Kindesunterhalt Festsetzung von Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder - Einführung - Kinder- und Jugendhilfe OÖ
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Einführung www.kinder-jugendhilfe-ooe.at Kindesunterhalt Festsetzung von Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder
Amt der Oö. Landesregierung Direktion Soziales und Gesundheit Abteilung Kinder- und Jugendhilfe Bahnhofplatz 1 4021 Linz Tel.: (+43 732) 7720-15200 Fax: (+43 732) 77 20-215328 E-Mail: kjh.post@ooe.gv.at Inhalt: Mag. Peter Wienerroither www.kinder-jugendhilfe-ooe.at Stand: September 2015
Einfach auf die gewünschte Kapitelüberschrift klicken, um auf die jeweilige Seite zu gelangen. I. Rechtsgrundlagen, Unterhaltsbegriff und Allgemeines zum Unterhalt 6 II. Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage 9 III. Prozentmethode samt Korrekturen; Sonderprobleme 13 IV. Sonderbedarf 18 V. Umstandsklausel 20 VI. Eigene Einkünfte des Kindes, Selbsterhaltungsfähigkeit 21 VII. Unterhaltspflicht der Großeltern 24 VIII. Schaffung eines Unterhaltstitels 25 IX. Vertretung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger 29 X. Vererblichkeit der Unterhaltspflicht 33 I. Rechtsgrundlagen, Unterhaltsbegriff und Allgemeines zum Unterhalt 6 A. Gesetzliche Grundlagen; Unterhaltspflichtige 6 B. Begriff des Kindesunterhalts 6 C. Natural- und Geldunterhalt 6 1. Naturalunterhalt 6 2. Geldunterhalt 6 D. Unterhaltsbedarf des Kindes 7 1. Angemessenheit 7 2. Allgemeinbedarf 7 3. Sonderbedarf 7 E. Beginn und Ende der Unterhaltspflicht; Fälligkeit und Verjährung; Unterhalt für die Vergangenheit 8 II. Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage 9 A. Allgemeines 9 B. Unselbstständig Erwerbstätige 9 C. Selbstständig Erwerbstätige 10 D. Abzüge 10 E. Insolvenz des Unterhaltspflichtigen 11 F. Anspannungsgrundsatz 11
Einfach auf die gewünschte Kapitelüberschrift klicken, um auf die jeweilige Seite zu gelangen. III. Prozentmethode samt Korrekturen; Sonderprobleme 13 A. Prozentmethode 13 1. Allgemeines 13 2. Prozentsätze 13 B. Korrekturen der Prozentmethode 13 1. „Unterhaltsstopp“ (Luxusgrenze) 14 2. Belastungsgrenze 14 3. Sonderbedarf 14 4. Eigene Einkünfte des Kindes 14 C. Sonderprobleme 15 1. Anrechnung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag 15 2. Anrechnung von Naturalleistungen und überdurchschnittlichen persönlichen Kontakten 15 a. Anrechenbare Naturalleistungen 15 b. Überdurchschnittliche persönliche Kontakte 16 3. Drittpflege und Eigenpflege 17 IV. Sonderbedarf 18 A. Allgemeines 18 B. Sonderbedarfsgruppen 18 1. Besondere Ausbildungskosten 18 2. Medizinische Sonderkosten 18 3. Kosten der außerhäuslichen Betreuung 18 4. Prozess- und Anwaltskosten 18 C. Deckungspflicht 19 1. Allgemeines 19 2. Aufteilung des Sonderbedarfs 19 V. Umstandsklausel 20 A. Allgemeines 20 B. Wesentliche Änderungen 20 C. Mitteilungspflichten 20 D. Rückwirkung 20 VI. Eigene Einkünfte des Kindes, Selbsterhaltungsfähigkeit 21 A. Eigene Einkünfte des Kindes 21 1. Allgemeines; anrechenbare Einkünfte 21 2. Konkrete Anrechnung des Eigeneinkommens (Formeln) 21 B. Selbsterhaltungsfähigkeit 22 1. Allgemeines 22 2. Erforderliche Einkommenshöhe 22 3. Ausbildung 22 4. Abschluss der Berufsausbildung; Weiterbildung 23 5. Wiederaufleben der Unterhaltspflicht 23
Einfach auf die gewünschte Kapitelüberschrift klicken, um auf die jeweilige Seite zu gelangen. VII. Unterhaltspflicht der Großeltern 24 A. Gesetzliche Grundlage und Voraussetzungen 24 B. Umfang der Unterhaltspflicht und Aufteilung 24 VIII. Schaffung eines Unterhaltstitels 25 A. Unterhaltsvereinbarungen 25 1. Allgemeine Grundsätze 25 2. Unterhaltsvereinbarungen zwischen den Eltern 25 3. Unterhaltsvereinbarungen der Eltern/eines Elternteils mit dem Kind 26 B. Festsetzung des Unterhalts durch gerichtlichen Beschluss 26 1. Unterhaltsverfahren; Vertretung des Kindes, Zuständigkeit 26 2. Grundsätze des außerstreitigen Unterhaltsverfahrens 26 a. Einleitung nur auf Antrag (Antragsprinzip) 26 b. Anwaltspflicht; Kostenersatz 27 c. Untersuchungsgrundsatz; Mitwirkungspflichten der Parteien 28 d. Rechtsmittel 28 IX. Vertretung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger 29 A. Allgemeines 29 B. Amtsobsorge des Kinder- und Jugendhilfeträgers 29 1. Anwendungsfälle und Beginn der Vertretung 29 2. Inhalt der Vertretung 30 3. Ende der Vertretung 30 C. Rechtsgeschäftliche Bestellung des Kinder- und Jugendhilfeträgers 30 1. Beginn der Vertretung 30 2. Inhalt der Vertretung 31 3. Rechtsstellung des sonstigen gesetzlichen Vertreters 31 4. Ende der Vertretung 31 D. Unterhaltsvertretung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger bei Gewährung von Unterhaltsvorschüssen 31 1. Beginn der Vertretung 31 2. Inhalt der Vertretung 32 3. Rechtsstellung des sonstigen gesetzlichen Vertreters 32 4. Ende der Vertretung 32 E. Bestellung des Kinder- und Jugendhilfeträgers zum Unterhaltsvertreter durch das Gericht 32 1. Beginn der Vertretung 32 2. Inhalt der Vertretung 32 3. Rechtsstellung des sonstigen gesetzlichen Vertreters 33 4. Ende der Vertretung 33 X. Vererblichkeit der Unterhaltspflicht (§ 233 ABGB) 33 1. Umfang des Übergangs der Unterhaltspflicht 33 2. Übergang und Haftungsobergrenze 33
I. Rechtsgrundlagen, Unterhaltsbegriff 6 und Allgemeines zum Unterhalt A. Gesetzliche Grundlagen; Unterhaltspflichtige Die gesetzliche Grundlage für die Pflicht der Eltern zur (3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als Leistung des Kindesunterhalts findet sich in § 231 Abs. das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksich- 1 bis 3 ABGB, der wie folgt lautet: tigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungs- fähig ist. (1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensver- hältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Un- unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, terhalts nicht imstande sind, schulden ihn nach § 232 Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ih- ABGB subsidiär (und eingeschränkt) die Großeltern. Auf ren Kräften anteilig beizutragen. die Unterhaltspflicht der Großeltern wird unter VII. geson- (2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das dert eingegangen. Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, Uneheliche Kinder sind unterhaltsrechtlich den ehelichen soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Kindern gleichgestellt. Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhält- nissen angemessen wäre. B. Begriff des Kindesunterhalts Der Unterhalt dient nach herrschender Auffassung und wie Religionsausübung, Kultur, Erholung, Urlaub, Sport, Judikatur zur Befriedigung des gesamten Lebensauf- soziale Bedürfnisse und Freizeitgestaltung, Benützung wands des Kindes. Dazu gehören Nahrung, Kleidung und von Kommunikations- und Unterhaltungsmitteln (Post, Wohnung samt allen damit verbundenen Aufwendungen Telefon, Internet, Computer, Radio, Fernsehen etc.) so- (Miete, Heizung, Strom und sonstige Betriebskosten, wie ein angemessenes Taschengeld zur individuellen Be- Reinigung etc.), Hygiene und medizinische Versorgung, friedigung höchstpersönlicher Bedürfnisse. Ferner um- bei Kindern und Jugendlichen auch Personenbetreuung, fasst der Unterhalt auch die notwendigen Prozess- und Erziehung und Ausbildung. Ferner „sonstige Bedürfnisse“ Anwaltskosten („Sonderbedarf“; vgl. Näheres unter IV.). C. Natural- und Geldunterhalt 1. Naturalunterhalt Solange das unterhaltsberechtigte Kind mit dem Un- rende Person (z.B. Ehegatte, Lebensgefährte, der das terhaltsberechtigten im gemeinsamen Haushalt lebt, Kind betreut) geleistet. Zum Naturalunterhalt gehört auch ist nach ständiger Rechtsprechung Naturalunterhalt zu ein angemessenes Taschengeld für das Kind. In der Leh- leisten, also die unmittelbare Befriedigung der ange- re (Gitschthaler) wird vorgeschlagen, das Taschengeld in messenen Kindesbedürfnisse durch Sach- oder Dienst- Prozentsätzen des (tatsächlichen oder fiktiven) Geldun- leistungen, die der Unterhaltspflichtige entweder selbst terhaltsanspruchs des Kindes gegenüber seinen Eltern erbringt oder deren Erbringung durch Dritte er bezahlt. (vgl. Näheres unter III.) zu bemessen, und zwar für Kinder Naturalunterhalt für das Kind wird (teilweise) auch durch bis 7 Jahre 1 %, für Kinder von 7 bis 10 Jahren 5 %, von die Übergabe von Wirtschaftsgeld an die haushaltsfüh- 10 bis 14 Jahren 8 % und von 14 bis 19 Jahren 10 %. 2. Geldunterhalt Bei Haushaltstrennung (wenn also der Unterhaltspflich- Altersgruppen gestaffelte Prozentsätze vom Nettoein- tige mit dem Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt) kommen [Unterhaltsbemessungsgrundlage] des Un- oder bei Verletzung der Unterhaltspflicht (wobei die terhaltspflichtigen) – vgl. dazu Näheres unter III. Unter Gefahr einer zukünftigen Unterhaltsverletzung reicht) ist bestimmten Voraussetzungen können Naturalleistungen vom getrennt lebenden Unterhaltspflichtigen zur Gänze auf den Geldunterhalt angerechnet werden (vgl. Näheres Geldunterhalt an das Kind zu leisten, der grundsätzlich unter III.C.2.). nach der sog. „Prozentmethode“ bemessen wird (nach Der Elternteil, der das Kind in seinem Haushalt betreut,
leistet grundsätzlich dadurch seinen gesamten Unter- Erbringt kein Elternteil relevante Betreuungsleistungen, haltsbeitrag (§ 231 Abs. 2 ABGB). weil das Kind entweder keine Betreuung mehr benötigt Im Hinblick auf die Geldunterhaltspflicht ist nicht rele- (Eigenpflege) oder sich zur Gänze in Pflege bei Dritten vant, ob etwa die Haushaltstrennung gegen den Willen befindet (Drittpflege), sind beide Elternteile geldunter- 7 des Unterhaltspflichtigen erfolgte (Beispiel: Mutter ver- haltspflichtig, und zwar im Verhältnis ihrer jeweiligen Leis- lässt bei aufrechter Ehe eigenmächtig mit dem Kind die tungsfähigkeit (vgl. Näheres unter III.C.3.). Ehewohnung und zieht in eine eigene Wohnung). Auch wenn etwa ein minderjähriges Kind gegen den Willen der Unterhaltsverletzung liegt vor, wenn der Unterhaltspflich- Eltern von zuhause auszieht, hat es (grundsätzlich) einen tige den Unterhalt gar nicht, nicht in vollem Umfang oder Geldunterhaltsanspruch gegen die Eltern (vgl. z.B. 2 Ob verspätet leistet. 196/02s). D. Unterhaltsbedarf des Kindes 1. Angemessenheit Das Kind hat Anspruch auf Deckung seines gesamten Gesundheitszustand, Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen Unterhaltsbedarfs, allerdings nur im Rahmen der Ange- und Entwicklungsmöglichkeiten), andererseits aber auch messenheit. Die Angemessenheit orientiert sich einer- an den Lebensverhältnissen der Eltern (Einkommen, seits an den konkreten Bedürfnissen des Kindes (Alter, Vermögen, sonstige Sorgepflichten). 2. Allgemeinbedarf Der Allgemeinbedarf umfasst den bei jedem Kind einer nach der Judikatur gesetzwidrig (vgl. III.A.1.). Der Re- bestimmten Altersgruppe und bei bestimmten Lebens- gelbedarf ist auch nicht ein Mindestbedarf, der etwa je- verhältnissen der Eltern (besonders deren Einkommen) dem Kind in Österreich zustehen müsste. Näheres zur regelmäßig neben der Betreuung durch den haushalts- praktischen Bedeutung der Regelbedarfssätze siehe führenden Elternteil bestehenden Bedarf. unter III.B.1., IV.C.1. und VI.A.2. Eine ungefähre faktische Orientierungs- und Kontrollgröße für den (in Geld bemessenen) Bedarf in Durchschnittsfällen Die Rechtsprechung ermittelt den Allgemeinbedarf, den für alle Kinder einer bestimmten Altersstufe in Österreich ein Kind neben der Betreuung durch den haushaltsfüh- ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensumstände bietet renden Elternteil zusätzlich (in Geld bemessen) noch hat, der sogenannte Regelbedarf bzw. Durchschnittsbedarf. nach Prozentsätzen von der Unterhaltsbemessungs- Die Regelbedarfssätze werden jährlich vom LGZ Wien (je- grundlage des Unterhaltspflichtigen („Prozentmetho- weils für 1.7. bis 30.6.) veröffentlich. de“). Die Prozentmethode sichert unter Beachtung der Seit 1.7.2015 gelten folgende Sätze: 0-3 Jahre 199 €, Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zumindest 3-6 Jahre 255 €, 6-10 Jahre 329 €, 10-15 Jahre 376 für Durchschnittsfälle den Anspruch des Kindes, an den €, 15-19 Jahre 443 €, 19-28 Jahre 555 €. Eine Zu- Lebensverhältnissen des verpflichteten Elternteils ange- erkennung des Regelbedarfs ohne Berücksichtigung messen teilzuhaben. Näheres zur Prozentmethode siehe der konkreten Lebensverhältnisse der Eltern wäre aber unter III. 3. Sonderbedarf Über den Allgemeinbedarf hinaus kann das Kind im Ein- nicht weitgehend regelmäßig bei der Mehrzahl der unter- zelfall ausnahmsweise aus gerechtfertigten Gründen haltsberechtigten Kinder anfällt. Inhaltlich fallen darunter einen Sonderbedarf haben. Das ist jener Bedarf, der sich hauptsächlich Sonderaufwendungen für Gesundheit und aus den vom Allgemeinbedarf nicht berücksichtigten Persönlichkeitsentwicklung (Ausbildung, Talentförderung, Umständen des Einzelfalls ergibt und vom Allgemeinbe- Erziehung). Deckungspflichtig ist er nur, wenn er weder darf nicht gedeckt ist. Sonderbedarf ist nur deckungs- aus dem konkret bemessenen Unterhalt bestritten wer- pflichtig, wenn er aus gerechtfertigten, in der Person des den kann, noch durch Sozialleistungen von dritter Seite Kindes liegenden Gründen entstanden ist und den Kri- (z.B. Krankenkassenleistungen, Pflegegeld etc.) gedeckt terien „Individualität“, „Außergewöhnlichkeit“ und „Dring- ist. Näheres zum Sonderbedarf siehe unter IV. lichkeit“ entspricht. Sonderbedarf ist also ein Bedarf, der
E. Beginn und Ende der Unterhaltspflicht; Fälligkeit und Verjährung; Unterhalt für die Vergangenheit 8 Die Unterhaltspflicht des Unterhaltspflichtigen beginnt, durch Banküberweisung erfüllt, hat er den Überweisungs- unabhängig von der Kenntnis darüber, immer mit der Ge- auftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der geschuldete burt des Kindes. Die Unterhaltspflicht endet mit dem Tod Betrag spätestens am Fälligkeitstag (am Ersten des Mo- des Kindes sowie mit dessen Selbsterhaltungsfähigkeit nats) am Konto des Gläubigers gutgeschrieben (wertge- (Näheres dazu unter VI.B.). Wenn das Kind bereits eige- stellt) ist (§ 907a ABGB). Innerhalb der Verjährungsfrist ne Einkünfte hat ohne dadurch bereits (gänzlich) selbst- kann Geldunterhalt auch rückwirkend geltend gemacht erhaltungsfähig zu sein, muss es dennoch bereits einen werden. Die Verjährung von Unterhaltsansprüchen eines Teil seiner Unterhaltsbedürfnisse selbst tragen (teilweise Minderjährigen gegen einen mit der Obsorge betrauten Selbsterhaltungsfähigkeit). Zur Vererblichkeit der Unter- Elternteil kann aber weder anfangen noch fortgesetzt wer- haltspflicht siehe unter X. den, solange die Obsorge andauert (Fortlaufshemmung, § Geldunterhalt wird (mangels anderer Vereinbarung) für je- 1495 ABGB). Die Hemmung der Verjährung entfällt erst, den Monat am Ersten im Vorhinein fällig (§ 1418 ABGB). wenn dem verpflichteten Elternteil die Obsorge zur Gänze Fällige Unterhaltsraten verjähren innerhalb von 3 Jahren (§ fehlt, wobei nach der Judikatur eine vorläufige Entziehung 1480 ABGB). Soweit der Schuldner die Unterhaltsschuld der Obsorge nach § 107 Abs. 2 AußStrG ausreichend ist.
II. Ermittlung der Unterhalts- bemessungsgrundlage 9 A. Allgemeines Die Unterhaltsbemessungsgrundlage, von der der kon- haltspflichtigen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage. krete Unterhalt bemessen wird, drückt die Leistungs- Dies gilt zumindest für Geldunterhaltsansprüche, etwa fähigkeit des Unterhaltsschuldners aus. Als Bemes- gegen einen Elternteil oder den geschiedenen oder nicht sungsgrundlage dient in der Regel (Ausnahme: sog. mehr im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten, in „Anspannungsfälle“; vgl. Näheres unter II.F.) das tatsäch- jüngster Zeit aber auch im Hinblick auf Naturalunterhalts- liche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen nach ansprüche (die in Geld zu bewerten sind). Abzug der Zahlungspflichten für einkommensgebunde- ne Steuern und öffentliche Abgaben. Auch weitere, an Auch Vermögenserträge (z.B. Zinsen, Dividenden, Miet- bestimmte Zwecke gebundene Aufwendungen können einnahmen) fallen als Einkommen in die Unterhaltsbe- nach der Rechtsprechung von der Bemessungsgrundla- messungsgrundlage, unabhängig davon, auf welchem ge abzugsfähig sein (vgl. Näheres unter II.D.). Das steu- Weg das Vermögen erworben wurde. Von den Erträgen erpflichtige Einkommen ist mit dem unterhaltsrelevanten können erforderliche Aufwendungen (z.B. Bankspesen, Einkommen nicht identisch. Auch die Unpfändbarkeit von Steuern) angemessen abgezogen werden. Den Vermö- Einkommen hindert seine Einbeziehung in die Unterhalts- gensstamm muss der Unterhaltspflichtige grundsätzlich bemessungsgrundlage nicht. nicht heranziehen, ausnahmsweise nur dann, wenn das laufende Einkommen nicht zur Deckung des notwendigen Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn ist nach der bzw. angemessenen Unterhalts ausreicht (aber nur bei Judikatur die Summe aller tatsächlich erzielten Ein- wirtschaftlicher Tunlichkeit der Vermögensverwertung). nahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geld- werten Leistungen, über die er frei verfügen kann oder Grundsätzlich ist zur Ermittlung der Unterhaltsbemes- die zumindest seine Bedürfnisse verringern (etwa auch sungsgrundlage ein längerer Ermittlungs- bzw. Beob- Sach- bzw. Naturalbezüge mit Einkommensersatzfunkti- achtungszeitraum heranzuziehen, um unter Ausgleich on, z.B. ein Firmenwagen, der für Privatfahrten benützt von Schwankungen ein durchschnittliches Einkommen wird, verbilligter Essens- oder Strombezug, vergünstigte zu ermitteln. Dienstwohnung etc.). Unerheblich ist auch, ob das Ein- kommen des Unterhaltspflichtigen etwa aus einer ge- Die Unterhaltsbemessung für vergangene Zeiträume er- gen das Gewerberecht verstoßenden Tätigkeit stammt folgt nach dem tatsächlichen Einkommen des Unterhalts- („Pfusch“) oder sonst rechtswidrig erzielt wurde (vgl. 7 schuldners im relevanten Zeitraum. Bei der Bemessung Ob 16/14z [Zuhälterei]). Oft bestehen insoweit aber Be- des laufenden (künftigen) Unterhalts ist grundsätzlich auf weisprobleme. Nach der neueren Judikatur fallen auch das im unmittelbar vorangehenden Bezugszeitraum er- eigene gesetzliche Unterhaltsansprüche des Unter- zielte durchschnittliche Einkommen abzustellen. B. Unselbstständig Erwerbstätige Das Einkommen unselbstständig Erwerbstätiger besteht kommen. Ferner auch Naturalbezüge mit Einkommens- aus dem Arbeitsentgelt („Lohn“ bzw. „Gehalt“; das, was ersatzfunktion. der Arbeitnehmer für das Zurverfügungstellen der Arbeits- Reine Aufwandsentschädigungen ohne Entgeltcharak- kraft vom Arbeitgeber erhält) einschließlich Nebengebüh- ter, mit denen also ausschließlich ein tatsächlich anfal- ren, Sonderzahlungen und Zulagen mit Entgeltcharakter lender beruflicher Mehraufwand abgedeckt wird, fallen sowie allfälligen öffentlich-rechtlichen Leistungen. hingegen nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage. Zum Einkommen gehören daher etwa auch Überstun- Der Beweis dafür, dass es sich um reine Aufwandsent- denentgelt, Trinkgeld, Abfertigung, Steuerrückzahlung, schädigungen handelt, obliegt dem Unterhaltspflichtigen. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (für das unter- Im Zweifel werden sie von der Rechtsprechung zu 50 % haltsfordernde Kind), Arbeitslosengeld, Notstandshilfe in die Bemessungsgrundlage einbezogen. samt Familienzuschlägen (sofern für den Unterhaltsbe- Eine detaillierte Übersicht über die Einkommensbestand- rechtigten bezogen), Erwerbsunfähigkeitspension, Kran- teile findet sich in Schwimann/Kolmasch, Unterhalts- kengeld, Versehrten- und Unfallrenten, Wochengeld, recht, 7. Aufl., S. 24 ff. Sozialhilfe, Ausgleichszulage. Entgegen § 42 Kinderbe- treuungsgeldgesetz zählt nach neuerer Judikatur auch Hinsichtlich des Beobachtungszeitraums zur Ermittlung das von einem Unterhaltspflichtigen bezogene Kinderbe- des Durchschnittseinkommens des Unterhaltspflichtigen treuungsgeld (so wie das frühere Karenzgeld) zum Ein- genügt bei stabiler Einkommenshöhe (z.B. Beamte)
ausnahmsweise eine Gehaltsauskunft über drei Monate, regelmäßig (saisonbedingt) kurzfristig arbeitslos ist, wird ansonsten je nach Schwankungsstärke zwischen sechs sein Jahresnettoeinkommen als Unterhaltsbemessungs- Monaten und einem Jahr. Wenn der Unterhaltspflichtige grundlage herangezogen. 10 C. Selbstständig Erwerbstätige Das Einkommen selbstständig erwerbstätiger Unterhalts- Hinsichtlich des Beobachtungszeitraums ist bei selbst- pflichtiger ergibt sich nicht aus dem steuerlichen Rein- ständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (sowohl bei gewinn laut Einkommensteuerbescheid, maßgebend ist Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als auch bei doppel- vielmehr der tatsächlich verbleibende Reingewinn, ter Buchführung) auf das Durchschnittseinkommen der d.h. reale Einnahmen abzüglich realer Betriebsausgaben letzten drei Wirtschaftsjahre vor dem Entscheidungszeit- sowie der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebs- punkt abzustellen, wobei auf konkrete Indikatoren für die gebundene Steuern und öffentliche Abgaben. Unternehmensaussichten in der Zukunft Bedacht ge- Übersteigen allerdings die Privatentnahmen den Reinge- nommen werden muss. winn, werden anstelle des Betriebsergebnisses die Privat- Vielfach kann die Einkommensermittlung bei Selbststän- entnahmen der Unterhaltsbemessung zugrunde gelegt. digen nur unter Beiziehung eines Sachverständigen er- Dasselbe gilt, wenn die Betriebsbilanz einen Verlust aus- folgen. weist. Privatentnahmen sind alle nichtbetrieblichen Bar- und Naturalentnahmen, z.B. für Unterhaltszahlungen, Bei Unterhaltsschuldnern, die Landwirte sind, kommt es eigene Verpflegung, Prämienzahlungen für Privatversi- zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht auf steu- cherungen, Verwendung des Firmen-PKW für private errechtliche Pauschalierungen, sondern auf den tatsäch- Zwecke etc. lichen Nettoertrag der Landwirtschaft an. D. Abzüge Wie bereits ausgeführt, sind zur Ermittlung der Unter- - Ausgaben, die (auch) dem Unterhaltsberechtigten haltsbemessungsgrundlage vom Bruttoeinkommen des zugute kommen, soweit angemessen (z.B. Prämien- Unterhaltspflichtigen die laufenden einkommensgebunde- leistungen für eine den Unterhaltsberechtigten begün- nen Steuern sowie die öffentlichen Abgaben (Beiträge zur stigende Lebens- oder Krankenzusatzversicherung, gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) Kreditraten für die Eigentumswohnung oder das Haus, abzuziehen. Davon abgesehen können nach der Recht- in dem der Unterhaltsberechtigte wohnt). sprechung nur wenige berücksichtigungswürdige Ausga- ben des Unterhaltspflichtigen von der Bemessungsgrund- Nicht abzugsfähig sind insbesondere Ausgaben des lage abgezogen werden. Ganz grundsätzlich gilt in diesem täglichen Lebens, z.B. private Fahrtkosten, Lebensmit- Zusammenhang, dass dann, wenn ein ausreichender telkosten, eigene Wohnkosten. Auch Kosten zur Aus- Kindesunterhalt gefährdet erscheint, nur jene Ausgaben übung des Kontaktrechts (insbes. Fahrtkosten) sind nach abzugsfähig sind, die auch ein pflichtbewusster Elternteil der Judikatur nur ausnahmsweise (teilweise) abzugsfä- in der gleichen Situation aufwenden würde (sog. „Anspan- hig, wenn der Unterhaltsspflichtige durch die Kosten nungsschranke“). Abzugsfähig sind grundsätzlich folgen- seinen eigenen Lebensunterhalt gefährden würde. Auch de Ausgaben des Unterhaltspflichtigen: Zahlungen des Unterhaltspflichtigen für seine private Al- tersvorsorge können nach der Rechtsprechung nicht von - berufsbedingte Aufwendungen, soweit notwen- der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, ebenso dig und angemessen (z.B. Betriebsausgaben eines wenig private Unfall- oder Krankenzusatzversicherungs- Selbstständigen, existenznotwendige Weiterbil- prämien. dungskosten; Kosten für Fahrten mit dem Privat- PKW zum und vom Arbeitsplatz nur, soweit sie über- Auch Zins- und Tilgungszahlungen für Kredite und sons- durchschnittlich hoch sind und die Erreichung des tige Schulden des Unterhaltspflichtigen werden bei der Arbeitsplatzes mit öff. Verkehrsmitteln nicht möglich Unterhaltsbemessung grundsätzlich nicht berücksichtigt. oder zumutbar ist); Ausnahmsweise gilt anderes nur im Fall von Schulden wegen unvermeidbarer Anschaffungen für Beruf und - lebens- und existenznotwendige Ausgaben, die der existenznotwendige Lebensführung, zur Erhaltung der Sicherung des Lebens und der Arbeitskraft oder der Arbeitskraft und der wirtschaftlichen Existenz des Unter- wirtschaftlichen Existenzgrundlage dienen, soweit sie haltspflichtigen oder zur Deckung von unabwendbaren über den normalen Lebensaufwand hinausgehen; außergewöhnlichen Belastungen. - krankheits- oder behinderungsbedingter Mehrauf- Eine detaillierte Übersicht über die Abzugsposten findet wand, soweit dieser nicht durch Sozial- oder Sozialver- sich in Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., sicherungsleistungen gedeckt ist; S. 45 ff.
E. Insolvenz des Unterhaltspflichtigen In der Vergangenheit wurde die Frage, wie der laufende stenzminimum gemäß § 291a EO und dem Unter- Unterhalt während eines Insovenzverfahrens (Konkurs- haltsexistenzminimum gemäß § 291b EO kommt es 11 bzw. Schuldenregulierungsverfahrens) des Unterhalts- nicht an. Die Belastbarkeit des Unterhaltspflichtigen pflichtigen und nach dessen Aufhebung zu bemessen ist, richtet sich nach dem Unterhaltsexistenzminimum von der Judikatur widersprüchlich beantwortet. gemäß § 291b EO, das ausnahmsweise in den Gren- Zuletzt überwogen die Entscheidungen, wonach schon zen des § 292b EO unterschritten werden kann. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Auswirkungen auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage habe und eine Til- Im Ergebnis kommt der verstärkte Senat des OGH gung von Unterhaltsschulden nur aus der Differenz der somit zum Ergebnis, dass auch die Konkurseröffnung Existenzminima nach §§ 291a und 291b EO möglich sei nicht generell die Leistungsfähigkeit und damit die Un- („Differenzmethode“). terhaltsbemessungsgrundlage beeinflusst. Auch nach Konkurseröffnung können daher nur ausnahmsweise Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens seien Zah- aus berücksichtigungswürdigen Gründen ganz bestimm- lungsplanraten oder Belastungen aus einem Abschöp- te (laufende) Verbindlichkeiten von der Unterhaltsbemes- fungsverfahren grundsätzlich von der Unterhaltsbe- sungsgrundlage abgezogen werden (vgl. unter II.D.). messungsgrundlage abzuziehen (als „außergewöhnliche Belastungen“), dem/den Unterhaltsberechtigten stehe Die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten werden daher aber jedenfalls zur Befriedigung der Unterhaltsansprüche auch nicht auf den Betrag beschränkt, der sich aus ver- die Differenz der angeführten Existenzminima zur Verfü- schiedenen Existenzminima des Lohnpfändungsrechts gung. ergibt (die „Differenzmethode“ verliert damit weitgehend an Bedeutung). Nachdem diese (überwiegende) Judikaturlinie von Teilen der Lehre massiv kritisiert worden war – es sei nicht ein- Das (einkommensabhängige) Unterhaltsexistenzmini- zusehen, wieso Schulden aus einem Zahlungsplan an- mum nach § 291b EO ist aber (als „Belastungsgrenze“) ders zu behandeln seien als andere Schulden (die ja nur grundsätzlich zu beachten (konkret nach der Existenzmi- ausnahmsweise abzugsfähig sind; vgl. unter II.D.) – und nimums-Tabelle 2bm, erste Spalte [ohne Berücksichtigung auch verschiedene Senate des Obersten Gerichtshofs von Sorgepflichten]). Wenn es dem Unterhaltspflichtigen (OGH) diese Bedenken teilten, hat der OGH durch bei Erfüllung aller Unterhaltspflichten verbleibt, bleibt es Entscheidung eines verstärkten Senats im April 2010 auch bei der Unterhaltsfestsetzung nach der Prozentme- (1 Ob 160/09z) Folgendes klargestellt: thode. Andernfalls ist der Betrag, der dem Unterhalts- pflichtigen zu verbleiben hat, nach § 292b Z. 1 EO an- - Der Umstand, dass dem Unterhaltspflichtigen sein gemessen herabzusetzen, der Unterhaltspflichtige darf Erwerbseinkommen aufgrund der Eröffnung des Kon- aber nicht in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet kurses über sein Vermögen oder daran anschließender werden. Nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei insolvenzrechtlicher Konsequenzen (Abschöpfungs- ganz geringem Einkommen und zahlreichen Unterhalts- verfahren, Zahlungsplan, Zwangsausgleich) nicht zur berechtigten kann auch das – vielfach als „absolute Be- Gänze zur Verfügung steht, führt für sich allein nicht lastungsgrenze“ bezeichnete – niedrigste Unterhaltsexis- zu einer Verminderung seiner Unterhaltspflicht. tenzminimum von 75 % des allgemeinen Grundbetrags (§ 291b Abs. 2 iVm. § 291a Abs. 1 EO) unterschritten - Bei der Unterhaltsbemessung ist in allen Insolvenz- werden (vgl. den Wert in der Existenzminimums-Tabelle fällen regelmäßig von der im Einzelfall ermittelten 2bm in der ersten Spalte der ersten Zeile, der im Jahr Unterhaltsbemessungsgrundlage auszugehen. 2015 763 € beträgt). Auf die Deckung in der Differenz zwischen dem Exi- F. Anspannungsgrundsatz Wenn der Unterhaltspflichtige schuldhaft weniger Einkommen haltspflichtigen aus, für die Erfüllung seiner gesetzlichen Un- erzielt als seiner Leistungsfähigkeit entsprechen würde, muss terhaltspflichten im zumutbaren Rahmen alle seine „Kräfte er sich unter bestimmten Voraussetzungen jenes Einkommen anzuspannen“, alle seinen persönlichen und finanziellen Mit- zurechnen lassen, das er bei zumutbarer Ausschöpfung seiner tel und Möglichkeiten so gut wie möglich zur Erzielung von Möglichkeiten realistischerweise erzielen könnte. Der prakti- Einkommen zu nutzen. Maßstab ist dabei das Verhalten eines sche Wert einer Unterhaltsbemessung auf Basis eines solchen pflichtbewussten, rechtschaffenen Unterhaltspflichtigen. potenziellen Einkommens liegt in der Möglichkeit, bei Unein- Die Erwerbsbemühungen müssen daher umso größer sein, bringlichkeit einen Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhalts- je umfangreicher die Unterhaltspflichten des Schuldners sind. vorschussgesetz 1985 (UVG) zu erlangen. Der in § 231 Abs. 1 ABGB („nach ihren Kräften“) grundgelegte Die Anspannungsobliegenheit gilt gleichermaßen für Anspannungsgrundsatz geht von der Obliegenheit des Unter- unselbstständigen wie selbstständigen Erwerb ein-
schließlich der Kapitalerträge. Die Anspannungsoblie- Wichtige Anwendungsfälle, in denen eine Anspannung genheit verlangt vom Unterhaltspflichtigen auch, ihm des Unterhaltspflichtigen in Frage kommt, sind etwa zustehende Leistungen in Anspruch zu nehmen, z.B. 12 die Beantragung öffentlich-rechtlicher Versorgungsleis- - Arbeitslosigkeit (ein arbeitsloser Unterhaltsschuldner tungen, Geltendmachung von betrieblichen Schaden- muss sich ernsthaft und intensiv bemühen, einen [zu- ersatzansprüchen, Beantragung der höchstmöglichen mutbaren] Arbeitsplatz zu finden; gelingt dies aber trotz Lohnsteuererträge etc. ausreichender Bemühungen nicht, ist der Unterhalt nach dem tatsächlichen Einkommen, z.B. Arbeitslo- Bei schuldhafter, also vorsätzlicher oder fahrlässiger sengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe zu bemessen), Verletzung dieser Obliegenheit wird der Unterhaltsbemes- sung jenes Einkommen zugrunde gelegt, das der Unter- - Frühpensionierung (wenn dem Unterhaltspflichtigen haltspflichtige bei zumutbarer Erwerbstätigkeit nach den weiterhin eine Erwerbsarbeit zumutbar ist und die konkreten Umständen des Einzelfalls tatsächlich erzielen Pensionierung zu einer erheblichen Unterhaltsminde- könnte. Wer hingegen objektiv (aus welchen Gründen rung führen würde), immer, z.B. Krankheit, Behinderung, Haft, Schwanger- schaft, Alter) nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage - Teilzeitbeschäftigung (ohne überzeugende Gründe, ist, ist nicht leistungsfähig und kann daher auch nicht auf z.B. Alter, Krankheit, Kinderbetreuung), ein potenzielles Einkommen angespannt werden. - Berufswechsel, z.B. in die Selbstständigkeit (außer Maßgebend für die Unterhaltsbemessung nach Anspan- durch triftige Gründe, z.B. Gesundheit, Kündigung, nungskriterien ist die nach den konkreten Umständen wirtschaftliche Gründe erzwungen; grundsätzlich (konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wägt die Rechtsprechung hier zwischen Freiheit der nach seinen individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten Berufswahl und Interessen des Unterhaltsberech- [nach Alter, Gesundheit, Ausbildung, Talent etc.] bei ge- tigten ab – Anspannung etwa, wenn einschneidende gebener Markt- und Arbeitsmarktlage) in zumutbarem Einkommensminderungen, ersatzlose Aufgabe über- Rahmen vorhandene reale Erwerbsmöglichkeit (keine durchschnittlich entlohnter Beschäftigung, lang dau- reinen Fiktionen). Das bei realistischer Schätzung erziel- ernde Berufsausbildung mit ungewisser Aussicht), bare Einkommen ist dabei, allenfalls mit Hilfe von Sach- verständigen, betragsmäßig anzugeben. - Beschäftigungsaufgabe zu Studienzecken (außer wenn es die Erwerbschancen erhöht und zielstrebig Die Prüfung der Möglichkeit einer Anspannung des Un- und erfolgreich betrieben wird), terhaltspflichtigen setzt erst bei Verletzung des ange- messenen Unterhalts ein. Kinder müssen sich aber - Betreuung von Kindern (Müttern wird von der keinesfalls immer mit der Deckung des Regelbedarfs Rechtsprechung in der Regel ab der Vollendung des oder der Erreichung eines Durchschnittseinkommens 3. Lebensjahrs des zu betreuenden Kindes eine Teil- zufrieden geben, wenn etwa dem Unterhaltspflichtigen zeitbeschäftigung zugemutet, sofern eine Betreuung höhere Anstrengungen möglich und zumutbar sind. des Kindes durch Dritte (Kindergarten, Tagesmutter/- Leistet andererseits der Unterhaltspflichtige bereits er- vater) möglich und zumutbar ist; für die Väterkarenz heblich über dem Regelbedarf liegenden Unterhalt, verlangt die Rechtsprechung einen besonders be- kann im Einzelfall der Verzicht auf zusätzliches Einkom- rücksichtigungswürdigen Grund, z.B. wenn sonstige men gerechtfertigt sein. Betreuungseinrichtungen oder –personen fehlen und die Mutter zumindest nicht wesentlich weniger als der Ein unterhaltspflichtiger Vater kann erst ab jenem Zeit- Vater verdient). punkt auf das ihm zumutbare Einkommen angespannt werden, in dem er von seiner Unterhaltspflicht (d.h. von - Unterlassung der Nutzbarmachung des Vermögens seiner Vaterschaft zum Kind) sichere Kenntnis erlangte. (z.B. sorgfaltswidrige Verwendung des Vermögens- Dafür reicht die Kenntnis von einem DNA-Gutachten, das stamms, etwa für Luxuszwecke; unterlassene Reali- die Vaterschaft als praktisch erwiesen ansieht. sierung erzielbarer Vermögenserträge).
III.Prozentmethode samt Korrekturen; Sonderprobleme 13 A. Prozentmethode 1. Allgemeines Das Gesetz selbst kennt kein konkretes Berechnungssys- gewährleistet die angemessene Teilhabe des Unterhalts- tem für die Unterhaltsbemessung. Die ständige Recht- berechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhalts- sprechung bemisst den Kindesunterhalt grundsätzlich pflichtigen (vgl. z.B. 4 Ob 2285/96z, 7 Ob 167/02p). Bei nach der sog. „Prozentmethode“ (auch als „Prozent- atypischer Sachlage ist aber eine Anpassung an die tat- satzmethode“ oder „Prozentwertmethode“ bezeichnet), sächlichen Verhältnisse erforderlich. wonach Kindern innerhalb bestimmter Altersstufen be- Die Prozentmethode sorgt in Durchschnittsfällen für stimmte Prozentsätze von der Bemessungsgrundlage brauchbare Angaben über die Leistungsfähigkeit des (durchschnittliches Nettoeinkommen) des Unterhalts- Unterhaltspflichtigen. Sie stellt nur auf die finanziellen pflichtigen zustehen. Der Zuspruch des bloßen Regelbe- Verhältnisse des geldunterhaltspflichtigen Elternteils darfs ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnis- ab, das Einkommen des anderen (das Kind betreuenden) se der Eltern widerspricht nach der Judikatur hingegen Elternteils spielt nach der Judikatur grundsätzlich keine dem Gesetz (vgl. z.B. 9 Ob 34/01t, 4 Ob 237/97z). Rolle. Insbesondere führt eine erhöhte Leistungsfähigkeit Die Prozentmethode bietet nach der Judikatur für durch- des betreuenden Elternteils grundsätzlich nicht zu einer schnittliche Fälle eine brauchbare Orientierungshilfe und Reduktion des vom anderen Elternteil zu leistenden Geld- dient der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle. Sie unterhalts. 2. Prozentsätze Nach ständiger Rechtsprechung stehen Kindern folgen- - für gesetzlich unterhaltsberechtigte (Ex-)Partner der Altersstufen folgende Prozentsätze von der Unter- (Ehegatten, eingetragene Partner, nach auslän- haltsbemessungsgrundlage (durchschnittliches Nettoein- dischem Recht unterhaltsberechtigte Lebensge- kommen) des Unterhaltspflichtigen zu: fährten): Abzug zwischen 0 und 3 %, je nach dem Ein- kommen des (Ex-)Partners (für den einkommenslosen (Ex-)Partner 3 %; Anm.: das Kinderbetreuungsgeld - 0 bis 6 Jahre: ___________ 16 % gilt nach § 42 KBGG in seinen Pauschalvarianten aus- - 6 bis 10 Jahre: __________ 18 % drücklich nicht als Einkommen des beziehenden Eltern- - 10 bis 15 Jahre: _________ 20 % teils [anders bei der einkommensabhängigen Variante; - über 15 Jahre: __________ 22 % vgl. § 24d KBGG], er gilt daher als einkommenslos [dies gilt nach der Rechtsprechung aber nicht hinsichtlich der Unterhaltspflicht des beziehenden Elternteils für ande- Weitere Sorgepflichten des Unterhaltspflichtigen wer- re Kinder; insoweit gilt das Kinderbetreuungsgeld also den nach der Rechtsprechung durch folgende Abzüge sehr wohl als Einkommen; vgl. unter II.B.]). von diesen Prozentsätzen berücksichtigt: Beispiel: Ein Mann ist für seine Kinder im Alter von 11 und - für jedes weitere Kind unter 10 Jahren: 5 Jahren sowie für seine nicht berufstätige geschiedene Abzug von (je) 1 %, Frau unterhaltspflichtig. Das 11-jährige Kind hat einen An- spruch auf 16 % (20 % - 1 % - 3 %), das 5-jährige Kind - für jedes weitere Kind über 10 Jahren: auf 11 % (16 % - 2 % - 3 %) seines Nettoeinkommens. Abzug von (je) 2 %, B. Korrekturen der Prozentmethode Da die Prozentmethode wie ausgeführt nur für Durch- Einkommensverhältnisse notwendig. Die wichtigsten schnittsfälle eine brauchbare Basis für die Unterhalts- Fälle dieser erforderlichen Korrekturen werden im Fol- bemessung bietet, sind Korrekturen für atypische genden dargestellt.
1. „Unterhaltsstopp“ (Luxusgrenze) Bei überdurchschnittlichem Einkommen des Unter- das Zwei- bis Zweieinhalbfache des nach dem Alter 14 haltspflichtigen ist die Prozentkomponente nicht voll aus- des Kindes anzuwendenden Regelbedarfs (vgl. I.D.2., zuschöpfen. Zur Vermeidung einer pädagogisch schäd- Regelbedarfssätze). Eine Unterschreitung ist zulässig (bei lichen Überalimentierung ist nach der Rechtsprechung Kindern bis zum Volksschulalter wird oft nur der doppel- vielmehr eine Angemessenheitsgrenze („Luxusgrenze“) te Regelbedarf herangezogen) aber jedenfalls begrün- zu setzen. Der OGH lehnt zwar eine starre Begrenzung dungsbedürftig. ab, akzeptiert aber in den meisten Fällen als Richtwert 2. Belastungsgrenze Bei unterdurchschnittlichem Einkommen des Unter- Die „absolute Belastbarkeitsgrenze“ bildet für Normal- haltspflichtigen bleibt es grundsätzlich zur Unterhaltsbe- fälle das niedrigste Unterhaltsexistenzminimum (Exis- messung bei der üblichen Prozentkomponente, die nicht tenzminimum-Tabelle 2bm erste Spalte; für 2015: [gerun- (etwa bis zur Regelbedarfshöhe) überschritten werden det] 763 €; bei Haushaltsgemeinschaft: 572 €), welches darf. Dabei kann es aber vorkommen (etwa bei weiteren nach der Entscheidung des verstärkten OGH-Senats Unterhaltspflichten oder hohem Sonderbedarf), dass die gemäß § 292b EO nur „in besonderen Ausnahmefällen“ ermittelten Unterhaltsleistungen den Unterhaltspflichti- unterschritten werden darf (z.B. bei ganz geringem Ein- gen über Gebühr belasten würden. Für solche Fälle zieht kommen oder zahlreichen Sorgepflichten). die Judikatur eine Belastungsgrenze, die sicherstellen Unterschreitet die Differenz zwischen der Unterhaltsbe- soll, dass dem Unterhaltspflichtigen ein ausreichender messungsgrundlage und der Summe aller Unterhalts- Teil seines Einkommens zur Deckung seines eigenen Le- pflichten das einkommensabhängige Existenzminimum bensunterhalts verbleibt. oder zumindest die „absolute Belastbarkeitsgrenze“ nicht, ändert sich an den nach der Prozentmethode er- Nach einer im Mai 2010 ergangenen Entscheidung eines mittelten Beträgen nichts, sie sind voll zu erfüllen. Wird verstärkten Senats des OGH (1 Ob 160/09z; vgl. auch hingegen die absolute Belastbarkeitsgrenze unterschrit- unter II E) wird als Belastungsgrenze (Belastbarkeits- ten (und liegt kein Fall vor, in dem dies ausnahmsweise grenze) für den Normalfall das einkommensabhängi- zulässig ist; vgl. oben), sind die Ansprüche anteilsmäßig ge Unterhaltsexistenzminimum (ausgehend von der zu kürzen. Steht etwa der Summe der Unterhaltsansprü- konkreten Unterhaltsbemessungsgrundlage) nach den che von 1.200 € nur ein verfügbarer Einkommensteil von Bestimmungen der Exekutionsordnung festgelegt (kon- 800 € gegenüber, ist jeder Unterhaltsanspruch um ein kret: das Unterhaltsexistenzminimum nach § 291b iVm. Drittel zu mindern. Für den nicht gedeckten Teil sind sub- § 291a Abs. 1 und 3 Z. 1 EO). Zur Ermittlung ist kon- sidiäre Unterhaltsquellen heranzuziehen, nämlich primär kret die vom Bundesministerium für Justiz veröffentlichte ein allfälliges Kindesvermögen, subsidiär die Großeltern Existenzminimum-Tabelle 2bm heranzuziehen. (§ 232 ABGB; vgl. Näheres unter VII.). 3. Sonderbedarf Über den Allgemeinbedarf hinaus, bemessen nach darf nicht gedeckt ist. Da es also auch hier um atypische, der Prozentmethode, kann das Kind im Einzelfall aus- individuelle Fälle geht, ist die aus der Prozentmethode nahmsweise aus gerechtfertigten Gründen zusätzlich ei- abgeleitete Pauschalierung unter bestimmten Umstän- nen Sonderbedarf haben. Das ist jener Bedarf, der sich den zu korrigieren und der Unterhaltspflichtige allenfalls aus Gründen des Einzelfalls, die vom Allgemeinbedarf auch zur Deckung dieses Sonderbedarfs zu verpflichten. nicht berücksichtigt sind, ergibt und vom Allgemeinbe- Näheres dazu siehe unter IV. 4. Eigene Einkünfte des Kindes Eigene Einkünfte des Kindes mindern seinen Bedarf, terliche Unterhaltspflicht zur Gänze weg. Davon geht weshalb sich daraus eine Verringerung seines Unterhalts- die Rechtsprechung bei entsprechend hohen Einkünften anspruchs ergeben kann (vgl. § 231 Abs. 3 ABGB). Man des Kindes aus, u.a. grundsätzlich aber auch während spricht hier von „teilweiser Selbsterhaltungsfähigkeit“, des Grundwehr- bzw. Zivildienstes des Kindes (vgl. zur wobei die Errechnung des Restgeldunterhaltsanspruchs Selbsterhaltungsfähigkeit Näheres unter VI.B.). Während des Kindes nach der Rechtsprechung über besondere dieser Zeit ruht auch die Unterhaltspflicht des sonst ein- Berechnungsformeln erfolgt (vgl. dazu Näheres unter kommenslosen Grundwehr- oder Zivildieners, er kann VI.A.2.). gegenüber dem Bund aber Familienunterhalt geltend Mit Erreichung der Selbsterhaltungsfähigkeit fällt die el- machen.
C. Sonderprobleme 1. Anrechnung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für UH-Bemessungen ab 01.01.2019 nicht mehr anzuwenden (4 Ob 150/19s) 15 Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich seit 1991 in mehre- - Grundvoraussetzung der Anrechnung ist immer, dass ren Entscheidungen mit der Familienbesteuerung befasst und der Geldunterhaltspflichtige mit dem Kind nicht im dabei festgehalten, dass der Steuerpflichtige im Ergebnis so gemeinsamen Haushalt lebt (Haushaltstrennung) gestellt werden muss, als könne er die Hälfte des Unterhalts und der betreuenden Person (bzw. dem Kind selbst) von der Einkommensteuerbemessungsgrundlage abziehen. die Familienbeihilfe ausgezahlt wird. Da bei Haushaltstrennung den Anspruch auf Familienbeihilfe - Die Anrechnung ist ausgeschlossen, wenn der und Kinderabsetzbetrag primär der betreuende Elternteil hat, Unterhaltspflichtige gar nicht mit Steuern belastet kann der getrennt lebende, geldunterhaltspflichtige Elternteil ist (z.B. wenn Bemessungsgrundlage des Unter- grundsätzlich nur den Unterhaltsabsetzbetrag geltend ma- haltspflichtigen der Arbeitslosenbezug oder andere chen. Dieser Absetzbetrag reicht aber bei höheren Einkommen steuerfreie Bezüge [z.B. Notstandshilfe, Kinder- nicht aus, um die vom VfGH geforderte Entlastung zu bewirken. betreuungsgeld] bilden). Der OGH lehnt eine An- Der VfGH hielt fest, dass jener Teil der Familienbeihilfe, der zur rechnung ferner ab, wenn der Unterhaltsschuldner Steuerentlastung bestimmt sei, bei der Unterhaltsbemessung nicht in Österreich, sondern in einem anderen Land von den Zivilgerichten auf den Unterhaltsanspruch anzurech- steuerpflichtig ist. nen sei, unter Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrags. Konkret fordert der VfGH, dass der Unterhalt um jenen Teil zu - Der Familienbeihilfe vergleichbare, nach den Rechts- kürzen ist, der sich aus der Multiplikation des halben Unterhalts vorschriften eines anderen EU-Mitgliedstaats zuste- mit dem um ein Fünftel abgesenkten Grenzsteuersatz abzüg- hende Familienleistungen werden nicht angerechnet. lich des Unterhaltsabsetzbetrags ergibt. Diese Rechtsprechung kann aber ab Veranlagungs- jahr 2011 nicht aufrechterhalten werden (§ 34 Abs. 7 Im Anschluss daran hat der OGH eine penibel genaue EStG geht von der Anrechenbarkeit aus). Berechnungsmethode zur Anrechnung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (Transferleistungen) auf den Unter- - Die Transferleistungen sind auch dann auf den Unter- haltsanspruch entwickelt (vgl. 3 Ob 141/02k). halt anzurechnen, wenn die volle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners (nach der Prozentmethode) Die konkrete Berechnung der Unterhaltskürzung schließt an durch den Unterhaltsstopp (Luxusgrenze) nicht voll die Bemessung des Geldunterhalts an. Zunächst ist also der ausgeschöpft wird. Unterhaltsanspruch nach zivilrechtlichen Kriterien zu bemes- sen (Prozentmethode). Anschließend wird in einem zweiten - Die Anrechnung der Transferleistungen muss von Schritt nach steuerlichen Kriterien und den Vorgaben des VfGH Amts wegen (also ohne besonderes Vorbringen) geprüft, ob und in welchem Ausmaß die Transferleistungen auf berücksichtigt werden, wenn in einem Unterhalts- den Unterhalt angerechnet werden müssen. Für die Anrech- verfahren, in dem der Unterhaltspflichtige An- nung ist grundsätzlich der auf den höchsten Einkommens- tragsgegner ist, die Voraussetzungen (insbes. der bereich des Unterhaltspflichtigen angewendete Steuersatz Familienbeihilfenbezug des betreuenden Elternteils) (Grenzsteuersatz) entscheidend. aktenkundig und unstrittig sind. Ist der Unterhalts- Konkret hat der OGH (vgl. z.B. 6 Ob 44/07z) die Berechnung in pflichtige hingegen Antragsteller und begehrt eine folgender Formel zusammengefasst, wobei (nach Schwimann/ Herabsetzung des Unterhalts, erfolgt eine Anrech- Kolmasch) seit 2009 zusätzlich auch der Kinderfreibetrag zu nung nur auf ausdrückliches Vorbringen des Un- berücksichtigen ist: terhaltspflichtigen. Jüngere OGH-Entscheidungen verlangen davon abweichend die amtswegige An- Unterhalt gekürzt = Unterhalt – (Unterhalt x Grenzsteuersatz x rechnung jedoch auch dann, wenn die Transfer- 0,004) + Unterhaltsabsetzbetrag + Steuerersparnis durch Kin- leistungen bereits im bestehenden Unterhaltstitel, derfreibetrag gegen den sich der Herabsetzungsantrag richtet, berücksichtigt worden sind. Nach § 14 AußStrG ist In der Praxis findet für die Anrechnung der Transferleistungen das Gericht in jedem Fall zur Belehrung und Anlei- auf den Unterhalt ein EDV-Programm Verwendung, das die tung eines nicht qualifiziert vertretenen Unterhalts- Vorgaben des OGH in seiner Berechnungsmethode berück- pflichtigen verpflichtet. sichtigt, und grundsätzlich auf den Jugendämtern und den Pflegschaftsgerichten (Bezirksgerichten) zur Verfügung steht. - Auch wenn der vom Kind beantragte Unterhalt nach Zur Befüllung der EDV-Maske werden verschiedene zusätzli- Säumnis des Unterhaltspflichtigen gemäß § 17 che Daten aus dem Einkommensteuerbescheid des Unter- AußStrG ohne Anrechnung der Transferleistungen haltspflichtigen benötigt (z.B. die Steuerbemessungsgrundla- festgesetzt wurde, kann der Unterhaltspflichtige bei ge, um den Grenzsteuersatz ermitteln zu können), den dieser künftigen Unterhaltsbemessungen die Anrechnung also vorzulegen hat. Im Lauf der Zeit hat der OGH im gege- verlangen. benen Zusammenhang verschiedene Klarstellungen getroffen:
2. Anrechnung von Naturalleistungen und überdurchschnittlichen persönlichen Kontakten a. Anrechenbare Naturalleistungen 16 Die gerichtliche Unterhaltsbemessung erfolgt aus exekutions- Folgende Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter, sind rechtlichen Gründen immer in Geld. Der Zuspruch von „ge- nach der Rechtsprechung anrechenbar: mischtem“ Unterhalt (Geldleistung und Sachleistungen) wird als unzulässig abgelehnt, weil Naturalleistungen nicht (wirk- - Wohnversorgung des Kindes (Miete, Kreditraten; die sam) durchgesetzt werden können. anrechenbare Bedarfsdeckung ist grundsätzlich – unab- hängig davon, ob eine Mietwohnung, eine kreditfinanzierte Zulässig ist hingegen eine ausnahmsweise Verminderung Wohnung oder eine ausbezahlte Eigentumswohnung zur des Geldunterhaltsanspruchs um bestimmte anrechenba- Verfügung gestellt wird – mit dem marktüblichen Miet- re Naturalleistungen unter bestimmten Voraussetzungen. Zu zins anzusetzen) bzw. Übernahme von Wohnungsbenüt- berücksichtigen sind nur Naturalleistungen mit Unterhalts- zungskosten (z.B. Betriebskosten, Beiträge zu den Lie- charakter, wenn sie also angemessene Kindesbedürfnisse re- genschaftsaufwendungen und zur Rücklage, Grundsteuer, gelmäßig oder für längere Zeit befriedigen. Die Anrechnung ist Versicherungsprämien, Rundfunkgebühren, Telefon- und aber immer auf ein angemessenes Ausmaß zu beschränken, Internetkosten), weil dem Kind ein ausreichender Restunterhalt zur Deckung der übrigen Bedürfnisse verbleiben muss. Unerheblich ist, ob - anteilige Sozialversicherungsbeiträge, die Naturalversorgung durch direkte Erbringung von Leistun- gen bzw. Zurverfügungstellung von Sachen erfolgt oder durch - Arzt- und Medikamentenkosten, Übernahme der dafür nötigen Kosten. Aufwendungen, die mehreren unterhaltsberechtigten Personen zugute kommen - Schulgeld und Internatskosten, (z.B. im Rahmen der Wohnversorgung), sind im Zweifel nach Köpfen der Begünstigten aufzuteilen. - sonstige Ausbildungskosten sowie ein Bei der Bemessung des laufenden Geldunterhalts muss es angemessenes Taschengeld, sich um regelmäßige bzw. dauernde, längerfristig erwartbare Leistungen mit Unterhaltscharakter handeln, wobei jedenfalls - Prämien für Krankenzusatzversicherung immer die Zustimmung des unterhaltsberechtigten Kindes (bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen), bzw. (bei Minderjährigen) seines gesetzlichen Vertreters erfor- derlich ist, die aber auch schlüssig erteilt werden kann (z.B. - Grundsätzlich keinen Unterhaltscharakter (und daher kei- Annahme der zur Verfügung gestellten Wohnversorgung). Bei ne Anrechenbarkeit) haben hingegen vereinzelte Natural- rückwirkender Unterhaltsbemessung sind bestimmte in der leistungen (z.B. gelegentliche Zuwendungen von Kleidung, Vergangenheit erbrachte Naturalleistungen mit Unterhaltscha- Sportausrüstung, Spielzeug, unregelmäßige oder geringe rakter (wenn sie also nicht in Schenkungs-, sondern in Ali- Taschengeldzuwendungen), Verpflegungs- und sonstige mentationsabsicht erbracht wurden) auch ohne Zustimmung Leistungen während üblicher persönlicher Kontakte sowie des Kindes bzw. dessen gesetzlichen Vertreters anzurechnen. Sparbeiträge für das Kind (z.B. Bausparen). b. Überdurchschnittliche persönliche Kontakte Die Betreuung des Kindes durch den geldunterhalts- Dem gegenüber hat der OGH in einer jüngeren Entschei- pflichtigen Elternteil in dessen Haushalt im Rahmen des dung (5 Ob 2/12y) die Unterhaltsminderung bei einem üblichen Kontaktrechts hat keine Auswirkungen auf die Betreuungsverhältnis von 4:3 Tagen mit 40 % angesetzt Geldunterhaltspflicht. Üblich ist ein Kontaktrecht von 2 und festgehalten, die Reduktion der Alimente um 10 % Tagen alle 2 Wochen sowie von 4 Wochen in den Ferien, pro zusätzlichem Betreuungstag stelle bloß die Unter- also etwa 80 Tage pro Jahr. Bei zeitlich darüber hinaus- grenze dar. gehender Mitbetreuung des Kindes durch den geldun- Ein Geldunterhaltsanspruch des Kindes entfällt nach der terhaltspflichtigen Elternteil setzten sich nach der neue- Judikatur (7 Ob 145/04f; 4 Ob 74/10a) ganz, wenn es ren Judikatur des OGH (8 Ob 62/04g, 10 Ob 11/04x) im Durchschnitt von beiden Elternteilen im gleichen Aus- zunächst Pauschalabzüge durch. Konkret in Höhe von maß Betreuung und bedarfsdeckende Naturalunterhalts- 10 % pro wöchentlichem Betreuungstag, der über das leistungen erhält und beide Elternteile annähernd gleich übliche Kontaktrecht von durchschnittlich 1 Tag pro Wo- viel verdienen. Ansonsten steht dem Kind weiterhin ein che hinausgeht. Die dadurch maximal mögliche Kürzung Restgeldunterhaltsanspruch gegen den leistungsfähige- des Geldunterhalts beliefe sich damit an sich auf 20 % ren und/oder weniger betreuenden Elternteil zu. In einer (aufgrund des gesetzlich geforderten „hauptsächlichen jüngeren Entscheidung (4 Ob 16/13a) sah der OGH bei Aufenthalts“ bzw. der „hauptsächlichen Betreuung“ des der Bewertung der „Gleichheit“ von Betreuungsausmaß Kindes bei einem Elternteil [vgl. § 177 Abs. 2 und § 179 und Einkommen Unterschiede bis zu einem Drittel als Abs. 2 ABGB] ist höchstens ein Betreuungsverhältnis von vernachlässigbar an. 4:3 Tagen zulässig).
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