Kreuzfahrtschiffe Seetourismus steil im Aufwind - Hans Jürgen Witthöft - DMKN
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Kreuzfahrtschiffe Seetourismus steil im Aufwind Hans Jürgen Witthöft D er internationalen Schifffahrt geht es seit geraumer Zeit nicht sonder- lich gut. Eines ihrer Teilbereiche sonnt sich Dabei weist der deutsche Markt aktuell die höchsten Zuwachsraten auf. Nach einer Untersuchung von CLIA Deutschland reis- ren Angaben mit Stand Ende 2015 in den kommenden Jahren der Flotte von insge- samt 471 im Einsatz befindlichen Kreuz- allerdings in Erfolgen mit weitgehenden ten im vergangenen Jahr 1,81 Mio. deut- fahrtschiffen weitere 27 Hochsee-, Fluss- Ausstrahlungen auf zahlreiche andere Be- sche Gäste mit einem Passagierschiff. Das und Spezialkreuzfahrtschiffe in Fahrt zu reiche der maritimen Wirtschaft. Es ist die entsprach einem Wachstum von 2,3 Pro- bringen. Allein die zu diesem Zeitpunkt im Kreuzfahrtbranche. Immer größer, immer zent gegenüber dem Jahr davor. Es hätte Auftrag bzw. bereits im Bau befindlichen bunter, aber auch immer umweltfreundli- laut CLIA noch größer ausfallen können, Hochseekreuzfahrtschiffe hatten ein In- cher, das ist grob die Zielrichtung auf ihrem wenn mehr Schiffe zur Verfügung gestan- vestitionsvolumen von mehr als 6,5 Mrd. Erfolgspfad. den hätten. USD. Es war sicher, dass dies nicht das En- Dieser in der Außendarstellung sicher Über diese an sich ja schon beeindru- de sein oder es ein vorläufiges Verharren auffälligste Teil der Schifffahrt hat in den ckenden Zahlen hinaus, gibt es noch ei- geben würde, denn neue Mitspieler wollen vergangenen Jahren enorm zugenommen nen anderen, meistens wenig beachteten ebenfalls an diesem Geschäft partizipieren. und wird auch in den kommenden Jahren Faktor im Zusammenhang mit der welt- So soll es dann nach einer CLIA-Progno- noch deutlich weiterwachsen. Das geht zu- weiten Kreuzschifffahrt. Es geht um die se bis 2020 einen Kapazitätsschub geben, mindest aus dem Jahresbericht der Cruise von ihr generierte Wertschöpfung. Nach wie ihn die Branche bisher noch nicht er- Lines International Association (CLIA) her- Erkenntnissen der Studie „Economic Im- lebt hat. Und es sind bereits Neubauten vor. Danach gibt es keine Anzeichen für ein pact Analysis 2014“ belief sich bereits da- geordert mit Ablieferungen nach diesem verlangsamtes Wachstum. Im Gegenteil – mals der Gesamtbeitrag der Kreuzfahrt- Datum. Unter den aus dem Stand heraus der Verband erwartet für 2016 weltweit 24 branche zur Weltwirtschaft auf 119,9 Mrd. sehr erfolgreichen neuen Anbietern zählt Mio. Passagiere, nach 22 Mio. im Jahr davor. USD nach 117 Mrd. USD im Jahr zuvor. Da- zum Beispiel die 2008 gegründete TUI Crui- Um das Wachstum zu verdeutlichen, erin- rin enthalten waren die Einkommen der ses mit Sitz in Hamburg, die zunächst mit nert die CLIA daran, das 1980 lediglich 1,4 etwa 940.000 Mitarbeiter sowie die direk- zwei Ankäufen in den Markt ging. Inzwi- Mio. Passagiere auf Schiffen (ohne Fähr- ten Ausgaben der Kreuzfahrtunternehmen, schen sind Neubauten hinzugekommen schiffe) auf See unterwegs waren und auch Passagiere und Besatzungsmitglieder. Alles bzw. bestellt. Bis 2019 wird die Flotte auf 2006 erst 15 Mio. Vor diesem Hintergrund in allem eine beachtliche Summe – und der acht Einheiten angewachsen sein. muss inzwischen von einem Massentou- Trend zeigt deutlich nach oben. Reedereiseitig gesehen wird das Massen- rismus auf See gesprochen werden. Auch Um an der boomartigen Aufwärtsent- geschäft von wenigen Gruppen dominiert, die weltweit befragten großen Reisebü- wicklung zu partizipieren, bzw. sie weiter die unter ihren Dächern unterschiedliche rounternehmen erwarten eine weiterhin zu fördern, planen die in der CLIA zusam- Marken anbieten. Größte dieser Gruppen steigende Nachfrage nach Kreuzfahrten. mengeschlossenen Reedereien nach de- ist mit Abstand die US-amerikanische Car- 8 MarineForum 4-2016
Die „A-ROSA Flora“ gehört zu der wachsenden Flotte der Flussfahrtkreuzfahrtschiffe. Sie sind, die großen Flüsse Europas betreffend, nicht zuletzt bei US-Bürgern beliebt (Foto: Meyer Werft) nival Group mit den Reedereien Carnival mit Baudocks für Kreuzfahrtschiffe in gantismus sein, der aus anderen Schiff- Cruise Line, Holland-America Line, Cunard Maghera, Monfalcone und Genua sowie fahrtsbereichen ja durchaus bekannt ist Line, P&O Cruises, P&O Cruises Australia, die deutsche Meyer-Gruppe mit Stand- – Mammuttanker und Mega-Container- Princess Cruises, Seabourne Cruise Line, orten in Papenburg, Rostock und Turku/ schiffe lassen grüßen. Massengutschiffe Costa Crociere und AIDA Cruises. Einen Finnland. Meyer verfügt über zwei große mit Tragfähigkeiten bis zu 400.000 Tonnen sehr expansiven Flottenausbau betreibt Baudocks in Papenburg und ein sehr gro- sind nahe dran. seit einigen Jahren auch die MSC Crociere ßes in Turku. Die Meyer-Tochter Neptun- Alle drei genannten Werftgruppen sind S.A, eine Tochtergesellschaft der Mediter- Werft in Rostock verfügt außerdem über hervorragend ausgelastet. Die Meyer ranean Shipping Co. mit Sitz in Genf. Gro- ein Schwimmdock und Fertigungshallen, Werft beispielsweise durch jüngste Auf- ße Pläne verfolgt ebenfalls der stark in der wo zunehmend Sektionen für Meyer Pa- träge der US-amerikanischen Disney Crui- Touristikindustrie engagierte malaysische penburg gebaut werden. Ein weiteres gro- ses mit zurzeit letztem Ablieferungstermin Genting-Konzern, der seine bestehende ßes Baudock gibt es bei dem dritten Player 2023. Nach einer Aufstellung mit Stand Flotte nicht nur konsequent durch Zukäu- in diesem Segment, der Werft STX France vom 1. Februar 2016 unter Einbeziehung fe und Neubauaufträge ausweitet, son- in St. Nazaire. Dort wird übrigens das zur- einiger mittelgroßer Werften kommt der dern darüber hinaus in jüngster Zeit durch die Übernahme der Lloyd Werft Bremer- haven sowie der vormaligen Nordic Yards in Wismar, Warnemünde und Stralsund für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Alle vier Werften sind auch für den Bau von Kreuz- fahrtschiffen geeignet und verfügen über entsprechende Erfahrungen. Die Vergabe erster umfangreicher Aufträge ist bereits angekündigt, und es ist davon auszugehen, dass weitere folgen. Was die Bauwerften für die großen, technisch sehr anspruchsvollen Kreuz- fahrtschiffe betrifft, so wird es sehr wahr- scheinlich künftig einige Ergänzungen ge- ben, gegenwärtig sieht es aber so aus, dass drei europäische Werften bzw. Werftgrup- pen den Markt beherrschen. Anderen, die hier ebenfalls den Einstieg finden wollten, wie die im „normalen“ Schiffbau ja sehr er- fahrene japanische Mitsubishi-Werft in Na- gasaki, die mittels Dumping-Angebot einen Auftrag von AIDA Cruises für sich buchen konnte, ist dies sehr teuer zu stehen ge- kommen. Nicht nur, was das finanzielle be- Die in Papenburg gebaute „Norwegian Escape“ (165.000 GT/Max 4.300 Pass.) verdeutlicht trifft, das kann ein solcher Konzern locker einmal mehr, dass manche Schiffe nur noch durch ihr immer bunter werdendes Äußere zu verkraften, aber die Reputation, an diesem unterscheiden sind (Foto: Meyer Werft) speziellen Segment teilhaben zu können, ist dahin. Mitsubishi und andere werden zeit größte Kreuzfahrtschiff gebaut, die Auftragsbestand auf 48 Schiffe mit zusam- jedoch kaum aufgeben und weiter versu- „Harmony of the Seas“. Das mit 227.000 men 6, 1 Mio. GT und einer Bettenzahl von chen, in diesem lukrativen Geschäft Fuß zu GT vermessene, 361 Meter lange Schiff mit 153.000. Hinzu kamen bis dahin noch nicht fassen, selbst wenn es viel Lehrgeld kostet. Platz für rund 5.500 Passagiere soll im Mai offiziell bestätigte Aufträge, darunter auch Die dominanten Namen sind zum ei- 2016 abgeliefert werden. Doch auch das einige z.B. von Carnival Cruises , die an eine nen die italienische Fincantieri-Gruppe wird wahrscheinlich kein Ende dieses Gi- bisher nicht genannte chinesische Werft MarineForum 4-2016 9
2015 wurden 27 neue Schiffe mit einem In- vestitionsvolumen von rund 585 Mio. Euro von europäischen Werften abgeliefert und allein die in diesem Segment besonders er- folgreiche Neptun Werft, eine Tochter der Papenburger Meyer Werft, hatte Anfang des Jahres weitere fest georderte 19 Neu- bauten dieses Typs in ihrem Auftragsbe- stand – eine erkleckliche Zahl von Optionen kommen hinzu. Natürlich gibt es neben den großen so- fort ins Auge fallenden Riesenschiffen und der wachsenden Flotte der Flusskreuz- Expeditionskreuzfahrten werden immer beliebter, die „Fram“ vor Upernarvik (Grönland) fahrtschiffe noch eine ganze Reihe von (Foto: Wikipedia) Nischen, die von Anbietern mit meistens hochwertigen und hochpreisigen Schiffen gingen. Auch hier also ein weiterer Versuch, ner iranischen Reederei über den Bau ei- besetzt werden. In der Regel handelt es sich die westeuropäische Dominanz aufzubre- nes Kreuzfahrtschiffes, das im Persischen dabei um kleinere Einheiten, wie die beiden chen. Man darf gespannt sein. Golf stationiert werden soll – konzipiert Hapag-Lloyd-Luxusliner „Europa“ und „Eu- Hintergrund dabei ist, dass der immer mit entsprechenden Einrichtungen ganz ropa II“, oder um sogenannte Expeditions- interessanter werdende asiatische Markt, auf die regionalen Bedürfnisse. schiffe, die vor allem arktische Gewässer speziell mit der in China wachsenden, über- zum Ziel haben. aus reisefreudigen Mittelschicht, schon Weitere Märkte Relativ neu ist die bis jetzt überschauba- jetzt deutliche Zuwachsraten und weitere re, aber ebenfalls wachsende Flotte klei- „nach oben“ offene Zuwachsraten beschert Im Schatten der immer größer und bun- nerer luxuriöser Expeditionskreuzfahrt- hat. Experten schätzen, dass im Reich der ter werdenden, auf den Massentourismus schiffe, wie die zurzeit auf der kroatischen Mitte inzwischen rund 300 Mio. Menschen ausgerichteten Schiffe gibt es auch solche, Uljanik Shipyard entstehende jachtähnli- leben, die sich theoretisch die Kosten einer die in diesem Geschäft entscheidende und che „Scenic Eclipse“, die bei einer Vermes- Kreuzfahrt leisten können. Nicht zuletzt gleichfalls wachsende Nischen besetzen. sung von 16.500 GT 228 Passagieren Platz auf diese mögliche Klientel zielen spezielle Sehr interessant ist dabei das Angebot bieten und 2018 in Fahrt kommen soll. Veranstaltungen wie die im Herbst vergan- der Flusskreuzfahrtschiffe mit ebenfalls Ähnlich sind erst kürzlich von der franzö- genen Jahres in Schanghai durchgeführte rasanten Zuwachsraten. Allein im deut- sischen Reederei Ponant bei der norwegi- „Cruise World China“ gezeigt hat. schen Markt wuchs das Nachfragevolu- schen Vard-Werft, einer Tochter von Fin- Die Reedereien reagieren entsprechend men im vergangenen Jahr um 1.9 Prozent cantieri, bestellten vier 180 Meter langen mit der Bestellung ganz auf die Bedürfnis- auf 424.000 Passagiere. Europaweit buch- 10.000-GT- Expeditions-Kreuzfahrtschiffe. se oder Ansprüche dieses Marktes zuge- ten sogar 1,33 Mio. Passagiere eine Kreuz- Sie bieten jeweils in 92 Kabinen Platz für schnittener Schiffe. So hat die Norwegian fahrt auf einem der großen Flüsse unseres bis zu 180 Passagiere. 110 Besatzungsmit- Cruise Line (NCL) auf der genannten Ver- Kontinents. Analog dazu wächst die Zahl glieder sollen für Komfort und Sicherheit anstaltung bekannt gegeben, ihren auf der der flussgängigen schwimmenden Hotels. sorgen. Meyer Werft entstehenden 165.000-GT- Neubau „Norwegian Bliss“ mit Platz für 4.200 Passagiere nach seiner geplanten Ablieferung im Frühjahr 2017 für den chi- nesischen Markt zu platzieren. Um die Ex- pansionspläne des Unternehmens in Chi- na unterstützend zu flankieren, hat NCL bereits Büros in Peking und Hongkong er- öffnet. Auch in Schanghai gibt es eine Re- präsentanz, eine weitere in Xintiandi wird eingerichtet. Andere Reedereien reagieren ähnlich. So hat die malaysische Genting- Gruppe zusätzlich zu ihrem erwähnten En- gagement in der deutschen Werftindus- trie auch noch zwei 151.000-GT-Schiffe bei der Meyer Werft zur Lieferung Herbst 2016/2017 bestellt, die in ihrer Ausstat- tung explizit auf chinesische Bedürfnisse ausgerichtet sind. Wie, um ein anderes Bei- spiel zu nennen, die bei Fincantieri in Ita- lien für Carnival Cruises im Bau befindli- che „Majestic Princess“ (145.000 GT,) die im Frühjahr 2017 für chinesische Passa- giere in den Fernen Osten übersiedelt. In Der Viermaster „Sea Cloud“ – 1931 in Kiel als „Hussar“ für US-amerikanische Eigner gebaut diesem Umfeld gab es auf der Werft auch – gilt heute nach mehrmaligen Umbauten als eines der elegantesten Segel-Kreuzfahrtschiffe Gerüchte über Vorvereinbarungen mit ei- und bietet max. 64 Fahrgästen Platz (Foto: Sea Cloud Cruises) 10 MarineForum 4-2016
terschiedlichen behördlichen Vorschriften und Restriktionen welcher Art auch – keine immer einfache Aufgabe. Noch etwas soll nicht unerwähnt blei- ben. Das ist der nachvollziehbare Um- stand, dass es eine Reihe kleinerer belieb- ter Kreuzfahrtziele mit nur beschränkten Aufnahmekapazitäten gibt – mehr See- und Sehtouristen als Einwohner. Ein Bei- spiel dafür ist die kleine griechische Insel Santorin, die bisher in keinem der Mittel- meer-Kreuzfahrtprospekte fehlte. Dort hat die Verwaltung angekündigt, die Zahl der Landgänger begrenzen zu wollen, damit der saisonale jahrmarktähnliche Overkill der Insel eingedämmt wird. Bis zu 10.000 Tagesgäste könnten die engen Gassen ein- fach nicht vertragen. Ein anderes Beispiel ist das (noch) reizende und offenbar immer beliebter werdende Warnemünde. Wenn dort gelegentlich zwei, oder manchmal auch schon drei Kreuzfahrtschiffe gleich- Fitnessprogramm für die neue Saison: Drei Kreuzfahrtschiffe liegen bei Blohm + Voss Repair zeitig anlegen, dann ist das Städtchen in Schlange: „Azura“ (Bj. 2009, 115.000 GT, 3.000 Pass.), „Europa 2“ (Bj. 2012, 43.000 GT, „dicht“, zwar zur Freude der umliegenden 515 Pass.) und „Rotterdam“ (Bj. 1997, 62.000 GT, 1.300 Pass.) (Foto: Blohm + Voss) Geschäfte, Restaurants usw., aber wie lan- ge es die Bürger und „normalen“ Touristen Segelkreuzfahrtschiffe, wie die legendä- möglichst reibungslos abfertigen zu kön- akzeptieren, sei dahingestellt. re „Sea Cloud“ und weitere ergänzen die- nen. Die in Anbetracht der Urlaubsstim- ses ganz spezielle Segment. Ebenfalls in mung der Landgänger aber eher locker sit- Fazit Kroatien wird an dem größten Passagier- zenden Geldbörsen schaffen in der Stadt segler aller Zeit gezimmert, einem Nach- und deren Umland jedoch den erstrebten Die Kreuzfahrtindustrie, denn so muss man bau der berühmte „France II“. Doch damit Ausgleich plus Steuermehreinamen, die in sie ja inzwischen bezeichnen, bringt seit nicht genug: Die unlängst von Malaysias Geschäften, Verkehrsmitteln u.ä. generiert Jahren der maritimen Wirtschaft – und Genting-Konzern erworbene US-Reede- werden. auch weit darüber hinaus – insgesamt rei Crystal Cruises, mit Hochseeschiffen Aber, wo Licht ist, da gibt es Schatten, überaus positive Impulse für Schifffahrt, und Flusskreuzfahrtschiffen einschließlich wie es so schön heißt. Mit denen die An- Schiffbau, Zulieferindustrie, technische diverser Neubauaufträge in der Branche bieter rechnen und auf die sie reagieren Entwicklung, Touristik und Wertschöpfung engagiert, hat sogar eine Option für den müssen. So müssen sie zunehmend aus „an Land“. Sie dient unzweifelhaft – oder je Ankauf des US-Oldtimers „United States“ Sicherheitsgründen auf viele ihrer vorher nach Aufnahmebereitschaft der Fahrgäs- erworben, der seit rund 50 Jahren aufliegt sehr gut besuchten Ziele verzichten, im- te – dem so hoch gelobten interkulturel- und nach dem Willen der potenziellen Käu- mer öfter sogar kurzfristig. Der Norden len Verständnis. Das ist die sicher begrü- fer zu einem Kreuzfahrtschiff der besonde- geht zwar immer, aber in anderen Regio- ßenswerte Sicht der Dinge. Andererseits ren Klasse modernisiert umgebaut werden nen sieht es teilweise schlimm aus. Mit der gilt es aber auch festzuhalten, dass dieses soll – geschätzte Kosten 800 Mio. USD. Eine östlichen Seite des Mittelmeeres fängt es Geschäft ein sehr fragiles ist. Es sind nicht spannende Geschichte. an, Türkei und die gesamte Schwarzmeer- einzelne Morde oder sonstige Dramen, die küste gehen irgendwie auch nicht mehr. auf Passagierschiffen schon immer vorge- Oft übersehene Aspekte Nach den jüngsten Anschlägen in Brüssel kommen sind, sondern die Bedrohung geht soll selbst das Anlaufen belgischer Häfen heute von Terroristen aus, die mit einem Von der im zurückliegenden Jahrzehnt sich vermieden werden. Also müssen Ersatzzie- einzigen gelungenen Anschlag auf eines so fulminant entwickelnden Kreuzfahrtin- le oder ohnehin neue Anlaufhäfen ausfin- dieser Symbole der von ihnen aus welchen dustrie profitieren eine ganze Reihe nach- dig gemacht und vorbereitet werden, nicht Gründen auch immer bekämpften westli- geordneter Bereiche. Das ist vor allem die zuletzt, um in unserer schnelllebigen Zeit chen Kultur das Geschäft zwar nicht zum breit gefächerte Zulieferindustrie, die es immer mal wieder etwas Neues zu bieten. Erliegen kommen lassen, aber ihm doch im- bislang so nur in Westeuropa gibt. Das ist in Das ist teilweise leichter zu planen als zu re- mer schweren Schaden zufügen können. Er- Bezug auf Wertschöpfung, Know-how-Ent- alisieren. Viele der in Betracht zu ziehenden innert sei an den Fall der „Achille Lauro“, die wicklung, Arbeitsplatzsicherung usw. nicht neuen Destinationen liegen beispielswei- im Oktober 1985 im Mittelmeer von einem hoch genug einzuschätzen. Sollte aber hier se inzwischen in Emission Control Gebie- palästinensischen Terrorkommando über- zum Komplex Schiffbau zugeordnet und ten (ECAs) oder haben eigene Vorschriften fallen wurde. Dabei wurde ein gehbehinder- nicht weiter untersucht werden. zum Schutz der Umwelt entwickelt. Darauf ter Passagier brutal ermordet und musste Profiteure des Booms sind auf jeden Fall muss mit technischen Einrichtungen re- von zwei dazu zwangsweise bestimmten Häfen, die in den Fahrplänen der Schiffe als agiert werden, bis hin zu neuen Antriebs- Besatzungsangehörigen über Bord gewor- besondere Ziele zu finden sind. Sie werden formen – sprich Flüssig-Erdgas (LNG). Zu- fen werden. Das Kreuzfahrtgeschäft hatte auf der einen Seite zwar zu erheblichen sätzlich sind dann parallel entsprechende damals empfindliche Einbußen erlebt. Es ist Investitionen gezwungen, um die Groß- Versorgungsmöglichkeiten zu sichern. Alles zu hoffen, dass sich dies nicht wiederholt. schiffe mit ihren tausenden Passagieren unter Berücksichtigung der vielfältigen un- Sicher? L MarineForum 4-2016 11
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