Ökumene von unten - IEB Baden

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Ökumene von unten

                    März 2022
Liebe Leserin

                         Ökumene zwischen Reformierten und Katholiken? Ist das
                         nicht etwas eingeschränkt und wenig zeitgemäss? Ja, das
                         stimmt. Schon lange sind die Christkatholiken und auch
                         Freikirchen mit dabei in der ökumenischen Bewegung.
                         Und selbstverständlich gibt es auch Begegnungen und
                         Glaubensgespräche zwischen den christlichen Kirchen
                         und anderen Religionen.
Käthi Koenig
                         In diesem Heft jedoch geht es um die Beziehungen zwi-
                         schen Katholiken und Reformierten, genau genommen
                         zwischen reformierten und katholischen Frauen. Vor
                         50 Jahren lehnten sich viele von ihnen auf gegen die alten
                         Autoritäten und Traditionen, auch in den Kirchen. An-
                         stösse dazu gaben ihre täglichen Erfahrungen als Haus-
                         frauen, Mütter, Gemeindeglieder, als Berufstätige oder
                         Ehrenamtliche. Und die politischen Rechte, die ihnen neu
                         zukamen, eröffneten ihnen neue Perspektiven und Mög-
                         lichkeiten. Dabei stellten sie auch fest: Die Anderen, sie
                         sind ja gar nicht so anders! Auch in Glaubensdingen zeigte
                         es sich: Das Verbindende ist wichtiger als das Trennende.
Zu dieser Nummer
haben beigetragen:       Heute ist die Zusammenarbeit an der kirchlichen Basis so
                         selbstverständlich, dass man kaum noch darüber nach-
 3 Veronika Jehle und    denkt. Aber wir brauchen gerade in dieser Zeit, in der
   Christine Stark       alles infrage gestellt wird, Vorbilder von Menschen, die,
 5 Claudia Haslebacher   statt in ihrer eigenen «Blase» zu bleiben, auf «die Ande-
 7 Gabriela Allemann     ren» zugehen, ins Gespräch kommen, verstehen wollen
 9 Agnes Leu             und gemeinsam Versöhnung und Frieden suchen. Dabei
12 Irene Gysel           kann auch das Erinnern helfen.
16 Salome Christ-
   Birkhäuser            Wir danken der Oscar Cullmann-Stiftung herzlich für den
18 Karinna Schärli und   namhaften Betrag, den sie uns für dieses Heft zugespro-
   Heinz Bernegger       chen hat.
24 Doris Strahm
27 Elisabeth Raiser

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Von «Mutter Gott» und von der «Gottesmutter»

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Über Maria wissen Theologinnen viel zu sagen. Damit
es nicht zu viel wird, wählen zwei von ihnen den Chat,
also das «digitale Gespräch», für ihren Austausch: die
evangelische Theologin Christine Stark und die
katholische Theologin Veronika Jehle. Hier das Chat-
Protokoll eines ökumenischen Gedankenspiels.

Christine Stark: Warum sollte ausgerechnet Maria die             Veronika Jehle ist stellver­
verbindende Figur sein zwischen Frauen und Theolog:in-           tretende Redaktionsleiterin
nen verschiedener Konfessionen?                                  beim Forum, dem Pfarrblatt
Veronika Jehle: Ich glaube, in unserer katholischen Tra-         der katholischen Kirche im
dition hat Maria eine so einmalige Stellung, weil sie Jesus      Kanton Zürich, und Redaktorin
als Mutter so nah war, DNA-mässig sozusagen. Und die             bei der FAMA, der feminis­
Idee ist: Wer sich Maria nähert oder sie sich zum Vorbild        tisch-­theologischen Zeit-
nimmt, kommt Jesus auch näher – der in seiner Natur als          schrift, sowie Seelsorgerin am
«Gottes­sohn» ja doch recht geheimnisvoll bleibt.                Kantonsspital Winterthur.
CS: Die Vorstellung, durch Maria zu Jesus zu kommen –
oder erst über sie Jesus nah zu sein –, schiebt ja etwas
zwischen mich und Jesus. Theologisch wäre es eine Relati-
vierung Christi. Und als Evangelische sträube ich mich auch
deswegen dagegen, weil ja das biblische Zeugnis zentral ist.
VJ: Ich habe in meiner religiösen Erziehung natürlich ge-
lernt: Maria ist nicht Gott; aber sie steht für die Vereh-
rung dessen, was weiblich ist.
CS: Ist schon komisch: Ich habe bemerkt, dass für mich
persönlich das Geschlecht von Jesus keine besondere Rolle        Christine Stark war
spielt. Erst wenn Maria ins Spiel kommt und ihr Frausein         Redaktorin und Moderatorin
betont wird, fällt mir auf, dass Jesus als Mann definiert ist.   bei der Redaktion Stern­
VJ: Als Kind, das gebe ich offen zu, hat Maria für mich          stunden SRF und ist nun als
schon zu Gott dazu gehört. Ich glaube, es war ein biss-          Pfarrerin in Zürich tätig.
chen wie Papa und Mama zu Hause: Gott Vater und die              Zudem ist sie Mitglied der
Maria – und zu beiden geht man mit dem einen oder                FAMA-Redaktion.
anderen Anliegen, je nachdem. Und ja: Ich empfinde das
heute doch auch als «schlimm».
CS: Ich weiss nicht, ob «schlimm» das richtige Wort ist. Ich
selbst habe eine innige Glaubensbeziehung zu «Gott Vater»

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gepflegt, und als Erwachsene musste ich            uns ebenfalls zu kurz. Bei der Jungfrau
quasi erst lernen, wie einseitig dieses            lese ich auch immer die «junge Frau» mit,
männlich konnotierte Gottesbild ist; dabei         die zwar offen und bereit ist, umgekehrt
sollen wir uns doch keine Bilder von Gott          auch «alles» mit sich machen lässt. Das
machen.                                            wirkt auf mich schräg und bedenklich. Du
VJ: Ich glaube, sowieso kommt der Tag, an          hast vorher von «Mutter Gott» geschrie-
dem sich der Glaube lösen muss von den             ben: Das löst ein schönes, vertrautes, ver-
anthropomorphen Bildern, um die wir in             trauensvolles Gefühl in mir aus.
der Kindheit womöglich kaum herumkom-              CS: Bewusst weibliche Formen beim Re-
men. Wobei: Mir ein nicht geschlechtli-            den von Gott zu verwenden, finde ich he-
ches Wesen vorzustellen, fällt mir schwer.         rausfordernd und befreiend in einem.
Ja, ich sollte wohl aufhören zu versuchen,         VJ: Es ist aber immer auch ein politisches
mir überhaupt etwas vorzustellen. Hier             Statement, weiblich von Gott zu sprechen.
wird das Sich-Zeigen und Mitreden von              Mein Eindruck ist, bei uns outest du dich
non-binären Menschen spannend …                    als Feminist:in, wenn du von Gott weiblich
CS: Das stimmt schon: Wenn ich Gott als            sprichst. Was allerdings nichts ist ausser:
«Du» verstehe, im Gebet und im Glauben,            gut.
kippt mir früher oder später etwas Anthro­         CS: gut + mutig + wichtig!
po­morphes rein.                                   VJ: Das ist mal eine schöne Dreifaltigkeit!
VJ: Irgendwie lässt sich das doch kaum             Nicht, dass es mich allzu sehr verwundert,
vermeiden, oder? Ich bin aber froh, dass es        aber: Sind wir – wir beide jetzt konkret –
offenbar auch Nicht-Katholikinnen so               so weit voneinander entfernt mit unseren
geht. Ich frage mich oft, ob ich nicht allzu       Fragen und Themen zu Maria? Scheint mir
stark auch von Bildern vom alten Mann              nicht so. Dir?
Gott geprägt bin, wie ich sie ja oft in Kir-       CS: Eh nicht. Aber du hast eine andere
chen gesehen habe.                                 Frömmigkeitsgeschichte und bist daher
CS: Nein, ich glaube, es lässt sich nicht          Maria näher.
vermeiden. Also «Mutter Gott» ist mir ein-         VJ: Wohl schon, ich fühle mich ihr emo-
deutig wichtiger als die «Gottesmutter»            tional schon recht verbunden. Vor allem,
genannte junge Frau aus Nazareth. Was              weil ich meine Mutter oft gesehen und
ich aber toll und reformierterseits oft zu         erlebt habe, wie sie sich mit Maria ver-
wenig beachtet finde: Maria als reife Frau         bindet.
in der urchristlichen Gemeinschaft in Je-
rusalem rund um Pfingsten.                         n Die feministisch-theologische Zeitschrift
VJ: Maria als eigenständig Denkende und              FAMA erscheint viermal pro Jahr.
handelnde Erwachsene – das kommt bei                 www.fama.ch

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«Gib mir deine Hand»

«Gib mir deine Hand, nicht: Teile meine Überzeugung!»
Dieses Zitat ist meine Antwort auf die Frage, wie Chris-
tinnen und Kirchen miteinander umgehen und zusam-
menarbeiten können. Es stammt aus einer Predigt von
John Wesley, einem der Begründer der methodistischen
Kirchenfamilie. – Damit wir zusammenarbeiten können,
müssen wir nicht gleich sein; nicht den Papst anerkennen,
die Kindertaufe akzeptieren, an Maria glauben, liberal        Claudia Haslebacher ist
oder evangelikal werden.                                      Pfarrerin der Evangelisch-
                                                              methodisitischen Kirche in
Ich bin Pfarrerin der Evangelisch-methodistischen Kirche      der Schweiz, seit 2021
(EMK) und Mitglied der Exekutivbehörde der Kirchenge-         Ratsmitglied der Evangelisch-
meinschaft, die alle reformierten Kantonalkirchen und die     reformierten Kirche Schweiz
EMK vereint. Eine ökumenische Grundhaltung ist Teil der       und teilzeitlich Pfarrerin
Identität der EMK, auch wenn sie sie nicht immer zu leben     der EMK Oberemmental.
vermochte. Als Pfarrerin erlebte ich die lokale Zusammen-
arbeit in Adliswil, im Basler Matthäusquartier und seit
September 2021 im Emmental. Auf kantonaler Ebene war
ich in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen
(AGCK) in Basel-Stadt. Auf nationaler Ebene bin ich Mit-
glied der AGCK Schweiz, zunächst als Vertreterin der
EMK, nun als Ratsmitglied EKS.

Auf allen Ebenen erlebte ich Unterschiedliches: einen
Anti-Katholiken-Reflex bei methodistischen Geschwis-
tern, Misstrauen gegenüber allem, was freikirchlich er-
scheint bei Landeskirchlern; ein tiefes Misstrauen gegen-
über staatlichen Kirchen bei Freikirchlern; Ratlosigkeit im
Umgang mit der wachsenden orthodoxen Familie, die aus
einer anderen Welt zu kommen scheint, und Misstrauen
gegenüber sich öffnenden Kirchen, die früher Sekten wa-
ren, und ich erlebte auch die sich wegen eines Genera-
tionenwechsels verschlechternde Zusammenarbeit zwi-
schen evangelischen und katholischen Pfarrpersonen. Ich
kenne aber auch eine aktive, engagierte Ökumene mit
lebendigen Gottesdiensten, gemeinsamen Ausflügen ins

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Ökumenische Instituts Bossey, intensive           vom Einfluss durch den Entstehungshin-
Diskussionen über Unterschiede und span-          tergrund meiner Kirche. Die Erfahrung von
nende Vorbereitungssitzungen für ge-              einer «einzigen Weltkirche» oder die Er-
meinsame Gottesdienste. Ich durfte in der         fahrung, dass sie aus Reformationskämp-
Römisch-katholischen Kirche konzelebrie-          fen oder aus dem Widerstand gegen
ren, hörte auf den Punkt gebrachte Pre-           Staatskirchen entstanden ist, prägt Indi-
digten einer reformierten Kollegin, inspi-        viduen manchmal mehr, als sie es selbst
rierende Inputs von freikirchlichen               wahrnehmen.
Jugendpastoren und erlebte motivierende
Basis-Kongresse, die Christinnen jeglicher        Zwischenkirchliche Zusammenarbeit
Couleur inspirierten.                             bleibt eine Art Pendelbewegung: Das
                                                  Eigene ernst nehmen und wieder das Mit-
Das Miteinander von Kirchen wird zu               einander suchen. Auf meiner Überzeugung
einem grossen Teil von den Menschen be-           beharren und wieder lernen von anderen
stimmt, die gerade daran beteiligt sind.          Überzeugungen. Wir dürfen einander die
Das gilt auf lokaler und nationaler Ebene.        Hand entgegenstrecken, miteinander in
Wo Menschen bereit sind, einander die             dieser Welt ein Zeugnis für Gottes Wirken
Hand zu geben, weil sie erkannt haben,            sein und einander gleichzeitig zugestehen,
dass sie mit allen Unterschieden der Tra-         das Eigene zu pflegen und zu leben. Wir
ditionen zusammengehören, öffnen sich             suchen keinen Einheitsbrei. Die Verschie-
Wege, die wir nicht für möglich gehalten          denheit der Kirchen und Traditionen bietet
hätten. Ich kann demnach durch meine              einer vielfältiger werdenden Welt unter-
eigene Haltung Ökumene aktiv zum Guten            schiedliche Anknüpfungspunkte zu Kirche.
gestalten helfen. Wem ich die Hand ent-           Doch in einer Zeit fortschreitender Säku-
gegenstrecke, der ist gefordert, zu reagie-       larisierung ist das gemeinsame Auftreten
ren. Dadurch entstehen Dialog, Diskussion         als christliche Kirchen für diese Welt im-
und neue Wege. Meine Tradition gibt mir           mer wichtiger. Unsere Welt benötigt drin-
Heimat und kann für andere Heimat sein.           gend Liebe und Respekt allen Menschen
Meine Überzeugung ist wichtig, und ich            gegenüber. Kirchen können das.
soll für sie einstehen.                                                Claudia Haslebacher

Doch Erkenntnis bleibt Stückwerk und ist
nicht ewiggültig. Ich stehe für meine
Überzeugung ein und bin mir bewusst,
dass sie abhängt von meinen persönlichen
Erfahrungen, von der Zeit, in der ich lebe,

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Als Schwestern unterwegs

Im letzten Januar wurde ich von einem reformierten Frau-
enverein eingeladen, als Präsidentin der Evangelischen
Frauen Schweiz (EFS) an einem Grundsatzgespräch teilzu-
nehmen. Der Verein ist schon längere Zeit im Austausch
mit dem katholischen Frauenverein vor Ort: Beide Vereine
haben eine ähnliche Zielgruppe und ähnliche Angebote, die
auf grosses Interesse stossen; bei beiden Vereinen ist es
aber nicht ganz einfach, neue Vorstandsfrauen zu finden.      Gabriela Allemann engagiert
Nun haben sich die Präsidien getroffen, um zu besprechen,     sich als Präsidentin der
ob eine Fusion eine gute Möglichkeit wäre für ihre Vereine.   Evangelischen Frauen Schweiz
Die Frauen machten sich gemeinsam Gedanken über ihre          in verschiedenen Fach­
Angebote, über ihre Ausrichtung, die Finanzen, wie auch       kommissionen, kirchlichen
über ihre Bindungen an die Kirchgemeinde oder Pfarrei.        und politischen Gremien.
Und sie haben entschieden, den Weg der Fusion zu gehen        Während zehn Jahren war sie
und ab nächstem Jahr gemeinsam zu wirken.                     Pfarrerin in Münsingen.
                                                              Sie wohnt mit ihrer Familie
Die Vertreterin des Schweizerisch Katholischen Frauen-        in Olten.
bunds (SKF) und ich als Vertreterin der Evangelischen
Frauen Schweiz (EFS) stehen den beiden Vereinen bera-
tend und begleitend zur Seite in ihrem Prozess, vor Ort,
aber auch mit Dokumenten wie zum Beispiel Mustervor-
lagen für Fusionsverträge. Diese gemeinsame Basis von
Frauenvereinen und ihrer Arbeit ist ein wichtiger Bezugs-
punkt für unsere Arbeit als Schwester-Dachverbände, die
wir uns für eine bessere Sichtbarkeit von Freiwilligen-
arbeit engagieren, die von Frauen geleistet wird. Sie ist
aber auch Bezugspunkt für Solidarität und Unterstüt-
zung, denn die Themen sind durch die unterschiedliche
kircheninterne Stellung der Frauen zum Teil auch sehr
verschieden. So geht es bei unseren jährlichen ökumeni-
schen Vorstandstreffen auch um das Vertiefen des Ver-
ständnisses der jeweils anderen, sowohl bei den inhalt-
lichen Teilen wie auch beim informellen Austausch beim
Kaffee. Daneben kommen die Präsidien zwei Mal jährlich
zusammen, um anstehende Projekte oder politische Stel-
lungnahmen zu besprechen und zu planen. In «normalen»

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Zeiten gehört immer auch das gemein-             kann – denn das muss sie, und dafür ste-
same Zmittag dazu.                               hen wir ein. Konkret haben wir aus der
                                                 Frauensynode auch den Auftrag mitge-
War den EFS in den Jahren nach der               nommen, uns dafür zu engagieren, dass
Gründung 1947 das «evangelisch» vor al-          alle Menschen, die unbezahlte Care-Arbeit
lem auch wichtig in der Abgrenzung zum           leisten, eine gesicherte Existenz haben.
«katholisch», so wurden die ökumenischen         Wir tun dies in weiteren politischen Bünd-
Bande rasch stark, und mit «Schritte ins         nissen, in den Diskussionen um die Alters-
Offene» wurde während 42 Jahren eine             vorsorge oder die Elternzeit.
gemeinsame Verbandszeitschrift heraus-           Die EFS leben die Ökumene auch innerhalb
gegeben. Seit dem letzten Jahr haben die         ihres Verbandes: So gehören das Metho-
EFS und der SKF weiterhin gemeinsam              distische Frauennetzwerk zu uns, die EVP-
Verantwortung übernommen. Der Verein             Frauen, die Heilsarmee Frauenorganisa-
Frauensynode musste aufgelöst werden,            tion wie auch die Frauenvereine der
ebenso der Verein Schweizer Zweig Öku-           reformierten Landeskirche. Gerade bei der
menisches Forum Christlicher Frauen in           Abstimmung zur «Ehe für alle» im vergan-
Europa. Beide Vereine pflegten ökumeni-          genen Jahr war uns ein sorgfältiger Um-
sches Miteinander von Frauen, beide litten       gang mit dieser Vielfalt ein wichtiges An-
an der Schwierigkeit, neue Frauen für die        liegen, und es gelang uns durch Gespräche,
Vorstände zu finden. EFS und SKF, die bei-       eine gemeinsame Haltung zu entwickeln,
den Frauendachverbände, haben die                hinter der die verschiedenen Vereine mit
Schritte bis zur Auflösung gemeinsam be-         Überzeugung stehen konnten. Die EFS und
gleitet und in intensiven Gesprächen nach        ihre Vereine leben Ökumene – in ihrem
Möglichkeiten gesucht, wie die Idee der          alltäglichen Leben!
Frauenökumene lebendig erhalten werden                                  Gabriela Allemann

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Aufbrüche der Frauen

Es war eine Zeit, in der Frauen ihre Vision von Kirche
leben wollten und Begegnungsräume forderten. Die
Schaffung der kirchlichen Frauenstellen der verschiede-
nen Kantonalkirchen ermöglichten diese Frauenprojekte.
Die ökumenische Dekade «Solidarität der Kirchen mit den
Frauen» von 1988 bis 1998 hatte die «Kirchenfrauen» er-
reicht. Ökumene und Vernetzung waren zentral, und es
gab wenig Berührungsängste unter den Frauen. In Basel        Agnes Leu ist feministische
waren die Erinnerungen an das «Frauenboot» an der Öku-       Theologin und evangelische
menischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und         Pfarrerin. Sie war Leiterin der
Bewahrung der Schöpfung von 1989 noch lebendig, die          Frauenprojektstelle im Forum
FrauenFeiern setzten diese Initiative fort. Es waren krea-   für Zeitfragen Basel, Heim­
tive, hoffnungsvolle, lebendige Initiativen von und für      seelsorgerin und Gemeinde­
Frauen.                                                      pfarrerin, seit 2014 in
                                                             Lengnau/BE.
1999: An der Schwelle zum neuen Jahrtausend fand auf
dem Leonhardskirchplatz und in der Leonhardskirche in
Basel das erste regionale ökumenische Frauenkirchenfest
statt. «Von morgens bis in den Abend hinein werden rund
um den Leonhardskirchplatz lautstarke Trommelschläge,
leise Zwischentöne, interessante Gespräche und vielstim-
mige Gesänge zu hören sein», stand im Programm. Der
Titel «Wir hauen auf die Pauke!» zeigte das Selbstbe-
wusstsein und die Aufbruchsstimmung der Initiantinnen
und Leiterinnen der kirchlichen Frauenstellen. Sie wollten
frischen Wind in die alten Räume und in das Festgefah-
rene bringen und «anders» daherkommen.

Rund 200 Frauen nahmen am 11. September 1999 am
ökumenischen Frauenkirchenfest teil. Wohl jede Frau
fand einen Ort ihres Geschmacks – sechzehn Ateliers
standen zur Verfügung. Zum Beispiel: «Den Schatz meines
Willens entdecken» mit Gudrun Rütten, «Katholische Kir-
che aktuell» mit Sr. Uta Fromherz, «Tarot-Schule» mit
Luzia Sutter Rehmann, «die Clownin in mir entdecken»
mit der schwedischen Clownin Inger Erikson, «Befreiung

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durch Tanz» mit Susanne Brunner, «Auf die          loginnen, Laiinnen, Frauen verschiedener
Pauke hauen» mit Regula Schlich-Gerber.            Konfessionen, Kirchenferne, Kirchennahe,
«Die positive Variante einer Zukunftspro-          Ausgetretene, Distanzierte kamen zusam-
gnose» nannte Dorothee Wilhelm von der             men – Frauen auf der Suche nach Spiritu-
Frauenstelle des christlichen Friedens-            alität. Viele ältere kirchlich sozialisierte
dienstes ihr einführendes Referat, das von         Frauen liessen sich ansprechen, selten
Paukenschlägen und Trommelgeplauder                ganz junge, Töchter oder Enkelinnen. Es
untermalt wurde. Es gehe dabei um eine             war die Zeit einer anderen «Kirchenspra-
Vision, nicht um eine einfache Verlänge-           che» – unerhörte Worte in Frauenliturgien,
rung des Bestehenden, sagte die Rednerin.          Gott als Quelle des Lebens, als Sie, die
In der Rolle einer alten, sich erinnernden         EWIGE, Segensworte von Mirjam und De-
und erzählenden Frau sprach sie aus fer-           bora, Hagar, Sara, Rahab und Ruth. Die
ner Zukunft über das gegenwärtige enge             Bibel in gerechter Sprache gab Schwung.
und gewalttätige Jetzt, und wie es sich in
ein feierndes, begehrendes und mystisches          Es war eine grosse Chance, dass an den
Morgen (bzw. Jetzt) verwandelt hat.                öffentlich zugänglichen Orten, in Bil-
                                                   dungshäusern und Kirchen Gottesdienste
Nach einem guten Mittagessen an schön              in neuer Form stattfinden konnten, getra-
gedeckten Tischen unter freiem Himmel              gen, gestaltet, gefeiert von Frauen. Es wa-
führte ein Frauengottesdienst alle Frauen          ren Möglichkeiten, Alltägliches anders zu
(und einige Männer) in der Leonhardskir-           tun. «Anders – wie denn sonst» – das war
che wieder zusammen. Unter dem Leitsatz            das Thema der 3. Schweizer Frauensynode
«Du bist die Quelle tief in der Wüste» gab         2004 in Basel mit rund 600 Teilnehmerin-
der Gottesdienst Raum für Gesang, Tanz,            nen. Auch die Labyrinth-Bewegung in den
Stille, feuriges Trommeln und Stampfen,            90er-Jahren und die neu geschaffenen
Gebet und Segen. Ganz neu trat darin               Labyrinthplätze wurden vor allem von
­Mirjam in Erscheinung, die paukenhau-             Frauen auf der Suche nach Spiritualität
 ende Prophetin – in der jüdischen Legende         besucht. Der Labyrinth-Platz Basel wird in
 gilt sie als Brunnen, der in der Wüste Le-        diesem Jahr 20-jährig.
 benswasser spendet. Das Frauenensemble
 Hekate liess mit der wenig bekannten              Lernräume – Kurse und Seminare zu fe-
 Komponistin Lombardini Sirmen den Frau-           ministischer Theologie für Laiinen und so-
 enkirchentag ausklingen.                          genannte «Basisfrauen» boomten. Theo-
                                                   logie neu entdecken, sich auf die Wurzeln
Zusammen feiern, tanzen, diskutieren               besinnen. Die eigene Geschichte erfor-
entsprach einem grossen Bedürfnis. Theo-           schen, Schwesternschaft entdecken, sich

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anstecken lassen, ermutigen, Eigenes zu            ich bin ganz, ich bin schön.» So forderte
tun. Lebenserfahrungen von Frauen ernst            die «Ökumenische Frauenbewegung Ba-
nehmen, Biografien entdecken, Verschüt-            sel» heraus und schuf ihren eigenen Raum
tetes ausgraben. Leiblichkeit wird zentral.        für Lebendigkeit, Kreativität, Lebens-
Als Frau mit Leib und Seele und Kopf               freude, Ermunterung, Empowerment.
wahr- und ernst genommen werden. Mit                                              Agnes Leu
dem ganzen Körper begreifen und Leib-
lichkeit mit neuer Bedeutung füllen. Leib-         n Quellen: FAMA 4/1999.
lichkeit nicht als Gegensatz von Verstand            Faktenblatt merk.würdig – Frauen – Kirche –
und Gefühl, sondern als Teil des Ganzen.             Theologie seit 1985, Hrsg. Konferenz
«Ganz» nach dem berühmten Motto von                  der kirchlichen Frauen- und Genderstellen
Elisabeth Moltmann-Wendel: «Ich bin gut,             Deutschschweiz

3. Frauensynode, 2004 in Basel

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Nicht Entweder-oder, sondern Sowohl-als-auch

                             Ende der 80er Jahre faszinierte reformierte Feministin-
                             nen die starke weibliche Ausstrahlung der katholischen
                             Mutter Gottes, und Katholikinnen entdeckten neu die
                             biblische Maria, die nach ihrem ersten Sohn Jesus weitere
                             Kinder geboren hatte. Auf dem Podium einer Veranstal-
                             tung zu Maria fragte damals ein leicht verwirrter Refe-
                             rent: «Wer ist denn da jetzt eigentlich katholisch?» Brav
Irene Gysel war neben        streckte ein Teil der Frauen auf. Schade! Es war mir plötz-
En­gagements in vielen       lich klar: Wir hätten alle aufstrecken sollen. Dann hätte
anderen Bereichen Mit­­be­   er wohl weiter gefragt, wer denn nun reformiert sei – und
gründerin der Ökumenischen   wir hätten wiederum alle aufgestreckt. Das wäre nicht
Frauenbewegung. Sie wohnt    nur eine wunderschön-subversive Provokation gewesen,
in Kilchberg, ZH.            es hätte den Tatsachen entsprochen. Ein grosser Teil des
                             Publikums gehörte zur Ökumenischen Frauenbewegung,
                             und sie verstand sich als katholisch im Sinn des Umfas-
                             senden und als reformiert im Sinn der für sie unumgäng-
                             lichen Erneuerung von Theologie und Kirche. Und alle
                             waren sich um vieles näher als den Fundamentalisten in
                             der eigenen Konfession.

                             Warum also nicht Mitglied in beiden Landeskirchen wer-
                             den? 1991 beschloss der Verein Ökumenische Frauenbe-
                             wegung Zürich, diese Möglichkeit mit einer kirchlichen
                             Initiative zu erreichen. Das heisst, es brauchte zwei, eine
                             in jeder Kirche. Eine spannende Zeit mit Gutachten, Refe-
                             raten und Artikeln folgte. Kirchliche Volksinitiativen hatte
                             es bisher noch keine gegeben. Die Knackpunkte waren:
                             Doppelmitglieder müssten in beiden Kirchen Kirchensteuer
                             bezahlen. Gegenüber den hohen Beiträgen, die freikirch-
                             liche Mitglieder entrichten, würde der Betrag jedoch immer
                             noch bescheiden ausfallen. Schwieriger war, dass es auf
                             katholischer Seite nur eine Mitgliedschaft in der öffentlich-
                             rechtlichen Körperschaft geben würde.

                             Nun ging es ans Unterschriften-Sammeln. Zusammen
                             mit Maria Eisele, die auf katholischer Seite federführend

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war, stand ich Wochenende für Wochen-                «Entweder-oder» ist zu einem vorsichtigen
ende mit den gelben katholischen und den             «Sowohl-als-auch» geworden. Wenn wir
blauen reformierten Bogen am Utoquai. Wir            uns in bestimmten Dingen noch für ein
fragten die Passanten: Sind Sie Mitglied             getrenntes Vorgehen entschliessen,
einer Kirche? Viele behaupteten steif und            müsste das begründet werden. Koopera-
fest, sie seien längst in beiden Kirchen Mit-        tion ist die Norm, Alleingang die Abwei-
glied. Überrascht hat uns aber vor allem,            chung. Im Abschnitt zur Gastfreundschaft
dass wir, wenn wir auf jemanden zugingen,            stand zum Erstaunen vieler: «Vielmehr soll
immer sicherer voraussagen konnten, zu               das Gewissen jedes und jeder Einzelnen
welcher Konfession er oder sie gehörte. Wir          respektiert werden, damit sie nach redli-
können uns bis heute nicht erklären warum.           cher Selbstprüfung im Sinne ihrer Konfes-
                                                     sion am Mahl teilnehmen.» Henrici musste
Leider erreichten wir die nötige Anzahl              dafür harsche Reaktionen einstecken, of-
Unterschriften nicht. Der Verein beschloss           fenbar vor allem aus Rom. Das veranlasste
daher, Petitionen einzureichen, die dann             mich, am offiziellen Gespräch des Zürcher
von den Synoden behandelt werden müss-               Kirchenrates mit der Bistumsleitung Chur
ten. Man machte uns ein Alternativange-              den damaligen Bischof Amédée Grab zu
bot: Kirchenratspräsident Ruedi Reich und            bitten, den Ökumenebrief ebenfalls zu
Weihbischof Peter Henrici würden ge-                 unterzeichnen. Nach einer ziemlich lan-
meinsam einen Hirtenbrief verschicken.               gen Schrecksekunde und einem Blick an
Maria Eisele und ich wurden zu einem Ge-             die Decke antwortete er, das sei nicht nö-
spräch eingeladen, an welchem alle Seiten            tig. Was ein Bischof, auch ein Weihbi-
anwesend waren: Präsidien der Exekutiv-              schof, einmal unterzeichnet habe, sei gül-
räte, Weihbischof, Präsidien der Synoden.            tig. Das war immerhin eine mündliche
Fazit: Eine Arbeitsgruppe sollte den Brief           Bestätigung! Henrici sass daneben. Ich
entwerfen. Nach intensiven Diskussionen              bildete mir ein, er habe ein Lachen ver-
unterzeichneten Kirchenratspräsident und             drückt. Leider hat sein Nachfolger Paul
Weihbischof den vierseitigen Ökumene-                Vollmar, als der Brief 2007 von ihm be-
Brief. Er wurde am Bettag 1997 allen Kir-            stätigt werden sollte, den Satz zur Gast-
chenmitgliedern im Kanton Zürich zuge-               freundschaft gestrichen.
stellt. (Ein Ausschnitt aus dem Text befindet        Die Möglichkeit zur Doppelmitgliedschaft
sich in der Rubrik Plattform auf Seite 26.).         gibt es heute nicht. Der Ökumenebrief 1997
                                                     wäre jedoch ein Text, auf den wir uns be-
Hauptaussagen: Längst ist uns bewusst,               rufen könnten für viele weitere subversive
dass unsere Kirchen mehr miteinander                 und bereits umsetzbare Ideen aus der Basis.
verbindet als trennt. Das einst so klare                                           Irene Gysel

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Miteinander feiern

Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen          Du bist der Weg, Herr,
und wird vom Dunkel überweht:                  du bist das Licht.
Am Morgen hast du Lob empfangen,               Du bist der Friede,
zu dir steigt unser Nachtgebet.                verlass uns nicht!
                                               Wehre dem Schrecken,
Die Erde rollt dem Tag entgegen,               der uns bedroht,
wir ruhen aus in deiner Hut                    gib Frieden allen Völkern,
und danken dir, wenn wir uns legen,            banne den Tod!
dass deine Kirche nimmer ruht;
                                               Du bist die Wahrheit,
denn unermüdlich, wie der Schimmer             dein ist das Reich.
des Morgens um die Erde geht,                  Du bist die Liebe,
ist immer ein Gebet und immer                  mach uns dir gleich!
ein Loblied wach, das vor dir steht.           Tilge die Zwietracht,
                                               wo sie uns trennt,
Die Sonne, die uns sinkt, bringt drüben        gib Frieden aller Christenheit,
den Menschen überm Meer das Licht;             die dich bekennt.
und immer wird ein Mund sich üben,
der Dank für deine Taten spricht.              Du bist das Leben
                                               in Ewigkeit.
So sei es, Herr: Die Reiche fallen,            In deinen Händen
dein Thron allein wird nicht zerstört;         ruht unsre Zeit.
dein Reich besteht und wächst,                 Ruf uns mit Namen,
bis allen                                      kehr bei uns ein,
dein grosser, neuer Tag gehört.                gib Frieden allen Herzen,
                                               Herr, wir sind dein.
Das Weltgebetstagslied
Gerhard Valentin, 1964                         Anna Martina Gottschick, 1966
RG 605                                         RG 703

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Das Frauenboot an der Europäischen Ökumenischen Versammlung 1989 in Basel

Gesänge aus Taizé

Christus, dein Licht                           Meine Hoffnung und meine Freude
verklärt unsre Schatten,                       meine Stärke, mein Licht,
lasse nicht zu,                                Christus, meine Zuversicht,
dass das Dunkel zu uns spricht.                auf dich vertrau ich
Christus, dein Licht                           und fürcht mich nicht.
erstrahlt auf der Erde,
und du sagst uns:                              Taizé, 1993
Auch ihr seid das Licht.                       RG 704

Taizé, 1992
RG 169

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Weltgebetstag: informieren, beten, handeln

                                Im Frühling 1970 bekam ich zum ersten Mal ein Liturgie-
                                heft für den Weltgebetstag in die Hand. Eine ältere Kolle-
                                gin aus dem Nachbarsdorf lud mich, die junge Pfarrfrau,
                                ein, unsere Gemeinde im kleinen Vorbereitungsteam unse-
                                rer Region zu vertreten. Das Motto der Liturgie von Frauen
                                aus Deutschland und Österreich war «Mut zum Leben».
                                Unsere Arbeit beschränkte sich darauf, die Texte im Litur-
Salome Christ-Birkhäuser        gieheft mit verteilten Rollen zu lesen und für den Gottes-
ist Pfarrfrau und Präsidentin   dienst vorzubereiten. Es war in unserer Gegend der einzige
des Vereins Evangelische        Gottesdienst, der von Frauen allein vorbereitet und ver-
Zeit­schrift «frauen forum».    antwortet wurde. Die römisch-katholische Kollegin
Sie lebt in Basel.              brauchte dafür sogar noch eine Erlaubnis ihres Priesters.

                                Nach diesem sehr bescheidenen Anfang kam1972 ein
                                neuer Impuls, der die weitere Arbeit für den Weltgebets-
                                tag ungemein belebte. Die Nonne und Lyrikerin Silja Wal-
                                ter schrieb die Liturgie «Freuet Euch». Die «spielende
                                Weisheit» führte durch den Gottesdienst; sie wagte sich
                                an politisch und ökumenisch brisante Themen und setzte
                                sich für die Umwelt und soziale Fragen ein. Alles in einer
                                poetischen Sprache, die auch durch die dazu gehörende
                                Bewegung und Musik beeindruckte. Simone Staehelin-
                                Handschin motivierte damals Jugendliche und Frauen aus
                                allen christlichen Konfessionen und Denominationen des
                                Kantons Schaffhausen, diese grossartige und anspruchs-
                                volle Liturgie gemeinsam zu gestalten. Es war für alle ein
                                ermutigendes Erlebnis.

                                Bald wurden WGT-Vorbereitungskurse in allen Regionen
                                der Schweiz angeboten. Frauen aus Kirchen und Gemein-
                                schaften trafen sich zu einem Wochenende und kehrten
                                dann als Multiplikatorinnen in ihre ­Gemeinden und Pfar-
                                reien zurück. So entstanden viele gute ökumenische Be-
                                ziehungen, und die Ideen aus den Herkunftsländern wur-
                                den mit grosser Kreativität umgesetzt. Wenn sich anfangs
                                eher reformierte Frauen engagiert hatten, emanzipierten

                                            16
schen eine Agape und waren glücklich und
                                                  dankbar für diese Gemeinschaft.

                                                  Eine besondere Herausforderung bedeu-
                                                  tete 1994 die Liturgie «Geht, seht und han-
                                                  delt», die christliche Frauen aus Palästina
                                                  vorbereitet hatten. Allein schon der Text
sich bald auch katholische Frauen und Mit-        hatte uns sehr getroffen, aber auch die kon-
glieder von Freikirchen. Der Weltgebetstag        fliktreiche Lage in Israel beschäftigte uns in
wurde eine verbindende «Bewegung» und             unserer Gruppe sehr. Nach reiflicher Über-
ein tragendes Netz. Die Arbeit in den öku-        legung luden wir eine in der Schweiz le-
menischen Vorbereitungsgruppen intensi-           bende Palästinenserin ein, im Gottesdienst
vierte sich zusehends. Die Liturgie wurde         aus ihrem Leben zu erzählen. Sie sprach so
nun nicht mehr nur «nachgebetet». Wir             emotional und aufwühlend, dass wir uns im
lasen die Texte kritisch, versuchten her-         Nachhinein den Vorwurf gefallen lassen
auszuhören, was uns die Frauen aus dem            mussten, wir hätten eine einseitige Sicht
Herkunftsland wirklich vermitteln wollten.        des Israel-Palästina-Konflikts gegeben. Zum
Wenn möglich, luden wir eine Frau ein, die        Glück waren wir uns im Team einig, dass wir
von dort kam und bei uns lebte. Auch an-          richtig entschieden hatten und dass wir
lässlich des Gottesdienstes selbst war,           auch in Zukunft frei reden wollten.
wenn möglich, eine Landsfrau dabei. Die-
ser kulturelle Austausch war für alle             In den Jahren nach 2000 machte sich
enorm bereichernd und machte unsere               eine Ermüdung beim Engagement für den
Feiern lebendig und authentisch.                  Weltgebetstag bemerkbar. Viele jüngere
                                                  Frauen können sich für eine so intensive
1987 feierten wir im Basler Münster               Vorbereitung die Zeit nicht nehmen. Diese
100 Jahre Weltgebetstag mit einem grossen         Art von ökumenischer Erwachsenenbil-
Gottesdienst, der vom Schweizer Fernsehen         dung «aus eigenem Boden» verdient je-
übertragen wurde. «Kommt, freut euch!»            doch, in welcher Form auch immer, eine
Wiederum leitete Simone Staehelin-Hand-           Fortsetzung. Uns, die wir seit den 70er
schin mit einem Team die Vorbereitungen.          Jahren bis ins neue Jahrtausend dabei wa-
Die Anfänge des Weltgebetstags in Boston          ren, bleiben die prägenden und inspirie-
wurden nachgespielt, es wurde gesungen,           renden Erinnerungen an einen gemeinsa-
musiziert und getanzt. Anstelle der Eucha-        men schwesterlichen Weg in grossem
ristie feierten wir im Gottesdienstraum an        gegenseitigem Respekt.
verschiedenen festlich geschmückten Ti-                           Salome Christ-Birkhäuser

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Unterstützung für Paare in allen Lebenslagen

                                Familien bilden das Rückgrat in unserer Gesellschaft.
                                Zentral für ein solides und tragfähiges Fundament ist die
                                Qualität der Paarbeziehung. Dieser gilt es Sorge zu tra-
                                gen, denn Liebe ist kein Selbstläufer, sondern vielmehr
                                eine zarte Pflanze, die regelmässiger Pflege bedarf. In den
                                1970er Jahren entstanden im Kanton Aargau auf Initia-
                                tive der Landeskirchen mehrere Eheberatungsstellen mit
                                dem Ziel, Paare mit Beziehungsproblemen zu unterstüt-
                                zen, dieses Fundament stark zu halten und Scheidungen
                                vorzubeugen. Dabei kommt die ökumenische Haltung
                                zum Ausdruck: Wir als Kirche wollen gemeinsam Paare
                                und Familien in Not unterstützen. Heute gibt es im Aar-
                                gau fünf kirchlich getragene Ehe- und Paarberatungs-
                                stellen. Eine dieser Stellen ist die IEB, die «Interkonfessio-
Karinna Schärli und Heinz       nelle Ehe- und Paarberatung». Sie wurde 1973 gegründet
Bernegger arbeiten seit         und ist bis heute ein einzigartiger Bestandteil des sozia-
mehreren Jahren als Fachleute   len Angebots im Bezirk Baden. Willkommen sind alle
für Psychotherapie FSP          Menschen, ob sie alleinstehend sind oder in einer Partner-
und systemische Paar-           schaft leben und welchen Alters, Glaubens, welcher Na-
und Familientherapie bei        tionalität oder sexuellen Orientierung sie sind.
der Interkonfessionellen Ehe-
und Paarberatung Baden.         Paarberatungen werden von den Krankenkassen nicht
                                übernommen. Dank des solidarischen Beitrags der refor-
                                mierten, katholischen und christkatholischen Kirchge-
                                meinden des Bezirks Baden ist es möglich, dass wir für
                                unsere Ratsuchenden erschwingliche Tarife anbieten
                                können. Sie sind nach Einkommen und Anzahl Kinder so-
                                zial abgestuft, wobei Kirchenmitglieder aus dem Bezirk
                                Baden einen günstigeren Preis bezahlen.

                                Was die IEB von den anderen Stellen im Kanton Aargau
                                unterscheidet, ist, dass sie durch lic. iur. Nathalie Gadola-
                                Dürler auch Beratungen in Rechtsfragen und Trennungs-
                                und Scheidungsmediationen anbietet. Sowohl Paarbera-
                                tungen als auch Mediationen werden in mehreren
                                Sprachen angeboten. Paarberatungen in Deutsch, Eng-

                                             18
lisch, Italienisch, Spanisch und Portugie-          Rolle sollen die Herkunftsfamilien spielen?
sisch, Mediationen in Deutsch, Englisch,            Entscheidend ist, dass nicht diese Unter-
Französisch und Spanisch.                           schiede das Problem sind, sondern unser
                                                    Umgang damit. Erst wenn wir eine Wer-
In den letzten fast 50 Jahren, in welchen           tung hineinbringen «meins ist richtiger,
die IEB nun Beratungen für Paare anbietet,          wichtiger als deins», entsteht ein Un-
haben sich die Fragestellungen verändert.           gleichgewicht und ein Gefühl, dass einer
Hauptgründe, die IEB aufzusuchen, sind              den anderen von oben herab behandelt.
heute Konflikte oder Kommunikationspro-             Dafür haben Menschen sehr feine Senso-
bleme. Häufige Themen sind auch Fremd-              ren und reagieren entsprechend sensibel
gehen, sich auseinandergelebt haben oder            darauf, bis hin zum heftigen Streit. Bei
auch unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse          unserer Arbeit mit Unterschieden geht es
und Wünsche. Lebensübergänge können in              in erster Linie darum, dass unsere Klien-
einer Partnerschaft kritische Momente               tinnen und Klienten eine innere Haltung
sein, wenn zum Beispiel aus einem Paar              annehmen können, welche von Offenheit
eine Familie wird oder die Kinder flügge            und Akzeptanz für die unterschiedlichen
werden und ausziehen, aber auch anläss-             Bedürfnisse und Werte des Partners resp.
lich der Pensionierung oder bei einer Krank-        der Partnerin geprägt ist und sich durch
heit der Partnerin oder des Partners.               Flexibilität im Aushandeln von Kompro-
                                                    missen auszeichnet. Unterschiede und
70 Prozent aller Paarkonflikte entstehen            persönliche Vielfalt können immer auch
aus unterschiedlichen Bedürfnissen oder             eine Bereicherung (und nicht eine Bedro-
Wertvorstellungen in verschiedensten Be-            hung) für eine Partnerschaft sein und
reichen: unterschiedliche Kulturen, aus             gegenseitiges persönliches Wachstum be-
denen Menschen kommen, unterschied-                 günstigen, wenn wir dazu offen sind, die
liche Auffassungen von Ordnung und                  individuellen Bedürfnisse und Wünsche
Sauberkeit, Planung oder Spontaneität …             als gleichwertig zu behandeln und dem
Kulturelle oder auch religiöse Unter-               Gegenüber respektvoll zuzuhören.
schiede (hier sind in erster Linie Paare mit                                 Karinna Schärli
christlichem und zum Beispiel muslimi-                                       Heinz Bernegger
schem Hintergrund gemeint) können sehr
herausfordernd sein und machen sich in              n Interkonfessionelle Ehe- und Paarberatung
einer Beziehung oftmals erst relativ spät             Baden (IEB): www.ieb-baden.ch
bemerkbar. Zum Beispiel, wenn Kinder auf              Verzeichnis der Ehe- und Paarberatungs­
die Welt kommen: In welcher Religion sol-             stellen im Kanton Aargau:
len die Kinder erzogen werden? Welche                 www.eheberatung-aargau.ch

                                               19
Wir haben es einfach gemacht

Angefangen hatte es mit einem Treffen              Mutig waren wir, denke ich heute. Oder
junger Mütter im Kirchgemeindehaus. Sie            leichtsinnig? Ich weiss noch, dass der Tod
kamen, weil sie ihren Kindern etwas vom            viel zu reden gab. Und dann machten wir
und zum Glauben geben wollten. Aber                es: In der dunklen Krypta strahlte ein Licht-
«der Glaube», der war damals noch nach             bild auf, das Bild eines offenen Tors, ein
Konfession geordnet: Pfarrei oder Kirch-           Blick in eine helle, grenzenlose Weite. Ich
gemeinde? Pfarrer oder Priester? Zur               hatte Tränen. Wie es bei den Kindern an-
Messe gehen oder in die Predigt? Sonn-             kam? Ich weiss es nicht. Ich kann mich
tagschule oder Christenlehre? «Weisst du,»         nicht an Erschrecken oder Weinen oder
vertraute mir eine von ihnen an: «uns hat          Ängste erinnern, wie es befürchtet worden
der Pfarrer damals verboten, mit den Pro-          war. Aber es ist vor allem eine andere Er-
testanten zu verkehren». Mir war, sie frage        innerung, die geblieben ist: Wir hatten ge-
sich, ob sie nun da, mit uns, etwas Unge-          plant, Feuer, Wasser, Mond und Sterne
höriges wage. 20 Jahre später erzählte sie         droben auf der Terrasse beim Wald zu fei-
es wieder, nun wie eine unverständliche            ern, dort gab es eine Feuerstelle und einen
fremde Sage aus alten Zeiten.                      Brunnen. Bei Vollmond sollte es sein. Aber
                                                   wann war Vollmond? Und wann ging er
Jenes erste Treffen also: Niemand fragte           auf? Ich war nicht sicher, ob wir den exak-
nach der Konfession. Die Frage war: Wie            ten Zeitpunkt gefunden hatten. Und ob der
machen wir es? Das, was wir wollen. Und            Mond von dort aus überhaupt zu sehen
was wollen wir denn eigentlich? Am                 wäre. Aber wir wussten ja auch nicht, ob
Schluss blieb eine kleine Gruppe dabei. Die        der Himmel klar sein würde. Also machten
hatte beschlossen: Wir machen Feiern für           wir es einfach. Droben am Waldrand:­
unsere kleinen Kinder. Feiern in einer Kir-        ­Wasser, Erde, Feuer, Luft, alles war da –
che. Wir fragten ganz lieb den Sigrist und          schauen, spüren, staunen … Der Abend
informierten wahrscheinlich den Pfarrer.            dunkelte ein. Der Himmel war klar. Und
Und dann machten wir es einfach. Feiern             mondlos. Es wurde Zeit zum Heimgehen.
mit Singen und Beten und einer Ge-                  Und da, als wir aufs freie Feld kamen, die
schichte. Einmal war es sogar die Taufe             kleinen Kinder mit ihren Müttern und ein
von zwei Kindern aus Indien, die hier eine          paar Vätern, in einer rosablauen Abend-
Familie gefunden hatten.                            stimmung, etwas enttäuscht zwar, aber
                                                    doch zufrieden – da: Schaut, dort! Dort am
Einmal – und das war der Höhepunkt – der            Horizont – der Mond! Er steigt auf, rot-
Sonnengesang: Franz von Assisis Lob der             golden, gross, vollkommen rund!
Schöpfung – Sonne, Mond und Sterne,                                              Käthi Koenig
Feuer, Luft, Erde und Wasser. Und der Tod.

                                              20
Liebe Kinder

Vom 12. bis 21. Mai 1989 fand in Basel              Eurem Haus wohnen könnten. Wir haben
die Europäische Ökumenische Versamm-                nachgedacht und gebetet und wieder
lung Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung               nachgedacht, was zu tun ist mit einer
der Schöpfung statt. Delegierte aus ganz            Welt, die wir Euch ziemlich kaputt über-
Europa kamen zusammen. Zu den Vor-                  geben müssen. Dann haben wir die Ergeb-
bereitungsdokumenten gehörte auch ein               nisse aufgeschrieben. Hier sind die wich-
«Brief an die Kinder», der an der Ökume-            tigsten: Wir alle müssen aufpassen, dass
nischen Versammlung in Dresden im Ap-               es noch lange Zeit Bäume gibt, die in
ril 1989 verfasst worden war.                       einen blauen Himmel wachsen können.
                                                    Wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass
Die Erde, auf der wir leben, ist sehr be-           niemand mehr einen anderen Menschen
droht. Schuld daran sind wir, die Erwach-           in einem Krieg erschiesst. Wir alle müssen
senen. Aber einige haben es doch noch               teilen lernen, dass niemand mehr verhun-
gemerkt. Deswegen haben sich zum dritten            gert. Wir alle müssen uns darum bemühen,
Mal viele Menschen getroffen, um darüber            dass jeder kleine und jeder grosse Mensch
nachzudenken, was zur Rettung der Erde              sicher und geschützt in einer heilen Natur
geschehen muss. Das ganz Besondere an               leben kann … Wenn wir müde geworden
diesem Treffen war, dass es Leute sind, die         sind, sollt Ihr an unsere Stelle treten. Das
alle an den einen Gott glauben, das aber            ist eine schwere Aufgabe, auf die man vor-
auf verschiedene Weise tun. Man kann                bereitet sein muss …
auch Ökumenische Versammlung dazu sa-               Wir grüssen Euch und danken, dass Ihr uns
gen, und die Leute nennen sich Delegierte.          zugehört habt. Friede sei mit Euch
Aber eigentlich sind sie Mütter und Väter,          Schalom
Grossväter und Grossmütter, Geschwister                                        Die Delegierten
oder Paten; kurz: Es sind Leute, die auch in                der Ökumenischen Versammlung

Kinder tragen in Basel das Friedensband vom Münster zum Tagungsort.

                                               21
Der Ökumenische Rat der Kirchen

Was unter den christlichen Gemeinden in             sammlung ist aber auch ein Fest des
den einzelnen Ländern an Zusammen-                  Glaubens mit Gottesdiensten, Workshops
arbeit gepflegt wird, geschieht im Grossen          und vielfältigen Möglichkeiten zu Begeg-
im Ökumenischen Rat der Kirchen, der                nungen und Verständigung.
seinen Sitz in Genf hat. In ihm sind Kir-
chen und Denominationen aus der ganzen              Nach der ersten Vollversammlung von
Welt vertreten.                                     1948 in Amsterdam und der vierten 1968
                                                    in Uppsala findet wieder einmal eine Ver-
Ein Zusammenschluss der christlichen Kir-           sammlung in Europa statt, nämlich vom
chen wurde schon 1937 / 38 von leitenden            31. August bis zum 8. September in Karls-
Persönlichkeiten aus mehr als 100 Kirchen           ruhe. Wegen der Pandemie musste sie von
vorgeschlagen. Der Zweite Weltkrieg ver-            2021 auf 2022 verschoben werden. Die
zögerte jedoch das Vorhaben; die offizielle         Evangelische Kirche Schweiz gehört mit
Gründung fand erst 1948 anlässlich der              zu den Gastgeberinnen, zusammen mit
ersten Vollversammlung in Amsterdam                 Kirchen und kirchlichen Organisationen in
statt. Damals waren es 149 Mitgliedskir-            Deutschland und im Elsass. Einzelperso-
chen, heute sind es 345, das sind über              nen und Gruppen aus Kirchgemeinden
580 Millionen Christinnen und Christen.             sind eingeladen, an dem grossen Ereignis
Von den 60er Jahren an kamen zu den vor-            teilzunehmen. Reisegruppen, die aus einer
wiegend protestantischen Mitgliedern or-            oder mehreren Kirchgemeinden bestehen,
thodoxe Kirchen des Ostens und unabhän-             werden von der Evangelischen Kirche
gig gewordene Kirchen aus ehemaligen                Schweiz finanziell unterstützt. Einzelper-
Kolonialgebieten des Südens. Die Römisch-           sonen können sich einer interkantonalen
katholische Kirche ist nicht Mitglied; seit         Reisegruppe anschliessen, wie sie von den
dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben              Kantonalkirchen Bern-Jura-Solothurn,
sich jedoch die Beziehungen zwischen den            Zürich und St. Gallen organisiert werden.
Katholiken und dem ÖRK verbessert.                  Die Registrierung von Reisegruppen für
                                                    die Teilnahme am Programm sowie für
In der Regel alle acht Jahre versammeln             Hotelübernachtungen ist auf einem eige-
sich Delegierte aus allen Mitgliedsländern          nen Buchungsportal möglich:
zur Vollversammlung, dem Entscheidungs-             www.oeme.ch/karlsruhe
gremium des Ökumenischen Rates. Dieser                                                     kk
Anlass stellt die Weichen für die Zukunft
der Institution, sie berät sich in Glaubens-        n Quellen:
fragen und nimmt Stellung zu gesell-                  www.oikoumene.org
schaftlichen Entwicklungen. Die Ver-                  www.oeme.ch/karlsruhe

                                               22
Die ökumenische Kampagne

Vor 50 Jahren erlebten wir einen Aufbruch              sam organisiert worden waren, erhielten
in vielen Bereichen der Gesellschaft: bei den          jetzt sozusagen ein offizielles ökumeni-
Frauen, in der Kirche, in der Politik. Die ver-        sches Label. Gäste aus den Ländern des
schiedenen Impulse verstärkten sich gegen-             Südens besuchen die Gemeinden, jedes
seitig. «Entwicklungshilfe» wurde nun be-              Jahr wird ein anderes Thema vertieft. 1994
wusst in einen politischen Zusammenhang                war es Geschlechtergerechtigkeit, 2010
gebracht, und man forderte Reformen und                der Welthandel, 2022 «Klimagerechtig-
neue Wege, auch in der Wirtschaft. Dabei               keit». Der Fastenkalender begleitet durch
war die «Ökumenische Kampagne» der                     diese Zeit und gibt mit einem träfen Satz
Hilfswerke ein wichtiges Instrument. Von               oder einem provokativen Bibelspruch und
1969 an traten Brot für alle, damals noch              Hintergrundinformationen Gedankenan-
Brot für Brüder, und Fastenopfer in der                stösse. In Fastengruppen kommen Men-
Passionszeit gemeinsam in der Öffentlich-              schen zusammen – Konfession? Neben­
keit auf mit Informationen, Anlässen und               sache! Der Rosenverkauf im März ist ein
Sammlungen. Die Suppentage, die in vie-                farbenfrohes Zeichen für die Solidarität
len Gemeinden schon vorher von refor-                  zwischen Nord und Süd, und sie ist heute
mierten und katholischen Frauen gemein-                nötiger denn je.                       kk

                                                  23
«mächtig stolz»

Ein Blick in die Geschichte der Frauenbe-            logische Forschung vorangetrieben haben.
wegung zeigt, wie wichtig und nötig es ist,          Rund 70 Akteurinnen von damals und
die eigene Geschichte zu dokumentieren,              heute zeigen in ihren Beiträgen die An-
damit deren Aufbrüche und Errungenschaf-             fänge und Entwicklungen der feministi-
ten nicht wieder vergessen gehen. Dies soll          schen Theologie und der Frauen-Kirche-
mit dem Buch «mächtig stolz» verhindert              Bewegung in der Schweiz auf. Carmen Jud,
werden, das im Mai 2022 erscheinen wird:             Elisabeth Aeberli und Monika Hungerbüh-
Es geht darin um das Sicht­barmachen und             ler zum Beispiel berichten über die Frauen-
die Würdigung der feministisch-theologi-             Kirchen-Feste in Graubünden, Interlaken
schen Bewegung in der Schweiz. Diese war             und Basel; Agnes Leu schreibt über den
von Anfang an ganz selbstverständlich öku-           Labyrinthplatz Basel, Li Hangartner über
menisch ausgerichtet. Die vielfältigen femi-         Liturgiewerkstätten, Gabrielle Zangger-
nistisch-theologischen Initiativen und Pro-          Derron über die Zeitschift «Schritte ins Of-
jekte haben viele Frauen von der Last einer          fene». Das reiche und vielfältige Erbe, das
patriarchalen Theologie befreit, welche              in diesem Buch dokumentiert wird, soll
Frauen zu minderwertigen und sündigen                aber auch zum Weitergehen anstossen und
Wesen gemacht und das Selbstwertgefühl               als Reservoir an Ideen an die nächste Ge-
vieler Frauen beschädigt hatte. Sie haben            neration von jungen Theologinnen und
christliche Frauen ermächtigt, die biblische         Frauenbewegten weitergegeben werden.
Botschaft als eine Befreiungsbotschaft zu                                         Doris Strahm
entdecken. Unzählige Frauen haben sich
dank feministischer Theologie von einem              «mächtig stolz». 40 Jahre Feministische
Gottesbild verabschieden können, das die             Theologie und FrauenKirche in der Schweiz,
Herr-schaft von Männern religiös legiti-             hg. von Doris Strahm und Silvia Strahm
mierte, und sie haben gelernt, sich als «Got-        ­Bernet, unter Mitarbeit von Monika
tes selbstbewusste Töchter» zu verstehen.             Hungerbühler, ca. 300 Seiten (inkl. Abb.
                                                      in Farbe), eFeF-Verlag, 2022. 300 S., Fr. 40.–.
Mächtig stolz, ja, das können sie also sein,
die vielen Frauen, die in den letzten rund           n Vernissagen:
40 Jahren feministisch-theologische Pro-               Basel: 11. Mai 2022,
jekte und Initiativen ins Leben gerufen,               Offene Kirche Elisabethen, 18–20 Uhr
kirchliche Frauen- und Genderstellen ge-               Luzern: 14. Mai 2022, Maihof
leitet, Bildungsarbeit gemacht, Zeitschrif-            Zürich: 18. Mai 2022,
ten gegründet, Frauengottesdienste gefei-               Fraumünster, 18–20 Uhr
ert, Netzwerke aufgebaut, neue spirituelle             Bern: 24. Mai 2022,
Räume geschaffen und feministisch-theo-                Offene Kirche Heilig Geist, 18–20 Uhr

                                                24
Hilfreiche Bücher für die Gemeinschaft

                                                                                                 DIE BÜCHERSEITE
Evangelisch-reformiertes Gesangbuch                 Buch dabei vor allem an den Verhältnissen
Unser Reformiertes Gesangbuch enthält               in Deutschland – und lässt auch nur we-
eine grosse Anzahl von Liedern, die sich            nige Frauen zu Wort kommen.
für ökumenische Gottesdienste eignen                cmz-Verlag, 2014, 256 S., Fr. 25.90
und als solche gekennzeichnet sind. Mit
den enthaltenen biblischen Texten, Gebe-            Helmut Fischer:
ten und Gedichten eignet es sich aber               Gemeinsames Abendmahl?
auch als persönliches Andachtsbuch oder             Zum Abendmahlsverständnis
bei der seelsorgerlichen Begleitung.                der grossen Konfessionen
TVZ und Friedrich Reinhardt-Verlag, 2013,           Der Theologe und Erwachsenenbildner Hel-
1132 S. Fr. 28.–. Grossdruckausgabe Fr. 48.–        mut Fischer gibt einen Überblick über die
                                                    neutestamentlichen Mahlgemeinschaften
Rise up plus, Ökumenisches Liederbuch               bis hin zur Entwicklung des Abendmahls-
Über 230 neue geistliche Lieder aus Pop             verständnisses innerhalb der Geschichte
und Gospel für religiöse Feiern, Gebete             und in den verschiedenen Konfessionen.
und meditative und kritische Texte.                 TVZ, 2009, 78 S., Fr. 15.00
TVZ, 2018. 384 S., Fr. 16.80
                                                    Helmut Fischer: Einheit der Kirche?
Die Gesänge aus Taizé                               Zum Kirchenverständnis der grossen
Mehrsprachiges Liederbuch, heraus­                  Konfessionen
gegeben von der Communauté de Taizé                 Der Autor zeigt die verschiedenen Kir-
Die Lieder aus Taizé entstanden für die             chenstrukturen mit ihren Gemeinsamkei-
Jugend-Treffen in der Communauté. In-               ten und Unterschieden und entfaltet das
zwischen gehören sie weltweit zu den ver-           jeweilige Selbstverständnis der Kirchen
breitetsten und beliebtesten geistlichen            aus ihren offiziellen Dokumenten.
Gesängen.                                           TVZ, 2010, 160 S., Fr. 20.–
Herder-Verlag, 2014. 112 S. Fr. 9.90
                                                    Gute Nachricht
Michael Meyer-Blanck, Walter Fürst:                 Diese Bibelübersetzung entstand in der
Typisch katholisch – typisch evangelisch            Zusammenarbeit der katholischen und
Glaubenssätze und -traditionen werden               evangelischen Bibelwerke und der Freikir-
nachei­nander aus katholischer und aus              chen. Mit Erläuterungen und Sachinfor-
evangelischer Sicht dargestellt. Zum Bei-           mationen.
spiel die Themen Kirche und Amt, Eucha-             Deutsche Bibelgesellschaft, 2018. 1500 S.,
ristie und Abendmahl, Frauen in der Ge-             Fr. 18.90
meinde … Allerdings orientiert sich das

                                               25
Liebe Brüder und Schwestern …
DIE PLATTFORM

                Im September 1997 wandten sich der                nach redlicher Selbstprüfung im Sinne
                Zürcher Kirchenratspräsident Ruedi Reich          ihrer Konfession am Mahl teilnehmen.
                und Weihbischof Peter Henrici mit einem           Durch eine Erwägung der konfessionellen
                Ökumenebrief an die reformierten und              Unterschiede im Eucharistieverständnis
                katholischen Gemeinden des Kantons Zü-            wird man nicht zuletzt den Glauben der
                rich. (Siehe Bericht von Irene Gysel auf          anderen Konfession besser verstehen und
                Seite 13). Daraus stammt der folgende Ab-         das beiden Konfessionen Gemeinsame
                schnitt über die gegenseitige Gastfreund-         schätzen lernen …
                schaft zwischen den Kirchen.

                Liebe Brüder und Schwestern, längst ist                IMPRESSUM

                uns bewusst, dass unsere Kirchen mehr ver-

                                                                      Adressänderungen, Druck und Versand:
                bindet als trennt. Wir sind überzeugt davon,

                                                                      Schweiz: Fr. 38.–, Ausland: Fr. 46.–,

                                                                      Länggassstrasse 65, Postfach 726,
                dass wir alle, ob wir nun der römisch-katho-
                                                                      Geschäftsstelle, Margrit Holstein,
                                                                      Abonnemente, Einzelnummern:

                                                                      www.zeitschrift-frauenforum.ch

                                                                      3000 Bern 9, Tel. 031 307 75 75
                                                                      Hagenbachstrasse 7, 4052 Basel

                lischen oder der evangelisch-reformierten

                                                                      info@ldb.ch, www.ldb.ch
                                                                      Länggass Druck AG Bern,
                                                                      frauenforum@solnet.ch

                Kirche angehören, Glieder an dem einen
                                                                      Einzelnummer: Fr. 7.–
                                                                      Abonnementspreis:
                Leib Christi sind. Alles, was für unser christ-
                                                                      Tel. 061 311 06 73

                liches Leben entscheidend ist, ist uns ge-

                                                                                                                                                 Titelbild und S. 11: Tula Roy n S. 3, Foto Christine Stark: Oscar Alessio, SRF n S. 8: Caroline Krüger n
                meinsam: die eine Taufe, die Ehrfurcht vor
                dem Wort Gottes, das Bekenntnis zu Jesus
                Christus, die Verpflichtung zu einem Leben

                                                                                                                                                 S. 15: Jürg Gasser / HEKS n S. 17: zVg n S. 21: Peter Williams / WCC n S. 23: HEKS / Bfa.
                aus dem Geist des Evangeliums …
                                                                                                               Weststrasse 38, 4242 Laufen

                Eucharistische Gastfreundschaft
                                                                                                               koenig.laufen@bluewin.ch
                                                                                   Parkstrasse 50, 3014 Bern

                                                                                   christa.amstutz@gmx.ch
                                                                                   Christa Amstutz Gafner

                … Für die katholische Kirche ist dagegen die
                                                                                                               Käthi Koenig-Siegrist
                                                                                   Tel. 031 332 55 47

                                                                                                               Tel. 061 761 25 79

                Eucharistie so sehr das Zeichen der Kir-
                cheneinheit, dass sie erst in einer geeinten
                                                                      Redaktion:

                Kirche gemeinsam gefeiert werden kann.
                … In manchen Gemeinden beider Konfes-
                sionen wird schon heute als Vorwegnahme
                dieser Einheit eucharistische Gastfreund-
                schaft geübt. Sinn dieser Gastfreund-
                                                                                                               St. Alban-Anlage 37, 4052 Basel
                                                                      ­Evangelischen Frauenhilfe (SEF)

                                                                                                               Verein Evangelische Zeitschrift

                schaft kann es nicht sein, dass Menschen
                                                                                                               Frauen Forum, Präsidentin:
                                                                                                               Salome Christ-Birkhäuser,
                                                                      von der Schweizerischen

                                                                       Erscheint 8 Mal pro Jahr
                                                                      Evangelische Zeitschrift,

                unvorbereitet am Mahl teilnehmen. Viel-
                                                                      83. Jg., gegründet 1939
                                                                      frauen forum Nr. 2

                mehr soll das Gewissen jedes und jeder
                                                                                                                                                 BILDNACHWEIS

                Einzelnen respektiert werden, damit sie
                                                                                                               Herausgeber:
                                                                      März 2022
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