HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND

Die Seite wird erstellt Anna Schade
 
WEITER LESEN
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
HEIMAT WESTFALEN

                                 Ausgabe 3 / 2019

perspektiven für Junges Engagement
WHB - Tagungsreihe 2019
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
i n hal t

 3 Editorial                                                                     WANDERN IM MÜNSTERLAND
    PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT –                                      39 WHB-Wanderung im Emsdettener Venn zum Tag
    WHB-TAGUNGSREIHE 2019                                                          des Wanderns am 14. Mai 2019

 4 	SILKE EILERS                                                                 SERVICEBÜRO WHB
    Heimat für Kinder und Jugendliche – Chancen gestalten                     40 Mitgliedschaft im WHB – Mitgliedergewinnung und Beiträge
    und Impulse setzen. Tagungsreihe in Kooperation
    von WHB und Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“                           WHB-PROJEKTE
                                                                              42 „Heimat für alle“ – WHB legt Projekt zum Engagement
12 BERNHARD ANZALONE UND AKTEURE                                                   für Integration auf
    Nachwuchs fördern und qualifizieren –
    Erfahrungsberichte junger Engagierter                                        WHB-seminare
    im Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege                        44 Aktuelle Fortbildungen des WHB

20 BERND BRAUNERT UND SILVIA SCHILDE                                             TAGUNGEN UND VERANSTALTUNGEN
    Gemeinsam in kulturelle Bildung investieren – Kindern                     45 Jahreshauptversammlung des Heimatbundes Siegerland-
    und Jugendlichen regionale Lernräume eröffnen.                                 Wittgenstein e. V. am 20. Mai 2019 in der Wasserburg Hainchen
    Eine Kooperation des Heimatvereins Gemen e. V. und
    der Jodocus Nünning Gesamtschule in Borken                                   engagiert vor ort
                                                                              46 Heimatmacher-Praxisbeispiele aus Ihrer Arbeit
28 JUNGES ENGAGEMENT
    Jannik Welp – Mitglied im Jugendbeirat und „Provinzheld“                     NACHRICHTEN UND NOTIZEN
    der Stadt Lengerich		                                                     50 Erweiterung des Bestands in der Bibliothek der deutschen
                                                                                   Heimatzeitschriften
30 MEINE HEIMAT WESTFALEN
    Michael Eckhoff, Hagen                                                       DANK UND ANERKENNUNG
                                                                              51 Kreis Steinfurt verleiht Brauchtumspreis 2018
   Foren und Unterstützernetzwerk                                                  an Rita Volkmer
31 Neustrukturierung der WHB-Fachstellen:                                     52   Willi Garth feierte seinen 80. Geburtstag
    Unterstützernetzwerk, Foren und runde Tische                              53   Josef Reding vollendete das 90. Lebensjahr
                                                                              54   Ulrich Pieper zum 80. Geburtstag
	NEUE MITGLIEDER IM WHB                                                       55   Nachruf Heinrich Mendelin
34 Gemeinsam für Westönnen e. V., Werl-Westönnen
                                                                              	NEUERSCHEINUNGEN
    AUS GESCHÄFTSSTELLE UND GREMIEN                                           56 Heimat. Geschichte eines Missverständnisses
35 Personelle Erweiterung des Rottendorf-Ausschusses                          56 Lengerich. Entdeckt von Kindern und Erwachsenen
    im WHB                                                                    57 Entdecke die Kultur des Bauens
36 Besuch von Vertretern des WHB beim Heimatbund                              57 Ein schöner Land! Aufgaben von Kulturpolitik und
    Bestwig am 16. April 2019                                                      Kulturarbeit im Strukturwandel ländlicher Räume
37 WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers ist Mitglied
    in der Historischen Kommission für Westfalen                                 Buchbesprechungen
37 Bücher, Bücher, Bücher – heimatkundliche Literatur                         58 Kreis Gütersloh. 55 Fundstücke, die Geschichte erzählen
    kostenlos abzugeben
38 Neue Projektmitarbeiterin in der WHB-Geschäftsstelle
38 Kathrin Kobialka verlässt den WHB

Heimat Westfalen ISSN 2569-2178 / 32. Jahrgang, Ausgabe 3/2019
Herausgeber: Westfälischer Heimatbund e. V. · Kaiser-Wilhelm-Ring 3 · 48145 Münster.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Dr. Silke Eilers
Telefon: 0251 203810 - 0 · Fax: 0251 203810 - 29
E-Mail: whb@whb.nrw · Internet: www.whb.nrw
Schriftleitung: Dr. Silke Eilers
Redaktion: Dr. Silke Eilers, Frauke Hoffschulte, Christiane Liedtke, Sarah Pfeil
Layout: Gaby Bonn, Münster
Druck: Griebsch & Rochol Druck GmbH, Hamm
Für namentlich gezeichnete Beiträge sind die Verfasser persönlich verantwortlich.
Diese Zeitschrift erscheint im Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember.
                                                                                                  Gefördert von:
Titelbild: Gemeinschaftsarbeit der Schülerinnen Greta und Leni der Klasse 7F der Jodocus
Nünning Gesamtschule im Rahmen des Projektes „Annäherungen – Jüdisches Leben in Gemen“
unter Leitung der Kunstlehrerinnen Sibylle Borgemeister und Christa Nienhaus-Rekers.
Foto/ Jodocus Nünning Gesamtschule
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
e d i t o r i al

J
         unge Menschen für ihr örtliches Umfeld zu
         interessieren ist eine zentrale Aufgabe für
         Heimatakteure. Denn – sie sind die zukünfti-
gen Heimatgestalter.
    Indem ich mich mit Natur und Kultur vertraut
mache, erfahre ich nicht nur etwas über die Ge-
schichte meines Ortes, sondern ich lerne auch ge-
genwärtige Herausforderungen und die Vielfalt der
Gesellschaft kennen. Die lokale Beschäftigung mit                                                   Foto/ Greta Schüttemeyer

Heimat ermöglicht vielschichtige Zugänge zur globalen Welt, im besten Falle führt sie zu einer aktiven
Mitgestaltung des Umfeldes mit Blick auf die Erfordernisse der Gegenwart.
Der WHB möchte Perspektiven für junges Engagement in der Heimatarbeit entwickeln.
    Heimat geht uns alle an – ob jung oder alt. Doch wie können gerade junge Menschen dafür gewonnen
werden? Welche Rahmenbedingungen und Netzwerke sind erforderlich? Welche guten Beispiele gibt es
bereits in der Region? Das sind die Aspekte, aus welchen wir Impulse für eine erfolgreiche Jugendarbeit
gewinnen möchten. Dafür kooperieren wir mit kompetenten Partnern wie etwa der Arbeitsstelle „Kul-
turelle Bildung NRW“ und Bildungspartner NRW.
    Ausgabe 3/2019 der Heimat Westfalen widmet sich in ihrem Schwerpunkt dem Auftakt der Fach-
tagungsreihe unseres Themenjahres „Heimat für Kinder und Jugendliche“. Dabei werden auch exem-
plarisch zwei der präsentierten Projekte – die Jugendbauhütte NRW-Westfalen sowie die Kooperation
zwischen dem Heimatverein Gemen und der Jodocus Nünning Gesamtschule in Borken – näher vorge-
stellt. In der Rubrik „Junges Engagement“ erläutert Jannik Welp, was ihn dazu bewogen hat, sich im
Kreis Steinfurt als „Provinzheld“ politisch zu engagieren.
    Auf unseren Serviceseiten stellen wir Ihnen u. a. das neue WHB-Projekt „Heimat für alle – Heimatver-
eine als Brückenbauer für Integration“ vor. Das Thema beschäftigt uns bereits seit längerem; mit dem
Vorhaben möchten wir verstärkt an einer Sicherung und Professionalisierung der Strukturen arbeiten.
    Zudem geben wir Ihnen einen Überblick über die Umstrukturierung der Fachstellen des WHB –
durchaus eine Zäsur in der Geschichte des Verbandes, aber Gelegenheit für einen Neustart. Ich würde
mich sehr freuen, wenn Sie diesbezüglich dem WHB und seinen Mitgliedern künftig im Unterstützer-
netzwerk oder in einem der neuen Foren Ihre Expertise ehrenamtlich zur Verfügung stellen würden.
Sie sind mit Ihrem Wissen herzlich willkommen! Sprechen Sie mich gerne dazu an.

Herzliche Grüße

Ihre Dr. Silke Eilers
Geschäftsführerin des WHB

                                                                                                     HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   3
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
Junges Engagement

                 Heimat für Kinder und
            Jugendliche – Chancen gestalten
                  und Impulse setzen
              Tagungsreihe in Kooperation von WHB und
               Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“
                                                von Silke Eilers

Die Tagung regte zum Austausch an und zeigte Praxisbeispiele sowie
Perspektiven für junges Engagement in der Heimatarbeit auf.
Foto/ Greta Schüttemeyer

4 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
WHB - Tagungsreihe 2019

W
            as bedeutet Heimat für Kinder und Ju-            Auftaktveranstaltung in Münster
            gendliche heute? Wie kann man sie un-
            terstützen, sich Heimat zu erschließen           Gemeinsam werden drei Fachtagungen in Westfalen
und diese im besten Falle mitzugestalten? Wie                – je eine in jedem Regierungsbezirk – durchgeführt.
bleiben junge Menschen der Region langfristig verbun-        Diese Veranstaltungen zeigen anhand von unter-
den? Diesen Fragen stellt sich der Westfälische Heimat-      schiedlichen Impulsen und Praxisbeispielen Mög-
bund e. V. (WHB) mit seinem diesjährigen Themenjahr.         lichkeiten für junges Engagement auf.
    Wie müssen Formate konzipiert sein, damit sie bei
Kindern und Jugendlichen auf Interesse stoßen? Wie           Zum Auftakt am 8. April im LWL-Landeshaus in Mün-
gelingt eine nachhaltige Vernetzung von Angeboten            ster diskutierten rund 100 Teilnehmende aus der
kultureller Bildung zwischen Schulen und Vereinen?           Heimat- und Kulturszene über Herausforderungen
Zudem steht die Nachwuchsgewinnung für Vereine im            und Chancen für junge Heimatgestalterinnen und
Blickpunkt. Wir stellen dabei die Arbeit an Strukturen       -gestalter.
in den Vordergrund. Dafür kooperiert der Westfälische            In seinem Grußwort hob WHB-Vorsitzender Mat-
Heimatbund mit kompetenten Partnern. Dazu gehört             thias Löb hervor, dass es aus seiner Sicht die zentra-
neben Bildungspartner NRW auch die Arbeitsstelle „Kul-       le Aufgabe für Heimatverbände und -vereine sei, die
turelle Bildung NRW“.                                        Begeisterungsfähigkeit junger Menschen anzuspre-
    Ziel des WHB-Themenjahres ist es, einerseits funk-       chen. „Es gilt schon früh, bei jungen Menschen ei-
tionierende und übertragbare Formate abzuleiten. An-         nen Blick für die besonderen Merkmale ihres Dorfes,
dererseits geht es um den Abbau von Hemmschwellen,           ihres Stadtteils und ihrer Landschaft zu wecken. Für
denn noch nicht alle Akteure sind in der Jugendarbeit        das, was ich kenne und schätze, bin ich eher bereit
aktiv beziehungsweise erfolgreich. Vielfach ist der Wil-     mich einzusetzen. Kinder und Jugendliche, die wir
le vorhanden, jedoch fehlt mitunter ein entsprechen-         heute erreichen, kommen später vielleicht auch
der Anknüpfungspunkt und auch der Mut aufeinander            wieder in die Region zurück“, erläuterte Löb. „Wir
zuzugehen. Hier möchte der Westfälische Heimatbund           möchten gemeinsam mit den Akteuren vor Ort und
gerne Hilfestellung für die tägliche Arbeit leisten und im   starken Partnern Perspektiven für junges Engage-
besten Falle konkrete Aktivitäten anregen.                   ment in der Heimatarbeit entwickeln.“

                                                                                                HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   5
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
Junges Engagement

                                                                  Die Gesprächspartner erläuterten den Anwesenden ihre
                                                                  spezifischen Erfahrungen und Empfehlungen.

                                                                  Andreas Weinhold, von Hause Lehrer für Geschichte
                                                                  und Englisch, hat 16 Jahre an nordrhein-westfälischen
                                                                  Gesamtschulen unterrichtet und weitreichende Er-
                                                                  fahrungen im Bereich Lehrerfortbildung. In der Ge-
                                                                  schäftsstelle von Bildungspartner NRW koordiniert er
                                                                  die Kooperationen zwischen Schulen und Gedenk- und
                                                                  Erinnerungsstätten in NRW. Für ihn hat regionales, auf
                                                                  die nahe Umgebung bezogenes Lernen einen hohen Stel-
                                                                  lenwert. Zwar sei der Heimatbegriff aus den heutigen
                                                                  Lehrplänen der Schulen verschwunden, da er die für
                                                                  pädagogisch-didaktische Konzepte erforderliche Schärfe
                                                                  vermissen lasse. Gleichwohl verbänden sich mit vielen
                                                                  Heimatakteuren attraktive Lernangebote für Schulen:
                                                                  ortsgeschichtliche oder Natur- und Umweltbildungs-
                                                                  angebote im Sachunterricht der Grundschulen etwa,
                                                                  lokal- und regionalgeschichtliche Ergänzungen zur
„Wir möchten gemeinsam mit den Akteuren vor Ort und starken
                                                                  überregionalen Geschichte des Schulbuches oder eine
Partnern Perspektiven für junges Engagement in der Heimatarbeit
                                                                  Mitgestaltung der kommunalen Geschichts- und Erinne-
entwickeln“, so Löb.
                                                                  rungskultur durch Schülerinnen und Schüler.
Foto/ Greta Schüttemeyer

Die Leiterin der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung
                                                                  Analogien und Unterschiede von
NRW“, Brigitte Schorn, beschrieb in ihrem Grußwort                Regionen können durch Praxisbezug
Jugendliche als Schlüsselpersonen, wenn es um die Zu-             erfahrbar werden
kunft der ländlichen Räume geht. „Sie sind vital, über-
nehmen gern Verantwortung, haben Ideen. Doch wenn                 „Weder Vergangenheit noch Gegenwart sind an allen
man ihnen keine ‚Ermöglichungsstrukturen‘ bietet, be-             Orten gleich. Um Analogien und Unterschiede zwischen
steht die Gefahr, dass sie ihrem Dorf, ihrer Region so            mehr oder weniger weit entfernt gelegenen Regionen
schnell wie möglich den Rücken kehren. Jugendliche                erschließen zu können, bedürfen Schülerinnen und
brauchen Unterstützer, die ihnen Gestaltungsmacht                 Schüler einer Auseinandersetzung mit den kulturel-
einräumen, die ihnen Zeit und Raum geben, eigene                  len, historischen oder natürlichen Merkmalen ihres
Ideen umzusetzen.“                                                Nahraumes“, so Weinhold. Gute Lernangebote seien ge-
                                                                  genüber Kindern und Jugendlichen mit und ohne Zu-
                                                                  wanderungsgeschichte gleichermaßen anschlussfähig.
Gesprächsrunde „Junges Engagement                                 In einer von Migration und Mobilität geprägten Gesell-
– aber wie?“                                                      schaft sollten die Lernangebote der Heimatakteure die
                                                                  Diversität heutiger Lerngruppen jedoch immer berück-
In einem Eröffnungsgespräch diskutierte WHB-Ge-                   sichtigen.
schäftsführerin Dr. Silke Eilers mit Vertreterinnen und
Vertretern der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“,            Zu den besonderen Qualitäten außerschulischer Lernan-
von Bildungspartner NRW, lagfa NRW und des Projektes              gebote von Heimatakteuren führte Andreas Weinhold
„Provinzhelden“ aus dem Kreis Steinfurt über Rahmen-              aus: „Lernangebote der Heimatakteure sind besonders
bedingungen und Faktoren für gelingendes Kinder- und              wirksam, wenn sie Schülerinnen und Schüler zur
Jugendengagement.                                                 aktiven Teilhabe an kulturellen, historischen oder öko-

6 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
WHB - Tagungsreihe 2019

logischen Projekten einladen.“ Vielfach fehle es jedoch
an dem „Gewusst wie“. Angebote der Heimatakteure
seien umso attraktiver für Schulen, je stärker sie an
deren institutionellen Voraussetzungen und Erwar-
tungen sowie den Lehrplaninhalten ausgerichtet seien.
Hier machte Weinhold auch noch einmal auf die neue
Handreichung von Bildungspartner NRW in Koopera-
tion mit dem Westfälischen Heimatbund aufmerksam.

Die stellvertretende Leiterin der Arbeitsstelle „Kul-
turelle Bildung NRW“, Gisela Wibbing, blickt auf
Erfahrungen als Schulleiterin einer Realschule im Re-
gierungsbezirk Detmold zurück. Sie weiß, Beteiligung
                                                            Dr. Silke Eilers und Brigitte Schorn nutzten die Zeit für den Dialog
ist kein Selbstläufer. Hierfür sind aus ihrer Sicht Gele-
                                                            mit den Gästen.
genheiten, Anregungen und auch Begleitung erforder-
                                                            Foto/ Greta Schüttemeyer
lich. In der Realschule hat Wibbing seinerzeit einen
Ansatz mit einem verbindlichen Format und festen
Strukturen erprobt, um junge Menschen bewusst an            dorf an der Friedrich-Albert-Lange-Gesamtschule in So-
Engagement heranzuführen.                                   lingen eine gleichnamige AG gegründet.

Jugendliche erkennen,                                       Projekte sollen Dreieck Schule –
wie erfüllend Ehrenamt sein kann                            Kultur – Ehrenamt verknüpfen

In welchem Bereich sie ehrenamtlich tätig werden,           Zweck ist es, junge Menschen mit einem kulturellen Eh-
konnten sie frei wählen: ob z. B. in einem Museum,          renamt bekannt zu machen und zur Teilhabe anzure-
beim Kinderschutzbund, in einer biologischen Station        gen. „Das Projekt verbindet das Dreieck Schule – Kultur
oder in einer Senioreneinrichtung. Es gab sowohl in         – Verein, indem es durch die Förderung eines regel-
der Schule als auch in der jeweiligen Einrichtung feste     mäßigen kulturellen Ehrenamtes in den Solinger Kul-
Betreuerinnen und Betreuer, die in regelmäßigem Aus-        tureinrichtungen eine Vernetzung und Identifikation
tausch miteinander, aber auch mit den Schülerinnen          zwischen Jugendlichen und den Kultureinrichtungen
und Schülern standen. „In einem zweiten Schritt ist         schafft“, brachte es Wibbing auf den Punkt. Die Durch-
es dann häufig so, dass die Ehrenamtlichen auch wei-        führung an der Schule wird von der Jugendbeauftragten
terhin in der Einrichtung tätig sind, da sie dort eine      des Vereines betreut. Am Ende der regulären Durchfüh-
‚Heimat‘ gefunden haben und erkennen konnten, wie           rung erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat, das für
erfüllend so eine ehrenamtliche Tätigkeit sein kann“,       die berufliche Perspektive einen Nutzen haben kann.
so das Fazit von Gisela Wibbing.
                                                            Auf die Frage nach Anschlussmöglichkeiten erklärte
Die Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“ begleitet        Wibbing: „Überall dort, wo Heimatvereine eine interes-
verschiedene Projekte im Bereich kulturelle Bildung.        sante thematische Anknüpfung bieten, in der Jugendli-
Als einen durchaus übertragbaren „Piloten“ stell-           che mitgestalten können und man ihnen Verantwortung
te Wibbing mit einem Blick über die westfälischen           überträgt, bestehen Anknüpfungspunkte. Gleichzeitig
Grenzen ein Projekt aus Solingen vor. Das Jugendpro-        sind feste Strukturen und Ansprechpersonen sowie über-
jekt „Youth 4 Culture – Spende Deine Zeit!“ wurde           schaubare Zeiträume wichtig.“ Zur Zusammenarbeit mit
im September 2017 vom Solinger Ehrenamt für                 Schulen sei die Kommunikation mit den entsprechenden
Kultur e. V. initiiert. Im Schuljahr 2018/2019 hat sich     Fachlehrkräften und die Festlegung thematischer Eck-
dann mit Unterstützung der Bezirksregierung Düssel-         punkte sinnvoll. Zudem sollten auch die Jugendlichen

                                                                                                       HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   7
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
Junges Engagement

                                                                         Referentinnen und Referenten erläuterten
                                                                         den Zuhörern gelungene Praxisbeispiele.
                                                                         Foto/ Greta Schüttemeyer

                                                                          ten, dass junge Menschen sich nicht weni-
                                                                          ger engagieren als ältere. Dennoch sei die
                                                                          Wahrnehmung, besonders im klassischen
                                                                          Ehrenamt, oft eine andere. „Ein Erklä-
                                                                          rungsansatz könnte sein, dass Jugendli-
partizipativ Dinge mitentscheiden können. Mittels ei-        che oft Engagements bevorzugen, die zeitlich flexibel
ner festen Kooperationsvereinbarung erreiche man in          und eher projektorientiert sind.“ Mit Kindern, Jugend-
der Schule, aber auch im Heimatverein ein verlässliches      lichen und jungen Studenten sollen nun in drei Ent-
Miteinander. Inhaltlich und strukturell sollten sich diese   wicklungsprojekten Ansätze für junges Engagement
Konzepte dann ebenso im Schulprogramm wiederfinden           getestet werden. „Ziel ist es, Handlungsempfehlungen
und für die nachfolgenden Jahrgänge verbindlich sein.        zu erarbeiten und im kommenden Jahr auszurollen.
Gleiches gelte für Angebote beziehungsweise Kooperatio-      Zugleich möchten wir mit Freiwilligenagenturen dar-
nen, die im Ganztag wirken.                                  an arbeiten, wie man (klassisches) Ehrenamt für junges
                                                             Engagement öffnen kann und gegebenenfalls umge-
Das Thema Jugendengagement beschäftigt in diesem             stalten sollte.“
Jahr auch die Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligen-
agenturen in Nordrhein-Westfalen (lagfa NRW) in einem        Als ein gutes Beispiel aus der Praxis benannte Stephanie
besonderen Schwerpunkt, wie die Vorsitzende Stepha-          Krause u. a. die Bielefelder Freiwilligenagentur, welche
nie Krause berichtete. Die Landesarbeitsgemeinschaft         seit Jahren erfolgreich das Projekt YOUNGagement be-
der Freiwilligenagenturen in Nordrhein-Westfalen ist         treibt. Hier werden Schnuppererfahrungen für Kinder
ein verbandsübergreifendes Fachforum für Freiwilli-          und Jugendliche zwischen 14 und 23 Jahren geboten.
genarbeit. Die lagfa NRW hat im Dezember 2018 mit
einer Veranstaltung in Düsseldorf den Startschuss zu ei-
nem von der Landesregierung geförderten Projekt zum
                                                             Schulen können Engagement-
Thema Jugendengagement gegeben.                              Erlebnisse initiieren

                                                             Weitere Projekte liegen im Bereich des Service-Learn-
Jugendliche bevorzugen                                       ings. Dabei werden Jugendliche an der Schule etwa
flexible Engagements                                         durch Engagement-Erlebnisse in Form von Sozial-
                                                             praktika erreicht. „Dabei sollte man immer genau
Zum Hintergrund der Initiative „Kim macht’s“ stellte         schauen, wie freiwillig das Engagement in einem
Krause dar, dass alle Umfragen und Erhebungen zeig-          Praktikum sein kann“, so Krause. Jugendliche und

8 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
WHB - Tagungsreihe 2019

junge Erwachsene haben vielfach durchaus Inter-                  Kommunalpolitische Entwicklungen
esse, sich gesellschaftlich einzubringen. Es mangelt
                                                                 und Entscheidungen auf Jugendebene
jedoch nicht selten an Zeit und passenden Gegeben-
heiten. Was tun? Dazu Krause: „Sich selbst hinter-               anstoSSen
fragen: Wenn wir davon ausgehen, dass Jugendliche
sich einbringen wollen, dann scheinen Hemmnisse                  Aus jeder kreisangehörigen Gemeinde können junge
ja in den bestehenden Angeboten und Strukturen zu                Frauen und Männer zwischen 16 und 22 Jahren aktiv wer-
liegen. Wie müssen sich also Vereine und Verbände                den. Sie setzen sich für die Belange von jungen Menschen
aufstellen, um für junge Engagierte interessant zu               auf Gemeindeebene ein und motivieren auch andere
sein? Welche Aufgabenfelder geben wir ab? Welche                 Jugendliche zur Beteiligung. Echterhoff ist sich sicher:
zeitlichen Voraussetzungen sind gegeben, welche                  „Damit tragen sie zu einer Belebung des ländlichen
könnte man neu aushandeln? Welche Mitsprache-                    Raums bei.“ Die möglichen Themen der „Provinzhelden“
möglichkeiten bieten wir neuen jungen Mitstrei-                  sind vielfältig und reichen etwa von einem Jugendparla-
tern? So ein Schritt ist nie leicht, besonders nicht             ment über einen Nachtbus oder eine Skaterbahn.
in Vereinen mit einer langen Tradition. Aber wenn                    Für eine erfolgreiche Kommunikation ihrer Anliegen
junge Menschen sich nicht für den eigenen Verein                 etwa in die kommunalen Gremien erfolgt eine Quali-
interessieren, muss man sich auch mal Fragen stel-               fizierung der Teilnehmenden. Ein Training vermittelt
len und vielleicht den Mut zu neuen Wegen (mit un-               Kompetenzen und Tipps, um die jungen Akteurinnen
gewissem Ausgang) finden.“                                       und Akteure für ihre Aufgabe und öffentlichen Auftritte
                                                                 fit zu machen. „Die Jugendlichen lernen, ihre eigenen
Recherchen im Vorfeld der Tagung, etwa bei der Ser-              Ideen und Meinungen zu vertreten. Nur, wenn Jugend-
vicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung NRW                 liche früh lernen, sich für ihre Ansichten einzusetzen,
beim LWL, haben ergeben, dass in Westfalen durch-                werden sie sich auch im Erwachsenenalter einbringen“,
aus ein breites Spektrum an unterschiedlichsten For-             ist Echterhoff überzeugt. Auch die Ansprechpersonen
men des Kinder- und Jugendengagements vorhanden                  der „Provinzhelden“ aus den Verwaltungen, Jugendzen-
ist. Dazu zählt das Projekt „Provinzhelden. Mitreden.            tren und Jugendverbänden der Kommunen lernen in
Mitentscheiden. Mitgestalten“ des Kreises Steinfurt,             Veranstaltungen, wie sie die jungen Menschen passge-
in welchem junge Menschen die Zukunft in ihren                   nau unterstützen und in demokratische Prozesse ein-
Orten mitentwickeln und sich in kommunalpoliti-                  binden können.
sche Entscheidungen einbringen sollen. Iris Echter-                  In der Rubrik „Junges Engagement – der WHB fragt
hoff vom Jugendamt des Kreises Steinfurt und Jannik              nach“ erklärt uns Jannik Welp, „Provinzheld“ in Lenge-
Welp, „Provinzheld“ in Lengerich, schilderten das aus            rich, ausführlich wie es für die Jugendlichen ist, so aktiv
LEADER- und Kreismitteln finanzierte Projekt.                    in neue Gestaltungsprozesse eingebunden zu sein.

Zwischen den Foren gab es Zeit, um miteinander ins Gespräch zu   In der Schlussrunde standen konkrete Empfehlungen
kommen.                                                          im Fokus. Gisela Wibbing benannte hier drei wesent-
Foto/ Greta Schüttemeyer                                         liche Gelingensbedingungen für junges Engagement:

                                                                                                     HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   9
HEIMAT WESTFALEN - PERSPEKTIVEN FÜR JUNGES ENGAGEMENT WHB - TAGUNGSREIHE 2019 - WESTFÄLISCHER HEIMATBUND
Junges Engagement

                                                                                           „Jugendliche brauchen Unterstüt-
                                                                                           zer, die ihnen Gestaltungsmacht
                                                                                           einräumen, die ihnen Zeit und
                                                                                           Raum geben, eigene Ideen
                                                                                           umzusetzen“, so die einhellige
                                                                                           Meinung der Referenten und
                                                                                           Akteure.
                                                                                           Foto/ Greta Schüttemeyer

„In einem ersten Schritt sollten in Kooperation mit Schu-   historisch-politische Bildung zu vernetzen. Hierzu wird
len, dem Ganztag, einer Jugendeinrichtung oder auch         der Aufbau kommunaler Kooperationen zwischen je-
einer Kita Projekte entwickelt werden, die die jungen       weils einer Schule und einem Lernort in den 11 Städten
Menschen mitgestalten können, um ihnen so erst ein-         und Gemeinden des Kreises gefördert. Ziel ist es, Schüle-
mal einen Einstieg zu ermöglichen.“ Zweitens ist eine       rinnen und Schüler dabei zu unterstützen, Fragen nach
gute Betreuung und Begleitung zu Beginn notwendig,          dem Wandel der eigenen Lebenswelt zu stellen, um sie
damit auch ein Zugehörigkeitsgefühl entwickelt werden       mit Hilfe von Zeitzeugnissen für sich zu beantworten.
kann. Drittens sollte den jungen Menschen Gelegenheit          Bernhard Anzalone sowie 14 junge Akteurinnen und
gegeben werden, ihre Fähigkeiten einbringen zu können.      Akteure der Jugendbauhütte NRW-Westfalen mit Sitz in
Diese sollten anerkannt und wertgeschätzt werden.“          Soest gaben einen lebendigen Einblick in das Freiwillige
                                                            Soziale Jahr in der Denkmalpflege (dazu auch ein aus-
Das Thema Jugendengagement treibt viele Protagonis-         führlicher Beitrag in der aktuellen Ausgabe).
ten und Akteure in den unterschiedlichsten Bereichen
um. Jeder versucht für sich den passenden Weg zu fin-       Wie man mit „Europa in Westfalen“ westfälische Bau-
den. Gerade durch Vernetzung und Abstimmung kann            denkmale entdecken kann, veranschaulichten Studentin
gemeinsam mehr erreicht werden.                             Jana Tempelmeier von der Westfälischen Wilhelms-Uni-
   Zu möglichen Schnittstellen für WHB und Freiwil-         versität Münster und Oliver Karnau, Mitarbeiter in der
ligenagenturen empfahl Stephanie Krause, dass mehr          LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur. Im
Heimatakteure ihre Angebote auch über die Freiwilligen-     Kulturerbejahr 2018 hat die LWL-Denkmalpflege das
agenturen kommunizieren. Der Kontakt zur nächsten           Projekt „Europa in Westfalen“ durchgeführt. Partner vor
Freiwilligenagentur könne über die lagfa hergestellt        Ort waren u. a. ehrenamtlich getragene außerschulische
werden. Zudem könnten lagfa und WHB gemeinsam die           Lernorte. Wie kann ein scheinbar sperriges Thema wie
in diesem Jahr gesammelten Erfahrungen reflektieren,        Europa anschaulich vermittelt werden? Was kann ande-
um miteinander gute Konzepte zu entwickeln.                 ren mit auf den Weg gegeben werden, die sich einbrin-
                                                            gen möchten oder Ähnliches planen?

Diskussionsforen
                                                            Jana Tempelmeier und Oliver Karnau beleuchteten die einzelnen Pro-
                                                            jektpartnerschaften und gaben ergänzende Tipps zur Durchführung.
Im Anschluss ging es in insgesamt sechs Diskussi-
                                                            Foto/ Greta Schüttemeyer
onsforen in die konkrete Arbeit. In drei Runden am
Vormittag wurden günstigen Strukturen für junges
Engagement nachgespürt. Rouven Hallwaß von der
Universität Siegen stellte das noch junge Netzwerk „Bil-
dungslandschaft Siegen-Wittgenstein“ vor. Dieses hat
sich auf den Weg gemacht, Lernangebote an außerschu-
lischen Lernorten zu entwickeln und flächendeckend
Lernorte, Schulen, private Träger und Universität für die

10 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

D
       as Projekt „Denk‘ mal europäisch in Münster!“
       der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
       wurde exemplarisch als konkrete Möglichkeit
der Vermittlung und Präsentation vorgestellt.

Nachmittags ging es um gute Beispiele aus der Hei-
matarbeit vor Ort. Hier berichteten Silvia Schilde von
der Jodocus Nünning Gesamtschule in Borken sowie
Dr. Bernd Braunert, Heimatverein Gemen e. V., über ihre
gemeinsame Kooperation (vgl. dazu den Beitrag in die-
                                                            Ulrike Steinkrüger und Catharina Kähler sprachen sich für die inter-
ser Ausgabe).
                                                            disziplinäre Zusammenarbeit von Institutionen aus, um nachhaltige
                                                            Angebote für Jugendliche zu entwickeln.
Das Gemeinschaftsvorhaben eines neuen Schulwan-
                                                            Foto/ Greta Schüttemeyer
derweges in Nottuln-Darup präsentierten Ulrike Stein-
krüger, Leiterin des Fachbereichs Wandern im WHB,
und Catharina Kähler vom Naturschutzzentrum
Kreis Coesfeld. Raus in die Natur und die Umgebung
spielerisch erkunden — das ist das Ziel des geplanten
Schulwanderweges rund um Nottuln-Darup, der als
Gemeinschaftsprojekt zwischen Westfälischem Hei-
matbund e. V., Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e. V.
(Alter Hof Schoppmann), Biologischem Zentrum Kreis
Coesfeld e. V. in Lüdinghausen, Heimatverein Darup e. V.,
örtlicher und regionaler Touristik sowie freiberuflichen
Schulwanderführerinnen und -führern entsteht.

Ein Kunst- und Kreativprojekt aus Lüdenscheid, das
jugendliche Identität in den Mittelpunkt gerückt hat,
stellten Ulrike Tütemann, freie Mitarbeiterin der Mu-
seen der Stadt Lüdenscheid, und Künstler sowie Co-          Ulrike Tütemann und Tom Groll berichteten von den künstlerischen
Kurator des Projektes Tom Groll vor. „HOME — There is       Herangehensweisen der Jugendlichen.
no Place like Lüdenscheid“ spiegelte die Positionen von     Foto/ Greta Schüttemeyer
Jugendlichen aus Lüdenscheid zum Begriff Heimat wi-
der. Kunstschaffende und Kreative aus der Region hatten                                INF O
sich 2017 mit rund 200 Jugendlichen dem schwierigen
Gefühl Heimat genähert. Jugendlichen wurde in den               Die Ergebnisse der drei Fachtagungen – 8. April in
Ausstellungsräumen Platz für Kreativität und Indivi-            Münster, 29. Mai in Siegen und 30. Oktober in Bielefeld –
dualität geboten. Die Ergebnisse der Workshops wie              werden in einer Dokumentation zusammengefasst.
Fotografien, Projektionen, Graffiti, Videos, Skulpturen,
Street-Art, Tanz-Theater und Poetry-Slam wurden in ei-          Alle drei Veranstaltungen beleuchten anhand von
ner Ausstellung zusammengefasst.                                unterschiedlichen Impulsen und Praxisbeispielen die
                                                                eingangs genannten Fragestellungen und zeigen Perspek-
Zum Abschluss der Tagung wurde noch einmal im Ple-              tiven für junges Engagement in der Heimatarbeit auf.
num Resümee gezogen und ein Ausblick auf die weite-
ren Veranstaltungen gegeben. Die Ergebnisse der drei            Wir laden Sie herzlich zur Abschlussveranstaltung
Fachtage werden ausgewertet und in einer Dokumenta-             am 30. Oktober 2019 in Bielefeld ein.
tion zusammengefasst.                                           Nähere Informationen folgen.

                                                                                                      HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   11
Junges Engagement

Freiwillige der Jugendbauhütte Westfalen bei einem Arbeitseinsatz
auf Schloss Senden
Foto/ Roland Rossner/ Deutsche Stiftung Denkmalschutz

12 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

                Nachwuchs fördern
                und qualifizieren –
  Erfahrungsberichte junger Engagierter im
Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege
                               von Bernhard Anzalone
                           sowie Akteurinnen und Akteuren

W
           er nicht gleich nach der Schule eine mehr-     Kultur, Sport, Politik und Integration. Doch wer weiß
           jährige Ausbildung beginnen oder in ei-        schon, dass es auch Stellen in der Denkmalpflege gibt?
           nem Studium durchstarten möchte, ohne          Träger für Freiwilligendienste im Denkmalschutz sind
zu wissen, ob er die richtige Wahl getroffen hat, kann    die Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmal-
sich vorerst freiwillig engagieren und ausprobieren.      schutz.
Durch eine „Lernpause“ nach der Schulzeit und Frei-          Eine von diesen bundesweit 14 Jugendbauhütten be-
raum zur Orientierung können junge Menschen neue          findet sich in Westfalen mit Sitz in Soest. In den Einsatz-
Perspektiven gewinnen, eigene Stärken und Interessen      stellen lernen Jugendliche auf ganz vielfältige Weise,
überprüfen und kennenlernen. Sie erfahren einen           wie spannend Denkmalpflege ist und was Mann und
längerfristigen Einblick in den Arbeitsalltag unter-      Frau dort alles machen können.
schiedlichster Berufsfelder und haben damit vielen
Hochschulabsolventen einiges an praktischer Erfah-
rung voraus.
                                                          Erfahrungsberichte junger Freiwilliger

Freiwilliges Engagement ist eine Bereicherung für alle    Einen kleinen Ausschnitt, wie abwechslungsreich, auf-
Beteiligten. Hier kann man eigene Interessen und Stär-    regend und bunt der Alltag der jungen Denkmalpfle-
ken einbringen sowie entdecken, welche Talente, Po-       ger ist, zeigen im Folgenden die Freiwilligen der ijgd
tentiale und Begabungen in einem stecken. Zugleich        Jugendbauhütte NRW-Westfalen:
profitiert die Gesellschaft von diesem Einsatz im Bun-
desfreiwilligendienst (BFD) oder Freiwilligen Sozialen    • Meike Rövekamp für die Untere Denkmalbehörde
Jahr (FSJ).                                                 der Stadt Soest
                                                          • Joline Diekneite und Karlotta Lämmel für die LWL-
                                                            Archäologie für Westfalen im Referat für Mittelalter
Vielfältige Einsatzbereiche                                 und Neuzeitarchäologie in Münster
für Freiwillige                                           • Aaron Osterloh für das LWL-Römermuseum
                                                            in Haltern am See
Die Einsatzbereiche im FSJ bzw. BFD sind vielfältig und   • Mona Baumgart und Leonie Simon für das LWL-
umfassend. Es gibt sie neben dem sozialen Bereich und       Freilichtmuseum Detmold
dem Umwelt- und Naturschutz inzwischen auch in            • Kilian Ziebarth für Schloss Senden e. V.

                                                                                              HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   13
Junges Engagement

Meike Rövekamp – Untere Denkmalbehörde
Soest

m
          ein Name ist Meike Rövekamp und ich absolviere cke, Besonderheiten und Veränderungen fotografisch
          mein Freiwilliges Soziales Jahr in der Unteren festzuhalten. Zudem unterstütze ich die Mitarbeiter der
          Denkmalbehörde der Stadt Soest. Für mich stand Denkmalbehörde allgemein. Das ist sehr vielfältig und
schon lange fest, dass ich nach dem Abitur erst einmal ein reicht über das Aufnehmen von Anträgen, über die Vor-
Jahr „Pause“ machen möchte. Deshalb suchte ich nach ei- bereitung von Vorträgen bis zum Gestalten von Infopla-
nem Angebot, mich während                                                              katen für den Tag des offenen
eines Freiwilligen Sozialen                                                            Denkmals. Einen großen Teil
Jahres mit Geschichte und                                                              nimmt Recherche ein. Hierfür
Architektur zu beschäftigen,                                                           lese ich wissenschaftliche Auf-
mit anderen Jugendlichen                                                               sätze, studiere aber auch über
auszutauschen und auf die                                                              einhundert Jahre alte Baupläne.
Zukunft vorzubereiten – und                                                            Oft bin ich auch alleine in der
natürlich mich selbst besser                                                           Altstadt unterwegs, um Fotos zu
kennenzulernen.                                                                        machen.
    Durch Internetrecher-                                                                  An meiner Einsatzstelle ge-
chen bin ich dann auf das                                                              fällt mir besonders die stän-
Freiwillige Soziale Jahr in                                                            dige Abwechslung. Die Arbeit
der Denkmalpf lege gesto-                                                              ist sehr vielfältig und bietet
ßen. Die Mischung aus der                                                              immer neue Erfahrungen. Mal
Arbeit in einer Einsatzstelle                                                          recherchiert man im Büro, mal
und den Praxisseminaren                                                                begutachtet man einen jahr-
mit den anderen Freiwilligen                                                           hundertealten Dachstuhl einer
fand ich sofort sehr reizvoll,                                                         Kirche in über 20 Metern Höhe,
                                Meike Rövekamp bei der Arbeit im Steinseminar
und so habe ich mich auf ei-                                                           und mal erforscht man mit
                                Foto/ JBH
nen Platz beworben.                                                                   einem Bauforscher in einem
    In der Unteren Denkmalbehörde Soest sind die eigentlich einheitlich aussehenden Haus die Verände-
Aufgaben sehr vielfältig. In Soest stehen bereits über 600 rungen im Laufe von 400 Jahren.
Gebäude unter Denkmalschutz und die gesamte Altstadt               Bei meiner Arbeit wird mir viel Freiraum gelassen,
ist ein sogenannter Denkmalbereich. Dennoch werden trotzdem gibt es unter den Kollegen und in der Jugend-
immer wieder Gebäude besichtigt und bei Feststellung bauhütte immer jemanden, an den ich mich bei Fragen
des Denkmalwertes als Baudenkmal eingetragen. Bei den wenden kann. Der Zusammenhalt in der Jugendbauhüt-
Baudenkmälern berät die Denkmalbehörde die Eigentü- te gefällt mir ebenfalls gut. Es ist spannend, mehr über
mer und begleitet Bauvorhaben. Die Beratungen finden die Einsatzstellen der anderen Freiwilligen zu erfahren
häufig im Rathaus statt. Den Eigentümern wird erklärt, und es macht großen Spaß, mit ihnen zusammen zu
was es bedeutet, ein Baudenkmal zu besitzen, welche Um- arbeiten. Egal ob beim Behauen eines Steins, dem Bau
bauten möglich sind, welche Fördermaßnahmen es gibt eines Holzordners oder den Arbeiten auf Schloss Senden,
und welche Materialien für die bereits verbauten Subs- zusammen schafft man alles besser.
tanzen am verträglichsten sind. Oft werden die Denkmä-             Nach meinem FSJ möchte ich Architektur und Denk-
ler auf Ortsterminen besichtigt. Das kann ein Bauernhof, malpflege studieren, um dann wieder in einer Denkmal-
ein barockes Palais oder auch mal eine Kirche sein. Auf behörde zu arbeiten. Das FSJ hat mir geholfen, mir bei
diesen Ortsterminen ist es meine Aufgabe, die Eindrü- meinem Berufswunsch sicher zu werden.

14 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

 Joline Diekneite und Karlotta Lämmel –
     LWL-Archäologie für Westfalen

w
          ir sind Karlotta Lämmel (20) und Joline                   Ausgrabungen wurden uns sofort wichtige Aufgaben
          Diekneite (19) und machen unser FSJ in der                zugeteilt, sodass wir viel über die archäologische Feld-
          LWL-Archäologie für Westfalen im Referat für              arbeit lernen konnten und inzwischen auch selbststän-
Mittelalter und Neuzeitarchäologie in Münster. Wir ha-              dig Aufgaben übernehmen können. Das Tolle ist, dass
ben uns für das FSJ in der Denkmalpflege entschieden,               wir sehr viele verschiedene Grabungen sehen: So waren
weil wir nach der Schule nicht direkt in die Uni wollten            wir schon im Kloster Wedinghausen in Arnsberg, wo
und sind durch Zufall auf das Angebot der Jugendbau-                wir ein Skelett freilegen konnten. Dies hatte sogar eine
hütte gestoßen. Dies hat uns sehr angesprochen, weil                Grabbeilage. Außerdem hatten wir im letzten Jahr die
wir uns schon länger für Geschichte und speziell für                Möglichkeit, bei einer Ausgrabung von einem Erschie-
Archäologie interessiert haben.                                     ßungsplatz aus dem Zweiten Weltkrieg in Warstein zu
                                                                    helfen. Dabei legten wir das Hab und Gut der erschos-
Die LWL-Archäologie ist in Westfalen die zuständige                 senen Zwangsarbeiter frei. Für uns persönlich war das
Fachbehörde für Bodendenkmäler. Das heißt, Bauvor-                  natürlich eine ganz besondere Erfahrung. Außerordent-
haben werden mittels Stellungnahmen „beauflagt“,                    lich aufregend ist es, wenn wir mittelalterliche Münzen
um zu evaluieren, ob eine Ausgrabung vor Baubeginn                  oder z. B. einen Ring finden.
vonnöten ist oder aber z. B. baubegleitende Archäologie
ausreichend ist. Das Referat Mittelalter und Neuzeit be-            Uns macht die Arbeit insgesamt sehr viel Spaß, weil wir
fasst sich mit der Umsetzung der Grabungen oder Bau-                großes Mitbestimmungsrecht haben und auf unsere
begleitungen und betreut Grabungsfirmen.                            Wünsche eingegangen wird. Uns wird die Möglichkeit
                                                                    gegeben, praktische Erfahrungen zu sammeln und viel
Wir als FSJ’lerinnen werden größtenteils auf Grabungen              zu lernen. Dadurch haben wir den Beruf des Archäologen
als Helferinnen eingesetzt. Dort graben, fotografieren              hautnah mitbekommen, was uns beide in unserem Be-
und zeichnen wir die Befunde und helfen bei der Fund-               rufswunsch – Archäologinnen zu werden – bestärkt hat.
dokumentation. Im Innendienst waschen wir Funde,
digitalisieren Zeichnungen, erstellen Pläne und helfen              Für uns beide war das FSJ in der Denkmalpflege sehr be-
generell bei der Grabungsnachbearbeitung. Auf den                   reichernd und auf jeden Fall die richtige Entscheidung.

Joline Diekneite (links) und Karlotta Lämmel (rechts) beim Einzeichnen einer Grabungsstelle
Foto/ LWL

                                                                                                      HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   15
Junges Engagement

Aaron Osterloh bei der Kleiderprobe: „Kettenhemden kratzen kaum.“
Foto/ LWL

Aaron Osterloh – LWL-Römermuseum
in Haltern am See

S
       alvete! Mein Name ist Aaron Osterloh und meine               macht. Natürlich gibt es auch „Saure-Gurken-Jobs“. Mein
       Einsatzstelle das LWL-Römermuseum in Haltern                 Ziel war es, Erfahrungen zu sammeln und zwar so viele
       am See. „Einsatzstelle? Bist du beim Bund oder ein           wie möglich, und das habe ich.
Superheld?“ Diese oder ähnliche Fragen könnten sich auf-               Mein persönliches Highlight: das Projekt „Römer für
drängen. Doch die Wahrheit ist, ich bin ein bisschen von            Aliso“. 25 Freiwillige haben in monatelanger Handarbeit
beidem. Ich absolviere einen Bundesfreiwilligendienst.              eine eigene Grundausrüstung eines römischen Legionärs
Nach meinem Abitur wusste ich, wie so viele andere in               gefertigt. Das Ganze gipfelte dann in der Wiedereröff-
meinem Alter (zumindest hoffe ich das), nicht so wirk-              nung des Außengeländes des Museums, wo wir, natürlich
lich, wie es mit mir weitergehen soll. Direkt studieren             in unserer eigenen Ausrüstung, eine kleine „Musterung“
wollte ich noch nicht, ich hätte ja noch nicht einmal ge-           durchliefen und zusammen mit zwei römischen Reenact-
wusst was. Für mich stand nur fest: irgendetwas mit Ge-             ment-Gruppen das Lagerleben der Legionäre zeigten.
schichte. So googelte ich im Internet, was ich denn nun                Auch abseits der Einsatzstelle macht so ein BFD bzw.
machen könnte, und stieß dabei zufällig auf die Seite der           FSJ viel Spaß; gemeint sind die Seminare. Wo sonst kann
Jugendbauhütte. Ein Freiwilliges Soziales Jahr, das wäre            man noch mehr Erfahrungen sammeln? Denn mal ab-
doch etwas. Nach einigem Hin und Her entschied ich                  gesehen von den handwerklichen Fertigkeiten, z. B. bei
mich dann dafür. Ich sitze hier jetzt gerade in meinem              der Steinbildhauerei oder Intarsien-Arbeit, sind doch ge-
Büro im Museum und schreibe diesen Text, und ich kann               rade die sozialen Erfahrungen in so einem Freiwilligen
nur sagen: Ich würde die Zeit meines BFD nicht missen               Sozialen Jahr unabdingbar.
wollen.                                                                Leider neigt sich mein BFD langsam dem Ende zu, doch
   Wenn man mich fragt, was denn meine Aufgaben hier                auch nach meiner Zeit im Museum werde ich immer mal
im Museum sind, antworte ich meist scherzend: Ich bin               wieder da sein. Denn ich habe hier nicht nur neue und
„Mädchen für alles“. Doch so abwegig ist das eigentlich             wichtige Erfahrungen sammeln können, sondern auch
nicht, ich bin in alles involviert, von Organisatorischem           ein neues Hobby gefunden: nach diesem Jahr wird ein
über Museumspädagogik bis hin zu Handreichungen für                 „Legionär“ das Museum verlassen, Geschichte studieren,
den Hausmeister.                                                    und sein Wissen und seine Erfahrungen weitergeben.
   Es gibt jeden Tag etwas anderes zu tun und ich müsste               Abschließend kann ich wohl nur noch sagen: „Jugend-
lügen, wenn ich sagen würde, dass alles einen Mordsspaß             liche aller Schulen, bewerbt euch!“

16 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

               Leonie Simon und
               Mona Baumgart –
               LWL-Freilichtmuseum
               Detmold
              Wir sind Leonie Simon (19) und
              Mona Baumgart (19) und
              wir leisten unser FSJ Denkmalpflege
              im LWL-Freilichtmuseum
              in Detmold.

                                                             Leonie Simon (links) und Mona Baumgart (rechts) verputzen
                                                             ein Sichtfachwerk mit Lehmputz.
                                                             Foto/ LWL

F
     ür uns beide war relativ früh klar, dass wir nach dem   Unser Aufgabenbereich im Museum ist sehr vielfältig.
     Abitur gerne ein Orientierungsjahr machen wollten.      Wir helfen hauptsächlich den Handwerkern (Maurern,
     Als wir von der Jugendbauhütte gehört haben, waren      Zimmerleuten und Tischlern), zum Beispiel beim Ver-
wir beide direkt angesprochen von dieser etwas anderen       putzen der Gefache des Münsterländer Gräftenhofes
Art des Freiwilligen Sozialen Jahres und haben uns über      wie auch bei der Herstellung der neuen Fenster für den
unseren Platz im Freilichtmuseum sehr gefreut.               Hof.

                                                                                                    HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   17
Junges Engagement

Ich, Mona, werde nach dem FSJ eine Ausbildung als Bau-       unterschiedlichsten Aufgabenbereiche der Gebäude- als
zeichnerin anfangen und kann im Freilichtmuseum              auch Möbelrestauratoren zu bekommen.
schon einen Einblick in den Beruf erlangen.
   Und ich, Leonie, interessiere mich sehr für die Restau-   Des Weiteren haben wir immer die Möglichkeit, Wün-
rierung von Stein und Holz und plane, mich beruflich         sche zu äußern, wie beispielsweise auch mal in der
auch in diese Richtung zu entwickeln. Daher ist das Frei-    Schmiede oder Töpferei mitzuarbeiten, was gerne er-
lichtmuseum perfekt für mich, um einen Einblick in die       füllt wurde.

Kilian Ziebarth –
Schloss Senden e. V.

M
           ein Name ist Kilian Ziebarth und ich unter-
           stütze im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen
           Jahres in der Denkmalpflege den Schloss Sen-
den e. V. bei seiner Arbeit rund um die Restaurierung
und den Erhalt des Schlosses Senden, einem denkmal-
geschützten Wasserschloss im Münsterland.

Nach dem Abitur war für mich schon relativ klar, dass
ich beruflich in Richtung Architektur gehen möchte.
Anstatt allerdings von der Schule direkt auf die Uni zu
wechseln, wollte ich lieber erst einmal praktisch arbei-
ten. Über einen Flyer der Berufsberatung an meiner
ehemaligen Schule wurde ich auf die Möglichkeit auf-
merksam, ein FSJ im Bereich Denkmalpflege zu absolvie-
ren und erfuhr, dass sich ein solcher Freiwilligendienst
auch als Vorbereitung auf ein Architekturstudium eignet.
   Das Schloss Senden hat eine mehr als 500-jährige
Geschichte hinter sich, in der es auf vielfältige Art und    Kilian begutachtet den Linolschnitt einer Teilnehmerin in dem von
Weise genutzt und immer wieder umgebaut wurde.               ihm angeleiteten Workshop.
Nachdem es als Herrschaftssitz für das Adelsgeschlecht       Foto/ Claudia Ehlert
Droste zu Senden ausgedient hatte, wurde es Mitte
des letzten Jahrhunderts von einem Unternehmer aus           Senden e. V. gegründet wurde, der sich seitdem der Si-
Münster erworben und zu einem Handelsinternat um-            cherung und der denkmalgerechten Restaurierung des
gebaut. Dabei wurde stark und mit wenig Rücksicht in         Schlosses widmet und eine neue Nutzung des Sendener
die historische Bausubstanz eingegriffen. Neben einem        Wahrzeichens für die Öffentlichkeit anstrebt.
Internat war Schloss Senden außerdem schon Senioren-
residenz, Hotel, Restaurant und Café und beherbergte         Da Schloss Senden e. V. mit nur wenig Personal auskom-
einen Klarissen-Orden und sogenannte Displaced Per-          men muss, bin ich in so gut wie alle Arbeitsbereiche
sons nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit Ende der 1990er-       involviert. So kümmere ich mich beispielsweise um Öf-
Jahre stand das Schloss Senden weitgehend leer und           fentlichkeitsarbeit, das heißt, die Verwaltung des Inter-
war dem Verfall überlassen, bis 2015 der Verein Schloss      netauftritts und der Social-Media-Kanäle des Schlosses

18 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

oder das Erarbeiten und Verteilen von Werbeflyern und                                  INF O
-plakaten für Veranstaltungen. Auf diesen Veranstaltun-
gen verkaufe ich aber auch Kaffee und Kuchen an unse-            Vor 20 Jahren wurde die erste Jugendbauhütte
re Gäste. Wichtiger Bestandteil der Arbeit des Vereins           der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegründet.
ist das Stellen von Förderanträgen bei Gemeinde, Kreis,          Mittlerweile gibt es deutschlandweit 14 Jugendbauhütten,
Land und Bund sowie Stiftungen wie der Deutschen                 in denen Jugendliche ein Freiwilliges Soziales Jahr
Stiftung Denkmalschutz, um die Kosten bewältigen zu              in der Denkmalpflege absolvieren können.
können, die die Restaurierung und die Nutzung des                Die Jugendbauhütte NRW-Westfalen ist ein Projekt
Schlosses mit sich bringen. Auch an dieser Aufgabe bin           der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft
ich beteiligt und konnte sogar schon selbst erfolgreich          der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd),
Anträge stellen und so zum Beispiel erst kürzlich einen          gefördert durch das Land NRW und den Landschafts-
Linoldruck-Workshop für Kinder am Schloss durchführen.           verband Westfalen-Lippe (LWL).
    Zur Arbeit am Schloss kommen die Jugendbauhütten-            Einsatzstellen gibt es z. B. in Archiven, bei Restauratoren
Seminare, bei denen alle Freiwilligen der Jugendbau-             im Handwerk, in der Archäologie, in Museen und
hütte Westfalen zusammen tätig werden. Obwohl zwei               Planungsbüros. Die Einsatzstellen sind westfalenweit
dieser Seminare auf Schloss Senden stattfinden, sind             verteilt. Ergänzt wird die Arbeit in den Einsatzstellen durch
sie noch einmal eine Abwechslung zum sonstigen FSJ-              sechs Seminarwochen, in denen Grundlagen der Denkmal-
„Alltag“. Während man dann Sandstein behaut, Intar-              pflege theoretisch und praktisch vermittelt werden.
sien legt oder das Schloss von neuzeitlichen Einbauten
oder Wildbewuchs befreit, kann man sich nicht nur gut            Für den BFD bzw. das FSJ Denkmalpflege können sich
mit anderen Freiwilligen austauschen, sondern lernt              Jugendliche ab 17 Jahren bewerben.
auch einiges über Denkmalpflege und Handwerk. Und                Fragen zum BFD/FSJ Denkmalpflege und Informationen zur
zwar ganz ohne Frontalunterricht.                                Jugendbauhütte Westfalen können an Bernhard Anzalone
                                                                 gerichtet werden:
Durch mein FSJ habe ich einen Einblick in den Bereich
Denkmalpflege bekommen, der meine Begeisterung für               Bernhard Anzalone
Architektur gefestigt und meinem Interesse an einem              ijgd Internationale Jugendgemeinschaftsdienste
Studium in diesem Bereich eine neue Motivationsquelle            Jugendbauhütte Westfalen
gegeben hat.                                                     Ulrichertor 4 · 59494 Soest
                                                                 02921 981 – 55 55
Die Freiwilligen berichten den Zuhörern der Tagung „Heimat für   https://www.denkmalschutz.de/aktuelles.html und
Kinder und Jugendliche“ von ihren Tätigkeiten.                   https://www.ijgd.de/
Foto/ Greta Schüttemeyer

                                                                                                       HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   19
Junges Engagement

Gemeinschaftsarbeit der Schüle-
rinnen Greta und Leni der Klasse
7F der Jodocus Nünning Gesamt-
schule im Rahmen des Projektes
„Annäherungen – Jüdisches Leben
in Gemen“ unter Leitung der Kunst-
lehrerinnen Sibylle Borgemeister
und Christa Nienhaus-Rekers.
Foto/ Jodocus Nünning Gesamtschule

Gemeinsam in kulturelle Bildung
investieren – Kindern und Jugendlichen
regionale Lernräume eröffnen
Eine Kooperation des Heimatvereins Gemen e. V.
und der Jodocus Nünning Gesamtschule in Borken

von Bernd Braunert und Silvia Schilde

20 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
WHB - Tagungsreihe 2019

Zwei Akteure für eine Idee                                 an Kinder und Jugendliche gerichtete Arbeit an, die
                                                           gemeinsam mit den entsprechenden Bildungseinrich-

K
       ulturelle Bildung will Kindern und Jugendlichen     tungen erfolgen kann. Der Ortsteil Gemen verfügt über
       Raum geben, vielfältige kulturelle Kontexte für     mehrere Kindergärten, die Cordula Grundschule Gemen
       sich zu entdecken und sie befähigen, sich aktiv     sowie mit der Montessori-Gesamtschule Borken e. V. und
und nachhaltig selbst einzubringen und Kultur als eine     der Jodocus Nünning Gesamtschule auch über zwei wei-
ureigene individuelle und kollektive Ressource zu be-      terführende Schulen.
greifen. Diese Leitlinie auch in lokalen Bildungsangebo-
ten zu beheimaten, dafür braucht es Akteure.               Priorität bei der Durchführung von Kooperationen hat
                                                           die Vermittlung von lokalen kulturellen Bezügen, die
                                                           Weitergabe von Ortskenntnissen sowie geschichtlichen
Kooperationspartner Heimatverein                           Kontexten – immer mit Blick auf den Gegenwartsbezug.
Gemen
                                                         Unter der Voraussetzung der Demokratiebildung so-
Der zunächst 1953 ins Leben gerufene Heimatverein Ge- wie im Interesse der Förderung von Humanität und
men ging von 1959 bis 1989 im Heimatverein Borken kultureller Kompetenz, die partizipatives und dekon-
auf, bis sich 1989 aus einer zuvor entstandenen Arbeits- struktives Lernen zur Auseinandersetzung mit einem
gruppe erneut ein Heimatverein für den Ortsteil Gemen vielschichtigen Heimatbegriff ermöglichen sollen,
gründete.                                                kristallisierte sich die Jodocus Nünning Gesamtschule
    Dieser existiert bis heute und hat seit 1993 im von als erster möglicher Partner heraus. Die Ziele des Hei-
der Stadt Borken zur Verfügung gestellten Ackerbürger- matvereins, die Vorgaben des Schulgesetzes sowie die
haus Grave sein Domizil. Der
Heimatverein Gemen zählt über „Priorität bei der Durchführung von Kooperationen hat die Vermitt-
400 Mitglieder.
    Seine Aufgaben liegen in der
                                     lung von lokalen kulturellen Bezügen, die Weitergabe von Ortskennt-
Heimatpf lege, Heimatkunde nissen sowie geschichtlichen Kontexten – immer mit Blick auf den
und im Naturschutz sowie in Gegenwartsbezug.“
der Pf lege von Bräuchen und
der plattdeutschen Sprache. Die Umsetzung dieser schulinternen programmatischen Leitlinien der Jodocus
Aufgaben erfolgt durch Veranstaltungen wie „Nijaar Nünning Gesamtschule bildeten die Basis für diese erste
afwinnen“, Winterwanderungen, Ausrichtung des Kooperation.
Osterfeuers, Gesprächsabende, Themen-Radtouren und
andere Veranstaltungen. Außerdem wurden bisher sie-
ben heimatkundliche Veröffentlichungen publiziert,
                                                         Kooperationspartner Jodocus
u. a. die 2010 in Zusammenarbeit mit der Montessori- Nünning Gesamtschule
Gesamtschule Borken e. V. erstellte Broschüre „Auf den
Spuren jüdischen Lebens in Gemen – Ein Rundgang“.        Die Jodocus Nünning Gesamtschule im westmünsterlän-
                                                         dischen Borken ist eine sechszügige Gesamtschule im
Neben der Wahrung dieser traditionellen Veranstaltun- Aufbau. Fast 1.000 Schülerinnen und Schüler besuchen
gen sucht der Heimatverein nach neuen und moder- zurzeit diese weiterführende Schule, die ihren Stand-
neren Wegen, um die Satzungszwecke zu erfüllen. Im ort im Stadtteil Gemen hat. Im kommenden Schuljahr
kulturellen Bereich spiegelt sich das durch Abende mit startet die gymnasiale Oberstufe vierzügig in die Ein-
dem „Hörtheater Lauschsalon“ oder dem 2018 erstmals führungsphase.
veranstalteten „Spökenkiekerabend“ wider.                   Begleitet werden die Kinder und Jugendlichen der
    Auch zur zeitgemäßen Umsetzung der Vermitt- Jodocus Nünning Gesamtschule von einem Team enga-
lung von Heimatkultur wurde nach neuen Wegen und gierter Lehrkräfte und pädagogischer Mitarbeiterinnen
Möglichkeiten gesucht. Hier bietet sich eine speziell und Mitarbeiter, das sich einer schulprogrammatischen

                                                                                            HEIMAT WESTFALEN – 3/2019 /   21
Junges Engagement

Schüler der Jodocus Nünning Schule bei der Gruppenarbeit
Foto/ Jodocus Nünning Gesamtschule

Profilbildung in den Bereichen Kultur, Europa (Euregio)    Dafür stehen beispielhaft die folgenden Projekte:
und Sport verpflichtet hat und in diesen Feldern ihren     Kinderrechteprojekt (Jg. 6), Teilnahme an Juniorwahlen
Schülern besondere Lernräume für den nachhaltigen          (Jg. 7–Q2), Leseprojekt „Und im Fenster der Himmel.
Erwerb von Kompetenzen anbieten will.                      Auf den Spuren von Annie (Johanna Reiss) und Sini“
    Diese Profilschärfung ist derzeit noch im Aufbau be-   mit Exkursion nach Winterswijk/NL (Jg. 6), Teilnahme
griffen, die Vernetzung mit außerschulischen Partnern      am Anne Frank Tag vorbereitet durch das SOR-Team
sowie die Verknüpfung von Bildungsprozessen mit Per-       der JNG (Jg. 7/8), Projekt „Zweitzeugen“ mit Besuch der
sönlichkeitsbildung, Partizipation und Peer Learning       Zeitzeugin Eva Weyl und des Lernortes Humberghaus
lassen jedoch das konzeptionelle Leitbild der Schule       in Dingden (Jg. 10), geplanter Projektkurs zum Erinne-
deutlich hervortreten.                                     rungsdiskurs und Gedenkstättenfahrt (Q1).
    Die Jodocus Nünning Gesamtschule versteht kultu-
relle Bildung als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen   Die Ausbildung individueller Resilienz gegenüber An-
des Schullebens. Im Blick auf diesen Entwicklungs-         tisemitismus und Rassismus sowie das Wissen darum,
schwerpunkt sind zwei markante Säulen zu benennen.         dass das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft auf
    Zum einen nehmen eine nachhaltig angelegte Demo-       mündigen Akteuren basiert – diese beiden Faktoren sind
kratiebildung und Erinnerungskultur einen zentralen        unverzichtbar für die Gestaltung einer werteorientier-
Platz ein.                                                 ten, humanen Gesellschaft in Gegenwart und Zukunft.

22 / HEIMAT WESTFALEN – 3/2019
Sie können auch lesen