FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL

 
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FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Tätigkeitsbericht 2018

    Forschen und entwickeln
    mit der Praxis, für die Praxis

3     FiBL | Tätigkeitsbericht
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                               2018             2018
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Titelbild
Schritt für Schritt leitet die App «BodenDok» durch die
Spatenprobe (Seite13).

Rückseite, oben links
Die Wirksamkeit von natürlichen Extrakten
prüfen Barbara Thürig (l.) und Mathias Ludwig (r.) an
Weinreben (Seite 26).

Rückseite, oben rechts
Boden- und Gasproben geben Else Bünemann-König (l.)
und Norah Efosa (r.) Aufschluss darüber, wie Recycling-
dünger im Boden wirken (Seite 16).

Rückseite, unten links
An Lösungen für Problempflanzen auf Alpweiden arbei-
ten Landwirt Alain Gisiger (l.) und FiBL-Berater Stefan
Schürmann (r.). Resultate publizieren sie online:
www.bioaktuell.ch > Pflanzenbau > Grünland > Unkraut-
regulierung > Unterlagen zu Problempflanzen auf Alpen.

Rückseite, unten rechts
Wie sich Trockenheitsstress auf konventionellen Boden
und auf Bioboden auswirkt, testet Martina Lori (Seite 14)
im DOK-Langzeitversuch (Seite 38).

Quellenangaben Fotos
Marion Nitsch: Titelbild, Rückseite (oben rechts und links),
Seiten 7 (6), 7 (9), 10, 11, 13 (oben), 16, 19, 21, 22,
23, 26, 27, 30, 41, 43; Thomas Alföldi: Rückseite (un-
ten rechts), 6 (4), 9 (15), 9 (17), 15, 20 (links); Franz J.
Steiner: Rückseite (unten links); Andreas Basler: 2 (oben);
Marzena Seidl: 2 (Mitte), 9 (16), 37; Reinhard Geßl:
2 (unten), 6 (3), 35; Franziska Hämmerli: 3, 51 (Mitte);
Lisa Schulcz/ICOAS: 6 (1); Ulrich Quendt: 6 (2); fsp
Architekten: 6 (5); Matthias Klaiss: 7 (7), 32; Andreas
Tischler: 7 (8); Bäckerei Kerling aus Bamberg/Regie-
rung von Oberfranken: 7 (10); Pixybay: 8 (12), 8 (13);
Fotolia sciencerfvideo.mov: 8 (11); Andrea Adriani Stu-
dio: 9 (14); Hansueli Dierauer: 12; Monika Macsai: 18;
Christian Fischer/Creative Commons: 20 (rechts); Anja
Eichinger: 25 (oben); Christian Holzer: 25 (unten); Simon
Feiertag/Julius Kühn-Institut: 28; Firma Humus OMB: 29;
Maike Krauss: 33; Christine Paukner/Bio Austria: 34; Uni
Kassel: 36; Adrian Baer/Tierwelt: 39; DOK-Team: 40;
Tom Kawara/SECO: 45; Anja Heidenreich: 46; «Kreis-
lauf des Lebens»/Nachhaltigkeitsbewertung für «Zurück
zum Ursprung»: 47; Katharina Scheuner: 48; Monika
Schneider: 51 (oben); Dionys Forster: 51 (unten); Monika
Messmer: 52
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Inhalt
Editorial                       Hochkarätig und visionär forschen                                                      3

Übersicht                       Vorstandsgremien                                                                       2
                                Standorte FiBL                                                                         4
                                Wichtige Ereignisse des Jahres 2018                                                    6
                                Wichtige Ereignisse des Jahres 2017                                                    8

Technik                         Hightech für den Biolandbau                                                           10
                                Böden mit dem Handy beurteilen                                                        13

Boden                           Bioboden erträgt Dürre besser                                                        14
                                Recyclingfutter für hungrige Pflanzen                                                16
                                Neue Dünger wollen gut geprüft sein                                                  18
                                DOKumentiert: Biosysteme sind effizienter, Bioböden lebendiger                       38

Tiere                           Tierfutter: den Kreislauf schliessen                                                 20
                                Jungtiere von Beginn an ernst nehmen                                                 22
                                Gesündere Ferkel durch längeres Saugen                                               24
                                Kosten senken mit eigenem Futter                                                     25

Pflanzen                        Pflanzenextrakte als Kupferersatz                                                    26
                                Wildblumen statt Biopestizide                                                        28
                                Biopflanzenzüchtung und Biosaatgut in ganz Europa fördern                            31
                                Ernährung sichern mit Mischkulturen                                                  33
                                Biogemüse im Fokus                                                                   34

Wissensaustausch                Folge deiner Freude                                                                  35
                                Öko-Feldtage – Deutschlands erster grosser Treffpunkt der Biopraxis                  36
                                Eine Website für alle Praxisfragen                                                   41

Ernährung und Politik           Bio kann die Welt ernähren                                                           42
                                Wege zu einer raufutterbasierten Milch- und Fleischwirtschaft                        44
                                Agrarpolitik auf gesellschaftliche Leistungen ausrichten                             49

Internationale Zusammenarbeit   Ukraine: Bio fällt auf fruchtbaren Boden                                             45
                                Weltweit im Einsatz für mehr Nachhaltigkeit: die SMART-Methode                       46
                                Bolivien, Kenia, Indien: Kleinbauern gewinnen mit Bio                                50
                                Biobaumwollzüchtung in Indien                                                        52

Finanzierung 			                                                                                                     53
Dank			                                                                                                              56
Impressum			                                                                                                         57

                                                                                           FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   1
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Diese Gremien tragen die Hauptverantwortung des FiBL

    Stiftungsrat FiBL Schweiz (v.l.n.r.): Urs Brändli, Ralf Bucher, Martin Ott, Claudia Friedl, Peter Felser,
    Markus Hausammann, Ulrich Siegrist. Es fehlt Roland Frefel.
    Seit 2017 wird das FiBL Schweiz durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet: Dominique Barjolle, Stephan
    Dabbert, Annette Freibauer, Matthias Gauly, Johannes Jehle, Brigitte Kaufmann, Achim Walter, Hubert Wiggering.

                                               Vorstand FiBL Deutschland (v.l.n.r.): Robert Hermanowski, Uli Zerger, Urs Niggli,
                                               Jörg Große-Lochtmann, Wolfgang Gutberlet, Felix Prinz zu Löwenstein, Alexander Gerber,
                                               Steffen Reese, Gerold Rahmann. Es fehlen Jürgen Heß, Beate Huber und Jan Plagge.

                      Vorstand FiBL Österreich (v.l.n.r., hinten): Andreas Kranzler, Werner Zollitsch,
                      Martin Preineder; (vorne) Urs Niggli, Eva Hieret, Alexandra Pohl. Es fehlen
                      Elisabeth Stöger, Josef Renner und Gerhard Zoubek.

2      FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Hochkarätig und visionär forschen
Das FiBL lässt sich von kontroversen Ideen lieber inspirieren, statt mit ihnen zu kollidieren.

Das FiBL ist weltweit das älteste Forschungsinsti-              Körper-, Stall- und Aussensensoren melden laufend
tut, das sich wissenschaftlich des Biolandbaus an-              das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere auf
nimmt – seit 45 Jahren. Älter ist nur das Institut für          das Smartphone des Betriebsleiters oder der Tier-
biologisch-dynamische Forschung in Darmstadt, das               ärztin. Warenflusssysteme ermöglichen dank Block-
im geisteswissenschaftlichen Verständnis von Rudolf             chain-Technologie eine grosse Transparenz, hohe Qua-
Steiner wurzelt. Sein goetheanistisches Pflanzenbild,           lität und Sicherheit. Und schliesslich wird künstliche
das die Lebensäusserungen von Pflanzen, ihre Rhyth-             Intelligenz Einzug in die Beratung halten: Fachleute
men wie Samen-, Frucht- und Blattbildung beschreibt,            werden im Jobsharing mit netten Robotern E-Beratung
ergänzte das junge FiBL mit moderner Pflanzenfor-               anbieten. Wir suchen stets die besten Synergien von
schung, welche Ökologie, Biologie, Physiologie und              bäuerlichem Wissen, Tradition und moderner Nach-
Genetik einbezieht. Tiere, Umwelt, Betriebsorganisa­            haltigkeit. Denn junge Bäuerinnen und Bauern tragen
tion, Gesellschaft und Ökonomie rundeten schon zu               den Biolandbau in das 21. Jahrhundert.
Beginn Forschung und Beratung ab. Die streng wis-               Diese optimistische Vision ist typisch für das FiBL. In
senschaftliche Betrachtungsweise des FiBL brachte               der Schweiz, in Deutschland, in Österreich, in Ungarn
zum Beispiel im DOK-Versuch, der 2018 40 Jahre alt              und in Frankreich. Schwarzmalen ist nicht unser Ding.
wurde, mehr als 120 hochkarätige wissenschaftliche              Wir suchen Lösungen und setzen diese mit vielen Tau-
Publikationen hervor, die auch der biodynamische                send Praktikern in der ganzen Lebensmittelkette um.
Landbau nutzt. Obwohl die beiden Wissenschaftsbil-              Seit zwei Jahren bauen wir auch das FiBL Europe in
der eigentlich kollidieren, entstand eine fruchtbare Zu-        Brüssel auf. Denn die Europäische Union setzt durch
sammenarbeit. Und das ist gut so.                               ihre Gesetzgebung, ihre Agrarpolitik und durch ihr
Auch in Zukunft wird das FiBL mit grossen Span-                 Forschungsprogramm den Rahmen für die Entwick-
nungsbögen forschen, entwickeln, ausbilden und be-              lung des zukünftigen Biolandbaus, den wir mitgestal-
raten. So zum Beispiel mit der Digitalisierung, die es          ten möchten. Zum Glück haben wir noch unglaublich
sinnvoll zu nutzen gilt. Automatisierte Maschinen und           viele Ideen in petto. Es sind die Fördermittel, die uns
Geräte meistern die hohe Komplexität auf Biobetrie-             oft fehlen, sonst wären wir nicht zu bremsen.
ben virtuos und merken sich unzählige Informationen.            Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

Andreas Kranzler                                  Urs Niggli                                 Robert Hermanowski
Geschäftsführer FiBL Österreich                   Direktor FiBL Schweiz                      Geschäftsführer FiBL Deutschland

                                                                                                 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   3
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FiBL Europe
                                                            Das FiBL Europe stellt in Brüssel Kontakte zu poten­
                                                            ziellen Partnern und Unterstützern der Europäischen
                                                            Union her und fördert Datenbanken wie inputs.eu für
                                                            Betriebsmittel und organicXseeds.com für Saatgut.

                                                            4 Angestellte
                                                            2 Masterstudentinnen pro Jahr
                                                            0,5 Millionen Euro Jahres­b udget

    FiBL Schweiz
    Das FiBL Schweiz hat einen Standort in Frick (Team­
    foto oben) und eine Zweigstelle in L­ ausanne, im
    französischsprachigen Teil der Schweiz (Team­foto
    ganz oben). Am Standort Frick gehören neben Büros
    auch Labors, ein Weingut mit eigener Kelterei, eine
    Obstanlage, ein Landwirtschaftsbetrieb und ein
    ­Restaurant dazu – alles biologisch. Das FiBL Schweiz
     engagiert sich national und international in For-
     schung, Beratung und Weiterbildung.

    190 Angestellte
    95 Studentinnen und Praktikanten pro Jahr               FiBL Deutschland
    26 Millionen Euro Jahresbudget
                                                            Das FiBL Deutschland bietet an den Standorten Frank-
                                                            furt am Main und Bad Dürkheim wissenschaftliche und
                                                            praxisorientiere Expertisen für aktuelle Fragen der
                                                            biologischen Land- und Lebens­m ittelwirtschaft. Arbeits-
                                                            schwerpunkte sind die Betriebsmittelliste organicin-
                                                            puts.org, die Bio-Akademie und die Öko-Feldtage.

                                                            50 Angestellte
    Erfolgsrechnungen und Teamporträts
    finden Sie online:
    www.fibl.org > Über uns > Tätigkeitsbericht
                                                                                    ­
                                                            5 Studenten und Praktikanten pro Jahr
                                                            5 Millionen Euro Jahresb udget

4     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
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FiBL Österreich
                                                        Mit praxisorientierten Forschungs- und Markterschlies-
                                                        sungsprojekten übernimmt das FiBL Österreich eine
                                                        aktive Rolle im umfassenden Wissensaustausch
                                                        entlang der biologischen Lebensmittelproduktionskette
                                                        – bis hin zum Bereitstellen von fundiertem Wissen
                                                        über Bio für Konsumentinnen und Konsumenten.

                                                        30 Angestellte

                                                                               ­
                                                        8 Studentinnen und Praktikanten pro Jahr
                                                        1,3 Million Euro Jahresb udget

                                                        FiBL CEE / ÖMKi Ungarn
                                                        Den Biolandbau in Ungarn mittels nationaler und
                                                        ­internationaler Forschung weiterentwickeln – das ist
                                                         das Ziel des FiBL CEE (Central Eastern Europe).
FiBL Frankreich                                          Es ist das Schwesterinstitut des ÖMKi Ungarn, des
                                                         ungarischen Forschungsinstituts für biologischen Land-
Eng zusammen mit der Praxis arbeitet das FiBL            bau, das ebenfalls vom FiBL gegründet wurde.
Frankreich an Themen wie der Gesundheit von Ziegen
und Schafen, funktioneller Biodiversität oder Kompost   15 Angestellte
für Boden- und Pflanzengesundheit.

4 Angestellte
                                                                               ­
                                                        5 Studenten und Praktikantinnen pro Jahr
                                                        0,5 Million Euro Jahresb udget

                        ­
1 Masterstudentin pro Jahr
0,2 Millionen Euro Jahresbudget

                                                                                       FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   5
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
Wichtige Ereignisse

                                                                                                                            5
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    1

    2018
     DEZEMBER                                      OKTOBER                                          Biowissen mal anders 3
     Mehr Wirtschaftlichkeit und                   Verlängerung für Erbse & Bohne 2                 60 Dinge, 60 Expertinnen und Exper­
    ­Ö kologie fürs Grünland                       Das FiBL Deutschland hat im Modell-              ten, über 650 Biobegeisterte und
    Wie man im Gründland die Wirtschaft­           und Demonstrationsnetzwerk Erbse                 ein umfang­reicher Ausstellungskatalog
     lich­keit und gleichzeitig die Bio­diver­     & Bohne zur Ausweitung des Anbaus                machen die insgesamt vier Bio-
     sität mithilfe differenzierter Bewirtschaf-   der beiden Kulturen beigetragen.                 Wissensmarkt- ­A bende des FiBL Öster-
     tung steigert, zeigt das FiBL Österreich.     Es wird bis Dezember 2020 verlängert.            reich zu einem grossen Erfolg.
     Dazu wurden ein Beratungshandbuch
     erarbeitet sowie ein Berechnungs-             Weltweit grösste Konferenz                       AUGUST
     und Planungstool entwickelt, das               für ­biologischen ­Pflanzenschutz                Forschung für Gross und Klein 4
     ein ­betriebsindividuelles Flächen­            Rund 1000 Teilnehmende zählt das                Bei Führungen durch Labors, Obst­
     management ermöglicht.                        Annual Biocontrol Meeting ABIM in                garten, Rebbauanlagen und ­Bienenhaus
                                                   Basel, die grösste internationale                oder an Themenposten wie Apfel­
    NOVEMBER                                       ­Konferenz für Hersteller von biologi­           züchtung oder Kompostieren erhalten
    Internationale Biokonferenz 1                   schem Pflanzenschutz, die das FiBL              die rund 4000 Gäste am Tag der
    Die vom FiBL Österreich mitorganisier-         Schweiz seit 2006 jährlich durchführt.           ­offenen Tür des FiBL Schweiz in Frick
    te «6th Inter­national Conference on                                                             einen Einblick in die Arbeit am Institut.
    Organic Agriculture Sciences» ICOAS             SEPTEMBER
    wird erstmals in Öster­reich abgehalten.       25 Jahre für das Nutztier                        Campus wird ausgebaut 5
    200 Teilnehmende und Referenten aus             Die vom Freiland Verband und vom                Die Bauarbeiten für den neuen For-
    Praxis, Forschung und Politik aus               FiBL Österreich organisierte «Freiland-­        schungs- und Bildungscampus des FiBL
    30 Ländern treffen sich im Schloss Ester­      Tagung» gehört zu den führenden                  im schweizerischen Frick beginnen.
    házy im Burgenland. Die österreichi-           ­angewandten Nutztierethologie-Tagun-            11 von 25 Millionen Franken Baubud-
    sche Bundesministerin Elisabeth Köstin-         gen im deutschsprachigen Raum und               get werden vom Swisslos-Fonds des
    ger führt den politischen Diskurs.              feierte 2018 ihren 25. Geburtstag.              Kantons ­Aar­gau beigesteuert.

                                                              FiBL Österreich        FiBL Deutschland        FiBL Schweiz         FiBL Europe

6       FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
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                                      7                                                                            10

Mehr Tierschutz beim Kastrieren 6         «Bio-Aktionsplan Aargau 2021» wird         FEBRUAR
Am FiBL Deutschland startet ein Projekt   vom FiBL koordiniert und fördert die       Erste europäische Betriebsmittelliste
für mehr Tierschutz beim Kastrieren von   unternehmerische Initiative sowie beste-   Neu können Landwirtinnen und Land­
männlichen Ferkeln unter Narkose.         hende kleine und mittlere Unternehmen.     wirte aus ganz Europa schnell fest­
                                                                                     stellen, ob ein Mittel nur Materialien
JULI                                      Erster Schweizer Bio-Viehtag 9             enthält, die für den Biolandbau
Biopflanzenzüchtung im Fokus 7            Der Austausch zwischen landwirtschaft-     zugelassen sind – dank der ersten
An der ersten Biopflanzenzüchtungs-       licher Praxis, Beratung und Forschung      europaweit gültigen Betriebsmittelliste
tagung der Schweiz diskutiert das         steht am ersten Schweizer Bio-Vieh-        für die Bioproduktion. Sie wird auf
FiBL zusammen mit Partnern aktuelle       tag im Zentrum. Rund 800 Personen          der Messe Biofach 2018 in Nürnberg
Pflanzenzüchtungsprojekte.                erfahren eine praxisnahe Auseinander-      vom FiBL E­ urope vorgestellt.
                                          setzung mit Fragen rund um Fütterung,
JUNI                                      Zucht, Tiergesundheit und Tierwohl.        Bio fürs Genusspublikum
 Grosserfolg Biofeldtage 8                Der vom FiBL Schweiz mitorganisierte       Das FiBL ­Deutschland ­betreibt ­einen
 FiBL Österreich und das Gut ­Esterházy   Bio-Viehtag findet nun alle zwei Jahre     Öko-Stand auf der Messe
 laden zu den ersten Biofeldtagen         alternierend zum Bio-Ackerbautag statt.    «Land & ­G enuss» in Frankfurt.
­Österreichs. Das Konzept einer umfas-
 senden Gesamtsicht der biologischen      APRIL                                      JANUAR
 Landbewirtschaftung lockte rund          Wasser schützen 10                         Gärten für die Kinder
8000 Besucherinnen und Besucher an.       Im Rahmen der Aktion «Grundwasser-         Im Projekt «Kinder-Garten im Kinder-
                                          schutz – Trinkwasser für Unterfranken»     garten» hat das FiBL Deutschland
Bioaktionsplan für den Aargau             werden die Projekte «Wasserschutz-         ein bundesweites Netzwerk von
Als erster deutschschweizerischer Kan-    brot» und «Grundwasserschutz durch         200 Kinder­gärten als Botschafter für
ton fördert der Aargau die Biolandwirt-   Ökolandbau» des FiBL Deutschland           mehr biologische Vielfalt im Kinder­
schaft mithilfe eines Aktionsplans. Der   bis 2022 verlängert.                       gartenalltag aufgebaut.

                                                                                                  FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   7
FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
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    2017
    NOVEMBER                                   SEPTEMBER                                  diniert das «Kompetenzzentrum
    Biolandbau kann die Welt ernäh-            Mehr Leben im Bioboden 11                  für die Demonstrationsbetriebe im
    ren – Studie in «Nature» publiziert        Böden enthalten bei biologischer          ­B ereich Tierschutz», auch während der
    Der biologische Landbau kann in             Bewirtschaftung im Schnitt 59 Prozent     bis Dezember 2019 beschlossenen
    Kombination mit reduziertem Fleisch­        mehr Biomasse aus ­M ikroorganismen,     Verlängerung des Projekts.
    konsum und weniger Foodwaste die            die zudem bis zu 84 Prozent akti-
    Welt ernähren. Das zeigt eine Studie        ver sind als unter konventioneller       AUGUST
    des FiBL Schweiz, die in der renommier-    ­B ewirtschaftung. Das zeigt eine glo-      Bio weiterbringen
    ten Fachzeitschrift «Nature Communi­        bale Metastudie des FiBL Schweiz,        Wie sich Bio erfolgreich weiterent-
    cations» veröffentlicht wird. (Seite 42)    die im Fachmagazin «Plos One» publi-      wickeln kann, wird im Rahmen einer
                                               ziert wird. (Seite 14)                     ­qualitativen Studie des Freiland
    Top Drei beim Nachhaltigkeitspreis:                                                  ­Verbands in Zusammenarbeit mit
    Wasserschutzbrot                           Biolandbau fürs Burgenland                Science Communications Research
    Das Projekt «Wasserschutzbrot» des         Gemeinsam mit 130 Expertinnen und           und FiBL ­Österreich analysiert –
    FiBL Deutschland und der Regierung         Experten entwickelt das FiBL Österreich     und ­gemeinsam mit Konsumentinnen
    Unterfranken gehört zu den Top Drei        im Projekt «Zukunft Landwirtschaft –        und Konsumenten diskutiert.
    des Deutschen Nachhaltigkeitspreises       Strategien für die burgenländische        Mehr dazu unter www.biodreinull.at.
    Forschung 2018. Mehr zum Projekt           Landwirtschaft j­enseits von Wachsen
    unter www.wasserschutzbrot.de.             oder Weichen» sechs strategische               Ernährung zum Thema machen 13
                                               Entwicklungsfelder für kleine und          Wenn wir global etwas ändern
    OKTOBER                                    mittlere landwirtschaftliche Betriebe.       ­wollen, müssen wir lokal aktiv
    Oberösterreichischer Landespreis                                                         ­werden. Der vom FiBL ­Deutschland
    für Umwelt und Nachhaltigkeit              Tierschutz-Kompetenzzentrum 12                 mitge­gründete Ernährungsrat
    Das Biokompetenzzentrum Schlägl            Im Rahmen von tier- und themenbezo­        ­Frankfurt hat deshalb zum Ziel, die
    gewinnt den Preis in der ­Kategorie        genen Netzwerken setzen Demons­                lokale Ernährungssou­veränität
    «­B iolandbau in der Region ­festigen».    trationsbetriebe innovative Mass­         ­zurück­zu­gewinnen und das Thema
    Das Kompetenzzentrum wurde                 nahmen um, die über den gesetzlichen        Ernährung in einem demokra­tischen
    vom FiBL Österreich und der Bio­           Tierschutzstandard hinausgehen. Die         ­Diskurs auf die Tagesordnung zu
    schule Schlägl gegründet.                  FiBL Projekte GmbH leitet und koor­            bringen.

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                           15

 JULI                                         Kooperationsvertrag mit der Deut-         FEBRUAR
 FiBL Europe feiert Eröffnung 14              schen Landwirtschafts-Gesellschaft        Kakao aus Agroforstsystemen 17
 Das FiBL eröffnet sein neues Büro in         Das FiBL Deutschland schliesst einen      Agroforstsysteme und Biolandbau erhö-
 Brüssel. FiBL Europe wird gute ­technische   Kooperationsvertrag mit der Deutschen     hen Biodiversität, Ernährungs­sicherheit
 Lösungen für den Vollzug der neuen           Landwirtschafts-Gesellschaft DLG ab.      und Einkommen im Vergleich zu Mono-
 EU-Ökoverordnung für die Landwirte                                                     kulturen und konventioneller Landwirt-
 anbieten und wis­s enschaftspolitische       APRIL                                     schaft, wie eine Langzeit­s tudie des FiBL
 Analysen ausarbeiten.                        Umweltfreundliche Reinigung               Schweiz in Bolivien zeigt. (Seite 50)
                                              Wie Reinigung und Hygiene umwelt-
 JUNI                                         freundlich organisiert werden können,     Bio wächst weiter
 Ackern ohne Pflug 15                         zeigt der neu publizierte Leitfaden       Das FiBL Schweiz präsentiert jedes Jahr
 Der Verzicht auf den Pflug kann im           «Reinigungs- und Desinfektionsmittel»     an der Messe Biofach in Nürnberg
 Biolandbau Bodenerosion vermindern           des FiBL Deutschland.                     die neueste Ausgabe des statistischen
 und zum Klimaschutz beitragen. Das                                                     Handbuchs «The World of Organic
 zeigen zwei Studien des FiBL Schweiz.         Forschung mit Frankreich                 Agriculture» mit Zahlen zum Biolandbau
                                              Das FiBL Schweiz und das französi­        aus rund 180 Ländern. Aktuelle Zahlen
 Grossanlass Öko-Feldtage 16                   sche Nationale Institut für Agrar­       finden sich auch auf www.organic-­
 Die ersten bundesweiten Öko-Feldtage          forschung INRA unterzeichnen             world.net. So beläuft sich zum Beispiel
 Deutschlands werden auf der Hessi-            eine ­Kooperationsvereinbarung zur       Ende 2017 die weltweit biologisch
 schen Staatsdomäne Frankenhausen             ­Forschung im Biolandbau.                 bewirtschaftete Fläche auf fast 70 Mil­
 von der FiBL Projekte GmbH gemeinsam                                                   lionen Hektaren. Das sind fast 10 Mil­
 mit der Stiftung Ökologie & Landbau          MÄRZ                                      lionen mehr als 2016.
 SÖL organisiert. (Seite 36)                  Lebensmittel umfassend bewerten
                                              Die SMART-Erhebungen zur Nach­            JANUAR
 Sechs neue EU-Projekte starten               haltigkeit von österreichischen           Kursbuch Agrarwende
 Im Sommer 2017 starten sechs neue            Bioprodukten der Marke «Zurück zum        Das FiBL Deutschland verfasst im
 grosse EU-Projekte mit FiBL-Beteiligung:     Ursprung» beginnen in Zusammen­           Auftrag von Greenpeace das «Kursbuch
 LiveSeed, ReMix, GenTore, LegValue,          arbeit mit der Werner-Lampert-Beratung.   Agrarwende 2050 – ökologisierte
 SolAce, DiverImpacts. (Seiten 31, 33)        (Seite 46)                                Landwirtschaft in Deutschland».

                                                                                                     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   9
Auch kleinste Verletzungen von Schweinen kann FiBL-Nutztierforscherin
Anna Jenni mit diesem Prototyp einer Multispektralkamera ermitteln.

          Hightech für den Biolandbau
          Kameras, die sehen, wie viele Kratzer ein Schwein hat. Halfter, die fühlen, ob die Kuh frisst, wiederkäut oder schläft.
          Solche neuen Technologien werden vom FiBL für den Biolandbau eingesetzt, getestet und weiterentwickelt – in der
          Forschung und in der Praxis.

          Schweine: Tierwohl                                            satz der mit Blut bedeckten Haut als Verhältnis zwi-
          präziser ermitteln                                            schen schwarzen und grauen Pixeln berechnet – ein
                                                                        exaktes Mass für das Tierwohl.
          Hautverletzungen von Schweinen mit frischem oder              Barbara Früh, Leitung Tierwohl und Tierhaltung FiBL
          geronnenem Blut können mit einer neuen Multispek-
          tralkamera erkannt und quantifiziert werden. Die Ka-
          mera ist derzeit noch im Entwicklungsstadium und
          wird vom FiBL getestet. Das Ziel ist es, die Techno-          Multispektralkamera entwickeln
          logie so weit zu entwickeln, dass mit der Kamera die          Kontakt: barbara.frueh@fibl.org
          Menge von Hautverletzungen präziser und objektiver            Website: www.pigwatch.net
          erfasst werden kann, als das ein Mensch vermag. So            Förderung: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und
          kann die Kamera in Zukunft für die Beurteilung der            Veterinärwesen BLV
          Tiergesundheit in wissenschaftlichen Versuchen oder           Die Kamera wurde im Rahmen des Anhiwa-Projekts
          für die Zertifizierung eingesetzt werden.                     PigWatch von 3D Ouest und dem Forschungsinstitut
                                                                        INRA in Frankreich entwickelt und wird in Zusammenar-
          Blutige Haut wird erkannt                                     beit mit dem FiBL Schweiz auf Praxisbetrieben getestet.
          Die Kamera kann Hautverletzungen nachweisen, in-
          dem sie sechs Bilder in sechs verschiedenen Wellen-
          längen aufzeichnet. Die Wellenlängen wurden so ge-
          wählt, dass sich die Farbe der roten Blutkörperchen
          gezielt absorbieren und damit nachweisen lässt. Die
                                                                        Rindvieh: Mit Sensorhalfter
          sechs Bilder werden in einem sehr kurzen Zeitinter-           ­effiziente Tiere erkennen
          vall von 30 Millisekunden aufgenommen. Eine Soft-
          ware erzeugt aus den sechs Aufnahmen zwei Bilder:             Rinder sind exzellent im Fressen und Wiederkäuen der
          Zum einen ein genaues dreidimensionales Abbild des            Pflanzen unserer Wiesen und Weiden. Sie verwandeln
          Schweins, zum anderen ein schwarz-weisses Bild, auf           Gras effizient und umweltfreundlich in Milch und
          welchem die schwarzen Flächen Hautläsionen mit                Fleisch. Effizienz auf der Weide ist wichtig, um mög-
          Blut und die grauen Flächen Hautstellen ohne Blut             lichst wenig Ackerflächen im In- und Ausland für Tier-
          darstellen. In einem zweiten Schritt wird der Prozent-        futter zu benötigen und möglichst wenig Stickstoff­

10           FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
emissionen zu erzeugen. Dafür ist es zentral, dass die       Zuckerrüben: Präzise hacken
Tiere ohne Kraftfutter robust, gesund, fruchtbar, leis-
tungsfähig und langlebig sind und zudem ihr Fress-
                                                             senkt die Kosten
und Wiederkäuverhalten gut dem unterschiedlichen             Die Zuckerrübe ist bis vor Kurzem fast gänzlich von
Wiesenfutter anpassen können. Wie sie dies genau             den Schweizer Bioäckern verschwunden – obwohl sie
machen und ob sie solche Verhaltenseigenschaften             gut in das hiesige Klima und die Fruchtfolge passt.
auch vererben können, ist aber noch kaum bekannt.            Doch das Unkraut muss meist von Hand unter Kon-
FiBL-Versuche mit sensorbestückten Halftern, die             trolle gehalten werden, was oft zu teuer war. Da je-
das Verhalten der Tiere rund um die Uhr aufzeichnen,         doch die Nachfrage gross ist, hat die einzige Schwei-
schaffen dazu Grundlagenwissen.                              zer Zuckerrübenfabrik vor zwei Jahren beschlossen,
                                                             den Preis für Schweizer Biorüben zu erhöhen. Der
Kühe, die länger weiden, sind fruchtbarer                    Biopreis beträgt nun rund das Dreifache des konven-
Zum Beispiel konnte gezeigt werden, dass weidende            tionellen Preises. Damit soll die heutige Anbaufläche
Kühe, welche die wertvolle einheimische Futterpflan-         für Biorüben von 80 Hektaren bis ins Jahr 2022 auf
ze Esparsette als Zusatzfutter erhalten, länger wieder-      200 Hektaren ansteigen, was einem Prozent der kon-
käuen und das Futter feiner verdauen, was hilfreich          ventionellen Anbaufläche entspricht. Trotz des guten
für die möglichst effiziente Nutzung des Weidefutters        Preises ist der Einstieg in die Biorübenproduktion auf-
ist. So sinken die Stickstoffemissionen pro Liter Milch.     grund des Aufwands für das Jäten bisher verhalten.
Und es zeigte sich auch, dass Kühe, die täglich lan-
ge auf der Weide fressen, eine bessere Fruchtbarkeit         Roboter, die das Jäten übernehmen
haben als Kühe mit kürzeren Fresszeiten. Gezielte            Der durchschnittliche Handarbeitsaufwand für das
Beobachtungssequenzen während Zeiten des Futter-             Jäten von Zuckerrüben liegt bei rund 180 Arbeits-
wechsels sollen weitere Erkenntnisse zum Umgang              stunden pro Hektare. Die Vorstellung, das Unkraut-
der Tiere mit dem Futter und zur züchterischen Nutz-         problem mit Robotern zu lösen, ist verlockend, ihre
barkeit solcher Verhaltenseigenschaften bringen.             Umsetzung in die Realität aber eine wahre Knacknuss.
Anet Spengler-Neff, Florian Leiber; Nutztierforschung FiBL   Autonome Jätroboter existieren bereits, erkennen die
                                                             Reihen und können mit herkömmlichen Werkzeugen
                                                             zwischen den Reihen hacken. Was sie bisher nicht
                                                             können, ist das Unkraut in der Reihe zupfen. Hier
Rumiwatch-Projekt                                            liegt die grosse Herausforderung. Die Handbewe-
Kontakt: anet.spengler@fibl.org                              gung, wie sie der Mensch beim Jäten macht, ist für
Förderung: Stiftung Sur-la-Croix, Schweizerischer            einen Roboter sehr schwierig zu imitieren, vor allem
Nationalfonds SNF, EU-Kommission                             wenn das nicht nur unter Laborbedingungen, son-
Projektpartner: GenTore                                      dern im Feld klappen soll. Die Hochschule Osnabrück

                                                                                                         Das mit Sensoren
                                                                                                         bestückte Halfter muss
                                                                                                         gut s­ itzen. FiBL-Rind-
                                                                                                         viehforscherin Anet
                                                                                                         Spengler-Neff bei
                                                                                                         der Kontrolle an einer
                                                                                                         Milchkuh.
hat zusammen mit Bosch einen Roboter entwickelt,           der GPS-Satelliten von 5 bis 15 Metern auf fast zwei
     der das Unkraut in den Reihen erkennt und in den           Zentimeter präzise korrigieren. Der Lohnunterneh-
     Boden stempelt. Der Bonirob ist in der Entwicklung         mer Heinz Denzler aus dem Kanton Thurgau hat sich
     weit fortgeschritten und er wäre auch im Biolandbau        vor zwei Jahren eine Geoseed-Einzelkornsämaschine
     einsetzbar, da er rein mechanisch funktioniert. Noch       angeschafft, die jedes Saatkorn auf diese Genauigkeit
     ist er aber nicht praxisreif, da die Bilderkennung zur     von fast zwei Zentimetern ablegt und die Daten spei-
     Unterscheidung von Unkraut und Kulturpflanze noch          chert. Anschliessend übernimmt das Hackgerät die
     zu wenig genau funktioniert.                               gespeicherten Positionsdaten und korrigiert Abwei-
     Der Ecorobotix aus der Schweiz geht den einfacheren        chungen laufend automatisch über eine Scheibe.
     Weg über gezieltes Spritzen der kleinen Unkräuter.         Der erste Hackdurchgang erfolgt möglichst früh,
     Mit diesem Roboter sollen zwanzigmal weniger Her-          wenn die Reihen von Auge noch kaum sichtbar sind
     bizide ausgebracht werden als heute. Was aber bisher       und das Unkraut noch im Keimstadium ist. Die
     bei Ecorobotix fehlt, ist ein biotaugliches Verfahren      Hackscharen fahren beim ersten Durchgang ohne
                                                                ­
     mit Laser, Warmwasser oder Strom, das über einen           Schutzscheiben mit nur ein bis zwei Kilometern pro
     Tastarm gezielt die Unkräuter in der Reihe erreicht.       Stunde möglichste nahe an die Reihen. Anschlies-
     An der Entwicklung eines solchen Verfahrens arbeitet       send wird quer gehackt. Das funktioniert gleich, je-
     das FiBL im Rahmen eines Projekts.                         doch um neunzig Grad gedreht. Für unser Auge ist
                                                                das ungewohnt, die Reihenabstände sind dann die
     Den Acker auch quer hacken                                 Abstände zwischen den Pflanzen, also nur 22 Zenti­
     Das FiBL verfolgt seit zwei Jahren zusammen mit            meter und nicht 45 Zentimeter wie beim Längs­
     Lenzberg Precision Farming einen Ansatz, der schon         hacken.
     längere Zeit diskutiert wird. Die Idee ist, dass die
     Rüben neben dem normalen Hacken in Längsrich-              Feldversuche zeigen, wie es weitergehen kann
     tung auch im Neunzig-Grad-Winkel quer zur Reihe            Das Hacken ist sehr anspruchsvoll, es darf keine Ab-
     gehackt werden. Das Querhacken soll die Handarbeit         weichungen geben, sonst werden die Zuckerrüben-
     des Vereinzelns und Jätens in der Reihe simulieren         pflänzchen ausgehackt. Zusätzliche Fahrspuren quer
     und diese Handarbeit grösstenteils ersetzen. Die Ef-       würden helfen, aber technisch ist das zurzeit noch
     fizienz der Hacke ist mit einer Breite von fast sechs      nicht realisierbar. Eine weitere Voraussetzung für die-
     Metern beträchtlich. Damit diese Technik funktioniert      ses Verfahren ist, dass das Feld auf beiden Seiten von
     und die Rüben nicht versehentlich ausgehackt werden,       einer Kunstwiese oder einer Strasse zugänglich sein
     braucht es eine sehr genaue Saat. Die Rüben müssen         muss, um den Traktor zu wenden.
     wie Soldaten im Viererverbund dastehen. Technisch          Im ersten Jahr hat das System versagt. Rund zwanzig
     ist eine so genaue Saat nur mit Real-Time-Kinematik        Prozent der Rüben wurden versehentlich ausgehackt.
     RTK möglich. Diese basiert auf einem kostenpflich-         Dieses Problem liess sich im zweiten Jahr beheben, in-
     tigen Netz stationärer Sender, die über die ganze          dem der Abstand der Rüben in den Reihen von 18 auf
     Schweiz verteilt sind und die Genauigkeit der Signale      22 Zentimeter erhöht wurde. Der Wirkungsgrad in
                                                                der Reihe war jedoch noch ungenügend. Daran trug
                                                                die Witterung Mitschuld. Mit dem sehr trockenen
                                                                Frühjahr und der dadurch nötigen Bewässerung kam
                                                                es in der Parzelle zu einer zweiten Keimwelle, die nur
                                                                von Hand mühsam entfernt werden konnte.
                                                                Das Verfahren wird 2019 weiter geprüft und verbes-
                                                                sert. Sobald es gut funktioniert, könnten die mit der
                                                                entsprechenden Technologie ausgerüsteten Maschi-
                                                                nen überbetrieblich eingesetzt werden und die Hand-
                                                                arbeitsstunden massiv reduzieren.
                                                                Hansueli Dierauer, Ackerbauberater FiBL

                                                                Projekte zu Precision Farming und Robotik
                                                                Kontakt: hansueli.dierauer@fibl.org
                                                                Förderung: Coop Fonds für Nachhaltigkeit,
                                                                ­B undesamt für Landwirtschaft BLW
     Dank neuen Technologien können Zuckerrüben nun auch quer    Partner: Agroscope, HAFL, FRIJ, Lenzberg Precision
     und auf zwei Zentimeter genau gehackt werden.               Farming

12     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Praktiker und Forschende entwickeln gemeinsam eine App, um Böden zu beurteilen: (v.l.n.r.) Landwirt Peter Rey,
­Wissenschaftler Andreas Fliessbach und die Informatikstudierenden Lukas Marchesi und Jennifer Müller.

Böden mit dem Handy beurteilen
Die Spatenprobe liefert wertvolle Informationen zum
Zustand landwirtschaftlicher Böden. Trotzdem wird
sie in der Praxis bisher wenig angewendet. Die­­App­
­«BodenDok» soll dies ändern, indem sie auf dem
 Smartphone Schritt für Schritt durch die Spatenprobe
 im Feld führt und die Beobachtungen erfasst.

Sie brauchen nur einen Spaten und ein Smartphone –
schon können Sie mit der neuen App «BodenDok» den
Zustand Ihrer Böden überprüfen. Die App stellt eine
Reihe von Fragen zum Boden und bietet Antworten
an, aus denen Sie durch Anklicken auswählen können.
Zudem machen Sie Fotos von der Bodenoberfläche
und der Probe auf dem Spaten. Für eine Spatenprobe
mit BodenDok benötigt man zwischen zwanzig und
dreissig Minuten.

Die App generiert einen Bericht samt Fotos
Die App sammelt die während der Bodenbeurteilung
eingegebenen Antworten sowie die Fotos und erzeugt                    BodenDok, die App zur Spatenprobe
zusammen mit Angaben zum Betrieb einen Bericht.                       Kostenlos herunterladen ab Frühjahr 2019;
Dieser wird samt den Koordinaten des Standorts auf                    für iOS im App Store und für Android in Google Play
dem Mobiltelefon gespeichert. Der Bericht kann in                     Sprachvarianten: Deutsch, Englisch, Französisch
verschiedenen Dateiformaten versendet werden.                         Kontakt: apps@fibl.org
Die einfache Archivierung der Ergebnisse erleichtert                  Inhaltliche Umsetzung: Andreas Fliessbach,
es, einzelne Einschätzungen des gleichen Standorts zu                 Else Bünemann-König, Gilles Weidmann, FiBL Schweiz
verschiedenen Zeitpunkten zu vergleichen. Auf diese                   Technische Realisierung: Jennifer Müller und Lukas
Weise lassen sich Veränderungen im Boden über ei-                     Marchesi, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
nen längeren Zeitraum beobachten.                                     Design: Claudia Ammann, Zürcher Hochschule
Gilles Weidmann, Kommunikation FiBL                                   der Künste ZHdK

                                                                                                           FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   13
Bioboden erträgt Dürre besser
     Die europaweite Dürreperiode im Sommer 2018 zeigte         heitsstress simuliert. Die Resultate zeigten, dass die
     deutlich: Klimaveränderungen stellen unsere Land­          Pflanzen im Bioboden unter Trockenheitsstress 30 Pro-
     wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Eine am FiBL      zent mehr Stickstoff aus der Gründüngung erhielten
     durchgeführte Doktorarbeit fand Hinweise, dass Bio­        als die Pflanzen, die auf dem konventionell bewirt-
     böden dank ihrer aktiveren Mikroorganismen besser mit      schafteten Boden angebaut wurden.
     Trockenheit umgehen können als konventionelle Böden.       Mithilfe moderner DNA-Sequenzierungsmethoden
                                                                («next generation sequencing»), welche im letzten Jahr-
     Im Zuge des Klimawandels werden Landwirtschafts-           zehnt enorm weiterentwickelt wurden, liessen sich
     systeme immer wichtiger, die widerstandsfähig ge-          zusätzlich Struktur und Diversität der mikrobiellen
     gen Trockenperioden sind. Die Hinweise mehren              Gemeinschaften charakterisieren. Es stellte sich her-
     sich, dass der Biolandbau in dieser Hinsicht einiges       aus, dass das konventionelle System unter Trocken­
     zu ­bieten hat. So konnte die FiBL-Forscherin Marti-       heitsstress nicht in der Lage war, die anfängliche Viel-
     na Lori in einem Laborversuch zeigen, dass Pflanzen        falt und Zusammensetzung der stickstofffrei­setzenden
     im Bioboden bei Trockenheitsstress 30 Prozent mehr         Bodenmikroben aufrechtzuerhalten. Ganz im Gegen-
     Stickstoff aus der Gründüngung erhalten als Pflanzen       satz zum biologischen System, in dem es auch zu einem
     in konventionell bewirtschaftetem Boden.                   höheren Ertrag der Testkultur Raigras kam.
                                                                Die Ergebnisse aus dem Pflanzenernährungsexperi-
     Mikroben im Bioboden: 84 Prozent aktiver                   ment können zwar nicht direkt in die Praxis übertra-
     Weshalb aber können Bioböden bei Trockenheit mehr          gen werden, ermutigen aber zu weiteren Forschungs-
     Stickstoff für Pflanzen bereitstellen als konventionelle   arbeiten. Derzeit werden am FiBL im Projekt SoilClim
     Böden? Dieser Frage ist die FiBL-Forscherin Martina        die Laborresultate in Feldversuchen überprüft.
     Lori auf der Spur. Sie wertete in ihrer Doktorarbeit
     56 unabhängige Studien zu Feldversuchen rund um            Mikroben stellen Nahrung für Pflanzen bereit
     den Globus aus. Dabei zeigte sich, dass Biolandbau         Wir beginnen immer genauer zu verstehen, wie wich-
     einen stark positiven Effekt auf die Häufigkeit und        tig ein vielfältiges Mikrobiom ist. Mikroben sind der
     Aktivität von Mikroorganismen oder Mikroben in             «Motor» des Bodens. Sie setzen Nährstoffe frei, wan-
     landwirtschaftlichen Systemen ausübt: Biologisch           deln sie um oder speichern sie. Aktive Mikroorganis-
     bewirtschaftete Böden enthalten im Durchschnitt            men sind die Grundlage für gesunde Pflanzen. So liegt
     59 Prozent mehr Biomasse aus Mikroorganismen, und          Stickstoff, einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe,
     die Kleinstlebewesen sind bis zu 84 Prozent aktiver        im Boden und in Biodüngern in Verbindungen vor,
     als in konventionell bewirtschafteten Böden. Zudem         welche Pflanzen nicht direkt aufnehmen können. Mi-
     zeigte die Metaanalyse, dass sich organische Dünger,       kroben im Boden haben jedoch die Fähigkeit, die Pro-
     eine vielfältige Fruchtfolge und Leguminosen in der        teinverbindungen in kleinere Stücke zu zerlegen. Die-
     Fruchtfolge ebenfalls positiv auf die Häufigkeit und       ser Vorgang, Proteolyse genannt, ist der erste Schritt
     Aktivität von Bodenmikroben auswirken.                     der Stickstoffmineralisierung, durch die Stickstoff so
                                                                umgewandelt wird, dass Pflanzen ihn aufnehmen
     Dienstleistung trotz Trockenheitsstress                    können. Die Stickstoffmineralisierung ermöglicht hö-
     Um zu testen, ob eine grössere und aktivere mikrobiel-     here Erträge und ist besonders für Agrarökosysteme
     le Gemeinschaft auch den Nutzpflanzen etwas bringt,        wie den Biolandbau wichtig, da diese Systeme chemi-
     wurde ein Experiment durchgeführt mit Boden aus            sche Stickstoffdünger, die direkt pflanzenverfügbar
     dem seit vierzig Jahren laufenden Langzeitversuch          sind, ausschliessen.
     des FiBL, dem DOK-Versuch. In diesem Pflanzener-           Paul Mäder, Leiter Bodendepartement FiBL und
     nährungsexperiment wurden im FiBL-Labor sowohl             Martina Lori, Biologin FiBL
     optimale Feuchtigkeitsbedingungen als auch Trocken­

                                                                Erhöhte Widerstandsfähigkeit ist gefragt
                                                                Die EU fördert die Forschung zu Landwirtschaftssys-
   ­30 %                                                        temen, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen
                                                                klimabedingte Niederschlagsschwankungen auf­
mehr ­Stickstoff                                                weisen. Dazu forscht das FiBL auf diesem Gebiet im
                                                                europäischen Verbundprojekt Eco-Serve.
bei Trockenheit                                                 www.ecoserve-project.eu

im
14 Bioboden
        FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Das FiBL fand Hinweise darauf, weshalb Bioboden im Vergleich zu konventionellem Boden
­besser mit Trockenheit umgehen kann: Bioboden enthält zwei Drittel mehr Mikroorganismenmasse.

                    Unter UV-Licht wird im FiBL-Labor das
                    Erbgut von Mikroorganismen sichtbar.

FiBL-Forscherin Martina Lori analysiert das Erbgut von Mikroorganismen. Dabei fand sie heraus, dass Bioboden die Fähigkeit hat,
auch bei Trockenheit die Artenvielfalt an stickstofffreisetzenden Mikroben aufrechtzuerhalten.

                                                                                                           FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   15
Wie Recyclingdünger im Boden wirken, testen die FiBL-Forscherinnen
     Else Bünemann-König (l.) und Norah Efosa anhand von Boden- und Gasproben.

     Recyclingfutter für hungrige Pflanzen
     Wir verlieren Nährstoffe. Sie entweichen vom Acker               Pflanzen und Nutztieren durch Mist und Gülle so
     in die Umwelt, wo sie zur Überdüngung von ­Gewässern             weit wie möglich geschlossen und wird häufig durch
     beitragen, oder sie enden ungenutzt in Schlacken­                Grüngutkompost ergänzt. Aber mit allen verkauften
     deponien. Deshalb erforscht das FiBL, wie der Nährstoff­         Produkten wie Getreide, Milch oder Fleisch werden
     kreislauf besser geschlossen werden kann.                        Nährstoffe aus dem Kreislauf entfernt. So landen ins-
                                                                      besondere Phosphor und Kalium mit menschlichen
     Von allen Nährstoffen fehlt den Pflanzen im Bioland-             Fäkalien im Klärschlamm der Kläranlagen und mit
     bau meist als Erstes der Stickstoff. Zwar kann er durch          Abfällen der Nahrungsmittelverarbeitung und der
     Hofdünger wie Mist oder Leguminosen wie Klee und                 Haushalte in der Schlacke der Kehrichtverbrennungs-
     Erbsen in den Boden gebracht werden. Doch muss                   anlagen. Viele Nährstoffe enden in den Deponien.
     der Stickstoff im Biolandbau ständig von Mikroorga-              Um das zu verhindern, ist es wichtig, den «grossen»
     nismen aus dem Humus pflanzenverfügbar gemacht                   Nährstoffkreislauf zu schliessen. Dazu müssen Tech-
     werden – denn Kunstdüngergaben sind verboten. So                 nologien entwickelt werden, die strenge Anforderun-
     reicht gerade dann der Nachschub nicht aus, wenn                 gen an die Hygiene, den Nährstoff- und Schadstoffge-
     die Pflanzen intensiv wachsen und besonders hung-                halt der produzierten Recyclingdünger erfüllen und
     rig sind. Dazu kommt, dass der Stickstoff leicht in die          zugleich mit den Auflagen des Biolandbaus überein-
     Umwelt verloren geht: gasförmig als Ammoniak und                 stimmen.
     Lachgas oder flüssig als Nitrat. Natürliche Ökosyste-
     me und Gewässer werden durch diesen Stickstoffein-               Viele Wirkungen sind noch unerforscht
     trag geschädigt, und das Lachgas trägt zudem zur                 Viele im Biolandbau zugelassene Handelsdünger sind
     globalen Erwärmung bei. Aus diesen Gründen ist es                 bereits Recyclingdünger, da sie auf Abfällen basieren.
     wichtig, dass der Stickstoff im Biolandbau optimal                So zum Beispiel die Biogasgülle, die aus landwirt-
     eingesetzt und genutzt wird.                                      schaftlichen Biogasanlagen stammt, in denen Gülle
     Bei anderen Nährstoffen wie Phosphor und Kalium                   zusammen mit organischen Abfällen wie Pflanzen­
     gibt es keine gasförmigen Verluste, aber ebenfalls Ver-          resten vergoren wird.
     luste durch Auswaschung und Bodenabtrag. Zudem                   Gegen manche Recyclingdünger gibt es aber Vorbe-
     können diese Nährstoffe nicht aus der Luft gebunden               halte, da sie ähnlich dem im Biolandbau verbotenen
     werden, wie es beim Stickstoff möglich ist. Auch für             Kunstdünger oft sehr rasch wirksam sind. Weitere
     Phosphor und Kalium gilt es daher, die Kreisläufe                Kritikpunkte sind mögliche Verunreinigungen und
     zu schliessen. Denn abbauwürdige Lagerstätten von                 die längerfristigen Auswirkungen auf den Boden
     phosphor- oder kaliumreichen Mineralen sind end-                 und die Qualität der Produkte. Diese und weitere
     lich und werden früher (im Fall von Phosphor) oder               Fragen werden in mehreren aktuellen FiBL-Projekten
     später (im Fall von Kalium) zur Neige gehen. Im Bio-             ­untersucht.
     landbau ist der «kleine» Nährstoffkreislauf zwischen             Else Bünemann-König, Bodenwissenschaftlerin FiBL

16     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Die Nährstoffkreisläufe zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft

     Energie                                                                                              Energie
                                         Nahrungsmittel-
                                          verarbeitung
     Energie                                                                                              Energie
                                         Nahrungsmittel-
                       Abfälle            verarbeitung
                                                                                       Kläranlage

                                                           Nahrungs-
                       Abfälle                               mittel                    Kläranlage

                                                           Nahrungs-
                                    Tierische
                                                             mittel Abwasser
                                    Produkte
    Biogasanlage                                                                            Biogasanlage
  landwirtschaftlich                Tierische                                                gewerblich
                                                                       Abwasser
                                    ProduktePflanzliche
                                                                          Haushalt-
                                             Produkte
    Biogasanlage                                                           abfälle          Biogasanlage
  landwirtschaftlich                                                                         gewerblich
                                            Pflanzliche
                                                                           Haushalt-
                                             Produkte
                                                                            abfälle

                                 Tiere                        Menschen

                   Hofdünger     Tiere                        Menschen

                                                                             Gartengrüngut
                   Hofdünger                           pflanzliche
                                 Futtermittel         Nahrungsmittel

     Biogas-                                                                 Gartengrüngut
                                                       pflanzliche                 Grüngut-         Gärgut
      gülle                      Futtermittel         Nahrungsmittel                kompost

     Biogas-
                                                                                       Grüngut-     Gärgut
      gülle
                                                                                       kompost

  Gasförmige                                    Pflanzen
  Stickstoffverluste

  Gasförmige                                    Pflanzen
                                                 Boden
  Stickstoffverluste

  Nährstoffverluste
                                                 Boden
  durch Auswaschung
                                                             Kreislauf zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft
  Nährstoffverluste
                                                             Landwirtschaftliche Kreisläufe
  durch Auswaschung
                                                             In Entwicklung
                                                             Kreislauf
                                                             Gewinnung zwischen  Landwirtschaft und Gesellschaft
                                                                         von Energie
                                                             Landwirtschaftliche
                                                             Verluste             Kreisläufe
                                                             In Entwicklung
                                                             Gewinnung von Energie
                                                             Verluste

                                                                                            FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   17
Neue Dünger wollen gut geprüft sein
     Aus verschiedenen Abfallprodukten lassen sich             torandin Hanna Frick «goldene Gülle». Dazu düngt
     wertvolle Düngemittel gewinnen. Immer mehr ­solcher       Hanna Frick Raigras mit golden «gefärbten» Stick-
     ­Recyclingdünger kommen auf den Markt, einige             stoffmolekülen. So wächst «gefärbtes» Raigras, wel-
      sind bereits für den Biolandbau zugelassen, einige       ches die Forscherin dann einem Rind füttert. Aus
      werden vielleicht bald zugelassen. In mehreren Projek­   dessen Urin und Kot entsteht die «goldene Gülle».
      ten prüft das FiBL neue Recyclingdünger gründlich.       Diese enthält die markierten Stickstoffmoleküle, die
                                                               sich über Jahre vom Stickstoff, der bereits im Boden
     Aus Abfällen von Kläranlagen oder Biogasanlagen           vorhanden ist, unterscheiden lassen. Diese «goldene
     lassen sich Düngemittel gewinnen. Mit solchen Recy-       Gülle» wurde auf zwei Feldern im Gäu ausgebracht,
     clingdüngern können Erträge gesteigert und Nähr-          auf denen der markierte Stickstoff nun während zwei-
     stoffkreisläufe geschlossen werden. Deshalb passen        einhalb Jahren verfolgt wird. Die Resultate der Labor-
     diese Düngemittel zur Philosophie des Biolandbaus.        auswertungen werden zeigen, wie viel des markierten
     Doch wie sich die neuen Dünger auf den Ertrag, auf        Stickstoffs von den Pflanzen aufgenommen wird, wie
     das Bodenleben und auf die Umwelt auswirken, muss         viel im Boden zurückbleibt und wie viel durch Sicker-
     vielfach noch geklärt werden. Solchen Fragen ist das      wasser abgeschwemmt wird.
     FiBL Schweiz in mehreren Projekten auf der Spur.
                                                               Mehr Unabhängigkeit für den Biolandbau
     Wasserschutz verstehen mit «goldener Gülle»               Im Biolandbau braucht es Alternativen zu Düngemit-
     Schon länger kämpft die schweizerische Region             teln aus endlichen Ressourcen wie dem bergmännisch
     Gäu-Olten mit erhöhten Nitratwerten im Grundwas-          abgebauten Rohphosphat. Auch sollte der Einsatz von
     ser. Die Landwirte der Region verpflichten sich seit      Gülle, die von konventionellen Betrieben zugekauft
     über fünfzehn Jahren im Rahmen eines Ressourcen-          wird, reduziert werden. Hier könnten Recyclingdün-
     schutzprojekts zu einer angepassten Bewirtschaftung,      ger dazu beitragen, die strukturelle Abhängigkeit des
     die Nitratverluste verringern soll. Ob diese Mass-        Biolandbaus von der konventionellen Landwirtschaft
     nahmen wirksam sind, wird nun erstmals im Projekt         zu verringern. Das FiBL ermittelt deshalb in sechs
     NitroGäu untersucht. Zudem wird verglichen, wie           Ländern den Nährstoffbedarf und den aktuellen Ein-
     viel Nitrat bei konventioneller und biologischer Be-      satz von Düngern auf Biobetrieben. Dies gemeinsam
     wirtschaftung ausgewaschen wird.                          mit den Universitäten Kopenhagen und Hohenheim
     Es ist wichtig, genau zu verstehen, was mit der Gülle     im Rahmen des EU-Projekts RELACS. Dabei geht es
     im Feld passiert und wie man sie einsetzen kann, so-      insbesondere auch darum, die Verhältnisse der ver-
     dass möglichst wenig Nitrat verloren geht. Um diese       schiedenen Nährstoffe – vor allem Stickstoff, Phos-
     Fragen zu beantworten, produziert die FiBL-Dok-           phor und Kalium – dem Bedarf der Pflanzen anzupas-
                                                               sen. So lassen sich Ungleichgewichte vermeiden und
                                                               Recyclingdünger optimal einsetzen.

                                                               Dünger mit Pflanzenkohle verbessern
                                                               Immer mehr Biogasanlagen werden gebaut. Anders
                                                                als in Deutschland, wo Ackerfrüchte eigens für die Bio-
                                                                gasanlagen angebaut werden, dürfen in der Schweiz
                                                                ausschliesslich Abfälle aus der Lebensmittelindustrie
                                                                und der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. In
                                                                den Biogasanlagen werden diese Abfälle in Energie
                                                               verwandelt, dabei fallen Biogasgülle sowie flüssi-
                                                                ges und festes Gärgut an. Wie wirksam diese Stoffe
                                                                im Vergleich mit herkömmlicher Gülle im Ackerbau
                                                                sind und wie hoch die Verluste durch Auswaschung
                                                                oder Gase ausfallen, erforscht das FiBL gemeinsam
                                                                mit der staatlichen Forschungsanstalt Agroscope im
                                                               Projekt Recycle4Bio, finanziert vom Bundesamt für
                                                               ­Landwirtschaft.
                                                               Im 2018 angelegten Feldversuch werden auch neue
     Florentina lieferte zwölf Tage lang «­goldene Gülle».     Verfahren getestet, zum Beispiel ob die Zugabe von
     Das Rind lebt heute auf einem Milchviehbetrieb.           Pflanzenkohle die Stickstoffverluste verringert. Soll-

18      FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Ob die Zugabe von Pflanzenkohle zu Biogasgülle Stickstoffverluste
­verringern kann, testen Else Bünemann-König (l.) und Norah Efosa.

te der Feldversuch nach drei Jahren weiter finanziert
werden, kann zusätzlich untersucht werden, wie sich
die verschiedenen Recyclingdünger im Vergleich zu
herkömmlichen Düngemitteln auf das Bodenleben
und auf die Bodenqualität auswirken.

Den Ausstoss von Treibhausgasen mindern
Um herauszufinden, wie sich Recyclingdünger auf
das Klima auswirken, misst FiBL-Doktorandin Norah
Efosa wöchentlich, wie viel Lachgas und Methan dem
genannten Feldversuch entströmen. Sie ist am Projekt
GHG-Recycle4Bio beteiligt, in welchem auch die Am-
moniakverluste unmittelbar nach der Ausbringung
der unterschiedlichen Dünger ermittelt werden. Diese
Messungen werden gemeinsam mit der Berner Fach-
hochschule HAFL durchgeführt, finanziert von den
Bundesämtern für Umwelt und für Energie.
Else Bünemann-König, Bodenwissenschaftlerin FiBL

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Tierfutter: den Kreislauf schliessen
     Wasserlinsen und Insektenmaden haben die ­Fähig­keit,   tiven sind gefragt, genauso wie für die Verfütterung
     Abfälle in wertvolles ­Eiweissfuttermittel umzu­        von Soja an die Landtiere.
     wandeln Wie das funktionieren kann, zeigen FiBL-­       Mit der Schwarzen Soldatenfliege arbeitet das FiBL
     Forschungs­projekte. Wenn Kreisläufe beim Tier­         seit mehreren Jahren. In den letzten zwei Jahren wur-
     futter nicht ­geschlossen sind, kann das dramatische    de diese Forschung stark intensiviert. Derzeit wird
     Folgen haben.                                           untersucht, welche Nährstoffzusammensetzung zu
                                                             optimalem Wachstum der Larven führt, welche Rolle
     Europa, besonders die Schweiz, und auch der bio­        dabei die Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt
     logische Landbau sind stark abhängig vom Import         spielen und ob es weltweit genetische Varianten gibt,
     eiweissreicher Futtermittel für die Nutztiere. Das      die für die Züchtung besonders geeigneter Stämme ge-
     führt zu Landverbrauch in den Herkunftsländern          nutzt werden können. Die effiziente Verwandlung der
     sowie zu einem hohen Stickstoffeintrag in die hie-      Abfallsubstrate in hochwertiges Eiweiss ist die Vor­
     sigen Ökosysteme. Aus den importierten Futtermit-       aussetzung dafür, dass insektenbasierte Futtermittel
     teln gelangen über die Gülle grosse Mengen Stick-       als sinnvolles Glied in eine nachhaltige Nahrungsket-
     stoff in unsere Flüsse und Meere und tragen zu          te eingefügt werden können. Die FiBL-Forschungs­
     Gewässerversauerung, Artenverarmung und zum             arbeit schafft die Grundlagen für eine optimale Nach-
     Klimawandel bei.                                        haltigkeit und Effizienz in der Larvenproduktion.

     Abfall zu Futter machen                                 Retter auf dem Wasser
     Eine von mehreren Strategien, die das FiBL verfolgt,    Eine zweite Säule der recyclingbasierten Futterpro-
     um alternative Eiweissquellen für die Tierfütterung     duktion entwickelt das FiBL mit zunehmender Dyna-
     zu nutzen, ist die Produktion von hochwertigem          mik: Mithilfe von Wasserlinsen, das sind kleine, auf
     Eiweiss aus «Abfällen». Damit sind zum Beispiel         dem Wasser schwimmende Pflanzen, ist es möglich,
     Neben­produkte aus der Lebensmittelindustrie, Gast-     nährstoffreichen Gewässern erhebliche Mengen anor-
     roabfälle, aber auch stickstoffreiche Substrate wie     ganisch gebundenen Stickstoffs zu entziehen und ihn
     Gülle gemeint. Um die darin enthaltenen Eiweiss- und    für die Bildung von pflanzlichem Protein zu nutzen.
     Stickstoff­verbindungen zurückzugewinnen und zu         Wir arbeiten derzeit mit verdünnter Rindergülle und
     hochwertigem Futtereiweiss zu veredeln, benötigen       konnten zeigen, dass einem Wasser-Gülle-Gemisch
     wir Organismen, die dies für uns tun. Zum Beispiel      durch die schnell wachsenden Wasserlinsen in kurzer
     die Schwarze Soldatenfliege oder die Wasserlinse.       Zeit über 95 Prozent des Ammonium-Stickstoffs ent-
                                                             zogen wird und sich im pflanzlichen Eiweiss wieder-
     Fliegende Problemlöser                                  findet. Damit wird gleichzeitig das Wasser von leicht
     Eine der wichtigsten Eiweissquellen für die Fütte-      flüchtigen und potenziell umweltschädlichen Stick-
     rung unserer Speisefische in der Fischzucht ist das     stoffverbindungen gereinigt und eine Futterkompo-
     Fischmehl, dessen Produktion zur Überfischung der       nente erzeugt, die sich in der Fischfütterung bereits
     Meere beiträgt. Für die Bioaquakultur gelten zwar       bewährt hat. Der gleiche positive Effekt zeigt sich
     hohe Standards, aber gerade deswegen ist zertifizier-   auch beim Phosphor.
     tes Fischmehl ein knappes und teures Gut. Alterna-      Florian Leiber, Leiter Departement Nutztiere FiBL

     Maden machen sauberes Protein aus                       Wasserlinsen nehmen
                  Gülle, Essensresten und                    95 % Güllestick­stoff aus dem
                         Schlachtabfällen                    Wasser auf
20     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Wie Wasserlinsen Nährstoffe aus der Gülle in wertvolles Tierfutter umwandeln, testet Aquakulturspezialist Timo Stadtlander am FiBL.

Wie sich Insektenmehl in der Fischzucht bewährt, prüfen Masterstudentin Jaclyn Bandy und Timo Stadtlander im FiBL-Fischfütterungsversuch.

                                                                                                                    FiBL | Tätigkeitsbericht 2018   21
Jungtiere von Beginn an
     ernst nehmen
     Männliche Küken, die getötet werden. Kälber, die zu      beitet das FiBL intensiv an Lösungen, welche sowohl
     früh verkauft werden. Ferkel, die an Durchfall leiden.   veterinärmedizinische und prophylaktische Ansätze
     Auch im Biolandbau gibt es noch einiges zu tun           auf Basis pflanzlicher Präparate als auch die Hal-
     für das Wohlergehen von Jungtieren. Das FiBL prüft       tungssysteme, die Fütterung und die Vermarktung
     deshalb alternative Haltungssysteme, verbesserte         einbeziehen. Der Schwerpunkt Jungtiere ist eine neue
     Fütterungsmethoden, pflanzliche Stärkungsmittel und      Kompetenz am FiBL und mithin selbst noch jung. Das
     neue Vermarktungsstrategien.                             Thema wird stark von den jungen FiBL-Forscherinnen
                                                              getragen und hat eine grosse Zukunft.
     Die Schweiz ist in Europa eine echte Vorreiterin im
     Bezug auf das Tierwohl in der Landwirtschaft. Inner-     Kälber nicht abschieben
     halb der Schweiz stehen die Biobetriebe an der Spitze.   Für Kälber wurden pflanzliche Präparate zur Stär-
     Aber ist alles so gut, dass man sich ausruhen könnte?    kung des Immunsystems und zur Prophylaxe von
     Ein wunder Punkt sind die Jungtiere, seien es Käl-       Lungenentzündungen erprobt. Diese Tests werden
     ber, Ferkel oder Küken. Zu viele männliche Kälber        begleitet durch die Auswertung wissenschaftlicher Li-
     werden frühzeitig an die Mastbetriebe verkauft, was      teratur und die Sicherung und Aufbereitung von tra-
     fast zwangsläufig zu Erkrankungen führt. Zu häufig       ditionellem bäuerlichem Wissen zu pflanzenbasierten
     kommt es beim Absetzen von Ferkeln zu Durchfällen.       Therapien für Tiere. In der Kälberaufzucht untersu-
     Als Folge müssen diese Tiere oft mit Antibiotika be-     chen wir die Bedeutung einer langen und intensiven
     handelt werden. Nach wie vor ungelöst ist auch die       Tränkezeit sowie der muttergebundenen Aufzucht,
     Problematik des Tötens männlicher Küken in der Le-       also des Trinkens an der Kuh statt an einem Tränke-
     gehennenzucht. Um diese Probleme anzugehen, ar-          eimer. Gleichzeitig untersuchen wir, ob es entgegen

22     FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
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