KFW-GRÜNDUNGSMONITOR 2022 GRÜNDUNGSTÄTIGKEIT 2021 ZURÜCK - AUF VORKRISENNIVEAU: MEHR CHANCENGRÜNDUNGEN, MEHR JÜNGERE, MEHR GRÜNDERINNEN
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KfW Research KfW-Gründungsmonitor 2022 Gründungstätigkeit 2021 zurück auf Vorkrisenniveau: mehr Chancengründungen, mehr Jüngere, mehr Gründerinnen
Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Autor Dr. Georg Metzger, KfW Bankengruppe Telefon 069 7431-9717 ISSN 1867 1489 Copyright Titelbild Quelle: Getty Images / Fotograf Datacraft Co Ltd Frankfurt am Main, Mai 2022
Gründungstätigkeit 2021 zurück auf Vorkrisenniveau: mehr Chancengründungen, mehr Jüngere, mehr Gründerinnen Gründungstätigkeit in Deutschland steigt sowohl Zahl der Existenzgründungen gestiegen im Voll- als auch im Nebenerwerb Die Gründungstätigkeit in Deutschland ist nach dem Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat im Jahr Corona-Knick 2020 im Jahr 2021 wieder auf das 2021 den Rückgang des Jahres 2020 wettgemacht und Vorkrisenniveau gestiegen. Mit 607.000 Existenz- liegt wieder auf dem Niveau von vor dem Ausbruch der gründungen haben sich 70.000 bzw. 13 % mehr Corona-Pandemie. Mit 607.000 Existenzgründungen Menschen selbstständig gemacht als 2020. Es gab haben sich 70.000 mehr Menschen selbstständig ge- sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb einen An- macht als 2020. Das entspricht einem Plus von 13 %. stieg der Gründungstätigkeit. Ausgehend von ihrem Die Gründungsquote ist auf 119 Gründungen je im Jahr 2020 erreichten bisherigen Tiefpunkt legte 10.000 Menschen im Alter von 18–64 Jahren gestiegen die Zahl der Vollerwerbsgründungen auf 236.000 zu (2020: 104, Grafik 1). (+35.000+18 %), die Zahl der Nebenerwerbsgrün- dungen auf 371.000 (+35.00010 %). Die Gründungstätigkeit ist sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb angestiegen. Ausgehend von ihrem im Mehr Geschäftsgelegenheiten werden realisiert Jahr 2020 erreichten bisherigen Tiefpunkt legte die Wie bereits im ersten Corona-Jahr ist der Anteil von Zahl der Vollerwerbsgründungen auf 236.000 zu Gründungen zur Wahrnehmung einer Geschäftsge- (+35.000+18 %), die Zahl der Nebenerwerbsgründun- legenheit gestiegen. Ihr Anteil erhöhte sich 2021 er- gen auf 371.000 (+35.00010 %). neut auf nun 82 %, die Zahl dieser Chancengrün- dungen nahm auf 498.000 zu. Gründungen aus Der Ausbruch der Corona-Krise im Jahr 2020 hatte Mangel an besseren Erwerbsalternativen bleiben mit massive Auswirkungen auf die Gründungstätigkeit in 91.000 (15 %) im Tief. Deutschland. Es wurden sowohl viel seltener Gründun- gen geplant als auch deutlich weniger Gründungen re- Zahl der Gründerinnen legt zu alisiert. Die Gründungspläne der nicht realisierten Nachdem sich die Zahl der Gründerinnen drei Jahre Gründungen bleiben dabei aber häufig bestehen und lang kaum veränderte, ist sie im vergangenen Jahr wurden nur krisenbedingt auf Eis gelegt. Sie bildeten überdurchschnittlich stark gestiegen. So setzten also eine gute Ausgangsbasis. Folglich war tatsächlich 2021 257.000 Frauen eine Existenzgründung um von einem Anstieg der Gründungstätigkeit 2021 auszu- (+52.000+25 %). Die Zahl der Gründer legte auf gehen. 350.000 zu (+18.000+5 %). Der Gründerinnenanteil hat sich somit auf 42 % erhöht (2020: 38 %). Insbe- Grafik 1: Gründungsquote steigt auf 119 sondere jüngere Frauen trugen dazu bei. Der Anteil der unter 30-Jährigen ist im Jahresvergleich von 28 Gründungsquote (Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige) auf 37 % gestiegen. 276 Mehr digitale und internetbasierte Gründungen Die Corona-Pandemie hat die Schwächen traditio- 150 neller Geschäftsmodelle schonungslos offengelegt. 126 119 Gründerinnen und Gründer haben darauf offensicht- 100 72 lich reagiert: Deutlich mehr Gründungen sind digital 46 und internetbasiert. Mit Anteilen von 31 % digitalen und 41 % internetbasierten Gründungen gipfelten die 2002 2005 2010 2015 '20 '21 bereits seit Jahren positiven Trends 2021 in ihren Existenzgründungen, davon: bisherigen Höchstwerten. Vollerwerb Nebenerwerb Erwerbsfähige: Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahre. Ausblick 2022 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Trotz sinkender Planungsquote ist zu erwarten, dass sich die Gründungstätigkeit 2022 auf einem ähnli- chen Niveau bewegt wie 2021. Seite 1
KfW Research Selbstständigkeit gibt, hängt maßgeblich von Anzahl Box 1: Der KfW-Gründungsmonitor und Güte der offenen Stellen auf dem Arbeitsmarkt ab, Der KfW-Gründungsmonitor basiert auf Angaben die den eigenen Ansprüchen an beispielsweise Ver- von 50.000 zufällig ausgewählten, in Deutschland dienst, Unabhängigkeit oder Karriere genügen. Solche ansässigen Personen. Sie werden jährlich im Rah- Gründungen können daher sowohl durch tatsächlich men einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung fehlende Alternativen „erzwungen“ sein als auch zu- interviewt. Gründer werden dabei breit erfasst: Ob stande kommen, weil bspw. aufgrund der eigenen An- im Voll- oder Nebenerwerb, ob Freiberufler oder Ge- sprüche an die berufliche Arbeit die Selbstständigkeit werbetreibender, ob Neugründung oder Übernahme. grundsätzlich als die bessere Alternative angesehen Der KfW-Gründungsmonitor liefert damit ein umfas- wird. Dann dürfte die Selbstständigkeit auch der eigent- sendes Bild der Gründungstätigkeit in Deutschland. lichen Präferenz der Gründerinnen und Gründer ent- sprechen. Bei etwas mehr als der Hälfte der Bedarfs- Erneut mehr Chancengründungen gründungen ist das so. Das ergibt sich aus der Frage, Die coronabedingte Unsicherheit hat viele Gründungs- ob die Gründerinnen und Gründer unabhängig von ih- interessierte dazu veranlasst bereits in sehr frühen rer aktuellen persönlichen Situation, lieber angestellt Phasen von einer Gründung oder Gründungsplanung oder selbstständig sein würden. Dagegen haben sich abzusehen. Es haben also in höherem Maße Personen bei den Bedarfsgründungen etwa vier von zehn selbst- gegründet, die ein besonders starkes Vertrauen in ihre ständig gemacht, obwohl sie eine Anstellung bevorzu- Gründung hatten. Das hat sich bereits 2020 im hohen gen. Bei ihnen dürfte tatsächlich eher ein echter Man- Anteil von Gründungen zur Wahrnehmung einer Ge- gel an Erwerbsalternativen vorgelegen haben. schäftsgelegenheit niedergeschlagen (80 %). Ihr Anteil hat sich 2021 auf 82 % weiter erhöht (Grafik 2), womit Umgekehrt bevorzugen die Gründerinnen und Gründer die Zahl dieser Chancengründungen auf 498.000 zu- bei jeder fünften Chancengründung eigentlich ange- nahm (2020:428.000). Volkswirtschaftlich ist das eine stellt zu sein. Dies erscheint zunächst widersprüchlich, gute Nachricht, weil Chancengründungen im Durch- da sie schließlich freiwillig eine Geschäftsgelegenheit schnitt bestandsfester1 und beschäftigungsintensiver wahrnehmen. Ein Blick auf die Art der Selbstständigkeit sind. Gründungen aus Mangel an besseren Erwerbsal- klärt aber auf: neun von zehn dieser Gründungen sind ternativen („Bedarfsgründungen“) bleiben dagegen so- Nebenerwerbsgründungen. Hier wird also eine Ge- wohl relativ (15 %) als auch absolut (91.000) im Tief. schäftsgelegenheit wahrgenommen, ohne den eigentli- Die hohe Inanspruchnahme von Kurzarbeit, die einen chen Erwerbstätigkeitswunsch vernachlässigen zu stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhinderte, müssen. Insgesamt liegt der Anteil von Gründerinnen dürfte dazu beigetragen haben, dass nicht mehr Men- und Gründern, die auch eine Selbstständigkeit bevor- schen zur Not eine selbstständige Tätigkeit aufnah- zugen, in den vergangenen Jahren stabil bei gut 70 %. men. Nur 2020 fiel der Anteil auf 63 % deutlich unter diese Marke, als bei vielen Nebenerwerbsgründungen bspw. Gründungen aus Mangel an besseren Erwerbsalterna- aus der Kurzarbeit heraus eine Geschäftsgelegenheit tiven sind stärker als Gründungen zur Wahrnehmung wahrgenommen wurde, obwohl die Gründerinnen und einer Geschäftsgelegenheit vom Arbeitsmarkt beein- Gründer eine Anstellung bevorzugten. flusst. Denn, ob es eine bessere Erwerbsalternative zur Grafik 2: Corona-Krise fokussiert Gründungstätigkeit auf die Realisierung von Geschäftsgelegenheiten – ein Viertel der Gründerinnen und Gründer bevorzugt aber Angestelltenverhältnis Was trifft eher auf Sie zu: Haben Sie sich selbstständig gemacht, um eine Geschäftsgelegenheit wahrzunehmen oder weil es keine bessere Erwerbsalternative gab? Gründungen in Tausend. Anteile in Prozent. 6 3 4 4 3 Geschäftsgelegenheit Keine bessere 498 16 15 24 27 23 Erwerbsalternative 390 Keine bessere Erwerbsalternative 80 82 Geschäftsgelegenheit 70 70 73 135 Beides 91 31 18 2017 2018 2019 2020 2021 2017 2018 2019 2020 2021 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 2
KfW-Gründungsmonitor 2022 Hohe Zuwächse bei jüngeren Gründerinnen und größer, der Erfahrungsschatz reicher, das persönliche Gründern, Rückgänge hingegen bei älteren Netzwerk weiter und der familiäre Rückhalt stärker. An- Das Durchschnittsalter von Gründerinnen und Grün- dererseits nimmt die Offenheit des persönlichen Netz- dern liegt typischerweise bei 36–38 Jahren (Grafik 3). werks ab, das eigene Spezialwissen nimmt zu, die fi- Im Jahr 2009 lag das Durchschnittsalter mit 39 Jahren nanzielle Abhängigkeit von einem Arbeitgeber wird einmalig über dieser Spanne. Mit durchschnittlich stärker, ebenso wie die familiäre Gebundenheit. Letzte- 35 Jahren zeigt sich 2021 nun ein Ausreißer nach un- ren Aspekte wiegen meist schwerer, weshalb die Grün- ten. Das liegt vor allem daran, dass die Zahl der Grün- dungsbereitschaft sinkt.2 Auch wenn bei diesen die derinnen und Gründer unter 40 Jahre deutlich zulegte, Gründungsquote im Jahresvergleich gesunken ist, während die Anzahl der ab 40-Jährigen weiter abnahm. scheint der langjährige Abwärtstrend schon 2016 ge- So war der Anteil der unter 30-Jährigen mit 37 % noch stoppt zu haben. Seither bewegt sich die Gründungs- nie höher, ihre Zahl stieg von 172.000 (2020) auf quote mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau. 224.000 (2021). Ähnlich ist es bei den 30–39-jährigen Gründerinnen und Gründern mit einem Anteil von Die Motivlage der Gründerinnen und Gründer hat sich 35 %. Dieser wurde nur 2004/2005 knapp übertroffen. dabei deutlich verschoben. So ist der Zuwachs bei den Ihre Zahl legte von 165.000 (2020) auf 214.000 (2021) Chancengründungen insbesondere auf die 30–39-jähri- zu. Mit 12 % ist dagegen der Anteil von Gründerinnen gen Gründerinnen und Gründer zurückzuführen. Ihr und Gründern im mittleren Alter von 40–49 Jahren so Anteil ist dort von 30 auf 36 % gestiegen. Unter den gering wie nie. Ihre Zahl reduzierte sich somit weiter Gründungen aus Mangel an besseren Erwerbsalterna- von 93.000 (2020) auf 74.000 (2021). Auch im Alters- tiven sind die Gründerinnen und Gründer in den 30ern bereich von 50–64 Jahren wurden Gründungen selte- hingegen deutlich seltener zu finden, ihr Anteil fiel von ner. Dort sank die Gründungsanzahl von 107.000 32 auf 27 %. Bei den 40–49-Jährigen zeigt sich das (2020) auf 95.000 (2021). umgekehrte Bild. Ihr Anteil ist bei den Chancengrün- dungen von 20 auf 11 % gefallen, aber bei den Grün- Die Entwicklung macht deutlich, dass die Gründungstä- dungen aus Mangel an besseren Erwerbsalternativen tigkeit in den letzten Jahren vor allem durch eine ab- von 11 auf 18 % gestiegen. Letztlich ist bei der Grün- nehmende Gründungsneigung bei Menschen im mittle- dungstätigkeit 2021 im Vergleich zum Vorjahr also vor ren Alter belastet ist (Grafik 4). So ist die Gründungs- allem eine Substitution von älteren Chancengründerin- quote bei den 40–49-Jährigen am stärksten gefallen. nen und -gründern durch jüngere zu erkennen. Dabei Sie nähert sich deutlich der Gründungsquote der 50– wurde das Ausbleiben von Chancengründungen poten- 64-Jährigen an, die typischerweise die niedrigste Grün- zieller Gründerinnen und Gründer im Alter von 40–49 dungsneigung aufweisen. Hierbei spielen verschiedene Jahren, durch einen starken Zuwachs bei 30–39-jähri- Effekte eine Rolle. Mit zunehmendem Alter wird typi- gen Chancengründerinnen und -gründern überkompen- scherweise die finanzielle Ausstattung eines Menschen siert. Grafik 3: Altersstruktur verschiebt sich: Grafik 4: Gründungsquote der 40–49-Jährigen sinkt Gründerinnen und Gründer so jung wie nie deutlich Anteile in Prozent. Gründungsquote (Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige) 450 – 17 16 17 19 20 16 400 – 12 22 23 17 350 – 25 21 300 – 35 250 – 32 25 28 31 181 36 200 – 37 38 38 38 37 36 37 39 37 36 38 37 38 37 36 36 37 36 37 35 150 – 177 30 32 32 32 37 100 – 24 63 50 – 42 2002 2005 2010 2015 '20 '21 0– 2002 2005 2010 2015 '20 '21 18–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–64 Jahre 18–29-Jährige 30–39-Jährige Durchschnittsalter (Jahre) 40–49-Jährige 50–64-Jährige Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 3
KfW Research Zahl der Existenzgründungen von Frauen stärker Ausbruch der Finanzkrise oder der Corona-Pandemie gestiegen – Gründerinnenanteil legt deutlich zu in Einzeljahren auch mal stärker. Von 2020 auf 2021 ist Nachdem sich die Zahl der Gründerinnen drei Jahre davon auszugehen, dass dieser Anteil in der gesamten lang kaum veränderte, ist sie im vergangenen Jahr Erwerbsbevölkerung stabil geblieben ist. Das wiederum überdurchschnittlich stark gestiegen (Grafik 5). So bedeutet, dass sich Frauen, die eine berufliche Selbst- setzten 2021 257.000 Frauen eine Existenzgründung ständigkeit bevorzugen, deutlich häufiger diesen um (+52.000+25 %). Die Zahl der Gründer legte auf Wunsch erfüllt haben. Die stärkere Nutzung digitaler 350.000 zu (+18.000+5 %). Der Anteil der Gründerin- Technologien sowie des Internets als Kernelement des nen an allen Existenzgründungen hat sich somit auf Projekts könnte dabei eine wichtige Rolle gespielt ha- 42 % erhöht (2020: 38 %) und liegt jetzt wieder knapp ben, da diese Merkmale bei Gründerinnen viel häufiger über dem langjährigen Durchschnitt von 39 %. Die Ent- wurden. wicklung seit 2002 zeigt, dass der Gründerinnenanteil um seinen langjährigen Durchschnitt schwankt. Die Ab- Strukturelle Erhöhung des Gründerinnenanteils ist weichungen betragen nicht mehr als 5 Prozentpunkte langfristige Herausforderung nach oben und unten. Im langjährigen Vergleich sind Männer und Frauen bei der Gründungstätigkeit etwa im Verhältnis 60:40 vertre- Anteil jüngerer Gründerinnen legt zu ten. Bereits in der Erwerbsbevölkerung bei „gründungs- Zur gezeigten höheren Gründungstätigkeit jüngerer affinen“ Personen (die also eine Präferenz für die be- Menschen 2021 trugen Frauen erheblich bei. So ist bei rufliche Selbstständigkeit als Erwerbstätigkeit haben), den Gründerinnen der Anteil der unter 30-Jährigen im ist dieses Verhältnis zu finden und auch bei Grün- Jahresvergleich von 28 auf 37 % gestiegen (Grafik 6), dungsplanungen. Wenn ein Selbstständigkeitswunsch bei den Gründern nur von 34 auf 37 %. Insgesamt ha- besteht, gehen Frauen also gleich wahrscheinlich in die ben sich 2021 deutlich mehr Menschen selbstständig Gründungsplanung und realisieren ihren Gründungs- gemacht, die die Selbstständigkeit gegenüber einer An- plan auch gleich wahrscheinlich wie Männer. Um dau- stellung auch als Art der Erwerbstätigkeit bevorzugen. erhaft einen höheren Anteil von Gründerinnen und so- Bei den Gründerinnen ist der Anteil sehr deutlich von mit ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis zu er- 50 auf 62 % gestiegen, bei den Gründern von 71 auf reichen, ist offensichtlich eine Stärkung des Grün- 76 %. Frauen haben typischerweise weniger häufig dungswunsches von Frauen notwendig.4 Die wissen- den Wunsch nach einer beruflichen Selbstständigkeit schaftliche Literatur zeigt, dass die Veränderung von als Männer – nicht nur in Deutschland, sondern in den Geschlechterstereotypen (bei Erziehung5, Haushalt6 meisten Industrieländern.3 Über die letzten beiden De- oder Ausbildungs- und Berufswahl7) dabei eine wich- kaden wurde dieser Wunsch in der gesamten Erwerbs- tige Rolle spielt. Ein solcher sozialer Wandel benötigt bevölkerung immer geringer, allerdings meist in kleinen – insbesondere in demografisch älteren Gesellschaf- Schritten – bei einschneidenden Ereignissen wie beim ten8 – aber einen langen Atem. Grafik 5: Zahl der Gründerinnen legt überdurch- Grafik 6: Anteile jüngere Gründerinnen und mit schnittlich stark zu, Anteil steigt auf 42 % Selbstständigkeitswunsch legen deutlich zu Existenzgründungen in Tausend Anteile in Prozent 965 Gründerinnen Gründer Alter 18–29 Jahre Alter 18–29 Jahre 2020 28 2020 34 2021 37 2021 37 496 Selbstständigkeit bevorzugt Selbstständigkeit bevorzugt 350 2020 50 2020 71 257 2021 62 2021 76 Digital Digital 2002 2005 2010 2015 '20 '21 2020 23 2020 28 42 % 2021 32 2021 31 34% Ø 39 % Internet Internet Gründerinnen Gründer Gründerinnenanteil 2020 24 2020 36 2021 39 2021 42 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 4
KfW-Gründungsmonitor 2022 Gründungen disziplinieren und modernisieren die anderen Markt gebracht werden: entweder aus ande- Volkswirtschaft ren Regionen in die eigene Region oder aus anderen Ein reges Gründungsgeschehen ist volkswirtschaftlich Ländern nach Deutschland. Seltener sind weltweite wünschenswert. Denn Gründerinnen und Gründer hal- Marktneuheiten, die definitionsgemäß tatsächlich „noch ten den Wettbewerb am Leben. So zwingen Sie etab- nie dagewesen“ sind. Während sich 2021 die Anteile lierte Unternehmen dazu, sich ständig auf den Prüf- von Gründerinnen und Gründern, die ihr Angebot als stand zu stellen und das Beste aus sich herauszuho- regionale (5 %) oder weltweite Marktneuheit (3 %) se- len. Verbraucher profitieren davon, indem der ausge- hen, zum Vorjahr kaum veränderten, hat sich der Anteil übte Preisdruck Waren und Dienstleistungen günstiger deutschlandweiter Marktneuheiten von 3 auf 7 % deut- oder ein Angebot sogar erst für sie erhältlich macht. lich erhöht. Neue Technologien helfen dabei, dass Märkte noch ef- fizienter bedient oder Märkte und Geschäftsmodelle Häufiger digitale und internetbasierte Gründungen gänzlich neu geschaffen werden können. Innovative Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat 2020 viele und digitale Gründungen treiben so den modernisieren- Gründungspläne zeitlich und inhaltlich durcheinander- den strukturellen Wandel voran. Sie haben deshalb für gebracht. So konnten etliche Gründungspläne erst ver- die Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaft eine beson- zögert nach Anpassung der Geschäftsmodelle realisiert dere Bedeutung. Das trifft auch auf Wachstumsgrün- werden.9 Die Pandemie-Bekämpfung durch Kontaktbe- dungen zu, bei denen der Anspruch ist, „so groß wie schränkungen und angeordnete Betriebsschließungen möglich“ zu werden. Denn mit diesen ist die Hoffnung offenbarte die Schwächen vieler analoger Geschäfts- verbunden, dass sie langfristig als Arbeitgeber einen modelle. Das Problem wurde 2021 von vielen Gründe- nachhaltigen Beschäftigungsbeitrag leisten. rinnen und Gründern adressiert: Die Gründungen wur- den deutlich digitaler und internetbasierter (Grafik 8). Mehr deutschlandweite Marktneuheiten Mit Anteilen von 31 % digitalen und 41 % internetba- Im langjährigen Durchschnitt gehen jährlich 16 % der sierten Gründungen gipfelten die bereits seit Jahren Gründerinnen und Gründer nach eigenen Angaben mit positiven Trends in ihren bisherigen Höchstwerten. Marktneuheiten an den Start. In den vergangenen Jah- Auch die Anteile innovativer und wachstumsorientierter ren wurden sie aber tendenziell seltener, 2021 waren Gründungen liegen mit 15 und 25 % geringfügig höher es dann wieder 15 % (Grafik 7). Bei den meisten als im Vorjahr. Das Jahr 2021 war somit für Gründun- Marktneuheiten handelt es sich um irgendwo bereits gen mit besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung existierende Angebote, die neu auf einen räumlich eine gute Basis. Grafik 7: Gründungen gehen verstärkt mit Grafik 8: Digitalisierung und Internet bei deutschlandweit neuen Angeboten an den Start Gründungen deutlich wichtiger Sind die Produkte oder Dienstleistungen, die Sie anbieten, eine Ist Ihr Produkt / Ihre Dienstleistung ein digitales Angebot, das heißt Marktneuheit, also werden vergleichbare Produkte oder Dienstleis- müssen Ihre Kunden digitale Technologien einsetzen, um Ihr Ange- tungen von keinem anderen Unternehmen oder Selbstständigen [in bot nutzen zu können? Ist das Internet ein Kernelement ihres Unter- ihrer Region, in Deutschland oder weltweit] angeboten? nehmens? Anteile in Prozent. Anteile in Prozent. Digital Internetbasiert 25 – 2016 21 2016 26 2017 26 2017 26 2018 22 2018 25 20 – 5 2019 28 2019 32 16 2020 26 2020 31 3 4 1 4 15 – 5 2021 31 2021 41 4 2 2 3 2 5 4 3 3 4 5 5 5 Führen Sie im Rahmen Ihrer Selbstständigkeit FuE-Arbeiten durch, 2 2 4 4 4 10 – 4 3 5 3 um technologische Innovationen zur Marktreife zu bringen? Stimmen 2 6 7 4 4 3 Sie der Aussagen zu, ‚Mein Unternehmen soll so groß wie möglich 12 werden‘?10 Anteile in Prozent. 5– 11 10 10 10 9 10 8 9 9 9 8 5 6 6 6 Innovativ Wachstumsorientiert 5 0– 2016 9 2016 17 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 2017 14 2017 23 Weltweite Marktneuheiten Deutschlandweite Marktneuheiten 2018 11 2018 24 Regionale Marktneuheiten 2019 13 2019 25 2020 13 2020 24 2021 15 2021 25 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 5
KfW Research Innovative Gründungen, das sind Existenzgründungen Erneut weniger Gründungen mit Beschäftigten mit technologischer Forschung und Entwicklung, mach- Der Anteil von Sologründungen liegt 2021 mit 81 %, ten 13 % der Gründungstätigkeit aus und 24 % waren knapp über den langjährigen Durchschnitt, Teamgrün- Wachstumsgründungen, die „so groß wie möglich“ wer- dungen mit 19 % somit knapp darunter. Diese Struktur den wollen. Internetbasierte Gründungen, bei denen zeigt sich sehr stabil über die Zeit. Der Anteil der Grün- das Internet Kernelement des Unternehmens ist, mach- dungen, die auch Beschäftigte haben, schwankt deut- ten 31 % aus und digitale Gründungen, deren Angebot lich stärker. Der Arbeitgeberanteil unter den Existenz- nur durch den Einsatz digitaler Technologien nutzbar gründungen ist 2021 auf 21 % gesunken. Bei Team- ist, kamen auf 26 %. Existenzgründungen können meh- gründungen war er noch nie geringer. Offenbar wurde reren der hier beschriebenen Segmenten angehören, die Personalgewinnung für Gründerinnen und Gründer wobei es zwischen digitalen und internetbasierten im Vergleich zu 2020 wieder schwieriger. Gründungen die größte Überschneidung gibt. Gründungen im Handel normalisiert, persönliche Anteil von Neugründungen steigt 6. Jahr in Folge Dienstleistungen selten wie nie Die meisten Existenzgründungen sind Neugründungen. Im Jahr 2020 war auffällig, dass es außergewöhnlich Die Unternehmen gab es also rechtlich wie organisato- wenige Gründungen im Handel gab (13 %, Grafik 10). risch vorher nicht. Der Anteil der Neugründungen ist Die Ursache waren wohl die coronabedingten Ein- 2021 auf 85 % gestiegen, einen so hohen Anteil gab es schränkungen. Im Handel hat sich der Anteil 2021 wie- im KfW-Gründungsmonitor noch nie (Grafik 9). Der der normalisiert, dafür ist der Anteil persönlicher Trend hin zu Neugründungen hat sich vor gut zehn Dienstleistungen mit 20 % niedriger denn je. Dabei fiel Jahren etabliert. Ihr Bedeutungszuwachs hat sich dann insbesondere die Erwachsenenbildung durch ausblei- zunehmend verstetigt. Für den von Nachfolgesorgen bende Gründungen auf. Auch blieb die Gründungstätig- geplagten Mittelstand ist das eine schlechte Nachricht. keit in der Kindertagesbetreuung (Tagesmütter) sowie So bleiben Nachfolgewünsche wohl immer häufiger un- im künstlerischen Bereich unterdurchschnittlich. erfüllt.11 Auch volkswirtschaftlich ist es eine kritische Entwicklung. Zwar gehören Unternehmensschließun- Die Branchenstruktur der Gründungstätigkeit ist über gen zur Wirtschaftsdynamik einer gesunden Volkswirt- die Zeit normalerweise sehr stabil. Im Dienstleistungs- schaft dazu, weil sie für einen modernisierenden Struk- bereich wird am häufigsten gegründet. Meist sind etwa turwandel zentral sind. Das trifft aber insbesondere auf zwei Drittel der Existenzgründungen Dienstleistungen. Unternehmen zu, die im Wettbewerb nicht bestehen Dabei sind Dienstleistungen mit Fokus auf Gewerbe- können. Es ist aber volkswirtschaftlich ineffizient, wenn kunden („wirtschaftliche Dienstleistungen“) gemeinhin Unternehmen schlicht aus Mangel an gewillten Nach- etwas häufiger als Dienstleister mit Fokus auf Privat- folgerinnen und Nachfolgern schließen müssen. Es ist kunden („persönliche Dienstleistungen“). Sonstige daher wünschenswert, dass Übernahmen als Weg in Dienstleistungen (das sind die Sektoren Finanzdienst- die Selbstständigkeit auf ein stärkeres Interesse stie- leistungen, Verkehr und Nachrichtenübermittlung) ma- ßen. Im Jahr 2021 beschritten nur 8 % der Gründerin- chen dagegen nur einen relativ geringen Teil der nen und Gründer diesen Weg. Weitere 7 % machten Dienstleistungen aus. sich über eine tätige Beteiligung selbstständig. Grafik 9: Trend zur Neugründung hält an Grafik 10: Dienstleistungen dominieren Auf welchem Weg haben Sie sich selbstständig gemacht? Haben Sie Branchenanteile12 in Prozent ein neues Unternehmen gegründet, ein bestehendes Unternehmen 2017 15 22 27 32 5 übernommen oder sich an einem bereits bestehenden Unternehmen geschäftsaktiv beteiligt? Anteile in Prozent. 2018 14 19 27 31 9 17 11 7 26 24 20 8 9 2019 14 20 33 25 7 9 8 6 14 2020 13 13 33 31 10 75 80 85 2021 17 21 31 20 10 70 71 60 PG HAN WDL PDL SDL PG: Produzierendes Gewerbe (inkl. Baugewerbe); HAN: Handel; 2002 2005 2010 2015 '20 '21 WDL: Wirtschaftliche Dienstleistungen; PDL: Persönliche Dienstleis- Neugründungen Übernahmen Tätige Beteiligungen tungen; SDL: Sonstige Dienstleistungen. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 6
KfW-Gründungsmonitor 2022 Bedeutung von Sachmitteln für Gründung steigt der außergewöhnlichen Ressourcenstruktur. Auch die Der erforderliche Ressourceneinsatz für eine Gründung stärkere Aktivität junger Gründerinnen und Gründer so- hängt von den Motiven und Geschäftsmodellen der wie von Frauen trägt etwas dazu bei, da sie häufiger Gründerinnen und Gründer ab. Entsprechend unter- entsprechende Gründungsprojekte realisieren. schiedlich ist der Ressourcenbedarf und gegebenen- falls der Finanzierungsmix. Im langfristigen Vergleich Seltene Finanzierungsprobleme bei realisierten werden bei 60–70 % und somit bei der Mehrheit der Gründungen nur eine Seite der Medaille jährlichen Existenzgründungen Finanzmittel benötigt Ein häufigeres Auftreten von Finanzierungsschwierig- (Grafik 11). In den Jahren 2019 und 2020 nutzten mit keiten wäre eine weitere Erklärung für den selteneren jeweils mehr als der Hälfte der Existenzgründungen au- Einsatz von Finanzmitteln. Dem ist aber offenbar nicht ßergewöhnlich viele ausschließlich eigene Finanzmittel so. So gaben nur 12 % der Gründerinnen und Gründer der Gründerinnen und Gründer. Im Jahr 2021 hat sich an Finanzierungsschwierigkeiten gehabt zu haben dieser Anteil aber deutlich verringert. Mit nur 39 % der (Grafik 12). Ein in den letzten drei Jahren stabiler Wert. Gründerinnen und Gründer nutzten so wenige wie zu- Dabei hatten jene Gründerinnen und Gründer, die tat- letzt 2017 ausschließlich eigene Finanzmittel. Insge- sächlich externe Finanzierung nutzten, mit 21 % am samt wurde nur bei der Hälfte der Gründungen über- häufigsten Finanzierungsprobleme. Das spiegelt den haupt Finanzmittel eingesetzt – so selten wie nie. Aufwand wider, den sie hatten, ihre Gründungsfinan- Gleichzeitig hält sich der Anteil der Gründungen, für die zierung unter Dach und Fach zu bringen. externe Mittel von dritten Kapitalgebern mobilisiert wur- den, weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Auch wenn relativ wenige Gründerinnen und Gründer reine Sachmittelnutzung ist mit einem Anteil von 37 % Probleme bei der Gründungsfinanzierung hatten, kön- dagegen so hoch wie nie. Wie kommt die so geringe nen Finanzierungsschwierigkeiten grundsätzlich eine Bedeutung von Finanzmitteln zustande? große Herausforderung beim Gründen sein. So bilden Gründerinnen und Gründer nur eine Seite der Medaille Art der Gründungen erklärt Ressourcenstruktur ab, schließlich haben sie ja erfolgreich gegründet und Die Ressourcennutzung bei der Gründungstätigkeit gegebenenfalls Finanzierungsschwierigkeiten über- hängt von der Zusammensetzung der Existenzgrün- wunden. Wenn also bei realisierten Gründungen selten dungen ab: So bedeuten mehr Gründungen mit Be- Finanzierungsproblemen zu sehen sind, könnte das schäftigten, mehr Gründungen mit externem Finanzmit- auch darauf hinweisen, dass viele die Herausforderun- teleinsatz. Umgekehrt bedeuten mehr Sologründungen, gen der Gründungsfinanzierung nicht meistern und in mehr Gründungen gänzlich ohne Finanzmittelnutzung. der Gründungsplanung an diesem Punkt scheitern. Die Der stark gestiegene Anteil von Sologründungen, ins- andere Seite der Medaille, also abgebrochene Grün- besondere ohne Beschäftigte, erklärt somit einen Teil dungsplanungen, muss also auch betrachtet werden. Grafik 11: Bedeutung privater Sachmittel für Grün- Grafik 12: Finanzierungsschwierigkeiten nur bei dung deutlich gestiegen gut jeder zehnten Existenzgründung Ressourcennutzung, Anteile in Prozent Finanzierungsschwierigkeiten, Anteile in Prozent 5 4 5 5 5 5 6 6 5 50 – 8 9 8 9 7 9 7 4 17 16 17 18 17 15 16 14 13 13 14 40 – 39 44 40 39 55 43 40 44 56 30 – 48 51 47 51 48 20 – 21 37 29 30 12 18 28 26 29 27 24 22 19 18 22 24 11 10 – 13 13 9 8 10 7 8 8 9 9 8 11 6 6 10 8 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 0– Externes Kapital über 25 TEUR Externes Kapital bis zu 25 TEUR '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 Nur Eigenmittel der Gründer/innen Nur Sachmittel Alle Existenzgründungen Datenreihen4 Ohne Sach-/Finanzmittel … ohne Kapitaleinsatz … mit Kapitaleinsatz … nur eigenfinanziert … mit externer Finanzierung Anmerkung: Rundungsdifferenzen sind möglich. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 7
KfW Research Bürokratie häufigstes Gründungshemmnis, aber höchste Gründungsbarriere abgelöst. Unter Opportuni- finanzielles Risiko höchste Gründungsbarriere tätskosten versteht man die Vorteile einer Anstellung, Im Jahr 2020 berichteten die Gründerinnen und Grün- auf die man in der Selbstständigkeit verzichtet. Zu nen- der überraschend selten von Hemmnissen. Das war nen sind hier insbesondere begrenzte Arbeitszeiten, dem Ausbruch der Corona-Krise geschuldet. Sie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch, verlässliche Ver- schreckte viele Gründungsinteressierte bereits ab, be- gütung oder die Integration in soziale Sicherungssys- vor sie überhaupt Gründungspläne schmiedeten. Die teme. Auch eine unausgereifte Geschäftsidee (Saldo verbliebenen Gründungsplanerinnen und -planer waren 25 PP), die Belastung für Partnerschaft / Familie (bei- deshalb im Durchschnitt offenbar besser vorbereitet spielsweise durch größere Einkommensunsicherheiten und nahmen entsprechend seltener Hemmnisse wahr. oder längere Arbeitszeiten, Saldo 24 PP) sowie feh- Das hat sich 2021 wieder normalisiert. lende Mitgründerinnen und Mitgründer (Saldo 24 PP) liegen knapp vor der Abstiegsangst bei einem Schei- Bürokratie gehört seit Jahren zu den am häufigsten ge- tern (Saldo 21 PP). nannten Gründungshemmnissen – sowohl bei Grün- dungsplanungen als auch bei realisierten Gründungen. Grafik 13: Finanzierungsprobleme bei realisierten Sie ist also ständiger Begleiter vor, während und nach Gründungen selten, bei Abbrüchen von Grün- der Gründung. Das Ziel des Bürokratieabbaus oder zu- dungsplänen umso bedeutender mindest der Bürokratieerleichterung, bspw. mittels Digi- Gründungshemmnisse, Anteile in Prozent talisierung, sollte wirtschaftspolitisch daher immer auf Hemmnisse Gründungen Abgebrochene Saldo Rang der Agenda stehen. Bürokratie scheint zwar zu belas- (%) Pläne (%) (Prozentpunkte) 2019 37 54 17 8 ten, indem sie bspw. den Gründungsprozess verlang- Bürokratie 2020 29 33 4 12 samt, hält aber nur wenige von der Realisierung ihrer 2021 40 52 11 12 2019 19 33 14 10 Gründungspläne ab. Kaufmännische Kenntnisse 2020 16 19 3 13 2021 25 37 12 10 2019 25 49 24 6 Die Wirkung von Gründungshemmnissen als Grün- Belastung von Familie 2020 23 31 8 9 dungsbarrieren kann mit einem Vergleich des Auftre- 2021 2019 24 27 48 27 24 0 5 16 tens von Hemmnissen und Schwierigkeiten bei reali- Kundenzugang 2020 17 20 2 14 2021 24 26 3 16 sierten Gründungen einerseits und bei gescheiterten 2019 19 63 45 1 Gründungsplanungen andererseits eingeschätzt wer- Finanzielles Risiko 2020 11 43 32 1 2021 22 61 39 1 den. Generell gilt: Je häufiger ein bestimmtes Problem 2019 18 28 10 12 bei Planabbrüchen im Vergleich zu realisierten Grün- Fehlende Mitarbeiter 2020 11 15 4 11 2021 19 29 10 13 dungen vorkommt (Saldo), desto häufiger dürfte dieses 2019 20 44 24 5 Problem als Gründungsbarriere gewirkt und effektiv Opportunitätskosten 2020 12 26 14 4 2021 18 43 25 3 Gründungen verhindert haben. 2019 16 30 14 9 Konjunktur 2020 17 27 11 6 2021 18 36 18 9 So gemessen stellt das finanzielle Risiko die größte 2019 15 43 28 3 Abstiegsangst bei Scheitern 2020 13 30 17 3 Barriere für die Gründungstätigkeit dar. Seit Jahren 2021 15 36 21 7 ergibt sich hier der größte Saldo beim Vergleich zwi- 2019 14 41 27 4 Unausgereifte Geschäftsidee 2020 11 24 13 5 schen Planabbrüchen und Gründungen. Im Jahr 2021 2021 14 39 25 4 beträgt der Saldo 39 Prozentpunkte, bei 61 % Planab- 2019 19 29 10 11 Fachliche Qualifikation 2020 11 17 6 10 brüchen und 22 % realisierter Gründungen, bei denen 2021 12 32 19 8 das finanzielle Risiko eine Rolle gespielt hat. Mit einem Fehlende Finanzierung 2019 2020 12 11 54 31 42 20 2 2 Saldo von 31 Prozentpunkten waren Finanzierungs- 2021 12 42 31 2 2019 6 13 6 15 schwierigkeiten ebenfalls wie in den Vorjahren die Zugang zu Fördermitteln 2020 6 6 0 15 zweithöchste Gründungsbarriere. Verglichen mit den 2021 12 17 5 15 2019 7 15 8 14 12 % Finanzierungsschwierigkeiten bei realisierten Fehlende Lieferanten 2020 7 7 -1 16 Gründungen waren sie bei Planabbrüchen mit 42 % 2021 9 16 7 14 2019 11 30 18 7 umso häufiger. Fehlende Mitgründer / -innen 2020 5 16 11 7 2021 5 29 24 6 2019 5 14 10 13 Während finanzielle Risiken und Finanzierungsschwie- Zu hohes Alter 2020 3 10 8 8 2021 5 17 12 11 rigkeiten jährlich konstant die beiden größten Grün- dungsbarrieren sind, wechseln sich dahinter verschie- Anmerkung: Rundungsdifferenzen sind möglich. Sortierung abstei- dene Hemmnisse in ihrer Bedeutung ab. Im Jahr 2021 gend nach Anteilshöhe bei Gründungen 2021. haben Opportunitätskosten (Saldo 25 PP) die Abstiegs- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. angst bei einem Scheitern (Saldo 21 PP) als dritt- Seite 8
KfW-Gründungsmonitor 2022 Insolvenzrechtsreform weitgehend unbekannt Tabelle: Gesetzesreformen mit Bezug zur – bessere Kommunikation relevanter Maßnahmen Restschuldbefreiung zielführend Auf Basis einschlägiger Merkmale wird die berufliche Jahr Gesetz Schuldenerlass im Regelfall Selbstständigkeit als risikoreicher wahrgenommen als 1999 Insolvenzordnung 7 Jahre nach Abschluss eines eine Anstellung.13 So ist es nachvollziehbar, dass risi- Insolvenzverfahrens 2001 Insolvenzrechtsänderungs- 6 Jahre nach Eröffnung eines kobezogene Gründungshemmnisse, wie das finanzielle gesetz Insolvenzverfahrens Risiko oder die Abstiegsangst bei einem Scheitern, re- 2014 Gesetz zur Verkürzung des 5 Jahre nach Eröffnung eines Restschuldbefreiungsver- Insolvenzverfahrens oder gelmäßig auch eine hohe Barrierewirkung haben. Wirt- fahrens und zur Stärkung 3 Jahre, wenn Verfahrenskos- schaftspolitisch wurde diese Problematik wiederholt der Gläubigerrechte ten gedeckt und Gläubigerforde- adressiert, indem die Zeit, nach der im Insolvenzfall rungen i. H. v. mind. 35 % erfüllt 2021 Gesetz zur weiteren Ver- 3 Jahre nach Eröffnung eines eine Restschuldbefreiung möglich ist (also die verblie- kürzung des Restschuldbe- Insolvenzverfahrens benen Schulden erlassen zu bekommen), verkürzt freiungsverfahrens wurde (Tabelle). Die Verfahrensverkürzung ist eine Quelle: Eigene Recherche. Maßnahme, die grundsätzlich das finanzielle Risiko für Gründerinnen und Gründer senkt, da im Fall einer In- Grafik 14: Bekanntheitsgrad der weiteren Verkür- solvenz Schuldenfreiheit schneller erreicht und somit zung des Restschuldbefreiungsverfahrens ein finanzieller Neuanfang gestartet werden kann. Zu- Das Insolvenzrecht wurde geändert: Seit Januar 2021 ist bei einer Privatinsol- venz eine Restschuldbefreiung bereits nach 3 Jahren möglich ist. War Ihnen letzt trat zum Jahresbeginn 2021 eine neuerliche Re- bekannt, dass ein Schuldenerlass jetzt schneller möglich ist? form des Insolvenzrechts mit einer Verkürzung des Bejahungen in Prozent Restschuldbefreiungsverfahrens in Kraft.14 Erwerbsbevölkerung 28 Beim Vergleich der Insolvenzgesetzgebung verschie- darunter: unter 40-Jährige 20 dener Länder haben Studien einen positiven Zusam- Ehem. u. akt. Selbstständige 40 menhang zwischen einer „schuldnerfreundlicheren“ Planabbrecher / -innen mit Ausgestaltung und einer stärkeren Gründungstätigkeit Sorge vor finanziellem Risiko 30 gefunden.15 Dass ein derartiger Erfolg im deutschen Praxistest bisher ausblieb, kann aber auch an der wirt- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. schaftlichen, demografischen und weltpolitischen Ent- Bei Personen, die Gründungspläne auch aufgrund des wicklung der letzten zwei Dekaden liegen. So gab es finanziellen Risikos abgebrochen haben, entspricht der einen außergewöhnlichen Arbeitsmarktaufschwung, Bekanntheitsgrad der Reform mit 30 % etwa dem in der viele potenzielle Gründerinnen und Gründer „absor- der Erwerbsbevölkerung insgesamt. Bei ihnen hätte bierte“. Zudem geht mit der fortschreitenden demografi- eine weiter verbreitete Kenntnis über die Insolvenz- schen Alterung der Wunsch nach beruflicher Selbst- rechtsreform möglicherweise zu weniger Abbrüchen ständigkeit und somit der Gründungsgeist verloren.16 geführt. Für diese Schlussfolgerung spricht, dass die Darüber hinaus ist weltweit die wirtschaftspolitische Barrierewirkung des finanziellen Risikos bei Personen Unsicherheit gestiegen, was sich negativ auf das Grün- mit Kenntnis über die Reform deutlich geringer ist als dungsinteresse ausgewirkt hat.17 Die das finanzielle Ri- bei Personen ohne.18 Folglich sollten wirtschaftspoliti- siko mindernden Reformmaßnahmen könnten also sche Maßnahmen wie Bürokratieabbau oder andere durch die Entwicklungen mit gegenteiligen Effekten auf Erleichterungen mit einer umfassenden Öffentlichkeits- die Gründungstätigkeit konterkariert worden sein. arbeit begleitet werden, um besser zu wirken. Bei vielen wirtschaftspolitischer Maßnahmen ist aller- Die Sorge vor dem finanziellen Risiko als Gründungs- dings Wirkungsvoraussetzung, dass sie in den jeweili- hemmnis hängt aber nicht nur mit den bestehenden gen Zielgruppen auch bekannt sind. Für die letzte In- Regeln im Falle einer Insolvenz zusammen, sondern solvenzrechtsreform ist das offensichtlich nur einge- auch mit einem (gefühltem und echtem) finanziellen schränkt der Fall. So wissen nur 28 % der Erwerbsbe- Unwissen bei Gründerinnen, Gründer und Gründungs- völkerung von der Verkürzung der Restschuldbefreiung interessierten zusammen. Je geringer das eigene Fi- zum Beginn des letzten Jahres (Grafik 9). Dabei sind nanzwissen ist, desto häufiger wird das finanzielle Ri- die unter 40-Jährigen besonders uninformiert. Bei siko als problematisch angesehen.19 Durch „Entrepre- ihnen erreicht die Reform einen Bekanntheitsgrad von neurship Education“ lässt sich also sowohl dem finanzi- nur 20 %. Mit 40 % doppelt so häufig wissen jene, die ellen Risiko als Gründungshemmnis entgegenwirken, selbstständig sind oder es schon einmal waren, von als auch die Angst vor dem Scheitern reduzieren.20 der Reform – was aber immer noch bedeutet, dass die Mehrheit von ihnen keine Kenntnis darüber hat. Seite 9
KfW Research Abbruchraten von Existenzgründungen Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen Nur ein kleiner Bruchteil der Beendigungen erfolgt lässt sich mit dem KfW-Gründungsmonitor als grobe aufgrund von Insolvenz. Abbruchquoten können da- Annäherung die „3-30-Faustregel“ ableiten. Sie be- her nicht mit „Ausfallquoten“ gleichgesetzt werden. sagt: Im Lauf von drei Geschäftsjahren beenden Dies wäre auch deshalb falsch, da ein Großteil der rund 30 % der Gründer ihre Existenzgründung wie- Existenzgründungen ohne den Einsatz von exter- der. Tatsächlich ist die Bestandsfestigkeit sogar et- nem Kapital erfolgt und es bei diesen somit gar nicht was schwächer. Nach den ersten 36 Monaten sind zu einem „Ausfall" kommen kann. Im Vergleich noch 67 % der Existenzgründungen aktiv, nach schneiden Gründungen, bei denen höhere Summen 60 Monaten noch 58 % (Grafik 15, links). Die Ab- über 25.000 EUR eingesetzt werden (unabhängig, bruchgründe sind vielfältig. Der weitaus größte Teil ob Eigenmittel oder Fremdkapital), bei der Bestands- der Gründerinnen und Gründer bricht in den ersten festigkeit deutlich besser ab (Grafik 15, rechts). Ins- 5 Jahren aus persönlichen Gründen ab, ohne unmit- besondere Gründerinnen und Gründer, die ganz telbaren wirtschaftlichen Zwang (Grafik 16). Bei- ohne Finanzkapital starten, zeigen höhere Abbruch- spiele für persönliche Gründe sind familiäre Belas- raten. Hier spielt eine Rolle, dass solche Gründun- tung, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem er- gen häufiger zur vorübergehenden Einkommenser- zielten Einkommen oder weil sich eine bessere Job- zielung erfolgen, während höher kapitalisierte Grün- alternative ergab.21 Auch sind viele Gründungen von dungen langfristiger angelegt sind.1 vornherein befristet geplant, dies gilt insbesondere für Nebenerwerbsgründungen. Die Corona-Krise schlug sich 2020 klar in den Ab- bruchgründen nieder. Bei mehr als der Hälfte (56 %) Grafik 15: Bestandsfestigkeit von Existenzgrün- der Abbrüche von Jungselbstständigen war die dungen steigt mit Kapitalausstattung Corona-Krise entscheidend.22 Größtenteils spielte Bestandsquoten von Gründungen in Prozent hier Unwirtschaftlichkeit eine Rolle (63 %), was sich (Kaplan-Meier Überlebensfunktion) auch in einem überdurchschnittlich hohen Anteil bei 100 – 100 – den Abbrüchen insgesamt zeigte (40 %, Grafik 17). Auch 2021 gab es Coronaeffekte bei den Abbrüchen 90 – 90 – 84 (38 % waren coronabedingt), allerdings mit anderem 80 – 80 – 70 80 Schwerpunkt. Die Abbrüche wegen Unwirtschaftlich- 67 70 – 70 – keit sind zurück auf dem Vorkrisenniveau, dafür bra- 60 – 60 – chen Jungselbstständigen überdurchschnittlich häu- 58 60 63 52 fig ab, weil sie ein besseres Jobangebot annahmen. 50 – 50 – 0 12 24 36 48 60 0 12 24 36 48 60 Offenbar haben die Krisenbelastungen dazu geführt, Monate nach Monate nach dass sie die Vorteile einer Anstellung (bspw. Ein- Gründung Gründung kommenssicherheit, notfalls durch Kurzarbeitergeld) Existenzgründungen Gründungen ohne (insg.) Kapitaleinsatz neu gewichteten und sich häufiger gegen die Selbst- Gründungen mit Kapital- ständigkeit entschieden. Auch persönliche Gründe, einsatz bis zu 25.000 EUR wie Krankheit, waren bei den coronabedingten Ab- Gründungen mit Kapital- brüchen überdurchschnittlich häufig. einsatz über 25.000 EUR Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Grafik 17: Wechsel in Anstellung wichtiger bei Abbrüchen 2021 Grafik 16: Früher Abbruch meist aus persönlichen Gründen Anteile in Prozent aller Abbrüche von höchstens 5 Jahre alten Existenzgründungen im jeweiligen Jahr Anteile in Prozent aller Abbrüche in den ersten 5 Jahren 5 2 6 1 4 6 13 Anderer Grund Verkauf 16 24 26 14 9 7 Anderer Grund 19 22 Übergabe 7 Besseres Besseres 21 28 Jobangebot Jobangebot 38 29 27 48 21 37 32 Persönliche Gründe 10 Persönliche 32 10 16 20 Auflösung 84 16 14 Befristet angelegt 9 Befristet angelegt 15 40 32 30 25 21 21 18 Unwirtschaftlichkeit Unwirtschaftlichkeit 25 (inkl. Insolvenz) 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Art der Grund der Beendigung Beendigung Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. 21 22 Seite 10
KfW-Gründungsmonitor 2022 Prognose der Gründungstätigkeit weiterhin durch Grafik 18: Gründungsplanungen bleiben auf coronabedingt verschobene Gründungen gestört niedrigem Niveau Die Planungstätigkeit ist 2021 auf einem ähnlich niedri- Haben Sie sich in den letzten 12 Monaten einmal ernsthaft damit be- gen Niveau geblieben wie 2020 (Grafik 18). Die Quote schäftigt, sich selbstständig zu machen – sei es im Voll- oder im Ne- von Erwerbsfähigen mit bestehenden Gründungsplä- benerwerb? Haben Sie diese Pläne inzwischen wieder aufgegeben? Werden Sie mit Ihrer geplanten Selbstständigkeit die Geschäftstätig- nen beträgt 4,1 % nach 4,4 % im Vorjahr. Die Zahl der keit voraussichtlich in den nächsten zwölf Monaten aufnehmen? Gründungsplanerinnen und -planer (sogenannte Erwerbsfähige in Prozent. „Nascent Entrepreneurs“) ging somit geringfügig zu- 12 – rück.23 Die Quote derjenigen Planerinnen und Planer, 10 – die ihre Geschäftstätigkeit innerhalb der nächsten 12 Monate aufnehmen wollen, hat sich mit 2,5 % der 8– Erwerbsfähigen (2020: 2,6 %) kaum verändert. Gemes- 6– sen daran, ist für 2022 nicht mit einer steigenden Grün- 6,4 4 – 5,0 5,6 dungstätigkeit zu rechnen. Denn der Prozess von Idee 4,4 4,1 bis Umsetzung dauert im Durchschnitt mehrere Mo- 2– 2,9 3,2 2,6 2,5 nate. Die Entwicklung der Planungsquote ist deshalb 0– normalerweise ein guter Indikator für die Entwicklung '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 der zu erwartenden Gründungstätigkeit, auch wenn nur Alle Gründungsplaner ein Bruchteil der Gründungsplanungen realisiert wer- Bestehende Gründungspläne, davon: den.24 Planumsetzung binnen 12 Monaten "wahrscheinlich" Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Weil durch die Corona-Krise die Realisierung vieler Grafik 19: Realisierung von Gründungen hat sich Gründungen auf Eis gelegt wurde, ist der Zusammen- aufgestaut, mehr Pläne bereits in später Phase hang zwischen der Entwicklung der Planungsquote und der im folgenden Jahr zu erwartende Gründungsquote In welcher Phase der sind Sie mit Ihrem Vorhaben? Sind sie bei der Ideenfindung, in der konzeptionellen Prüfung oder in der Umsetzung aktuell weniger eng. Viele Gründungsplanungen sind mit ersten organisatorischen Schritten? eigentlich abgeschlossen und bereit für die Umsetzung (Grafik 19), deren Gründungsstart wurde aber corona- 2017 46 28 26 bedingt verschoben. Sie haben daher eine deutlich hö- 2018 47 29 24 here Realisierungswahrscheinlichkeit, weshalb die 2019 45 30 25 Gründungsquote auch besser sein kann, als von der 2020 41 26 32 Entwicklung der Planungsquote zu erwarten gewesen 2021 42 28 29 wäre. Andererseits haben bereits die pandemiebeding- Wenn Start coronabedingt verschoben: ten Störungen des internationalen Warenverkehrs zu 2020 35 28 37 einer rekordhohen wirtschaftspolitischen Unsicherheit 2021 38 28 34 geführt. Hinzu kommt nun noch die geopolitische Unsi- Ideenfindung Konzeption Umsetzung cherheit mit dem eskalierten Krieg in der Ukraine, der die wirtschaftspolitische Unsicherheit weiter erhöht Quelle: KfW-Gründungsmonitor. hat.25 Die daraufhin gegenüber Russland verhängten Wirtschaftssanktionen werden sich auch auf die deut- Weitere Materialverknappungen, höhere Energiepreise sche Wirtschaft negativ auswirken. Aufgrund der Eska- und eine sich abzeichnende Konsumzurückhaltung 28 lation sind die Geschäftserwartungen in der deutschen könnten dazu führen, dass geplante Geschäftsmodelle Wirtschaft im März 2022 eingebrochen und haben sich und -prozesse angepasst und neu durchkalkuliert wer- danach auf niedrigem Niveau stabilisiert.26 Davon ist den müssen – möglicherweise mit dem Resultat, nicht auch die Gruppe der Soloselbstständigen und Kleinst- mehr tragfähig zu sein. Das würde die Gründungstätig- unternehmen – zu denen die meisten Existenzgründun- keit belasten. Aktuell ist aber zu erwarten, dass sich die gen zählen dürften – betroffen, bei denen sich die Ge- Gründungstätigkeit 2022 auf einem ähnlichen Niveau schäftserwartungen Anfang des Jahres gerade erst bewegen wird wie 2021. deutlich erholt hatten.27 Seite 11
KfW Research Box 2: Weitere Analysen zum Gründungsgeschehen und Datenzugang zum KfW-Gründungsmonitor Der Tabellen- und Methodenband zum KfW-Gründungsmonitor mit zusätzlichen Informationen zum Gründungs- geschehen sowie weitere KfW Research Publikationen zur Gründungstätigkeit in Deutschland sind auf unserer Themenseite zu Innovation und Gründung zu finden. Der KfW-Gründungsmonitor ist ein wissenschaftlicher Datensatz zum Zweck der volkswirtschaftlichen Analyse der Gründungstätigkeit in Deutschland. Er steht externen Wissenschaftlern für empirische Forschungsarbeiten unter bestimmten Zugangsvoraussetzungen offen (mehr Informationen). 1 Zum Einfluss verschiedener Gründercharakteristika und Projektmerkmale auf die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen siehe Metzger, G. (2021), KfW-Gründungsmonitor 2020, Tabellen- und Methodenband, KfW Research, Seite 22. 2 In der Literatur wird diesbezüglich auch von „career handcuffs“, „golden handcuffs“ und „family handcuffs“ gesprochen, vgl. W asserman (2012), The founder’s dilemmas: anticipating and avoiding the pitfalls that can sink a startup, Princeton University Press. 3 Metzger, G. (2019), Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit nimmt ab, Lichtblick durch Jüngere, Fokus Volkswirtschaft Nr. 261, KfW Research. 4 Vgl. Metzger (2015), Wo ein Wille, da ein Weg? Hürden beim Gang in die Selbstständigkeit, Fokus Volkswirtschaft Nr. 82, KfW Research, Seite 2: „Im Jahr 2013 waren sowohl Frauen als auch Ältere unter den Gründungswilligen ähnlich stark vertreten, wie unter den tatsächlichen Gründern (Frauen: 4 von 10; Ältere: 1 von 10). Diese Anteile sind jedoch geringer als die jeweiligen Bevölkerungsanteile von Frauen und Älteren. Ihre Gründungsneigung anzuregen, ist ein Ansatz- punkt, um der Gründungstätigkeit neuen Schwung zu verleihen.“ 5 Booth, A. L. und P. Nolen (2012), Gender Differences in Risk Behaviour: Does Nurture Matter?, The Economic Journal, Volume 122, Issue 558, S. F56–F78; Dalborg, C., von Friedrichs, Y. and Wincent, J. (2015), Risk perception matters: why women’s passion may not lead to a business start-up, International Journal of Gender and Entrepreneurship, Vol. 7 No. 1, Seiten 87-104. 6 Werner, A. und R. Kay (2006), Entrepreneurial Image, Gender, and the Formation of New Ventures, Die Betriebswirtschaft, 66. Jg., Heft 5, S. 497–520. 7 Bijedić, T., Brink, S., Ettl, K., Kriwoluzky, S. und F. Welter, (2016), Innovation and women’s entrepreneurship: (why) are women entrepreneurs less innovative?, Seiten 63–80, in: Díaz-García, C., Brush, C. G., Gatewood, E. G. und F. Welter (Hrsg.), Women’s Entrepreneurship in Global and Local Contexts, Edward Elgar Publishing. Brink, S., Kriwoluzky, S., Bijedić, T., Ettl, K.; Welter, F. (2014): Gender, Innovation und Unternehmensentwicklung, IfM-Materialien Nr. 228, Institut für Mittel- standsforschung Bonn. 8 Vishkin, A. (2022), Queen’s Gambit Decline: The Gender-Equality Paradox in Chess Participation Across 160 Countries, Psychological Science, Vol. 33 Nr. 2, S. 276–284. 9 Metzger, G. (2022), Junge Selbstständige haben sich von Corona-Krise noch nicht erholt, Engpässe verschärfen die Lage, Fokus Volkswirtschaft Nr. 378, KfW Research. 10 Digitale Gründer sind Gründer, deren Angebot nur durch den Einsatz digitaler Technologien nutzbar ist. Die Geschäftsmodelle digitaler Gründer sind vielfältig: Sie können rein digital sein, wie bei App-Anbietern, Betreibern von Webportalen oder Webhosting-Diensten; sie können eine wesentliche digitale Komponente haben, wie bei Onlinehändlern oder Anbietern, die (selbst hergestellte) Produkte oder Dienstleistungen nur über Online -Marktplätze („Gig-Economy“) vertreiben; oder sie umfassen eine Tätigkeit, die im Wesentlichen auf digitaler Technologie basiert, wie bei Softwareentwicklern, Webdesi gnern, IT-Consultants, im Online- marketing oder bei der Digitalfotografie. 11 Leifels, A. und M. Schwartz (2022), Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2021: wieder mehr Planungen nach Corona-Knick – Familiennachfolge in der Krise beliebt, Fokus Volkswirtschaft Nr. 365, KfW Research. 12 Die Zuordnung der Gründungen zu Branchen erfolgte auf Basis der Beschreibungen der Gründungsprojekte nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 des Statistischen Bundesamtes. 13 Metzger, G. (2021), Enger Zusammenhang zwischen Risikobereitschaft und Selbstständigkeit, Fokus Volkswirtschaft Nr. 317, KfW Research. 14 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Reform des Insolvenzrechts tritt in Kraft: Verkürzte Restschuldbefreiung und Einführung neuer Sa- nierungsmöglichkeiten, Pressemitteilung, 30. Dezember 2020. 15 Lee S.-H. et al. (2007), Bankruptcy law and entrepreneurship development: A real options perspective, Academy of Management Review 32 (1), 257–272; Fan W. and M. White (2004), Personal Bankruptcy and the Level of Entrepreneurial Activity, Journal of Law and Economics 46, 545–567. 16 Metzger, G. (2019), Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit nimmt ab, Lichtblick durch Jüngere, Fokus Volkswirtschaft Nr. 261, KfW Research. Der Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit nimmt aus verschiedenen Gründen aber mit steigendem Lebensalter ab: Das dürfte mit der typischen Berufserfah- rung Erwerbstätiger zusammenhängen. Je länger man in seinem Berufsleben ausschließlich angestellt ist, desto stärker wird man von dieser Erwerbsform ge- prägt. Es tritt eine Gewöhnung ein, die vom Gründen abhält. Darüber hinaus nimmt mit steigendem Alter die Offenheit des persö nlichen Netzwerks ab, das eigene Spezialwissen nimmt zu, die finanzielle Abhängigkeit von einem Arbeitgeber wird stärker ebenso wie die familiäre Gebundenheit. In der Literatur wird diesbezüglich auch von „career handcuffs“, „golden hand-cuffs“ und „family handcuffs“ gesprochen, die Ältere stärker vom Gründen abhalten als Jüngere, siehe Wasserman (2012), The founder’s dilemmas: anticipating and avoiding the pitfalls that can sink a startup, Princeton University Press. 17 Metzger, G. (2021), Enger Zusammenhang zwischen Risikobereitschaft und Selbstständigkeit, Fokus Volkswirtschaft Nr. 317, KfW Research. 18 Die Barrierewirkung eines Gründungshemmnisses ergibt sich aus dem Saldo der Häufigkeiten eines Problems bei Planabbrüchen im Vergleich zu realisierten Gründungen (siehe Abschnitt „Bürokratie häufigstes Gründungshemmnis, aber finanzielles Risiko höchste Gründungsbarriere“). Dieser Saldo beträgt für das finanzielle Risiko bei Personen mit Kenntnis über die Insolvenzrechtsreform 29 Prozentpunkte, bei Personen ohne diese Kenntnis 44 Prozentpunkte. Seite 12
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