Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker

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Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Philharmoniker
Donnerstag
29.12.22

Freitag
30.12.22

Samstag
31.12.22

Kirill Petrenko
Jonas Kaufmann

                  Berliner
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Großer Saal

                                                                                                           Berliner Philharmoniker
                                                                                                           Kirill Petrenko Dirigent
                                                                                                           Jonas Kaufmann Tenor
                                                                                                           Donnerstag, 29.12.22, 20 Uhr
                                                                                                           Freitag, 30.12.22, 20 Uhr
                                                                                                           Samstag, 31.12.22, 17.30 Uhr

                                                                        C. Bechstein Concert C 6 Klavier

                                                                                                           
                                                                                                           Kirill Petrenko
                                                                                                           Chefdirigent und künstlerischer
                                                                                                           Leiter der Berliner ­Philharmoniker
   GEHEN SIE MIT UNS AUF EINE                                                                              Andrea Zietzschmann
KLANGREISE IN UNSEREM CENTRUM                                                                              Intendantin der
                                                                                                           Stiftung Berliner P­ hilharmoniker
       C. Bechstein Centrum Berlin · Kantstraße 17 · 10623 Berlin
   +49 (0)30 2260 559 100 · berlin@bechstein.de · bechstein-berlin.de
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Inhalt                                                                                      Programm

Werkeinführungen6                                                                          Giuseppe Verdi (1813–1901)
Perspektiven                                                                                La forza del destino
  Reine Wahrheit16                                                                         Sinfonia
  Der Verismo der italienischen Oper
                                                                                            »La vita è inferno all’infelice ... Oh, tu che in seno agli angeli«,
  Verewigte Liebe22                                                                        Arie des Alvaro aus dem 3. Akt
  Romeo und Julia in Dichtung, Musik und Kino
Gesangstexte24
Musikerinnen und Musiker33                                                                 Riccardo Zandonai (1883–1944)
Konzerttipps40                                                                             Giulietta e Romeo
                                                                                            »Giulietta! Son io!«, Arie des Romeo aus dem 3. Akt

                                                                                            Sergej Prokofjew (1891–1953)
                                                                                            Romeo und Julia, Suite Nr. 1 op. 64a
                                                                                            Nr. 7 Tybalts Tod

                                                                                            Pause (nur am 29. und 30. Dezember)

Live-Übertragungen                            Fotoaufnahmen, Bild- und Tonaufzeich­
Das Konzert am 31.12.22 wird live in der      nungen sind nicht ­gestattet.
Digital Concert Hall, europaweit in ausge-    Bitte schalten Sie vor dem Konzert
wählten Kinos sowie im Radio auf rbbKultur    Ihre Mobiltelefone aus.
übertragen. Arte zeigt das Konzert zeitver-
setzt ab 18.35 Uhr. Aufzeichnungen werden     Die Stiftung Berliner P­ hilharmoniker wird
in der Digital Concert Hall und für 30 Tage   gefördert durch:
auf rbbKultur.de verfügbar sein.
   digitalconcerthall.com
   berliner-philharmoniker.de/kino
   rbbkultur.de
   arte.tv

       2               Saison 2022/23                                                            3               Programm
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Werk
Umberto Giordano (1867–1948)
Andrea Chénier
»Colpito qui m’avete … Un dì all’azzurro spazio«,
Arie des ­Andrea aus dem 1. Akt

Pietro Mascagni (1863–1945)
Cavalleria rusticana

                                                                 einführungen
Intermezzo

»Mamma, quel vino è generoso«, Arie des Turiddu

Nino Rota (1911–1979)
La strada, Auszüge aus der Orchestersuite
1. Nozze in campagna – »È arrivato Zampanò«
2. I tre suonatori e il »Matto« sul filo

Peter Tschaikowsky (1840–1893)
Capriccio italien op. 45
Andante un poco rubato – Pochissimo più mosso – Allegro
moderato

     4             Saison 2022/23
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Unter der Sonne Italiens
Werke von Verdi,
Tschaikowsky & Co.

Ohne Italien wäre das Leben ein Irrtum: Das hat Friedrich Nietz-
sche zwar nicht ganz so gesagt; aber er liebte die Sonne des
Südens und die Musik, die von ihr inspiriert ist. Das Land, das die
Kunstform Oper hervorgebracht hat, in dem die berühmteste
Liebesgeschichte der Welt spielt und das als Sehnsuchtsziel im-
mer wieder die aus nördlicheren Gefilden stammenden Kom-
ponisten inspiriert hat, ist das Thema des heutigen Programms.
Die Berliner Philharmoniker feiern den Jahreswechsel mit Musik
aus und über Italien, geschrieben von fünf italienischen Kompo-
nisten und von zwei russischen, deren Herz für das Land schlug,
wo die Zitronen blühen. Sie schufen Musik für Oper, Ballett und
Film, selbst erfunden oder römischen Straßenmusikanten ab-
gelauscht. Aus den Tönen von Verdi, Zandonai, Mascagni und            Strada Romana à Bordighera, Gemälde von
Rota, von Prokofjew und Tschaikowsky entsteht ein klingendes          Claude Monet, 1884
Fresko, das mal Natur und Lebensart feiert, mal von tragischen
Verstrickungen und tödlichen Leidenschaften erzählt.

Verdis La forza del destino

Am Anfang steht der Großmeister der italienischen Oper im
mittleren und späten 19. Jahrhundert. Im selben Jahr wie Richard
Wagner geboren und oft genug gegen den deutschen Anti-
poden ausgespielt, eint Giuseppe Verdi mit seinem Zeitgenos-
sen das Gespür für politische Umwälzungen. Verdi war sich
bewusst, dass drängende Probleme der Lösung harrten, vor
allem die Befreiung Italiens von österreichischer und französi-
scher Fremdherrschaft und die Einigung der zersplitterten
Kleinstaaten. Nach der Premiere von Un ballo in maschera (Ein
Maskenball) 1859 erklärte Verdi sein Opernschaffen für beendet
und wurde statt­dessen Landwirt und Parlamentsabgeordneter.
Als jedoch der Tenor Enrico Tamberlik ihm einen Kompositions-
auftrag fürs kaiserliche Opernhaus von Sankt Petersburg antrug,
konnte er nicht widerstehen. So entstand die Oper La forza del
destino (Die Macht des Schicksals), in der die Liebe zwischen
Donna Leonora, der Tochter eines spanischen Marchese, und
dem als »Mestize« (Mischling) diffamierten Don Alvaro viele
unwahrscheinliche Wendungen nimmt, wobei das Thema der
Verblendung durch rassistische Vorurteile allgegenwärtig ist.

      6             Saison 2022/23                                          7              Werkeinführungen
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Die »Sinfonia« genannte Ouvertüre stellt die einprägsamsten
                                                              Themen der Oper vor: das »Schicksalsmotiv« etwa mit seiner
                                                              vorantreibenden Streicherfigur, das entscheidende Szenen
                                                              der Oper prägt. Am Beginn des dritten Aktes hat die Hand-
                                                              lung Alvaro als Hauptmann in spanischen Diensten nach Italien
                                                              verschlagen, wo ihn die Gedanken an Leonora, die verlorene
                                                              Liebe seines Lebens, verfolgen. Zudem blickt er auf das Schick-
                                                              sal seiner Eltern zurück: eines spanisches Edelmanns und einer
                                                              Tochter des letzten Inka-Königs. Durch ihre dynastische Ver-
                                                              bindung wollten sie nicht zuletzt das Morden der Kolonialherr-
                                                              scher in Südamerika beenden – vergeblich. Im Feldlager in den
                                                              Albaner Bergen bittet Alvaro Leonora, die er tot glaubt und sich
                                                              als Engel vorstellt, ihn bald von den Leiden seines Daseins zu
                                                              erlösen.

                                                              Romeo und Julia von Zandonai und Prokofjew

                                                              Mit gleich zwei Werken wird zum Jahreswechsel Romeo und
                                                              Julia gehuldigt – dem populärsten Liebespaar der Weltlitera-
                                                              tur, das William Shakespeare unsterblich machte. Die Berliner
                                                              ­Philharmoniker spielen einen Satz aus Sergej Prokofjews gleich-
Libretto zu Verdis La forza del destino mit Überarbeitungen    namiger Ballettsuite, Jonas Kaufmann hingegen bringt eine
des Komponisten, 1863
                                                               Arie aus Riccardo Zandonais Oper Giulietta e Romeo mit – eine
                                                               Rarität der spezifisch italienischen Operngattung des Verismo,
                                                               der das Leben schärfer, härter, unbarmherziger und gefühl-
                                                               voller wiedergeben wollte, als es sich die vorangegangenen
                                                               Komponistengenerationen getraut hatten.

                                                              Zandonai war auf einem guten Weg, der rechtmäßige Nach­
                                                              folger Giacomo Puccinis zu werden. Nach seinem Studium
                                                              in Pesaro bei Pietro Mascagni, von dem am heutigen Abend
                                                              ebenfalls Werke erklingen, wurde sein 1908 uraufgeführter
                                                              Opernerstling Il grillo del focolare (Das Heimchen am Herd)
                                                              zu einem großen Erfolg. Auch als Dirigent war er vielbeschäf-
                                                              tigt und fungierte einige Jahre als Konservatoriumsdirektor in
                                                              ­Pesaro. Von seinen rund zehn Opern gilt vor allem Francesca
                                                               da Rimini auf ein Libretto von Gabriele d’Annunzio als ein
                                                               Geheimtipp unter den späten Blüten des Verismo. Giulietta e
                                                               Romeo spiegelt das archaische Flair der Handlung auf musika-
                                                              lisch fantasievolle Weise wider und ist durch Verwendung des
                                                              örtlichen Dialektes spezifisch auf Verona zugeschnitten. Jonas
                                                              Kaufmann hegt ein besonderes Faible für die vor hundert Jah-
                                                              ren uraufgeführte Oper. In der Arie »Giulietta! Son io!« aus dem
                                                              dritten Akt findet Romeo die schlafende Julia in der vergitterten
                                                              Familienkapelle, und da sie auf sein Rufen nicht reagiert, hält er
                                                              sie für tot und nimmt Gift. Als sie endlich doch erwacht, ist es zu
                                                              spät, denn ohne ihren Geliebten hat auch sie keine Lebenskraft
                                                              mehr – beide sterben in einer letzten Umarmung.

       8                Saison 2022/23                              9             Werkeinführungen
Kirill Petrenko Jonas Kaufmann - Donnerstag 29.12.22 Freitag 30.12.22 Samstag 31.12.22 - Berliner Philharmoniker
Diesen doppelten Tod wollte Sergej Prokofjew in seinem ­Romeo
und Julia-Ballett eigentlich vermeiden. 1935 nahm er die Arbeit
an einer Szenenfolge mit Happy End auf: »Die Gründe«, so Pro-
kofjew, »waren rein choreografischer Natur – Lebende können
tanzen, nicht aber Gestorbene.« Schließlich verzichtete er je-
doch auf diese Umdeutung. Insgesamt ging es Prokofjew weni-
ger um die Darstellung der familiären Machtkämpfe als um die
Konflikte, in die die Liebenden wegen der überholten Ehrbegrif-
fe der Familienclans verstrickt sind. Schon vor der Uraufführung
im mährischen Brünn 1938 hatte Prokofjews Musik begonnen,
über zwei Orchestersuiten die Konzertsäle zu erobern. Aus der
ersten Suite entstammt die berühmte Nummer Tybalts Tod, die
schildert, wie Romeo einen Cousin Julias im Duell ersticht.

Verismo-Arien von Giordano und Mascagni

Die zwei weiteren Arien, die Jonas Kaufmann für dieses Pro-
gramm ausgewählt hat, gehören ebenfalls dem Verismo an. In
Umberto Giordanos Andrea Chénier – 1896 an der Mailänder
Scala uraufgeführt – ist der Titelheld ein Dichter. Zu Zeiten der
Französischen Revolution gerät er zwischen gesellschaftlichem
Engagement fürs Volk und glühender Liebe zu einer Aristo-
kratin in die Mühlen der Schreckensherrschaft Robespierres.
Schon im ersten Bild der Oper wird das deutlich: Auf einer Feier
im Schloss der Gräfin Coigny wird Chénier von der schönen
Tochter des Hauses gedrängt, eine Kostprobe seines lyrischen
Könnens zu geben. Die Stegreifdichtung über das verabredete
Thema »­ Liebe« gerät zum flammenden Appell für soziale Ge-
rechtigkeit. Schon fürchtet die Festversammlung, dass der Faux-
pas noch blutige Folgen haben wird. Und wirklich: Maddalena
di Coigny und ihr revolutionärer Poet enden auf dem Schafott.

Pietro Mascagnis Cavalleria rusticana war die Blaupause des         Prokofjews Romeo und Julia am Moskauer Bolschoi-
Verismo. Sie gibt die Handlung quasi in Echtzeit wieder; die        Theater mit Galina Ulanowa als Julia und Alexander
Vorgänge brauchen auf der Bühne annähernd so viel Zeit              Lapauri als Paris, 1956
wie in Wirklichkeit. Auf das Orchester-Intermezzo, das den
schein­baren Osterfrieden in einem sizilianischen Bauerndorf
repräsentiert, folgt der herzzerreißende Abschied Turiddus von
seiner Mutter, das »Addio alla madre«: Der junge Mann, der
­seine Verlobte Santuzza mit der Frau eines anderen betrogen
 hat, ahnt, dass das unvermeidbare Duell für ihn tödlich aus-
 gehen wird, und bittet die »Mamma«, sich Santuzzas anzuneh-
 men, sollte er nicht zurückkehren.

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Nino Rotas La strada

Zwei Orchesterwerke schließen das Konzert ab. Das erste
stammt von Nino Rota – neben Erich Wolfgang Korngold viel-
leicht der einzige Komponist, der sowohl in der Film- wie in der
Konzertmusik unbestritten Meisterwerke geschaffen hat. Von
Koryphäen wie Ildebrando Pizzetti und Alfredo Casella in der
klassischen Musik ausgebildet, war er viele Jahre lang selbst
Kompositionsprofessor und Konservatoriumsdirektor, schrieb
Solokonzerte ebenso wie Symphonien. Berühmt aber wurde er
durch sein Filmschaffen, ob für Francis Ford Coppolas Der Pate,
für Luchino Viscontis Der Leopard oder Franco Zeffirellis Romeo
und Julia. Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit verband
ihn mit Federico Fellini, der in seinen Filmen ein ungeschöntes
und dafür umso wahrhaftigeres Italien schildert. Ihre dritte
gemeinsame Arbeit war Fellinis frühes Meisterwerk La strada
(1954): die herzzerreißende Geschichte eines grobschlächti-
gen Schaustellers – dem sprichwörtlich gewordenen »großen
Zampanò« – und der kleingewachsenen, eigenwilligen Gelso-
mina. Zehn Jahre später wurde Rota von der Mailänder Scala
beauftragt, eine Ballettsuite über dasselbe Sujet zu schreiben.
Natürlich benutzte der Komponist dabei die Filmmusik aus La
strada, griff aber auch auf andere seiner Soundtracks zurück
und schrieb zusätzlich neue Musik. Dazu gehören die beiden
Sätze, die heute erklingen.

Tschaikowskys Capriccio italien

Für Peter Tschaikowsky war Italien eine Liebe auf den zweiten       Giulietta Masina als Gelsomina in Fellinis La strada, 1954
Blick. Ob Venedig, Florenz, Neapel oder Rom: Alle diese Städte
fand er bei seinen ersten Besuchen furchtbar. Als er dann den
Winter 1879/80 in Rom verbrachte, sah das schon anders aus,
da bewunderte er die Kunst Michelangelos und Raffaels und
freute sich an der italienischen Mentalität. In einem Brief an
seine Gönnerin Nadeschda von Meck schrieb er: »Wir stecken
jetzt mitten im Karneval […]. Beobachtet man die tobende
­Menge auf dem Corso aufmerksamer, so stellt man […] die
 Echtheit und Natürlichkeit dieser Fröhlichkeit fest. Ich glaube,
 die Menschen atmen sie mit der zärtlichen Wärme dieser Luft
 ein […]. Ich bin immer noch gereizt und nervös […]. Trotzdem
 habe ich in den letzten Tagen erfolgreich gearbeitet und den
 Entwurf einer italienischen Fantasie über Volksthemen beendet,
 der ich eine erfolgreiche Zukunft vorauszusagen wage. Sie
 wird wirksam sein, denn die verarbeiteten Melodien, die ich
 Sammel­werken entnommen und auf der Straße gehört habe,
 sind reizend.«

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Die italienische Fantasie, Capriccio (zu Deutsch: Laune, Einfall)
betitelt, hatte die musikalische Unterhaltung des Publikums
zum Ziel und Tschaikowsky verwendete viel Sorgfalt auf einen
wirkungsvollen Spannungsbogen mit Steigerungen an Tempo,
Lautstärke und Klangfülle. Das Werk beginnt mit einem Militär-
signal; über vibrierenden Begleitakkorden entspinnt sich an-
schließend ein Lied voller Sehnsucht und Pathos, das zurück zur
Anfangsfanfare führt. Auf diesen dramatischen Einstieg folgt

                                                                    Perspektiven
eine populäre Kanzone »alla napolitana«, von zwei Oboen
intoniert, die durchs ganze Orchester wandert. Immer munte-
rer wird es, mit einem zügigen Volkstanz und einer wirbelnden
Tarantella. Weitere Musikanten gesellen sich hinzu, auch das
schmissige Schlagwerk mit Trommel, Becken und Tamburin.
Kaum sind sie alle beisammen, wird aus vollem Halse die nea-
politanische Kanzone geschmettert und dann zum Schlussspurt
angesetzt. Der eigentlich so heimatverbundene Tschaikowsky
lässt sich hier fröhlich auf folkloristische Themen eines anderen
Landes ein – und beweist damit seinen offenen Geist und sein
weites Herz.

                                                  Malte Krasting

    14             Saison 2022/23
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Reine Wahrheit                       Mit Arien von Riccardo Zandonai, Umberto
                                     Giordano und Pietro Mascagni eröffnet das
Der Verismo der italienischen Oper   heutige Konzert eine faszinierende Opernwelt:
                                     den Verismo, der nicht auf puren Schönklang und
                                     die sprichwörtliche Opernintrige setzt, sondern
                                     das Leben zeigen will, wie es wirklich ist.

                                     Gegen Ende des 19. Jahrhun-               Süden Italiens angesiedelte Stoffe
                                     derts machte eine neue Art von            wie die Erzählungen Giovanni Ver-
                                     Musiktheater Furore. Sie nannte           gas (1840–1922) für diese Stilrich-
                                     sich Verismo, kam aus Italien und         tung, oft blutig, gar tödlich enden-
                                     eroberte in Windeseile die Bühnen         de Geschichten in der Gluthitze
                                     ganz Europas. Bei diesem neuen            des Mezzogiorno oder Siziliens.
                                     Opernstil loderte das Feuer heller        Vergas Novellen spielen häufig im
                                     als in den meisten nord- und mittel-      Bauernmilieu, schildern das harte
                                     europäischen Musikdramen in der           Leben auf kargem Boden und
                                     Wagner-Nachfolge. Und an den              den Kampf der Menschen um ihr
                                     Theaterkassen zeigte sich bald:           kleines bisschen Himmel auf Erden.
                                     Das war es, was das Publikum              Auf glückliche Schicksalswendun-
                                     hören wollte.                             gen hat man wenig Hoffnung, die
                                                                               Weltsicht ist jeder optimistischen
                                     Mit Verismo bezeichnete man –             Verklärung entledigt.
                                     zunächst in der Literatur – die
                                     spezifisch italienische Spielart des      Auch auf das Drama und die
                                     Naturalismus. Im Begriff steckt           bildende Kunst fand der Begriff
                                     der Anspruch, mit Kunst Wahrheit          bald Anwendung, die Musik folgte
                                     (»verità«) auszudrücken, die Welt         etwas später mit der veristischen
                                     weitestgehend so darzustellen,            Oper. Instrumentalwerke, die mit
                                     wie sie ist oder unmittelbar er-          ähnlichen Mitteln die Wirklichkeit
                                     scheint. Alle Mittel, die in der jewei-   nachahmen – man denke an Otto-
                                     ligen Kunstgattung zur Verfügung          rino Respighis Darstellungen römi-
                                     stehen, sollten dabei zur getreuen        scher Brunnen und Feste – hat man
                                     Nachahmung genutzt werden,                seltsamerweise nie so genannt.
                                     ohne Rücksicht auf althergebrach-         Was veristische Oper bedeutet,
                                     te Regeln, Formen und Gesetze.            das ist in vielerlei Hinsicht vage und
 Ganz normale Menschen               Keine idealisierten Abbilder,             bis heute ungeklärt. Lebensechte
 stehen im Zentrum vieler
­veristischer Opern.                 sondern die nackte, ungeschönte           Wahrheit mit der artifiziellsten aller
 Junge Süditalienerin, 1920          Wahrheit. Vorwiegend standen im           Kunstformen zu erzielen, grenzt

                                          17              Perspektiven
ans Paradoxe, und so sollte man       Außergewöhnlich an dieser Be-
                                                    den selbstgestellten Anspruch des     zeichnung ist, dass sie nicht erst
                                                    Verismo nicht zu wörtlich nehmen.     von der Nachwelt, sondern schon
                                                                                          von den damaligen Vertretern des
                                                        Lebensechte                       Verismo und deren Zeitgenossen
                                                                                          gebraucht wurde. Die Mitglie-
                                                        Wahrheit mit der                  der dieser »jungen italienischen
                                                        artifiziellsten aller             Schule« (giovane scuola italiana)
                                                                                          formten keine stilistisch einheitliche
                                                        Kunstformen zu                    Gruppe mit gemeinsamen ästhe-
                                                        erzielen, grenzt                  tischen Zielen, obwohl die meisten
                                                                                          von ihnen – namentlich Francesco
                                                        ans Paradoxe.                     Cilea (Adriana Lecouvreur), Um-
                                                                                          berto Giordano (Andrea Chénier),
                                                    Als erste Oper des Verismo gilt       Ruggiero Leoncavallo (Pagliacci,
                                                    Cavalleria rusticana, Pietro Masca-   zu Deutsch Der Bajazzo) und Leo-
                                                    gnis 1890 uraufgeführtes Meister-     poldo Mugnone (Vita Brettone) –
                                                    werk nach Vergas gleichnamiger        am Konservatorium von Neapel
                                                    Erzählung aus der Sammlung            bei Paolo Serrao ausgebildet
                                                    ­Sizilianische Novellen. Mascagnis    wurden. Zwei zentrale Exponenten
                                                     Werk war allerdings schon welt-      des Verismo studierten hingegen
                                                     weit bekannt, ehe irgendjemand       in Mailand unter anderem bei
                                                     den Begriff Verismo auf dieses       Amilcare Ponchielli: zum einen
                                                     Stück oder überhaupt eine Oper       Mascagni, zum anderen Giacomo
                                                     angewandt hätte. Erstmals scheint    Puccini, einer der großen Meister
                                                     das anlässlich der Internationalen   veristischer Darstellung – man
Szene aus Cavalleria rusticana in einem Stich von
Gaetano Colantoni, 1891                              Musik- und Theaterausstellung        denke nur an die Hafengeräusche
                                                     im Frühherbst 1892 in Wien ge-       in Il tabarro oder an seine lebens-
                                                     schehen zu sein, als der Verleger    nahe Schilderung bunter Men-
                                                     Edoardo Sonzogno eine Reihe          schenmengen in La Bohème. Trotz
                                                     von jüngeren italienischen Opern     aller Unschärfe hat sich der Begriff
                                                     vorstellte. Sonzogno wollte dem      Verismo durchgesetzt, auch weil
                                                     übermächtigen Konkurrenten           das, was man mit ihm verbindet,
                                                     Ricordi (mit dessen Komponisten      von anhaltender Attraktivität ist:
                                                     Rossini, Donizetti und Verdi) Pa-    sozialkritische und milieutypische
                                                     roli bieten, erfand die Marktlücke   Inhalte, historische und politische
                                                     Operneinakter und organisierte       Sujets, die Betonung des drama-
                                                     Kompositionswettbewerbe dafür.       tischen Effekts – auch auf Kosten
                                                     Im zweiten Schritt schuf Sonzo­      des Schönklangs – und die starke
                                                     gno mit dem ­Verismo eine ganz       Beteiligung des Orchesters an
                                                     neue Stilrichtung, oder vielmehr:    der Herstellung von Atmosphäre
                                                     er bezeichnete sie als solche, um    und Lokalkolorit.
                                                     die Aufmerksamkeit auf diese
                                                     Werke zu lenken. Dass es sich beim   Glockengeläut und Gemein-
                                                     Opern-Verismo gewissermaßen          schaftsgesänge, Murren und Mur-
                                                     um einen Marketingtrick handelte,    meln der Bevölkerung, Schreien,
                                                     fiel schon damals den Musikkriti-    Kreischen und Schluchzen: kein
                                                     kern auf.                            Tönen, das die Komponisten nicht

      18                Saison 2022/23                  19            Perspektiven
versuchten, mit musikalischen Mit-     eben wegen der genauen Darstel-
teln nachzuahmen. Der russische        lung von Handlung und Gefühlen
Opernkomponist Nikolaj Rimsky-         erwartet sie von der Bebilderung
Korsakow erklärte zur selben Zeit      auf der Bühne unbedingte Gefolg-
das pure Singen zur einzig erlaub-     schaft. Und je mehr jeder Vorgang
ten vokalen Äußerungsform auf          textlich und musikalisch festgelegt
der Bühne. Bei den Veristen aber       ist, desto weniger Freiheit bleibt
wird auch gestöhnt, geächzt, ge-       der inszenatorischen Interpreta-
flüstert. »Tumultuosamente« lautet     tion. Gerade in Deutschland, wo
eine Vortragsanweisung in Andrea       die Regie eine eigenständige Rolle
Chénier, »gridando« (schreiend)        für sich in Anspruch nimmt, hatten
eine andere, und das schöne            es veristische Opern lange Jahre
»urlando« (heulend) galt eine Zeit     schwer – ausgenommen Doppel-
lang als typisches Merkmal für         abende mit Cavalleria rusticana
Verismo-Opern. All das ließ sich       und Pagliacci und natürlich die
auf Geschichten aller Gegenden         Werke Giacomo Puccinis, die
und Zeiten anwenden, besonders         heute allerdings nicht als Verismo
auf historische Stoffe blutrünstiger   im engeren Sinne gelten. Zum
Epochen wie die Französische           Glück ändert sich diese Haltung
Revolution. Im zweiten Akt von         seit einiger Zeit, und so ist die Fülle
Andrea Chénier beispielsweise          dieses Repertoires vermehrt auch
krakeelen Zeitungsjungen die           auf deutschen Bühnen zu erleben.
neuesten Meldungen heraus,
Stimmengewirr flimmert über den                              Malte Krasting
Cafétischchen am Seine-Ufer, Eil-
kutschen rattern über das Pflaster,
Menschen rotten sich zusammen,
bevor Robespierre in seiner Staats-
karosse die Menge passiert. Diese
akustischen Phänomene sollen
die Wirklichkeit über den Umweg                                                       Jonas Kaufmann und Anja Harteros in Andrea Chénier
durchs Ohr dem Hörer vor Augen                                                        an der Bayerischen Staatsoper, 2017
führen.

     Historische ­Stoffe
     blutrünstiger
    ­Epochen eigneten
     sich besonders für
     veristische Opern.
Daraus folgt eine Herausforderung
für die Opernregie. Diese Musik
verlangt, ob gridando, urlando
oder tumultuosamente, explizit
nach szenischer Umsetzung, aber

    20             Saison 2022/23                                                21              Perspektiven
Verewigte Liebe                Keine größere Liebe ist denkbar als die von
                               Romeo und Julia. Da wundert es nicht, dass
Romeo und Julia in Dichtung,   Künstler aller Genres Shakespeares Drama im
Musik und Kino                 eigenen Stil nacherzählten – von Hector Berlioz
                               bis Leonard Bernstein.

                               Romeo und Julia ist gewiss ­William      Riccardo Zandonais veristische
                               Shakespeares populärste Schöp-           Oper Giulietta e Romeo, deren
                               fung. Dabei hat er nicht alles selbst    Handlung vor-Shakespear’sche
                               erfunden: Masuccio Salernitano,          Quellen aufgreift. A Village Romeo
                               Hofdichter in Neapel, erzählte           and Juliet (1901) von Frederick
                               in seinem 1476 posthum veröf-            Delius hingegen taucht gelegent-
                               fentlichten Novellino als erster        lich wieder auf. Sie basiert auf der
                               die Geschichte zweier heimlich          vielleicht bedeutendsten literari-
                               verheirateter junger Leute aus ver-     schen Adaption, Gottfried Kellers
                               feindeten Familien. Andere haben        Novelle Romeo und Julia auf dem
                               sie weitergesponnen; Matteo             Dorfe. In der Orchestermusik gibt
                               Bandello beispielsweise gab dem         es neben Sergej Prokofjews Ballett
                               Paris seinen Namen und führte die       (1936), dessen Nummern auch in
                               Amme und Benvolio ein. Mitte des        Orchestersuiten und als Klavier-
                               16. Jahrhunderts brachte Pierre         werk weiterleben, die »Fantasie-
                               Boaistuau die Erzählung ins Fran-       Ouvertüre« Tschaikowskys (1870)
                               zösische; von hier aus gelangte die     sowie Berlioz’ Chorsymphonie
                               Story nach England, wo William          ­Roméo et Juliette (1839). Natür-
                               Painter daraus eine Novelle und          lich ist auch Hollywood an einem
                               Arthur Brooke ein Vers­poem              solchen Stoff nicht vorübergegan-
                               machten. ­Letzteres diente William       gen. Die wichtigsten Kinoversionen
                               Shakespeare als Hauptquelle.             sind die von Franco Zeffirelli (1968)
                               Im 19. Jahrhundert nahm die              mit Musik von Nino Rota und die
                               Welle von Romeo und Julia-Ad-            von Baz Luhrmann (1996), die im
                               aptionen Fahrt auf, wobei zwei           fiktiven Verona Beach im zeitge-
                               Opern herausragen: Vincenzo              nössischen Florida spielt. Die wirk-
                               Bellini nahm sich in seiner Belcan-      mächtigste Adaption allerdings
                               to-Fassung I Capuleti e i Montecchi      bleibt wahrscheinlich Leonard
                               (1830) manche Freiheiten in der          Bernsteins Musical West Side
                               Handlungsführung, während                Story (1957), in dem rivalisierende
                               Charles Gounod in seiner Oper            Jugendbanden aufeinandertref-
Romeo und Julia,               Roméo et Juliette (1867) nahe            fen – mit grausamen Folgen für das
Federzeichnung von             an Shakespeares Figuren blieb.           Liebespaar Maria und Tony.
Victor Müller, ca. 1870        Selten aufgeführt wird dagegen

                                    23             Perspektiven
Giuseppe Verdi
La forza del destino

             Arie des Alvaro (3. Akt)
             »La vita è inferno all’infelice ...
             Oh, tu che in seno agli angeli«

             La vita è inferno all’infelice.                                Das Leben ist dem Unglücklichen eine Hölle!
             Invano morte desio!                                            Vergeblich ersehne ich den Tod!
             Siviglia! Leonora!                                             Sevilla! Leonora!
             Oh, rimembranza!                                               Ach, Erinnerungen!
             Oh, notte ch’ogni ben mi rapisti!                              O Nacht, die du mir alles raubtest!
             Sarò infelice eternamente, è scritto.                          Ich bin verurteilt, in Ewigkeit zu leiden.
             Della natal sua terra il padre volle                           Mein Vater wollte sein Heimatland
             spezzar l’estranio giogo,                                      vom Joch der Fremdherrschaft befreien,
             e coll’unirsi all’ultima degl’Incas                            und als er der Letzten der Inkas sich vermählte,
             la corona cingere confidò.                                     glaubte er, auch deren Krone zu gewinnen.
             Fu vana impresa.                                               Vergeblicher Versuch!
             In un carcere nacqui;                                          In einem Kerker wurde ich geboren;
             m’educava il deserto;                                          mich erzog die Wildnis;
             sol vivo perchè ignota                                         ich lebe nur, weil niemand
             è mia regale stirpe!                                           meine königliche Herkunft kennt!
             I miei parenti sognarono un trono,                             Meine Eltern träumten von einem Thron,
             e li destò la scure!                                           und sie erweckte das Beil des Henkers!
             Oh, quando fine avran le mie sventure!                         Wann wird mein Unglück ein Ende haben?

             Oh, tu che in seno agli angeli                                 Die du emporstiegst zu den Engeln,
             eternamente pura,                                              auf ewig rein,
             salisti bella, incolume                                        schön und unberührt
             dalla mortal jattura,                                          vom Hauch des Todes,
             non iscordar di volger                                         vergiss nicht,
             lo sguardo a me tapino,                                        den Blick auf mich Elenden zu lenken,
             che senza nome ed esule,                                       der ich ohne Namen und Heimat,
             in odio del destino,                                           entzweit mit dem Geschick,
             chiedo anelando, ahi misero,                                   nichts anderes ersehne in meinem Leid,
             la morte d’incontrar.                                          als den Tod zu finden.
             Leonora mia, soccorrimi,                                       Meine Leonora, hilf mir,
             pietà del mio penar,                                           habe Mitleid mit meiner Qual.
             pietà di me!                                                   Habe Mitleid mit mir!

                                     Libretto: Francesco Maria Piave

   24        Saison 2022/23                                            25   Gesangstexte
Riccardo Zandonai
Giulietta e Romeo

          Arie des Romeo (3. Akt)
          »Giulietta! Son io!«

          Giulietta! Son io!                                             Julia, ich bin es,
          Io, non mi vedi?                                               ich, kannst du mich nicht sehen?
          Io che non piango più,                                         Ich weine nicht mehr,
          io che t’imploro,                                              ich flehe dich an,
          io che vegno a cader, morto ai tuoi piedi:                     ich bin gekommen, um tot zu deinen Füßen zu fallen.
          perché beato e disperato                                       Warum, glückselig und verzweifelt,
          moro senza di te, anima mia.                                   sterbe ich ohne dich, meine Seele.
          Così, Giulietta.                                               Also, Julia.
          Ma le fredde mani or sui capelli tuoi voglio posare,           Aber die kalten Hände auf dein Haar,
          voglio posare il cuor sopra il tuo cuore                       mein Herz auf dein Herz möchte ich legen,
          e la bocca che il pianto ha lacerato                           und den Mund, den Tränen zerrissen haben,
          vuol la tua bocca, amore.                                      deinen Mund will ich, meine Geliebte.
          Ah! come, dimmi, ti potrò invocare,                            Ah! Wie, sag mir, kann ich dich anrufen,
          con quale nome più soave e santo?                              mit welchem Namen, süßer und heiliger?
          Ah! come, dimmi, ti saprò destare,                             Ah! Wie, sag es mir, wie kann ich dich wecken,
          con qual grido,                                                mit welchem Schrei,
          con qual dolce pianto,                                         mit welch süßen Tränen,
          con quale ardente bacio,                                       mit welchem innigen Kuss,
          anima mia?                                                     meine Seele?
          Giulietta mia!                                                 Meine Julia!
          Oh! Morta! Morta!                                              Oh! Tot! Tot!
          Dannato me!                                                    Verdamm mich!
          Son io, Romeo… oimè!                                           Ich bin‘s, Romeo ... oh weh!

                                         Libretto: Arturo Rossato

  26      Saison 2022/23                                            27   Gesangstexte
Umberto Giordano
Andrea Chénier
         Arie des Andrea (1. Akt)
         »Colpito qui m’avete …
         Un dì all’azzurro spazio«

         Colpito qui m’avete ov’io geloso celo            Ihr habt mich dort verletzt, wo eifersüchtig ich
         il più puro palpitar dell’anima.                 der Seele reinste Regungen verberge.
         Or vedrete, fanciulla, qual poema                Nun sollt Ihr sehen, Mädchen, welche Dichtung
         è la parola »Amor« qui causa di scherno!         die Liebe ist, das Wort, das hier verhöhnt wird!

         Un dì all’azzurro spazio                         Einst blickt’ ich auf zum Himmel,
         guardai profondo,                                dem unermesslich blauen,
         e ai prati colmi di viole,                       und auf die Wiese, voll von Veilchen,
         pioveva l’oro il sole                            ergoss die Sonne ihr Gold,
         e folgorava d’oro il mondo;                      und goldbeglänzt war alle Welt:
         parea la Terra un immane tesor,                  Mir schien, die Erde sei ein reicher Schatz,
         e a lei serviva di scrigno il firmamento.        ihr Schrein das Firmament,
         Su dalla Terra a la mia fronte                   und von der Erde weht meiner Stirne
         veniva una carezza viva, un bacio.               lebendige Liebkosung zu, ein Kuss.
         Gridai, vinto d’amor:                            Da rief ich, ganz von Liebe übermannt:
         T’amo, tu che mi baci,                           »Dich liebe ich, die mich küsst,
         divinamente bella, o patria mia!                 du wunderbare, schöne Heimat!«
         E volli pien d’amore pregar!                     Und beten wollte ich, von Liebe erfüllt.
         Varcai d’una chiesa la soglia;                   Ich übertrat die Schwelle einer Kirche;
         là un prete ne le nicchie dei santi,             dort war ein Priester, der vor den Altären
         e de la Vergine accumulava doni                  der Heiligen, der Jungfrau, Gaben häufte –
         e al sordo orecchio                              doch seine Ohren blieben taub,
         un tremulo vegliardo                             erhörten nicht das Flehen eines Greises,
         invano chiedeva pane                             vergebens bettelte er um Brot
         e invan stendea la mano!                         und vergebens streckte er die Hände aus!

         Varcai degli abituri l’uscio;                    Ich übertrat die Schwelle einer Hütte;
         un uom vi calunniava                             dort war ein Mann, der frevelte;
         bestemmiando il suolo                            der Erde fluchte er, die kaum
         che l’erario a pena sazia                        genug trägt, um die Steuer zu entrichten.
         e contro a Dio scagliava                         Gott lästerte er,
         e contro a li uomini                             verfluchte alle Menschen,
         le lagrime dei figli.                            um seiner Kinder Elend willen.

  28      Saison 2022/23                             29   Gesangstexte
In cotanta miseria                                                  In diesem großen Elend,
            la patrizia prole che fa?                                           was tut der Adel?
            Sol l’occhio vostro                                                 In Eurem Auge allein
            esprime umanamente qui                                              erblicke ich hier den Ausdruck
            un guardo di pietà,                                                 menschlichen Mitgefühls,
            ond’io guardato ho a voi                                            drum blickte ich zu Euch,
            si come a un angelo.                                                als wäret Ihr ein Engel,
            E dissi: Ecco la bellezza della vita!                               und sagte: Hier ist des Lebens Schönheit!
            Ma, poi, a le vostre parole,                                        Doch dann, als ich Euch sprechen hörte,
            un novello dolor m’ha colto in pieno petto.                         durchbohrten neue Schmerzen meine Brust.
            O giovinetta bella,                                                 O schönes Mädchen,
            d’un poeta non disprezzate il detto:                                verachtet nicht des Dichters Wort:
            Udite! Non conoscete amor,                                          Hört an! Ihr kennt sie nicht, die Liebe!
            amor, divino dono, non lo schernir                                  Die Liebe, Himmelsgabe, spottet ihrer nicht,
            del mondo anima e vita è l’Amor!                                    das Leben und die Seele der Welt ist Liebe!

                                                  Libretto: Luigi Illica

Pietro Mascagni
Cavalleria rusticana

            Arie des Turiddu
            »Mamma, quel vino è generoso«

            Mamma, quel vino è generoso,                                        Mutter! Der Wein war allzu feurig,
            e certo oggi troppi bicchieri                                       und leider ließ ich heute
            ne ho traccannati...                                                zu sehr von ihm mich verleiten;
            vado fuori all’aperto.                                              ich gehe deshalb ins Freie.
            Ma prima voglio                                                     Doch vorher, Mutter,
            che mi benedite                                                     gebt mir Euren Segen,
            come quel giorno                                                    wie einst Ihr tatet,
            che partii soldato.                                                 als ich fort zog ins Feld.
            E poi... mamma, sentite,                                            Und noch eins, Mutter, versprecht mir,
            s’io non tornassi...                                                kehr ich nicht wieder,
            Voi dovrete fare                                                    schützt die arme Santa,
            da madre a Santa,                                                   und seid ihr dann Mutter,
            ch’io le avea giurato                                               ihr, der ich geschworen,
            di condurla all’altare.                                             sie zum Altar zu führen.
            Oh! nulla! È il vino che mi ha suggerito!                           Oh, s‘ist nichts. Der Wein hat mich verwirrt!
            Per me pregate lddio!                                               Für mich fleht zum Höchsten!
            Un bacio, mamma!                                                    Einen Kuss noch, Mutter!
            Un altro bacio... addio!                                            Ach, einen Kuss noch ... Lebt wohl!

            Libretto: Giovanni Targioni-Tozzetti und Guido Menasci
                           nach einer Novelle von Giovanni Verga

   30       Saison 2022/23                                                 31   Gesangstexte
Die Berliner
               Philharmoniker

               Chefdirigent                  •   Christophe Horák           •   Joaquín Riquelme García
Musikerinnen
               • Kirill Petrenko                 (Stimmführer)              •   Martin Stegner
                                            •   Philipp Bohnen             •   Wolfgang Talirz
               Erste Violinen                •   Stanley Dodds              
und Musiker    • Noah Bendix- ­Balgley       •   Cornelia Gartemann         Violoncelli
                 (1. Konzertmeister)         •   Amadeus Heutling           • Bruno Delepelaire

               • Daishin Kashimoto           •   Angelo de Leo                (1. Solocellist)
                 (1. Konzertmeister)         •   Anna Mehlin                • Ludwig Quandt

               • N. N.                       •   Christoph von der Nahmer     (1. Solocellist)
                 (1. Konzertmeister*in)      •   Raimar Orlovsky            • Martin Löhr

               • Krzysztof Polonek           •   Simon Roturier               (Solocellist)
                 (Konzertmeister)            •   Bettina Sartorius          • Olaf Maninger

               • Zoltán Almási               •   Rachel Schmidt               (Solocellist)
               • Maja Avramović              •   Armin Schubert             • Rachel Helleur-­S imcock

               • Helena Madoka Berg          •   Stephan Schulze            • Christoph Igelbrink

               • Simon Bernardini            •   Christa-Maria Stangorra    • Solène Kermarrec

               • Alessandro Cappone          •   Christoph Streuli          • Stephan Koncz

               • Madeleine Carruzzo          •   Eva-Maria Tomasi           • Martin Menking

               • Aline Champion-­            •   Romano Tommasini           • David Riniker

                 Hennecka                                                  • Nikolaus Römisch

               • Luiz Felipe Coelho          Bratschen                      • Dietmar Schwalke

               • Luis Esnaola                • Amihai Grosz                 • Uladzimir Sinkevich

               • Sebastian Heesch              (1. Solobratscher)           • Knut Weber

               • Aleksandar Ivić             • Diyang Mei                   
               • Hande Küden                   (1. Solobratscher)           Kontrabässe
               • Rüdiger Liebermann          • Naoko Shimizu                • Matthew McDonald

               • Kotowa Machida                (Solobratscherin)              (1. Solobassist)
               • Álvaro Parra                • Micha Afkham                 • Janne Saksala

               • Johanna Pichlmair           • Julia Gartemann                (1. Solobassist)
               • Vineta Sareika-Völkner      • Matthew Hunter               • Esko Laine

               • Bastian Schäfer             • Ulrich Knörzer                 (Solobassist)
               • Dorian Xhoxhi               • Sebastian Krunnies           • Martin Heinze

                                            • Walter Küssner               • Michael Karg

               Zweite Violinen               • Ignacy Miecznikowski         • Stanisław Pajak

               • Marlene Ito                 • Martin von der Nahmer        • Edicson Ruiz

                 (1. Stimmführerin)          • Allan Nilles                 • Gunars Upatnieks

               • Thomas Timm                 • Kyoungmin Park               • Janusz Widzyk

                 (1. Stimmführer)            • Tobias Reifland              • Piotr Zimnik

                                                                            • N. N.

                     33               Musikerinnen und Musiker
Flöten                       •   Georg Schreckenberger   Orchestervorstand
• Sébastian Jacot            •   Sarah Willis            • Stefan Dohr
  (Solo)                     •   Andrej Žust             • Eva-Maria Tomasi

• Emmanuel Pahud                                        
  (Solo)                     Trompeten                   Medienvorstand
• Michael Hasel              • Guillaume Jehl            • Philipp Bohnen

• Jelka Weber                  (Solo)                    • Olaf Maninger

• Egor Egorkin               • N. N.                     
  (Piccolo)                    (Solo)                    Orchestervertretung im
                            • Andre Schoch              Stiftungsrat
Oboen                        • Bertold Stecher           • Andreas Wittmann

• Jonathan Kelly             • Tamás Velenczei           • Martin Stegner

  (Solo)                                                   (Vorsitzender des
• Albrecht Mayer             Posaunen                      ­Personalrats)
  (Solo)                     • Christhard Gössling       • Ulrich Knörzer

• Christoph Hartmann           (Solo)                       (Stellvertretendes
• Andreas Wittmann           • Olaf Ott                     Mitglied)
• Dominik Wollenweber          (Solo)                    • Julia Gartemann

  (Englischhorn)             • Jesper Busk Sørensen         (Stellvertretendes
                            • Thomas Leyendecker           ­Mitglied, Mitglied des
Klarinetten                  • Stefan Schulz                 Personalrats)
• Wenzel Fuchs                 (Bassposaune)             
  (Solo)                                                Fünferrat
• Andreas Ottensamer         Tuba                        • Jesper Busk Sørensen

  (Solo)                     • Alexander von Puttkamer   • Cornelia Gartemann

• Alexander Bader                                       • Raphael Haeger

• Matic Kuder                Pauken                      • Raimar Orlovsky

• Andraž Golob               • Vincent Vogel             • Markus Weidmann

  (Bassklarinette)           • Wieland Welzel            
                                                        Gemeinschaft der
Fagotte                      Schlagzeug                  ­Berliner Philharmoniker
• Daniele Damiano            • Raphael Haeger             • Angelo de Leo

  (Solo)                     • Simon Rössler              • Klaus Wallendorf

• Stefan Schweigert          • Franz Schindlbeck          • Sarah Willis

  (Solo)                     • Jan Schlichte             
• Barbara Kehrig                                        Ehrendirigent
• Markus Weidmann            Harfe                       • Daniel Barenboim

• Václav Vonášek             • Marie-Pierre Langlamet    
  (Kontrafagott)                                         Dirigenten unter den
                            Gäste                       ­Ehrenmitgliedern
Hörner                       Orgel                        • Zubin Mehta

• Stefan Dohr                                             • Seiji Ozawa
                             • Tobias Berndt

  (Solo)                     Klavier
• N. N.
                             • Sarah Tysman

  (Solo)                     Celesta
• Paula Ernesaks
                             • Helen Collyer

• László Gál

• Johannes Lamotke

     34                Saison 2022/23
Kirill Petrenko                                                    Jonas Kaufmann
Dirigent                                                           Tenor

Seit der Saison 2019/20 ist Kirill Petrenko Chefdirigent und        Jonas Kaufmann zählt zu den prominentesten Interpreten der
künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker. Geboren im       Klassikwelt und ist gleichermaßen an der Wiener Staatsoper,
sibirischen Omsk, erhielt er seine Ausbildung zunächst in seiner    der New Yorker Metropolitan Opera und am Londoner ­Royal
Heimatstadt und später in Österreich. Seine Dirigentenkarriere      Opera House zu Hause. Dabei ist der vielseitige S­ änger im
begründete er an der Oper mit Chefpositionen am Staatsthea-         ­italienischen und französischen Fach ebenso gefragt wie im
ter Meiningen und an der Komischen Oper Berlin. Von 2013 bis         deutschen: Er sang Lohengrin in Bayreuth und an der Mai­län­
2020 war Kirill ­Petrenko Generalmusikdirektor der Bayerischen     der Scala, war in Massenets Werther in Paris, Wien und New
Staatsoper. Zudem gastierte er an den bedeutendsten Opern-         York zu erleben und trat an der Bayerischen Staatsoper unter
häusern der Welt, von der Wiener Staatsoper über den Lon-          der Leitung von Kirill Petrenko als Otello und Tristan auf. Bei
doner Covent Garden und die Opéra national in Paris bis zur        den Berliner Philharmonikern war der gebürtige Münchner seit
Metropolitan Opera in New York und den Bayreuther Festspie-        2003 mehrfach zu Gast, unter anderem als Don José in Auffüh-
len. Auch die großen internationalen Symphonie­orchester – in      rungen von Bizets Carmen, dirigiert von Sir Simon Rattle. Neben
Wien, München, Dresden, Paris, Amsterdam, London, Rom,             seinen gefeierten Auftritten in Opern und Orchesterkonzerten
Chicago, Cleveland und Israel – hat er dirigiert. In der Zusam-    ist Jonas Kaufmann auch ein herausragender Liedsänger. So
menarbeit mit den Berliner Philharmonikern haben sich seit         wurde er von der New Yorker Met eingeladen, 2011 das erste
seinem Debüt 2006 vielfältige programmatische Schwerpunkte         Solo-Rezital seit Luciano Pavarotti zu geben. Seine Ausbildung
herausgebildet. Dazu gehört die Arbeit am klassisch-romanti-       erhielt der Sänger an der Münchner Musikhochschule, ge-
schen Kernrepertoire des Orchesters, beispielhaft zu erleben       folgt von Meisterkursen bei Hans Hotter, James King und Josef
beim Amtsantritt mit Beethovens Neunter Symphonie. Ein weite-      Metternich. Einspielungen von Jonas Kaufmann, der 2022 zum
res Anliegen Kirill Petrenkos sind zu Unrecht vergessene Kom-      »Österreichischen Kammersänger« ernannt wurde, erhielten
ponisten wie Josef Suk oder Erich Wolfgang Korngold. Ebenfalls     zahlreiche Auszeichnungen. Außerdem wurde er mehrfach
im Fokus stehen russische Werke, wobei vor allem Aufführungen      von Fachzeitschriften wie Opernwelt, Diapason und Musical
von Tschaikowskys Opern Mazeppa, Jolanthe und Pique Dame           ­America zum »Sänger des Jahres« gewählt.
zuletzt für Aufmerksamkeit gesorgt haben.

    36             Saison 2022/23                                      37            Musikerinnen und Musiker
20 Jahre Education-Programm der Berliner Philharmoniker                                  Nach 20 Jahren gilt es aber auch, neue Formate der Education-Arbeit
                                                                                         zu etablieren. Wie sieht die Musikvermittlung der Zukunft aus? Das ist
20 Jahre voller Musik,                                                                   eine der zentralen Fragen, die sich die Berliner Philharmoniker mit der
                                                                                         Deutschen Bank in ihrem Education-Programm stellen. Wie lassen sich
Emotionen und Begegnungen                                                                die sozialen Medien und digitale Angebote einsetzen, um junge Leute zu
                                                                                         erreichen und ihr Interesse an klassischer Musik zu wecken? Unter dem
                                                                                         Stichwort Sharing Music werden klassische Education-Konzepte
                                                                                         weiterentwickelt. Ein Anfang ist bereits gemacht mit der Filmreihe
                                                                                         Close-up, die jeweils ein großes klassisches Werk vorstellt und aus
                                                    Möglichst viele Menschen für
                                                                                         verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Chefdirigent Kirill Petrenko
                                                    klassische Musik zu begeistern –
                                                                                         kommt hier ebenso zu Wort wie Jugendliche und Experten aus
                                                    egal, welchen Alters und welcher
                                                                                         unterschiedlichen Bereichen.
                                                    Herkunft: Diese Vision hatten
                                                    die Berliner Philharmoniker und
                                                                                         Der 20. Geburtstag des Education-Programms bringt nicht nur
                                                    ihr Chefdirigent Sir Simon Rattle,
                                                                                         mit der neuen VeloStage vieles in Bewegung – als Aufbruch in eine
                                                    als sie 2002 ihr Education-
                                                                                         vielversprechende Zukunft, die die Berliner Philharmoniker und
                                                    Programm initiierten. Die
                                                                                         die Deutsche Bank gemeinsam gestalten wollen.
                                                    Deutsche Bank erkannte die
                                                   gesellschaftliche Relevanz der
                                                 Idee und ermöglichte, dass aus
                                               dieser Vision Realität wurde. Heute
                                             kann das Education-Programm der
                   Berliner Philharmoniker auf eine große Erfolgsgeschichte
                   zurückblicken: Mit seinen verschiedenen Angeboten,
                   angefangen von Familien- und Mitmachkonzerten
                   über die Vokalhelden-Chorprojekte, kreative Workshops bis
                   hin zum Kita-Programm KlangKids sowie Community- und
                   Schulprojekten, hat es Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
                   den Zugang zu klassischen Konzerten erleichtert und ihnen
                   Wege zum aktiven Musizieren gezeigt.

                   Auch für den neuen Chefdirigenten Kirill Petrenko ist das
                   Education-Programm eine Herzensangelegenheit. In den von
                   ihm moderierten Familienkonzerten will er das große und kleine
                   Publikum mit seiner Begeisterung für die Musik anstecken.

© Madlen Krippendorf
Konzert-
                                                                                                                  Biennale der Berliner ­Philharmoniker:
                                                                                                                  Kirill Petrenko dirigiert Debussy,
                                                                                                                  Ligeti und eine Uraufführung
                                                                                                                  György Ligeti gehörte zu den musikalischen Leucht-

tipps
                                                                                                                  türmen der Nachkriegsavantgarde. Neugierig,
                                                                                                                  experimentierfreudig, oft humorvoll erschloss er neue,
                                                                                                                  überraschende Welten. Mit Atmosphères und Lontano
                                                                                                                  dirigiert Kirill Petrenko zum Auftakt der Biennale der
                                                                                                                  Berliner Philharmoniker zwei Schlüsselwerke Ligetis,
                                                                                                                  deren flirrende Klangflächen typisch für den Stil des
                                                                                                                  Komponisten sind. Gespiegelt werden sie in diesem
                                                                                                                  Konzert durch Claude Debussys schillerndes Klang-
                                                                                                                  gemälde La Mer – ein Meisterwerk des musikalischen
                                                                                                                  Impressionismus. Außerdem gibt es ein neues Werk von
                                                                                                                  Miroslav Srnka, dessen Oper South Pole Kirill Petrenko
                                                                                                                  2016 mit großem Erfolg in München uraufgeführt hat.
                                                                                   Kirill Petrenko
                                                                                                                  Do 09.02.23      20 Uhr
                                                                                                                  Fr  10.02.23     20 Uhr
                                                                                                                  Sa 11.02.23      19 Uhr
                                                                                                                  Großer Saal

                                                                                                                  Berliner Philharmoniker
                                                                                                                  Kirill Petrenko Dirigent

                                                                                                                  Karten von 25 bis 76 Euro

                          Peter Mattei singt Schuberts                                                            Biennale der Berliner ­Philharmoniker:

                         ­»Winterreise«                                                                            Klavierabend mit Bertrand
                         Facetten der Einsamkeit: Wohl kein Komponist hat das
                                                                                                                  ­Chamayou
                         Gefühl des Fremdseins, des Unbehaustseins, des nicht                                     Anfang der 1950er-Jahre stand eine neue Komponis-
                         Angenommenwerdens so berührend und ergreifend                                            tengeneration am Start: unkonventionell und revolutio-
                         in Musik gesetzt wie Franz Schubert in seinem Lieder-                                    när. Der französische Pianist Bertrand Chamayou stellt
                         zyklus Die Winterreise. Die schmerzliche Seelenlage                                      uns Werke von Komponisten vor, die wir heute zu den
                         des Protagonisten, die sich in dem Bild des Winters                                      führenden Persönlichkeiten der Neuen Musik zählen
                         mit seiner unerbittlichen Kälte, seinem starren Eis und                                  und die immer wieder mit ihren Einfällen überraschten:
                         seinen frostigen Winden spiegelt, drückt sich in jedem                                   Bei John Cage, György Ligeti, Luciano Berio und Olivier
                         Ton aus. Der schwedische Bariton Peter Mattei und sein                                   Messiaen wird das Klavier zum Perkussionsinstrument
                         Klavierbegleiter David Fray machen aus den Liedern                                       und zum Experimentallabor für neue klangliche und
                         des Zyklus kleine Opernszenen voller Intensität und                                      rhythmische Effekte. Karl Amadeus Hartmann wiede-
                         Emotion.                                                                                 rum erinnert in seiner Sonate »27. April 1945« an die
                                                                                                                  Schrecken der Nazi-Diktatur.
                         Mi 08.02.23 20 Uhr
Peter Mattei             Kammermusiksaal                                           Bertrand Chamayou              Di  14.02.23 20 Uhr
                                                                                                                  Kammermusiksaal
                         Peter Mattei Bariton
                         David Fray Klavier                                                                       Bertrand Chamayou Klavier
                         Karten von 15 bis 35 Euro                                                                Karten von 10 bis 26 Euro

      40       Saison 2022/23                                                             41           Konzerttipps
Biennale der Berliner ­Philharmoniker:
                             Werke der Moderne mit Simon Rattle
                             György Ligeti ließ sich vom bildkräftigen Text der
                             katholischen Totenmesse zu einem der großen Chor-
                             werke des 20. Jahrhunderts anregen. Sein apokalypti-
                             sches Requiem wie auch sein Orchesterwerk Appa-
                             ritions vermitteln eine dichte, spannungsgeladene
                             Klangsprache – hier zu erleben mit Sir Simon Rattle als
                             Dirigent. Eine subtile Querverbindung gibt es zu den
                             weiteren Werken des Abends. Denn sowohl Bernd
                             Alois Zimmermanns bissig-humorvolle Musique pour
                             les soupers du Roi Ubu als auch Bohuslav Martinůs neo-
                             romantisches Bratschenkonzert nehmen versteckt auf
                             Requiem-Vertonungen anderer Komponisten Bezug.

                             Do 16.02.23       20 Uhr
Sir Simon Rattle             Fr  17.02.23      20 Uhr
                             Sa 18.02.23       19 Uhr
                             Großer Saal

                             Berliner Philharmoniker
                             Sir Simon Rattle Dirigent
                             Makeda Monnet Sopran
                             Donatienne Michel-Dansac Mezzosopran
                             Amihai Grosz Viola
                             Rundfunkchor Berlin

                             Karten von 25 bis 76 Euro

                             Biennale der Berliner ­Philharmoniker:
                             Philharmonischer Salon:
                             György Ligeti
                             Unbeirrbar, neugierig und humorvoll ging György
                             Ligeti seinen künstlerischen Weg und wurde so in der
                             zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem der
                             ­bedeutendsten Komponisten. Seine Karriere be-
                              gann für den Ungarn, dessen 100. Geburtstag sich
                              2023 jährt, nachdem er in den Westen emigriert war.
                              Doch seine menschlichen und künstlerischen Wurzeln
                              liegen in Siebenbürgen, wo er als Sohn jüdischer Eltern
                              ge­boren wurde und aufwuchs. Schauspieler Ulrich
                              Matthes und Mitglieder der Berliner Philharmoniker
                              blicken mit Texten und Musik auf die Jugendjahre des
                              Komponisten zurück.
Ulrich Matthes               So 19.02.23 16 Uhr
                             So 26.02.23 16 Uhr
                             Kammermusiksaal

                             Ulrich Matthes Sprecher
                             Mitglieder der Berliner Philharmoniker
                             Cordelia Höfer Klavier
                             Götz Teutsch Programmgestaltung

                             Karten von 15 bis 35 Euro

      42           Saison 2022/23
Ticketverkauf

    online unter berliner-philharmoniker.de
   telefonisch unter +49 30 254 88-999
    Montag – Freitag 9 –16 Uhr
   an der Konzertkasse der Philharmonie
    Montag – Freitag 15–18 Uhr
    Samstag, Sonntag und an Feiertagen 11–14 Uhr

                                                                                                 SCHENKEN SIE WÄRME.

                                             
Impressum                                     Newsletter und Social Media
                                                                                              Ob in der Ukraine, in Afghanistan, in Syrien oder im Irak:
Herausgegeben von der Berliner                    berliner-philharmoniker.de/newsletter
Philharmonie gGmbH für die Stiftung               instagram.com/BerlinPhil                    Für Menschen auf der Flucht sind die kalten Wintermonate
Berliner Philharmoniker
Direktorin Marketing, Kommunikation und
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Vertrieb: Kerstin Glasow                          youtube.com/BerlinPhil                      bewundernswert, doch sie brauchen jetzt unsere Solidarität!
Herbert-von-Karajan-Straße 1, 10785 Berlin
redaktion@berliner-philharmoniker.de                                                          Als musikalische Botschafter unterstützen die Berliner
Redaktion: Tobias Möller (V. i. S. d. P.)     Bildnachweise: Cover: iStock / Malachy,
                                                                                              Philharmoniker die UNO-Flüchtlingshilfe in ihrem Engagement,
Mitarbeit: Harald Hodeige, Stephan Kock,      S. 7, 8, 11, 13, 16, 21 akg-images, S. 18, 22   Flüchtlingen in diesem Winter lebensrettenden Schutz
Anne Röwekamp, Hendrikje Scholl · Ein­        Wikimedia Commons, S. 35, 36, 41 (o.)
führungstexte: Malte Krasting · Artwork:      Stephan Rabold, S. 37 Gregor Hohen-             zukommen zu lassen. Bitte spenden Sie unter:
Studio Oliver ­Helfrich · Layout: Stan Hema   berg / Sony Music, S. 40 Dario Acosta, S. 41
Satz: Bettina Aigner                          (u.) Marco Borggreve, S. 42 (o.) Monika
                                              Rittershaus, (u.) Mathias Bothor                www.uno-fluechtlingshilfe.de/berliner-philharmoniker-winter
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t +49 30 233 269 610
anzeigen@tip-berlin.de

Programmheft Nr. 33, Saison 2022/23                                                                           Spendenkonto
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                                                                                                              Sparkasse KölnBonn
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      44                Saison 2022/23                                                                        Berliner Philharmoniker Winter
Musik
verbindet
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Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Deutsche Bank
und die Berliner Philharmoniker in einer engen und
lebendigen Partnerschaft zusammen. Gemeinsam
                                                       © Madlen Krippendorf

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