Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
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Philharmoniker Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 Kirill Petrenko Jonas Kaufmann Berliner
Großer Saal Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Jonas Kaufmann Tenor Donnerstag, 29.12.22, 20 Uhr Freitag, 30.12.22, 20 Uhr Samstag, 31.12.22, 17.30 Uhr C. Bechstein Concert C 6 Klavier Kirill Petrenko Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker GEHEN SIE MIT UNS AUF EINE Andrea Zietzschmann KLANGREISE IN UNSEREM CENTRUM Intendantin der Stiftung Berliner P hilharmoniker C. Bechstein Centrum Berlin · Kantstraße 17 · 10623 Berlin +49 (0)30 2260 559 100 · berlin@bechstein.de · bechstein-berlin.de
Inhalt Programm Werkeinführungen6 Giuseppe Verdi (1813–1901) Perspektiven La forza del destino Reine Wahrheit16 Sinfonia Der Verismo der italienischen Oper »La vita è inferno all’infelice ... Oh, tu che in seno agli angeli«, Verewigte Liebe22 Arie des Alvaro aus dem 3. Akt Romeo und Julia in Dichtung, Musik und Kino Gesangstexte24 Musikerinnen und Musiker33 Riccardo Zandonai (1883–1944) Konzerttipps40 Giulietta e Romeo »Giulietta! Son io!«, Arie des Romeo aus dem 3. Akt Sergej Prokofjew (1891–1953) Romeo und Julia, Suite Nr. 1 op. 64a Nr. 7 Tybalts Tod Pause (nur am 29. und 30. Dezember) Live-Übertragungen Fotoaufnahmen, Bild- und Tonaufzeich Das Konzert am 31.12.22 wird live in der nungen sind nicht gestattet. Digital Concert Hall, europaweit in ausge- Bitte schalten Sie vor dem Konzert wählten Kinos sowie im Radio auf rbbKultur Ihre Mobiltelefone aus. übertragen. Arte zeigt das Konzert zeitver- setzt ab 18.35 Uhr. Aufzeichnungen werden Die Stiftung Berliner P hilharmoniker wird in der Digital Concert Hall und für 30 Tage gefördert durch: auf rbbKultur.de verfügbar sein. digitalconcerthall.com berliner-philharmoniker.de/kino rbbkultur.de arte.tv 2 Saison 2022/23 3 Programm
Werk Umberto Giordano (1867–1948) Andrea Chénier »Colpito qui m’avete … Un dì all’azzurro spazio«, Arie des Andrea aus dem 1. Akt Pietro Mascagni (1863–1945) Cavalleria rusticana einführungen Intermezzo »Mamma, quel vino è generoso«, Arie des Turiddu Nino Rota (1911–1979) La strada, Auszüge aus der Orchestersuite 1. Nozze in campagna – »È arrivato Zampanò« 2. I tre suonatori e il »Matto« sul filo Peter Tschaikowsky (1840–1893) Capriccio italien op. 45 Andante un poco rubato – Pochissimo più mosso – Allegro moderato 4 Saison 2022/23
Unter der Sonne Italiens Werke von Verdi, Tschaikowsky & Co. Ohne Italien wäre das Leben ein Irrtum: Das hat Friedrich Nietz- sche zwar nicht ganz so gesagt; aber er liebte die Sonne des Südens und die Musik, die von ihr inspiriert ist. Das Land, das die Kunstform Oper hervorgebracht hat, in dem die berühmteste Liebesgeschichte der Welt spielt und das als Sehnsuchtsziel im- mer wieder die aus nördlicheren Gefilden stammenden Kom- ponisten inspiriert hat, ist das Thema des heutigen Programms. Die Berliner Philharmoniker feiern den Jahreswechsel mit Musik aus und über Italien, geschrieben von fünf italienischen Kompo- nisten und von zwei russischen, deren Herz für das Land schlug, wo die Zitronen blühen. Sie schufen Musik für Oper, Ballett und Film, selbst erfunden oder römischen Straßenmusikanten ab- gelauscht. Aus den Tönen von Verdi, Zandonai, Mascagni und Strada Romana à Bordighera, Gemälde von Rota, von Prokofjew und Tschaikowsky entsteht ein klingendes Claude Monet, 1884 Fresko, das mal Natur und Lebensart feiert, mal von tragischen Verstrickungen und tödlichen Leidenschaften erzählt. Verdis La forza del destino Am Anfang steht der Großmeister der italienischen Oper im mittleren und späten 19. Jahrhundert. Im selben Jahr wie Richard Wagner geboren und oft genug gegen den deutschen Anti- poden ausgespielt, eint Giuseppe Verdi mit seinem Zeitgenos- sen das Gespür für politische Umwälzungen. Verdi war sich bewusst, dass drängende Probleme der Lösung harrten, vor allem die Befreiung Italiens von österreichischer und französi- scher Fremdherrschaft und die Einigung der zersplitterten Kleinstaaten. Nach der Premiere von Un ballo in maschera (Ein Maskenball) 1859 erklärte Verdi sein Opernschaffen für beendet und wurde stattdessen Landwirt und Parlamentsabgeordneter. Als jedoch der Tenor Enrico Tamberlik ihm einen Kompositions- auftrag fürs kaiserliche Opernhaus von Sankt Petersburg antrug, konnte er nicht widerstehen. So entstand die Oper La forza del destino (Die Macht des Schicksals), in der die Liebe zwischen Donna Leonora, der Tochter eines spanischen Marchese, und dem als »Mestize« (Mischling) diffamierten Don Alvaro viele unwahrscheinliche Wendungen nimmt, wobei das Thema der Verblendung durch rassistische Vorurteile allgegenwärtig ist. 6 Saison 2022/23 7 Werkeinführungen
Die »Sinfonia« genannte Ouvertüre stellt die einprägsamsten Themen der Oper vor: das »Schicksalsmotiv« etwa mit seiner vorantreibenden Streicherfigur, das entscheidende Szenen der Oper prägt. Am Beginn des dritten Aktes hat die Hand- lung Alvaro als Hauptmann in spanischen Diensten nach Italien verschlagen, wo ihn die Gedanken an Leonora, die verlorene Liebe seines Lebens, verfolgen. Zudem blickt er auf das Schick- sal seiner Eltern zurück: eines spanisches Edelmanns und einer Tochter des letzten Inka-Königs. Durch ihre dynastische Ver- bindung wollten sie nicht zuletzt das Morden der Kolonialherr- scher in Südamerika beenden – vergeblich. Im Feldlager in den Albaner Bergen bittet Alvaro Leonora, die er tot glaubt und sich als Engel vorstellt, ihn bald von den Leiden seines Daseins zu erlösen. Romeo und Julia von Zandonai und Prokofjew Mit gleich zwei Werken wird zum Jahreswechsel Romeo und Julia gehuldigt – dem populärsten Liebespaar der Weltlitera- tur, das William Shakespeare unsterblich machte. Die Berliner Philharmoniker spielen einen Satz aus Sergej Prokofjews gleich- Libretto zu Verdis La forza del destino mit Überarbeitungen namiger Ballettsuite, Jonas Kaufmann hingegen bringt eine des Komponisten, 1863 Arie aus Riccardo Zandonais Oper Giulietta e Romeo mit – eine Rarität der spezifisch italienischen Operngattung des Verismo, der das Leben schärfer, härter, unbarmherziger und gefühl- voller wiedergeben wollte, als es sich die vorangegangenen Komponistengenerationen getraut hatten. Zandonai war auf einem guten Weg, der rechtmäßige Nach folger Giacomo Puccinis zu werden. Nach seinem Studium in Pesaro bei Pietro Mascagni, von dem am heutigen Abend ebenfalls Werke erklingen, wurde sein 1908 uraufgeführter Opernerstling Il grillo del focolare (Das Heimchen am Herd) zu einem großen Erfolg. Auch als Dirigent war er vielbeschäf- tigt und fungierte einige Jahre als Konservatoriumsdirektor in Pesaro. Von seinen rund zehn Opern gilt vor allem Francesca da Rimini auf ein Libretto von Gabriele d’Annunzio als ein Geheimtipp unter den späten Blüten des Verismo. Giulietta e Romeo spiegelt das archaische Flair der Handlung auf musika- lisch fantasievolle Weise wider und ist durch Verwendung des örtlichen Dialektes spezifisch auf Verona zugeschnitten. Jonas Kaufmann hegt ein besonderes Faible für die vor hundert Jah- ren uraufgeführte Oper. In der Arie »Giulietta! Son io!« aus dem dritten Akt findet Romeo die schlafende Julia in der vergitterten Familienkapelle, und da sie auf sein Rufen nicht reagiert, hält er sie für tot und nimmt Gift. Als sie endlich doch erwacht, ist es zu spät, denn ohne ihren Geliebten hat auch sie keine Lebenskraft mehr – beide sterben in einer letzten Umarmung. 8 Saison 2022/23 9 Werkeinführungen
Diesen doppelten Tod wollte Sergej Prokofjew in seinem Romeo und Julia-Ballett eigentlich vermeiden. 1935 nahm er die Arbeit an einer Szenenfolge mit Happy End auf: »Die Gründe«, so Pro- kofjew, »waren rein choreografischer Natur – Lebende können tanzen, nicht aber Gestorbene.« Schließlich verzichtete er je- doch auf diese Umdeutung. Insgesamt ging es Prokofjew weni- ger um die Darstellung der familiären Machtkämpfe als um die Konflikte, in die die Liebenden wegen der überholten Ehrbegrif- fe der Familienclans verstrickt sind. Schon vor der Uraufführung im mährischen Brünn 1938 hatte Prokofjews Musik begonnen, über zwei Orchestersuiten die Konzertsäle zu erobern. Aus der ersten Suite entstammt die berühmte Nummer Tybalts Tod, die schildert, wie Romeo einen Cousin Julias im Duell ersticht. Verismo-Arien von Giordano und Mascagni Die zwei weiteren Arien, die Jonas Kaufmann für dieses Pro- gramm ausgewählt hat, gehören ebenfalls dem Verismo an. In Umberto Giordanos Andrea Chénier – 1896 an der Mailänder Scala uraufgeführt – ist der Titelheld ein Dichter. Zu Zeiten der Französischen Revolution gerät er zwischen gesellschaftlichem Engagement fürs Volk und glühender Liebe zu einer Aristo- kratin in die Mühlen der Schreckensherrschaft Robespierres. Schon im ersten Bild der Oper wird das deutlich: Auf einer Feier im Schloss der Gräfin Coigny wird Chénier von der schönen Tochter des Hauses gedrängt, eine Kostprobe seines lyrischen Könnens zu geben. Die Stegreifdichtung über das verabredete Thema » Liebe« gerät zum flammenden Appell für soziale Ge- rechtigkeit. Schon fürchtet die Festversammlung, dass der Faux- pas noch blutige Folgen haben wird. Und wirklich: Maddalena di Coigny und ihr revolutionärer Poet enden auf dem Schafott. Pietro Mascagnis Cavalleria rusticana war die Blaupause des Prokofjews Romeo und Julia am Moskauer Bolschoi- Verismo. Sie gibt die Handlung quasi in Echtzeit wieder; die Theater mit Galina Ulanowa als Julia und Alexander Vorgänge brauchen auf der Bühne annähernd so viel Zeit Lapauri als Paris, 1956 wie in Wirklichkeit. Auf das Orchester-Intermezzo, das den scheinbaren Osterfrieden in einem sizilianischen Bauerndorf repräsentiert, folgt der herzzerreißende Abschied Turiddus von seiner Mutter, das »Addio alla madre«: Der junge Mann, der seine Verlobte Santuzza mit der Frau eines anderen betrogen hat, ahnt, dass das unvermeidbare Duell für ihn tödlich aus- gehen wird, und bittet die »Mamma«, sich Santuzzas anzuneh- men, sollte er nicht zurückkehren. 10 Saison 2022/23 11 Werkeinführungen
Nino Rotas La strada Zwei Orchesterwerke schließen das Konzert ab. Das erste stammt von Nino Rota – neben Erich Wolfgang Korngold viel- leicht der einzige Komponist, der sowohl in der Film- wie in der Konzertmusik unbestritten Meisterwerke geschaffen hat. Von Koryphäen wie Ildebrando Pizzetti und Alfredo Casella in der klassischen Musik ausgebildet, war er viele Jahre lang selbst Kompositionsprofessor und Konservatoriumsdirektor, schrieb Solokonzerte ebenso wie Symphonien. Berühmt aber wurde er durch sein Filmschaffen, ob für Francis Ford Coppolas Der Pate, für Luchino Viscontis Der Leopard oder Franco Zeffirellis Romeo und Julia. Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit verband ihn mit Federico Fellini, der in seinen Filmen ein ungeschöntes und dafür umso wahrhaftigeres Italien schildert. Ihre dritte gemeinsame Arbeit war Fellinis frühes Meisterwerk La strada (1954): die herzzerreißende Geschichte eines grobschlächti- gen Schaustellers – dem sprichwörtlich gewordenen »großen Zampanò« – und der kleingewachsenen, eigenwilligen Gelso- mina. Zehn Jahre später wurde Rota von der Mailänder Scala beauftragt, eine Ballettsuite über dasselbe Sujet zu schreiben. Natürlich benutzte der Komponist dabei die Filmmusik aus La strada, griff aber auch auf andere seiner Soundtracks zurück und schrieb zusätzlich neue Musik. Dazu gehören die beiden Sätze, die heute erklingen. Tschaikowskys Capriccio italien Für Peter Tschaikowsky war Italien eine Liebe auf den zweiten Giulietta Masina als Gelsomina in Fellinis La strada, 1954 Blick. Ob Venedig, Florenz, Neapel oder Rom: Alle diese Städte fand er bei seinen ersten Besuchen furchtbar. Als er dann den Winter 1879/80 in Rom verbrachte, sah das schon anders aus, da bewunderte er die Kunst Michelangelos und Raffaels und freute sich an der italienischen Mentalität. In einem Brief an seine Gönnerin Nadeschda von Meck schrieb er: »Wir stecken jetzt mitten im Karneval […]. Beobachtet man die tobende Menge auf dem Corso aufmerksamer, so stellt man […] die Echtheit und Natürlichkeit dieser Fröhlichkeit fest. Ich glaube, die Menschen atmen sie mit der zärtlichen Wärme dieser Luft ein […]. Ich bin immer noch gereizt und nervös […]. Trotzdem habe ich in den letzten Tagen erfolgreich gearbeitet und den Entwurf einer italienischen Fantasie über Volksthemen beendet, der ich eine erfolgreiche Zukunft vorauszusagen wage. Sie wird wirksam sein, denn die verarbeiteten Melodien, die ich Sammelwerken entnommen und auf der Straße gehört habe, sind reizend.« 12 Saison 2022/23 13 Werkeinführungen
Die italienische Fantasie, Capriccio (zu Deutsch: Laune, Einfall) betitelt, hatte die musikalische Unterhaltung des Publikums zum Ziel und Tschaikowsky verwendete viel Sorgfalt auf einen wirkungsvollen Spannungsbogen mit Steigerungen an Tempo, Lautstärke und Klangfülle. Das Werk beginnt mit einem Militär- signal; über vibrierenden Begleitakkorden entspinnt sich an- schließend ein Lied voller Sehnsucht und Pathos, das zurück zur Anfangsfanfare führt. Auf diesen dramatischen Einstieg folgt Perspektiven eine populäre Kanzone »alla napolitana«, von zwei Oboen intoniert, die durchs ganze Orchester wandert. Immer munte- rer wird es, mit einem zügigen Volkstanz und einer wirbelnden Tarantella. Weitere Musikanten gesellen sich hinzu, auch das schmissige Schlagwerk mit Trommel, Becken und Tamburin. Kaum sind sie alle beisammen, wird aus vollem Halse die nea- politanische Kanzone geschmettert und dann zum Schlussspurt angesetzt. Der eigentlich so heimatverbundene Tschaikowsky lässt sich hier fröhlich auf folkloristische Themen eines anderen Landes ein – und beweist damit seinen offenen Geist und sein weites Herz. Malte Krasting 14 Saison 2022/23
Reine Wahrheit Mit Arien von Riccardo Zandonai, Umberto Giordano und Pietro Mascagni eröffnet das Der Verismo der italienischen Oper heutige Konzert eine faszinierende Opernwelt: den Verismo, der nicht auf puren Schönklang und die sprichwörtliche Opernintrige setzt, sondern das Leben zeigen will, wie es wirklich ist. Gegen Ende des 19. Jahrhun- Süden Italiens angesiedelte Stoffe derts machte eine neue Art von wie die Erzählungen Giovanni Ver- Musiktheater Furore. Sie nannte gas (1840–1922) für diese Stilrich- sich Verismo, kam aus Italien und tung, oft blutig, gar tödlich enden- eroberte in Windeseile die Bühnen de Geschichten in der Gluthitze ganz Europas. Bei diesem neuen des Mezzogiorno oder Siziliens. Opernstil loderte das Feuer heller Vergas Novellen spielen häufig im als in den meisten nord- und mittel- Bauernmilieu, schildern das harte europäischen Musikdramen in der Leben auf kargem Boden und Wagner-Nachfolge. Und an den den Kampf der Menschen um ihr Theaterkassen zeigte sich bald: kleines bisschen Himmel auf Erden. Das war es, was das Publikum Auf glückliche Schicksalswendun- hören wollte. gen hat man wenig Hoffnung, die Weltsicht ist jeder optimistischen Mit Verismo bezeichnete man – Verklärung entledigt. zunächst in der Literatur – die spezifisch italienische Spielart des Auch auf das Drama und die Naturalismus. Im Begriff steckt bildende Kunst fand der Begriff der Anspruch, mit Kunst Wahrheit bald Anwendung, die Musik folgte (»verità«) auszudrücken, die Welt etwas später mit der veristischen weitestgehend so darzustellen, Oper. Instrumentalwerke, die mit wie sie ist oder unmittelbar er- ähnlichen Mitteln die Wirklichkeit scheint. Alle Mittel, die in der jewei- nachahmen – man denke an Otto- ligen Kunstgattung zur Verfügung rino Respighis Darstellungen römi- stehen, sollten dabei zur getreuen scher Brunnen und Feste – hat man Nachahmung genutzt werden, seltsamerweise nie so genannt. ohne Rücksicht auf althergebrach- Was veristische Oper bedeutet, te Regeln, Formen und Gesetze. das ist in vielerlei Hinsicht vage und Ganz normale Menschen Keine idealisierten Abbilder, bis heute ungeklärt. Lebensechte stehen im Zentrum vieler veristischer Opern. sondern die nackte, ungeschönte Wahrheit mit der artifiziellsten aller Junge Süditalienerin, 1920 Wahrheit. Vorwiegend standen im Kunstformen zu erzielen, grenzt 17 Perspektiven
ans Paradoxe, und so sollte man Außergewöhnlich an dieser Be- den selbstgestellten Anspruch des zeichnung ist, dass sie nicht erst Verismo nicht zu wörtlich nehmen. von der Nachwelt, sondern schon von den damaligen Vertretern des Lebensechte Verismo und deren Zeitgenossen gebraucht wurde. Die Mitglie- Wahrheit mit der der dieser »jungen italienischen artifiziellsten aller Schule« (giovane scuola italiana) formten keine stilistisch einheitliche Kunstformen zu Gruppe mit gemeinsamen ästhe- erzielen, grenzt tischen Zielen, obwohl die meisten von ihnen – namentlich Francesco ans Paradoxe. Cilea (Adriana Lecouvreur), Um- berto Giordano (Andrea Chénier), Als erste Oper des Verismo gilt Ruggiero Leoncavallo (Pagliacci, Cavalleria rusticana, Pietro Masca- zu Deutsch Der Bajazzo) und Leo- gnis 1890 uraufgeführtes Meister- poldo Mugnone (Vita Brettone) – werk nach Vergas gleichnamiger am Konservatorium von Neapel Erzählung aus der Sammlung bei Paolo Serrao ausgebildet Sizilianische Novellen. Mascagnis wurden. Zwei zentrale Exponenten Werk war allerdings schon welt- des Verismo studierten hingegen weit bekannt, ehe irgendjemand in Mailand unter anderem bei den Begriff Verismo auf dieses Amilcare Ponchielli: zum einen Stück oder überhaupt eine Oper Mascagni, zum anderen Giacomo angewandt hätte. Erstmals scheint Puccini, einer der großen Meister das anlässlich der Internationalen veristischer Darstellung – man Szene aus Cavalleria rusticana in einem Stich von Gaetano Colantoni, 1891 Musik- und Theaterausstellung denke nur an die Hafengeräusche im Frühherbst 1892 in Wien ge- in Il tabarro oder an seine lebens- schehen zu sein, als der Verleger nahe Schilderung bunter Men- Edoardo Sonzogno eine Reihe schenmengen in La Bohème. Trotz von jüngeren italienischen Opern aller Unschärfe hat sich der Begriff vorstellte. Sonzogno wollte dem Verismo durchgesetzt, auch weil übermächtigen Konkurrenten das, was man mit ihm verbindet, Ricordi (mit dessen Komponisten von anhaltender Attraktivität ist: Rossini, Donizetti und Verdi) Pa- sozialkritische und milieutypische roli bieten, erfand die Marktlücke Inhalte, historische und politische Operneinakter und organisierte Sujets, die Betonung des drama- Kompositionswettbewerbe dafür. tischen Effekts – auch auf Kosten Im zweiten Schritt schuf Sonzo des Schönklangs – und die starke gno mit dem Verismo eine ganz Beteiligung des Orchesters an neue Stilrichtung, oder vielmehr: der Herstellung von Atmosphäre er bezeichnete sie als solche, um und Lokalkolorit. die Aufmerksamkeit auf diese Werke zu lenken. Dass es sich beim Glockengeläut und Gemein- Opern-Verismo gewissermaßen schaftsgesänge, Murren und Mur- um einen Marketingtrick handelte, meln der Bevölkerung, Schreien, fiel schon damals den Musikkriti- Kreischen und Schluchzen: kein kern auf. Tönen, das die Komponisten nicht 18 Saison 2022/23 19 Perspektiven
versuchten, mit musikalischen Mit- eben wegen der genauen Darstel- teln nachzuahmen. Der russische lung von Handlung und Gefühlen Opernkomponist Nikolaj Rimsky- erwartet sie von der Bebilderung Korsakow erklärte zur selben Zeit auf der Bühne unbedingte Gefolg- das pure Singen zur einzig erlaub- schaft. Und je mehr jeder Vorgang ten vokalen Äußerungsform auf textlich und musikalisch festgelegt der Bühne. Bei den Veristen aber ist, desto weniger Freiheit bleibt wird auch gestöhnt, geächzt, ge- der inszenatorischen Interpreta- flüstert. »Tumultuosamente« lautet tion. Gerade in Deutschland, wo eine Vortragsanweisung in Andrea die Regie eine eigenständige Rolle Chénier, »gridando« (schreiend) für sich in Anspruch nimmt, hatten eine andere, und das schöne es veristische Opern lange Jahre »urlando« (heulend) galt eine Zeit schwer – ausgenommen Doppel- lang als typisches Merkmal für abende mit Cavalleria rusticana Verismo-Opern. All das ließ sich und Pagliacci und natürlich die auf Geschichten aller Gegenden Werke Giacomo Puccinis, die und Zeiten anwenden, besonders heute allerdings nicht als Verismo auf historische Stoffe blutrünstiger im engeren Sinne gelten. Zum Epochen wie die Französische Glück ändert sich diese Haltung Revolution. Im zweiten Akt von seit einiger Zeit, und so ist die Fülle Andrea Chénier beispielsweise dieses Repertoires vermehrt auch krakeelen Zeitungsjungen die auf deutschen Bühnen zu erleben. neuesten Meldungen heraus, Stimmengewirr flimmert über den Malte Krasting Cafétischchen am Seine-Ufer, Eil- kutschen rattern über das Pflaster, Menschen rotten sich zusammen, bevor Robespierre in seiner Staats- karosse die Menge passiert. Diese akustischen Phänomene sollen die Wirklichkeit über den Umweg Jonas Kaufmann und Anja Harteros in Andrea Chénier durchs Ohr dem Hörer vor Augen an der Bayerischen Staatsoper, 2017 führen. Historische Stoffe blutrünstiger Epochen eigneten sich besonders für veristische Opern. Daraus folgt eine Herausforderung für die Opernregie. Diese Musik verlangt, ob gridando, urlando oder tumultuosamente, explizit nach szenischer Umsetzung, aber 20 Saison 2022/23 21 Perspektiven
Verewigte Liebe Keine größere Liebe ist denkbar als die von Romeo und Julia. Da wundert es nicht, dass Romeo und Julia in Dichtung, Künstler aller Genres Shakespeares Drama im Musik und Kino eigenen Stil nacherzählten – von Hector Berlioz bis Leonard Bernstein. Romeo und Julia ist gewiss William Riccardo Zandonais veristische Shakespeares populärste Schöp- Oper Giulietta e Romeo, deren fung. Dabei hat er nicht alles selbst Handlung vor-Shakespear’sche erfunden: Masuccio Salernitano, Quellen aufgreift. A Village Romeo Hofdichter in Neapel, erzählte and Juliet (1901) von Frederick in seinem 1476 posthum veröf- Delius hingegen taucht gelegent- fentlichten Novellino als erster lich wieder auf. Sie basiert auf der die Geschichte zweier heimlich vielleicht bedeutendsten literari- verheirateter junger Leute aus ver- schen Adaption, Gottfried Kellers feindeten Familien. Andere haben Novelle Romeo und Julia auf dem sie weitergesponnen; Matteo Dorfe. In der Orchestermusik gibt Bandello beispielsweise gab dem es neben Sergej Prokofjews Ballett Paris seinen Namen und führte die (1936), dessen Nummern auch in Amme und Benvolio ein. Mitte des Orchestersuiten und als Klavier- 16. Jahrhunderts brachte Pierre werk weiterleben, die »Fantasie- Boaistuau die Erzählung ins Fran- Ouvertüre« Tschaikowskys (1870) zösische; von hier aus gelangte die sowie Berlioz’ Chorsymphonie Story nach England, wo William Roméo et Juliette (1839). Natür- Painter daraus eine Novelle und lich ist auch Hollywood an einem Arthur Brooke ein Verspoem solchen Stoff nicht vorübergegan- machten. Letzteres diente William gen. Die wichtigsten Kinoversionen Shakespeare als Hauptquelle. sind die von Franco Zeffirelli (1968) Im 19. Jahrhundert nahm die mit Musik von Nino Rota und die Welle von Romeo und Julia-Ad- von Baz Luhrmann (1996), die im aptionen Fahrt auf, wobei zwei fiktiven Verona Beach im zeitge- Opern herausragen: Vincenzo nössischen Florida spielt. Die wirk- Bellini nahm sich in seiner Belcan- mächtigste Adaption allerdings to-Fassung I Capuleti e i Montecchi bleibt wahrscheinlich Leonard (1830) manche Freiheiten in der Bernsteins Musical West Side Handlungsführung, während Story (1957), in dem rivalisierende Charles Gounod in seiner Oper Jugendbanden aufeinandertref- Romeo und Julia, Roméo et Juliette (1867) nahe fen – mit grausamen Folgen für das Federzeichnung von an Shakespeares Figuren blieb. Liebespaar Maria und Tony. Victor Müller, ca. 1870 Selten aufgeführt wird dagegen 23 Perspektiven
Giuseppe Verdi La forza del destino Arie des Alvaro (3. Akt) »La vita è inferno all’infelice ... Oh, tu che in seno agli angeli« La vita è inferno all’infelice. Das Leben ist dem Unglücklichen eine Hölle! Invano morte desio! Vergeblich ersehne ich den Tod! Siviglia! Leonora! Sevilla! Leonora! Oh, rimembranza! Ach, Erinnerungen! Oh, notte ch’ogni ben mi rapisti! O Nacht, die du mir alles raubtest! Sarò infelice eternamente, è scritto. Ich bin verurteilt, in Ewigkeit zu leiden. Della natal sua terra il padre volle Mein Vater wollte sein Heimatland spezzar l’estranio giogo, vom Joch der Fremdherrschaft befreien, e coll’unirsi all’ultima degl’Incas und als er der Letzten der Inkas sich vermählte, la corona cingere confidò. glaubte er, auch deren Krone zu gewinnen. Fu vana impresa. Vergeblicher Versuch! In un carcere nacqui; In einem Kerker wurde ich geboren; m’educava il deserto; mich erzog die Wildnis; sol vivo perchè ignota ich lebe nur, weil niemand è mia regale stirpe! meine königliche Herkunft kennt! I miei parenti sognarono un trono, Meine Eltern träumten von einem Thron, e li destò la scure! und sie erweckte das Beil des Henkers! Oh, quando fine avran le mie sventure! Wann wird mein Unglück ein Ende haben? Oh, tu che in seno agli angeli Die du emporstiegst zu den Engeln, eternamente pura, auf ewig rein, salisti bella, incolume schön und unberührt dalla mortal jattura, vom Hauch des Todes, non iscordar di volger vergiss nicht, lo sguardo a me tapino, den Blick auf mich Elenden zu lenken, che senza nome ed esule, der ich ohne Namen und Heimat, in odio del destino, entzweit mit dem Geschick, chiedo anelando, ahi misero, nichts anderes ersehne in meinem Leid, la morte d’incontrar. als den Tod zu finden. Leonora mia, soccorrimi, Meine Leonora, hilf mir, pietà del mio penar, habe Mitleid mit meiner Qual. pietà di me! Habe Mitleid mit mir! Libretto: Francesco Maria Piave 24 Saison 2022/23 25 Gesangstexte
Riccardo Zandonai Giulietta e Romeo Arie des Romeo (3. Akt) »Giulietta! Son io!« Giulietta! Son io! Julia, ich bin es, Io, non mi vedi? ich, kannst du mich nicht sehen? Io che non piango più, Ich weine nicht mehr, io che t’imploro, ich flehe dich an, io che vegno a cader, morto ai tuoi piedi: ich bin gekommen, um tot zu deinen Füßen zu fallen. perché beato e disperato Warum, glückselig und verzweifelt, moro senza di te, anima mia. sterbe ich ohne dich, meine Seele. Così, Giulietta. Also, Julia. Ma le fredde mani or sui capelli tuoi voglio posare, Aber die kalten Hände auf dein Haar, voglio posare il cuor sopra il tuo cuore mein Herz auf dein Herz möchte ich legen, e la bocca che il pianto ha lacerato und den Mund, den Tränen zerrissen haben, vuol la tua bocca, amore. deinen Mund will ich, meine Geliebte. Ah! come, dimmi, ti potrò invocare, Ah! Wie, sag mir, kann ich dich anrufen, con quale nome più soave e santo? mit welchem Namen, süßer und heiliger? Ah! come, dimmi, ti saprò destare, Ah! Wie, sag es mir, wie kann ich dich wecken, con qual grido, mit welchem Schrei, con qual dolce pianto, mit welch süßen Tränen, con quale ardente bacio, mit welchem innigen Kuss, anima mia? meine Seele? Giulietta mia! Meine Julia! Oh! Morta! Morta! Oh! Tot! Tot! Dannato me! Verdamm mich! Son io, Romeo… oimè! Ich bin‘s, Romeo ... oh weh! Libretto: Arturo Rossato 26 Saison 2022/23 27 Gesangstexte
Umberto Giordano Andrea Chénier Arie des Andrea (1. Akt) »Colpito qui m’avete … Un dì all’azzurro spazio« Colpito qui m’avete ov’io geloso celo Ihr habt mich dort verletzt, wo eifersüchtig ich il più puro palpitar dell’anima. der Seele reinste Regungen verberge. Or vedrete, fanciulla, qual poema Nun sollt Ihr sehen, Mädchen, welche Dichtung è la parola »Amor« qui causa di scherno! die Liebe ist, das Wort, das hier verhöhnt wird! Un dì all’azzurro spazio Einst blickt’ ich auf zum Himmel, guardai profondo, dem unermesslich blauen, e ai prati colmi di viole, und auf die Wiese, voll von Veilchen, pioveva l’oro il sole ergoss die Sonne ihr Gold, e folgorava d’oro il mondo; und goldbeglänzt war alle Welt: parea la Terra un immane tesor, Mir schien, die Erde sei ein reicher Schatz, e a lei serviva di scrigno il firmamento. ihr Schrein das Firmament, Su dalla Terra a la mia fronte und von der Erde weht meiner Stirne veniva una carezza viva, un bacio. lebendige Liebkosung zu, ein Kuss. Gridai, vinto d’amor: Da rief ich, ganz von Liebe übermannt: T’amo, tu che mi baci, »Dich liebe ich, die mich küsst, divinamente bella, o patria mia! du wunderbare, schöne Heimat!« E volli pien d’amore pregar! Und beten wollte ich, von Liebe erfüllt. Varcai d’una chiesa la soglia; Ich übertrat die Schwelle einer Kirche; là un prete ne le nicchie dei santi, dort war ein Priester, der vor den Altären e de la Vergine accumulava doni der Heiligen, der Jungfrau, Gaben häufte – e al sordo orecchio doch seine Ohren blieben taub, un tremulo vegliardo erhörten nicht das Flehen eines Greises, invano chiedeva pane vergebens bettelte er um Brot e invan stendea la mano! und vergebens streckte er die Hände aus! Varcai degli abituri l’uscio; Ich übertrat die Schwelle einer Hütte; un uom vi calunniava dort war ein Mann, der frevelte; bestemmiando il suolo der Erde fluchte er, die kaum che l’erario a pena sazia genug trägt, um die Steuer zu entrichten. e contro a Dio scagliava Gott lästerte er, e contro a li uomini verfluchte alle Menschen, le lagrime dei figli. um seiner Kinder Elend willen. 28 Saison 2022/23 29 Gesangstexte
In cotanta miseria In diesem großen Elend, la patrizia prole che fa? was tut der Adel? Sol l’occhio vostro In Eurem Auge allein esprime umanamente qui erblicke ich hier den Ausdruck un guardo di pietà, menschlichen Mitgefühls, ond’io guardato ho a voi drum blickte ich zu Euch, si come a un angelo. als wäret Ihr ein Engel, E dissi: Ecco la bellezza della vita! und sagte: Hier ist des Lebens Schönheit! Ma, poi, a le vostre parole, Doch dann, als ich Euch sprechen hörte, un novello dolor m’ha colto in pieno petto. durchbohrten neue Schmerzen meine Brust. O giovinetta bella, O schönes Mädchen, d’un poeta non disprezzate il detto: verachtet nicht des Dichters Wort: Udite! Non conoscete amor, Hört an! Ihr kennt sie nicht, die Liebe! amor, divino dono, non lo schernir Die Liebe, Himmelsgabe, spottet ihrer nicht, del mondo anima e vita è l’Amor! das Leben und die Seele der Welt ist Liebe! Libretto: Luigi Illica Pietro Mascagni Cavalleria rusticana Arie des Turiddu »Mamma, quel vino è generoso« Mamma, quel vino è generoso, Mutter! Der Wein war allzu feurig, e certo oggi troppi bicchieri und leider ließ ich heute ne ho traccannati... zu sehr von ihm mich verleiten; vado fuori all’aperto. ich gehe deshalb ins Freie. Ma prima voglio Doch vorher, Mutter, che mi benedite gebt mir Euren Segen, come quel giorno wie einst Ihr tatet, che partii soldato. als ich fort zog ins Feld. E poi... mamma, sentite, Und noch eins, Mutter, versprecht mir, s’io non tornassi... kehr ich nicht wieder, Voi dovrete fare schützt die arme Santa, da madre a Santa, und seid ihr dann Mutter, ch’io le avea giurato ihr, der ich geschworen, di condurla all’altare. sie zum Altar zu führen. Oh! nulla! È il vino che mi ha suggerito! Oh, s‘ist nichts. Der Wein hat mich verwirrt! Per me pregate lddio! Für mich fleht zum Höchsten! Un bacio, mamma! Einen Kuss noch, Mutter! Un altro bacio... addio! Ach, einen Kuss noch ... Lebt wohl! Libretto: Giovanni Targioni-Tozzetti und Guido Menasci nach einer Novelle von Giovanni Verga 30 Saison 2022/23 31 Gesangstexte
Die Berliner Philharmoniker Chefdirigent • Christophe Horák • Joaquín Riquelme García Musikerinnen • Kirill Petrenko (Stimmführer) • Martin Stegner • Philipp Bohnen • Wolfgang Talirz Erste Violinen • Stanley Dodds und Musiker • Noah Bendix- Balgley • Cornelia Gartemann Violoncelli (1. Konzertmeister) • Amadeus Heutling • Bruno Delepelaire • Daishin Kashimoto • Angelo de Leo (1. Solocellist) (1. Konzertmeister) • Anna Mehlin • Ludwig Quandt • N. N. • Christoph von der Nahmer (1. Solocellist) (1. Konzertmeister*in) • Raimar Orlovsky • Martin Löhr • Krzysztof Polonek • Simon Roturier (Solocellist) (Konzertmeister) • Bettina Sartorius • Olaf Maninger • Zoltán Almási • Rachel Schmidt (Solocellist) • Maja Avramović • Armin Schubert • Rachel Helleur-S imcock • Helena Madoka Berg • Stephan Schulze • Christoph Igelbrink • Simon Bernardini • Christa-Maria Stangorra • Solène Kermarrec • Alessandro Cappone • Christoph Streuli • Stephan Koncz • Madeleine Carruzzo • Eva-Maria Tomasi • Martin Menking • Aline Champion- • Romano Tommasini • David Riniker Hennecka • Nikolaus Römisch • Luiz Felipe Coelho Bratschen • Dietmar Schwalke • Luis Esnaola • Amihai Grosz • Uladzimir Sinkevich • Sebastian Heesch (1. Solobratscher) • Knut Weber • Aleksandar Ivić • Diyang Mei • Hande Küden (1. Solobratscher) Kontrabässe • Rüdiger Liebermann • Naoko Shimizu • Matthew McDonald • Kotowa Machida (Solobratscherin) (1. Solobassist) • Álvaro Parra • Micha Afkham • Janne Saksala • Johanna Pichlmair • Julia Gartemann (1. Solobassist) • Vineta Sareika-Völkner • Matthew Hunter • Esko Laine • Bastian Schäfer • Ulrich Knörzer (Solobassist) • Dorian Xhoxhi • Sebastian Krunnies • Martin Heinze • Walter Küssner • Michael Karg Zweite Violinen • Ignacy Miecznikowski • Stanisław Pajak • Marlene Ito • Martin von der Nahmer • Edicson Ruiz (1. Stimmführerin) • Allan Nilles • Gunars Upatnieks • Thomas Timm • Kyoungmin Park • Janusz Widzyk (1. Stimmführer) • Tobias Reifland • Piotr Zimnik • N. N. 33 Musikerinnen und Musiker
Flöten • Georg Schreckenberger Orchestervorstand • Sébastian Jacot • Sarah Willis • Stefan Dohr (Solo) • Andrej Žust • Eva-Maria Tomasi • Emmanuel Pahud (Solo) Trompeten Medienvorstand • Michael Hasel • Guillaume Jehl • Philipp Bohnen • Jelka Weber (Solo) • Olaf Maninger • Egor Egorkin • N. N. (Piccolo) (Solo) Orchestervertretung im • Andre Schoch Stiftungsrat Oboen • Bertold Stecher • Andreas Wittmann • Jonathan Kelly • Tamás Velenczei • Martin Stegner (Solo) (Vorsitzender des • Albrecht Mayer Posaunen Personalrats) (Solo) • Christhard Gössling • Ulrich Knörzer • Christoph Hartmann (Solo) (Stellvertretendes • Andreas Wittmann • Olaf Ott Mitglied) • Dominik Wollenweber (Solo) • Julia Gartemann (Englischhorn) • Jesper Busk Sørensen (Stellvertretendes • Thomas Leyendecker Mitglied, Mitglied des Klarinetten • Stefan Schulz Personalrats) • Wenzel Fuchs (Bassposaune) (Solo) Fünferrat • Andreas Ottensamer Tuba • Jesper Busk Sørensen (Solo) • Alexander von Puttkamer • Cornelia Gartemann • Alexander Bader • Raphael Haeger • Matic Kuder Pauken • Raimar Orlovsky • Andraž Golob • Vincent Vogel • Markus Weidmann (Bassklarinette) • Wieland Welzel Gemeinschaft der Fagotte Schlagzeug Berliner Philharmoniker • Daniele Damiano • Raphael Haeger • Angelo de Leo (Solo) • Simon Rössler • Klaus Wallendorf • Stefan Schweigert • Franz Schindlbeck • Sarah Willis (Solo) • Jan Schlichte • Barbara Kehrig Ehrendirigent • Markus Weidmann Harfe • Daniel Barenboim • Václav Vonášek • Marie-Pierre Langlamet (Kontrafagott) Dirigenten unter den Gäste Ehrenmitgliedern Hörner Orgel • Zubin Mehta • Stefan Dohr • Seiji Ozawa • Tobias Berndt (Solo) Klavier • N. N. • Sarah Tysman (Solo) Celesta • Paula Ernesaks • Helen Collyer • László Gál • Johannes Lamotke 34 Saison 2022/23
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann Dirigent Tenor Seit der Saison 2019/20 ist Kirill Petrenko Chefdirigent und Jonas Kaufmann zählt zu den prominentesten Interpreten der künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker. Geboren im Klassikwelt und ist gleichermaßen an der Wiener Staatsoper, sibirischen Omsk, erhielt er seine Ausbildung zunächst in seiner der New Yorker Metropolitan Opera und am Londoner Royal Heimatstadt und später in Österreich. Seine Dirigentenkarriere Opera House zu Hause. Dabei ist der vielseitige S änger im begründete er an der Oper mit Chefpositionen am Staatsthea- italienischen und französischen Fach ebenso gefragt wie im ter Meiningen und an der Komischen Oper Berlin. Von 2013 bis deutschen: Er sang Lohengrin in Bayreuth und an der Mailän 2020 war Kirill Petrenko Generalmusikdirektor der Bayerischen der Scala, war in Massenets Werther in Paris, Wien und New Staatsoper. Zudem gastierte er an den bedeutendsten Opern- York zu erleben und trat an der Bayerischen Staatsoper unter häusern der Welt, von der Wiener Staatsoper über den Lon- der Leitung von Kirill Petrenko als Otello und Tristan auf. Bei doner Covent Garden und die Opéra national in Paris bis zur den Berliner Philharmonikern war der gebürtige Münchner seit Metropolitan Opera in New York und den Bayreuther Festspie- 2003 mehrfach zu Gast, unter anderem als Don José in Auffüh- len. Auch die großen internationalen Symphonieorchester – in rungen von Bizets Carmen, dirigiert von Sir Simon Rattle. Neben Wien, München, Dresden, Paris, Amsterdam, London, Rom, seinen gefeierten Auftritten in Opern und Orchesterkonzerten Chicago, Cleveland und Israel – hat er dirigiert. In der Zusam- ist Jonas Kaufmann auch ein herausragender Liedsänger. So menarbeit mit den Berliner Philharmonikern haben sich seit wurde er von der New Yorker Met eingeladen, 2011 das erste seinem Debüt 2006 vielfältige programmatische Schwerpunkte Solo-Rezital seit Luciano Pavarotti zu geben. Seine Ausbildung herausgebildet. Dazu gehört die Arbeit am klassisch-romanti- erhielt der Sänger an der Münchner Musikhochschule, ge- schen Kernrepertoire des Orchesters, beispielhaft zu erleben folgt von Meisterkursen bei Hans Hotter, James King und Josef beim Amtsantritt mit Beethovens Neunter Symphonie. Ein weite- Metternich. Einspielungen von Jonas Kaufmann, der 2022 zum res Anliegen Kirill Petrenkos sind zu Unrecht vergessene Kom- »Österreichischen Kammersänger« ernannt wurde, erhielten ponisten wie Josef Suk oder Erich Wolfgang Korngold. Ebenfalls zahlreiche Auszeichnungen. Außerdem wurde er mehrfach im Fokus stehen russische Werke, wobei vor allem Aufführungen von Fachzeitschriften wie Opernwelt, Diapason und Musical von Tschaikowskys Opern Mazeppa, Jolanthe und Pique Dame America zum »Sänger des Jahres« gewählt. zuletzt für Aufmerksamkeit gesorgt haben. 36 Saison 2022/23 37 Musikerinnen und Musiker
20 Jahre Education-Programm der Berliner Philharmoniker Nach 20 Jahren gilt es aber auch, neue Formate der Education-Arbeit zu etablieren. Wie sieht die Musikvermittlung der Zukunft aus? Das ist 20 Jahre voller Musik, eine der zentralen Fragen, die sich die Berliner Philharmoniker mit der Deutschen Bank in ihrem Education-Programm stellen. Wie lassen sich Emotionen und Begegnungen die sozialen Medien und digitale Angebote einsetzen, um junge Leute zu erreichen und ihr Interesse an klassischer Musik zu wecken? Unter dem Stichwort Sharing Music werden klassische Education-Konzepte weiterentwickelt. Ein Anfang ist bereits gemacht mit der Filmreihe Close-up, die jeweils ein großes klassisches Werk vorstellt und aus Möglichst viele Menschen für verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Chefdirigent Kirill Petrenko klassische Musik zu begeistern – kommt hier ebenso zu Wort wie Jugendliche und Experten aus egal, welchen Alters und welcher unterschiedlichen Bereichen. Herkunft: Diese Vision hatten die Berliner Philharmoniker und Der 20. Geburtstag des Education-Programms bringt nicht nur ihr Chefdirigent Sir Simon Rattle, mit der neuen VeloStage vieles in Bewegung – als Aufbruch in eine als sie 2002 ihr Education- vielversprechende Zukunft, die die Berliner Philharmoniker und Programm initiierten. Die die Deutsche Bank gemeinsam gestalten wollen. Deutsche Bank erkannte die gesellschaftliche Relevanz der Idee und ermöglichte, dass aus dieser Vision Realität wurde. Heute kann das Education-Programm der Berliner Philharmoniker auf eine große Erfolgsgeschichte zurückblicken: Mit seinen verschiedenen Angeboten, angefangen von Familien- und Mitmachkonzerten über die Vokalhelden-Chorprojekte, kreative Workshops bis hin zum Kita-Programm KlangKids sowie Community- und Schulprojekten, hat es Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen den Zugang zu klassischen Konzerten erleichtert und ihnen Wege zum aktiven Musizieren gezeigt. Auch für den neuen Chefdirigenten Kirill Petrenko ist das Education-Programm eine Herzensangelegenheit. In den von ihm moderierten Familienkonzerten will er das große und kleine Publikum mit seiner Begeisterung für die Musik anstecken. © Madlen Krippendorf
Konzert- Biennale der Berliner Philharmoniker: Kirill Petrenko dirigiert Debussy, Ligeti und eine Uraufführung György Ligeti gehörte zu den musikalischen Leucht- tipps türmen der Nachkriegsavantgarde. Neugierig, experimentierfreudig, oft humorvoll erschloss er neue, überraschende Welten. Mit Atmosphères und Lontano dirigiert Kirill Petrenko zum Auftakt der Biennale der Berliner Philharmoniker zwei Schlüsselwerke Ligetis, deren flirrende Klangflächen typisch für den Stil des Komponisten sind. Gespiegelt werden sie in diesem Konzert durch Claude Debussys schillerndes Klang- gemälde La Mer – ein Meisterwerk des musikalischen Impressionismus. Außerdem gibt es ein neues Werk von Miroslav Srnka, dessen Oper South Pole Kirill Petrenko 2016 mit großem Erfolg in München uraufgeführt hat. Kirill Petrenko Do 09.02.23 20 Uhr Fr 10.02.23 20 Uhr Sa 11.02.23 19 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Karten von 25 bis 76 Euro Peter Mattei singt Schuberts Biennale der Berliner Philharmoniker: »Winterreise« Klavierabend mit Bertrand Facetten der Einsamkeit: Wohl kein Komponist hat das Chamayou Gefühl des Fremdseins, des Unbehaustseins, des nicht Anfang der 1950er-Jahre stand eine neue Komponis- Angenommenwerdens so berührend und ergreifend tengeneration am Start: unkonventionell und revolutio- in Musik gesetzt wie Franz Schubert in seinem Lieder- när. Der französische Pianist Bertrand Chamayou stellt zyklus Die Winterreise. Die schmerzliche Seelenlage uns Werke von Komponisten vor, die wir heute zu den des Protagonisten, die sich in dem Bild des Winters führenden Persönlichkeiten der Neuen Musik zählen mit seiner unerbittlichen Kälte, seinem starren Eis und und die immer wieder mit ihren Einfällen überraschten: seinen frostigen Winden spiegelt, drückt sich in jedem Bei John Cage, György Ligeti, Luciano Berio und Olivier Ton aus. Der schwedische Bariton Peter Mattei und sein Messiaen wird das Klavier zum Perkussionsinstrument Klavierbegleiter David Fray machen aus den Liedern und zum Experimentallabor für neue klangliche und des Zyklus kleine Opernszenen voller Intensität und rhythmische Effekte. Karl Amadeus Hartmann wiede- Emotion. rum erinnert in seiner Sonate »27. April 1945« an die Schrecken der Nazi-Diktatur. Mi 08.02.23 20 Uhr Peter Mattei Kammermusiksaal Bertrand Chamayou Di 14.02.23 20 Uhr Kammermusiksaal Peter Mattei Bariton David Fray Klavier Bertrand Chamayou Klavier Karten von 15 bis 35 Euro Karten von 10 bis 26 Euro 40 Saison 2022/23 41 Konzerttipps
Biennale der Berliner Philharmoniker: Werke der Moderne mit Simon Rattle György Ligeti ließ sich vom bildkräftigen Text der katholischen Totenmesse zu einem der großen Chor- werke des 20. Jahrhunderts anregen. Sein apokalypti- sches Requiem wie auch sein Orchesterwerk Appa- ritions vermitteln eine dichte, spannungsgeladene Klangsprache – hier zu erleben mit Sir Simon Rattle als Dirigent. Eine subtile Querverbindung gibt es zu den weiteren Werken des Abends. Denn sowohl Bernd Alois Zimmermanns bissig-humorvolle Musique pour les soupers du Roi Ubu als auch Bohuslav Martinůs neo- romantisches Bratschenkonzert nehmen versteckt auf Requiem-Vertonungen anderer Komponisten Bezug. Do 16.02.23 20 Uhr Sir Simon Rattle Fr 17.02.23 20 Uhr Sa 18.02.23 19 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle Dirigent Makeda Monnet Sopran Donatienne Michel-Dansac Mezzosopran Amihai Grosz Viola Rundfunkchor Berlin Karten von 25 bis 76 Euro Biennale der Berliner Philharmoniker: Philharmonischer Salon: György Ligeti Unbeirrbar, neugierig und humorvoll ging György Ligeti seinen künstlerischen Weg und wurde so in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Komponisten. Seine Karriere be- gann für den Ungarn, dessen 100. Geburtstag sich 2023 jährt, nachdem er in den Westen emigriert war. Doch seine menschlichen und künstlerischen Wurzeln liegen in Siebenbürgen, wo er als Sohn jüdischer Eltern geboren wurde und aufwuchs. Schauspieler Ulrich Matthes und Mitglieder der Berliner Philharmoniker blicken mit Texten und Musik auf die Jugendjahre des Komponisten zurück. Ulrich Matthes So 19.02.23 16 Uhr So 26.02.23 16 Uhr Kammermusiksaal Ulrich Matthes Sprecher Mitglieder der Berliner Philharmoniker Cordelia Höfer Klavier Götz Teutsch Programmgestaltung Karten von 15 bis 35 Euro 42 Saison 2022/23
Ticketverkauf online unter berliner-philharmoniker.de telefonisch unter +49 30 254 88-999 Montag – Freitag 9 –16 Uhr an der Konzertkasse der Philharmonie Montag – Freitag 15–18 Uhr Samstag, Sonntag und an Feiertagen 11–14 Uhr SCHENKEN SIE WÄRME. Impressum Newsletter und Social Media Ob in der Ukraine, in Afghanistan, in Syrien oder im Irak: Herausgegeben von der Berliner berliner-philharmoniker.de/newsletter Philharmonie gGmbH für die Stiftung instagram.com/BerlinPhil Für Menschen auf der Flucht sind die kalten Wintermonate Berliner Philharmoniker Direktorin Marketing, Kommunikation und facebook.com/BerlinPhil twitter.com/BerlinPhil eine besonders harte Herausforderung. Ihre Stärke ist Vertrieb: Kerstin Glasow youtube.com/BerlinPhil bewundernswert, doch sie brauchen jetzt unsere Solidarität! Herbert-von-Karajan-Straße 1, 10785 Berlin redaktion@berliner-philharmoniker.de Als musikalische Botschafter unterstützen die Berliner Redaktion: Tobias Möller (V. i. S. d. P.) Bildnachweise: Cover: iStock / Malachy, Philharmoniker die UNO-Flüchtlingshilfe in ihrem Engagement, Mitarbeit: Harald Hodeige, Stephan Kock, S. 7, 8, 11, 13, 16, 21 akg-images, S. 18, 22 Flüchtlingen in diesem Winter lebensrettenden Schutz Anne Röwekamp, Hendrikje Scholl · Ein Wikimedia Commons, S. 35, 36, 41 (o.) führungstexte: Malte Krasting · Artwork: Stephan Rabold, S. 37 Gregor Hohen- zukommen zu lassen. Bitte spenden Sie unter: Studio Oliver Helfrich · Layout: Stan Hema berg / Sony Music, S. 40 Dario Acosta, S. 41 Satz: Bettina Aigner (u.) Marco Borggreve, S. 42 (o.) Monika Rittershaus, (u.) Mathias Bothor www.uno-fluechtlingshilfe.de/berliner-philharmoniker-winter Anzeigenvermarktung: Tip Berlin Media Group GmbH, Michelle Thiede t +49 30 233 269 610 anzeigen@tip-berlin.de Programmheft Nr. 33, Saison 2022/23 Spendenkonto Einzelheftpreis: 3,50 Euro BIC: Herstellung: Reiter-Druck, 12247 Berlin COLSDE33 Programm- und Besetzungsänderungen IBAN: vorbehalten DE78 3705 0198 0020 0088 50 Sparkasse KölnBonn Stichwort: 44 Saison 2022/23 Berliner Philharmoniker Winter
Musik verbindet #PositiverBeitrag Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Deutsche Bank und die Berliner Philharmoniker in einer engen und lebendigen Partnerschaft zusammen. Gemeinsam © Madlen Krippendorf wollen wir Musik von Weltklasse fördern und Menschen jeden Alters für Musik und Kultur begeistern. Denn Musik inspiriert, verbindet Menschen und überwindet Grenzen. db.com/kultur
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