Konsequenzen von Konzernverantwortungsinitiative bzw. Gegenvorschlag für Unternehmen - Dr. Michael Daphinoff, LL.M., Partner 30.09.2020

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Konsequenzen von Konzernverantwortungsinitiative bzw. Gegenvorschlag für Unternehmen - Dr. Michael Daphinoff, LL.M., Partner 30.09.2020
Konsequenzen von
Konzernverantwortungsinitiative
bzw. Gegenvorschlag für
Unternehmen
Dr. Michael Daphinoff, LL.M., Partner
30.09.2020
Agenda

1.   Der lange Weg zur Abstimmung     4.   Folgen der Initiative

2.   Grundsätzliches zur Initiative   5.   Gegenvorschlag

3.   Inhalt der Initiative            6.   Fazit
1. Der lange Weg zur Abstimmung

   10. Oktober 2016: Einreichung der Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt»
    (Konzernverantwortungsinitiative)
   15. September 2017: Botschaft des Bundesrats  Empfiehlt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung
   14. November 2017: Rechtskommission des Ständerats berät die Initiative und beschliesst mit 8:1 Stimmen eine parlamentarische Initiative für einen
    Gegenvorschlag – diese wird jedoch von der Kommission des Nationalrats abgelehnt und ist damit vom Tisch.
   Februar - Mai 2018: Rechtskommission des Nationalrats erarbeitet unter der Leitung von Hans-Ueli Vogt (SVP) und Karl Vogler (CSP) einen indirekten
    Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative. Die Initianten sichern trotz Abstriche den Rückzug zu.
   14. Juni 2018: Nationalrat stimmt dem Gegenvorschlag zu
   August 2018 - Februar 2019: Rechtskommission des Ständerats führt erneut Anhörungen durch und eine Subkommission überarbeitet den Gegenvorschlag.
   12. März 2019: Ständerat entscheidet mit 22:20 Stimmen Nichteintreten auf den Gegenvorschlag
   13. Juni 2019: Nationalrat hält an seinem Gegenvorschlag fest
   August 2019: Bundesrat Bundesrätin Keller-Sutter lanciert einen eigenen Vorschlag, um die Konzernverantwortungsinitiative zu bekämpfen.
   26. September 2019: Ständerat Ruedi Noser beantragt, die Debatte über den Gegenvorschlag zu verschieben. Der Ständerat folgt ihm.
   18. Dezember 2019: Der Ständerat entscheidet sich für einen «SR-Gegenvorschlag», der sich auf den bundesrätlichen Vorschlag stützt. Dieser wird von den
    Initianten als ungenügend abgelehnt
   4. März 2020: Nationalrat hält an seinem Gegenvorschlag fest
   9. März 2020: Ständerat beharrt auf dem «SR-Gegenvorschlag»
   11. März 2020: Nationalrat stimmt erneut für seinen Gegenvorschlag
   15. März 2020: Sessionsabbruch aufgrund der Corona-Krise
   19. Juni 2020: Das Parlament verabschiedet in der Einigungskonferenz zwischen beiden Räten und in der Schlussabstimmung der Sommersession 2020 mit
    98 zu 88 Stimmen bei 12 Enthaltungen und 29 zu 14 Stimmen bei 2 Enthaltungen den Gegenvorschlag des Ständerats.
   29. November 2020: Abstimmungstermin

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2. Grundsätzliches zur Initiative

Was sind die Hauptpunkte der Initiative?

   1.   Respektierung der international anerkannten Menschenrechte und Umweltstandards von Unternehmen in der
        Schweiz auch im Ausland. Respektierung derselben auch durch die von ihnen kontrollierten Unternehmen (Abs. 2 Bst. a).
   2.   Verpflichtung zur Durchführung einer Sorgfaltsprüfung («due diligence»; Abs. 2 Bst. b), d.h.:
        −   Ermittlung der Auswirkungen der Geschäftstätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt,
        −   Ergreifung von Massnahmen zur Verhütung oder Beendigung von Verletzungen, und
        −   Rechenschaftsablage (Berichterstattung).
        Die Pflichten gelten auch für die durch sie kontrollierten Unternehmen und sämtliche Geschäftsbeziehungen in
        der Wertschöpfungskette. Der Sorgfaltsprüfungsumfang ist abhängig von den Risiken. Auf die Bedürfnisse der KMU mit
        geringen Risiken ist Rücksicht zu nehmen.
   3.   Regelung der Haftung von Unternehmen für die von ihnen kontrollierten Unternehmen mit der Möglichkeit eines
        Entlastungsbeweises (Abs. 2 Bst. c.).
        Misslingt der Sorgfaltsnachweis = Haftung auch für Schäden von kontrollierten Unternehmen wegen Verletzung von
        Menschenrechten und Umweltstandards in Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit.
   4.   Die gestützt auf die Grundsätze nach den vorangehenden Punkten erlassenen Bestimmungen gelten unabhängig von
        dem durch das Internationale Privatrecht bezeichneten Recht.

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3. Inhalt der Initiative (1/7)

Der räumlich-persönliche Geltungsbereich

   «Unternehmen» (z.B. AG, GmbH etc.)
    −   mit «satzungsmässigem Sitz» (statutarischer Sitz),
    −   «Hauptverwaltung» (Ort der Willensbildung oder der unternehmerischen Leitung), oder
    −   «Hauptniederlassung» (Ort, wo erkennbarer tatsächlicher Geschäftsschwerpunkt liegt oder wo sich
        bedeutende Personal- und Sachmittel befinden)

   in der Schweiz

   müssen die Menschenrechte und den Umweltschutz «auch im Ausland» beachten (zielt auf
    Auslandsaktivitäten von CH-Unternehmen)

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3. Inhalt der Initiative (2/7)

   Die Unternehmen haben sowohl die international anerkannten Menschenrechte als auch die
    internationalen Umweltstandards «zu respektieren».

   Im Minimum die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (der UNO) zusammen mit ihren wichtigsten
    Umsetzungsinstrumenten, u.a.:
    −   dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II),
    −   dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I),
    −   sowie den acht Kernübereinkommen der International Labour Organization (ILO).

   Internationale Umweltstandards meinen Normen, die ausserhalb des staatlichen Rechtsetzungsverfahrens
    zustande gekommen sind, z.B. Völkerrecht (Montrealer Protokoll zur Reduktion von CO2), die
    Nachhaltigkeitsstandards der International Finance Corporation (int. Organisation) sowie nichtstaatliche
    Standards (z.B. ISO-Standards).

       Schwierigkeit:
           Streckenweise soll „soft law“ soll zu „hard law“ werden
           Unklar was unter „internationale Umweltstandards“ fällt

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3. Inhalt der Initiative (3/7)

   Die Respektierungs-und Sorgfaltsprüfungspflichten sowie die Haftungsregelung gelten auch in Bezug auf die
    „kontrollierten Unternehmen“ im Ausland.

   Kontrolle bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Die rechtlichen Strukturen sind nicht
    ausschlaggebend.
       Eine Kontrolle kann also auch faktisch, durch wirtschaftliche Machtausübung erfolgen.

   Kontrollierte Unternehmen:
    −   Typischerweise die Tochtergesellschaften von Konzernen
    −   In Einzelfällen auch ausserhalb des Konzerns, z.B. via ökonomische Beherrschung. Beispiel: Schweizer
        Unternehmen ist einziger Abnehmer eines Zulieferers

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3. Inhalt der Initiative (4/7)

Sorgfaltsprüfungspflicht (1/2)

   Sorgfaltsprüfungspflicht = Herzstück der Konzernverantwortungsinitiative.

   Umfassende Prüfung tatsächlicher und möglicher Auswirkungen: Die Sorgfaltsprüfung sollte sich auf die
    nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen erstrecken, die ein Unternehmen durch seine eigene
    Tätigkeit verursacht oder zu denen es beiträgt oder die mit seiner Geschäftstätigkeit/seinen
    Produkten/Dienstleistungen oder seinen Geschäftsbeziehungen unmittelbar verbunden sind.

   Die UNO-Leitprinzipien und die OECD-Leitsätze definieren die „menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung“ mit
    folgendem Dreischritt:
    1. Risiken identifizieren
    2. Massnahmen ergreifen,
    3. darüber berichten.

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3. Inhalt der Initiative (5/7)

Sorgfaltsprüfungspflicht (2/2)

   Die Sorgfaltsprüfung soll risikobasiert erfolgen und auch die kontrollierten Unternehmen sowie sämtliche
    Geschäftsbeziehungen im Ausland mitumfassen.

   Bei der Regelung der Sorgfaltsprüfungspflicht soll der Gesetzgeber Rücksicht auf die Bedürfnisse von
    KMU nehmen, die geringe derartige Risiken aufweisen.

       Risiko in der Praxis: Multinationalen Unternehmen übertragen die neuen Pflichten der Initiative, die sie
        selbst einhalten müssten, mittels «Back-to-back»-Verträgen auf ihre Zulieferer im Ausland und in der
        Schweiz, um damit ihr eigenes Haftungsrisiko zu reduzieren. Damit würden faktisch auch KMU, die
        häufig Zulieferer internationaler Unternehmen sind, unter die Sorgfaltsprüfungspflicht der Initiative
        fallen.

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3. Inhalt der Initiative (6/7)

Haftung

   Initiative verlangt eine Haftung des Schweizer Unternehmens für Schäden, die von ihm kontrollierte Unternehmen
    im Ausland verursachen.
   Haftungsrelevantes Sorgfaltserfordernis: (1) das Risiko des Verhaltens war für den Schädiger voraussehbar und
    (2) dieser hat die nötigen Massnahmen zur Verhinderung des Schadeneintritts nicht ergriffen at.
   Opfer im Ausland können Unternehmen in der Schweiz auf Schadenersatz verklagen. Voraussetzung ist laut
    Initiative
    −   das Vorliegen eines Kontrollverhältnisses zwischen zwei Unternehmen (eine blosse Geschäftsbeziehung
        genügt nicht)
    −   Die Geschädigten müssen dazu vor Gericht den erlittenen Schaden (der in Ausübung einer geschäftlichen
        Verrichtung eingetreten ist), dessen Widerrechtlichkeit (d.h. Verletzung international anerkannter
        Menschenrechte oder Umweltstandards) und einen adäquaten Kausalzusammenhang beweisen können
    −   Entlastungsbeweis steht Unternehmen offen: Nachweis, dass sie alle geforderte Sorgfalt angewendet haben,
        um diesen konkreten Schaden zu vermeiden
           Bei der Geschäftsherrenhaftung (Art. 55 OR) gelingt der Sorgfaltsbeweis, wenn der Geschäftsherr genügende Sorgfalt bei der Auswahl,
            Instruktion und Beaufsichtigung nachweisen kann. Bei der Haftung gemäss Initiative, d.h. im Verhältnis zwischen kontrollierenden und
            kontrollierten Unternehmen, stehen wohl vor allem die (genügende) Beaufsichtigung und Überwachung im Zentrum.

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3. Inhalt der Initiative (7/7)

Gerichtsstand und anwendbares Recht

   Internationale Zivilhaftungsfälle sind für CH-Gerichte nichts Neues.
   Allerdings wird von Schweizer Gerichten in diesen Fällen oft ausländisches Recht, konkret das Landesrecht
    des Ortes, wo der Schaden erfolgte, angewendet.
   Initiative verlangt demgegenüber, dass die Bestimmungen der Initiative im Schadenfall auch wirklich zur
    Anwendung kommen
       m.a.W. CH-Recht vor CH-Gerichten für Sachverhalte, die sich im Ausland zugetragen haben.
       Von der Initiative nicht geregelte Elemente (z.B. die Höhe des Schadenersatzes) sind davon wohl nicht
        betroffen und können (gemäss den Bestimmungen des internationalen Privatrechts) auch weiterhin
        nach ausländischem Recht beurteilt werden.

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4. Folgen der Initiative (1/6)

Umsetzung auf Gesetzesstufe

   Initiative müsste auf Gesetzesstufe umgesetzt werden (z.B. in Spezialgesetz, im ausservertraglichen
    Haftpflichtrecht, im Gesellschaftsrecht oder im Rechnungslegungsrecht des Obligationenrechts)

   Wichtig für KMU:
    −   Anwendungsbereich klar umschreiben. Insbesondere müsste festgelegt werden, welche Unternehmen
        als KMU gelten würden und damit von der Sorgfaltsprüfungspflicht gemäss Initiative ausgenommen
        wären (bspw. mit Schwellenwerten).
    −   Die Ausnahmen kämen aber nur zur Anwendung, wenn die Tätigkeit eines Unternehmens nicht mit
        hohen Risiken im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes verbunden ist.
    −   In diesem Bereich der Umsetzung hat der Gesetzgeber einen gewissen Spielraum.
    −   Und selbst dann: Indirekte Betroffenheit kann nicht ausgeschlossen werden (Stichwort: „Back-to-back“)

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4. Folgen der Initiative (2/6)

Die Sorgfaltsprüfung verlangt von den Unternehmen:

   Identifizieren der negativen Auswirkungen: Die möglichen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte
    und die Umwelt sind umfassend zu prüfen. Zu untersuchen sind die Auswirkungen, die durch die eigene Tätigkeit
    verursacht werden oder zu denen das Unternehmen beitragen kann oder die mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen
    Produkten oder Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind.

   Ergreifung von Massnahmen: Die Unternehmen haben gemäss Initiative präventiv angemessene Massnahmen
    zu ergreifen, um Verletzungen zu vermeiden oder zu mildern. Sie müssen tatsächlich eingetretene Verletzungen von
    Menschenrechts- und Umweltstandards beenden und wiedergutmachen. Die Angemessenheit der Massnahme hängt
    vom Einflussvermögen des Unternehmens und davon ab, ob das Unternehmen die nachteiligen Auswirkungen selber
    verursacht oder dazu beigetragen hat oder daran beteiligt war. Zur Sorgfaltsprüfungspflicht gehört ferner die
    Durchführung einer Wirksamkeitskontrolle hinsichtlich der getroffenen Massnahmen.

   Berichterstattungspflicht: Die betroffenen Unternehmen müssen am Ende des Prozesses Rechenschaft über
    ergriffene Massnahmen ablegen. Die Berichterstattung sollte in einer Form erfolgen, welche für die vorgesehenen
    Zielgruppen verständlich ist. Der Zugang zum Bericht ist zu gewährleisten (z.B. durch Veröffentlichung auf der
    Homepage). Ausserdem sollte der Bericht überprüfbar sein und mit anderen Berichten verglichen werden können.

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4. Folgen der Initiative (3/6)

Umfang der Sorgfaltsprüfung:

   Ist abhängig von den Risiken. Priorisierung durch Unternehmen.

   Die risikobasierte Sorgfaltsprüfung soll frühzeitig, d.h. bereits zu Beginn einer neuen Tätigkeit oder
    Aufnahme einer neuen Geschäftsbeziehung durchgeführt werden. So müssen namentlich mögliche
    betroffene Personenkreise identifiziert (z.B. verletzliche oder marginalisierte Bevölkerungsteile) und die
    bekannten Menschenrechtsprobleme katalogisiert werden.

   Schliesslich ist zu prognostizieren, wie sich geplante Aktivitäten auf die Menschenrechte und die Umwelt
    nachteilig auswirken könnten. Bei der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung ist auf internes oder externes
    unabhängiges Fachwissen zurückzugreifen (z.B. eigenes Personal, externe Gutachterinnen und Gutachter,
    internationale Organisationen, Staaten, Nichtregierungsorganisationen, Medien usw.). Potenziell von
    Verletzungen betroffene Gruppen und andere Stakeholder sind im Rahmen der Sorgfaltsprüfung u.U. zu
    konsultieren.

   Die Sorgfaltsprüfung erstreckt sich neben den kontrollierten Unternehmen auch auf sämtliche
    Geschäftsbeziehungen der betroffenen Unternehmen, also auch auf die gesamte, weltweite
    Wertschöpfungs- oder Lieferkette.

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4. Folgen der Initiative (4/6)

Haftungsproblematik für KMU:

   Keine Ausnahme bei KMU: KMU haften – ohne Eigenverschulden - nicht nur für ihre eigenen Aktivitäten,
    sondern auch für Verfehlungen von «wirtschaftlich kontrollierten» Zulieferern.
   Künftig vermehrt: Vertragliche Weitergabe aller Auflagen und Haftungsrisiken durch Grossunternehmen an
    KMU/Lieferanten. Dies führt zu umfassenden Überwachungspflichten und grossen Rechtsrisiken.
   Das zwingt KMU u.U. zu einem teuren Überwachungsapparat und Implementierung von Compliance-
    Prozessen.

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4. Folgen der Initiative (5/6)

Schwierige Beweiserhebung und geringer Sachverhaltsbezug zur Schweiz:

   Im Falle der Annahme der Initiative müssten Schweizer Gerichte vermehrt ausländische Sachverhalte
    (Verletzung internationaler Menschenrechts- oder Umweltstandards, Eintritt und Höhe des Schadens)
    beurteilen, die sich auch ausserhalb der Schweiz abgespielt haben.

   Die Durchführung von Amtshandlungen auf fremden Territorien ist grundsätzlich verboten = Aufwendige
    Erhebung von Beweismitteln bei grenzüberschreitenden Sachverhalten durch die Schweizer Gerichte auf
    dem Weg der Rechtshilfe in Zivilsachen.

   Gemäss der Initiative wird nicht das Recht angewendet, mit dem der Sachverhalt am engsten
    zusammenhängt (Recht des Handlungs- oder Erfolgsortes) oder welches die Parteien gewählt haben,
    sondern immer das Schweizer Recht.

   Des Weiteren ist – insbesondere bei Domizilgesellschaften, die nur über geringe Vermögenswerte in der
    Schweiz verfügen – fraglich, ob allfällige Schweizer Urteile im Ausland überhaupt durchgesetzt werden
    könnten. Es besteht die Gefahr, dass ein Verfahren in der Schweiz den Geschädigten letztlich nicht weiterhilft.

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4. Folgen der Initiative (6/6)

Kostenfolgen:
   Die Umsetzung der Initiative wäre mit zusätzlichen Kosten für die von der Sorgfaltsprüfungs- und
    Berichterstattungspflicht betroffenen Unternehmen verbunden.
   Namentlich die administrative Durchführung der Sorgfaltsprüfung in allen kontrollierten Unternehmen und
    in der gesamten Lieferkette würde zu Mehrkosten führen. Wie hoch diese ausfallen würden, lässt sich
    wegen der Länge der Lieferkette nicht sagen.
   KMU sind von der Sorgfaltsprüfungspflicht ebenfalls erfasst, sofern sie erhebliche Risiken aufweisen. Solche
    Risiken könnten sich insbesondere in der Rohstoff-, Finanz-, Landwirtschafts-/Lebensmittel- und
    Textilbranche manifestieren.
   Schweizweit wären gemäss einer sotomo-Studie schätzungsweise rund 80‘000 Unternehmen davon
    betroffen.
   Ein nicht zu unterschätzendes Kostenrisiko hätte sodann die Umsetzung der Kausalhaftungsnorm (mit
    Entlastungsbeweismöglichkeit) zur Folge, weil vor CH-Gerichten auch Schadenersatz für von kontrollierten
    Unternehmen im Ausland begangenen Verfehlungen eingeklagt werden könnte. Damit steigt Druck für
    aussergerichtliche Vergleiche und Zahlungen.
   Die betroffenen Unternehmen würden vermutlich versuchen, die Haftungsrisiken, soweit möglich, zu
    versichern, was ebenfalls mit finanziellem Aufwand verbunden wäre.

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5. Gegenvorschlag

Gesetzliche Regelung:

   Die systematische Einordnung der Regelung mit den Titeln «Transparenz bezüglich nichtfinanzieller
    Belange» und «Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten
    und Kinderarbeit» erfolgt in zwei neuen Abschnitten im Obligationenrecht (OR).

   Weiter wird unter Artikel 325ter, «Verletzung der Berichtspflichten», eine Strafbestimmung im
    Strafgesetzbuch eingeführt.

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5. Gegenvorschlag

Kurzfassung:

   Inhaltlich unterscheidet der Gegenvorschlag zwei Bereiche:
    1.   Die Berichterstattung in den sogenannt nichtfinanziellen Belangen umfasst Umwelt, Soziales,
         Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung.
    2.   Die Berichterstattung und Sorgfaltspflicht in den Bereichen Konfliktmineralien und Kinderarbeit. Für
         die Definition der Kinderarbeit werden die Prinzipien der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, als
         Ausgangspunkt genommen. Bei den Konfliktmineralien hat man sich eng an die EU-Richtlinien angelehnt und
         vier Mineralien aufgenommen, nämlich Zinn, Tantal, Wolfram und Gold (weil diese Metalle die häufigsten
         Finanzierungsmittel von Kriegsparteien zu sein scheinen).

   Der Gegenvorschlag fordert, dass Konzerne einmal im Jahr über Menschenrechte und Umwelt berichten müssen –
    oder aber erklären können, wieso sie dies nicht tun wollen («comply or explain»). Ausgewählte Unternehmen
    müssen zudem eine Sorgfaltsprüfung in den Bereichen Konfliktmineralien (vgl. EU Verordnung 2017/821) und
    Kinderarbeit (vgl. Child Labor Due Diligence der Niederlande) durchführen.

   Die Regelung enthält keine Sanktionen, falls Unternehmen ihrer Sozial- und Umweltverantwortung nicht
    nachkommen und auch keine neuen Haftungsregelungen.

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Wer ist betroffen?

   Adressatenkreis der Vorgaben sind primär Publikumsgesellschaften nach Artikel 727 Absatz 1 Ziffer 1 OR
    (u.a. börsenkotierte Gesellschaften), Banken, Versicherer und Finanzdienstleister, die im Jahresschnitt
    mehr als 500 Vollzeitstellen beschäftigen.
   Zudem muss das Unternehmen zusammen mit kontrollierten in- oder ausländischen Unternehmen in zwei
    aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren einen der folgenden Schwellenwerte überschreiten:
    a) Bilanzsumme von CHF 20 Millionen;
    b) Umsatzerlös von CHF 40 Millionen.

       Durch den Gegenvorschlag gibt es nicht nur direkt betroffene Unternehmen. Durch die Supply Chain
        der Direktbetroffenen werden auch Dienstleister und Zulieferer in die Berichtspflicht mit eingebunden.
        Das führt dazu, dass auch KMU indirekt von dem neuen Gesetz getroffen werden. Dienstleister und
        Zulieferer der Grossunternehmen müssen sich also darauf einstellen, dass sie in deren „Berichtskette“
        eingegliedert werden und entsprechende Angaben liefern müssen.

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Welche Aspekte sind relevant?

Berichterstattungspflichtige Unternehmen müssen sich im Bericht mindestens zu folgenden Themen äussern:

1) Umweltbelange          (z.B. Angaben  zu   Treibhausgasemissionen,    zum    Wasserverbrauch,   zur
   Luftverschmutzung, zur Nutzung von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energien oder zum Schutz der
   biologischen Vielfalt)

2) Arbeitnehmerbelange         (z.B.  Angaben   zu  Massnahmen,     die   zur  Gewährleistung der
   Geschlechtergleichstellung ergriffen wurden, zu Arbeitsbedingungen, zur Achtung der Rechte der
   Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Gewerkschaften, zum Gesundheitsschutz oder zur
   Sicherheit am Arbeitsplatz)

3) Sozialbelange (z.B. Angaben zum Dialog auf kommunaler oder regionaler Ebene oder zur Sicherstellung
   des Schutzes und der Entwicklung lokaler Gemeinschaften ergriffenen Massnahmen)

4) Menschenrechte (z.B. Angaben zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen)

5) Korruptionsbekämpfung

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Was ist gefordert?

Betreffend die vorgenannten Themenbereiche muss der Bericht folgende Informationen enthalten:
    −   Angaben zu den verfolgten Konzepten (Strategien, Massnahmen, Prozesse) inkl. der angewandten
        Due Diligence Prozesse und der Ergebnisse (bzgl. Minimierung der Risiken)
    −   Beschreibung der wesentlichen Risiken, die direkt mit dem Unternehmen in Verbindung stehen und
        mit der eigenen Geschäftstätigkeit verknüpft sind und die schwerwiegende negative Auswirkungen auf
        die relevanten vorerwähnten Aspekte haben können sowie die Handhabung dieser Risiken
    −   Beschreibung der wesentlichen Risiken, die durch Geschäftspartner, Produkte und Dienstleistungen
        verursacht werden, sowie Informationen zur Handhabung der Risiken
    −   Angaben zu den bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren
    −   soweit es für das Verständnis erforderlich ist, Hinweise auf im Jahresabschluss ausgewiesene Beträge
        und zusätzliche Erläuterungen dazu.

   Für Konzerne sieht der Gegenvorschlag vor, dass die Offenlegung auf Konzernebene stattzufinden hat.
    Tochtergesellschaften sind in diesem Fall von der Berichtspflicht befreit.

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Zu wenig konkret?

Weder im Gesetzesentwurf noch in der EU-Richtlinie 2014/95/EU ist eindeutig festgelegt, welche Kennzahlen,
Informationen und Daten ein Unternehmen genau offenlegen zu legen hat.

Vielmehr ist es die Aufgabe der betroffenen Unternehmen selbst zu identifizieren, welche Daten und
Angaben für das Verständnis der CSR-Performance erforderlich sind. Die Berichterstattungspflicht folgt dem
Wesentlichkeitsansatz: Es sind nur diejenigen Informationen offenzulegen, die für das Verständnis des
Geschäftsverlaufs und der Lage des Unternehmens und der Auswirkungen seiner Tätigkeiten erforderlich sind.

Inwiefern ist die Lieferkette in der Berichtspflicht mit eingeschlossen?
Auch hier gilt: Stellt die Lieferkette ein wesentliche Risiko in Bezug auf die fünf oben genannten Themen dar,
muss das berichtspflichtige Unternehmen sein Konzept für Nachhaltigkeit in der Lieferkette offenlegen, die
getroffene Massnahmen schildern und die Wirksamkeit beschreiben.

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Was bedeutet „Wesentlichkeitsanalyse“?

Die Wesentlichkeitsanalyse ist ein wichtiges Instrument zur Festlegung der Berichtsinhalte und beinhaltet drei Schritte:

   Schritt 1: Identifizieren
         Zunächst werden die für ein Unternehmen und die Stakeholder wichtigsten Risiken und Chancen in den fünf Bereichen
         Umwelt, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, Menschenrechte und Korruption identifiziert. Die Einbindung der wichtigsten
         internen und externen Stakeholdergruppen (z.B. in Form von Umfragen oder Interviews) ist dabei essentiell. Ausserdem
         sollten bei der Wesentlichkeitsanalyse stets auch globale Trends (z.B. Ressourcenknappheit, politische Lage,
         Demographie etc.) berücksichtigt werden, da diese einen erheblichen Einfluss auf Geschäftsprozesse haben können und
         Unternehmen durch ihre Tätigkeiten zu globalen Entwicklungen (wie etwa dem Klimawandel) beitragen.

   Schritt 2: Priorisieren
         Danach erfolgt auf Basis a) der strategischen Relevanz des Themas für die Stakeholder und das Unternehmen, b) der
         Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette und c) des Grads der Einflussnahme eine Priorisierung der
         identifizierten Aspekte. Das Ergebnis der Analyse ist eine Auswahl der für das Unternehmen wesentlichen Themen. An
         diesen sollte sich die Nachhaltigkeitsstrategie inklusive Ziele und Massnahmenplanung orientieren.

   Schritt 3: Review
         Die Wesentlichkeitsanalyse ist ein kontinuierlicher Prozess, der in regelmässigen Abständen durchgeführt werden sollte,
         um veränderte Interessen/Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und die Massnahmen gegebenenfalls anzupassen.

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5. Gegenvorschlag

Berichterstattungspflicht – Handlungsempfehlungen für betroffene Unternehmen

   −   Bestandsaufnahme: Dazu gehört, dass Ambitionen, Massnahmen, Ziele und die Strategie des
       Unternehmens klar definiert und die Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens identifiziert
       werden.

   −   Durchführung einer Risikoanalyse

   −   Berichterstattung als Teil einer Strategie: Keine einmalige Status-Quo Aufnahme, sondern Teil eines
       langfristigen Prozesses, der kontinuierlich verbessert wird.

   −   Wesentlichkeit: Der Fokus sollte auf den für das Unternehmen & Stakeholder wesentlichen Themen
       liegen.

   −   Rahmenwerke: Unternehmen sollten bereits bestehende Rahmenwerke zur Berichterstattung (z.B.
       GRI) nutzen.

   −   Berichterstattungspflicht als Chance: z.B. Verringerung von Haftungs- und Reputationsrisiken, positive
       Auswirkungen auf die Mitarbeiterakquise, Gewinnung neuer Kunden, Erschliessung neuer Märkte etc.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Ziel

   Durch den Gegenvorschlag sollen Unternehmen in der Lieferkette verpflichtet werden, sicherzustellen, dass
    sie Mineralien und Metalle von verantwortungsvollen und konfliktfreien Quellen beziehen.

   Der Gegenvorschlag gilt für folgende Mineralien und Metalle:
    −   Gold
    −   Zinn
    −   Wolfram
    −   Tantal

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Einige Unklarheiten

   Der Gegenvorschlag birgt einige Unklarheiten, die z.T. durch den BR auf Verordnungsstufe zu klären wären,
    z.B.
    −   welche Unternehmen werden effektiv den Sorgfaltspflichten unterstellt sein (Ausnahmeregelungen)?
    −   was meint „Mineralien und Metalle“ bzw. bis zu welcher Verarbeitungsstufe sind diese umfasst?
    −   wie soll Umsetzung bei „Produkten und Dienstleistungen mit Verdacht auf Kinderarbeit“ funktionieren
        angesichts des umfassenden Anwendungsbereichs und der weitgehenden Sorgfaltsprüfung?
    −   was muss im Managementsystem konkret festgelegt und dargelegt sein?
    −   welche Informationen muss der Bericht enthalten?
    −   wer sind die unabhängigen Fachpersonen, die die Einhaltung der Sorgfaltspflichten prüfen
        müssen/dürfen?

   Man merkt dem Gegenvorschlag ein bisschen an, dass der Gesetzgeber „in Eile“ war…

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Konflikt- und Hochrisikogebiete

   Folgende Länder oder Gebiete gelten als Konflikt- oder Hochrisikogebiete:

    −   Länder, deren Rohstoffvorkommen lokal, regional oder global stark nachgefragte Mineralien umfassen

        und

    −   Länder, die Schauplatz von bewaffneten Konflikten wie Bürgerkriegen sind, die sich in einer instabilen
        Nachkonfliktsituation befinden oder eine schwache oder gar keine Staatsführung haben und in denen
        systematisch Völkerrechte und Menschenrechte verletzt werden.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Begriffe

   Lieferkette für Mineralien und Metalle alle Wirtschaftsbeteiligten, welche Gewahrsam an den Mineralien
    und Metallen haben und die an der Verbringung und Aufbereitung bis zur Verarbeitung im Endprodukt
    irgendwie beteiligt sind. Analoges soll für Produkte im Allgemeinen sowie für die Lieferkette von
    Dienstleistungen gelten.

   Mineralien und Metalle: Von der Regelung werden alle Mineralien oder Metalle, bestehend aus Zinn,
    Tantal, Wolfram und deren Erze, sowie Gold erfasst.

   Überführung in den freien Verkehr der Schweiz: Die Begriffe lehnen sich an das Zollgesetz an. Einfuhr
    der massgeblichen Mineralien und/oder Metalle, der auch den verfahrensrechtlichen „Zollvorgang“
    beinhaltet, nämlich die Überführung in den freien Verkehr. Erfasst wird auch geschmuggelte Ware.

   Begründeter Verdacht auf Kinderarbeit: Ein Verdacht ist dann begründet, wenn er auf einem konkreten
    Hinweis oder mehreren Anhaltspunkten beruht, welche einen verbrecherischen Ursprung der
    Vermögenswerte befürchten lassen. Anlehnung an GwG-Rechtsprechung und Lehre sowie an OECD-
    Leitfaden zum Thema Kinderarbeit.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Sorgfaltspflichten

   Sorgfaltspflicht meint die rechtliche Verpflichtung zur Einhaltung eines objektiven Standards angemessener
    Sorgfalt bei der Ausführung von Handlungen, die anderen vorhersehbar schaden könnten. Es handelt sich
    m.a.W. um einen laufenden proaktiven Prozess, mit dem Unternehmen Systeme und Verfahren einführen,
    um sicherzustellen, dass sie Risiken in ihrer Lieferkette feststellen, darauf reagieren und diese melden
    können.

   Unternehmen, die ihre Sorgfaltspflicht erfüllen, prüfen zunächst, wie risikoreich die Beschaffung von
    Rohstoffen aus einem bestimmten Konfliktgebiet ist. Sie bewerten die Wahrscheinlichkeit, mit der diese
    Rohstoffe zur Finanzierung von Konflikten, Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder anderen in der Verordnung
    aufgeführten Risiken dienen. Indem sie ihre Lieferketten prüfen, können sie sicherstellen, dass sie mit
    diesen Risiken verantwortungsvoll umgehen.

   Schliesslich haben die Unternehmen Massnahmen zur Minimierung der festgestellten Risiken zu treffen.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Kernpflichten im Sorgfaltspflichtsprozess

•   Betroffene Unternehmen haben einen fünfstufigen Rahmen zu beachten, der von der Organisation für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den „Leitlinien für die Erfüllung der
    Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Mineralien aus Konflikt- und
    Hochrisikogebieten“ festgelegt wurde.

•   In diesem Rahmen werden die Importeure dazu verpflichtet,
    1) solide Managementsysteme für die Unternehmen zu schaffen,
    2) die Risiken in der Lieferkette zu ermitteln und bewerten,
    3) eine Strategie für den Umgang mit den ermittelten Risiken zu entwerfen und umzusetzen,
    4) durch unabhängige Dritte Audits zum Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette
       durchzuführen,
    5) jährlich über die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette Bericht zu erstatten.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Konkret bei Konfliktmineralien

   Importeure und Bearbeiter sollten interne Systeme und Prozesse einführen, die folgende Informationen
    bereitstellen (inkl. Belege):
    −   das Land angeben, aus dem die Mineralien stammen,
    −   die eingeführten Mengen und den Zeitpunkt ihres Abbaus angeben,
    −   die Mineralien, die sie einführen, nach Handelsname und Typ auflisten,
    −   die Namen und Anschriften ihrer Lieferanten nennen.

   Wenn Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammen, sollten Importeure und Bearbeiter
    zusätzlich folgende Informationen angeben:
    −   Mine, aus der die Mineralien stammen,
    −   Ort, an dem die Mineralien zusammengeführt, gehandelt und aufbereitet werden,
    −   gezahlte Steuern, Abgaben und Gebühren.

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5. Gegenvorschlag

Kinderarbeit und Konfliktmineralien – Schwierigkeit bei „Kinderarbeit“

   Von einem Unternehmen kann nicht erwartet werden, dass sie systematisch alle Produkte und
    Dienstleistungen auf einen allfälligen Verdacht auf Kinderarbeit prüft. Aber sobald es einen Verdacht hegt,
    muss es Untersuchungen an die Hand nehmen, um die Lage zu klären. Der Verdacht kann sich aus internen
    Quellen ergeben, wie zum Beispiel aufgrund von Unterlagen bezüglich eines Lieferanten oder aufgrund
    eines Besuchs vor Ort, oder aufgrund von externen Quellen wie Medienberichte, Gerichtsurteile oder
    Mitteilungen durch Verwaltungsbehörden.

   Grundsätzlich darf das Mindestalter zur Beschäftigung von Minderjährigen nicht unter dem Alter liegen, in
    dem die Schulpflicht endet, aber auf keinen Fall unter 15 Jahren.

   Sorgfalts- und Berichterstattungspflicht im Bereich Kinderarbeit ist gleich wie bei Konfliktmineralien,
    obschon nicht vergleichbar (Produkt vs. Vorgang). Einzig auf die Pflicht zur Durchführung einer Prüfung
    durch Dritte wurde bei der Sorgfaltspflicht im Bereich der Kinderarbeit – im Gegensatz zur Sorgfaltspflicht
    im Bereich Konfliktmineralien – verzichtet.

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5. Gegenvorschlag

Strafbestimmung

   Die Bestimmung von Artikel 325ter lit. a E-StGB enthält zwei Tathandlungen.
   Es erfüllt den objektiven Tatbestand, wer
    1) im nichtfinanziellen Bericht oder im Bericht über die Sorgfaltspflichten im Bereich Konfliktmineralien
       und Kinderarbeit falsche Angaben macht, oder
    2) die Berichterstattung unterlässt.

   Falsch sind die Angaben in den Berichten dann, wenn sie nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten
    übereinstimmen, mithin unwahr sind.
   Werden Informationen über die nichtfinanziellen Aspekte oder die Konfliktmineralien bzw. Kinderarbeit nicht
    offengelegt, so liegt eine Unterlassung der Berichterstattung vor. Vorbehalten bleiben bei der
    nichtfinanziellen Berichterstattung die Bestimmungen über den Verzicht auf die Berichterstattung.
   Die Tatbestände können sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden.
   Die Busse kann maximal CHF 100‘000.00 betragen.

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6. Fazit

   Sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag bringen Mehraufwand für zahlreiche Unternehmen

   Initiative wird KMU stark betreffen und Kostenfolgen haben (administrativer
    Mehraufwand/Compliance/etc.)

   Gegenvorschlag dürfte für KMU ebenfalls relevant sein, namentlich im Bereich „Kinderarbeit“, aber auch
    dort, wo sich direktbetroffene (Gross-)Unternehmen für ihre Berichterstattung Informationen bei
    Zulieferern holen müssen und Absicherungen holen wollen.

   Beim Gegenvorschlag bestehen aus rechtlicher Sicht noch einige Unklarheiten und in praktischer Sicht ist
    vor allem bei den Sorgfaltspflichten im Bereich „Kinderarbeit“ ein grosses Fragezeichen zu setzen.

   Initiative wie auch Gegenvorschlag = gut für Anwälte und Berater, weil Anpassungsbedarf bei gleichzeitiger
    Unklarheit

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Ihr Ansprechpartner: Dr. Michael Daphinoff
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