Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...

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Konkret Spezial
                      Leben + Freizeit

                                                                                                                                             lichter
                                                                                                                                      hal, Andreas Sch
                                                                                                                                                ent
                                                                                                                               Fotos: Rolf Rupp
                                     Das Saarbrücker Ludwigsparkstadion früher und heute: So
                                          oder so ist es eine „Kultstätte“ des Saar-Sports.

                In diesem „Park“ wandeln viele
               ständig zwischen Lust und Qual
          ORTSTERMIN Ohne das Saarbrücker Ludwigsparkstadion wäre das Land ärmer

                    Von Sebastian Zenner                            gen. Das Schloss wurde später von französischen Revolutions-
                                                                    truppen dem Erdboden gleichgemacht, der Park blieb. 1919 be-
Das Ludwigsparkstadion in Saarbrücken war bis zum Beginn            auftragte die Stadt Saarbrücken Arbeitslose mit dem Bau eines
seines Umbaus vor knapp fünf Jahren mit einem Fassungsver-          einfachen Sportplatzes, an dem sich auch der Malstatter Fuß-
mögen von 35.303 Zuschauern (künftig 16.003) das größte Sta-        ballverein FV 03 Saarbrücken finanziell beteiligte. Der FVS emp-
dion im Saarland. Es wird vor allem als Heimatstätte des traditi-   fing hier internationale Größen wie Bayern München und Real
onsreichen Fußball-Drittligisten und Bundesliga-Gründungs-          Madrid. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete sich der Verein
mitglieds 1. FC Saarbrücken wahrgenommen. Durch die Bau-            als 1. FC Saarbrücken neu und trieb den Bau einer neuen Spiel-
verzögerung und die enorme Kostensteigerung von 16                  stätte voran. In Ermangelung des nötigen Kleingeldes, um den
Millionen auf knapp 50 Millionen Euro geriet es zuletzt in die      100-Millionen-Francs-Entwurf von Architekt Peter Paul Seeber-
Schlagzeilen. Schon vorher war es bundesweit bekannt. Als           ger umzusetzen, packten zahlreiche Mitglieder selbst an. 1952
Fußballhochburg, aber auch als Stätte der Kultur.                   wurde die Landeshauptstadt Saarbrücken Bauherrin des Lud-
  Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken ließ den Ludwigspark          wigsparks. Auch damals reichte
samt Lustschloss am Ludwigsberg (Malstatter Bann) 1769 anle-        die kalkulierte Summe nicht.          ›› Fortsetzung auf Seite II

Kultur mal anders                            Saarländische Typen                                   Tipps für Trips
In Homburg gibt‘s                            Gunter Altenkirch hat sich der                        Lohnende Ziele für
vielerlei zu entdecken                       Alltagskultur verschrieben                            Ausflüge in der Region
III                                          IV                                                    A-D

                                                                                                   AK-Konkret Spezial 6|20 · I
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Leben + Freizeit

                    Auf 195 Millionen Francs (heute                  League) im „Park“ und warf den                             desweiter Strahlkraft. Bis in die
                 5,3 Millionen Euro), die nur mit                    FCS aus der ersten Runde. Am 13.                           späten 1980er Jahre fanden hier
                 Unterstützung der Regierung                         September 1989 wurde auch das                              zahlreiche Leichtathletik-Wett-
                 des damals noch autonomen                           Europapokalspiel zwischen Gast-                            kämpfe statt wie süddeutsche
                 Saarlandes gestemmt werden                          geber Spora Luxemburg und                                  Meisterschaften und Länder-
                 konnten, kletterten die Kosten.                     Real Madrid mit Spielmacher                                kämpfe der saarländischen und
                    Mit einem Heimspiel des FCS                      Bernd Schuster im Ludwigspark                              deutschen Nationalmannschaft.
                 wurde das neue Stadion am 2.                        ausgetragen. Real siegte vor                               Unter anderem gaben hier die
                 August 1953 offiziell eröffnet: Der                 6.000 Zuschauern mit 3:0.                                  Olympiateilnehmer Helga Büh-
                 Deutsche Vizemeister besiegte                                                                                  ler-Hoffmann und Armin Hary
                 Rot-Weiß Essen mit 3:1. Einige                        Leichtathletik, Football                                 (100-Meter-Weltrekordler)        ihr
                 Monate später trat das Fifa-Mit-                      und jede Menge Musik                                     Bestes. Bis zum Umbau war der
                 glied Saarland in der WM-Qualifi-                                                                              Ludwigspark ab 1999 auch die
                 kation gegen seinen Nachbarn                          Viele Jahre später, am 19. Au-                           Heimspielstätte des American
                 Bundesrepublik Deutschland an.                      gust 2012, erlebten 28.000 Men-                            Football-Zweitligisten und frühe-
                 Der 3:1-Sieg am 28. März 1954                       schen das wohl dunkelste Kapitel                           ren Bundesligisten Saarland Hur­
            Im   war für den von Sepp Herberger                      des Stadions hautnah mit: Drittli-                         icanes.
Ludwigspark-     trainierten späteren Weltmeister                    gist FCS unterlag in der ersten                              Apropos Hurricane – sogar
 stadion wird    Deutschland vor 53.000 Zu-                          Runde des DFB-Pokals dem                                   Rockbands wie die Scorpions
   zwar meist    schauern der Grundstein für das                     Champions-League-Teilnehmer                                („Rock you like a hurricane”) tra-
      Fußball    viel zitierte „Wunder von Bern“.                    FC Schalke 04 mit 0:5. Bei 40 Grad                         ten im Ludwigsparkstadion auf.
gespielt, aber   Sieben weitere Länderspiele des                     Hitze gab es bereits eine Viertel-                         Am 3. September 1978 fand im
 nicht immer.    Saarlandes und zwei Deutsch-                        stunde vor Spielbeginn an einigen                          „Park“ das „Summertime Open
     Auch ein    lands folgten. In der Saison                        Getränkeständen kein Wasser                                Air Festival“ statt. Vor 40.000 Zu-
  Kirchentag     1955/56 gastierte der große AC                      mehr, 80 Personen kollabierten.                            schauern spielten die Scorpions,
 wurde darin     Mailand im Europapokal der Lan-                       Auch abseits des Fußballs war                            Brand X (mit Phil Collins am
   begangen.     desmeister (heute: Champions                        der Ludwigspark ein Ort mit bun-                           Schlagzeug), John McLaughlin,
                                                                                                                                Alvin Lee, Frank Zappa, Joan
                                                                                                                                Baez und, als Headliner, Genesis
                                                                                                                                (mit Phil Collins als Sänger). Am
                                                                                                                                18. August 1979, also genau zehn
                                                                                                                                Jahre nach Woodstock, trat
                                                                                                                                Queen mit Freddie Mercury als
                                                                                                                                Headliner des „Saarbrücken
                                                                                                                                Open      Air      Festivals“   auf.
                                                                                                                                Queen-Schlagzeuger Roger Tay-
                                                                                                                                lor erlebte in Saarbrücken einen
                                                                                                                                der peinlichsten Momente seines
                                                                                                                                Lebens, wie er später zugab:
                                                                                                     Foto: Andreas Schlichter

                                                                                                                                Nach einem Missgeschick trat er
                                  Foto: Rolf Ruppenthal

                                                                                                                                mit grün statt blond gefärbtem
                                                                                                                                Haupthaar auf die Bühne. Vorher
                                                                                                                                brachten The Commodores mit
                                                                                                                                Lionel Richie am Saxofon, Alvin
                                                                                                                                Lee, Molly Hatchet, Rory Gal-
                                                                                                                                lagher, Lake, Voyager, Red Baron
                                                                                                                                und (passend zum Anlass) Ten
                                                                                                                                Years Later die rund 35.000 Zu-
                                                          „Sternstunde“ des 1. FC Saarbrücken                                   schauer in Stimmung. In den Fol-
                                                                                                                                gejahren traten unter anderem
                                                          Offiziell waren am 16. April 1977 genau                               die Bee Gees, die Kelly Family,
                                                          39.000 Zuschauer im Ludwigspark-                                      Marius      Müller-Westernhagen
                                                          stadion. Glaubt man jenen, die angeb-                                 und Wolfgang Petry im Ludwigs-
                                                          lich dabei waren, müsste fast das                                     parkstadion auf. Das letzte Kon-
                                                          ganze Saarland damals dort gewesen                                    zert war am 15. Juni 2004 Herbert
                                                          sein: beim legendären 6:1-Sieg des FCS                                Grönemeyer (Vorband: Sport-
                                                          über den mit Topstars gespickten                                      freunde Stiller) vorbehalten.
                                                          Weltpokalsieger FC Bayern München                                        2006 dann wurde es beim Ab-
                                                          in der Saison 1976/77. Die Bayern, als                                schluss des 96. Deutschen Ka-
                                                          frisch gebackener Europapokalsieger                                   tholikentages besinnlich. Über
                                                          der Landesmeister mit den 1974er                                      20.000 Gläubige kamen seiner-
                                                          Weltmeistern Franz Beckenbauer, Gerd                                  zeit ins Stadion, um zusammen
                                   Foto: Iris Maurer

                                                          Müller und Sepp Maier angereist,                                      mit zahlreichen Zuschauern die
                                                          wurden von den Blau-Schwarzen mit                                     Live-TV-Übertragung des Got-
                                                          Vierfach-Torschütze Roland Stegmayer                                  tesdienstes mit Kardinal Karl Leh-
                                                          regelrecht vorgeführt. 		             sz                              mann zu verfolgen.

II · AK-Konkret Spezial 6|20
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Leben + Freizeit

Vielfältige Ein- und Ausblicke
KULTUR MAL ANDERS Ein Stadtbummel durch Homburg führt hoch hinaus
Homburg, mit 43.000 Einwohnern
die drittgrößte Stadt des
Saarlandes, ist Universitäts- und
Brauerei-Standort. Aber auch für
kunst- und kulturhistorisch
Interessierte lohnt sich ein Besuch
– von unten im Zentrum bis oben
auf die Festung. Schließlich nutzte
Sonnenkönig Ludwig XIV. einst die
Bastion zur Verteidigung der
Westgrenze Frankreichs.

Von Katja Sponholz

Der Startpunkt zum Bummel durch                                                                                           Kunst und
Homburg könnte besser nicht sein                                                                                          Kultur in
– logistisch und symbolisch: Nur                                                                                          vielerlei
wenige Schritte vom Hauptbahn-                                                                                            Formen und
hof entfernt erinnert ein Denkmal                                                                                         Farben:
                                      Fotos: Katja Sponholz

aus dem Jahr 1989 an die Stadt-                                                                                           Impressionen
rechtsverleihung 1330 durch den                                                                                           von einem
bayerischen Kaiser Ludwig. Ein                                                                                            Rundgang
kleiner Ort der Besinnung, mitten                                                                                         durch
im Verkehrstrubel, zwischen Im-                                                                                           Homburg.
bissbuden und Friseurshops. Je
weiter man über die Eisenbahn-        dem Homburger Künstler Klaus                  und des Bliesgaus. Noch etwas
straße in Richtung Marktplatz geht,   Glutting.                                     spricht für eine Pause, bevor man
umso mehr entfaltet die Innen-           Richtig schön wird es, wenn man            es bis oben geschafft hat. Denn in
stadt ihren Charme. Wenig später      den Marktplatz erreicht. Liebevoll            halber Höhe befinden sich die
überrascht der „Freiheitsbrunnen“     restaurierte Häuser mit Gastrono-             Schlossberghöhlen,         Europas
am Rondell damit, welche Verbin-      mie und Einzelhandel umsäumen                 größte Buntsandsteinhöhlen. Der
dung es von hier zur Wiege der        den Platz und lassen erahnen, wie             Sand aus diesem von Menschen-
deutschen Demokratie in Neu-          viel Leben und buntes Treiben hier            hand geschaffenen Bergwerk
stadt gibt: So waren es die in Hom-   an warmen Tagen herrscht. Sicher-             wurde einst für die Glasherstellung
burg tätigen Journalisten Johann      lich auch am Marktbrunnen von                 oder als Scheuer- und Formsand
August Wirth und Philipp Jakob        Günther Maas, der 1953 von der                verwendet.
Siebenpfeiffer, die 1832 das Ham-     Karlsberg-Brauerei gestiftet wurde               Die letzten Stufen führen
bacher Fest ausgerufen hatten.        und bedeutende Kapitel der Stadt-             schließlich zu den Überresten der
Der Brunnen erinnert jedoch nicht     geschichte darstellt.                         alten Burg. Unter König Ludwig XIV.
nur an diese beiden Freiheits-                                                      baute Festungsbaumeister Vau-
kämpfer, sondern schlägt einen                                250 Stufen aufwärts   ban sie von 1680 bis 1692 zu einer
Bogen bis in die Gegenwart: 1992                                                    starken Festung aus. 18 Tafeln lie-
gestaltet von Bonifatius Stirnberg       Dann geht es hoch zum Schloss-             fern viele Details zur Bauge-
thematisiert er zugleich auch die     berg – nicht ohne zuvor an der ka-            schichte.
deutsche Einheit.                     tholischen Pfarrkirche St. Michael               Beim Abstieg zurück sollte man
   Gleich auf der anderen Straßen-    angehalten zu haben. Von dort                 auf jeden Fall den Weg über die

                                                                                                                          !
seite erhebt sich der Homburger       führt ein schmaler Weg mit mehr               Klosterstraße wählen, wo sich die
Hof, der 1906 im neugotischen Stil    als 250 Stufen zu jener Anlage, die           Ruine einer im Zweiten Weltkrieg
als Hotel Peterhof erbaut worden      der Stadt einst ihren Namen gab:              zerstörten Synagoge befindet. Der
und nach beiden Weltkriegen je-       die ehemalige mittelalterliche                Zugang ist aus Sicherheitsgründen     Hinweis:
weils Kommandantur der Besat-         Burg Hohenburg. Wer über die nö-              geschlossen und wird nur zu Füh-      Die Schloss-
zungsmächte war. Wie aus der Zeit     tige Puste und das richtige                   rungen geöffnet. Ein Besuch lohnt     berghöhlen
gefallen erscheint an der nächsten    Schuhwerk verfügt, für den lohnt              dennoch. Nicht nur wegen des          sind von Feb-
Ecke der „Genius Populi Romani“.      sich der Aufstieg doppelt: Denn je-           Blicks auf die teilweise Efeu-um-     ruar bis
Doch auch der römische Schutz-        der Winkel gibt nicht nur einen               rankten Fensterbögen, sondern         November
gott hat in Homburg seine Berech-     neuen Blick frei auf Häuser und               vor allem wegen der Gedenktafel:      geöffnet. Alle
tigung: Es ist die lebensgroße        Gärten, die sich eng nebeneinan-              Sie erinnert namentlich an jene       Infos unter
Nachbildung einer im heutigen         der an den Hang schmiegen, son-               Homburger Bürger jüdischen            www.hom-
Schwarzenacker         gefundenen     dern mehr und mehr von oben auf               Glaubens, die während der Depor-      burg.de/in-
2000 Jahre alten Bronzestatuette      die gesamte Stadt und auf die                 tation und in den Konzentrationsla-   dex.php/tou-
– geschaffen vor 20 Jahren von        schöne Landschaft der Saarpfalz               gern den Tod fanden.                  rismus-neu

                                                                                                    AK-Konkret Spezial 6|20 · III
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Das Spielzeug,
     das Gunter
      Altenkirch
  zeigt, ist eine
  typisch saar-
      ländische
„Sagg Arwed“,
   Infos zu den

                                                                                                                            Foto: Iris Maurer
  Museen gibt
es unter www.
  museum-all-
 tagskultur.de.

Das Bewahren ist seine Leidenschaft
SAARLÄNDISCHE TYPEN Volkskundler Gunter Altenkirch ist von der Alltagskultur fasziniert
                     Von Simone Hien                             Leute zu erhalten.“ Das begann mit dem Zuhören. „1950, als
                                                                 ich noch ein Junge war, habe ich damit angefangen, den
Gunter Altenkirch steht in seinem Museum für dörfliche All-      Menschen zuzuhören. Ich komme aus Beckingen. Damals
tagskultur in Rubenheim. Die obere Etage der ehemaligen          gab es noch die Mai-Abende – das hat nichts mit dem Monat
Scheune ist voller Gegenstände, deren Gebrauch heute fast        Mai, sondern mit dem saarländischen Maijen, Erzählen, zu
niemand mehr kennt. Altenkirch kennt sie. Er weiß auch, wie,     tun“, erzählt Altenkirch. Sein Lehrer habe angeregt, er solle
unter welchen Umständen und warum all die Dinge entstan-         die Alltagsgeschichten, Märchen und Erinnerungen auch
den sind, die die Besucher hier umgeben: Krauthobel, Kin-        aufschreiben.
derspielzeug, Kuchenformen, Ölmühlen, Nägel, selbst ge-             Was aus kindlichem Interesse begann, hat sich zu einem
machte Schuhe mit Holzsohle, ein alter Herd, der mit Holz        Lebenswerk entwickelt. Heute verfügt Altenkirch über rund
oder Kohle befeuert wurde. 30.000 Objekte, die vom Leben         40.000 Seiten mit Zeitzeugenprotokollen zur saarländischen
der einfachen Leute im Saarland, dem Hochwald und dem            Alltagskultur. Die Protokolle sind über ein System von Kartei-
angrenzenden Lothringen erzählen, hat der Volkskundler in        karten mit den Objekten der beiden Museen vernetzt. In den
Jahrzehnten zusammengetragen. „Das ist die größte saarlän-       1980ern begann er damit, die Protokolle zu digitalisieren –
dische Sammlung von Alltagsgegenständen, zum Aberglau-           eine Arbeit, die ihn heute noch beschäftigt. „1973 habe ich
ben die zweitgrößte deutsche Sammlung“,                                          damit begonnen, Hausentrümpelungen anzu-
sagt er. Seit 2012 beherbergt die untere                                         nehmen. Gleichzeitig habe ich auch auf dem
                                                        Ich habe eine
Etage der Scheune das Museum des saar-                                           Sperrmüll nach Objekten gesucht und bei den
ländischen Aberglaubens. Von der gesam-               unheimlich hohe            Leuten geklingelt, um mir die Gegenstände er-
ten Sammlung zu sehen sind etwa sieben Achtung vor der Kultur klären zu lassen. Mit der Eröffnung des Muse-
Prozent. „Ich habe vier Lager im Haus und          der einfachen Leute.          ums 1988 habe ich dann auch sehr viel ge-
tausche die Objekte immer wieder aus“, in-                                       schenkt bekommen“, berichtet der Volkskund-
formiert Altenkirch.                                                             ler. Das Museum selbst wurde möglich mit
  Die Augen des 78-Jährigen strahlen, wenn                                       dem Kauf des aus der ersten Hälfte des 18.
er von seiner Arbeit, der saarländischen All-                                    Jahrhunderts stammenden Bauernhauses,
tagskultur und von seiner Motivation erzählt.                                    das er mit seiner Frau, der Keramikkünstlerin
Immer wieder weist er auf Ausstellungsstücke hin, nimmt ein      Denise Altenkirch, gemeinsam restauriert hat. Ergebnis seiner
Objekt aus einer Vitrine, erzählt eine Geschichte dazu, erklärt  jahrzehntelangen Forschungsarbeit sind außerdem zahlrei-
seine Funktion und Entstehungsgeschichte. Wie die des Me-        che Veröffentlichungen zur saarländischen Volkskunde, dem
tallspielzeugs, dessen Mechanismus zur Fortbewegung an           dörflichen Alltagsleben und dem saarländischen Aberglau-
den Stangenantrieb (mittels Pleuel) von Lokomotiven ange-        ben. „Ich habe mein ganzes Leben lang sehr viel Zeit inves-
lehnt ist. Das sei eine saarländische „Sagg Arwed“. Altenkirch   tiert“, betont der Diplom-Wirtschaftsingenieur, der Verwal-
erklärt den Begriff, der sich annähernd mit „in die eigene Ta-   tungsleiter des Fraunhofer-Institutes in Saarbrücken war.
sche arbeiten“ übersetzen lässt: „´Sagg Arwed` war ein wichti-   Selbst Dienstreisen habe er dazu genutzt, um im Zug für
ges Element der saarländischen Arbeiterkultur. Diese Sackar-     seine Sammlung zu arbeiten. Auch heute habe er mindes-
beit beginnt etwa um 1916. Zu dieser Zeit wurde die Kriegs-      tens eine 40-Stunden-Woche.
wirtschaft hochgefahren, es herrschte auch Knappheit an             Altenkirch: „Ich arbeite jeden Abend bis kurz vor 22 Uhr,
Alltagsgegenständen und die Arbeiter haben aus der               sitze am Rechner, werte Protokolle aus, digitalisiere sie,
Schrottkiste, aus Abfällen, Dinge hergestellt, die sie brauch-   schreibe Karteikarten.“ Auch das Restaurieren von Objekten
ten und dabei auch neue Ideen entwickelt.“ Altenkirchs Wis-      mache einen großen Teil seiner Arbeit aus. Ans Aufhören
sen scheint schier unerschöpflich.                               denkt der 78-Jährige aber noch lange nicht. Denn: „Ich habe
  Und ungebrochen ist die Leidenschaft für das, was er tut:      eine unheimlich hohe Achtung vor der saarländischen Arbei-
Die Vergangenheit bewahren, damit sie nicht in Vergessen-        terkultur, der Kultur der einfachen Leute, der Vaganten und
heit gerät, weil er „mithelfen will, die Dinge der einfachen     Tagelöhner. Es gefällt mir, das zu erhalten und zu bewahren.“

IV · AK-Konkret Spezial 6|20
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Leben + Freizeit

Hurra, wir leben (doch) noch!
TYPISCH SAARLÄNDISCH Krisen sind dazu da, um überwunden zu werden
Ja, die Pandemie hat Spuren       abzeichnenden Veränderungen           Grunde genommen genau das
hinterlassen im Saarland und      in Wirtschaft und Gesellschaft        herauslesen, was auch jetzt An-
Opfer gefordert – an Leib und     zu nehmen; aber sie hat trotz-        lass zur Hoffnung gibt. Die Saar-
Seele. Trotzdem darf man guter    dem einen hohen Wahrheitsge-          länder haben ein hohes Maß an
Hoffnung sein, dass die Bürger    halt. Denn es ist richtig, dass die   Wandlungsfähigkeit und -willen
auf typisch saarländische Art     Saarländer bei der Bewältigung        sowie eine politische Grundhal-
und Weise die Folgen dieser       von Krisen unterschiedlichster        tung, die nicht an den Grenzen
schweren Krise meistern.          Art in der Vergangenheit eine         endet. Insofern wird gerade hier
                                  erstaunliche Anpassungsfähig-         der Wunsch groß sein, gemein-
Von Wulf Wein                     keit unter Beweis gestellt ha-        sam mit den europäischen Part-
                                  ben. Warum soll das nicht er-         nern und Freunden aus den in
Nein, es soll keineswegs sar-     neut der Fall sein? „Da müssen        der Pandemie gemachten Feh-
kastisch klingen, wenn die        wir jetzt halt durch!“ So könnte      lern zu lernen und den Men-
Überschrift einen leicht verän-   das Motto lauten.                     schen rasch wieder gute Per­
derten Liedtitel der Sängerin                                           spektiven zu bieten. Und was
Milva wiedergibt. Die Aussage     Jede und jeder kann den               das französische Savoir-vivre
will ganz im Gegenteil allen       Aufbruch unterstützen                betrifft, so sollten wir uns viel-
Saarländerinnen und Saarlän-                                            leicht alle darauf besinnen, dass
dern Mut machen, mit Zuver-          Im Buch „Kleine Geschichte         mit einer gewissen Leichtigkeit
sicht in die nähere Zukunft zu    des Saarlands“ argumentiert           vieles einfacher fällt. Wie wäre
blicken.                          der Historiker Paul Burgard wie       es beim ersten unbeschwerten
  Irgendwann wird die Pande-      folgt: „Seit dem Beginn seiner        Grillfest mit einer symbolischen
mie-Krise vorüber sein und spä-   Bundeslandgeschichte ist das          Verbrennungsaktion von Atem-
testens dann werden die Men-      Saarland nicht nur landschaft-        schutzmasken auf dem Schwen-
schen hierzulande wieder ihren    lich ‚grüner‘ geworden. Es ist        ker? Und was spricht dagegen,        Alles muss
Spaß am Leben zurückgewin-        heute auch ökonomisch vielfäl-        wenn die vielen (zehn)tausende       raus: Gut
nen. Wer das derzeit noch als     tiger, politisch abwechslungs-        von Saarländern, die Klopapier,      möglich, dass
trügerische Hoffnung abtut, der   reicher und gesellschaftlich          Nudeln und Konserven gehor-          bald auf den
dürfte vermutlich schnell eines   bunter, als es dies noch vor 50       tet haben, diese Produkte auf        Flohmärkten
Besseren belehrt werden. Viele    Jahren war. Und es ist viel ‚fran-    den Flohmärkten im Land ver-         im Land Klo-
der hiesigen Politiker werden     zösischer‘ und ‚europäischer‘         kaufen – oder sie Einrichtungen      papierrollen
nicht müde zu erklären, dass      geworden, als dies die meisten        schenken, die Bedürftige mit         und Nudel-
die Saarländer „Strukturwandel    Saarländer im heißen Abstim-          notwendigen Dingen unterstüt-        pakete in
können“. Natürlich dient diese    mungskampf 1955 gehofft, ge-          zen? Das wären doch deutliche        Hülle und
Aussage vorrangig dazu, den       glaubt oder befürchtet hatten.“       Zeichen für eine Aufbruchstim-       Fülle verkauft
Menschen die Angst vor sich       Aus diesen Zeilen lässt sich im       mung, oder?                          werden.
Fotos: Iris Maurer

                                                                                       AK-Konkret Spezial 6|20 · V
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Leben + Freizeit

                     Ganz und gar nicht provinziell
                     STANDORTBESTIMMUNG Was das Saarland an Festivals zu bieten hat
                     2021 sollen im Saarland wieder       ben? Alljährlich im Januar strah-                                          Moshpit vor der Hauptbühne
                     diverse Kulturfestivals stattfin-    len die „blauen Herzen“. Immer                                             oder auf dem festivaleigenen
                     den. Die Festivalszene ist recht     wieder zieht es die Film- und                                              Campingplatz. In den letzten
                     bunt und beileibe nicht provin-      Schauspielszene nach Saarbrü-                                              Jahren spielten auf dem „Rocco“
                     ziell. Wir zeigen nachfolgend        cken, wenn hier der wichtigste                                             gestandene Live-Acts, wie etwa
                     auf, was es so alles gibt.           deutsche Wettbewerb für den                                                Die Toten Hosen, Die Fantasti-
                                                          Filmnachwuchs, das Filmfesti-                                              schen Vier, The Offspring, Bad
                     Von Benjamin Rannenberg              val Max-Ophüls-Preis, über die                                             Religion und The Hives. Zwar
                                                          Bühne geht. Etliche Schauspiel-                                            musste 2020 pandemiebedingt
                     Das hätte die Freundin aus Ber-      und Regietalente – von Andreas                                             das Event gecancelt werden,
                     lin jetzt nicht gedacht. Das Saar-   Dresen über Sandra Nettelbeck                                              aber Festivalboss Thilo Ziegler
                     land hatte sie bislang als süd-      bis Detlev Buck – haben in der                                             setzt auf den „Restart“ in 2021.
                     westdeutsche Provinz nahe der        saarländischen Landeshaupt-                                                   Apropos Musikfestivals: Auch
                     französischen Grenze wahrge-         stadt ihre Karrieren gestartet.                                            die Musikfestspiele Saar haben
                     nommen. Dort, wo abends um                                                                                      längst den Status eines ernst-
                     20 Uhr die Trottoirs hochge-             Hochklassige Bands                                                     zunehmenden Kulturevents er-
                     klappt werden und das Kul-             „rocken“ die Sauwasen                                                    reicht. Für das alle zwei Jahre
                     turangebot eher überschaubar                                                                                    stattfindende Klassik-Festival
                     ist. Aber dass hierzulande in          Als Festivalstandort für Rock-                                           mit Veranstaltungen im Saar-
                     puncto Kulturfestivals – vom         musik kommt einem das Saar-                                                land,     Lothringen,       Rhein-
                     Filmevent bis zum Open-Air-          land nicht als Erstes in den Sinn.                                         land-Pfalz und Luxemburg wer-
                     Musikspektakel – so einiges los      Das Rocco del Schlacko auf                                                 den seit 1989 renommierte So-
                     ist, war ihr neu.                    den Püttlinger Sauwasen reiht                                              listen (unter anderem Bob
                        Warum also nicht jenen „aus       sich jedoch längst in die Liga                                             Dylan, Paco de Lucia und Milva),
                     dem Reich“, wie Saarländer alle      der größeren Musikfestivals                                                Chöre (Regensburger Domspat-
                     Bundesbürger jenseits der Lan-       Deutsch­lands ein. Hartgesot-                                              zen und King‘s Singers) und Or-
                     desgrenze        verallgemeinernd    tene Festivalgänger geben sich                                             chester (Wiener Philharmoniker
                     nennen, einen kurzen Überblick       drei Tage die volle Dröhnung –                                             und Royal Concertgebouw Or-
                     über die Festivallandschaft ge-      sei es im wild gewordenen                                                  chestra) verpflichtet – und das
                                                                                                                                     bei einem vergleichsweise
                                                                                                                                     schmalen Budget. Das Spek­
                                                                                                                                     trum der Konzerte reicht dabei
                                                                                                                                     von sinfonischen Konzerten
                                                                                                                                     über Kammerkonzerte, Rezitals
                                                                                                                                     bis hin zu Neuer Musik und
                                                                                                                                     Straßenkonzerten. Das Ver-
                                                                                                                                     dienst des Intendanten Bern-
                                                                                                                                     hard Leonardy, Sohn des Grün-
                                                                                                                                     dervaters Prof. Robert Leonardy,
                                                                                                                                     ist es, auf ein grenzüberschrei-
                                                                                                                                     tendes Konzept zu setzen, die
                                                                                                                                     Zusammenarbeit mit Schulen
                                                                                                                                     und Hochschulen zu fördern
Wer sucht, der                                                                                                                       und das Festival im Sinne einer
findet im Saar-                                                                                                                      „Kunst für alle“ zu öffnen.
 land durchaus                                                                                                                          Und das Saarland punktet
 anspruchsvol-                                                                                                                       auch mit den Perspectives, dem
       le Kultur­-                                                                                                                   einzigen deutsch-französischen
   festivals: Die                                                                                                                    Festival der zeitgenössischen
   Bilder zeigen                                                                                                                     Bühnenkunst. Seit jeher präsen-
    Szenen der                                                                                                                       tieren Regisseure und junge Ta-
  Perspectives,                                                                                                                      lente dies- und jenseits der
                                                                                         Fotos: Iris Maurer (2) / Christian Walter

 der Musikfest-                                                                                                                      Grenze eine Fülle an Theater-,
      spiele und                                                                                                                     Tanz-, Straßentheater- und Zir-
vom Rocco del                                                                                                                        kusaufführungen. Festivalchefin
       Schlacko.                                                                                                                     Sylvie Hamard und ihr Team
                                                                                                                                     mussten zwar die 43. Ausgabe
   Infos: www.                                                                                                                       bekanntlich absagen, doch sind
 saarbruecken.                                                                                                                       sie zuversichtlich, dass diese im
    de/kultur/                                                                                                                       Mai 2021 mit einem attraktiven
       festivals                                                                                                                     Programm stattfindet.

VI · AK-Konkret Spezial 6|20
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Leben + Freizeit

Historisches mit Perspektive:
Das französische Bitche
ENTDECKUNGSTOUR Vielfältige Eindrücke im einst umkämpften Ort
Von Katja Sponholz                        zigartigen Festung, sondern auch vier                      Städtepartnerschaft. Auch mehr als
                                          Kilometer weiter am Befestigungs-                          40 Jahre danach ist diese noch immer
Schon die Anfahrt aus dem rund 50         werk Simserhof in Siersthal. Im 17. und                    lebendig: So pflanzten die beiden Bür-
Kilometer entfernten Saarbrücken          18. Jahrhundert wurde Bitche, im                           germeister Gérard Humbert und
lohnt sich. Denn kurz vor der Ankunft     nordöstlichsten Zipfel des Départe-                        Klauspeter Brill noch zum Jubiläum im
im französischen Bitche (Bitsch), bevor   ment Moselle gelegen, durch Kriege                         Jahr 2019 im „Jardin pour la Paix“ ei-
die Straße eine letzte Kurve macht        immer wieder schwer in Mitleiden-                          nen Baum des Friedens. „So wie die-
und dann steil nach unten führt, stockt   schaft gezogen. Mehrfach wechselte                         ser Baum hier in den nächsten Jahren
den Besuchern bei der ersten Begeg-       die Landeszugehörigkeit, bis es 1918                       und Jahrzehnten wachsen wird, so soll
nung fast der Atem: Beeindruckend         schließlich an Frankreich zurückfiel.                      auch unsere Freundschaft weiter
erhebt sich die Zitadelle auf einem         Das Saarland ist diesem Ort in be-                       wachsen“, sagte Brill. Der „Baum der
hohen Felsplateau und scheint über        sonderer Weise verbunden: Denn Le-                         Freundschaft“ diene „als Sinnbild un-
das gesamte Umland zu wachen.             bach und Bitche, zwei Kleinstädte die-                     serer Verbundenheit für die nächsten
  Ein historischer Ort: Denn die Ge-      ser ehemals umkämpften Grenzre-                            Generationen“. Ein Grund mehr, diesen
schichte hat hier so manches Kapitel      gion, besiegelten 1979 ihre Freund-                        geschichtsträchtigen Ort einmal zu
geschrieben – nicht nur in dieser ein-    schaft in Form einer europäischen                          besuchen.

                                                                           Imposantes Meisterwerk
                                                                                       1681 bis 1683 errichtete Festungsbaumeister Vauban
                                                                             1         die Zitadelle und baute sie mit der Zeit zu einer
                                                                                       uneinnehmbaren Festung aus. Die Belagerung von
                                                                           1870/71 überstanden die ansässigen Soldaten 230 Tage lang.
                                                                           Auch wenn viele Gebäudeteile zerstört wurden oder nur in Teilen
                                                    Foto: Katja Sponholz

                                                                           erhalten werden konnten, stellt die Zitadelle noch immer ein
                                                                           imposantes Bauwerk dar: 300 Meter lang, 40 Meter breit,
                                                                           flankiert von mächtigen Schutzwällen, vier Bastionen und
                                                                           Zugbrücke. Das obere Plateau bietet einen faszinierenden Blick
                                                                           bis in die Nordvogesen. >> Infos: www.citadelle-bitche.com

                                                                           Beeindruckende Glasfenster
                                                                                      Auf dem Weg runter in den Ort lohnt sich ein Zwi-
                                                                             2        schenstopp im „Jardin pour la Paix“ am Fuße der
                                                                                      Zitadelle: ein Künstlergarten, der exotische und
                                                                           heimische Pflanzen mit Skulpturen aus Glas und Kristall und
                                                                           schmiedeeisernen Kunstwerken verbindet. In Bitche selbst
                                                    Foto Katja Sponholz

                                                                           befindet sich neben dem Rathaus die 1775 geweihte Église
                                                                           Sainte-Catherine. Vor allem die Glasfenster des Chores beein-
                                                                           drucken: Es sind Werke von Joseph Archepel aus dem Jahr
                                                                           1962, die die Auferstehung Christi und Mariä Himmelfahrt
                                                                           darstellen. >> Infos: www.vielle-bitche.fr

                                                                           Unterirdische Festungsanlage
                                                                                     Vier Kilometer westlich von Bitche liegt das Fort
                                                                             3       Simserhof, eine der fünf wichtigsten Artilleriefestungen
                                                                                     der Maginot-Linie. Die unterirdische Festungsanlage
                                                                           wurde in den 1930er Jahren zur Landesverteidigung gebaut und
                                                                           bot seinerzeit Platz für 876 Soldaten. Drei Stunden dauert die
                                                    Foto: Katja Sponholz

                                                                           Besichtigungstour durch die unterirdische Kasernenanlage:
                                                                           angefangen vom ehemaligen Munitionslager und Gefechtsstand
                                                                           über Unterkünfte, Küchen, Krankenzimmer und Sanitärbereiche
                                                                           bis zu Elektrizitätswerk und Trinkwasseraufbereitung. Die Technik
                                                                           funktioniert heute noch. >> Infos: www.tourisme-paysdebitche.fr

                                                                                                       AK-Konkret Spezial 6|20 · VII
Konkret Spezial Leben + Freizeit - Arbeitskammer des ...
Leben + Freizeit

RANDNOTIZ

Silberstreifen
am Horizont

                                                                                                                                                               Foto: Iris Maurer
Ja, das versprechen wir gleich vorab.
Bei uns können Sie solch noch weit
entfernte Zeichen der Hoffnung
unschwer entdecken. Wir wollen mit                                     Wer am geografischen Mittelpunkt des Saarlandes in Falscheid steht,
dieser Beilage zeigen, dass es Dinge                                   sollte stets bedenken, dass der Ort näher an Prag als an Berlin liegt.
„jenseits der Pandemie“ gibt, die uns
allen das Leben versüßen können. Die
Region hat viel Schönes, Interessantes,
Witziges und „anderes mehr“ zu bieten.
Eine kleine Auswahl präsentieren wir
                                                                       Antworten auf Fragen,
Ihnen in unseren Artikeln und Tipps.
Und wir hoffen, dass möglichst viele
                                                                       die nicht jede(r) stellt
Leserinnen und Leser etwas Spaß daran                                  FUNDSACHE „Unnützes Wissen“ über das Saarland
haben, Themen, Typen und Orte
kennenzulernen, die es wert sind, sich                                 Es mag durchaus sein, dass es nicht            merken, auf Partys und bei Famili-
damit zu beschäftigen. Haben Sie eine                                  wenige Saarländerinnen und Saar-               enfeiern glänzen können. Es ist ja
gute (Lektüre)Zeit!      Die Redaktion                                 länder gibt, die auch etwas Unsinni-           auch gut zu wissen, dass es im Mer-
                                                                       ges oder Albernes über Land und                ziger Stadtteil Ballern keinen Schüt-
                                                                       Leute erfahren wollen. Solch „un-              zenverein gibt und dass in die Blase
Was ist so reizvoll                                                    nützes Wissen“ hat Peter Gitzinger
                                                                       in einem Buch zusammengetragen,
                                                                                                                      eines erwachsenen Menschen die
                                                                                                                      durchschnittliche jährliche Nieder-
am Unwirklichen?                                                       sodass nun endlich selbst Fragen
                                                                       beantwortet werden, die eigentlich
                                                                                                                      schlagsmenge im Saarland pro
                                                                                                                      Quadratmeter passt. Oder etwa
PRO + KONTRA VIRTUELLE WELT                                            niemand gestellt hat. Der gebürtige            nicht?
                                                                       Saarländer präsentiert 711 skurrile,              Viel mehr soll nicht verraten wer-
           Inzwischen ist so oft von den ver-                          verblüffende und spannende Fak-                den. Die beiden kurzen Texte sollen
           meintlichen Segnungen der „virtu-                           ten, die mal mehr, mal weniger zum             nur einen Eindruck davon vermit-
           ellen Welt“ oder gar der „virtuellen                        Schmunzeln anregen.                            teln, was Sie sonst noch alles er-
           Welten“ die Rede, dass man und                                 „Wissen ist Macht, unnützes Wis-            wartet. Viel Vergnügen!           ww
frau meinen könnte (oder sollte?), solche Ap-                          sen ist Supermacht!“ Diesen Sinn-
pelle umgehend und komplett zu beherzigen                              spruch schickt Gitzinger seiner Zu-            Peter Gitzinger: Unnützes Wissen
und sich ins Unwirkliche zurückzuziehen –                              sammenstellung voraus. Und er er-              Saarland – 711 erstaunliche Fakten,
und sei es nur, um bloß nicht mehr mit ande-                           klärt, dass alle, die sich zumindest           Emons-Verlag, Köln 2018, 191 Seiten,
ren realen Wesen zusammenzutreffen. In                                 einen Teil der dargebotenen Fakten             ISBN 978-3-7408-0330-8, 12,95 Euro.
Pandemiezeiten mag das ja noch halbwegs
sinnig sein, in einem hoffentlich bald wieder
normalen Leben kann ein solcher Rückzug
jedoch keine echte Alternative darstellen.
                                                                       Alles Maggi                                    Tu-was-Orte
                                                                                   Der Durchschnitts-Saar-                       Es gibt fünf Orte im
           Warum nur sollen wir uns in einer
           „computergestützten simulierten
                                                                          !        länder verbraucht pro
                                                                                   Jahr einen Liter Mag-
                                                                                                                          ?      Saarland, die wie Verben
                                                                                                                                 (oder „Tuworte“) heißen:
           Umgebung“ einrichten oder gar                               gi-Würze und damit zweieinhalb                 Dabei handelt es sich um Roden,
           wohlfühlen, wo es doch nach wie                             mal so viel wie sein Artgenosse in             Scheiden, Scheuern, Sprengen
vor eine wirkliche und mit allen Sinnen erleb-                         Niedersachsen. „Maggi-Schdobbe“                und Weiten. Wer sich nicht haar-
bare Welt gibt? Ich verspüre so gar kein Ver-                          ist ein Spitzname für einen Jungen             klein an die Ortografieregeln hält,
langen, das Reale gegen das doch eher Irre-                            mit roten Haaren. Sie dürfen raten             der kann Thailen zum sechsten
ale einzutauschen, nur weil die derzeitige Si-                         warum. Und wer eine (vorüberge-                Mitglied in diesem Club machen.
tuation ab und an ziemlich unwirklich er-                              hende?) Maggi-Entziehungskur                   Kleiner Merk-Satz: „Um zu roden,
scheint. Aber diese Lage ändert sich ja auch                           einlegen möchte, der dürfte in                 fuhr er von Scheuern nach
nicht dadurch, dass ich in eine virtuelle Welt                         Mikronesien, Nauru oder auf den                Scheiden, doch die Bäume waren
eintauche. Deshalb bleibe ich ganz schlicht                            Salomonen gut aufgehoben sein.                 nur schwer zu weiten, erst durch
und einfach in der wirklichen . . .        ww                          Dort ist die Würze nicht erhältlich.           Sprengen gelang das Thailen.“

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Verleger: Arbeitskammer des Saarlandes, Fritz-Dobisch-Straße 6-8, 66111 Saarbrücken, Telefon: 0681 4005-0, Telefax: 0681 4005-401; Herausgeber: Jörg Caspar,
Thomas Otto; Redaktion: Peter Jacob (Chefredakteur – pj), Simone Hien (sh), Wulf Wein (ww); Redaktionelle Mitarbeit: Iris Maurer (Fotografin), Benjamin Rannenberg
(br), Katja Sponholz (ks), Sebastian Zenner (sz); Druck: Repa-Druck GmbH, Saarbrücken-Ensheim

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