerksbetrieb. Es gingen aber auch moralischer Aufbau gehört bei religiös mo- Ordensbrüder aus dieser Schule hervor. Ei- tivierter Hilfe stärker dazu. Wo das nicht nige davon geben jetzt selbst ihr Wissen an geschah, wurden viele traditionelle Werte über Bord geworfen. Die Caritas, seit jeher ein integraler Bestandteil der Kirche, ging damals einen anderen Weg. Über die be- stehenden Pfarrstrukturen kam ihre Hilfe in die entlegensten Gebiete der Insel. Durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Gemeinde kannte man die individuel- len Bedürfnisse der Familien, half gezielt und effizient und verlangte immer die Zu- sammenarbeit der Dorfgemeinschaft beim Wiederaufbau. Ein Denkmal erinnert in der Handwerkerschule Mela an die Brüder Heinrich Schlüchter und Bernhard Götte. Seit dem Beginn unseres missionarischen Einsatzes in Sibolga engagierte sich die Jugendliche weiter. Erinnert sei an Frater Kirche für die ganzheitliche Entwicklung Amator Hems, der einem Schulorden ent- der Menschen. So errichteten die beiden stammt. Er gründete, nach dem Vorbild der Kapuzinerbrüder, Heinrich Schlüchter und Raiffeisengenossenschaft, eine Kreditunion, Bernhard Götte, eine Art Berufsschule mit die bis heute Kleinbauern Mikrokredite Wohnheim, in der Generationen von jun- ermöglicht. Sie fand im ganzen Gebiet gen Indonesiern zu Schreinern und Mau- der Diözese Sibolga, vor allem bei den rern ausgebildet wurden. Die beiden waren Hausfrauen, großen Zuspruch. Das Unter- selbst gut ausgebildete Handwerksmeister nehmen fördert darüber hinaus mit Bil- und legten das Hauptgewicht auf prakti- dungsprogrammen die wirtschaftliche und sche, nicht auf theoretische Ausbildung. menschliche Entwicklung der Menschen, in Neben der Schule ermöglichten sie den dem z.B. Dialogfähigkeit trainiert wird. Indonesien 5
Ähnlich erfolgreich waren Ordensschwes- 37 darauf hin, dass die Kirche immer schon tern mit Haushaltskursen für Mädchen aus das glanzvolle und geistige Erbe der Völker dem Landesinneren, die oft nicht lesen und und Stämme gepflegt und gefördert hat. schreiben konnten. Koch- und Hauswirt- In der Nr. 119 wird festgestellt, dass die schaftskurse kamen der Familie zugute, verschiedenen Musiktraditionen der Völ- schenkten den Frauen aber auch Selbstbe- ker im Gottesdienst Heimatrecht haben. In wusstsein und einen gesunden Stolz, um diesem Zusammenhang darf man auch an in der Ehe mitreden zu können. Damit ver- den Kapuzinermissionar Sebastian Englert änderte sich der vorherrschende Machismo erinnern, der nicht direkt in Sibolga tätig und die Würde der Frauen wurde gefördert. war. Er hat den größten Teil seines Lebens auf der Osterinsel verbracht und neben der Inzwischen ist es Allgemeinwissen, dass Missionsarbeit die Sprache und Kultur, aber Schul- und Berufsausbildung der Weg aus auch Fauna und Flora gewissenhaft studiert Armut und Elend sind. Die Kirche geht und für die Nachwelt festgehalten, während schon lange diesen Weg. So ist es nicht zuvor diese Insel den europäischen Staaten verwunderlich, dass die etwa 20 Schulen in übelster Weise als Sklavendepot gedient der Diözese fast immer zu den Besten ge- hat, aber auch durch Fehler der Einheimi- hören, genauso wie die kirchlichen Kran- schen das Eiland zur Wüste geworden war. kenstationen und Kliniken einen herausra- Ähnlich hat sich auch der Kapuziner Ernst genden Dienst tun. Glaube ist ein integraler Alois Wilhelm für die indigenen Völker- Bestandteil aller kirchlichen Einrichtungen schaften Chiles als Philologe, Ethnograph und schafft das notwendige Fundament ei- und Naturforscher einen Namen gemacht. nes würdigen, verantwortungsvollen und liebevollen Lebens. Was vor allem die Gesangs- und Musikkul- tur der vielen indonesischen Völkerschaf- Ein weiteres, wichtiges Gebiet ist das Kul- ten angeht, ist bis heute Pater Karl-Edmund turschaffen. Die Liturgiekonstitution des Prier SJ der überragende Forscher und Zweiten Vatikanischen Konzils weist in Nr. Sammler, der aber diese Kulturen in seinem Heute sind es oft die Missionare, die helfen, das kulturelle Die Förderung von Mädchen und Frauen beginnt mit der Erbe wertzuschätzen. Ein Blick ins Museum Niaserbe Schulausbildung. von P. Johannes M. Hämmerle. 6 Indonesien
kirchenmusikalischen Institut nicht nur Werte der Urbevölkerung verschwinden. zugänglich macht, sondern auch versucht, Konnte man früher den Missionaren vor- sie durch Neukompositionen auf dem Bo- werfen, dass sie den Menschen eine euro- den der alten Tradition in die Zukunft zu päisch-westliche Lebensart aufzwangen, so führen. Dasselbe versucht mit Erfolg auch ist die Kirche heute zur Verteidigerin der Pater Johannes M. Hämmerle OFMCap be- einheimischen Völker und ihrer Kultur ge- züglich der reichen Niaskultur, die er in worden. jahrzehntelanger fleißiger Arbeit erforscht und gesammelt hat und sie nun zuerst der All diese Projekte der Kirche gelingen nur, eigenen Bevölkerung, dann aber auch der wenn die Protagonisten oder Frontkämp- Weltöffentlichkeit in seinem mit viel L iebe fer, seien es Ordensleute und Priester, aber und Sachverstand errichteten Museum auch die Katechisten, eine gute Ausbildung Niaserbe zugänglich macht. haben und materiell und geistig unterstützt werden. Weil wir alle auf einem Planeten Haben früher die Kolonialmächte die Na- leben, sind wir nicht nur füreinander ver- turvölker vielfach für ihre Bedürfnisse aus- antwortlich. In einer globalisierten Welt gebeutet und missbraucht, so haben heute bekommen wir auch immer mehr zu spü- die modernen Kommunikationsmittel eine ren, dass, wenn ein Glied leidet, alle Glie- ähnliche Wirkung. Sie kommen bis in den der leiden. Zusammen können wir viel für letzten Winkel der Erde und lassen die unser gemeinsames Haus tun. ■ Indonesien 7
25Jahre Kinderdorf 25 JAHRE KINDERDORF 25 Jahre Kinderdorf San Antonio in Hiliweto / Indonesien 1994 – 2019 Zum 25-jährigen Kinderdorfjubiläum gab es eine Festtagstorte. Das Kinderdorf feierte 25 Jahre seines Be- stehens. Dank der anhaltenden Unterstüt- zung von vielen „Kinderdorf-Freunden“ konnten die verantwortlichen Schwestern den Kindern stets den nötigen Lebensun- rius terhalt beschaffen und ihnen auch den Libertus Safa notwendigen Lebensraum ermöglichen, in dem sie einerseits behütet und aufgehoben schen unserer näheren und weiteren Um- sind, den sie aber durch ihr Dasein auch gebung dazu eingeladen oder sind zu den mitprägen und mitgestalten. Leuten gegangen. Versteigerungen, Begegnungen mit Grup- Libertus Safarius, ein inzwischen „groß ge pen in anderen Pfarrgemeinden und vie- wordenes Kinderdorfkind“ schreibt über lerlei musikalische Auftritte von uns waren das Jubiläum mit seinen verschiedenen angesagt. Vorbereitungen: Das erste Ziel war aber, dass wir anläss- „Es gab einige Aktivitäten zur Vorberei- lich dieses Dankfestes unser Kinderdorf auf tung. Wir wollten selbst dazu beitragen, Nias bekannt machen wollten und mit den das Fest zu stemmen und haben die Men- Menschen beten und danken wollten. 8 Indonesien
Eine beachtenswerte Sache, bei der Jugendliche vom Kinderdorf sich einsetzten, war die Müllaufräumaktion auf dem Marktgelände und den umliegenden Straßen. Es war erstaunlich, wie sehr sie uns materi- ell und ideell unterstützten. Diese Besuche waren für mich spannend, denn ich erhielt einen Einblick in andere Orte und Gemeinden meiner Heimatinsel und begegnete vielen Menschen und ihren Lebensrealitäten“. Der große Jubiläumsfesttag war Sonntag, der 21. Juli 2019 Bischof Anicetus war eigens zu diesem An- lass nach Nias gereist. Alle Kinderdorfbe- wohner, Freunde und Bekannte, Nachbarn, ehemalige Kinder, als auch Vertreter der Öffentlichkeit sind nach Hiliweto gekom- men, um den Festgottesdienst mitzufeiern und sich über viele Darbietungen der Kin- derdorfkinder, aber auch über die Beiträge Bischof Anicetus erinnert daran, wie Sr. Ingeborg mit vieler Gäste, zu erfreuen. drei Kindern aus dem Kinderheim Tetehösi 1994 in dem neuen Kinderdorf startete. Jubiläumsgottesdienst im Kinderdorf San Antonio. Traditionelle Tänze wurden beim Jubiläum dargeboten. Indonesien 9
Tulus mit seinem Sohn Charles. Herlina mit ihrem Baby. Vielen Kindern ist das Kinderdorf in den Auch 25 Jahre nach der Gründung ist das 25 Jahren zur Heimat geworden; viele sind Kinderdorf ein notwendiger Ort. Weiterhin inzwischen erwachsen und haben eigene soll es möglich sein, dass hier Kinder auf- Familien gegründet. genommen werden können, dass sie Förde- Doch nach wie vor ist die Müttersterblich- rung, Betreuung und Zuwendung erfahren, keit „ein Thema“ auf Nias. Männer, die ihre dass sie eine Heimat finden. Somit verbin- Frauen bei der Geburt eines Kindes verloren den wir mit herzlichem Dank für alle erhal- haben oder auch überforderte Großmütter, tene Hilfe die Hoffnung, dass sich auch in suchen im Kinderdorf einen sicheren Ort für Zukunft Menschen hierzulande von der Not die Babys. der Kinder anrühren, ansprechen lassen. ■ Die Region Sibolga · Franziskanerinnen / Reute Schwestern: 107 Schwestern, davon eine Deutsche. Dazu 14 Novizinnen und 16 Postulantinnen. Stationen: 16 Stationen mit sozial-caritativen und pastoralen Aufgaben: • Sumatra: Padangsidempuan, Pandan, Sibolga, Pangaribuan, Tumbajae, Nagahuta/Pematangsiantar, Medan • Nias: Gunungsitoli, Tetehösi, Hiliweto • Tello • Java: Yogyakarta • Flores: Nangaroro, Mataloko Einrichtungen: Klinik, Polikliniken, Entbindungskliniken, Kindergärten, Kinderdorf mit Säuglings- und Kleinkinderheim (Diözese), Grundschule, Schülerinnenwohnheime (Asramen), Nähschulen, Bildungshaus Nagahuta. Stand: 31.12. 2019 10 Indonesien
Die politische Lage in Indonesien Im April 2019 wählte Indonesien eine neue Regierung Mit 55 % der Stimmen gewann Joko Widodo, genannt „Jokowi“. Es gab keine allzu großen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl und trotzdem wurden in den Medi- en heftige Auseinandersetzungen um den Wahlausgang geführt. Erst als im Oktober die Wahl vom zuständigen Gericht aner- kannt wurde, konnte die Regierung ihre Arbeit aufnehmen. Der „alte“ neue Präsident war klug: Sei- nen größten Gegner, der die Wahl lange angefochten hatte, wurde mit guten Wor- ten und gewinnendem asiatischen Lächeln Joko Widodo, Präsident der Republik Indonesien und zum Verteidigungsminister ernannt. Damit sein Stellvertreter. In der Mitte das Staatswappen. hat er ein wichtiges Ministerium mit einem der größten Einzeletats innerhalb der Re- gierung. Durch Ernennung eines Finanzfachmannes Die Wirtschaft braucht ausländische In- zu seinem Stellvertreter, der ursprünglich vestoren. Diese fürchten nichts mehr als ein hohes Amt innerhalb der Muslime in- Korruption und eine instabile Lage. In der nehatte und ebenfalls sehr ehrlich und Vergangenheit bedienten sich viele Poli- transparent ist, sind die Voraussetzungen tiker mit dem gesamten Familienclan oft für Investoren gut. schamlos am Reichtum des Landes. Dazu sorgten sie mit Schlägertrupps oftmals für Die großen Städte scheinen derzeit beruhigt. Unruhen, um ihre Interessen durchzuset- Auf den weiter entfernten Inseln brodelt es zen. immer wieder, da die „Unruhen in Indone- sien leicht zu entzünden“ sind. Religiöse Jokowi bemüht sich um ein Klima, das der Intoleranz, eigentlich untypisch für Indo- Bevölkerung und den Investoren hilft. Er nesien, wird mit Geld und Manipulation hat seinen Freund, und einstigen Gouver- geschürt. Die Mächtigen hoffen, dass die neur der Hauptstadt Jakarta, zum Präsiden- Menschen, wenn sie um Religion streiten, ten der staatlichen Gas- und Ölförderungs- die Korruption übersehen. Wo es Armut gesellschaft Pertamina ernannt. Der Christ gibt, sind viele käuflich und manipulierbar. Ahok ist ein Mann, der mit Mut, Klugheit und ungewöhnlicher Ehrlichkeit die Ein- Als im Mai 2019 die offiziellen Wahlergeb- nahmen des Staates verwaltet und im Inter- nisse verkündet wurden, rief der Präsident net für Transparenz der Staatsgelder sorgt. die Menschen zu Dankbarkeit und Zufrie- Wiederholt hat er die Ölpreise gesenkt und denheit auf: „Wir haben die Pflicht, dem gewinnt dadurch nun erneut großen Rück- Allmächtigen für seinen Segen und Schutz halt im Volk. für unser Volk zu danken.“ ■ Indonesien 11
Missionarinnen auf Zeit im Kinderdorf Laura und Johanna mit ihrer Begleiterin Sr. Veronika. Johanna mit kleinem Kind im großen Laufstall. Seit August 2019 sind Johanna Wahl und liebenswürdigen Schwestern bei. Hier als Laura Keller als „Missionarinnen auf Zeit“ Ordensfrau tätig zu sein heißt mit Sicher- im Kinderdorf Hiliweto/Nias im Einsatz. heit, Mutter vieler Kinder zu werden. Sie berichten über ihre Erfahrungen: Zumindest die Hausgemeinschaft St. Matias, Johanna erzählt aus ihrer ersten Zeit, in der in der ich seit September arbeite, fühlt sich sie zunächst im Babyhaus, später in einer für mich sehr nach Familie und Zuhause Kinderdorffamilie eingesetzt war: an. Die Kinder leben hier immer zusammen Die Tätigkeit bei Kleinkindern und Babys mit einer Kakak (ältere Schwester), die ge- kann man sich so vorstellen: Kinderbetreu- meinsam mit einer Ordensfrau die Mutter- ung, füttern, wickeln, waschen und alles, rolle übernimmt und sich um die kleine- was eben drum herum ansteht. Die Arbeit ren Kinder kümmert. In meinem jetzigen mit den 17 Kleinen hat mir unglaublich Haus leben Suri, eine sehr nette Zwanzig- viel Spaß gemacht und vor allem die Fort- jährige, Schwester Irene, neun Kinder zwi- schritte beim Krabbeln und Liegen zu be- schen 4 und 15 Jahren und jetzt auch ich. obachten, fand ich sehr spannend. Wobei Mich beeindruckt, dass die Kinder überaus ich mich wahrscheinlich mehr als die Kin- hilfsbereit sind. Das zeigt sich vor allem im der selbst gefreut habe. Bald mussten wir Haushalt, der bei neun Jungen und Mäd- uns von einem der Kinder verabschieden. chen und ohne Waschmaschine viel Zeit in Kristof konnte endlich wieder zu seinen Anspruch nimmt. Selbst die zwei kleinen Eltern nach Hause. Das Kinderdorf steht Jungs Joshua und Elman sind sehr auf- nicht nur elternlosen Kindern offen, son- geweckt und immer motiviert. Zu meiner dern auch Kindern, deren Familien es ge- Freude gefallen den Kindern viele Dinge, rade nicht mehr möglich ist, sie zu versor- die auch mir damals schon großen Spaß gen. Das können finanzielle Gründe sein, gemacht haben. Das heißt lesen, malen, aber auch zum Beispiel, wenn ein Elternteil Musik machen, aber auch Badminton spie- nicht mehr da ist. Trotz der Trennung von len, kicken auf dem eigenen Sportplatz ihren Eltern, scheinen die Kinder hier aber oder als Ninja auf geheimer Mission hinter glücklich zu sein. Dazu tragen, meiner Mei- Suri und mir durch die Küche schleichen. nung nach, neben den sympathischen Mit- Suri ist eine super Köchin und auch wenn arbeiterinnen und Mitarbeitern, auch die es hier immer Reis gibt, schafft sie es, dem 12 Indonesien
Trotz vielen Kindern und viel Wäsche ist Sr. Odilia fröhlich gestimmt. Laura mit Kind. Liebevolle Zuwendung. Essen das gewisse Etwas zu verleihen. Ne- meine Nachmittage meistens mit Spielen ben der Mithilfe im Haushalt gebe ich drei oder Lernen verbracht habe. Die Kinder Mal die Woche Geigenunterricht, und zeige hier lernen stattdessen nach dem Abendes- den Kindern Fechten und andere Dinge. sen noch über eine Stunde. Auch Laura war in der ersten Zeit bei den Obwohl der Tag sehr durchstrukturiert ist kleinen Kindern eingesetzt und erzählt da- und wenig freie Zeit zum Spielen bleibt, von, dass sie die meiste Zeit bei den Kin- scheint es den Kindern an nichts zu feh- dern verbringt. len und sie sind glücklich, ein Zuhause Wenn diese aber schlafen, heißt es Wäsche zu haben. Aber es gibt auch Momente, in versorgen. Man merkt vor allem bei der denen man sieht, dass hier jeder mit einer Kleidung, dass sie meist bis zum Ende und Geschichte kommt. Das ist der schwierigere auch mit Löchern oder Flecken getragen Teil an meiner Arbeit. Ich will den Kindern wird. Der Tagesablauf ist sehr regelmäßig, eine Stütze sein, eine Vertrauensperson, wobei Sr. Odilia versucht, Abwechslung in zu der sie immer kommen können und den Alltag zu bringen. Nachmittags ge- mit der sie über alles reden können. Dabei hen wir zum Beispiel mit den Kindern, die hilft manchmal schon eine einfache Umar- schon laufen können, nach draußen. Wenn mung. Gerade am Anfang war das für mich es morgens nicht regnet oder zu heiß ist, sehr schwierig, aber je länger ich die Kin- essen wir auch mit den Kindern auf der der kenne und mit ihnen zusammen bin, Terrasse Nudeln. Das ist immer ein riesen weiß ich besser, wie ich reagieren muss. Spaß! Denn meist landen die Nudeln nicht In der ersten Woche erzählte mir ein Mäd- im Mund, sondern auf dem Boden, im Ge- chen beim Kochen, dass ihre Eltern und ihr sicht oder an sonstigen Körperstellen. kleiner Bruder tot sind. In diesem Moment konnte ich es zunächst nicht verstehen, wie Ein halbes Jahr später teilt Laura weitere ich diese Info mit einem solch fröhlichen Erfahrungen mit: Ich finde es jeden Tag Kind in Verbindung bringen soll. Und dann aufs Neue beeindruckend, wie viel die Kin- vertraut mir dieses Mädchen weiter an, der im Haushalt helfen. Wenn ich an meine dass sie ihre Mama vermisst. Wie reagiert Schulzeit zurückdenke, muss ich mir ehr- man in einem solchen Moment? Ich habe lich eingestehen, dass ich nicht annähernd sie einfach lange umarmt, bis wieder ein so viel zu Hause geholfen habe, sondern Lächeln auf ihrem Gesicht war. Indonesien 13
Kirche und Glaube Neue Leitung für Indonesien Laura erlebt es so: Ich bin mit dem Leitspruch „Mitleben, Mitbeten und Mitarbeiten“ nach Indonesien ausgesandt worden. Den Aspekt „Mitbeten“ habe ich vor allem in Pandan er- lebt, wo wir immer bei den täglichen Gebe- ten der Schwestern dabei waren. Aber auch im Kinderdorf spielt der Glaube eine große Rolle. Es ist faszinierend, zu sehen, wie intensiv der Glaube hier gelebt wird. Das merkt man meiner Meinung nach am meis- ten daran, wie oft Gottesdienst gefeiert wird. Wir haben hier vier Mal in der Woche Messe und zwei Mal Rosenkranz, bei denen Die im September 2019 neu gewählte Leitung in fast immer alle Kinder dabei sind. Bei der Indonesien sieht sich vor großen Herausforderungen. Sonntagsmesse ist dann noch die restliche Gemeinde mit dabei. Beim 15. Regionalkapitel der Franziskaner Johanna ergänzt: Der Glaube ist im Kinder- innen von Reute, im indonesischen Pandan, dorf überall präsent. Die Selbstverständ wurde im September 2019 eine neue Lei- lichkeit, mit der er im Alltag dazugehört, tung für die Region Sibolga gewählt. beeindruckt mich. In den Gottesdiensten sieht man fast mehr junge als alte Men- Regionaloberin wurde Sr. M Yosefin Naing- schen und die Treffen der katholischen golan; sie war zuvor die Verantwortliche Jugend sorgen dafür, dass die Kirche nicht des Yayasan, des Trägervereins für alle so- nur ein Kontaktpunkt mit Gott ist. zialen Aufgaben der Gemeinschaft. Wir wünschen den beiden jungen Frauen Ihre Vikarin ist Sr. M Hermin Situmorang, weiterhin eine gute Zeit im Einsatz für die sie war bisher Noviziatsleiterin. Kinder und noch viele gute Erfahrungen Weitere Regionalrätinnen sind Sr. M. Karla als Bereicherung für ihr eigenes Leben. ■ Manaö; sie ist Krankenschwester und Heb- amme in der Poli- und Entbindungsklinik in Tetehösi/ Nias, Sr. M. Dominika Nababan; sie arbeitet im Dienst der Diözese Sibolga und ist dort vor allem die Ansprechpart- nerin für das päpstliche Missionswerk der Glaubensverbreitung. Sr. M. Roberta Zalukuh ist Schulleiterin in der Diözesan- schule in Padangsidempuan. In der stetig wachsenden Ordensgemein- schaft sehen sich die Schwestern der Re gio nalleitung vor großen Aufgaben und Herausforderungen. Unter dem Leitwort „Freudig unterwegs mit Christus“ machten sie sich mutig und ver- Johanna mit größeren Kindern. trauensvoll auf den Weg in die Zukunft. ■ 14 Indonesien
Missionshilfswerk MISSIONSHILFSWERK DER KAPUZINER Das „Missionshilfswerk der Kapuziner“ Im täglichen Gebet und in der Feier der wurde zur Unterstützung der weltweiten Eucharistie empfehlen wir Kapuziner Ihre missionarischen Arbeit der Kapuziner ge- Anliegen und die Verstorbenen der Barm- gründet. Die Beiträge der Mitglieder sind herzigkeit Gottes. Auf diese Weise wollen die finanzielle Grundlage unserer Arbeit. wir für Ihre Hilfe danken. Mission ist Weitergabe des Glaubens. Dies bedeutet einerseits den Aufbau einer ein- Sie können auch Spenden geben… heimischen Kirche unter Einbeziehung der • f ür die Ausbildung und den Unterhalt vorhandenen Kultur und Traditionen und eines Katechisten: monatlich 100 Euro. andererseits die Solidarität mit den Armen • f ür die Ausbildung eines Priesters und und Entrechteten. Aus dem Glauben heraus eines Kapuziners: monatlich 50 Euro. wird Nächstenliebe konkret: es werden • f ür die Ausbildung von Schülerinnen Krankenhäuser, Schulen und Behinderten und Schülern in unseren Internaten und heime errichtet, Landwirtschafts- und Men Hauswirtschaftsschulen: monatl. 30 Euro. schenrechtsprojekte werden gefördert… • f ür dringende Soforthilfemaßnahmen Wir Kapuziner der Deutschen Provinz und soziale Notfälle. sind besonders der Kirche in Indonesien, • f ür den Unterhalt der Priester in Form Mexiko, Albanien und Chile verpflichtet. von Messstipendien: mindestens 5 Euro. Sollten Sie den Wunsch haben… Aufnahme in das Missionshilfswerk … unsere Arbeit durch eine Erbschaft zu Wenn Sie Mitglied im Missionshilfswerk unterstützen, melden Sie sich bitte beim werden möchten, können Sie sich an das Missionssekretariat der Kapuziner in Bad Missionssekretariat der Kapuziner in Bad Waldsee (Kloster Reute). Waldsee (Kloster Reute) oder an ein Kapu zinerkloster wenden. Die Mitgliedschaft vermitteln außerdem Förderinnen und För- derer in vielen Gemeinden Deutschlands. Weitere Informationen: Der Jahresbeitrag beträgt 5 Euro. Missionssekretariat der Kapuziner Klostergasse 6 Hilfe für Menschen statt Kranzspende 88339 Bad Waldsee Wenn Sie beim Tod von Verwandten oder Be- Tel. 0 75 24 -708 333 kannten den Angehörigen Ihre Anteilnahme E-Mail: kapuzinermission@kapuziner.org ausdrücken möchten, können Sie statt eines Konto: DKM Darlehnskasse Münster eG Kranzes auch eine Spende für unsere Missi- IBAN: DE75 4006 0265 0003 2141 00 onsarbeit geben (mindestens 20 Euro). Sie BIC: GENODEM1DKM erhalten von uns eine Kondolenzkarte, die Sie den Hinterbliebenen zusenden können. Missionshilfswerk 15
.. GEBURTSTAGE • JUBILAEN Geburtstage ·Jubiläen P. Juan Bauer seit 50 Jahren Priester Am 29. Juni 1969 wurde mission nach Chile. 2019 feierte er in seiner P. Juan Bauer zum Priester Heimat das goldene Priesterjubiläum. geweiht. Fünf Jahre später Im Abschnitt über Chile lesen Sie mehr über den ging er in die Araukaner- Jubilar. galt er als Spätberufener. 1955 legte er die ein- Bischof Sixtus fache Profess ab. Nach dem Studium folgte am Parzinger feiert 29. Juni 1960 die Priesterweihe in Freising, die Doppeljubiläum er gemeinsam mit seinem leiblichen Bruder An- ton empfing. Keine fünf Jahre später brach er 2020 feiert Bischof Sixtus nach Chile auf, wo er zunächst als Spiritual und Parzinger das eiserne Or- Pfarrseelsorger tätig war. U. a. engagierte er sich dens- und das diamantene für die Lehrer, die aus der Missionsarbeit der Priesterjubiläum. Geboren Kapuziner hervorgegangen sind. Am 15. März in Tirol, wuchs er im Kreis 1978 wurde er in Villarica zum Bischof geweiht. Laufen in Oberbayern auf. Nach dem Abitur trat Das damalige Apostolische Vikariat wurde 2002 er 23-jährig in den Kapuzinerorden ein. Damals zur Diözese erhoben. 16 Geburtstage · Jubiläen
Ein Leben lang heimatverbunden – Dr. Stephan Bago medizinisch geholfen, jetzt jedoch wollte er mehr tun. Auf Anraten von guten Freun- den und Nachbarn gründete er den Verein HUT AB ! „Freundeskreis Indonesienhilfe“. Auf der ei- nen Seite um Spenden zu bündeln und Hilfe unbürokratisch nach Indonesien zu bringen, auf der anderen Seite um Spendenbeschei- nigungen ausstellen zu können. Mit den Mit Hilfe der Kapuziner von Münster hat- zahlreichen und oft großzügigen Spenden, te der damals 24-jährige Indonesier, Dr. welche zu 100% in Indonesien ankommen, Stephan Bago, ein Wagnis auf sich ge- werden Schüler, Studenten und Familien un- nommen und war 1966 nach Deutschland terstützt sowie medizinische Hilfe finanziert. gekommen, um dort Medizin zu studieren. Bei seinen jährlichen Reisen, immer in Be- Anfangs hätte sich Dr. Bago sicherlich nicht gleitung von Kollegen und Helfern, kann vorstellen können in Deutschland Wurzeln sich Dr. Bago Gott sei Dank auf die große zu schlagen. Über Umwege jedoch fand er Hilfe der Franziskanerinnen von Reute ver- hier seine Frau und gründete eine Familie, lassen. Angefangen vom regen Austausch um sich schließlich in Oberschwaben als mit der Missionsprokur in Reute, der Hilfe der Orthopäde niederzulassen und die deutsche Schwestern in Indonesien selbst bis hin zur Staatsbürgerschaft anzunehmen. stets allumfassenden Fürsorge von Schwes- Seine alte Heimat und seine Heimatinsel ter Ingeborg Meroth direkt in der Schwes- Pulau Tello hat er trotzdem nie vergessen. ternstation St. Raphael, Pulau Tello. Mit die- Als 2004 der Tsunami Indonesien verwüs- sem Fels als Anker kann Dr. Bago hoffentlich tete, beschloss Dr. Bago etwas zurückzuge- noch viele Jahre in Indonesien karitativ und ben. Zuvor hatte er auf seinen Heimatreisen medizinisch tätig sein! Von Seiten der Franziskanerinnen von Reute ein ganz großes Vergelts Gott an Dr. Bago samt Familie für diese Verbundenheit über Jahrzehnte hinweg, für seine unendlich große Hilfsbereitschaft! Und wir teilen den Wunsch, dass das „bewährte Team“ in der Dr. Stephan Bago mit seinem Sohn, ebenfalls Arzt, im OP Klinik auf Tello noch lange für viele Kranke von Tello. ein Segen sein kann. ■ Hut ab 17
Albanien Albanien Albanien Kirche aus lebendigen Steinen 25 Jahre Missionsstation in Fushë-Arrëz / Albanien Seit über 10 Jahren arbeitet Br. Andreas Waltermann in Fushë- Arrëz, Albanien. Die Missionsstation selbst feiert in diesem Jahr bereits ihr 25-jähriges Bestehen. Am 26. April 1995 kamen die beiden Bedingungen Zwangsarbeit leisten musste. deutschen Franziskanerinnen Sr. Gratias Papst Franziskus hat ihn 2016 zum Kardi- Ruf und Sr. Bernadette Ebenhoch in nal erhoben. die heruntergekommene kommunistische Die Schwestern begannen mit Kinder- und Arbeiterstadt im Nordosten Albaniens. Jugendarbeit und gaben Religionsunter- Br. Andreas berichtet zum Jubiläum über richt. Von Anfang an organisierten sie das Wirken der Kirche an diesem Ort und Lebensmittel, Bekleidung, Matratzen und blickt in die Zukunft. andere soziale Hilfen. Mit Unterstützung aus Italien konnte die jetzige Missionssta Fushë-Arrëz entstand 1953 auf dem Reiß- tion gebaut werden. Ein integrativer Kin- brett. Hier sollten Menschen aus den um- dergarten folgte. liegenden Dörfern Arbeit finden. Damals Nachdem sich das kirchliche Leben in Fushë- hatte das Städtchen ca. 9.500 Einwohner. Arrëz etabliert hatte, konnte 2005 die Eine Kirche war nicht geplant. Im stali- Pfarrkirche St. Josef eingeweiht werden. nistischen Albanien sollte eine Stadt ohne Sie überragt heute mit ihren beiden Türmen Gott entstehen. Fushë-Arrëz und die um- die schäbigen Wohnblocks der Stadt. Die liegenden Dörfer sind bis heute sehr arm Kirchengemeinde ist lebendig. Es gibt v iele und fast niemand wollte freiwillig dorthin Ministranten und Lektoren, einen Chor, gehen. Nur die deutschen Schwestern, die über 20 Katechisten und weitere Helfer. der Einladung des Bischofs folgten. Unter- Am 18. Oktober 2008 kam ich als Kapu- stützt wurden sie in der Anfangszeit von ziner und Priester nach Fushë-Arrëz. Der Don Ernest Troshani, einem albanischen Pfarrei wurden bald weitere Gemeinden Priester, der fast dreißig Jahre im Straflager hinzugefügt. Zum Pfarrgebiet mit einem der Kommunisten unter unmenschlichen Durchmesser von 70 Kilometern gehören 18 Albanien
Nicht alle Dörfer haben ein Gotteshaus, trotzdem ist die Kirche lebendig. heute neben der Kleinstadt Fushë-Arrëz 22 4.500 Katholiken. Die Infrastruktur, wie z. B. arme Bergdörfer. In den kleinen Dörfern Straßen, Bewässerungskanäle und Strom- sind wir zweimal monatlich mit Katechese versorgung, verschlechtert sich immer mehr. und einmal im Monat mit einer Eucharis- In den meisten Dörfern gibt es keine Schule tiefeier präsent, in Breg und Kreyezi feiern und keinen Laden. Der Staat investiert fast wir alle 14 Tage Gottesdienst und in der nichts in die Bergregion um Fushë-Arrëz, Hauptpfarrei Fushë-Arrëz jeden Sonntag. die als die ärmste in Albanien gilt. Dafür ist Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit be die Korruption allgegenwärtig. wirken gerade einen erneuten Umbruch Für die meisten Menschen ist die Kirche im Leben unserer Region. Viele Bewohner der einzige Hoffnungsträger. Wenn etwa ziehen weg, die Dörfer entvölkern sich zu- in einem Dorf ein Haus abbrennt und die sehends, es gibt immer weniger Kinder und Kommune nicht mehr als eine symbolische es werden kaum noch Familien gegründet. Spende anbietet. Wenn jemand ins Kranken- Oft bleiben nur die Alten, Behinderten und haus muss und die Sozialhilfe nicht einmal Menschen, die zu arm sind zum Umziehen. für den Krankentransport nach Puka reicht. Jugendliche sehen in ihrer Heimat kaum Wenn ein begabter Schüler kein Abitur ma- noch eine Chance. In den letzten 15 Jah- chen kann, weil die Eltern zu arm sind. ren ist die Bevölkerung in Fushë-Arrëz um Seit Jahren unterstützen uns sehr viele mehr als 6.000 Menschen geschrumpft. Einzelpersonen, Pfarrgemeinden, Vereine In unserem großen Pfarrgebiet leben jetzt und Gruppen aus Deutschland und Öster- Männer tragen Dachlatten nach Mit seinem Schweineprojekt unterstützt Lebensmittelspenden werden verteilt. Hause und machen die Häuser Br. Andreas Familien. winterfest. Albanien 19
reich. Nur deshalb können wir Menschen vergessenen Bergregion in den nächsten in Notsituationen unterstützen. Wir bauen Jahren aussehen? Seit September bieten Häuser, reparieren Dächer, zahlen Aus- wir für mehrere Dörfer gemeinsamen Re- bildungshilfen, helfen beim Transport ins ligionsunterricht an. Das wird auf Dauer Krankenhaus. Ich bin sehr dankbar für die auch bei den Gottesdiensten geschehen. vielen Menschen, die unsere Arbeit hier Dafür wollen wir die Arbeit mit jungen Fa- mittragen. milien und mit Erwachsenen verstärken. Seit 2016 leben nur Sr. Gratias und ich dauer In Zukunft werden wir immer mehr auf haft auf der Missionsstation. Zwischenzeit- die Zusammenarbeit mit Laien angewiesen lich war auch Br. Jens Kusenberg aus der sein. Da ist unser Bistum mit den derzeit deutschen Kapuzinerprovinz acht Monate 15 hauptamtlichen Pastoralassistenten auf lang hier. Sr. Gratias ist bei guter Gesund- einem guten Weg. Mit einem von ihnen, heit, aber mittlerweile 78 Jahre alt und ich Franc Doda, arbeite ich täglich eng zusam- bin 62. Wir halten seit über einem Jahr men. erfolglos Ausschau nach einer anderen Am 26. April 2020 begehen wir die Grün- franziskanischen Schwesterngemeinschaft. dung der Missionsstation vor 25 Jahren Vonseiten der Kapuziner verstärkt Br. Chris- und damit den Wiederbeginn kirchlichen tian Albert pünktlich zum Silberjubiläum Lebens nach der Zeit des brutalen Kom- der Missionsstation unsere Präsenz. munismus in Albanien. Das ist ein Grund Wie können wir in Zukunft Menschen für zu feiern und zu danken: Gott, dem Geber ein Leben als Christen und für den Glauben alles Guten, der uns Menschen mit seinem an Gott und seine Liebe gewinnen? Welche missionarischen Geist bewegt, und den vie- Veränderungen sind notwendig, um das re- len Menschen, die uns mit ihrem Gebet und ligiöse Leben bei aller Schwere des Alltags ihrer Solidarität begleiten und unterstüt- zu fördern? Wie wird die Pastoral in dieser zen. Gehen wir mutig in die Zukunft. ■ Wohncontainer für Erdbebenopfer Vom Erdbeben zerstörte Häuser. Wohncontainer für Erdbebenopfer. In der neuen Bleibe. Es war das schwerste Erdbeben in Albanien Arbeit der Ordensschwestern Christina und seit Jahrzehnten, das am 26. November Michaela unterstützt, die sich in den Dör- 2019 den kleinen Balkanstaat mit einer fern bei Thumane um obdachlos gewordene Stärke von 6,4 getroffen hatte. Es gab ca. Familien kümmerten. Verbandsmaterial und 50 Todesopfer, viele Verletzte und Schäden Medikamente hatte Br. Andreas bereits un- an zahlreichen Häusern. Bruder Andreas mittelbar nach dem Beben in die Unglücks- Waltermann hat mit Spendengeldern fünf region geschickt. Allen Spenderinnen und Wohncontainer angeschafft und damit die Spendern ein herzliches Dankeschön. ■ 20 Albanien
Br. Christian Albert geht nach Albanien schaft. In Münster absolvierte er eine zu- sätzliche Ausbildung zum Koch, bevor er Sobald die Corona-Krise es erlaubt, wird nach Stühlingen (Südschwarzwald) kam. Br. Christian Albert zum missionarischen Ein Auslandsjahr führte ihn ins lateiname- Dienst nach Albanien aufbrechen. Der rikanische Peru. Dort arbeitete er in Lima 34-jährige Ordensmann entschied sich in einem Kinderheim. 2018 startete Bru- nach einer Ausbildung zum Bankkauf- der Christian das Projekt podkap, um vor mann 2008 für ein Leben als Kapuziner. Im allem junge Menschen am Glauben und Orden war er an verschiedenen Stationen, Leben der Kapuziner teilhaben zu lassen. u. a. in Brig in der Schweiz, in Salzburg In Zukunft wird er hoffentlich regelmäßig und Münster. Kochen ist seine Leiden- aus Albanien berichten. ■ Nachrichten NACHRICHTEN AUS DEUTSCHLAND Neue Provinzleitung mit Sitz in Rom. Ebenfalls in den Provinz- Die deutschen Kapuziner haben auf ihrem rat wurden gewählt: Br. Bernd Beermann, Provinzkapitel, Anfang Juni 2019 im Klos- Br. Norbert Schlenker und Br. Stefan Wal- ter Reute, Br. Christophorus Goedereis zum ser. Br. Bernd war in Genf bei Franciscans neuen Provinzial gewählt. Er hatte dieses International für Umweltfragen zuständig, Amt bereits von 2004 – 2013 inne. Sein danach im Generalat der Kapuziner für Stellvertreter, Br. Helmut Rakowski, war den Bereich Gerechtigkeit, Frieden und von 1991 – 1999 Seelsorger in der Indioge Bewahrung der Schöpfung. Br. Norbert meinde San Mateo Peñasco in Südmexiko. ist der stellvertretende Wallfahrtsleiter Nach seiner Rückkehr war er zunächst Mis- von Deutschlands größtem Wallfahrtsort sionssekretär in Münster und dann von Altötting und Br. Stefan setzt sich neben 2003 – 2013 Generalsekretär für die mis- der theologischen Lehrtätigkeit u. a. für die sionarische Arbeit der Kapuziner weltweit Berufungspastoral ein. ■ Die neue Leitung der Deutschen Kapuziner (v.l.n.r.): Br. Norbert Schlenker, Br. Helmut Rakowski, Br. Pio Murat (Generalrat), Br. Christophorus Goedereis, Br. Bernd Beermann, Br. Stefan Walser. Deutschland 21
Nachrichten NACHRICHTEN AUS DEUTSCHLAND UN-Auszeichnung Br. Jeremias unterstützt Kapuziner- für Klostergarten Münster gemeinschaft am Jakobsweg „Dieser Garten ist ein Geschenk“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die am 2. Februar 2020 die Auszeichnung der UN-Dekade für biologische Vielfalt für den Klostergarten der Kapuziner in Münster verlieh. Neben mehr als 150 verschiedenen Kräutern finden auf der 1,5 Hektar großen Fläche auch alte, regionale und inzwischen selten gewordene Obstsorten ihren Platz. Außerdem gibt es bienenfreundliche Wie- sen, Nisthilfen für Vögel, Totholzecken für Insekten, Igel und andere Kleintiere. Bis Br. Jeremias Borgards wird in Zukunft in heute werden Menschen mit körperlichen der europäischen Kapuzinergemeinschaft oder geistigen Einschränkungen in die in León / Spanien leben. Die Brüder aus Gartenpflege miteinbezogen. Zudem wer- verschiedenen Ländern kümmern sich am den Kinder, Jugendliche und Erwachsene Jakobsweg um Pilger und begleiten ver- für einen wertschätzenden Umgang mit der schiedene soziale Projekte. Natur sensibilisiert und ökologisches Wis- Der gebürtige Oberhausener war seit 2013 sen vermittelt. ■ in Altötting tätig, zunächst in der Beru- fungspastoral, dann als Wallfahrtsseelsor- ger. Besonders engagierte sich der gelernte Krankenpfleger für Geflüchtete und beglei- tete junge Menschen, die bei den Kapuzi- nern Kirchenasyl gefunden hatten. ■ Missionare auf Heimaturlaub Im Sommer 2019 waren mehrere Missio- nare zum Heimatbesuch in Deutschland. Br. Martinian Grützner und P. Theophil Odenthal kamen aus Indonesien. P. Juan Bauer aus Chile feierte in der Heimat sein goldenes Priesterjubiläum. Wir gratulieren von Herzen und wünschen allen Missiona- ren Gottes Kraft und Segen. ■ Bundesumweltministerin mit Bruder Bernd bei der Besichtigung des Klostergartens. 22 Deutschland
Berufungen BERUFUNGEN IN INDONESIEN & DEUTSCHLAND Nias / Indonesien seinem Schweizer Mitbruder Pascal Mettler Drei Kapuziner und ein Weltpriester wur- die zeitlichen Ordensgelübde ab. 150 Fest- den am 14. Mai 2019 in Gunung Sitoli gäste aus dem gesamten deutschsprachigen (Nias) zum Priester geweiht. Raum kamen in die gut gefüllte Kapuzi Ende Juni 2019 begannen 12 junge Män- nerkirche, zahlreiche weitere verfolgten die ner ihr Postulat ebenfalls in Gunung Si- Feier via YouTube-Livestream. Die Brüder toli. Knapp drei Wochen danach mussten Julian und Pascal studieren seit Oktober bereits zwei von ihnen wegen einer Hepa- 2019 in Münster Theologie. Br. Andreas titiserkrankung nach Hause zurückkehren. Mayer aus Österreich gehört auch zur Juni- Gelbsucht ist aufgrund der hygienischen oratsgemeinschaft. Verhältnisse auf Nias noch weit verbreitet. Am 21. September 2019 wurde am Grün- Erst im Kloster wurde die Krankheit erkannt dungsort der Kapuziner in Camerino/ Ita- und kann nun behandelt werden. Ebenfalls lien Br. Michael Masseo Maldacker einge- in Gunung Sitoli wurden im Juli 2019 sie- kleidet. Mit ihm absolviert zum ersten Mal ben neue Novizen eingekleidet. Mit ihnen ein Ordenskandidat aus Deutschland sein wurde das erste Noviziat auf Nias eröffnet. Noviziatsjahr außerhalb des deutschsprachi- gen Raumes. Das internationale Noviziat in Sibolga / Indonesien Camerino ist ein wichtiger Schritt beim Zu- sammenwachsen des Ordens in Europa. Am 20. Juli 2019 legten vier Mitbrüder ihre Am 28. September band sich Br. Jens Ku- feierliche Profess in Sipea-pea ab, im August senberg in Münster mit den ewigen Gelüb- banden sich 14 Novizen mit zeitlichen Gelüb- den für immer an die Kapuziner. Br. Jens den für drei Jahre an den Orden. Im Herbst stammt aus Oberhausen und hatte vor sei- wurden mehrere Brüder zu Diakonen geweiht. nem Ordenseintritt ein Lehramtsstudium abgeschlossen. Nach der Diakonenweihe Deutschland am 12. Oktober begann für ihn ein Pasto- Am 7. September 2019 legte im Noviziats- ralpraktikum in Frankfurt. kloster Salzburg Br. Julian Kendziora (24) Ebenfalls in Münster nahm zum Franziskus- aus Dorsten bei Münster gemeinsam mit fest Provinzial Br. Christophorus Goedereis drei junge Männer ins Postulat der Deut- schen Kapuzinerpro- vinz auf. In diesem ersten Ausbildungs- jahr lernen die Kan- didaten verschiedene Klöster kennen und erhalten eine erste Einführung ins Or- densleben. ■ Br. Jens bei seiner ewigen Profess Postulatsaufnahme 2019 in Münster. in der Kapuzinerkirche Münster. Indonesien I Deutschland 23
Chile Chile Chile Zwischen Mut und Staunen Zum goldenen Priesterjubiläum des Chilemissionars Juan Bauer Am 29. Juni 1969 wurde P. Juan Bauer zum Priester geweiht. Fünf Jahre später ging er in die Araukanermission nach Chile. Im vergangenen Sommer hielt P. Othmar Noggler die Festpredigt bei dessen goldenem Priesterjubiläum. Wir zitieren daraus: Als P. Juan vor 45 Jahren in die Mission eine Berufung zum Kapuziner wurde mit- nach Araukanien/Chile ging, wusste er sich getragen. Dafür musste der Volksschüler der ursprünglichen Bevölkerung des Lan- Hans Bauer zunächst jedoch nach Dillingen des, ob christlich oder nicht, besonders ver- aufbrechen. Später wechselte er nach Re- pflichtet. Er begegnete dabei dem Volk der gensburg, wo im Eingangsbereich des Ka- Mapuche, dem von der Republik Chile sein puzinerseminars eine Missionsausstellung Land und seine Würde geraubt worden war. die faszinierende Welt Araukaniens zeigte. Ihm sollte endlich der Platz als Volk einge- Täglich ging der Gymnasiast an den Figu- räumt werden, der ihm in der Kirche und in ren einer Familie in typischer Kleidung, an der chilenischen Gesellschaft zusteht. einem präparierten Condor und einem aus- Die Kapuziner hatte P. Juan schon auf dem gestopften Puma vorbei. Vielleicht wurde elterlichen Hof in Böhmfeld bei Eichstätt hier der Wunsch geweckt, all das in der kennengelernt. Dort, beim „Kapuzinerbauer“, Realität zu erleben. lagerten die Sammelbrüder die erhaltenen Spenden zwischen, die dann mit dem elter- Nach dem Abitur folgte der Eintritt in den lichen Fuhrwerk ins Kapuzinerkloster Eich- Orden. Aus Hans wurde Frater Gerhard, stätt gebracht wurden. Für den Bauernbu- dann kam das Studium und schließlich ben eine Gelegenheit, Stadt und Kapuziner 1969 in Eichstätt die Priesterweihe. Da- zu erkunden. Für die Eltern von neun Kin- mals lag in der bayrischen Kapuzinerpro- dern war klar, dass nur eines ihrer Kinder vinz die „Araukanermission“ immer noch den Hof übernehmen kann, die anderen ei- in der Luft. Das Apostolische Vikariat hatte nen Beruf erlernen mussten. Ein Studium sich insgesamt gut entwickelt. Pastorale war durchaus eine Möglichkeit und auch und soziale Dienste waren erfolgreich. Und 24 Chile
P. Juan im Gespräch mit Lehrerinnen und Studierenden einer Schule des Vikariates. der Zeit voraus, fanden sich Frauen und Bedeutung. Mit dem „Vikariat der Solida- Männer, die auch ohne sonntägliche Messe rität“ bot die Kirche juristischen Beistand Gemeinden geistlich lebendig hielten. Auch für Verfolgte durch die Militärregierung, das erst 1958 geschaffene Noviziat für Hilfe für Gefangene, technisch und wirt- Kapuziner zeigte erste Früchte. Als letzter schaftliche Unterstützung für die Familien bayerischer Kapuziner brach P. Gerhard Inhaftierter, Hilfe bei der Suche nach Ver- Bauer nach Chile auf. schwundenen. Als die Regierung Pinochet Indianerland, das bis dahin geschützt war, Seine Vorbereitung als Missionar bei den zum Kauf freigab, reagierten die Bischöfe Mapuche-Indianern bekam er in Kenia und mit einem deutlichen Hirtenbrief, unter Tansania, wo er mit der „Bantu-Philoso- ihnen auch der Apostolische Vikar von phie“ des Franziskaners Placides Tempels Araukanien, Bischof Sixtus Parzinger. in Berührung kam. Dieser hatte 1945 in einem bahnbrechenden Buch ein generelles P. Juan, wie er jetzt in Chile heißt, hat sich Umdenken von Europäern, auch von Mis- in dieser Zeit ebenfalls durch Mut ausge- sionaren, in der Begegnung mit einheimi- zeichnet: Als einem Exilchilenen, der als schen, schriftlosen Völkern gefordert. Für Fotograf und Designer für den sozialisti- den künftigen Indianermissionar ein wich- schen Präsidenten Allende Plakate gestaltet tiger Hinweis, besonders für seine Begeg- hatte, in Deutschland der Antrag auf poli- nung mit dem Mapuchevolk. tisches Asyl abgelehnt wurde, zögerte Juan Bauer nicht, in der deutschen Botschaft auf Sein Einsatz in Chile begann kurz nach dem die Gefahr für Leib und Leben des Geflüch- Putsch des Generals Pinochet in einer von teten aufmerksam zu machen. Nicht unge- Angst und gegenseitigem Misstrauen ver- fährlich bei den damaligen Verhältnissen. gifteten Zeit. Im Kampf gegen den Kommu- nismus schien - von Washington unterstützt Juan Bauer ist tief beeindruckt von der in- - jegliche Scheußlichkeit gerechtfertigt. dianischen Spiritualität, die in der Verbin- dung mit der Botschaft Jesu eine fruchtba- Für die Kirche Chiles war es auch eine re Zukunft für das Individuum wie für das Zeit, auf die sie stolz sein darf. Die 1968 ganze Volk Chiles bieten kann. Ein prägen- in Medellín formulierte „vorrangige Option des Erlebnis war für ihn die Initiationsfeier für die Armen“ hatte in Chile durch den einer jungen Frau als Machi. Machis wissen Staatsstreich Pinochets 1973 eine besondere sich in erster Linie für das geistige Wohl Chile 25
Chile CHILE einer Region, einer Großfamilie, zuständig Schweizern, Mapuche, Hulliche und Chile- und verbinden mit ihrem morgendlichen nen zu der einen, chilenischen Kapuziner Beten die irdische Gemeinschaft mit dem provinz. Himmel. An ihrer Berufung haben auch Missionare der ersten Generation aus Bayern Wo immer Juan Bauer auch wirkt und nicht gezweifelt und zudem gerne ihre heil- welche Aufgabe er hat: Als Priester und kundlichen Dienste in Anspruch genom- Missionar wirbt er in franziskanischer men. Besonders nachdenklich stimmte den Bescheidenheit mit dem Gedanken des Neuling aber eine fast zufällige Begegnung hl. Paulus für die Einheit in Vielfalt: „Ihr mit einer Machi. Sie war feierlich gekleidet alle seid einer in Christus.“ ■ und auf dem Weg zur Messe . P. Juan kam mit ihr ins Gespräch und fragte nebenbei, ob sie verheiratet sei. Die Antwort klingt in ihm bis heute nach: „Ich habe nicht gehei- ratet, denn ich bin berufen, die Krankheiten und Leiden meines Volkes zu heilen.“ In der Pfarrei Padre Las Casas begann unser Missionar seinen Dienst. Später wirkt er in verschiedenen Pfarreien, als Oberer im Or- den, kommt glaubhaft mit seinen Mitbrü- dern gut zurecht. Als der Generalminister Pascal Rywalski mit Chile das erste multi kulturelle Gebilde einer Kapuzinerprovinz in Angriff nimmt, erhält er wohl seine hei- Dankbar für 50 Priesterjahre entzündet Juan Bauer eine kelste Aufgabe: Die Zusammenführung von Kerze in St. Anton in München. Hier war er vor seinem Bayern, Spaniern, Belgiern, Niederländern, Aufbruch nach Chile stationiert. Kirche und Staat in Chile vor großen Herausforderungen Reiseeindrücke von Br. Marinus Mit dem Provinzkapitel 2019 endete die Drei Wochen durfte ich zum Abschluss sechsjährige Amtszeit von Br. Marinus meiner Sabbatzeit durch Chile reisen. Es be- Parzinger als Provinzial. Bevor er neue gann in Pucón, wo wir den 90. Geburtstag Aufgaben in Altötting übernahm, konnte er von Br. Severiano, dem ersten Mapuche- sich zunächst an Leib und Seele erneuern. In Priester in unseren Reihen, mitfeierten. seiner Sabbatzeit reiste Br. Marinus auch Br. Juan Bauer hatte uns am neuen Flug- nach Chile, um dort u. a. seinen Onkel hafen in Temuco abgeholt. Wie gewohnt Bischof Sixtus Parzinger zu besuchen, hat er sich viel Zeit genommen und sich der 2020 sein 65-jähriges Ordens- und als guter Führer und „Reiseleiter“ gezeigt. 60-jähriges Priesterjubiläum feiert. Beim Besuch einer Reihe von ehemaligen 26 Chile
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