FORSCHEN UND ENTWICKELN MIT DER PRAXIS, FÜR DIE PRAXIS - TÄTIGKEITSBERICHT 2018 - FIBL
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Tätigkeitsbericht 2018 Forschen und entwickeln mit der Praxis, für die Praxis 3 FiBL | Tätigkeitsbericht FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 2018
Titelbild Schritt für Schritt leitet die App «BodenDok» durch die Spatenprobe (Seite13). Rückseite, oben links Die Wirksamkeit von natürlichen Extrakten prüfen Barbara Thürig (l.) und Mathias Ludwig (r.) an Weinreben (Seite 26). Rückseite, oben rechts Boden- und Gasproben geben Else Bünemann-König (l.) und Norah Efosa (r.) Aufschluss darüber, wie Recycling- dünger im Boden wirken (Seite 16). Rückseite, unten links An Lösungen für Problempflanzen auf Alpweiden arbei- ten Landwirt Alain Gisiger (l.) und FiBL-Berater Stefan Schürmann (r.). Resultate publizieren sie online: www.bioaktuell.ch > Pflanzenbau > Grünland > Unkraut- regulierung > Unterlagen zu Problempflanzen auf Alpen. Rückseite, unten rechts Wie sich Trockenheitsstress auf konventionellen Boden und auf Bioboden auswirkt, testet Martina Lori (Seite 14) im DOK-Langzeitversuch (Seite 38). Quellenangaben Fotos Marion Nitsch: Titelbild, Rückseite (oben rechts und links), Seiten 7 (6), 7 (9), 10, 11, 13 (oben), 16, 19, 21, 22, 23, 26, 27, 30, 41, 43; Thomas Alföldi: Rückseite (un- ten rechts), 6 (4), 9 (15), 9 (17), 15, 20 (links); Franz J. Steiner: Rückseite (unten links); Andreas Basler: 2 (oben); Marzena Seidl: 2 (Mitte), 9 (16), 37; Reinhard Geßl: 2 (unten), 6 (3), 35; Franziska Hämmerli: 3, 51 (Mitte); Lisa Schulcz/ICOAS: 6 (1); Ulrich Quendt: 6 (2); fsp Architekten: 6 (5); Matthias Klaiss: 7 (7), 32; Andreas Tischler: 7 (8); Bäckerei Kerling aus Bamberg/Regie- rung von Oberfranken: 7 (10); Pixybay: 8 (12), 8 (13); Fotolia sciencerfvideo.mov: 8 (11); Andrea Adriani Stu- dio: 9 (14); Hansueli Dierauer: 12; Monika Macsai: 18; Christian Fischer/Creative Commons: 20 (rechts); Anja Eichinger: 25 (oben); Christian Holzer: 25 (unten); Simon Feiertag/Julius Kühn-Institut: 28; Firma Humus OMB: 29; Maike Krauss: 33; Christine Paukner/Bio Austria: 34; Uni Kassel: 36; Adrian Baer/Tierwelt: 39; DOK-Team: 40; Tom Kawara/SECO: 45; Anja Heidenreich: 46; «Kreis- lauf des Lebens»/Nachhaltigkeitsbewertung für «Zurück zum Ursprung»: 47; Katharina Scheuner: 48; Monika Schneider: 51 (oben); Dionys Forster: 51 (unten); Monika Messmer: 52
Inhalt Editorial Hochkarätig und visionär forschen 3 Übersicht Vorstandsgremien 2 Standorte FiBL 4 Wichtige Ereignisse des Jahres 2018 6 Wichtige Ereignisse des Jahres 2017 8 Technik Hightech für den Biolandbau 10 Böden mit dem Handy beurteilen 13 Boden Bioboden erträgt Dürre besser 14 Recyclingfutter für hungrige Pflanzen 16 Neue Dünger wollen gut geprüft sein 18 DOKumentiert: Biosysteme sind effizienter, Bioböden lebendiger 38 Tiere Tierfutter: den Kreislauf schliessen 20 Jungtiere von Beginn an ernst nehmen 22 Gesündere Ferkel durch längeres Saugen 24 Kosten senken mit eigenem Futter 25 Pflanzen Pflanzenextrakte als Kupferersatz 26 Wildblumen statt Biopestizide 28 Biopflanzenzüchtung und Biosaatgut in ganz Europa fördern 31 Ernährung sichern mit Mischkulturen 33 Biogemüse im Fokus 34 Wissensaustausch Folge deiner Freude 35 Öko-Feldtage – Deutschlands erster grosser Treffpunkt der Biopraxis 36 Eine Website für alle Praxisfragen 41 Ernährung und Politik Bio kann die Welt ernähren 42 Wege zu einer raufutterbasierten Milch- und Fleischwirtschaft 44 Agrarpolitik auf gesellschaftliche Leistungen ausrichten 49 Internationale Zusammenarbeit Ukraine: Bio fällt auf fruchtbaren Boden 45 Weltweit im Einsatz für mehr Nachhaltigkeit: die SMART-Methode 46 Bolivien, Kenia, Indien: Kleinbauern gewinnen mit Bio 50 Biobaumwollzüchtung in Indien 52 Finanzierung 53 Dank 56 Impressum 57 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 1
Diese Gremien tragen die Hauptverantwortung des FiBL Stiftungsrat FiBL Schweiz (v.l.n.r.): Urs Brändli, Ralf Bucher, Martin Ott, Claudia Friedl, Peter Felser, Markus Hausammann, Ulrich Siegrist. Es fehlt Roland Frefel. Seit 2017 wird das FiBL Schweiz durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet: Dominique Barjolle, Stephan Dabbert, Annette Freibauer, Matthias Gauly, Johannes Jehle, Brigitte Kaufmann, Achim Walter, Hubert Wiggering. Vorstand FiBL Deutschland (v.l.n.r.): Robert Hermanowski, Uli Zerger, Urs Niggli, Jörg Große-Lochtmann, Wolfgang Gutberlet, Felix Prinz zu Löwenstein, Alexander Gerber, Steffen Reese, Gerold Rahmann. Es fehlen Jürgen Heß, Beate Huber und Jan Plagge. Vorstand FiBL Österreich (v.l.n.r., hinten): Andreas Kranzler, Werner Zollitsch, Martin Preineder; (vorne) Urs Niggli, Eva Hieret, Alexandra Pohl. Es fehlen Elisabeth Stöger, Josef Renner und Gerhard Zoubek. 2 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Hochkarätig und visionär forschen Das FiBL lässt sich von kontroversen Ideen lieber inspirieren, statt mit ihnen zu kollidieren. Das FiBL ist weltweit das älteste Forschungsinsti- Körper-, Stall- und Aussensensoren melden laufend tut, das sich wissenschaftlich des Biolandbaus an- das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere auf nimmt – seit 45 Jahren. Älter ist nur das Institut für das Smartphone des Betriebsleiters oder der Tier- biologisch-dynamische Forschung in Darmstadt, das ärztin. Warenflusssysteme ermöglichen dank Block- im geisteswissenschaftlichen Verständnis von Rudolf chain-Technologie eine grosse Transparenz, hohe Qua- Steiner wurzelt. Sein goetheanistisches Pflanzenbild, lität und Sicherheit. Und schliesslich wird künstliche das die Lebensäusserungen von Pflanzen, ihre Rhyth- Intelligenz Einzug in die Beratung halten: Fachleute men wie Samen-, Frucht- und Blattbildung beschreibt, werden im Jobsharing mit netten Robotern E-Beratung ergänzte das junge FiBL mit moderner Pflanzenfor- anbieten. Wir suchen stets die besten Synergien von schung, welche Ökologie, Biologie, Physiologie und bäuerlichem Wissen, Tradition und moderner Nach- Genetik einbezieht. Tiere, Umwelt, Betriebsorganisa haltigkeit. Denn junge Bäuerinnen und Bauern tragen tion, Gesellschaft und Ökonomie rundeten schon zu den Biolandbau in das 21. Jahrhundert. Beginn Forschung und Beratung ab. Die streng wis- Diese optimistische Vision ist typisch für das FiBL. In senschaftliche Betrachtungsweise des FiBL brachte der Schweiz, in Deutschland, in Österreich, in Ungarn zum Beispiel im DOK-Versuch, der 2018 40 Jahre alt und in Frankreich. Schwarzmalen ist nicht unser Ding. wurde, mehr als 120 hochkarätige wissenschaftliche Wir suchen Lösungen und setzen diese mit vielen Tau- Publikationen hervor, die auch der biodynamische send Praktikern in der ganzen Lebensmittelkette um. Landbau nutzt. Obwohl die beiden Wissenschaftsbil- Seit zwei Jahren bauen wir auch das FiBL Europe in der eigentlich kollidieren, entstand eine fruchtbare Zu- Brüssel auf. Denn die Europäische Union setzt durch sammenarbeit. Und das ist gut so. ihre Gesetzgebung, ihre Agrarpolitik und durch ihr Auch in Zukunft wird das FiBL mit grossen Span- Forschungsprogramm den Rahmen für die Entwick- nungsbögen forschen, entwickeln, ausbilden und be- lung des zukünftigen Biolandbaus, den wir mitgestal- raten. So zum Beispiel mit der Digitalisierung, die es ten möchten. Zum Glück haben wir noch unglaublich sinnvoll zu nutzen gilt. Automatisierte Maschinen und viele Ideen in petto. Es sind die Fördermittel, die uns Geräte meistern die hohe Komplexität auf Biobetrie- oft fehlen, sonst wären wir nicht zu bremsen. ben virtuos und merken sich unzählige Informationen. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Andreas Kranzler Urs Niggli Robert Hermanowski Geschäftsführer FiBL Österreich Direktor FiBL Schweiz Geschäftsführer FiBL Deutschland FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 3
FiBL Europe Das FiBL Europe stellt in Brüssel Kontakte zu poten ziellen Partnern und Unterstützern der Europäischen Union her und fördert Datenbanken wie inputs.eu für Betriebsmittel und organicXseeds.com für Saatgut. 4 Angestellte 2 Masterstudentinnen pro Jahr 0,5 Millionen Euro Jahresb udget FiBL Schweiz Das FiBL Schweiz hat einen Standort in Frick (Team foto oben) und eine Zweigstelle in L ausanne, im französischsprachigen Teil der Schweiz (Teamfoto ganz oben). Am Standort Frick gehören neben Büros auch Labors, ein Weingut mit eigener Kelterei, eine Obstanlage, ein Landwirtschaftsbetrieb und ein Restaurant dazu – alles biologisch. Das FiBL Schweiz engagiert sich national und international in For- schung, Beratung und Weiterbildung. 190 Angestellte 95 Studentinnen und Praktikanten pro Jahr FiBL Deutschland 26 Millionen Euro Jahresbudget Das FiBL Deutschland bietet an den Standorten Frank- furt am Main und Bad Dürkheim wissenschaftliche und praxisorientiere Expertisen für aktuelle Fragen der biologischen Land- und Lebensm ittelwirtschaft. Arbeits- schwerpunkte sind die Betriebsmittelliste organicin- puts.org, die Bio-Akademie und die Öko-Feldtage. 50 Angestellte Erfolgsrechnungen und Teamporträts finden Sie online: www.fibl.org > Über uns > Tätigkeitsbericht 5 Studenten und Praktikanten pro Jahr 5 Millionen Euro Jahresb udget 4 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
FiBL Österreich Mit praxisorientierten Forschungs- und Markterschlies- sungsprojekten übernimmt das FiBL Österreich eine aktive Rolle im umfassenden Wissensaustausch entlang der biologischen Lebensmittelproduktionskette – bis hin zum Bereitstellen von fundiertem Wissen über Bio für Konsumentinnen und Konsumenten. 30 Angestellte 8 Studentinnen und Praktikanten pro Jahr 1,3 Million Euro Jahresb udget FiBL CEE / ÖMKi Ungarn Den Biolandbau in Ungarn mittels nationaler und internationaler Forschung weiterentwickeln – das ist das Ziel des FiBL CEE (Central Eastern Europe). FiBL Frankreich Es ist das Schwesterinstitut des ÖMKi Ungarn, des ungarischen Forschungsinstituts für biologischen Land- Eng zusammen mit der Praxis arbeitet das FiBL bau, das ebenfalls vom FiBL gegründet wurde. Frankreich an Themen wie der Gesundheit von Ziegen und Schafen, funktioneller Biodiversität oder Kompost 15 Angestellte für Boden- und Pflanzengesundheit. 4 Angestellte 5 Studenten und Praktikantinnen pro Jahr 0,5 Million Euro Jahresb udget 1 Masterstudentin pro Jahr 0,2 Millionen Euro Jahresbudget FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 5
Wichtige Ereignisse 5 2 3 4 1 2018 DEZEMBER OKTOBER Biowissen mal anders 3 Mehr Wirtschaftlichkeit und Verlängerung für Erbse & Bohne 2 60 Dinge, 60 Expertinnen und Exper Ö kologie fürs Grünland Das FiBL Deutschland hat im Modell- ten, über 650 Biobegeisterte und Wie man im Gründland die Wirtschaft und Demonstrationsnetzwerk Erbse ein umfangreicher Ausstellungskatalog lichkeit und gleichzeitig die Biodiver & Bohne zur Ausweitung des Anbaus machen die insgesamt vier Bio- sität mithilfe differenzierter Bewirtschaf- der beiden Kulturen beigetragen. Wissensmarkt- A bende des FiBL Öster- tung steigert, zeigt das FiBL Österreich. Es wird bis Dezember 2020 verlängert. reich zu einem grossen Erfolg. Dazu wurden ein Beratungshandbuch erarbeitet sowie ein Berechnungs- Weltweit grösste Konferenz AUGUST und Planungstool entwickelt, das für biologischen Pflanzenschutz Forschung für Gross und Klein 4 ein betriebsindividuelles Flächen Rund 1000 Teilnehmende zählt das Bei Führungen durch Labors, Obst management ermöglicht. Annual Biocontrol Meeting ABIM in garten, Rebbauanlagen und Bienenhaus Basel, die grösste internationale oder an Themenposten wie Apfel NOVEMBER Konferenz für Hersteller von biologi züchtung oder Kompostieren erhalten Internationale Biokonferenz 1 schem Pflanzenschutz, die das FiBL die rund 4000 Gäste am Tag der Die vom FiBL Österreich mitorganisier- Schweiz seit 2006 jährlich durchführt. offenen Tür des FiBL Schweiz in Frick te «6th International Conference on einen Einblick in die Arbeit am Institut. Organic Agriculture Sciences» ICOAS SEPTEMBER wird erstmals in Österreich abgehalten. 25 Jahre für das Nutztier Campus wird ausgebaut 5 200 Teilnehmende und Referenten aus Die vom Freiland Verband und vom Die Bauarbeiten für den neuen For- Praxis, Forschung und Politik aus FiBL Österreich organisierte «Freiland- schungs- und Bildungscampus des FiBL 30 Ländern treffen sich im Schloss Ester Tagung» gehört zu den führenden im schweizerischen Frick beginnen. házy im Burgenland. Die österreichi- angewandten Nutztierethologie-Tagun- 11 von 25 Millionen Franken Baubud- sche Bundesministerin Elisabeth Köstin- gen im deutschsprachigen Raum und get werden vom Swisslos-Fonds des ger führt den politischen Diskurs. feierte 2018 ihren 25. Geburtstag. Kantons Aargau beigesteuert. FiBL Österreich FiBL Deutschland FiBL Schweiz FiBL Europe 6 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
8 6 9 7 10 Mehr Tierschutz beim Kastrieren 6 «Bio-Aktionsplan Aargau 2021» wird FEBRUAR Am FiBL Deutschland startet ein Projekt vom FiBL koordiniert und fördert die Erste europäische Betriebsmittelliste für mehr Tierschutz beim Kastrieren von unternehmerische Initiative sowie beste- Neu können Landwirtinnen und Land männlichen Ferkeln unter Narkose. hende kleine und mittlere Unternehmen. wirte aus ganz Europa schnell fest stellen, ob ein Mittel nur Materialien JULI Erster Schweizer Bio-Viehtag 9 enthält, die für den Biolandbau Biopflanzenzüchtung im Fokus 7 Der Austausch zwischen landwirtschaft- zugelassen sind – dank der ersten An der ersten Biopflanzenzüchtungs- licher Praxis, Beratung und Forschung europaweit gültigen Betriebsmittelliste tagung der Schweiz diskutiert das steht am ersten Schweizer Bio-Vieh- für die Bioproduktion. Sie wird auf FiBL zusammen mit Partnern aktuelle tag im Zentrum. Rund 800 Personen der Messe Biofach 2018 in Nürnberg Pflanzenzüchtungsprojekte. erfahren eine praxisnahe Auseinander- vom FiBL E urope vorgestellt. setzung mit Fragen rund um Fütterung, JUNI Zucht, Tiergesundheit und Tierwohl. Bio fürs Genusspublikum Grosserfolg Biofeldtage 8 Der vom FiBL Schweiz mitorganisierte Das FiBL Deutschland betreibt einen FiBL Österreich und das Gut Esterházy Bio-Viehtag findet nun alle zwei Jahre Öko-Stand auf der Messe laden zu den ersten Biofeldtagen alternierend zum Bio-Ackerbautag statt. «Land & G enuss» in Frankfurt. Österreichs. Das Konzept einer umfas- senden Gesamtsicht der biologischen APRIL JANUAR Landbewirtschaftung lockte rund Wasser schützen 10 Gärten für die Kinder 8000 Besucherinnen und Besucher an. Im Rahmen der Aktion «Grundwasser- Im Projekt «Kinder-Garten im Kinder- schutz – Trinkwasser für Unterfranken» garten» hat das FiBL Deutschland Bioaktionsplan für den Aargau werden die Projekte «Wasserschutz- ein bundesweites Netzwerk von Als erster deutschschweizerischer Kan- brot» und «Grundwasserschutz durch 200 Kindergärten als Botschafter für ton fördert der Aargau die Biolandwirt- Ökolandbau» des FiBL Deutschland mehr biologische Vielfalt im Kinder schaft mithilfe eines Aktionsplans. Der bis 2022 verlängert. gartenalltag aufgebaut. FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 7
11 13 12 2017 NOVEMBER SEPTEMBER diniert das «Kompetenzzentrum Biolandbau kann die Welt ernäh- Mehr Leben im Bioboden 11 für die Demonstrationsbetriebe im ren – Studie in «Nature» publiziert Böden enthalten bei biologischer B ereich Tierschutz», auch während der Der biologische Landbau kann in Bewirtschaftung im Schnitt 59 Prozent bis Dezember 2019 beschlossenen Kombination mit reduziertem Fleisch mehr Biomasse aus M ikroorganismen, Verlängerung des Projekts. konsum und weniger Foodwaste die die zudem bis zu 84 Prozent akti- Welt ernähren. Das zeigt eine Studie ver sind als unter konventioneller AUGUST des FiBL Schweiz, die in der renommier- B ewirtschaftung. Das zeigt eine glo- Bio weiterbringen ten Fachzeitschrift «Nature Communi bale Metastudie des FiBL Schweiz, Wie sich Bio erfolgreich weiterent- cations» veröffentlicht wird. (Seite 42) die im Fachmagazin «Plos One» publi- wickeln kann, wird im Rahmen einer ziert wird. (Seite 14) qualitativen Studie des Freiland Top Drei beim Nachhaltigkeitspreis: Verbands in Zusammenarbeit mit Wasserschutzbrot Biolandbau fürs Burgenland Science Communications Research Das Projekt «Wasserschutzbrot» des Gemeinsam mit 130 Expertinnen und und FiBL Österreich analysiert – FiBL Deutschland und der Regierung Experten entwickelt das FiBL Österreich und gemeinsam mit Konsumentinnen Unterfranken gehört zu den Top Drei im Projekt «Zukunft Landwirtschaft – und Konsumenten diskutiert. des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Strategien für die burgenländische Mehr dazu unter www.biodreinull.at. Forschung 2018. Mehr zum Projekt Landwirtschaft jenseits von Wachsen unter www.wasserschutzbrot.de. oder Weichen» sechs strategische Ernährung zum Thema machen 13 Entwicklungsfelder für kleine und Wenn wir global etwas ändern OKTOBER mittlere landwirtschaftliche Betriebe. wollen, müssen wir lokal aktiv Oberösterreichischer Landespreis werden. Der vom FiBL Deutschland für Umwelt und Nachhaltigkeit Tierschutz-Kompetenzzentrum 12 mitgegründete Ernährungsrat Das Biokompetenzzentrum Schlägl Im Rahmen von tier- und themenbezo Frankfurt hat deshalb zum Ziel, die gewinnt den Preis in der Kategorie genen Netzwerken setzen Demons lokale Ernährungssouveränität «B iolandbau in der Region festigen». trationsbetriebe innovative Mass zurückzugewinnen und das Thema Das Kompetenzzentrum wurde nahmen um, die über den gesetzlichen Ernährung in einem demokratischen vom FiBL Österreich und der Bio Tierschutzstandard hinausgehen. Die Diskurs auf die Tagesordnung zu schule Schlägl gegründet. FiBL Projekte GmbH leitet und koor bringen. 8 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
14 16 17 15 JULI Kooperationsvertrag mit der Deut- FEBRUAR FiBL Europe feiert Eröffnung 14 schen Landwirtschafts-Gesellschaft Kakao aus Agroforstsystemen 17 Das FiBL eröffnet sein neues Büro in Das FiBL Deutschland schliesst einen Agroforstsysteme und Biolandbau erhö- Brüssel. FiBL Europe wird gute technische Kooperationsvertrag mit der Deutschen hen Biodiversität, Ernährungssicherheit Lösungen für den Vollzug der neuen Landwirtschafts-Gesellschaft DLG ab. und Einkommen im Vergleich zu Mono- EU-Ökoverordnung für die Landwirte kulturen und konventioneller Landwirt- anbieten und wiss enschaftspolitische APRIL schaft, wie eine Langzeits tudie des FiBL Analysen ausarbeiten. Umweltfreundliche Reinigung Schweiz in Bolivien zeigt. (Seite 50) Wie Reinigung und Hygiene umwelt- JUNI freundlich organisiert werden können, Bio wächst weiter Ackern ohne Pflug 15 zeigt der neu publizierte Leitfaden Das FiBL Schweiz präsentiert jedes Jahr Der Verzicht auf den Pflug kann im «Reinigungs- und Desinfektionsmittel» an der Messe Biofach in Nürnberg Biolandbau Bodenerosion vermindern des FiBL Deutschland. die neueste Ausgabe des statistischen und zum Klimaschutz beitragen. Das Handbuchs «The World of Organic zeigen zwei Studien des FiBL Schweiz. Forschung mit Frankreich Agriculture» mit Zahlen zum Biolandbau Das FiBL Schweiz und das französi aus rund 180 Ländern. Aktuelle Zahlen Grossanlass Öko-Feldtage 16 sche Nationale Institut für Agrar finden sich auch auf www.organic- Die ersten bundesweiten Öko-Feldtage forschung INRA unterzeichnen world.net. So beläuft sich zum Beispiel Deutschlands werden auf der Hessi- eine Kooperationsvereinbarung zur Ende 2017 die weltweit biologisch schen Staatsdomäne Frankenhausen Forschung im Biolandbau. bewirtschaftete Fläche auf fast 70 Mil von der FiBL Projekte GmbH gemeinsam lionen Hektaren. Das sind fast 10 Mil mit der Stiftung Ökologie & Landbau MÄRZ lionen mehr als 2016. SÖL organisiert. (Seite 36) Lebensmittel umfassend bewerten Die SMART-Erhebungen zur Nach JANUAR Sechs neue EU-Projekte starten haltigkeit von österreichischen Kursbuch Agrarwende Im Sommer 2017 starten sechs neue Bioprodukten der Marke «Zurück zum Das FiBL Deutschland verfasst im grosse EU-Projekte mit FiBL-Beteiligung: Ursprung» beginnen in Zusammen Auftrag von Greenpeace das «Kursbuch LiveSeed, ReMix, GenTore, LegValue, arbeit mit der Werner-Lampert-Beratung. Agrarwende 2050 – ökologisierte SolAce, DiverImpacts. (Seiten 31, 33) (Seite 46) Landwirtschaft in Deutschland». FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 9
Auch kleinste Verletzungen von Schweinen kann FiBL-Nutztierforscherin Anna Jenni mit diesem Prototyp einer Multispektralkamera ermitteln. Hightech für den Biolandbau Kameras, die sehen, wie viele Kratzer ein Schwein hat. Halfter, die fühlen, ob die Kuh frisst, wiederkäut oder schläft. Solche neuen Technologien werden vom FiBL für den Biolandbau eingesetzt, getestet und weiterentwickelt – in der Forschung und in der Praxis. Schweine: Tierwohl satz der mit Blut bedeckten Haut als Verhältnis zwi- präziser ermitteln schen schwarzen und grauen Pixeln berechnet – ein exaktes Mass für das Tierwohl. Hautverletzungen von Schweinen mit frischem oder Barbara Früh, Leitung Tierwohl und Tierhaltung FiBL geronnenem Blut können mit einer neuen Multispek- tralkamera erkannt und quantifiziert werden. Die Ka- mera ist derzeit noch im Entwicklungsstadium und wird vom FiBL getestet. Das Ziel ist es, die Techno- Multispektralkamera entwickeln logie so weit zu entwickeln, dass mit der Kamera die Kontakt: barbara.frueh@fibl.org Menge von Hautverletzungen präziser und objektiver Website: www.pigwatch.net erfasst werden kann, als das ein Mensch vermag. So Förderung: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und kann die Kamera in Zukunft für die Beurteilung der Veterinärwesen BLV Tiergesundheit in wissenschaftlichen Versuchen oder Die Kamera wurde im Rahmen des Anhiwa-Projekts für die Zertifizierung eingesetzt werden. PigWatch von 3D Ouest und dem Forschungsinstitut INRA in Frankreich entwickelt und wird in Zusammenar- Blutige Haut wird erkannt beit mit dem FiBL Schweiz auf Praxisbetrieben getestet. Die Kamera kann Hautverletzungen nachweisen, in- dem sie sechs Bilder in sechs verschiedenen Wellen- längen aufzeichnet. Die Wellenlängen wurden so ge- wählt, dass sich die Farbe der roten Blutkörperchen gezielt absorbieren und damit nachweisen lässt. Die Rindvieh: Mit Sensorhalfter sechs Bilder werden in einem sehr kurzen Zeitinter- effiziente Tiere erkennen vall von 30 Millisekunden aufgenommen. Eine Soft- ware erzeugt aus den sechs Aufnahmen zwei Bilder: Rinder sind exzellent im Fressen und Wiederkäuen der Zum einen ein genaues dreidimensionales Abbild des Pflanzen unserer Wiesen und Weiden. Sie verwandeln Schweins, zum anderen ein schwarz-weisses Bild, auf Gras effizient und umweltfreundlich in Milch und welchem die schwarzen Flächen Hautläsionen mit Fleisch. Effizienz auf der Weide ist wichtig, um mög- Blut und die grauen Flächen Hautstellen ohne Blut lichst wenig Ackerflächen im In- und Ausland für Tier- darstellen. In einem zweiten Schritt wird der Prozent- futter zu benötigen und möglichst wenig Stickstoff 10 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
emissionen zu erzeugen. Dafür ist es zentral, dass die Zuckerrüben: Präzise hacken Tiere ohne Kraftfutter robust, gesund, fruchtbar, leis- tungsfähig und langlebig sind und zudem ihr Fress- senkt die Kosten und Wiederkäuverhalten gut dem unterschiedlichen Die Zuckerrübe ist bis vor Kurzem fast gänzlich von Wiesenfutter anpassen können. Wie sie dies genau den Schweizer Bioäckern verschwunden – obwohl sie machen und ob sie solche Verhaltenseigenschaften gut in das hiesige Klima und die Fruchtfolge passt. auch vererben können, ist aber noch kaum bekannt. Doch das Unkraut muss meist von Hand unter Kon- FiBL-Versuche mit sensorbestückten Halftern, die trolle gehalten werden, was oft zu teuer war. Da je- das Verhalten der Tiere rund um die Uhr aufzeichnen, doch die Nachfrage gross ist, hat die einzige Schwei- schaffen dazu Grundlagenwissen. zer Zuckerrübenfabrik vor zwei Jahren beschlossen, den Preis für Schweizer Biorüben zu erhöhen. Der Kühe, die länger weiden, sind fruchtbarer Biopreis beträgt nun rund das Dreifache des konven- Zum Beispiel konnte gezeigt werden, dass weidende tionellen Preises. Damit soll die heutige Anbaufläche Kühe, welche die wertvolle einheimische Futterpflan- für Biorüben von 80 Hektaren bis ins Jahr 2022 auf ze Esparsette als Zusatzfutter erhalten, länger wieder- 200 Hektaren ansteigen, was einem Prozent der kon- käuen und das Futter feiner verdauen, was hilfreich ventionellen Anbaufläche entspricht. Trotz des guten für die möglichst effiziente Nutzung des Weidefutters Preises ist der Einstieg in die Biorübenproduktion auf- ist. So sinken die Stickstoffemissionen pro Liter Milch. grund des Aufwands für das Jäten bisher verhalten. Und es zeigte sich auch, dass Kühe, die täglich lan- ge auf der Weide fressen, eine bessere Fruchtbarkeit Roboter, die das Jäten übernehmen haben als Kühe mit kürzeren Fresszeiten. Gezielte Der durchschnittliche Handarbeitsaufwand für das Beobachtungssequenzen während Zeiten des Futter- Jäten von Zuckerrüben liegt bei rund 180 Arbeits- wechsels sollen weitere Erkenntnisse zum Umgang stunden pro Hektare. Die Vorstellung, das Unkraut- der Tiere mit dem Futter und zur züchterischen Nutz- problem mit Robotern zu lösen, ist verlockend, ihre barkeit solcher Verhaltenseigenschaften bringen. Umsetzung in die Realität aber eine wahre Knacknuss. Anet Spengler-Neff, Florian Leiber; Nutztierforschung FiBL Autonome Jätroboter existieren bereits, erkennen die Reihen und können mit herkömmlichen Werkzeugen zwischen den Reihen hacken. Was sie bisher nicht können, ist das Unkraut in der Reihe zupfen. Hier Rumiwatch-Projekt liegt die grosse Herausforderung. Die Handbewe- Kontakt: anet.spengler@fibl.org gung, wie sie der Mensch beim Jäten macht, ist für Förderung: Stiftung Sur-la-Croix, Schweizerischer einen Roboter sehr schwierig zu imitieren, vor allem Nationalfonds SNF, EU-Kommission wenn das nicht nur unter Laborbedingungen, son- Projektpartner: GenTore dern im Feld klappen soll. Die Hochschule Osnabrück Das mit Sensoren bestückte Halfter muss gut s itzen. FiBL-Rind- viehforscherin Anet Spengler-Neff bei der Kontrolle an einer Milchkuh.
hat zusammen mit Bosch einen Roboter entwickelt, der GPS-Satelliten von 5 bis 15 Metern auf fast zwei der das Unkraut in den Reihen erkennt und in den Zentimeter präzise korrigieren. Der Lohnunterneh- Boden stempelt. Der Bonirob ist in der Entwicklung mer Heinz Denzler aus dem Kanton Thurgau hat sich weit fortgeschritten und er wäre auch im Biolandbau vor zwei Jahren eine Geoseed-Einzelkornsämaschine einsetzbar, da er rein mechanisch funktioniert. Noch angeschafft, die jedes Saatkorn auf diese Genauigkeit ist er aber nicht praxisreif, da die Bilderkennung zur von fast zwei Zentimetern ablegt und die Daten spei- Unterscheidung von Unkraut und Kulturpflanze noch chert. Anschliessend übernimmt das Hackgerät die zu wenig genau funktioniert. gespeicherten Positionsdaten und korrigiert Abwei- Der Ecorobotix aus der Schweiz geht den einfacheren chungen laufend automatisch über eine Scheibe. Weg über gezieltes Spritzen der kleinen Unkräuter. Der erste Hackdurchgang erfolgt möglichst früh, Mit diesem Roboter sollen zwanzigmal weniger Her- wenn die Reihen von Auge noch kaum sichtbar sind bizide ausgebracht werden als heute. Was aber bisher und das Unkraut noch im Keimstadium ist. Die bei Ecorobotix fehlt, ist ein biotaugliches Verfahren Hackscharen fahren beim ersten Durchgang ohne mit Laser, Warmwasser oder Strom, das über einen Schutzscheiben mit nur ein bis zwei Kilometern pro Tastarm gezielt die Unkräuter in der Reihe erreicht. Stunde möglichste nahe an die Reihen. Anschlies- An der Entwicklung eines solchen Verfahrens arbeitet send wird quer gehackt. Das funktioniert gleich, je- das FiBL im Rahmen eines Projekts. doch um neunzig Grad gedreht. Für unser Auge ist das ungewohnt, die Reihenabstände sind dann die Den Acker auch quer hacken Abstände zwischen den Pflanzen, also nur 22 Zenti Das FiBL verfolgt seit zwei Jahren zusammen mit meter und nicht 45 Zentimeter wie beim Längs Lenzberg Precision Farming einen Ansatz, der schon hacken. längere Zeit diskutiert wird. Die Idee ist, dass die Rüben neben dem normalen Hacken in Längsrich- Feldversuche zeigen, wie es weitergehen kann tung auch im Neunzig-Grad-Winkel quer zur Reihe Das Hacken ist sehr anspruchsvoll, es darf keine Ab- gehackt werden. Das Querhacken soll die Handarbeit weichungen geben, sonst werden die Zuckerrüben- des Vereinzelns und Jätens in der Reihe simulieren pflänzchen ausgehackt. Zusätzliche Fahrspuren quer und diese Handarbeit grösstenteils ersetzen. Die Ef- würden helfen, aber technisch ist das zurzeit noch fizienz der Hacke ist mit einer Breite von fast sechs nicht realisierbar. Eine weitere Voraussetzung für die- Metern beträchtlich. Damit diese Technik funktioniert ses Verfahren ist, dass das Feld auf beiden Seiten von und die Rüben nicht versehentlich ausgehackt werden, einer Kunstwiese oder einer Strasse zugänglich sein braucht es eine sehr genaue Saat. Die Rüben müssen muss, um den Traktor zu wenden. wie Soldaten im Viererverbund dastehen. Technisch Im ersten Jahr hat das System versagt. Rund zwanzig ist eine so genaue Saat nur mit Real-Time-Kinematik Prozent der Rüben wurden versehentlich ausgehackt. RTK möglich. Diese basiert auf einem kostenpflich- Dieses Problem liess sich im zweiten Jahr beheben, in- tigen Netz stationärer Sender, die über die ganze dem der Abstand der Rüben in den Reihen von 18 auf Schweiz verteilt sind und die Genauigkeit der Signale 22 Zentimeter erhöht wurde. Der Wirkungsgrad in der Reihe war jedoch noch ungenügend. Daran trug die Witterung Mitschuld. Mit dem sehr trockenen Frühjahr und der dadurch nötigen Bewässerung kam es in der Parzelle zu einer zweiten Keimwelle, die nur von Hand mühsam entfernt werden konnte. Das Verfahren wird 2019 weiter geprüft und verbes- sert. Sobald es gut funktioniert, könnten die mit der entsprechenden Technologie ausgerüsteten Maschi- nen überbetrieblich eingesetzt werden und die Hand- arbeitsstunden massiv reduzieren. Hansueli Dierauer, Ackerbauberater FiBL Projekte zu Precision Farming und Robotik Kontakt: hansueli.dierauer@fibl.org Förderung: Coop Fonds für Nachhaltigkeit, B undesamt für Landwirtschaft BLW Dank neuen Technologien können Zuckerrüben nun auch quer Partner: Agroscope, HAFL, FRIJ, Lenzberg Precision und auf zwei Zentimeter genau gehackt werden. Farming 12 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Praktiker und Forschende entwickeln gemeinsam eine App, um Böden zu beurteilen: (v.l.n.r.) Landwirt Peter Rey, Wissenschaftler Andreas Fliessbach und die Informatikstudierenden Lukas Marchesi und Jennifer Müller. Böden mit dem Handy beurteilen Die Spatenprobe liefert wertvolle Informationen zum Zustand landwirtschaftlicher Böden. Trotzdem wird sie in der Praxis bisher wenig angewendet. DieApp «BodenDok» soll dies ändern, indem sie auf dem Smartphone Schritt für Schritt durch die Spatenprobe im Feld führt und die Beobachtungen erfasst. Sie brauchen nur einen Spaten und ein Smartphone – schon können Sie mit der neuen App «BodenDok» den Zustand Ihrer Böden überprüfen. Die App stellt eine Reihe von Fragen zum Boden und bietet Antworten an, aus denen Sie durch Anklicken auswählen können. Zudem machen Sie Fotos von der Bodenoberfläche und der Probe auf dem Spaten. Für eine Spatenprobe mit BodenDok benötigt man zwischen zwanzig und dreissig Minuten. Die App generiert einen Bericht samt Fotos Die App sammelt die während der Bodenbeurteilung eingegebenen Antworten sowie die Fotos und erzeugt BodenDok, die App zur Spatenprobe zusammen mit Angaben zum Betrieb einen Bericht. Kostenlos herunterladen ab Frühjahr 2019; Dieser wird samt den Koordinaten des Standorts auf für iOS im App Store und für Android in Google Play dem Mobiltelefon gespeichert. Der Bericht kann in Sprachvarianten: Deutsch, Englisch, Französisch verschiedenen Dateiformaten versendet werden. Kontakt: apps@fibl.org Die einfache Archivierung der Ergebnisse erleichtert Inhaltliche Umsetzung: Andreas Fliessbach, es, einzelne Einschätzungen des gleichen Standorts zu Else Bünemann-König, Gilles Weidmann, FiBL Schweiz verschiedenen Zeitpunkten zu vergleichen. Auf diese Technische Realisierung: Jennifer Müller und Lukas Weise lassen sich Veränderungen im Boden über ei- Marchesi, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW nen längeren Zeitraum beobachten. Design: Claudia Ammann, Zürcher Hochschule Gilles Weidmann, Kommunikation FiBL der Künste ZHdK FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 13
Bioboden erträgt Dürre besser Die europaweite Dürreperiode im Sommer 2018 zeigte heitsstress simuliert. Die Resultate zeigten, dass die deutlich: Klimaveränderungen stellen unsere Land Pflanzen im Bioboden unter Trockenheitsstress 30 Pro- wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Eine am FiBL zent mehr Stickstoff aus der Gründüngung erhielten durchgeführte Doktorarbeit fand Hinweise, dass Bio als die Pflanzen, die auf dem konventionell bewirt- böden dank ihrer aktiveren Mikroorganismen besser mit schafteten Boden angebaut wurden. Trockenheit umgehen können als konventionelle Böden. Mithilfe moderner DNA-Sequenzierungsmethoden («next generation sequencing»), welche im letzten Jahr- Im Zuge des Klimawandels werden Landwirtschafts- zehnt enorm weiterentwickelt wurden, liessen sich systeme immer wichtiger, die widerstandsfähig ge- zusätzlich Struktur und Diversität der mikrobiellen gen Trockenperioden sind. Die Hinweise mehren Gemeinschaften charakterisieren. Es stellte sich her- sich, dass der Biolandbau in dieser Hinsicht einiges aus, dass das konventionelle System unter Trocken zu bieten hat. So konnte die FiBL-Forscherin Marti- heitsstress nicht in der Lage war, die anfängliche Viel- na Lori in einem Laborversuch zeigen, dass Pflanzen falt und Zusammensetzung der stickstofffreisetzenden im Bioboden bei Trockenheitsstress 30 Prozent mehr Bodenmikroben aufrechtzuerhalten. Ganz im Gegen- Stickstoff aus der Gründüngung erhalten als Pflanzen satz zum biologischen System, in dem es auch zu einem in konventionell bewirtschaftetem Boden. höheren Ertrag der Testkultur Raigras kam. Die Ergebnisse aus dem Pflanzenernährungsexperi- Mikroben im Bioboden: 84 Prozent aktiver ment können zwar nicht direkt in die Praxis übertra- Weshalb aber können Bioböden bei Trockenheit mehr gen werden, ermutigen aber zu weiteren Forschungs- Stickstoff für Pflanzen bereitstellen als konventionelle arbeiten. Derzeit werden am FiBL im Projekt SoilClim Böden? Dieser Frage ist die FiBL-Forscherin Martina die Laborresultate in Feldversuchen überprüft. Lori auf der Spur. Sie wertete in ihrer Doktorarbeit 56 unabhängige Studien zu Feldversuchen rund um Mikroben stellen Nahrung für Pflanzen bereit den Globus aus. Dabei zeigte sich, dass Biolandbau Wir beginnen immer genauer zu verstehen, wie wich- einen stark positiven Effekt auf die Häufigkeit und tig ein vielfältiges Mikrobiom ist. Mikroben sind der Aktivität von Mikroorganismen oder Mikroben in «Motor» des Bodens. Sie setzen Nährstoffe frei, wan- landwirtschaftlichen Systemen ausübt: Biologisch deln sie um oder speichern sie. Aktive Mikroorganis- bewirtschaftete Böden enthalten im Durchschnitt men sind die Grundlage für gesunde Pflanzen. So liegt 59 Prozent mehr Biomasse aus Mikroorganismen, und Stickstoff, einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe, die Kleinstlebewesen sind bis zu 84 Prozent aktiver im Boden und in Biodüngern in Verbindungen vor, als in konventionell bewirtschafteten Böden. Zudem welche Pflanzen nicht direkt aufnehmen können. Mi- zeigte die Metaanalyse, dass sich organische Dünger, kroben im Boden haben jedoch die Fähigkeit, die Pro- eine vielfältige Fruchtfolge und Leguminosen in der teinverbindungen in kleinere Stücke zu zerlegen. Die- Fruchtfolge ebenfalls positiv auf die Häufigkeit und ser Vorgang, Proteolyse genannt, ist der erste Schritt Aktivität von Bodenmikroben auswirken. der Stickstoffmineralisierung, durch die Stickstoff so umgewandelt wird, dass Pflanzen ihn aufnehmen Dienstleistung trotz Trockenheitsstress können. Die Stickstoffmineralisierung ermöglicht hö- Um zu testen, ob eine grössere und aktivere mikrobiel- here Erträge und ist besonders für Agrarökosysteme le Gemeinschaft auch den Nutzpflanzen etwas bringt, wie den Biolandbau wichtig, da diese Systeme chemi- wurde ein Experiment durchgeführt mit Boden aus sche Stickstoffdünger, die direkt pflanzenverfügbar dem seit vierzig Jahren laufenden Langzeitversuch sind, ausschliessen. des FiBL, dem DOK-Versuch. In diesem Pflanzener- Paul Mäder, Leiter Bodendepartement FiBL und nährungsexperiment wurden im FiBL-Labor sowohl Martina Lori, Biologin FiBL optimale Feuchtigkeitsbedingungen als auch Trocken Erhöhte Widerstandsfähigkeit ist gefragt Die EU fördert die Forschung zu Landwirtschaftssys- 30 % temen, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen klimabedingte Niederschlagsschwankungen auf mehr Stickstoff weisen. Dazu forscht das FiBL auf diesem Gebiet im europäischen Verbundprojekt Eco-Serve. bei Trockenheit www.ecoserve-project.eu im 14 Bioboden FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Das FiBL fand Hinweise darauf, weshalb Bioboden im Vergleich zu konventionellem Boden besser mit Trockenheit umgehen kann: Bioboden enthält zwei Drittel mehr Mikroorganismenmasse. Unter UV-Licht wird im FiBL-Labor das Erbgut von Mikroorganismen sichtbar. FiBL-Forscherin Martina Lori analysiert das Erbgut von Mikroorganismen. Dabei fand sie heraus, dass Bioboden die Fähigkeit hat, auch bei Trockenheit die Artenvielfalt an stickstofffreisetzenden Mikroben aufrechtzuerhalten. FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 15
Wie Recyclingdünger im Boden wirken, testen die FiBL-Forscherinnen Else Bünemann-König (l.) und Norah Efosa anhand von Boden- und Gasproben. Recyclingfutter für hungrige Pflanzen Wir verlieren Nährstoffe. Sie entweichen vom Acker Pflanzen und Nutztieren durch Mist und Gülle so in die Umwelt, wo sie zur Überdüngung von Gewässern weit wie möglich geschlossen und wird häufig durch beitragen, oder sie enden ungenutzt in Schlacken Grüngutkompost ergänzt. Aber mit allen verkauften deponien. Deshalb erforscht das FiBL, wie der Nährstoff Produkten wie Getreide, Milch oder Fleisch werden kreislauf besser geschlossen werden kann. Nährstoffe aus dem Kreislauf entfernt. So landen ins- besondere Phosphor und Kalium mit menschlichen Von allen Nährstoffen fehlt den Pflanzen im Bioland- Fäkalien im Klärschlamm der Kläranlagen und mit bau meist als Erstes der Stickstoff. Zwar kann er durch Abfällen der Nahrungsmittelverarbeitung und der Hofdünger wie Mist oder Leguminosen wie Klee und Haushalte in der Schlacke der Kehrichtverbrennungs- Erbsen in den Boden gebracht werden. Doch muss anlagen. Viele Nährstoffe enden in den Deponien. der Stickstoff im Biolandbau ständig von Mikroorga- Um das zu verhindern, ist es wichtig, den «grossen» nismen aus dem Humus pflanzenverfügbar gemacht Nährstoffkreislauf zu schliessen. Dazu müssen Tech- werden – denn Kunstdüngergaben sind verboten. So nologien entwickelt werden, die strenge Anforderun- reicht gerade dann der Nachschub nicht aus, wenn gen an die Hygiene, den Nährstoff- und Schadstoffge- die Pflanzen intensiv wachsen und besonders hung- halt der produzierten Recyclingdünger erfüllen und rig sind. Dazu kommt, dass der Stickstoff leicht in die zugleich mit den Auflagen des Biolandbaus überein- Umwelt verloren geht: gasförmig als Ammoniak und stimmen. Lachgas oder flüssig als Nitrat. Natürliche Ökosyste- me und Gewässer werden durch diesen Stickstoffein- Viele Wirkungen sind noch unerforscht trag geschädigt, und das Lachgas trägt zudem zur Viele im Biolandbau zugelassene Handelsdünger sind globalen Erwärmung bei. Aus diesen Gründen ist es bereits Recyclingdünger, da sie auf Abfällen basieren. wichtig, dass der Stickstoff im Biolandbau optimal So zum Beispiel die Biogasgülle, die aus landwirt- eingesetzt und genutzt wird. schaftlichen Biogasanlagen stammt, in denen Gülle Bei anderen Nährstoffen wie Phosphor und Kalium zusammen mit organischen Abfällen wie Pflanzen gibt es keine gasförmigen Verluste, aber ebenfalls Ver- resten vergoren wird. luste durch Auswaschung und Bodenabtrag. Zudem Gegen manche Recyclingdünger gibt es aber Vorbe- können diese Nährstoffe nicht aus der Luft gebunden halte, da sie ähnlich dem im Biolandbau verbotenen werden, wie es beim Stickstoff möglich ist. Auch für Kunstdünger oft sehr rasch wirksam sind. Weitere Phosphor und Kalium gilt es daher, die Kreisläufe Kritikpunkte sind mögliche Verunreinigungen und zu schliessen. Denn abbauwürdige Lagerstätten von die längerfristigen Auswirkungen auf den Boden phosphor- oder kaliumreichen Mineralen sind end- und die Qualität der Produkte. Diese und weitere lich und werden früher (im Fall von Phosphor) oder Fragen werden in mehreren aktuellen FiBL-Projekten später (im Fall von Kalium) zur Neige gehen. Im Bio- untersucht. landbau ist der «kleine» Nährstoffkreislauf zwischen Else Bünemann-König, Bodenwissenschaftlerin FiBL 16 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Die Nährstoffkreisläufe zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft Energie Energie Nahrungsmittel- verarbeitung Energie Energie Nahrungsmittel- Abfälle verarbeitung Kläranlage Nahrungs- Abfälle mittel Kläranlage Nahrungs- Tierische mittel Abwasser Produkte Biogasanlage Biogasanlage landwirtschaftlich Tierische gewerblich Abwasser ProduktePflanzliche Haushalt- Produkte Biogasanlage abfälle Biogasanlage landwirtschaftlich gewerblich Pflanzliche Haushalt- Produkte abfälle Tiere Menschen Hofdünger Tiere Menschen Gartengrüngut Hofdünger pflanzliche Futtermittel Nahrungsmittel Biogas- Gartengrüngut pflanzliche Grüngut- Gärgut gülle Futtermittel Nahrungsmittel kompost Biogas- Grüngut- Gärgut gülle kompost Gasförmige Pflanzen Stickstoffverluste Gasförmige Pflanzen Boden Stickstoffverluste Nährstoffverluste Boden durch Auswaschung Kreislauf zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft Nährstoffverluste Landwirtschaftliche Kreisläufe durch Auswaschung In Entwicklung Kreislauf Gewinnung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft von Energie Landwirtschaftliche Verluste Kreisläufe In Entwicklung Gewinnung von Energie Verluste FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 17
Neue Dünger wollen gut geprüft sein Aus verschiedenen Abfallprodukten lassen sich torandin Hanna Frick «goldene Gülle». Dazu düngt wertvolle Düngemittel gewinnen. Immer mehr solcher Hanna Frick Raigras mit golden «gefärbten» Stick- Recyclingdünger kommen auf den Markt, einige stoffmolekülen. So wächst «gefärbtes» Raigras, wel- sind bereits für den Biolandbau zugelassen, einige ches die Forscherin dann einem Rind füttert. Aus werden vielleicht bald zugelassen. In mehreren Projek dessen Urin und Kot entsteht die «goldene Gülle». ten prüft das FiBL neue Recyclingdünger gründlich. Diese enthält die markierten Stickstoffmoleküle, die sich über Jahre vom Stickstoff, der bereits im Boden Aus Abfällen von Kläranlagen oder Biogasanlagen vorhanden ist, unterscheiden lassen. Diese «goldene lassen sich Düngemittel gewinnen. Mit solchen Recy- Gülle» wurde auf zwei Feldern im Gäu ausgebracht, clingdüngern können Erträge gesteigert und Nähr- auf denen der markierte Stickstoff nun während zwei- stoffkreisläufe geschlossen werden. Deshalb passen einhalb Jahren verfolgt wird. Die Resultate der Labor- diese Düngemittel zur Philosophie des Biolandbaus. auswertungen werden zeigen, wie viel des markierten Doch wie sich die neuen Dünger auf den Ertrag, auf Stickstoffs von den Pflanzen aufgenommen wird, wie das Bodenleben und auf die Umwelt auswirken, muss viel im Boden zurückbleibt und wie viel durch Sicker- vielfach noch geklärt werden. Solchen Fragen ist das wasser abgeschwemmt wird. FiBL Schweiz in mehreren Projekten auf der Spur. Mehr Unabhängigkeit für den Biolandbau Wasserschutz verstehen mit «goldener Gülle» Im Biolandbau braucht es Alternativen zu Düngemit- Schon länger kämpft die schweizerische Region teln aus endlichen Ressourcen wie dem bergmännisch Gäu-Olten mit erhöhten Nitratwerten im Grundwas- abgebauten Rohphosphat. Auch sollte der Einsatz von ser. Die Landwirte der Region verpflichten sich seit Gülle, die von konventionellen Betrieben zugekauft über fünfzehn Jahren im Rahmen eines Ressourcen- wird, reduziert werden. Hier könnten Recyclingdün- schutzprojekts zu einer angepassten Bewirtschaftung, ger dazu beitragen, die strukturelle Abhängigkeit des die Nitratverluste verringern soll. Ob diese Mass- Biolandbaus von der konventionellen Landwirtschaft nahmen wirksam sind, wird nun erstmals im Projekt zu verringern. Das FiBL ermittelt deshalb in sechs NitroGäu untersucht. Zudem wird verglichen, wie Ländern den Nährstoffbedarf und den aktuellen Ein- viel Nitrat bei konventioneller und biologischer Be- satz von Düngern auf Biobetrieben. Dies gemeinsam wirtschaftung ausgewaschen wird. mit den Universitäten Kopenhagen und Hohenheim Es ist wichtig, genau zu verstehen, was mit der Gülle im Rahmen des EU-Projekts RELACS. Dabei geht es im Feld passiert und wie man sie einsetzen kann, so- insbesondere auch darum, die Verhältnisse der ver- dass möglichst wenig Nitrat verloren geht. Um diese schiedenen Nährstoffe – vor allem Stickstoff, Phos- Fragen zu beantworten, produziert die FiBL-Dok- phor und Kalium – dem Bedarf der Pflanzen anzupas- sen. So lassen sich Ungleichgewichte vermeiden und Recyclingdünger optimal einsetzen. Dünger mit Pflanzenkohle verbessern Immer mehr Biogasanlagen werden gebaut. Anders als in Deutschland, wo Ackerfrüchte eigens für die Bio- gasanlagen angebaut werden, dürfen in der Schweiz ausschliesslich Abfälle aus der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. In den Biogasanlagen werden diese Abfälle in Energie verwandelt, dabei fallen Biogasgülle sowie flüssi- ges und festes Gärgut an. Wie wirksam diese Stoffe im Vergleich mit herkömmlicher Gülle im Ackerbau sind und wie hoch die Verluste durch Auswaschung oder Gase ausfallen, erforscht das FiBL gemeinsam mit der staatlichen Forschungsanstalt Agroscope im Projekt Recycle4Bio, finanziert vom Bundesamt für Landwirtschaft. Im 2018 angelegten Feldversuch werden auch neue Florentina lieferte zwölf Tage lang «goldene Gülle». Verfahren getestet, zum Beispiel ob die Zugabe von Das Rind lebt heute auf einem Milchviehbetrieb. Pflanzenkohle die Stickstoffverluste verringert. Soll- 18 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Ob die Zugabe von Pflanzenkohle zu Biogasgülle Stickstoffverluste verringern kann, testen Else Bünemann-König (l.) und Norah Efosa. te der Feldversuch nach drei Jahren weiter finanziert werden, kann zusätzlich untersucht werden, wie sich die verschiedenen Recyclingdünger im Vergleich zu herkömmlichen Düngemitteln auf das Bodenleben und auf die Bodenqualität auswirken. Den Ausstoss von Treibhausgasen mindern Um herauszufinden, wie sich Recyclingdünger auf das Klima auswirken, misst FiBL-Doktorandin Norah Efosa wöchentlich, wie viel Lachgas und Methan dem genannten Feldversuch entströmen. Sie ist am Projekt GHG-Recycle4Bio beteiligt, in welchem auch die Am- moniakverluste unmittelbar nach der Ausbringung der unterschiedlichen Dünger ermittelt werden. Diese Messungen werden gemeinsam mit der Berner Fach- hochschule HAFL durchgeführt, finanziert von den Bundesämtern für Umwelt und für Energie. Else Bünemann-König, Bodenwissenschaftlerin FiBL FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 19
Tierfutter: den Kreislauf schliessen Wasserlinsen und Insektenmaden haben die Fähigkeit, tiven sind gefragt, genauso wie für die Verfütterung Abfälle in wertvolles Eiweissfuttermittel umzu von Soja an die Landtiere. wandeln Wie das funktionieren kann, zeigen FiBL- Mit der Schwarzen Soldatenfliege arbeitet das FiBL Forschungsprojekte. Wenn Kreisläufe beim Tier seit mehreren Jahren. In den letzten zwei Jahren wur- futter nicht geschlossen sind, kann das dramatische de diese Forschung stark intensiviert. Derzeit wird Folgen haben. untersucht, welche Nährstoffzusammensetzung zu optimalem Wachstum der Larven führt, welche Rolle Europa, besonders die Schweiz, und auch der bio dabei die Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt logische Landbau sind stark abhängig vom Import spielen und ob es weltweit genetische Varianten gibt, eiweissreicher Futtermittel für die Nutztiere. Das die für die Züchtung besonders geeigneter Stämme ge- führt zu Landverbrauch in den Herkunftsländern nutzt werden können. Die effiziente Verwandlung der sowie zu einem hohen Stickstoffeintrag in die hie- Abfallsubstrate in hochwertiges Eiweiss ist die Vor sigen Ökosysteme. Aus den importierten Futtermit- aussetzung dafür, dass insektenbasierte Futtermittel teln gelangen über die Gülle grosse Mengen Stick- als sinnvolles Glied in eine nachhaltige Nahrungsket- stoff in unsere Flüsse und Meere und tragen zu te eingefügt werden können. Die FiBL-Forschungs Gewässerversauerung, Artenverarmung und zum arbeit schafft die Grundlagen für eine optimale Nach- Klimawandel bei. haltigkeit und Effizienz in der Larvenproduktion. Abfall zu Futter machen Retter auf dem Wasser Eine von mehreren Strategien, die das FiBL verfolgt, Eine zweite Säule der recyclingbasierten Futterpro- um alternative Eiweissquellen für die Tierfütterung duktion entwickelt das FiBL mit zunehmender Dyna- zu nutzen, ist die Produktion von hochwertigem mik: Mithilfe von Wasserlinsen, das sind kleine, auf Eiweiss aus «Abfällen». Damit sind zum Beispiel dem Wasser schwimmende Pflanzen, ist es möglich, Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie, Gast- nährstoffreichen Gewässern erhebliche Mengen anor- roabfälle, aber auch stickstoffreiche Substrate wie ganisch gebundenen Stickstoffs zu entziehen und ihn Gülle gemeint. Um die darin enthaltenen Eiweiss- und für die Bildung von pflanzlichem Protein zu nutzen. Stickstoffverbindungen zurückzugewinnen und zu Wir arbeiten derzeit mit verdünnter Rindergülle und hochwertigem Futtereiweiss zu veredeln, benötigen konnten zeigen, dass einem Wasser-Gülle-Gemisch wir Organismen, die dies für uns tun. Zum Beispiel durch die schnell wachsenden Wasserlinsen in kurzer die Schwarze Soldatenfliege oder die Wasserlinse. Zeit über 95 Prozent des Ammonium-Stickstoffs ent- zogen wird und sich im pflanzlichen Eiweiss wieder- Fliegende Problemlöser findet. Damit wird gleichzeitig das Wasser von leicht Eine der wichtigsten Eiweissquellen für die Fütte- flüchtigen und potenziell umweltschädlichen Stick- rung unserer Speisefische in der Fischzucht ist das stoffverbindungen gereinigt und eine Futterkompo- Fischmehl, dessen Produktion zur Überfischung der nente erzeugt, die sich in der Fischfütterung bereits Meere beiträgt. Für die Bioaquakultur gelten zwar bewährt hat. Der gleiche positive Effekt zeigt sich hohe Standards, aber gerade deswegen ist zertifizier- auch beim Phosphor. tes Fischmehl ein knappes und teures Gut. Alterna- Florian Leiber, Leiter Departement Nutztiere FiBL Maden machen sauberes Protein aus Wasserlinsen nehmen Gülle, Essensresten und 95 % Güllestickstoff aus dem Schlachtabfällen Wasser auf 20 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Wie Wasserlinsen Nährstoffe aus der Gülle in wertvolles Tierfutter umwandeln, testet Aquakulturspezialist Timo Stadtlander am FiBL. Wie sich Insektenmehl in der Fischzucht bewährt, prüfen Masterstudentin Jaclyn Bandy und Timo Stadtlander im FiBL-Fischfütterungsversuch. FiBL | Tätigkeitsbericht 2018 21
Jungtiere von Beginn an ernst nehmen Männliche Küken, die getötet werden. Kälber, die zu beitet das FiBL intensiv an Lösungen, welche sowohl früh verkauft werden. Ferkel, die an Durchfall leiden. veterinärmedizinische und prophylaktische Ansätze Auch im Biolandbau gibt es noch einiges zu tun auf Basis pflanzlicher Präparate als auch die Hal- für das Wohlergehen von Jungtieren. Das FiBL prüft tungssysteme, die Fütterung und die Vermarktung deshalb alternative Haltungssysteme, verbesserte einbeziehen. Der Schwerpunkt Jungtiere ist eine neue Fütterungsmethoden, pflanzliche Stärkungsmittel und Kompetenz am FiBL und mithin selbst noch jung. Das neue Vermarktungsstrategien. Thema wird stark von den jungen FiBL-Forscherinnen getragen und hat eine grosse Zukunft. Die Schweiz ist in Europa eine echte Vorreiterin im Bezug auf das Tierwohl in der Landwirtschaft. Inner- Kälber nicht abschieben halb der Schweiz stehen die Biobetriebe an der Spitze. Für Kälber wurden pflanzliche Präparate zur Stär- Aber ist alles so gut, dass man sich ausruhen könnte? kung des Immunsystems und zur Prophylaxe von Ein wunder Punkt sind die Jungtiere, seien es Käl- Lungenentzündungen erprobt. Diese Tests werden ber, Ferkel oder Küken. Zu viele männliche Kälber begleitet durch die Auswertung wissenschaftlicher Li- werden frühzeitig an die Mastbetriebe verkauft, was teratur und die Sicherung und Aufbereitung von tra- fast zwangsläufig zu Erkrankungen führt. Zu häufig ditionellem bäuerlichem Wissen zu pflanzenbasierten kommt es beim Absetzen von Ferkeln zu Durchfällen. Therapien für Tiere. In der Kälberaufzucht untersu- Als Folge müssen diese Tiere oft mit Antibiotika be- chen wir die Bedeutung einer langen und intensiven handelt werden. Nach wie vor ungelöst ist auch die Tränkezeit sowie der muttergebundenen Aufzucht, Problematik des Tötens männlicher Küken in der Le- also des Trinkens an der Kuh statt an einem Tränke- gehennenzucht. Um diese Probleme anzugehen, ar- eimer. Gleichzeitig untersuchen wir, ob es entgegen 22 FiBL | Tätigkeitsbericht 2018
Sie können auch lesen