Künstliche Natur - natürliche Kunst 20 / 21 - PHBern
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Praktikumsdokumentation PH Bern MA Art Education Hochschule der Künste Bern 20 /21 Künstliche Natur – natürliche Kunst Festgehalten in einem Gipsobjekt Lara Caluori Bildnerisches Gestalten Gymnasium Burgdorf Januar 2021 – April 2021
Praktikumsdokumentation Praktikantin: Lara Caluori Mentorin: Gila Kolb Praktikumsbetreuung: Eliane Hürlimann Layoutkonzept: Stéphanie Winkler Alle Rechte bei den AutorInnen. Die Dokumentation entstand im Rahmen des Studiengangs MA Art Education in den Seminaren Fachdidaktik I und II an der HKB und PHBern.
Intro 04 Grundlagen 05 Analysen 08 Planung 14 Realisation 16 Reflexion 40 Ausstellung 41 Materialien 48 Quellen 54
04 | 05 Intro Bergahornast, gen, materielle Übersetzungsprozesse und Transfor- Wäscheklammer, Ohrring, mationen von künstlichen und natürlichen Materiali- Penxo-Bleistift, Golfball, en. Ausgehend von persönlichen Sammlungen wurde Muschel, Goldvreneli, die Frage nach der Künstlichkeit und der Natürlich- PET-Flasche, Planetengetriebe, keit von alltäglichen Gegenständen und Organismen Lindenholzstück, Propeller, untersucht. Mithilfe von Materialrecherchen wurden Unihockeyball, Lego Baustein, Eigenschaften und Bedeutungen der Materialien er- Kokosnuss, Rauchquarz, gründet. Mit ausgewählten Sammlungsobjekten wur- Bienenwachs, Polyesterfasern, den Abdrücke in Ton gemacht, Oberflächenstrukturen Fünffrankenstück, Personico, gesucht, entfremdet und experimentell nach Mustern Strassarmband, Nickel-Ohrring, gesucht. Aus den Tonplatten entstanden Negativfor- Tablettenverpackung men, welche mit eingefärbtem Gips ausgegossen wur- den. Ein weiterer Fokus lag auf der haptischen und Von welchen natürlichen und künstlichen Materialien inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Materialien sind wir umgeben? Gips und Ton. Die entstandenen Objekte wurden in einer letzten Sequenz mit digitaler Fotografie in der Was befindet sich in einer Zeit des Klimawandels an Fotobox sachlich dokumentiert. der Grenze des Natürlichen und Künstlichen? In diesem Bericht lege ich einen Fokus auf die Erfah- Wie lassen sich ökologische Fragestellungen in einer rungen, welche ich in der Auseinandersetzung mit der BG-Unterrichtseinheit einbringen? folgenden Frage gemacht habe: Was ist eine vernetzte, ökologisch-orientierte Wie kann ich das komplexes Thema Ökologie, Kunst Kunstpädagogik? und Klimawandel im Grundlagenfach Bildnerisches Gestalten am Gymnasium in der begrenzten Zeit eines Wie kann das Konzept der ästhetischen Forschung in Fachpraktikums einbringen und mit Aspekten der äs- einem Praktikumssetting adaptiert werden? thetischen Forschung verknüpfen? Wie kann des Nachdenken über den Klimawandel Im Kapitel Grundlage schildere ich die Voraussetzun- Teil des BG-Unterrichts werden? gen der Schule und der Lernenden. Mit der Sachana- lyse umrahme ich die theoretische Diskurslandschaft Wie kann ein Bewusstsein für unser alltägliches Han- von Künstlicher Natur – natürlicher Kunst (Kunst und deln im Umgang mit der Umwelt geschaffen werden? Klimawandel) in Bezug auf fachlich-inhaltliche The- men des bildnerischen Gestaltens und nehme Bezug Auf diesen Fragen basiert das Unterrichtsprojekt auf das Konzept der ästhetischen Forschung. In der Künstliche Natur – natürliche Kunst. Festgehalten in didaktischen Analyse analysiere ich die Umsetzung einem Gipsobjekt, welches im Rahmen meines Fach- der zu vermittelten Inhalte und gehe auf Schlüsselmo- praktikum am Gymnasium Burgdorf realisiert wurde. mente im erteilten Unterricht ein. Darauffolgend be- Im Zentrum der Unterrichtseinheit steht das Thema schreibe, analysiere und reflektiere ich die einzelnen Kunst und Klimawandel; ökologische Fragestellun- Unterrichtssequenzen.
LARA CALUORI 01 Das Hauptgebäude des Gymnasiums Burgdorf 02 Die Turnhallte Gsteig mit dem Werkraum W 03 Das Schulzimmer W (vorderer Teil) 04 Das Schulzimmer W (hinterer Teil) Grundlagen Praktikumsort Konzeption der Unterrichtseinheit Das Gymnasium Burgdorf befindet sich, erhoben über Eliane Hürlimann gab mir grosse Freiheiten in der der Stadt, auf dem Burgdorfer Hügel Gsteig. Vom Gym- Konzeption der Unterrichtseinheit, wodurch ich die nasium aus hat man eine wunderbare Sicht auf den Möglichkeit hatte, meine eigenen Interessen, pädago- Einzug des Emmentals. Die LP der Fachschaft Bild- gischen Anliegen und künstlerischen Schwerpunkt- nerisches Gestalten unterrichten sowohl in Räum- gebiete stark in die Planung einfliessen zu lassen. Für lichkeiten des Hauptgebäudes, als auch im daneben die Konzeption knüpfte ich an die vorher erlernten gelegenen Gebäude im alten Werkraum (W) unter der Kompetenzen der Klasse an. Ich intendierte, die drei- Turnhalle. dimensionalen Fähigkeiten der S*S kurz vor ihrem Maturaabschluss zu vertiefen, an vorhandenem anzu- Institutionelle Rahmenbedingungen knüpfen (Musterrapport, dreidimensionales Gestalten Das Unterrichtsprojekt Künstliche Natur - natürliche mit dem Material Ton) sowie neue Materialien und Kunst wurde im Schulzimmer W durchgeführt. Da Verfahren einzubringen (Gipsguss, digitale Fotografie). es sich beim Schulzimmer um den ehemaligen Wer- kraum handelt, eignete sich die Infrastruktur hervor- ragend für das geplante dreidimensionale Projekt; das Schulzimmer ist sehr geräumig, besteht aus einem vorderen Teil mit Teamtischen, einem Pult für Lehr- personen, einem Gruppentisch und einem hinteren Teil mit zwei weiteren Gruppentischen, Computer- stationen, einem Brennofen und einem Lavabo.Der hintere Teil des Zimmers ist durch Säulen vom vor- deren Teil abgetrennt und liesse sich zusätzlich mit Vorhängen trennen. Neben dem Schulzimmer befand sich eine kleine Werkstatt, welche ich als ergänzenden Raum benutzen konnte. Voraussetzungen Zielgruppe Die Klasse 21a, mit welcher dieses Unterrichtsprojekt durchgeführt wurde, bestand im BG aus 16 S*S, welche im Schwerpunktfach Anwendungen der Mathema- 01 tik sowie Sprachen belegten. Die Klasse hatte bereits einige Erfahrungen mit dreidimensionalem Gestalten gesammelt. Bei Eliane Hürlimann hatten sie in der GYM 3 einen Berg aus Seife geschnitzt, also subtrak- tiv skulptural gearbeitet. Vor meiner erteilten Unter- richtseinheit hatte die Klasse mit Ton Pilzskulpturen kreiert – nach einer fotografischen Vorlage gestalteten sie eine detailreiche Pilzfamilie, welche im Anschluss gebrannt wurde. Dieses Projekt basierte auf genauem Betrachten der Vorlagen und erforderte räumliches Vorstellungsvermögen für die dreidimensionale Um- setzung der Pilze. Vor dieser skulpturalen Arbeit be- fasste sich die Klasse mit Linoldruck und Mustern – sie gestalteten einen Stempel und setzten damit einen Abdruckrapport auf Papier um. 02
LARA CALUORI 05 Center for PostNatural History, Ausstellungsraum, Pittsburgh, USA Sachanalyse Naturkunst, Kunstnatur, Artifizielle Natur, Postnatur, bellion, streiken an den FridaysforFuture und rufen Nach der Natur – aktivistisch zu klimapolitischer Veränderung auf. Auch Was bedeuten die Begriffe „Künstlich“ und „Natürlich“ von bildungspolitischer Seite ist Nachhaltigkeit und in einer Zeit der ökologischen Krise? der Klimawandel ein verstärktes Anliegen, beispiels- Was befindet sich an der Grenze des Künstlichen und weise im Sinne der Bildung für Nachhaltige Entwick- des Natürlichen? lung (BNE).4 Der kürzlich erschienenen Kopaed-Pu- blikation Wir retten die Welt. Kunstpädagogik und In aktuellen ökologisch orientierten sozialwissen- Ökologie (2020) entnehme ich jedoch, dass die vorge- schaftlichen und kunsthistorischen Diskursen wird schlagenen Unterrichtsformate zum Thema in einem versucht, die Grenzen zwischen Künstlichkeit und Na- sehr traditionellen BG-Unterricht verhaftet sind.5 Die türlichkeit auszuloten um damit auf deren Untrenn- Zeitschrift Education21 hingegen hat ein umfangrei- barkeit hinzuweisen; es werden neue und alternative ches Themendossier zum Thema Klimawandel, Kli- Begriffe und Konzepte für gängige Natur-Kultur-Di- maschutz und Klimapolitik für den Unterricht erarbei- chotomien gesucht. Die Frage nach der Künstlichkeit tet.6 und Natürlichkeit der uns umgebenden lebenden und Die gestalterisch-ästhetische Auseinandersetzung mit nicht-lebenden Dingen führt uns zu einem Überden- künstlichen und natürlichen Alltagsobjekten im BG- ken der menschlichen Beziehung zur Umwelt. Der Unterricht kann als eine hilfreiche Form dienen, über Kunsthistoriker T. J. Demos beispielsweise benutzt den unser Verhältnis mit der Umwelt und zu den uns um- Terminus Post-Natur um das Geflecht der sozialen, gebenden lebenden und nicht-lebenden Dingen nach- politischen und wirtschaftlichen Beziehungen aller le- zudenken und zu reflektieren. Ästhetische Praktiken benden und nicht-lebenden Wesen zu betonen.1 der Umformung, Übersetzung, Umwandlung, Imitati- on oder Manipulation eignen sich gut für Lernerfah- Richard Well und Lauren Allen, die Direktor*innen rungen und Handlungsermächtigungen in Bezug auf des Center for PostNatural History (CPNH) in Pitts- Nachhaltigkeit. burgh, USA, verstehen unter dem Begriff Post-Nature alle lebenden Dinge, die intentional durch Menschen verändert wurden. Der Übergang ins Post-Natürliche finde in dem Moment statt, in dem der Organismus das Habitat mit uns Menschen teilt. Als Stadien des Post-Natürlichen können Domestizierung, Züchtung, Gentechnik, Modifizierung, Renaturalisierung erach- tet werden.2 In naturhistorischer Manier zeigen sie in ihrem Ausstellungsraum Teile ihrer Sammlung, welche aus diversen Präparaten von Organismen besteht, die einen enormen Einfluss durch Menschen erlebt haben und sich damit an der Grenze von Künstlichkeit und Natürlichkeit befinden (Abb. 05). In der zeitgenössischen Kunst ist der ökologische Dis- kurs längst angekommen und findet vielerlei Formen, Modi und Narrative.3 Auch in Bildungsinstitutionen finden Ökologie und Nachhaltigkeit Einzug; Schü- ler*innen engagieren sich vermehrt ökologisch-po- 05 litisch, sind Teil der Klimajugend, von Extinction Re- 1 Demos 2016, 115f. 2 Springer, Turpin 2015, S. 79ff. 3 Siehe z. B. Pell, Kutil, Turpin 2015; Naturkunst– Kunstnatur, Kunstforum international, 258 Jan.–Feb. 2019; Aus- 4 Education21, Handreichung für die stellungen wie z. B. Zentrum für Kunst und Umsetzung von Bildung für Nachhaltige Medien (ZKM), Critical Zones, 23.05.2020– Entwicklung (BNE) gemäss Lehrplan 21. 08.08.2021 oder Migros Museum für 5 Penzel 2019. Gegenwartskunst, Potential Worlds 2: 6 Education21, Themendossier Kli- Eco- Fictions, 24.10.2020–09.05.2021 mawandel, Klimaschutz und Klimapolitik.
9 08 | 09 06 Mark Dion, Theatrum Mundi, Armarium, 2001 Eine persönlich angelegte Sammlung von künstlichen des Sammlers wie mit sozialen Situationen des Aus- und natürlichen Objekten kann den Anfangspunkt ei- tauschs über das Gesammelte. »12 In der Anschauung ner ästhetischen, inhaltlichen und prozessorientierten der Sammlung werden neue Zusammenhänge, Ver- Auseinandersetzung mit Künstlicher Natur – natürli- knüpfungen und Nachbarschaften hergestellt. Der Akt cher Kunst markieren und birgt enormes Handlungs- des Sammelns findet in der Alltagswelt der S*S statt und Transformationspotential. Passend zum von und bildet dadurch eine Brücke zwischen Alltagswelt Education21 vorgeschlagenen Thema „Natürliche Um- der S*S und dem BG-Unterricht. Insofern eignet sich welt und Ressourcen“,7 sollen sich die S*S anhand der das Sammeln hervorragend, um die S*S kennzuler- eigenen dinglichen Lebenswelt mit der Bedeutung von nen, für Reflexionen über den Umgang mit natürli- natürlichen Ressourcen auseinandersetzen. chen Ressourcen, Materialien und Dingen, sowie als persönlicher und individueller Startpunkt für ein ge- Sammeln als ästhetischer Arbeits- und Lernprozess stalterisches Projekt. Der Philosoph Manfred Sommer unterscheidet zwi- Der zeitgenössische amerikanische Künstler Mark schen intuitivem und absichtsvollem Sammeln: „Sam- Dion versteht sich als pseudo-wissenschaftlicher meln ist immer ein Prozess, der sich in Raum und Zeit Sammler. Er thematisiert mit seinen naturwissen- abspielt. Er kann aber von selbst ablaufen: dann ist schaftlichen Sammlungsdispositionen in Schränken, es ein Vorgang, der geschieht. Oder wir tun es: dann Vitrinen und Regalen die Tradition des Aufbewahrens ist Sammeln eine Handlung, die vollzogen wird.“ und Klassifizierens (Taxonomie) bedrohte Ökosyste- Er unterscheidet also zwischen absichtsvollem und me (Abb. 06). Er durchstreift bedrohte ökologische Le- nicht-absichtsvollem Tun – letzteres bezeichnet er bensräume, sammelt künstliche und natürliche Dinge als „Sich-Sammeln“.8 Weiter differenziert er ökono- und stellt diese als Imitation von naturhistorischen misches und ästhetisches Sammeln; die ökonomische Sammlungspräsentationen in (Kunst) Museen aus. Sammlung wird nach dem Akt des Sammelns vernich- Er stellt mit seinen Nachahmungen unsere bekannte tet (annihilatio), während er mit der „Ästhetischen Form der Kategorisierung von Lebewesen, der Taxo- Sammlung“ das Zusammensein [von Sammlungs- nomie, sowie die tradierte Form von Sammlungsprä- gegenständen] der Anschauung willens bezeichnet sentation in naturhistorischen Museen in Frage und ist (conservatio).9 Der Terminus „Ästhetisches Sammeln“ daran interessiert, was der Mensch für Eingriffe in die eignet sich gut für die Verknüpfung mit der hier vor- Natur vorgenommen hat.13 gestellten Unterrichtseinheit. Zu dieser Definition ge- hören auch die Ordnung sowie die stetige Betrachtung (Präsentation, Betrachtung, Diskussion) einer Samm- lung.10 Gunter Otto hebte 1988 in seinem Artikel „Sammeln als Produktionsprozess in der bildenden Kunst“ die Rele- vanz der Thematik für den Unterricht hervor. Er be- tonte, dass Sammeln durch „Selektion, durch Ordnung und Zuordnung helfen will, Bekanntes in neuen Nach- barschaften anders wahrzunehmen“.11 Diese Aussage scheint passend für den Umgang mit dem komplexen Thema Ökologie und Klimawandel. Die persönliche Sammlung bildet aber nicht nur den Initialpunkt für ein weiterführendes gestalterisches Arbeiten, son- dern auch einen Verknüpfungspunkt zur Lebenswelt der Sammelnden: „[...] Sammeln lässt gleichermassen mit Reflexionsprozessen wie mit Produtionsprozessen verbinden, sowohl mit Dokumentationen der Identität 7 Lehrplan21, Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Leitidee. 8 Sommer 2007, S. 19. 06 9 Ebd., S. 8. 10 Ebd. S. 11. 12 Ebd., S. 12 11 Otto 1988, S. 12. 13 Corrin, Kwon, Bryson 1997, S. 8ff.
LARA CALUORI 07 Ursula Stalder, Nachlese, 2018 08 Vanessa Billy, Fingers, 2015 09 Vanessa Billy, Wait, Sit, Converse, 2009 Die Schweizer Künstlerin Ursula Stalder betreibt äs- übersetzt wird und sich damit die Frage der physi- thetische Erkundungen in Gebieten, in welchen sich schen Deckung und der Kopie stellt. menschlicher Abfall anhäuft (Strände, Skipisten etc.). Die Schweizer Künstlerin Vanessa Billy erachte ich als Die Fundstücke trägt sie zusammen, ordnet sie nach wichtige künstlerische Position, die mit poetischen, unterschiedlichen Kriterien an und stellt diese im skulpturalen, materiellen Übersetzungen unseren Ausstellungsraum aus. In ihrer Arbeit Nachlese (2018) Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Umwelt durchstreifte die Künstlerin die Flimser Skipisten nach kommentiert. Die Arbeit Fingers (2015) besteht ge- der Schneeschmelze und stellt ausgewählte Objekte mäss Werkbeschreib aus fake shrimps, water, plastic. geordnet im gelben Haus in Flims aus (Abb. 07). Die Imitationen der Lebewesen befinden sich in ei- nem mit Wasser gefüllten, durchsichtigen Plastiksack – ausgestellt auf dem Boden des Ausstellungsraumes. Damit regt die Künstlerin die Betrachtenden an, über unseren menschlichen Umgang mit natürlichen Lebe- wesen nachzudenken. Die Arbeit Wait, Sit, Converse (2009) besteht aus drei formal ähnlichen Objekten; aus Stein, Wasser und Beton. Der Titel verweist auf die Materialeigenschaften sowie auf die Beziehungen der Objekte und Materialien untereinander. Die Künstlerin bringt mit ihren skulpturalen Installationen poetische Kommentare an, welche uns über den Klimawandel nachdenken lassen. Einen ähnlichen Ansatz wünschte ich mir für die Umsetzung der Unterrichtseinheit. 07 Transformationsprozesse Sammlungen können einen Startpunkt für materi- ell-ästhetische Transformationsprozesse bilden. Das praktisch-forschende Potential einer Sammlung (aus alltäglichen Gegenständen) als relevante Phase eines ästhetischen Prozesses betont Helga Kämpf-Jansen in ihrem Konzept der ästhetischen Forschung: „Unse- re Alltagserfahrung enthält bereits alle wesentlichen Handlungsformen und Bewusstseinsprozesse, die für künstlerische wie für wissenschaftliche Auseinander- setzungen auch im Rahmen kunstpädagogischer Fra- gestellungen bedeutsam sind.“14 Kämpf-Janssen beschreibt diverse gestalterisch- transformative Praktiken, welche aus dem Sammeln 08 resultieren können; sie beschreibt, dass man mit den Dingen z.B. „hantieren“ kann, über Dinge „reflektie- ren und schreiben“ kann, die „Geschichte der Din- ge recherchieren“ kann, „Dinge mit den Augen der Foto- oder Videokamera wahrnehmen“ oder sie „über Zeichnungen erfassen kann.“15 In diesem Prozess der materiellen Übersetzungen erachte ich das Potential der alltagsästhetischen Erkundungen; des Sammelns. Ich entschied mich für die Unterrichtseinheit, den ge- stalterischen Prozess des Abdruckens, Abgusses und des Abformens vorzugeben, wo der Alltagsgegenstand (künstlich oder natürlich) kopiert, transformiert und 14 Kämpf-Janssen, 2001, S. 23 09 15 Ebd. S. 48ff.
LARA CALUORI 010 | 011 Didaktische Analyse Inhalt und Intention Sievert: „(...) die ästhetische Werkstatt als ein beson- Die Adaption der Thematik Künstliche Natur – natür- deres pädagogisches Arrangement, das durch prozes- liche Kunst, eingebettet im komplexen Themenfeld sorientierte, situative Arbeitsformen entdeckendes, der Ökologie in den BG-Unterricht erforderte eine handlungsorientiertes und selbst organisiertes Lernen dichte und anspruchsvolle Planung und Durchführung an innerschulischen und ausserschulischen Lernorten des Unterrichts sowie diverse didaktische Methoden fördert, ist die Eigenaktivität und Kompetenz jedes und Experimente. Nachhaltigkeit und Themen der einzelnen herausgefordert.“1 Anders als beispielswei- natürlichen Umwelt und Ressourcen sollen auf einer se Gert Selle stand Sievert für eine „Integration des fachlich- inhaltlichen sowie einer prozessorientierten Werkstattunterricht in den Schulalltag“ ein.2 Ich wollte Ebene im Unterricht eingebracht werden. Es war mir in meiner Unterrichtseinheit versuchen, Experimen- ein Anliegen, innerhalb der fixen Lektionenstruktur tierfelder, Prozessorientiertheit, kleine Freiräume und des Gymnasiums und der daraus resultierenden kon- eine eigenständige Projektarbeit innerhalb der Lekti- kreten Aufgabenstellungen gewisse Ansätze der „Äs- onen, Bewertungsvorgaben und weitere Vorgaben in thetischen Forschung“ einzubringen. Als konkretes der Institution Schule zu fördern. Die S*S sollten zwar (fachliches) Ziel für die Unterrichtseinheit hatte ich mir ihre eigenen Projekte verfolgen und letztendlich eine vorgenommen, die S*S für alltägliche Gegenstände, Projektabgabe umsetzen, durften sich aber den Raum Materialitäten, deren Benennung, Herkunft und Ver- für Experimente nehmen. wendung und unseren Umgang mit diesen Materialien zu sensibilisieren. Durch diesen materiellen Zugang Räumliches Setting intendierte ich, unsere Haltung zur Natur und Umwelt Für die Umsetzung des Unterrichts, welcher Werk- zu reflektieren und zu überdenken. Die Planung be- stattunterricht, Frontalunterricht, Lehrgespräche und inhaltete ein mäandern zwischen Theorie und Praxis, individuelles Arbeiten an Einzel- und Teamtischen damit nicht nur der prozessorientierte, materielle Zu- beinhalten sollte, nutzte ich alle möglichen Ecken des gang zum Thema durch produktive Projektarbeit ge- Schulzimmers und auch weitere Räumlichkeiten. Im leistet wird, sondern diverse theoretische Inputs Platz geräumigen Schulzimmer befanden sich neben Ein- in der Unterrichtseinheit haben. Das Thema erfordert zel- und Teamtischen im hinteren sowie im vorderen ebendiese Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis, Bereich drei grosse Gruppentische. Diese nutze ich für um vernetzende Denkanstösse und das Lernen von Diskussionen, Präsentationen, gemeinsame Rückbli- Zusammenhängen zu ermöglichen. cke sowie Ausstellungssituationen. Mit den partiellen Einführungen der neuen Techniken (Sammlungsar- Werkstattsituationen beit, Tonarbeit, Gipsgussverfahren, Fotografie) und Um das Thema der Vernetzung sowie „Zusammen- den einhergehenden Methoden und Arbeitsformen hänge erkennen“ auch auf einer prozessorientierten versuchte ich den Raum möglichst divers zu nutzen. In und ästhetische-gestalterischen Ebene in die Sequenz der Planung von Woche zu Woche skizzierte ich jeweils einzubringen, eigneten sich eine Adaption gewisser mögliche räumliche Arrangements. Für den Projekt- Elemente der „Ästhetischen Forschung“. Die S*S soll- unterricht mit dem Gipsgussverfahren gab es jeweils ten einen hohen Grad an Eigenständigkeit und einen mehrere Stationen; der Arbeit mit Ton dienten die Ein- individuell-motivierten Zugang zur vorgeschlagenen zel- und Teamtische, weitere Stationen gab es für das Aufgabenstellung entwickeln. Um innerhalb der vor- Ausschalen des Gipses sowie für das Auswaschen der gegebenen Lektionenstruktur Raum für Experimente Objekte sowie für die Farbplanung und Farbmischung. zu schaffen, was mir für die Vermittlung des Themas Die Werkstatt nutzte ich für die Einrichtung mehrerer als notwendig erschien, versuchte ich, gewisse Grund- Fotostationen (Fotoboxen), die der Dokumentation der gedanken des Werkstattunterrrichts anzunehmen. Ich Objekte diente, für die eigenständige Weiterarbeit der versuchte, eine Atelierstimmung mit diversen Statio- S*S sowie für meine eigene Vorbereitung. nen für die Projektarbeit zu kreieren um die indivi- duelle Lernfähigkeit sowie die Eigenständigkeit der Material S*S zu fördern. Ich versuchte, innerhalb der Lektio- Die Materialien Ton und Gips, in Kombination mit nenstruktur kleine Plattformen und Gefässe für einen Sammlungsgegenständen, eigneten sich hervorragend Werkstattunterricht zu schaffen. Der Werkstattunter- für die Umsetzung des Projektinhaltes. Das Material richt und die Methode des Stationenlernens knüpfen Ton kannten die S*S bereits aus dem vorherigen Pro- an diverse kunstpädagogische Positionen an. So defi- 1 Sievert 1998, S. 6ff. niert die Kunstpädagogin und Theoretikerin Adelheid 2 Kirchner, Peez 2001, S. 11.
LARA CALUORI jekt und konnten es insofern gut als Abform- und Ne- machen. Damit intendierte ich eine vertiefte Ausein- gativmaterial anwenden. Das Gipsgussverfahren eig- andersetzung mit dem Material. Ich empfahl den S*S, nete sich insofern, als dass das Material günstig, relativ für die Recherche die Datenbank des Materialarchivs einfach handhabbar, recyclierbar und einfärbbar ist, zu benutzen, wo neben der Herstellung, den Eigen- Abdrücke präzise abzeichnet und dadurch nach dem schaften und der Verwendung immer auch die öko- Ausschalen sehr wirkungsvoll erscheint. logische Bedeutung aufgeführt ist. Durch die eigen- ständige Recherche sollten die S*S über ihre eigenen Medien Objekte und Gegenstände reflektieren und deren Zu- Um dieses Mäandern zwischen theoretische-rezep- sammenhang in ihrem individuellen und alltäglichen tivem Input, produktivem Arbeiten und reflexiven Ökosystem erfahren. Gesprächsformaten umzusetzen, verwendete ich di- verse Medien. Den Beamer verwendete ich für län- Assoziationen aktivieren – Geschichten erzählen gere Inputs und Lehrgespräche. Der Bildschirm als Damit die S*S anhand ihrer eigenen Projekte über verschiebbares Präsentationstool eignete sich gut für grössere ökologische Komplexe nachdenken konnten, kurze digitale Einschübe nach Gesprächsformaten, für war es notwendig, dass sie sich mit der Wirkung ihrer ein Verschmelzen von Inputs und Vorzeigesequenzen Objekte auseinandersetzen, assoziative Verbindungen sowie für Repetitionen und Ausblicke. Mir gefiel das herstellen und die Objekte Geschichten erzählen las- Vermischen von digitalen Inhalten und analog-hap- sen. Obwohl die S*S während des laufenden Arbeits- tischen Präsentationen von Originalen. Die Wandta- prozesses bereits angeregt miteinander kommunizier- fel diente jeweils dem Überblick über das laufende ten, wollte ich die Peer2Peer Aktivität durch einige Projekt sowie dem Anbringen des Abwaschplans. Ich Fragen und einen konkreten Zeitraum rahmen. Mit nutzte die Wandtafel auch für zusätzliche punktuelle regelmässigen Reflexionsrunden im Plenum inten- Informationen. dierte ich, dass die Thematik der Künstlichkeit und der Natürlichkeit in der Theorie als auch der Praxis ver- Methoden standen wurde und dass sich die S*S dem Potential ih- rer Projekte bewusst werden. Anhand der Gipsobjekte Sammeln als Methode thematisierte ich in diversen reflektiven Momenten Eine Intention hinter dem Sammeln als Methode war die Themen Transformation, Entfremdung und mate- die Stärkung der intrinsischen Motivation der S*S. Mit rielle Übersetzung. einer ständig erweiterbaren Sammlung als Grundlage des Projektes sollte die alltägliche Lebenswelt der S*S in den Unterricht einbezogen werden. Das Nachden- ken über ökologische Komplexe, Netzwerke – über die klimatische Krise kann gut bei einem Nachdenken über den einen Alltag, den Besitztum, Präferenzen – über unser alltägliches Umgebensein von Dingen be- ginnen. Das Thema Sammeln beinhaltet zudem auch das Ordnen und Kategorisieren als Methoden, wo- durch ich auf Fragen von Kategorisierungssystemen von Organismen thematisieren konnte. Die Sammlungspräsentationen, verknüpft mit Lehr- gesprächen und Diskussionen im Plenum, dienten der Reflexion über den Akt des Sammelns, über Herkunft und Verwendung der einzelnen Gegenstände sowie deren Bedeutungsebene durch Nachbarschaften. Die Sammlungspräsentationen waren als Methode ge- dacht, um anhand der individuellen Sammlungen im Plenum über Künstlichkeit und Natürlichkeit, über die Bedeutung der Objekte sowie über die spezifische Ma- terialität und deren Zusammenhang zu diskutieren. Als Quarantäne-Auftrag hatten die S*S die Aufgabe, zu drei Objekten im Internet eine Materialrecherche zu
LARA CALUORI 012 | 013
LARA CALUORI Planung 1 2 3 14.01. 21.01. 28.01. 0 · Kennenlernen · Sammlungsarrangements · Projektstart Ton · Projektsta · Sammlungs- · gemeinsamer Gipsguss · Technik einführen · Technik e präsentationen (Abdrücke) besprechen · Individuelle Arbeit& · Individue · kategorisieren, ordnen, · Projektstart Hauptauftrag Beratung & Beratun aufbewahren · Abdruck-Vorübung II · Abdruckübung · Sammlungserweiterung Sammlungsobjekte ·Input ·Input ·Input Sammlung künstliche Farbplanung Natur – natürliche Kunst Lernziele Lernziele Lernziele Lernziele · Die S*S erfahren, dass der Akt · Die S*S lernen die Begriffe · Durch genaues Betrachten der · Die S*S kö des Sammelns den Beginn Materialentfremdung und Gipspositive wird der Blick der und bewus einer künstlerischen Arbeit Materialtransformation S*S für Oberflächen, Struktu- zungsproze markieren kann und mit einer anhand von verschiedenen ren und Formen von Samm- ten Samml spezifischen ästhetischen Ver- künstlerischen lungsgegenständen geschult und Gips d haltensweise verknüpft ist. Beispielen kennen. und sie erkennen und beurtei- len, welche Oberflächen · Die S*S kö · Die S*S lernen zeitgenössi- · Die S*S machen erste ausdrucksstark wirken. nung ihres sche künstlerische Positionen Abdruck-Rapport-Versuche führen und zum Thema Sammlung kennen. mit den Objekten und Ton. · Die S*S kennen den Unter- sorgfältig m Anhand von diesen Versuchen schied zwischen einer Positiv- · Die S*S werden durch können sie entscheiden, und einer Negativform · Die S*S we Experimentieren mit Gips welches Muster ihr Gipsobjekt anhand ihrer eigenen Vorübung. mentieren aktiviert und motiviert. haben soll. und motiv · Die S*S erfahren, was Komple- · Die S*S lernen zeitgenössi- mentärfarben sind, wie sie dies sche künstlerische Positionen anhand des Farbkreises sehen zum Thema Künstliche Natur – können und lernen Grundzüge Natürliche Kunst kennen. der Farbenlehre kennen.
014 | 015 4 5+6 7+8 9 04.02. 11.02. 04.03. 18.03. 25.02. 11.03. art Gips · Projektarbeit · Projektarbeit · Ausstellungssituation einführen · Individuelle Arbeit& · Individuelle Arbeit& · Präsentation elle Arbeit Beratung Gipsguss Beratung · Rückblick& Feedback ng · Objektdokumentation Peer2Peer Peer2Peer ·Input Beratung Beratung Objekt- dokumenta- tion Fotobox Lernziele Lernziele Lernziele önnen eigenständig · Die S*S arbeiten eigenständig · Die S*S können sich aufgrund · Die S*S können ihre Projekte sst einen Überset- an den unterschiedlichen der Bewertungskriterien für in Kurzpräsentationen der ess von ausgewähl- Stationen und experimentieren ein Gipsobjekt entscheiden Klasse vorstellen, die lungsobjekten in Ton mit Ton, Gips und Pigmenten. und arrangieren dieses zu- Überlegungen schildern, durchführen. sammen mit den Sammlungs- Materialitäten der · Die S*S sind in der Lage, die gegenständen in der Fotobox. Sammlungsobjeke erläutern. önnen eine Farbpla- Objekte ihrer Mitschüler*innen s Gipsobjektes durch aufgrund genauer Betrachtung · Die S*S wenden Grundlagen · Die S*S geben sich anhand d die Pigmente einzuschätzen und können der fotografischen Objektfoto- einer vorgeschlagenen mischen. sich konstruktive Kritik und grafie an ihrer eigenen Arbeit Schwerpunkte gegenseitig Anregungen zu ihren Gipsob- an und fotografieren die eine kurze Rückmeldung zum erden durch Experi- jekten geben. bewusst gesetzte Komposition Projekt. n mit Gips aktiviert gemäss den Bewertungskrite- viert. · Durch einen gemeinsamen rien mittels Handyfotografie. Austausch über die Gipsobjekte und die Peer2Peer-Rückmel- · Die S*S können eine Auswahl dungen mit einer „Post-it der diversen Fotografien Begriffswolke“ repetieren und treffen und sich für eine erweitern die S*S die bereits gelungene fotografische erhaltenen konstruktiven Dokumentation entscheiden. Ratschläge und erkennen den Wert ihrer komplexen Objekte.
LARA CALUORI 10 Sammlungsboxen 11 Sammlungsgegenstände kategorisieren 12 Sammlungsdokumentation eines Schülers Realisation Dezember Sammlungsauftrag (Weihnachtsferien) 2020 Vor den Weihnachtsferien besuchte ich meine zu- künftige Klasse, um ihnen einen Sammlungsauftrag zu erteilen. Der Auftrag diente dazu, den Einstieg in das Projekt zu erleichtern und einen intuitiven Zugang zum Thema Künstliche Natur – natürliche Kunst her- zustellen. Sammeln Sie bis am 14. 01.2021 mindestens sechs Ge- genstände. Drei Objekte sollen natürlich sein und drei Objekte sollen künstlich sein. Es können Alltagsge- genstände und Fundstücke sein. Sammeln Sie kleine Objekte – sodass Sie alle Gegenstände in Ihrem Ruck- sack oder einer Tasche transportieren können. 10 Sequenz 1 Sequenz 1 14.01.2021 Kennenlernen Sammlungs- · Sammlung kategorisieren, Input · Abdruckübung im Plenum Abschluss präsentation fotografieren, aufbewahren Sammlung Lernziele Schlagworte Sammlung · Die S*S können eigenständig und bewusst einen Übersetzungs prozess von ausgewählten Sammlungsobjekten in Ton und Künstlich I Natürlich I Sammeln I Ordnen I Präsentieren Dokumentieren I Kategorisieren I Aufbewahren I Wunderkammer Gips durchführen. Mark Dion I Ursula Stalder I Karsten Bott Gespannt darauf, was die S*S über die Ferien gesam- · Die S*S können eine Farbplanung ihres Gipsobjektes durchführen und die Pigmente sorgfältig mischen. melt hatten, begann ich den selbst erteilten Unterricht · Die S*S werden durch Experimentieren mit Gips aktiviert und motiviert. mit einer kurzen Vorstellung meiner Person; ich zeigte den S*S meine persönliche Sammlung von Zündholz- schachteln. Weiter begann ich die Sequenz mit einer groben Umrahmung der Thematik Künstliche Natur – natürliche Kunst. Auf dem Gruppentisch standen 16 mit Namen beschriftete Kartonboxen für die persön- lichen Sammlungen der S*S und leuchtende Klebe- punkte bereit. Um als Einstieg gleich in eine erste Dis- 11 kussion über „Künstlichkeit“ und „Natürlichkeit“ zu kommen und die S*S durch ihre persönlichen Samm- lungen etwas kennenzulernen, begannen wir die Se- quenz mit Sammlungspräsentationen im Plenum. Die S*S sollten die Objekte nach diesem Kriterium „Künst- lich“ und „Natürlich“ auf dem DIN A3 Papier auslegen, gruppieren und ordnen, um mit den Objekten danach Themen wie Materialität, Herkunft, Bedeutung, Ober- fläche, Form und Farbe zu diskutieren. Kennenlernen durch Sammlungspräsentationen Exemplarisch wählte ich drei Sammlungen für die gemeinsame Besprechung aus. Es ging mir darum, erstmals gemeinsam ein Vokabular zu entwickeln, um über die Gegenstände zu sprechen, deren Materi- alität zu ergründen, die alltäglichen und banalen Din- ge wertzuschätzen und diese im Zusammenhang mit den benachbarten Objekten zu betrachten, um dann 12 in einem weiteren Schritt die Definition von „Künst- lichkeit“ und „Natürlichkeit“ und den Zusammenhang
016 | 017 13 Postiv-Negativ-Verfahren eines Schülers aus dem Projekt „Pilzfamilie“ Sequenz 1 mit Nachhaltigkeit und Ökologie aufzugreifen. Ich terhin mit diesen persönlichen Sammlungen arbeiten forderte den/die jeweilige/n Schüler*in dazu auf, die werden und dass diese im Projekt ständig erweitert Gegenstände vorzustellen. Mithilfe von Fragen an die werden sollen. sammelnde Person sowie an die Klasse lenkte ich die Mit einem kurzen Ausblick, wohin unser Projekt füh- Sammlungspräsentationen in die intendierte Rich- ren wird, versuchte ich, die Intention des Sammelns tung. noch etwas transparenter zu machen. Um an das vor- Welche Gegenstände sind natürlich und welche künst- herige Projekt der Klasse anzuknüpfen und zugleich lich? Was befindet sich dazwischen? einen Ausblick zu schaffen, zeigte ich, ausgedruckt auf Aus welcher alltäglichen Situation stammt dieser Ge- einem DIN A4 Papier, eine Tonarbeit eines Schülers, genstand? welcher eigenständig bereits ein sehr ähnliches Posi- Welche persönliche Beziehung haben Sie zu diesen tiv-Negativ-Abdruck-Verfahren entwickelt hatte, das Gegenständen? wir im Projekt auch anwenden werden. Warum haben Sie diese ausgewählt? Aus welchem Material sind die Gegenstände? Die Frage der persönlichen Beziehung der sammeln- den S*S zu den Gegenständen diente einem ersten Kennenlernen. Schon die Auswahl der Sammlungs- objekte sagte etwas über die Alltagswelt der S*S aus. Da ich eine Transparenz meiner Intentionen anstreb- te, betonte ich, dass wir gemeinsam die Herkunft und Bedeutung dieser Materialien erkunden wollen und ein spezifisches Vokabular für die Benennung der Ge- genstände anstreben – dass wir den Begriff „Plastik“ beispielweise mit spezifischen Begriffen wie „Ther- moplaste“, „Elastomere“ benennen wollen. Wir be- sprachen, welche Möglichkeiten es gibt, etwas über die Materialität eines Gegenstandes zu erfahren (Füh- 13 len, Tasten, Riechen, Zerstören, Internet-Recherche, Input Sammlung Materialproben, ich verwies auf die Webseite des Ma- Um die mündlich gesammelten Bedeutungen und terialarchivs, wo etliche Materialien recherchiert wer- Definitionen der Termini „Künstlich“ und „Natürlich“ den können). Das intendierte geschärfte und sensibili- nochmals aufzunehmen und einen einheitlichen An- sierte Bewusstsein für Materialien im Unterricht sollte haltspunkt zu gewährleisten, startete ich den Input sich auf die Alltagswelt der S*S übertragen. mit der Definition dieser beiden Begriffe, und ergänzte diese als Abgrenzung und Erweiterung noch mit den Was bedeuten für Sie die Begriffe „Künstlich“ und Begriffen „organisch“ und „anorganisch“.1 Es war mir „Natürlich“? ein Anliegen, dass die S*S einige historische und theo- retische Hintergründe zum Thema Sammeln erfahren Diese Frage richtete ich an einzelne S*S, damit wir uns und dass sie zeitgenössische Künstler*innen kennen- gemeinsam einer Definition und Bedeutung der Ter- lernen, die zum Thema Sammeln sowie Künstlichkeit mini annähern konnten. Damit die S*S durch eigenes und Natürlichkeit arbeiten. Um die Bedeutungsebene Praktizieren erfahren, was die Thematik des Kategori- der Thematik des Sammelns aufzuzeigen, schilderte sierens bedeutet, bat ich die S*S die Gegenstände mit leuchtenden Klebepunkten zu versehen; ein grüner 1 natürlich: Ein natürliches Ding oder Punkt bedeutet „natürlich“, ein oranger Punkt „künst- Objekt; etwas, das seine Grundlage in der lich“ und ein weisser Punkt steht für „etwas zwischen natürlichen Welt oder im üblichen Verlauf der Natur hat, Oxford English Dictionary, künstlich und natürlich“. Damit die Sammlungen do- natural. kumentiert werden und später im Projekt ein Unter- künstlich: Ein künstliches Ding; etwas, schied der erweiterten Sammlungen im Vergleich mit welches durch menschliches Geschick dieser ersten Sammlung sichtbar wird, forderte ich die hergestellt oder konstruiert wurde, be- S*S dazu auf, die Sammlungen fotografisch zu doku- sonders in Nachahmung oder als Ersatz für etwas, das von Natur aus besteht oder mentieren, die Fotografien auf Google Drive hochzu- vorkommt; von Menschenhand gemacht, laden und danach die Sammlungen in die Boxen zu Oxford English Dictionary, artificial. versorgen. Ich kündigte an, dass wir zukünftig wei-
LARA CALUORI Sequenz 1 ich, dass eine Sammlung immer aus diversen Teilbe- stellens; ich begann jeweils in die Klassengruppe zu reichen besteht (Sammeln, Ordnen, Kategorisieren, blicken und meine Fragen direkt an einzelne S*S zu Aufbewahren, Präsentieren, Archivieren) und beton- richten. Dadurch konnte ich das Lehrgespräch kon- te, dass der Akt des Sammelns schon der Beginn einer kreter ausrichten, die S*S aktivieren und ein Gefühl ästhetischen Arbeit bedeuten kann, einen aufmerksa- für die Klassendynamik entwickeln – dies erwies sich men Blick erfordert, nach bestimmten Kriterien erfolgt als gute Strategie, um Gespräche im Plenum zu führen und oftmals intuitiv ist. und Präsentationen interaktiver zu gestalten. Ich zeigte der Klasse die Arbeiten Theatrum Mundi - Armarium (2001) und Cabinet of Marine Debris (2014) des Künstlers Mark Dion, welcher mit seinen Nachah- mungen von tradierten Formen von naturhistorischen Sammlungspräsentation ebendiese in Frage stellt. Um die Relevanz von Alltagsgegenständen und Banalem zu betonen, zeigte ich die Arbeit Von jedem eins (1993) des deutschen Künstlers Karsten Bott. An dieser Arbeit liess sich gut nochmals das Thema der Kategorisierung und Anordnung aufzeigen, was wir im Lehrgespräch bei den Sammlungspräsentationen besprochen hat- ten. Zum Abschluss der Präsentation zeigte ich die Ar- beit Nachlese (2018) der Schweizer Künstlerin Ursula Stalder, um den Bogen zum Thema Klimawandel und Umgang mit Ressourcen zu schlagen. Als aktivieren- de und auflockernde Teilsequenz führten wir im An- schluss gemeinsam eine produktive Übung durch. Alle S*S sollten zwei Sammlungsgegenstände auswählen (1x künstlich, 1x natürlich) und diese nach hinten im Schulzimmer an den grossen Gruppentisch mitbrin- gen. Auf diesem Tisch lagen drei ausgewallte Tonplat- ten bereit. Als erste Annäherung an die Hauptaufgabe forderte die S*S dazu auf, mit ihren Sammlungsobjek- ten einen Abdruckrapport in den Ton einzudrücken. Es ging mir darum, dass die S*S erste Erfahrungen mit Abdrücken machen konnten und dass sie erfuh- ren, wie ein Abdruckrapport gestaltet werden kann. Ich teilte der Klasse mit, dass ich diese Platten für die nächste Woche mit Gips ausgiessen werde, damit wir sehen können, wie exakt das Material Gips Strukturen abformt. Reflexion Es schien mir, dass ich eine etwas zu lange Einführung gemacht und dass meine eigene Sprechzeit etwas viel Raum eingenommen hatte. Ich hatte noch gewisse Schwierigkeiten, die Inhalte zu vermitteln und doch die Augen überall zu haben, die Fragen und Gesten im Raum wahrzunehmen. Die Abdrücke waren noch et- was zögerlich und es schien noch nicht ganz klar zu sein, was der Begriff Rapport bedeutete. Anfänglich richtete ich die Fragen jeweils an die gesamte Grup- pe, merkte aber schnell, dass dies in dieser Gruppe frühmorgens schlecht funktioniert und kaum Antwor- ten kamen. So änderte ich die Strategie des Fragen
018 | 019 14 Gemeinsame Abdruckübung mit persönlichen Sammlungsgegenständen - 17 16 14 17 15
LARA CALUORI 18 Sammlungspräsentation 19 ausgewählte Sammlung einer Schülerin mit interessanten künstlichen und natürlichen Objekten 20 ausgewählte Sammlung eines Schülers mit Ordnung nach natürlichem Zyklus Sequenz 2 Sequenz 2 Begrüssung Sammlungs- Input Haupt- Besprechung Vorzeigen · Projektarbeit: Aufräumen + 21.01.2021 präsentation KN – NK aufgabe Gipsrelief Abdrücke Abdruckrapport Abschluss II Lernziele Schlagworte Sammlung, Einführung ins Thema · Die S*S können anhand des Center for Postnatural History Sammlungsbegriffe sowie die Begriffe künstlich und natürlich Künstliche Natur I Natürlich Kunst I Sammeln I Ordnen Präsentieren I Dokumentieren I Kategorisieren I Aufbewahren und organisch und anorganisch diskutieren. Centre for Postnatural History I Vanessa Billy I Andy Goldsworthy Sammlungspräsenationen II Julian Charrière I Mark Dion · Die S*S lernen die Begriffe Materialentfremdung und Material transformation anhand von verschiedenen künstlerischen Beispielen kennen. Wir stiegen erneut mit Sammlungsarrangements in · Die S*S machen erste Abdruck- Rapport-Versuche mit den Objekten und Ton. Anhand von diesen Versuchen können sie entscheiden, welches Muster und Beschaffenheit ihr Gipsobjekt den Unterricht ein. Die S*S hatten ihre Sammlungen haben soll. · Durch erste Experimente mit Tonabdrucken erhalten die S*S einen technischen und spielerischen Zugang zur Hauptaufgabe. (teilweise) erweitert und legten die Objekte erneut · Die S*S lernen zeitgenössische künstlerische Positionen zum Thema Sammlung kennen. auf einem neutralen, grauen Papier aus. Damit die S*S realisieren, dass je nach Ordnungskriterium völlig andere Nachbarschaften und Bedeutungen entstehen, sollten die Objekte nach dem Kriterium „Funktion“ angeordnet werden. Um das Sprechen über Materia- lien und Gegenstände zu üben und den persönlichen Sammlungen einen Wert zu geben, führten wir erneut Sammlungspräsentationen durch. Intuitiv wählte ich 18 einige Sammlungen aus, welche aufgrund der diver- sen Materialien und deren Ordnung für die das Lehr- gespräch geeignet schienen. Ich bat die Sammelnden, die neue Ordnung (Funktion) vorzustellen. Der Auf- trag, die Objekte nach dem vorgeschlagenen Kriteri- um anzuordnen, schien nicht ganz angekommen zu sein, ich liess die Sprechenden aber so gewähren, weil die Präsentation der Sammlung wichtige Inhalte ver- mittelte; eine Schülerin setzte den Fokus der Ordnung und der Präsentation auf die Differenzierung zwischen «Künstlichkeit» und «Natürlichkeit». Ihre Sammlung beinhaltete Kunststoffpflanzen sowie getrocknete und parfümierte Rosen. Anhand dieser Gegenstände liess sich die Grenze zwischen „künstlich“ und „natürlich“ 19 gut aufzeigen – wie sehr wir von artifizieller Natur umgeben sind (Abb. 10). Auch die zweite präsentierende Person ging kaum auf die alltägliche Funktion der Objekte ein, sondern eher auf die Bedeutungsebene der Gegenstände im natür- lichen, ökologischen Kreislauf und in Bezug auf den Klimawandel. Die Objekte waren nach Wachstum und Zerfall angeordnet; dies begann mit einer Kokosnuss ging weiter zu einer Muschel, einem Kristall und letzt- endlich zu Plastikobjekten, welche sich im natürlichen Kreislauf jahrzehntelang kaum zersetzen (Abb.11). Weil beide Präsentationen inhaltlich so wertvoll wa- ren, schien das vorgeschlagene Kriterium „Funktion“ kaum mehr relevant. 20
020 | 021 21 Andy Goldsworthy, ohne Titel, 1991 22 Julian Charrière, Metamorphism, 2016 23 Beispiel von Luzia Amrein, einer Studierenden des Vorkurses Luzern Sequenz 2 Andy Goldsworthy, Bei Niedrigwasser algenbewachsenen 21 22 Felsblock an den Seiten mit weichem roten Stein eingerieben, Scaur Glen, Input Künstliche Natur – natürliche Kunst Lancashire, England, 1991 In einer Präsentation wurden Künstler*innenbeispiele im Zusammenhang mit Kunst und Klimawandel& Materialentfremdung gezeigt und im Lehrgespräch diskutiert, damit die S*S einen theoretisch-histori- schen Kontext ihrer Projekte und einen Einblick in das Thema „Kunst und Klimawandel“ erfahren. Ich bau- te diese Präsentation mit vielen Fragen an die Klas- se auf, um den Input weniger frontal und interaktiver zu gestalten. Als Rückblick zeigte ich nochmals zwei Werke des Künstlers Mark Dion und forderte einen Schüler dazu auf, die Inhalte für die gesamte Klasse zu repetieren. Anhand eines Bildbeschriebs einer Aus- stellungsansicht des Centre for Postnatural History (CPNH) sollte ein Vergleich zwischen den beiden sam- melnden Positionen hergestellt werden. Das CPNH ist für das Projekt sehr relevant, da es die Grenze zwi- schen «künstlich» und «natürlich» sowie den Ein- fluss der Menschen auf Organismen und die Umwelt aufzeigt. 1 Mit den Arbeiten Fingers (2015) und Bodies 23 of Industry (2015) der Schweizer Künstlerin Vanessa Auch die Arbeit Metamorphism (2016) des Künstlers Billy liess sich gut aufzeigen, dass die Künstlerin ei- Julian Charrière nimmt durch die Materialität Bezug nen Materialtransfer, eine materielle Übersetzung von auf den Klimawandel und den Umgang mit Ressour- einem lebendigen Organismus zu einem anorgani- cen (Abb. 13). Die Objekte bestehen aus eingeschmol- schen, künstlichen Objekt durchführt und damit un- zenem Elektroschrott und täuschen einen Eindruck seren menschlichen Umgang mit diesen Organismen von natürlichem Material (Lavagestein) vor. Mit ei- kritisiert. Mit der Arbeit ohne Titel (1991) von Andy nem Beispiel von Luzia Amrein eingeblendet, welches Goldsworthy veranschaulichte ich die Thematik der ziemlich dem Projekt entsprach, welches die Klasse Oberfläche und die künstlerische Praxis mit natürli- durchführen wird, teilte ich die Hauptaufgabe aus und chen Materialien, welche im Aussenraum ausgestellt stand für allfällige Rückfragen zur Verfügung. wird (Abb. 12). 1 Siehe PostNatural: Natürliche Organismen, deren Erbgut von Menschen verändert, modifiziert wurden, vom Men- schen beeinflusste natürliche Organis- men
LARA CALUORI Sequenz 2 Positiv-negativ: Gipsrelief erkunden und Tonab- Reflexion drücke machen Die Rhythmisierung des Unterrichts – eine Balance Als Auflockerung nach der rezeptiven Sequenz sowie zwischen Input und Praxis – zu finden, fiel mir in die- zum Erkennen eines ersten Übersetzungsprozesses ser Sequenz etwas schwer. Als ich sah, wie eigenstän- verglichen und besprachen wir am Gruppentisch die dig und produktiv die S*S mit Ton arbeiteten, fiel auf, Tonnegative sowie die Gipsreliefs, welche ich für die dass für diese Einheit etwas zu wenig Zeit blieb. Ich Klasse ausgegossen hatte. Die S*S brachten die Objek- nahm für die kommenden Lektionen mit, dass ich die te, die sie letzte Woche in den Ton gedrückt hatten, an produktiven Phasen verlängern wollte und die rezep- den Gruppentisch mit und machten sich auf den Gips- tiven und reflexiven etwas kürzer halten möchte. reliefs auf die Suche nach ihren Abdrücken. Ist das ursprüngliche Sammlungsobjekt noch erkenn- bar, wie wirkt es im Vergleich? Im Plenum stellten wir fest, dass sich die Oberflächen einiger Gegenstände im Gips präziser abzeichneten als andere. Es fiel auf, dass die Prägnanz der Abdrü- cke von der Tiefe der Abdrücke abhängt. Weil der Begriff Rapport letzte Woche noch nicht ganz klar zu sein schien, zeigte ich mit zwei Beispielen vor, was mit Abdruckrapport gemeint war. Auf dem Tisch lagen 25 kleine Tonplatten bereit, welche die S*S für selbststän- dige Abdruckexperimente verwenden konnten. Diese Übung sollte einen ersten Experimentierraum dar- stellen, um sich spielerisch der Praktik des Abformens und der Hauptaufgabe zu nähern. Ich gab den S*S ei- nige Fragen mit zu diesem Experimentieren: Welche Oberfläche soll mein Gipsobjekt haben? Welches Muster möchte ich erzielen? Sammeln II Um die Selbstständigkeit im Umgang mit den Samm- lungen zu fördern, forderte ich die S*S auf, die erwei- terten Sammlungen jeweils eigenständig auszulegen, gemäss den Kriterien der Hauptaufgabe zu priori- sieren, zu kategorisieren, zu dokumentieren und auf Google Drive hochzuladen. Die S*S nutzten die übrige Zeit für Abdruckexperimente.
022 | 023 24 Reflexionsrunde Gipsreliefs I 25 Ein Schüler am Abdrucken 26 ausgewähltes Sammlungsarrangement II 27 alle entstandenen Tonnegative Sequenz 2 24 26 25 27
LARA CALUORI 28 Gipsrelief einer Schülerin („Fossil“) 29 Reflexion im Plenum 30 Input Farbe Sequenz 3 Sequenz 3 Lehrgespräch · Projektarbei: Tonnegative, Begrüssung Gipsreliefs + Input Vorzeigen Abdruckrapporte, Aufräumen + 28.01.2021 Farbe Farbe Negativ Farbplanung Abschluss Lernziele Schlagworte · Die S*S erfahren, dass dieser Abdruck schon eine Form der Abdrucktiefe I Oberfläche I Negativ I Positiv I Relief I Plastik Tonabdrücke, Tonnegative und Farbenlehre ästhetisch- künstlerischen Übersetzung/ Transformation bedeutet und dass dieser Prozess schon zu eine „künstlichem“ Objekt führt. Rapport I Pigmente I Farbenlehre I Farbkreis Komplementärfarbe/-kontrast I Imitation Farbige Gipsreliefs · Durch genaues Betrachten der Gipspositive wird der Blick der S*S für Oberflächen, Strukturen und Formen von Sammlungsge genständen geschult und sie erkennen und beurteilen, welche Als Inspiration für die weitere Projektarbeit lagen Oberflächen ausdrucksstark wirken. · Die S*S kennen den Unterschied zwischen einer Positivform und auf dem Gruppentisch 16 farbige Gipsreliefs und di- einer Negativform anhand ihrer eigenen Vorübung. · Die S*S verstehen den Zusammenhang zwischen den Kriterien verse Pigmente bereit. Durch die farbigen Abgüsse Oberfläche, Form und Farbe anhand der Beispiele. · Die S*S erfahren, was Komplementärfarben sind, wie sie dies der Abdruckexperimente der S*S sowie das bewusste anhand des Farbkreises sehen können und lernen Grundzüge der Farbenlehre kennen. Arrangement auf dem Tisch wollte ich die Klasse für das Projekt animieren und motivieren. Ich bat die S*S, ihre Sammlungsgegenstände neben die Gipsreliefs zu legen, damit wir die Positive mit den Sammlungsge- genständen vergleichen konnten. Auf den ersten Blick wirkten einige Oberflächen ausdrucksstark, andere weniger. Im Lehrgespräch versuchte ich, diese Wir- kung der Objekte etwas zu entschlüsseln; ich erläuter- te, dass die Wirkung der Oberfläche von der Präzision des Abdruckrapports und der Tiefe der Abdrücke ab- hängt, dass es aber auch eine grosse Rolle spielt, wel- che Gegenstände für die Abdrücke gewählt wurden. Aufgrund der Betrachtung dieser Reliefs und durch die 28 Erläuterungen sollten die S*S ihr Vokabular in Bezug auf plastisches Arbeiten erweitern. Glücklicherweise hatte eine Schülerin einen künstlichen und einen na- türlichen Gegenstand auf einem Relief gemischt, was in der Kombination sehr ausdruckstark wirkte – wie ein Fossil (Abb. 19). Aufgrund des Arrangements konn- ten wir die Farbtöne vergleichen – ich zeigte, dass die Pigmente durch das weisse Gipspulver enorm auf- gehellt werden und dass der Gips nach vollständiger Austrocknung nochmals viel heller wird. Farbenlehre Anhand des Farbkreises von Johannes Itten erklärte ich den Komplementärkontrast und führte die S*S in die Grundlagen der Farbenlehre ein. Diesen Input hielt 29 ich sehr kurz und verband ihn mit der Hauptaufgaben- stellung, respektive dem Bewertungskriterium Farbe. Es war mir wichtig, dass die S*S zumindest die Begrif- fe „Primär- Sekundär und Tertiärfarbe“ kennenlern- ten. Mit dem Thema Farbe erhielt die S*S ein weiteres Werkzeug für die eigenständige Projektarbeit. 30
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