Klangraum Kirche I/23 - Kirchenmusikalische Mitteilungen
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K A P I T EL Ü B ER S C H R I F T Pastorale Dienste I/23 Klangraum Kirche Kirchenmusikalische Mitteilungen
I N H A LT Inhalt Vorwort..........................................................................................................4 1. Allgemeine Berichte............................................................................8 2. Berichte aus den Dekanaten..........................................................11 3. Rezensionen..........................................................................................28 4. Konzerttermine..................................................................................36 5. Fortbildungen..................................................................................... 50 Anschriften................................................................................................ 57 Impressum................................................................................................ 59 3
VO R WO R T VO R WO R T Vorwort Gerade inmitten der Krise ermutige ich dazu, wieder in Utopien zu denken, sich auf das We- sentliche, die grundsätzliche Faszination für die ferischen Gestaltung in den Blick genommen, die im Hinblick auf die Zukunft ein wichtiger Baustein der Kirchenmusik sein könnten. Musik im Raum der Kirche, zu besinnen. Auf die- se Weise werden auch Aspekte der kulturschöp- Es grüßt Sie herzlich Ihr Liebe Leserinnen und Leser, Dominik Susteck PS: Die Rede von Claudia Roth zur Zukunft der Orgeln enthält bemerkenswerte Aspekte zum Ins- im September 2022 habe ich einen Vortrag zur trument Orgel. Als Abschluss des Projekts „Orgelmusik in Zeiten von Corona“ im September 2022 Zukunft der Kirchenmusik vor dem Zentralver- (u. a. gefördert von der Deutschen Bischofskonferenz) sei dieser Text als „zweites Vorwort“ an die- band der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ser Stelle abgedruckt. katholischen Kirche Deutschlands in Köln ge- halten. In den Nöten des Berufszweiges habe ich über die Wurzeln der Kirchenmusik, die Wurzeln der Musik im Raum der Kirche nachge- dacht. Deshalb stelle ich auch Ihnen, den Lese- CLAUDIA ROTH ZUR ZUKUNFT DER ORGELN rinnen und Lesern unseres Heftes „Klangraum Rede von Staatsministerin Claudia Roth MdB, Kirche“, die Frage: Wo sehen Sie den Ursprung Dominik Susteck an einer Orgel | © Besim Mazhiqi Beauftragte der Bundesregierung für Kultur dieser Musik? Wo liegt Ihre persönliche Faszina- und Medien, anlässlich des Abschlusskonzerts tion, wofür brennen Sie? Allerdings bilden wir stark nach dem Service- des Projekts „Orgelmusik in Zeiten von Corona“ Prinzip aus, nach dem, was vermeintlich vor Ort am 18. September 2022 im Augsburger Dom. Fallen Ihnen vielleicht auch die Orgeln in Paris, abgefragt wird. Durch Corona und die Ukraine Der Deutsche Musikrat führte gemeinsam mit der Komponist Olivier Messiaen, Bachs Johan- sowie die Kirchenkrise ändern sich die Vorzei- der Deutschen Bischofskonferenz und der Evan- nespassion oder Werke von Arvo Pärt ein? Alles chen manchmal jedoch schneller, als sich die gelischen Kirche in Deutschland dieses Projekt Ausdrucksformen, die das Unsagbare vermit- Ausbildungssituation anpassen kann. als Beitrag zum „Jahr der Orgel“ 2021 durch. Es teln, die etwas über das Jenseitige sagen. Es ist wurde durch die Bundesbeauftragte für Kultur die Musik, die die große Sehnsucht des Men- Jetzt denken einige Hochschulen mittlerweile und Medien gefördert. Die 17 Kompositionen schen ins Spirituelle hin ausdrückt. Es sind die darüber nach, den Ausbildungsgang Kirchen- wurden in einem Sammelband beim Carus- großen Kathedralen, die mit ihrer besonderen musik zu einem eher schöpferischen Studien- Verlag veröffentlicht. Herausgeber sind Prof. Akustik das Charisma eines „Andersraumes“ gang zu erweitern, der Kirchliche Komposition, Richard Mailänder und LKMD Kord Michaelis. beschwören. Und so mag es ein erster Aspekt Improvisation und auch populäre Genres aus der Kirchenmusik sein, diese Brücke über die einer klangschöpferischen Perspektive in den Orgelmusik berührt. Wenn Luft in die Pfei- Musik ins Mystische zu bilden. Blick nimmt. fen strömt und sie so zum Tönen bringt, dann macht das etwas mit uns Menschen. Und mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth | © Sven Teschke Der zweite Aspekt ist eher pädagogischer und Auch in unserem Erzbistum haben wir einen dem Raum. Das hat auch der junge Bertold sozialer Natur: Zusammenkommen, Gemein- Lehrgang für „Kirchliche Komposition“ einge- Brecht hier in Augsburg so empfunden. In schaft im Musizieren und Feiern erfahren, in führt, die mit dem Organisten und Komponis- seinem Gedicht „Die Orgel“ beschreibt er es: Diese Wirkung entfaltet die Orgel nicht nur in einer besonderen Atmosphäre, sei es im Got- ten Michael Schultheis das Schöpferische in „Wenn der preisende Orgelton aufschwillt, dun- den Kirchen, sondern auch in Konzerten und tesdienst, in der Andacht oder im Konzert, ge- den Blick nimmt. DKM Johannes Krutmann hat kelt der Raum / Schweben die Decken lautlos Theatervorstellungen – die Orgel verbindet meinsam zusammenzuwirken. bei Butz ein neues Choralbuch herausgegeben, empor, werden gläsern die Wände und weisen Raum und Klang, sie geht durch Mark und Bein. das 16 neue Werke enthält. Das Erzbistum Pa- das dunkle Land: / Erde. Meer. Äcker. Wälder. Ich hatte das Glück und das Vergnügen, das Es ist ganz klar, dass die Kirchenmusik ein wich- derborn vergibt Kompositionsaufträge für elek- Darüber ein endloser Himmel gespannt. / Blau ziemlich früh in meinem Leben zu spüren. tiger Kulturträger und Kulturplayer ist. tronische Musik. wölbt sich über Erde und Meer der Traum.“ 4 5
VO R WO R T Mein Großvater war Lehrer, Organist und Kir- Es war deshalb eine wunderbare Idee, aus An- chenmusiker. Die Klänge der Gabler-Orgel in der lass des Jahres der Orgel ein Buch mit neuen Klosterkirche St. Georg in Ochsenhausen waren Orgelkompositionen herauszubringen, das himmlisch. Als Kind wirkten diese riesigen Ins- bundesweit verbreitet wird. Einen herzlichen trumente ja noch gewaltiger, als sie ohnehin Dank an den Deutschen Musikrat für die Idee schon sind, fast unendlich hoch. Und die Töne und die Aufträge und an die evangelische und erst – der Körper bebte. Bis heute übt die Orgel katholische Kirche für die Mitfinanzierung. Ich eine echte Faszination auf mich aus. finde es wichtig und richtig, dass im Engage- ment für die Orgel hier die beiden großen Religi- Allein in Deutschland gibt es etwa 50 000 dieser onsgemeinschaften zusammenwirken, so wie atemberaubenden Instrumente. Und dass es es mit diesem Konzert im katholischen Dom dabei nicht auf die Ausmaße des Instruments und im zweiten Teil dann in der evangelischen ankommt, das beweist die Maerzorgel hier im St.-Anna-Kirche zum Ausdruck kommt. Und ich Augsburger Dom. Als eine der kleinsten Domor- freue mich natürlich, dass auch mein Haus mit geln Deutschlands beeindruckt sie trotzdem Mitteln aus NEUSTART KULTUR einen Teil dazu mit vollem Klang, wie wir heute hören können. beitragen konnte. Der Reichtum der Orgellandschaft in unserem Land verpflichtet uns aber auch. Wenn die Or- In den Zeiten von Corona war nicht nur der Be- gel eine Zukunft haben soll, dann müssen ers- such von Kirchen eingeschränkt, es war auch tens all diese großartigen Instrumente immer das Singen der Gemeinde und von Chören wieder gewartet und restauriert werden. Der zeitweilig verboten und später nur unter ganz Unterhalt der Königin der Instrumente ist kost- strengen Regeln möglich. Der „Atem“ einer Or- spielig, wie für jede Königin. Gut, dass sie uns gel kann – Gott sei Dank − keine Viren verbrei- immer wieder mit ihrem unnachahmlichen, ten. einmaligen Klang dafür entschädigt. Und so war ihre Stimme, die Stimme der Orgel, Und zweitens müssen Orgeln natürlich auch auch in der Stille vielfach der einzige Begleiter gespielt werden. Der Nachwuchs fehlt an vie- der Spiritualität, der religiösen Einkehr und len Orten, und damit kommt die Frage, wie Besinnung. Ich bin gespannt, wie viel sich von die kirchenmusikalische Arbeit, die Begleitung diesen Pandemie-Erfahrungen in den 17 Kom- der Gottesdienste weiter sichergestellt wer- positionen mitteilt. den kann. Ich weiß, dass es hier Initiativen der Kirchen gibt, dass sich der Deutsche Musikrat Und ich hoffe natürlich sehr, dass möglichst für diese Thematik unter anderem im Arbeits- viele der Auftragskompositionen in den kir- kreis Kirchenmusik unter der Leitung von Prof. chenmusikalischen Alltag einfließen. Vielen 1. Allgemeine Berichte Christian Höppner einsetzt − aber der Mangel Dank an die beteiligten Komponistinnen und an Kirchmusiker:innen dürfte in den kommen- Komponisten für ihre Werke und natürlich auch den Jahren noch zunehmen. Man wird deshalb an die heute Konzertierenden an den Orgeln. auch unkonventionelle Wege prüfen müssen, zum Beispiel die Digitalisierung in der Steue- Sie zeigen die Möglichkeiten dieses tollen Ins- rung von Orgeln. truments, Sie geben der Orgelmusik ein Ge- sicht und ihren Sound − und damit auch eine Und drittens muss sich auch das Repertoire wei- Zukunft! terentwickeln. Wir lieben alle Bach und Händel oder auch die Orgelsymphonie von Saint-Saëns. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle der Bundesregierung für Kultur und Medien Aber Orgelmusik muss ein lebendiges Reper- toire bleiben, sie muss die Herausforderungen und Erfahrungen der Zeit und ihrer Menschen aufnehmen. 6
A L LG E M EI N E B ER I C H T E A L LG E M EI N E B ER I C H T E MENDELSSOHN-CD Vincent Vogelsang, Marco Düker, Christian ZUM 350. TODESTAG VON HEINRICH SCHÜTZ KOMPOSITIONSWETTBEWERB Zum 175. Todestag von Felix Mendelssohn Bar- Ortkras, Ján Blahuta, Ralf Borghoff und Ange- Georg Gusia hat in der musica sacra 5/22 so- SAARLOUIS FÜR ORGEL+ tholdy am 4. November 2022, aus dessen Orato- lika Ritt-Appelhans. Die Informationen für das wie auf unserer Homepage einen Text zum Die katholische Kirchengemeinde Saarlouis- rium „Paulus“ u. a. der „Libori-Tusch“ stammt, ha- Booklet stammen von Prof. Paul Thissen und 350. Todestag von Heinrich Schütz (+ 16. No- Lisdorf schreibt mit der Kreisstadt Saarlouis für ben Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker Jörg Kraemer. Der Leiter des Fachbereichs Kir- vember 1672) verfasst. Dieser kann auf unserer das Jahr 2023 den 10. Orgel-Kompositionswett- des Erzbistums Paderborn eine CD mit den ge- chenmusik, Dominik Susteck, dankt allen Inter- Homepage www.klangraum-kirche.de unter bewerb aus. Wettbewerbsberechtigt sind Stü- samten Orgelwerken aufgenommen. Für dieses pretinnen und Interpreten sowie Gemeinden „Blickpunkt“ nachgelesen werden. cke für Orgel + 1 oder 2 Solo-Instrumente. Die Projekt wurden vier bedeutende historische und zuständigen Mitarbeitenden vor Ort für ihr Dauer sollte zwischen acht und zehn Minuten Orgeln ausgesucht. Es handelt sich um Eslo- Engagement, das dieses Projekt ermöglicht hat. betragen. he-Reiste, Orgel von Anton Fischer 1854 (29/II), Die Doppel-CD kann für 20 Euro inkl. Versand WERKWOCHE IM HAUS Meschede-Calle, Randebrock-Orgel von 1861 auf Rechnung beim Fachbereich Kirchenmusik IMMACULATA PADERBORN Einsendeschluss ist der 31. März 2023. Informa- (23/II), Marsberg-Heddinghausen, Randebrock- bestellt werden. Im Haus Immaculata fand vom 10. bis 14. Ok- tionen unter www.klingende-kirche.de. Orgel von 1864 (15/II) und Paderborn-Dahl, www.klangraum-kirche.de/service/medien tober 2022 die Werkwoche des neuen C-Kurses Randebrock-Orgel von 1856 (21/II). Interpre- statt. Die zehn Teilnehmenden erwartete ein tinnen und Interpreten der CD sind Christian Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker aus gut gemischtes Programm aus Theorie und Pra- KOMPOSITIONSAUFTRÄGE FÜR Vorbeck, Stefan Madrzak, Helga Maria Lange, dem Erzbistum Paderborn können ein kosten- xis. Zu den theoretischen Fächern wie Orgelbau ELEKTRONISCHE MUSIK IM KIRCHENRAUM Sebastian Freitag, Simon Brüggeshemke, Tobias loses Freiexemplar über und Musikgeschichte traten praktische Fächer Das Erzbistum Paderborn hat Kompositions- Leschke, Markus Breker, Adam Lennart, Franzis- kirchenmusik@erzbistum-paderborn.de wie Chorleitung, Gregorianik und Deutscher aufträge für Elektronische Musik (4-Kanal-Ton- ka Classen, Johannes Krutmann, Jürgen Seufert, anfordern. Liturgiegesang sowie Orgel und freie Improvi- band) an renommierte Komponistinnen und sation. Komponisten vergeben. Diese werden beim Spaziergang der elektronischen Musik im Kir- Höhepunkte waren der Besuch im Orgelmu- chenraum in drei Veranstaltungen im Septem- seum Borgentreich sowie das gemeinsame Vor- ber 2023 in Paderborn uraufgeführt. Bisher spiel an der großen Orgelanlage im Paderborner zugesagt haben Florian Zwissler, Oxana Omel- Dom. Als Lehrende waren die Dekanatskirchen- chuk, Dorothee Hahne, Tobias Tobit Hagedorn, musiker Dr. Christian Vorbeck, Marcel Eliasch, Ralf Hoyer, Florian Hartlieb, Nicolas Heyduk, Ulf Peter Wagner, Jörg Kraemer und Dekanatskir- Pleines und Christina Kubisch. Durch das Pro- chenmusikerin Barbara Grundhoff, sowie der gramm führt Prof. Anna Schürmer (Köln). Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik, Dominik Susteck, im Einsatz. BEZUG DER KIRCHENMUSIKALISCHEN MITTEILUNGEN Die Kirchenmusikalischen Mitteilungen sind in voller Länge im Internet einsehbar. Mit Blick auf die Ressourcen bitten wir darum, regelmäßig zu prüfen, ob Sie das Printexemplar wünschen. Sollte dies nicht der Fall sein, bitten wir um Abbestellung unter kirchenmusik@erzbistum-paderborn.de. Vielen Dank! 8 9
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN Dekanat Büren-Delbrück BÜRENER KANTOREI-KONZERTE Vom 24. bis 28. August 2022 fanden in diesem Sommer zum ersten Mal in Bürens Kirchen und Kapellen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen von Mittwoch bis Sonntag jeweils am frühen Abend Konzertveranstaltungen statt. Veranstal- ter war in Kooperation mit der Pfarrgemeinde St. Nikolaus in Büren der Förderverein Johann Patroclus Möller Orgel e. V. Die Idee und das Konzept entwickelte Dekanats- kantor Stephan Wenzel. Grundgedanke war, die unterschiedlichen Kirchenräume der Stadt mit entsprechender Musik bzw. Ensembles zu nut- zen. Stilistisch bildete die Renaissance- und Ba- © Stephan Wenzel rockmusik den Schwerpunkt, wobei durch die verschiedenen Besetzungen der Ensembles die zu beeindrucken wusste. Mit der abschließen- Zuhörerinnen und Zuhörern in jedem Konzert den Darbietung der Toccata und Fuge in d-Moll neue Klänge erwarteten. von J. S. Bach überzeugte Stephan Wenzel nicht nur durch seine spieltechnischen und musikali- So viel vorweg – es hat sich gelohnt! schen Fähigkeiten, sondern spannte den Bogen auch schon zum folgenden Konzert am Don- Den Beginn der Konzertreihe gestaltete Stephan nerstagabend, das in der barocken Jesuitenkir- Wenzel an der historischen Johann-Patroclus- che der Stadt stattfand. Genau dieses Musik- Möller-Orgel selbst als Gesprächskonzert. Pro- stück sollte nämlich Schlusspunkt des Konzerts grammatisch schuf er durch seine ausgesuch- des Posaunenquartetts „Opus 4“ werden – dies- ten Musikstücke hier schon eine Brücke und mal natürlich als Bearbeitung. eine Verknüpfung zu den folgenden Konzert- abenden, indem er durch kurze Informationen Die vier Gäste aus Leipzig und Musiker des be- auf die kommende Musik und die Ensembles rühmten Gewandhausorchesters hatten ein zu verwies. Künstlerisch unterstützt wurde er hier- ihren Instrumenten (barocke Alt-, zwei Tenor- bei von Carla Scharfen (Gesang) und Lukas Pape und Bassposaune) passendes Repertoire mit 2. Berichte aus den Dekanaten (Posaune). Den Klangraum Kirche konnten die Renaissancetänzen und Madrigalen vorberei- Zuhörerinnen und Zuhörer dabei neu erfahren, tet und begeisterten das Publikum sowohl mit da Herr Wenzel die Gäste bat, im zweiten Teil ausgewogenen, differenzierten Dynamiken als des Konzerts im Chorraum der Kirche Platz zu auch mit homogenem und intonationssicherem nehmen. Spiel. Eine besondere – aber auch nachdenkli- che – Wirkung hinterließ die Zugabe mit dem So konnte – begleitet von der Truhenorgel – Stück „Verleih uns Frieden gnädiglich“ von die ausdrucksstarke und klangschöne Sopran- F. Mendelssohn, welches das Quartett mit mo- stimme von Carla Scharfen in der Arie „Vedrò dernen Posaunen (fast als „Gebet“) intonierte. con mio diletto“ aus der Oper „Il Giustino“ von Seit Ausbruch des Ukrainekrieges – so erklärte Antonio Vivaldi unmittelbar wahrgenommen der Leiter Jörg Richter – spielt das Quartett die- werden. Gleiches gilt für den Posaunisten Lukas sen Psalm zum Abschluss eines jeden Konzerts. Pape, der mit einer Transkription einer Sonate für Fagott von Georg Philipp Telemann virtuos 11
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN Eine Art Kontrapunkt zum Klang der Blechblä- Eine ganz besondere Hörerfahrung mit zum Es folgten weitere konzertante Pedal-Etüden 100 JAHRE KIRCHENCHOR ser bot das Konzert am Freitagabend, welches Teil ungewohnten Klängen und gleichzeitigem von Eugène de Bricqueville (1854-1933), Jean- „ST. JOHANNES BAPTIST“, HAGEN-BOELE der Barock-Cellist Ludwig Frankmar aus Berlin Hörgenuss ermöglichte das junge und mit Marie Plum (1899-1994) und Daniel Magnus Im Oktober des vergangenen Jahres 2022 in der kleinen Kapelle auf Gut Böddeken darbot. zahlreichen Publikumspreisen ausgestattete Gronau (1685-1747). konnte der Kirchenchor St. Johannes Baptist in Raum und Klang gingen hier eine faszinierende Ensemble „Cembaless“ im Abschlusskonzert Hagen-Boele unter dem Motto „Ein Tag sagt es Verbindung ein. der Konzertreihe in der Jesuitenkirche. In der Ein besonderes Erlebnis war der „Tango im zwei- jubelnd dem andern …“ sein 100-jähriges Jubi- Besetzung Gesang (Sopran), zwei Blockflöten, ten Ton - für die barbarischen Teutonen, welche läum begehen. Am Sonntag, dem 16.10.2022, Programmatisch bildeten Suiten und Sonaten Viola da Gamba, Barockgitarre, Theorbe und die Musik mit Füßen treten“; ein durchaus ironi- fand zur Eröffnung einer Festwoche ein feierli- sowohl von J. S. Bach als auch von seinem Sohn persische Perkussionsinstrumente, dafür aber sches Werk aus der Feder von Guy Bovet (* 1942), ches Hochamt in der Pfarrkirche statt: Der Kir- Carl Philipp Emanuel den Schwerpunkt. Durch ohne das die alte Musik prägende Cembalo, einem Lehrer Sonnentheils, der dieses Stück für chenchor führte die „Vater-unser-Messe“ von sein differenziertes und technisch überzeugen- entwickelten die jungen Virtuosinnen und Vir- seinen ehemaligen Schüler komponierte. Lorenz Maierhofer auf, dazu spielte ein Kam- des Spiel ermöglichte Ludwig Frankmar den Zu- tuosen die unterschiedlichsten Stimmungen merorchester und DKM Dr. Christian Vorbeck hörerinnen und Zuhörern die Wahrnehmung und konnten die zahlreichen Zuhörerinnen und Nach dem strengen Pedal-Exercitium BWV 598 übernahm den Part an der Orgel. Die Gesamt- eines großen klanglichen Ausdrucksspektrums Zuhörer mit ihrem lebensfrohen Musizieren be- von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und leitung hatte Kirchenmusikerin Anna-Katha- mit einem einzigen Instrument. geistern. Moderner Groove wurde hier mit alter einem wunderschönen Capriccio für Pedal solo rina Mergemann, Zelebranten waren Pfarrer Musik erzeugt, die so auf diese Weise wieder le- von Margaretha Christina de Jong (*1961) en- Franz Drüke und der Präses des DCV, Monsig- Das vierte Konzert gestaltete das renommierte bendig und neu erklang. dete das Konzert mit dem fulminanten Inter- nore Bernhard Schröder. Beim anschließenden „Duo Kirchhoff“ am Samstagabend in der klei- mezzo über eine Fuge von Johann Sebastian Festakt im Pfarrheim überreichte Monsignore nen Sakramentskapelle in der Bürener Innen- Im Anschluss eines jeden Konzertes lud der För- Bach für Solo-Pedal von Wilhelm Middelschulte Schröder dem Vorsitzenden des Kirchenchores, stadt. Hier erlebten die Zuhörerinnen und Zu- derverein Johann Patroclus Möller Orgel e. V. zu (1863-1943). Herrn Dr. Markus Rembold, eine Jubiläumszu- hörer in intimer Atmosphäre „Heilsame Klänge einem Umtrunk ein, der von allen Zuhörerinnen wendung des DCV. Es folgten weitere Gruß- von Laute und Viola da Gamba“, so der Unter- und Zuhörern gerne angenommen wurde. Bei worte, verbunden mit einem kleinen Umtrunk titel des Programms. herrlichem Sommerwetter konnte in entspann- und schließlich die Eröffnung der Ausstellung ter Atmosphäre ein guter Austausch – nicht nur „100 Jahre Kirchenchor“. „Die Harmonie der Welt“ – ein großes Thema über das gerade beendete Konzert – stattfinden der Weisen und Gelehrten im alten Europa – und ließ im Nachklang alle beglückt nach Hau- Christian Vorbeck wurde durch eine intensive Verbindung zwi- se gehen. schen Naturbild-Projektionen, Klang, Raum und Johannes Zimmer Informationen erfahrbar. Dekanat Lippstadt-Rüthen „VON DER EMPORE IN DEN SATTEL“ – Am 25. Juni folgte eine Tour durch den Pastora- Dekanat Hagen-Witten EINE RADTOUR ZU ORGELN IM DEKANAT LIPPSTADT-RÜTHEN So lautete das Motto für eine Radtour in ver- len Raum Erwitte-Geseke. Die Teilnehmenden starteten in der St.-Laurentius-Kirche in Erwit- te an der großen Aubertin-Orgel, welche der ORGELKONZERT AM 11.09.2022 Jürgen Sonnentheil musizierte am elektrischen schiedenen Bereichen des Dekanates Lippstadt- DKM Ralf Borghoff vorführte und Einblicke in IN ST. MARIEN/WITTEN: Spieltisch im vorderen Kirchenschiff: So konn- Rüthen für Orgelinteressierte und Radfahrbe- die Technik der Orgel gab. Weitere Instrumente „FASZINATION PEDALSPIEL“ ten alle Interessierten die „Faszination Pedal- geisterte. in Mönninghausen, Geseke und Störmede stan- Am Sonntag, dem 11.09.2022, fand um 16.00 Uhr spiel“ nicht nur hören, sondern auch aus nächs- den auf dem Programm. in der Marienkirche zu Witten ein besonderes ter Nähe optisch mitverfolgen. Die erste Radtour, welche man mit einem nor- Orgelkonzert statt: Unter dem Motto „Faszi- malen Fahrrad gut bewältigen konnte, startete Den Abschluss fand die Aktion in Warstein am nation Pedalspiel“ bot Jürgen Sonnentheil aus Das Programm umfasste folgende Stücke für am Samstag, dem 11. Juni, um 10.00 Uhr an der 2. Juli, wo der neue Kollege Jan Blahuta die Inst- Cuxhaven ein hochvirtuoses Programm dar, Pedal-Solo: Sonnentheil eröffnete das Konzert Pfarrkirche St. Elisabeth in Lippstadt. Es wurden rumente in der Pankratiuskirche in Warstein, in welches das Auditorium in Staunen versetzte. mit der Étude Nr. 14 C-Dur Andantino von Si- verschiedene Instrumente aus dem Lippstädter Belecke, in Mülheim-Sichtigvor und Hirschberg Alle, die der Einladung gefolgt waren, konnten gismund Ritter von Neukomm (1778-1858) aus Bereich erkundet. Harduin Boeven führte die vorstellte. miterleben, wie man allein mit den Füßen die dessen 25 Grandes études pour orgue. Instrumente gekonnt und für die Teilnehmen- große Marienorgel zum Klingen bringen kann. den verständlich vor. 12 13
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN Für die Teilnehmenden bestand zudem die Mög- WELTTREFFEN DER PUERI CANTORES lichkeit, die Instrumente anzuspielen, Fragen zu IN FLORENZ 2022 stellen und sich umfassend über die Instrumen- Am Sonntag, dem 10. Juli 2022, starteten Mit- Am Samstagnachmittag veranstalteten die 6. INTERNATIONALER te zu informieren. glieder der Jugendchöre St. Laurentius, Erwitte, Chormitglieder einen Flashmob auf dem Dom- ERWITTER ORGELHERBST St. Clemens, Rheda, und der Kinder- und Ju- platz in Florenz mit anschließendem offenem Bereits zum sechsten Mal konnte DKM Ralf gendchor Rietberg zum 43. Internationalen Singen. Mehrere Touristinnen und Touristen Borghoff Kollegen aus ganz Europa zum Inter- „ORGELIMPROVISATION MIT PFIFF“ Chortreffen, welches in diesem Jahr in Florenz blieben begeistert stehen. nationalen Erwitter Orgelherbst an der Auber- Zu einer zweitägigen Schulungsmaßnahme am stattfand. tin-Orgel begrüßen. 16.09./17.09.2022 mit Wolfgang Seifen hatte Krönender Abschluss in Florenz am Sonntag DKM Ralf Borghoff an die Aubertin-Orgel nach Erste Station war die Stadt Ulm, wo die Chöre war der Abschlussgottesdienst. Der atembe- Das Eröffnungskonzert wurde vom niederländi- Erwitte eingeladen. am Montag auf dem Stadtfest („Schwörerfest“) raubende Gesang mit allen 3 000 Teilnehmerin- schen Fachmann für Orgelimprovisation im al- ein weltliches Konzert auf der Open-Air-Büh- nen und Teilnehmern in der Kathedrale Santa ten Stil, Sietze de Vries aus Groningen, gestaltet. Die 23 Teilnehmenden aus dem Erzbistum und ne gaben. Nach einer Nachtfahrt bezogen die Maria del Fiore war überwältigend. Das facettenreiche Programm mit Werken im den angrenzenden Diözesen erlebten dann Chorsängerinnen und Chorsänger das Hotel in Stil von Buxtehude, de Grigny u. a. begeisterte auch einen Referenten, der die aktiven Teilneh- Florenz. das Publikum. menden je nach Stand ihrer Vorkenntnisse mo- tivierte und förderte. Es wurden verschiedene Am Dienstag konnte der Chor einen ersten Ein- Das zweite Konzert wurde vom Titularorga- musikalische Formen erörtert, mit Beispielen druck von der renaissancegeprägten Stadt Flo- nisten der Kirche St. Eustache in Paris, Baptis- belegt und Ansätze zum individuellen Üben ge- renz bekommen. Der Besuch im berühmten Bo- te-Florian Marle-Ouvrard, gestaltet. Neben geben.Gelegenheit zum Üben gab es dann am boli-Garten und eine Stadtführung standen am Werken von Bach, Buxtehude erklang eine Samstagvormittag an verschiedenen Instru- Mittwoch an. Die Chorgruppen aus Rheda und 17-minütige Improvisation, die die Klangfarben menten im Dekanat. Rietberg unternahmen einen Ausflug nach Pisa. der Orgel auf moderne Weise zu Gehör brachte. Am Abend versammelten sich ca. 3 000 Jugend- Den Abschluss des Orgelherbstes bildete dann Am Nachmittag wurde dann in weiteren Ein- liche aus Europa, Mittelamerika und Asien zur das Orgelkonzert mit Wayne Marshall (Malta). heiten das Geübte vorgespielt, ggf. korrigiert Eröffnung des Festivals Pueri Cantores auf der Werke von Bach und César Franck bildeten den und weitere Tipps zum Selbststudium gegeben. Piazza della Signoria. Rahmen für weitere Improvisationen. Da waren Viele der Teilnehmenden spielten und betei- dann auch Bernstein, Gershwin und Beethoven ligten sich aktiv am Kursgeschehen. Den Ab- In der Gemeinschaft wurde für den Weltfrieden © Ralf Borghoff zu Gast: Themen der bekannten Komponisten schluss fand die gelungene Schulungsmaß- gebetet, gesungen, und im Anschluss wurden waren für Marshall die Grundlagen für Orgel- nahme mit einem Konzert des Referenten am Kontakte zwischen den Chören geknüpft und Zum Ausklang der Reise brachen die Mitglieder improvisationen mit Stilmitteln des Barock, des Abend in der Laurentiuskirche. somit auch zusammen gefeiert. am Sonntagnachmittag zum Gardasee auf, wo Jazz-Crossover vom Feinsten. ein paar Tage mit Kulturprogramm, Ausflügen Zum nächsten Programmpunkt versammelten zum Strand und einer Fahrt nach Malcesine auf Ein außerordentlich gelungener sich alle deutschen Chöre in der Basilika Santa dem Programm standen. 6. Erwitter Orgelherbst 2022. Maria zum Nationalgottesdienst. Abends war Gelegenheit für die Chormitglieder, Florenz Der Rückweg am Mittwoch führte die Chöre mit Ralf Borghoff auf eigene Faust zu erkunden und einen wun- einer Übernachtung in Nürnberg nach zwölf er- derschönen Sonnenuntergang auf der Ponte eignisreichen Tagen mit viel guter Laune und Veccio zu erleben und damit den Tag ausklingen toller Musik zurück in die Heimat, wo sie mit zu lassen. läutenden Kirchenglocken empfangen wurden. Am Freitag stand ein Abendkonzert in der Basi- lica Santa Trinita auf dem Programm. Stehende Ovationen der Zuhörenden wurden mit mehre- ren Zugaben honoriert. Eine gemeinsame spon- tane Chornummer mit den Mädchen der Mäd- chenkantorei des Paderborner Doms beendete © Ralf Borghoff den erfolgreichen Konzertabend. 14 15
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN Dekanat Hellweg deltes Lindgrün“ oder „Orgellabyrinth“ zeigten an, welche Themen und Assoziationsräume mit danach folgten und zahlreiche Querverbindun- gen in der intelligenten Programmgestaltung deutlich werden ließen. Besonders beeindruck- Ein Orgelkonzert in der Nacht des Gründon- nerstags eröffnete die mehr als drei Jahrzehn- te bestehende, von DKM Johannes Krutmann diesen neuen Klängen reflektiert wurden. Die FESTIVAL „ORGEL PLUS Komponistinnen Farzia Fallah (Iran) und Zane- te die Chromatische Fantasie von J. S. Bach, die gegründete Konzertreihe mit „Le Chemin de la HAMM“ 2022 ta Rydzewska (Polen) leben und wirken mitt- Berben in makelloser, freier und virtuoser Ma- Croix“ op. 29 von Marcel Dupré (1886-1971). Interessante Instrumen- lerweile in der Musikstadt Köln und bringen in nier auf seinem nicht nur äußerlich beeindru- Die eindrucksvollen musikalischen Betrach- te, besondere Kombina- ihrem künstlerischen Schaffen auch ihre kultu- ckend schönen Cembalo (eine Ruckers-Kopie tungen des Kreuzwegs wurden durch besinn- tionen, unkonventionelle rellen Prägungen ein. Auch Dominik Susteck ist von Keith Hill) darbot. Hier stimmten Timing, liche Texte zu den einzelnen Stationen ergänzt Programme, renommierte durch seine langjährige Tätigkeit an der Kunst- Affekte, interpretatorische Freiheiten und rhe- (Sprecher: Thomas Höddinghaus) und schufen Interpretinnen und Inter- Station Sankt Peter eng mit der Kunstszene der torische Relationen auf beglückende Weise. eine intensive geistliche Atmosphäre, der sich preten sowie akustisch und Stadt Köln verbunden, er war in diesem Konzert Der Schluss mit der berühmten Meditation von die Zuhörenden nicht entziehen konnten – und © Martin Chiang architektonisch bemer- sowohl als Komponist wie auch als Interpret J.J. Froberger (auf seinen eigenen zukünftigen wollten: Spätestens zum Schluss des Konzerts, kenswerte Kirchenräume zu erleben. Die auf Neue Musik spezialisierte Tod) schloss zuversichtlich und hinterließ be- als niemand der Anwesenden die dichte Stim- möchte das Festival „ORGEL PLUS HAMM“, das Sängerin Irene Kurka faszinierte mit stimm- glückte Gesichter beim interessierten und fach- mung durch Beifall zerstören mochte, wurde im Herbst 2022 mit fünf Konzerten stattfand, licher Modulationsfähigkeit und technischer kundigen Publikum. dies umso deutlicher: Man ging nach den tiefen eröffnen und zu bereichernden Hörerfahrun- Souveränität. Besonders der junge Nachwuchs- Eindrücken bewegt und schweigend in die Stille gen einladen. Organisiert wird dieses Festival organist Silvan Meschke, mit 17 Jahren bereits 1000 Jahre Dorfkirche in Uentrop – anlässlich der Passionsnacht. Helmut Schröder bewies als in ökumenischer Zusammenarbeit der beiden Bundeswettbewerbspreisträger von „Jugend dieses Jubiläums war auch das Orgelfestival Interpret an der Orgel wieder einmal seine vir- hauptamtlichen Stadtkantoren: Dekanatskir- musiziert“, beeindruckte durch seine techni- mit einem Konzert unter der Überschrift „Novas tuosen Qualitäten. chenmusiker Johannes Krutmann und Kreis- sche Sicherheit, interpretatorische Reife und Cantigas“ zu Gast in dieser romanischen Kirche. kantor Heiko Ittig wurden nicht zuletzt wegen stilistische Vielseitigkeit. Den Zuhörenden bot Die auf mittelalterliche Tasteninstrumente Das zweite Konzert am Sonntag, den 29. Mai ihrer außergewöhnlichen gemeinsamen Pro- sich ein weites Spektrum an neuer Musik, an spezialisierte Catalina Vicens (Bologna) verzau- wurde geprägt durch italienische Orgel- und jekte und ihres gesellschaftlichen Engagements Raum- und Klangerlebnissen weitab des Ge- berte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit mittel- Vokalmusik des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit (wie interkultureller Zusammenarbeit) bereits wohnten, die Möglichkeiten zum Hören, Re- alterlicher Musik, die sie auf dem Orgelportativ der doppelchörigen Messe von Giovanni Giorgi im Jahr 2011 als Kulturpreisträger der Stadt flektieren, Vertiefen und Entdecken einer neuen spielte. Wie lebendig, atmend, flexibel, gleich- (um 1690-1762) stand eine echte musikalische Hamm ausgezeichnet. Klangwelt boten, die man vielleicht nicht sofort zeitig archaisch und modern dieses Repertoire Entdeckung im Mittelpunkt des Programms, in allen Details verstehen kann oder muss, de- sein kann, hatte wohl niemand erwartet. Reine die zugleich für die Cappella vocale Liebfrauen Den Auftakt des Festivals 2022 bildete ein Kon- ren Qualität, Tiefe und Spiritualität jenseits der pythagoräische Quinten kontrastierten unver- einen Neuanfang nach der Pandemie darstellte. zert in der Pauluskirche mit der Überschrift Worte gleichwohl deutlich und nachhaltig zu sehens mit hauchenden, fragilen Teiltönen, wie Ein voller Ensembleklang entfaltete ein Meister- „Cymbals and Drums“. Das Duo Sebastian Go- erspüren und erfahrbar sind. man sie im Konzert mit neuer Musik dank halb werk des Kontrapunkts, auch alle solistischen kus (Percussion) und Harald Gokus (Orgel) hatte gezogener Registerschleifen zwei Wochen vor- Teile wurden von Mitgliedern des Ensembles natürlich weitaus mehr zu bieten als Zimbeln Die barocke St.-Peter-und-Paul-Kapelle im Stadt- her hören konnte. gesungen, unter denen besonders Nils Giebel- und Trommeln: Die Bandbreite reichte über teil Nordherringen, ein Kleinod inmitten eines hausen als Tenorsolist mit zwei Solomotetten Marimbaphon, Kesselpauken oder Djembé bis industriellen Umfelds, beherbergte das nächste Altes und Neues ganz nah, Spirituelles und Sä- von Alessandro Grandi begeistern konnte. hin zu synthetisierten Klängen, die den vertrau- Konzert am Tag des offenen Denkmals, bei dem kulares verschmolzen und verbunden, ein klei- ten Orgelklang um eine neue Klangdimension barocke „Claviermusik“ mit dem Alte-Musik- nes Instrument mit ungeahntem, faszinieren- Die Intention eines Gemeinschaftsprojekts erweiterten. Der perfekte musikalische Dialog Spezialisten Leon Berben auf dem Programm dem Klangreichtum – magic! wurde besonders dadurch deutlich, dass nicht von Vater und Sohn Gokus und das abwechs- stand. Er eröffnete das Programm an der zwar weniger als eine Interpretin und vier Interpre- lungsreiche Programm mit ausnahmslos zeit- restaurierungsbedürftigen, entgegen manchen ten sich den Part an den Orgeln der Liebfrauen- genössischer Musik bot auch Kennerinnen und Zweifelnden aber doch immer noch spielbaren ORGELTRIDUUM IN HAMM – kirche teilten: Neben Angelika Ritt-Appelhans Kennern viele Entdeckungen und ein Hörerleb- historischen Orgel von 1836, die aufgrund ihrer MIT VOKALEM NEUBEGINN waren Ulrich Prenger, Vincent Vogelsang, Jörg nis, das das Publikum begeisterte. traditionellen Bauweise noch in einer barocken Vertonungen von Kreuzweg, Messe und Psal- Segtrop und Johannes Krutmann, der auch Tradition gesehen und – sogar im jetzigen Zu- men waren die jeweiligen Themenschwerpunk- die Gesamtleitung hatte, abwechselnd an den Ein Zusatzkonzert mit neuer Musik fand knapp stand – sehr gut gehört werden kann: Gute Ins- te in den drei Konzerten des Orgeltriduums Tasten beteiligt, der Lautenist Stefan Koim ge- eine Woche später in der Liebfrauenkirche un- trumente behalten eben ihre klangliche Aussa- 2022 an der Goll-Orgel in der Liebfrauenkirche staltete außerdem auf einer Erzlaute den Conti- ter dem Titel „Licht – Zeit“ statt und enthielt ge auch noch in einem hinfälligen Zustand: ein in Hamm. nuopart mit. Der begeisterte Applaus des best- Werke international bekannter NRW-Kompo- Grund mehr, ihre Substanz jetzt zu pflegen und besuchten Konzertes der diesjährigen Reihe nistinnen und -Komponisten für Sopran und zu erhalten. Raum und Akustik waren eine per- ließ keinen Zweifel aufkommen, dass der Neu- Orgel. Titel wie „Außerhalb der Zeit“, „Verwan- fekte Einheit auch für die Cembalowerke, die anfang gelungen war. 16 17
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN Dekanat Höxter die von asketisch-meditativ über klangvoll-im- zeitgemäßen Erscheinungsbild insbesondere provisatorisch bis hin zu neuen und avantgar- die Möglichkeiten der neuen Medientechnik. distischen Bearbeitungen und persönlichen Die zehnminütige Verfilmung von Kirche, Land- Klangstilen reichen und reichhaltige Facetten TAG DER OFFENEN TÜR IM schaft und der Barockorgel durch den Kölner Ci- darbieten. ORGELMUSEUM BORGENTREICH nematographen Krischan Rudolph – zu Klängen Rund 120 Besucherinnen und Besucher fanden von Dietrich Buxtehudes Präludium in g – fes- Mit einer Choralschola (Leitung: DKM Johannes anlässlich eines Tags der offenen Tür am letz- selte die Besucher ebenso wie die „Orgelreisen“, Krutmann) und insgesamt sechs Organisten ten Septemberwochenende 2022 den Weg ins die Museumsleiter Jörg Kraemer an der neuen wurde dieses Konzert zu einem wahren Ge- Orgelmuseum der Orgelstadt Borgentreich, um virtuellen Orgel gestaltete. meinschaftsprojekt, dem zahlreiche Zuhörende die modernisierte Dauerausstellung in Augen- © Astrid Zill mit großem Interesse lauschten. Obwohl das schein zu nehmen. Mittel aus dem Förderpro- Mittels der Software „Hauptwerk“, die den Orgelbuch ursprünglich nicht für eine zyklische gramm des Landes NRW „Heimat – Zeugnis“, Klang echter Orgelpfeifen durch Samples wie- Aufführung gedacht ist, konnte die Dramatur- welches Bemühungen um identitätsstiftende dergibt, ist es möglich, in die Klangwelt unter- Im Abschlusskonzert am 26. Juni spielte der Lü- gie der Abfolge doch überzeugen und einen mu- besondere Orte und Bauwerke mit ihrer regio- schiedlicher Orgelstile verschiedener Epochen becker Organist und Orgelprofessor Arvid Gast sikalischen Spannungsbogen erzeugen, der mit nalen Geschichte und Tradition, „Zeugen“ ihrer und Länder einzutauchen und diese vergleichs- Werke von Bach, Reubke, Isoir und César Franck der fragmentarisch-musikalischen Friedens- Heimat, unterstützt, ermöglichten mit einem weise authentisch wiederzugeben. 26 Orgeln (zum 200. Geburtstag). Wie kaum ein anderes bitte von Dominik Susteck in einem intensiven, Volumen von insgesamt 290.000 € neben diver- aus vielen Ländern Europas sind derzeit abruf- Instrument im Umkreis bietet die Goll-Orgel mit offenen Schluss endete. sen Brandschutzmaßnahmen, der Erneuerung bar, darunter Instrumente so bedeutender Or- ihren außergewöhnlich expressiven Klangfar- der Sanitäranlagen und Sanierung der Außen- gelbauer wie Arp Schnitger, Eberhard Friedrich ben und ihrem großen dynamischen Spektrum Es dauerte eine geraume Zeit, bis sich die Stil- treppe auch die Überarbeitung von ca. 50 % der Walcker oder Aristide Cavaillé-Coll. die besten Voraussetzungen zur Interpretation le und musikalische Spannung löste und letzt- Ausstellungsfläche mit einem Volumen von stilistisch vielfältiger Ansprüche, von denen sich endlich Beifall für die Komponisten Michael rund 130.000 €. Ein „Trumpf-Ass im Kulturland Kreis Höxter“, das der Lübecker Orgelprofessor begeistert zeigte. Schultheis, Christoph Althoff, Sascha Mücke, „bundes- und vermutlich auch europaweit sei- Gast nutzte die klanglichen Möglichkeiten und Thorsten Maus, Gereon Krahforst und Dominik Die Besucherinnen und Besucher zeigten sich nesgleichen sucht“, so lautete am Ende das eu- wählte jeweils epochentypische Klänge und Susteck sowie die ausführenden Organisten Sil- im Rahmen von Führungen und Vorführungen phorische Fazit eines begeisterten Besuchers. Registrierungen, sodass man beinahe glauben van Meschke, Marco Düker, DKM Martin Geisel- durchweg begeistert und lobten neben dem konnte, mit jedem Stilwechsel im Programm hart, DKM Johannes Trümpler, Michael Schult- Jörg Kraemer ein anderes Instrument zu hören. Seine Regist- heis und Vincent Vogelsang aufkam und allen rierkunst war getragen von gut dosiertem, aber Beteiligten Anerkennung zollte. stets intensivem interpretatorischem Gestus, bester Stilkenntnis und makelloser spieltechni- scher Beherrschung. Entsprechend dankte das Publikum nach der abschließenden virtuosen Organistinnen und Organisten des Erzbistums Paderborn können auf Anfrage ein Freiexem- plar des Orgelbuches „Nova ex antiquis“ über Dekanat Siegen Die Musikerinnen und Musiker eröffneten das Konzert mit viel Verve mit der Kantate zum Erntedankfest „Nun danket alle Gott“ (TVWV Darbietung der großen Psalm-Sonate von Julius den Fachbereich Kirchenmusik im Erzbischöf- KAMMERCHOR WEIDENAU ERFREUTE 1:1166) vom „Vielschreiber“ Georg Philipp Tele- Reubke mit stehendem Beifall. lichen Generalvikariat Paderborn erhalten. Ein MIT WUNDERSCHÖNER CHORMUSIK mann. Der Liedtext ist fast 400 Jahre alt! Mu- Mitschnitt der Uraufführung lässt sich auf der Am dritten Juniwochenende hatte es doch et- sikalisch zeichnet sich das Werk durch zwei Website www.klangraum-kirche.de anhören. liche Zuschauerinnen und Zuschauer in die schwungvolle, trompetenverstärkte Chorsätze URAUFFÜHRUNG Die Ausführbarkeit bewegt sich in etwa auf Kühle von St. Joseph gezogen, die sich mit ba- aus. In zwei weiteren Sätzen setzten Sopranis- „NOVA EX ANTIQUIS“ IN HAMM dem Niveau des C-Examens, die Sätze sind je rocker und klassischer Musik verwöhnen lassen tin Andrea Artmann und Altistin Stefanie Geue- 16 Uraufführungen standen auf dem Programm nach Fertigkeit und Übung mit verhältnismä- wollten. Händel, Telemann und Mozart standen ke mit ihren Stimmen Glanzpunkte. Der zweite eines Orgelkonzerts am 1. Oktober 2022, dem ßig wenig bis mittlerem Aufwand realisierbar auf dem Programm – offenbar beliebte Kompo- Satz der Kantate war ein Duett mit Thomas Iwe 16. Weihetag der Goll-Orgel in der Liebfrauen- und von ihrer Faktur her nicht nur konzertant, nisten. Dekanatskirchenmusikerin Helga Maria (Tenor) und Dr. Gerhard Pauli (Bass). kirche in Hamm. Mit Unterstützung des Erz- sondern auch und vor allem im Gottesdienst Lange hatte den Kammerchor Weidenau und bistums Paderborn konnte dieses Projekt mit verwendbar. die Camerata Instrumentale Siegen bestens auf Georg Friedrich Händels Suite in D-Dur (HWV neuen Orgelwerken zu gregorianischen Melo- Johannes Krutmann ihre Aufgabe eingestellt. Das Quartett aus So- 341) war für Giselher Pankratz eine tolle Gele- dien aus dem „Gotteslob“, das von DKM Johan- listinnen und Solisten tat sein Übriges dazu. genheit, auf der B-Trompete solistisch zu brillie- nes Krutmann (Hamm) initiiert und im Verlag ren. Das Stück, umrahmt von den Streichern der Dr. Butz (Bonn) herausgegeben wurde, realisiert Camerata, war für das Publikum ein absoluter werden. Sechs Komponisten leisteten Beiträge, Hörgenuss. 18 19
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN „SPÄTSOMMERLICHES KLANGFEST“ Programm titelte „Jubilare und Kontraste“ und MIT DEM ABTEIORGANISTEN VON versprach, ein „spätsommerliches Klangfest“ zu MARIA LAACH IN ST. MARIEN/SIEGEN werden. Seit 28 Jahren feiern die Gemeinden der drei Siegener Stadtkirchen Nikolai, Martini und Das Versprechen wurde gehalten: 13 zum Teil St. Joseph (während der Kirchenrenovierung mehrsätzige Kompositionen aus Barock, Ro- vertreten durch St. Marien) in beispiellos ver- mantik und Gegenwart von Geburts- oder To- gnüglichen Konzerten ihre immobilen Klang- desjahr-Jubilarinnen und Jubilaren wechselten körper – und als Abschlussevent treffen sich sich kontrastreich ab. Hell und zungenbetont die regionalen Musikerinnen und Musiker zum etwa der Beginn, ein Sonnentanz vom 1955 langen Gemeinschaftskonzert mit abschließen- in Plymouth geborenen ehemaligen Tenor der © Johanna Schirmacher dem Imbiss und Talk-In. Am Samstag, den 17. King’s Singers, Bob Chilcott, gefolgt von einer September konzertierte in St. Marien in der Alt- Choralpartita vom 1981 gestorbenen Gabriel Höhepunkte des Abends waren sicherlich die Dienst zu gehen. Seine Salzburger Krönungs- stadt, die 2022 auch den Veranstaltungsort der Verschraegen und einem Choralvorspiel vom drei Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, messe nutzte Mozart sechs Jahre später und „Siegener Orgelnacht“ am 2. Oktober stellte, der kanadischen Komponisten James Healey Wil- dessen Werke nach wie vor Publikum anziehen. „recycelte“ Teile daraus in „Figaros Hochzeit“. 1973 in Bonn geborene Gereon Krahforst. Krah- lan. Kleine Flöten flatterten los in Johann Adam Das bekannte „Laudate Dominum“, der fünfte Nach Mozarts Tod wurde die Krönungsmesse forst, der seit 2015 Organist der berühmten Be- Reinckens feiner Fuga in g-Moll, so filigran re- Satz aus den Vesperae solennes de confessore häufig bei Gottesdiensten aufgeführt. Auch nediktinerabtei in der Vulkaneifel ist, zeichnet gistriert, dass wirklich helle Spätsommerstrah- (KV 339), wurde wunderbar einfühlsam von der heute noch erfreut sich dieses Werk großer Be- sich durch eine vielseitige Vita aus, konzertier- len alle hörenden Herzen erreichten. Wie Puste- Camerata, dem Chor und der Sopranistin mu- liebtheit bei ambitionierten Kirchenchören. te, lehrte und dozierte in Bonn, Mönchenglad- blumensamen blies das daran anschließende siziert. bach, Minden und Paderborn, dann parallel an Trumpet Tune in F-Dur von David Johnson die Kyrie – Gloria – Credo – Sanctus – Benedictus der Costa del Sol in Marbella und in Hannover, heitere Melancholie hinweg, und die frühbaro- Es folgte die heute bekannteste und am häu- – Agnus Dei, das sind die üblichen Sätze einer schließlich erfolgte ein langjähriger Aufenthalt cke Canzone in Sol von Paulo Quagliati tanzte, figsten aufgeführte Vertonung des „Ave verum Messe. Die Camerata Instrumentale, der vier- in Saint Louis, Missouri, den er 2014 beendete. wie von einem halben Dutzend mittelalterli- corpus“ (KV 618) von Mozart, ebenfalls intona- stimmige Kammerchor und die vier Solistinnen chen Instrumenten gespielt, durch St. Marien. tionssicher und schön gestaltet vom Chor, hier und Solisten brachten diese feierliche Musik Nächster Kontrast: Romantik. Breit und selbst- sind insbesondere die sonoren Männerstim- unter dem engagierten Dirigat von Helga Ma- bewusst emotional registriert, feierte Krahforst men zu erwähnen. ria Lange in St. Joseph klangvoll zur Geltung. César Francks mitunter gaukelnde Melodien, Das Schlussstück „Dona nobis Pacem“ passt in die er mit der Toccata A-Dur vom Barockkompo- Das Hauptwerk des Abends bildete die Messe unsere Zeit, Wechsel zwischen Dur und Moll si- nisten aus dem Erzgebirge, dem Universalgenie in C-Dur (KV 317), fertiggestellt von Mozart am gnalisieren Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Johann Kuhnau kontrastierte. So fröhlich ver- 23. März 1779. Landläufig ist sie als „Krönungs- Der Schluss ist eine fast trotzige Bitte um Frie- spielt wechselten sich die Musikkontraste ab, messe“ bekannt geworden, was auf einem den. so schafften schnelle Registrierungen, kräftig Gerücht beruht, das sich hartnäckig hält: Der in den Bauch gehende Pedalarbeit und augen- Mozart-Enthusiast Johann Evangelist Engl be- Das Publikum dankte mit stehendem Applaus zwinkernde Phrasierungen ein vorüberfliegen- hauptete im Jahre 1907, diese Messe sei für das den Mitwirkenden, die sich mit der Wiederho- © Olaf Neopan Schwanke des Konzertstündchen, mal mit Bach-Epigonen, ab 1779 alljährlich stattfindende Krönungsfest lung des ersten Satzes der Telemann-Kantate mal von Komponistinnen (wie Rosalie Boning- im Wallfahrtsort Maria Plain komponiert wor- revanchierten. Nach dem Konzert blickte man Dekanatskirchenmusikerin Helga Maria Lan- ton und Emma Lou Diemer), und immer wieder den, was aber nicht belegt werden kann. Ver- rundum in lächelnde Gesichter. ge als Gastgeberin begrüßte den engagier- hatten technische Besonderheiten der neuen mutlich sollte die Messe im Ostergottesdienst ten Organisten und Festivalleiter, stellte ihn Siegener Sauer-Orgel wie die Spanischen Fan- am 4. April 1779 im Salzburger Dom aufgeführt Johanna Schirmacher einem interessierten Konzertpublikum vor und faren, das Glockenspiel oder der Zimbelstern werden. Mozart war nun eigentlich ein lebens- schwärmte von seinen originellen und vergnüg- ihre akustischen Sternstunden. Stürmischer lustiger Mensch, ein Spötter gar und Freimau- lichen Programmzusammenstellungen und Applaus der Orgelfans wurde mit einer kinder- rer, der nicht in erster Linie wegen seiner kir- virtuosen Improvisationskünsten. Davon konn- spielamüsanten Zugabe belohnt, in der der ge- chenmusikalischen Kompositionen berühmt ten sich alle Freundinnen und Freunde der seit niale Improvisator Gereon Krahforst bekannte wurde, sondern eher für seine Opern. Nachdem 2020 nach St. Marien translozierten Sauer-Or- Melodien von Bach über Elgar und Widor zitier- er in Mannheim und Paris nicht engagiert wor- gel von 1997 überzeugen, denn das kurzweilige te … eben Orgelspaß pur. den war, blieb ihm nichts anderes übrig, als in Salzburg bei einem knauserigen Erzbischof in 20 21
B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN B ER I C H T E AUS D EN D EK A N AT EN 28 klingende Register auf zwei Manualen und Genauso ruhig und gelassen wie seine mit 2. Miserere von Hugo Hammerström, dirigiert einem Pedalwerk, dazu Zimbelstern und Glo- leicht finnischem Akzent gefärbte Sprache von Britta; 3. Pulchra es von Jaako Mäntyrjärvi, ckenspiel: Mit so vielen musikalischen Möglich- war die einfühlsame Arbeit des Musikprofes- dirigiert von Prof. Nuoranne; 4. I Himmelen von keiten wusste Abteiorganist Gereon Krahforst sors bei seinen intensiven Stimmübungen Edvard Grieg, dirigiert von Nina) zeigen, dass die als Gast der 28. Siegener Orgelwochen Ver- und beim Einüben der Chorliteratur mit teils Stunden eifrigen Übens Früchte getragen hat- gnüglich-Berückendes anzufangen. lateinischen, teils schwedischen Texten. Prof. ten. Allen Teilnehmenden haben die intensiven Nuorannes Präzision beim Dirigieren, sein aus- Stimmübungen, das fleißige Proben enorm viel Olaf Neopan Schwanke gezeichneter Gesang in allen Stimmlagen und Spaß gemacht. Auch die Besucherinnen und Be- sein fantastisches Gehör haben mich als Chor- sucher des Gottesdienstes waren beeindruckt sänger begeistert, obgleich ich einige Male an und dankten mit Applaus. Mir hat der Chorpro- „STABAT MATER“ VON meine chormusikalischen Grenzen gestoßen fessor vor allem beim Vortrag des letzten Liedes JENKINS GING UNTER DIE HAUT bin. Dass unser Kirchenmusiker ein Schüler von besonders geholfen, als er neben mir als Bass- Karl Jenkins’ Lebenswerk ist fast schon als Le- Prof. Nuoranne an der Düsseldorfer Musikhoch- sänger auf der Chorempore mitgesungen hat. gende zu bezeichnen. Der 78-jährige Kompo- schule war, konnten ich und sicher auch ande- Da konnte eigentlich nichts mehr schief gehen, nist ist mit Filmmusiken, als Jazz-Oboist, aber © Carsten Schmale re Teilnehmende an vielen Stellen des Unter- und plötzlich erreichte ich auch die höchsten auch mit klassischen Werken zum populärsten richts erkennen: Methodik, Gestik und Dirigat Töne. Kein Wunder, denn Prof. Nuoranne ist lebenden Komponisten (Classic FM) und fünf- Ergreifend schön sang Başak Ceber die arabi- ähneln sich sehr; da können wir dankbar sein, auch ausgebildeter Countertenor. fach zum Ehrendoktor ernannt worden, um schen Teile mit ihrer „ethnic voice“ in Brust- dass Christopher Bönninghoff während seines nur einige der vielen Ehrungen zu nennen. Sein stimme, um in den anderen Solostücken mit Studiums solch einen tollen Chorleitungslehrer Etwas stolz auf unsere Leistungen und ermüdet „Stabat Mater“ erklang am 30. Oktober in der warmem Mezzo zu glänzen. Ihr Partner an der hatte. von den Arbeitstagen, haben die Sängerinnen voll besetzten St.-Michaels-Kirche zum ersten Ethnischen Flöte (Ney), Murat Cakmaz, be- und Sänger die Pfarrkirche nach dem Gottes- Mal in Siegen. Helga Maria Lange hatte ihren zauberte durch nasale, weiche Tongirlanden. dienst verlassen, nicht ohne großen Dank an Kammerchor Weidenau für das zwischen west- Die Camerata Instrumentale Siegen und zwei unseren Lehrmeister Prof. Nuoranne auszuspre- lichen, leicht geschärften Harmonien und ara- Percussionisten mit arabischem Schlagwerk chen. Dank auch an die beiden Sängerinnen, bischen Tonfolgen changierende Werk ton- und gaben den zwölf Sätzen Klangfarbenreichtum die sich trauten, in wenigen Tagen Chorstücke textsicher einstudiert. Auf Latein, Aramäisch, und Chorbegleitung. Nach dem wuchtigen, ein- mit uns einzuüben und zu dirigieren. Beide ha- Griechisch, Englisch, Arabisch erklangen Verse dringlichen Schlussgesang „Paradisi Gloria“ gab ben einen großen Beitrag zum Gelingen dieses aus dem babylonischen Gilgamesch-Epos, dem es Standing Ovations. Erst nach der Wiederho- Workshops geleistet. Hut ab! An unseren Kir- Stabat- Mater-Text und persische Zeilen des lung eines Satzes gaben sich die Zuhörerinnen chenmusiker Christopher Bönninghoff geht der 13. Jahrhunderts. Der Chor bewältigte seine und Zuhörer zufrieden. Dank für die Idee zu diesem Workshop, den er große Aufgabe in allen Stimmlagen tonschön Isabel Lippitz ausgezeichnet umgesetzt und organisiert hat. und mit langem Atem. © Tobias Strunck Nicht zuletzt darf sich die Pfarrei für die Unter- stützung dieses abwechslungsreichen Wo- Zwei Sängerinnen hatten an diesem Wochen- chenendes beim Fachbereich Kirchenmusik des ende auch das zusätzliche Angebot von Prof. Erzbistums Paderborn für die finanzielle Unter- Nuoranne angenommen und sich „aktiv“ am stützung bedanken. Dekanat Dortmund Workshop beteiligt: Stunden bevor sich die Chorgemeinschaft auf Zeit an den Arbeitstagen im Saal versammelte, durften beide Damen Reinhard Dicke FINNISCHER MUSIKPROFESSOR BEGEISTERT eingeladen, mit interessierten Sängerinnen unter fachkundiger Anleitung des Musikpro- TEILNEHMERINNEN UND TEILNEHMER EINES und Sängern vom 15. bis 17. September skandi- fessors das Dirigieren üben und erlernen. Das CHORWORKSHOPS navische Chormusik einzuüben, um das Gelern- Gelernte haben beide anhand verschiedener Ruhig und leise sprach Prof. Timo Nuoranne, als te einen Tag später im Gottesdienst in unserer Musikstücke anschließend mit dem Chor ange- er den viertägigen Chorworkshop im Aplerbe- Pfarrkirche vorzutragen. Solch eine Veranstal- wendet. cker Gemeindesaal eröffnete. Unser Kirchen- tung gab es zum ersten Mal in unserer Pfarrei, musiker Christopher Bönninghoff hatte den die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren Zum Abschluss des Workshops konnte der Chor finnischen Professor für Chorleitung an der am Ende begeistert und haben die anstrengen- auf Zeit im Sonntagsgottesdienst mit vier mu- Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf den Stunden nicht bereut. sikalischen Beiträgen (1. Dina tankar, o Gud von Sven-David Sandström, dirigiert von Britta; 22 23
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