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Langenhorner Langenhorner Rundschau 08/21 65. Jahrgang 1 August 2021 Rundschau zusammen leben - zusammen halten - zusammen gestalten Mit dem Strandkorb von Langenhorn nach Tschechien - Erscheint monatlich. Ausgabe August 2021 zum Bier holen! Foto: Martin B. Münch Bericht auf Seiten 4 und 5
2 Langenhorner Rundschau 08/21 Langenhorner Rundschau Zeitschrift des Langenhorner Bürger- und Heimatverein e.V. Inhalt Die Langenhorner Rundschau INHALT erscheint monatlich zum Monatsbe- ginn. Sie wird an über 40 Stellen in Langenhorn zum kostenlosen Mit- Impressum_____________________________________________ 2 nehmen ausgelegt: in vielen Einzel- handelsgeschäften, Apotheken, Arzt- Termine und Veranstaltungen______________________________ 3 praxen, Banken und in allen öffentli- chen Gebäuden. Mitglieder erhalten Mit dem Strandkorb von Langenhorn nach Tschechien _________ 4-5 die Zeitschrift per Post zugeschickt. Sieben Stelen am Mahnmal______________________________ 6-7 Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Langenhorner Bürger- Im Land der Zäune ______________________________________ 8 und Heimatverein e.V., Tangstedter Landstraße 41, 22415 Hamburg Der Staudengarten im August ______________________________ 9 www.langenhorner-heimatverein.de info@langenhorner-heimatverein.de Der Grünschnabel: Das Gendern ist des * Lust ______________ 10-11 Alles bis auf Druck und Anzeigenver- Weiteres Personal für ella _______________________________ 11 waltung wird bei der Langenhorner Gegengeklapper ______________________________________ 12 Rundschau ehrenamtlich gemacht. Die Redaktion: A.Rugbarth (als Vorsitzen- Pattys Kolumne „Tresentalk“: Open Air wird verschoben ________ 13 de), B. Buck, R. Ebert, M. Frickmann, T. Kegat, A. Kloebe, M.B. Münch, Langenhorner Kümmernisse - oder: Schlimmer geht immer______ 14 C.-D. Schmuck-Hinsch, A. Timm, P. Osinski DrPH. Das 100-Bänke-Programm des Bezirks, Version Langenhorn______ 14 redaktion@langenhorner-rundschau.de Leserbrief zum Thema ‚TaLa‘ _____________________________ 15 Die mit dem Namen des Verfassers oder seinen Initialen gekennzeichneten Mitglied werden - jetzt! _________________________________ 15 Beiträge geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. Alle Sarahs Comic _________________________________________ 16 Bildrechte - soweit nicht anders gekenn- zeichnet - beim Verlag. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Verlag, Anzeigenverwaltung, Herstellung: Syncrohost GmbH Richard Ebert 22415 Hamburg, Scharnskamp 23f Telefon 040- 5316380 verlag@langenhorner-rundschau.de
Langenhorner Rundschau 08/21 3 Termine und Veranstaltungen Herzliche Einladung zur Kaffeetafel im August! Dies ist eine sehr herzliche Einladung an alle Mitglie- der, Freundinnen und Freunde: Wir treffen uns zur monatlichen Kaffeetafel in den neuen Räumen. Unser Mitglied Petra Osinski DrPH wird mit uns über die Frage nachdenken: „Wie bewältigt die Welt die Be- völkerungsentwicklung?“ Den Anstoss für das Thema Sowohl der Bürger- und Heimatverein als auch die Ge- gab der „Weltbevölkerungstag“ im Juli. Unter dem Ein- schichts- und Zukunftswerkstatt laden Sie herzlich ein, druck von Pandemie und Klimakatastrophen wollen Anteil zu nehmen und mitzumachen bei den verschie- wir über den Tellerrand hinausschauen. Frau Osinski densten Aktivitäten und Veranstaltungen. war bei der UN in New York im Bevölkerungsfonds be- schäftigt. Wir freuen uns auf ein anregendes Gespräch Rundgänge, Spaziergänge, Führungen durch am Freitag, dem 13. August, 14:30 Uhr unser Langenhorn Tangstedter Landstraße 179 / 181 Mit der Geschichtswerkstatt unterwegs. Langenhorn ent- Der Bus 192 hält vor der Tür: Timmerloh decken bedeutet für uns auch immer die Geschichte vor Ort zu erkunden und sinnlich er-wanderbar und er-fahrbar zu ma- Vorankündigungen chen, z.B. in Form von Stadtteilrundgängen. Der Rundgang zum Thema „Der Ochsenzoll“ von der Langen- Uns Plattdüütschen Kring horner Chaussee Ecke Fibigerstraße bis zur Segeberger Chaus- De Frünnen vun de plattdüütsche Spraak trefft sik, leest Ge- see“ am Samstag, dem 14.8., ist leider schon völlig ausgebucht. schichten or vertellt eegen Belevnisse. Wer Lust hett, kann mitmaken or tohören. Hartlich willkamen! Ebenso ist der Spaziergang „Wo alles begann: Das Alte Dorf“ 1. Treff: 4. November, 16:00 Uhr - vörmarken! am Samstag, dem 21.8. bereits ausgebucht. Für beide Rundgänge wird es in Kürze neue Termine geben! Edmund Siemers - Noch einige wenige Plätze sind frei für den Der Pate von Langenhorn Spaziergang durch Langenhorns Nordosten: Wirtschafts-Krimi über die merk- „Keiner kennt Kiwittsmoor - oder?!“ würdigen Hintergründe der Ver- Spaziergang durch ein Quartier mit vielen unentdeckten Hin- wandlung eines kleinen Dorfes in tergründen, geführt von Axel Kloebe. Dauer: 1,5 bis ca. 2 Stun- einen bemerkenswerten Stadt- den. Treffpunkt: U-Bahnhof Kiwittsmoor. Start: 16 Uhr. teil. Dem wahren Leben des Chaussee. Kosten: 5,00 Euro pro Person, ermäßigt 3 Euro Edmund Siemers nacherzählt von Richard Ebert. Termin 23. September 2021, 19 Uhr. Wir bieten wegen der hohen Nachfage zwei Termine an: Eintritt frei, Spenden erwünscht. Termin 1 am 4. September Geschichtswerkstatt, Tangst. Landstraße 179/181 Termin 2 am 18. September 2021. Grünes Langenhorn - Seit wann? Wie lange noch? Für alle Führungen und Touren ist eine Voranmeldung erfor- Erzählung über die Geschichte Lan- derlich: Entweder bei genhorns von den ersten Siedlern anmeldung@langenhorner-heimatverein.de bis zum LaHoMa. Zur Einstimmung oder auf den anstehenden 690-jährigen anmeldung@geschichtswerkstatt-langenhorn.de Geburtstag Langenhorns, vorgetra- oder Telefon 040-531 63 80. gen vom Vorsitzenden der Geschichtswerkstatt. Termin 21. Oktober 2021, 19 Uhr. Alle Führungen und Veranstaltungen finden nach den jeweils Eintritt frei, Spenden erwünscht. geltenden Hygiene -, Abstands- und Veranstaltungsregeln Geschichtswerkstatt, Tangst. Landstraße 179/181 statt.
4 Langenhorner Rundschau 08/21 Love & Hope Tour 21 Mit dem Strandkorb von Langenhorn nach Tschechien - Ein typischer Samstagabend in Langenhorn. Deutschland hat men Wissen und Rezepte zu tauschen, was zu Umwegen gerade Portugal 4:2 in der Vorrunde besiegt, die Gleisbau- führen kann und die Kilometerzahl der Gesamtstrecke er- arbeiten am Bahnhof sorgen die ganze Nacht für Industrial- höhen wird. Pannen sind nicht vorgesehen, werden aber zur Sound und auf dem Heimweg, um 1.30h, kommt einem in der Geschichte gehören. Tangstedter Landstrasse ein Strandkorb entgegen. Also die Art von Realität, die nüchtern nur schwer zu ertragen wäre. Diese Tour-nee ist die Antithese zum Strand(korb)urlaub. Gezogen wird der Strandkorb von einem E-Bike, gefahren Für den Strandkorb wären weniger Mobilität und mehr Meer wird das Rad von Philli Röhrl, dem Wirt vom Dieter Sanchez. mehr. Es lässt sich schwer vergessen, dass das natürliche Deshalb nimmt man vor dem selbigen noch ein gemeinsames Habitat des Strandkorbs sich sonst in Küstennähe befindet. Bier. Zwei Dalmatiner kommen, uns zu beschnüffeln. Nach Philli funktioniert ihn zur Rikscha um, um damit Bier zu dem Bier bittet Philli mich, im Strandkorb Platz zu nehmen. holen; immerhin noch in Europa. Eine solche Idee gebiert Er muss noch trainieren. Und so geht es kurz über Bauer man wahrscheinlich nur am Strand an der Langenhorner Bunte, 7 Oaks, am Jugenpark entlang, zum Coffee-to-Fly – Chaussee. Der Zeitplan? Philli weiß es noch nicht. „Das ist ein Polizeiauto kommt und fährt vorbei. Dabei erzählt er die halt mein Jahresurlaub. Eigentlich sollte ich in drei Wochen Geschichte, die hinter der Konstruktion steckt. zurück sein. Aber das lässt sich schwer vorhersagen. Auf dieser Reise sind die einzelnen Stationen nicht geplant – ich Am 1. August startet er in Langenhorn, nach dem Corona lass mich da gewissermaßen treiben.“ Lockdown zur Love & Hope Tour 21; mit dem Strandkorb. Ein paar Tage später treffen wir uns zum Phototermin auf Um in Pilsen, in Tschechien, ein Fass Bier abzuholen, dass dem Scala Sportplatz. Philli und Olaf sind gerade am Smoken, in Langenhorn angezapft werden soll. Die Strecke auf der d.h. sie produzieren Pulled Pork für das Dieter Sanchez und Straße, von der Langenhorner Chaussee 174, bis zur Brauerei Gisela Rodriguez (wo es in der Gastro des Scala-Vereinshau- in Pilsen und wieder zurück, beträgt 1.423 Kilometer. Wie ses von nun an Croques und Sandwiches gibt – extrem hoher es sich für ein solches Abenteuer gehört, fährt er ohne Geld Standard). Auf die Bemerkung, er müsse bei der Strecke und los – selbstredend. Auch hier: Love & Hope. Er benutzt dies der Zuglast wohl einmal mittags den Akku laden, weist er nicht als billiges Label, er meint es auf sehr überzeugende lächelnd auf das Dach des Strandkorbs. „Das hoffe ich mit Art ernst. „Du kannst Dir nicht vorstellen, wie die Pandemie den Solarpaneelen hier ausgleichen zu können.“ Daumen- unser Team im Sanchez zusammengeschweißt hat. Und das drück, Zwinkersmiley. drückt diese Tour auch irgendwie aus. Den Glaube daran, Die Idee dieser Tour ist so absurd komisch und zweifellos dass es weitergeht, wenn man zusammen hält.“ Für Kost großartig, dass man sich schon auf die Geschichten freut, die und Logis gedenkt Philli mit anderen geplagten Gastrono- aus dieser Geschichte entstehen.
6 Langenhorner Rundschau 08/21 Sieben Stelen am Mahnmal Für die circa 37.000 Opfer der alliierten Luftangriffe auf Ham- Das passiert, wenn Menschen entsprechend stark erhitzt burg im Sommer 1943 entstand auf dem Ohlsdorfer Friedhof eine werden und die Feuchtigkeit entweicht. Viele Augenzeugen weitläufige Gräberstätte. In das dortige Mahnmal installierte die haben davon berichtet. Die jetzt noch am Leben sind, haben Langenhorner Künstlerin Dr. Claudia Guderian Stelen mit für Ihr es alle als kleine Kinder gesehen, und trotzdem niemals ver- Werk charakteristischen Totenmasken. gessen. Es ist ein eigenartiges Phänomen, daß die Menschen Redaktionsmitglied Martin B. Münch führte und dokumentierte so zusammenschnurren können. Ich begreife es selbst nicht. dazu ein Interview mit Dr. Claudia Guderian am 12. Juli 2021. Knochen haben doch eine bestimmte Länge? Aber so wurde es mir berichtet. Frage: Wie bist du auf die Idee gekommen, im Mahnmal Ste- Selbstverständlich hatten diese Larven auch keine Gesichter. len mit Totenmasken aufzustellen? Das ist der eine Teil. Guderian: Der erste Impuls für die Gestaltung dieses Mahn- Das zweite Erlebnis war, daß diese Freundin, dieses Kind, am mals kam durch eine Begebenheit, die mir vor fast zwanzig selben Tag beobachtete, wie eine Frau eine Straße überqueren Jahren eine damals schon alte Freundin erzählte. Sie ist 1933 wollte. Die Frau stand am Bürgersteig – die Straße besteht geboren, war gerade zehn Jahre alt, als die Operation „Go- aus Asphalt. Sie setzt den ersten Fuß auf den Fahrdamm, morrha“ stattfand. An den Tagen davor, Mitte Juli, hatte ihre und der Fuß bleibt stecken. Natürlich fällt sie vornüber, Mutter die gute Eingebung, in die Lüneburger Heide zu Ver- denn das hatte sie ja nicht erwartet. Es ist, als wenn einem wandten zu fahren. Dann brannte Hamburg tagelang, und der Fuß festgehalten wird. Die Frau steckte mittlerweile mit als alles vorbei war und keine Flieger mehr kamen, sagte die beiden Füßen fest. Der Asphalt war nach dem Feuersturm Mutter: „Jetzt gehen wir mal schauen, was noch übrig ist.“ Sie noch nicht wieder abgekühlt, der war um die 100 Grad heiß. nahm ihr Kind an die Hand, überquerte die Elbe, und stellte Ausreichend, um Leben zu zerstören. Und dann fiel sie vorn- fest: es war nicht sehr viel übrig. Und der Kleinen fiel auf: auf über, und dann waren sowohl Hände wie Füße eingegossen den Bürgersteigen lagen überall so komische Dinger. „Guck in diesen glühenden Asphalt. Und dann fiel sie auch mit dem mal, Mutti“, sagte sie, „was sind das für Püppchen, die hier Gesicht hinein und hatte kein Gesicht mehr. überall herumliegen?“ Es war ein raupenartiger Kokon oder Das ist der zweite Teil. wie ein Wickelkind, aber in achtzig Zentimetern Länge. Die lagen überall herum. „Ja“, sagte ihre Mutter, „das sind die Diese beiden Erlebnisse haben sich mir eingeprägt, weil sie Menschen.“ „Kinder?“ „Nein, das sind alles Erwachsene.“ einerseits so unglaublich grotesk sind. Keiner von uns hat Fotos Claus-Dieter Schmuck-Hinsch von links: Steinmetz Boris Haaf, Landschaftsgärtner Franz Albers, Claudia Guderian, Gärtnermeister Knuth Paul.
Langenhorner Rundschau 08/21 7 vermutlich so etwas mitangesehen. Gleichzeitig sind sie aber auch nachvollziehbar, vorstellbar. Die Tatsache, daß hier eine Stadt verbrannt wurde mit all ihren zivilen Bewohnern, ob das jetzt 30.000 oder 300.000 waren, das kann niemand sagen. Hier am Mahnmal steht eine genaue Zahl von Bestatte- ten: 36.918. Aber wie viele nun wirklich gestorben sind, kann natürlich niemand wissen, da ganz viele bei tausend Grad Hitze einfach zu Asche geworden sind, wie in einem Krematorium. Ein solches Ereignis kann man vom Gefühl her nicht nachvollziehen. Die wenigsten von uns haben über- haupt einen Toten gesehen, geschweige denn in die- sen Dimensionen. Aber zu sehen, wie ein Mensch im glühenden Asphalt stolpert und stirbt, und wie aus erwachsenen Menschen kleine Püppchen ohne Ar- me, Beine oder Gesicht werden, nur so kleine rumpf- ähnliche Larven: das kann man irgendwie … Ich will nicht sagen: begreifen, aber nachvollziehen, als pars pro toto dieses Ereignisses. Und als ich dann zum ersten Mal hier am Mahnmal war und sah alle diese gepflegten Rasenflächen, und es steht nichts da als die Eichbalken mit den eingravierten Stadt- teilnamen, hatte ich ein noch nicht versprachlichtes Gefühl: Hier fehlt doch etwas! Irgendetwas, das mich berührt. Irgendetwas, das meine Trauer hervorrufen könnte. Ich werde doch auch nicht traurig, wenn ich den Rasen in meinem Garten angucke. Aber ein Gefühl davon, was dahin gehört hätte, hat sich mir nicht vermittelt. Und als die Zusammenarbeit mit der Charles und El- ly Krüger Stiftung begann, haben wir gemeinsam die Idee entwickelt: was hier fehlt, ist ein gefühlsmäßig nachvollziehbarer Hinweis darauf, wie viele Men- schen ohne Gesichter hier unter dem Rasen liegen. Als sie von den Kriegsgefangenen aus den Kellern ge- zerrt wurden, um die Ratten- und die Seuchengefahr abzuwenden, da hatten die meisten schon keine Ge- sichter mehr. Die Sommerhitze in Hamburg war 1943 sehr groß, die Verwesung schreitet dann sehr schnell voran. Dann wurden sie hier in die großen Flächen gelegt, in riesige Massengräber, und nur wenige Grabsteine rings herum bezeichnen überhaupt nur die Namen und Lebensdaten der hier Begrabenen. So haben wir gedacht: Gesichter. Was sind hier für Menschen gestorben? Wer war überhaupt noch in der Stadt? Die alten Leute! Also: Ein alter Mann und eine alte Frau. Die Frauen und Kinder! Also habe ich zu sagen: Seht mal her, das sind die Gesichter von all denen, zweimal eine Frau mit einem Kind hinzugefügt. Und natür- die hier unter dem Rasen liegen. Ist es nicht ein Jammer? lich gab es noch ein paar Männer, die unabkömmlich waren oder invalide, verletzt oder auf Fronturlaub – viele Männer Es ist ein kleiner Jammer, so wie das Erschrecken über die- waren ja nicht mehr in Deutschland, die nicht als Soldaten sen einen geschrumpften Menschen oder diese eine in As- eingezogen waren. Und so entstand die Idee, sieben Gesich- phalt gegossene Frau, aber einen kleinen Jammer kann man ter abzugießen, die diese Altersgruppen repräsentieren, und begreifen. Nur den kleinen.
8 Langenhorner Rundschau 08/21 Im Land der Zäune von Martin B. Münch Vor wenigen Jahren noch wurde den Langenhornern Sicht- wir Herbstmeister beim Bereitstellen von Neubauflächen. beton von den Stadtentwicklern als der neuste Chic ange- Themen wie Schule, Jugendarbeit und Kultur werden wei- priesen und der Marktplatz in eben dieser stalinistischen ter, wie ein gebrauchtes Taschentuch, diskret verschlampt. Ästhetik hingespuckt. Stadtentwicklung in Langenhorn: man Kommen wir zum Höhpunkt der Hafenrundfahrt. Am baut eine vierspurige Schnellstrasse durch den Ortskern und alten Langenhorner Dorfteich, heute als Rückehaltebe- dann versiegelt man alle Flächen und gestaltet mit Sichtbeton. cken bezeichnet, bleibt der Passant betroffen stehen. Der Manche spotten, dies sei unser Potemkinsches Dorf – nur Teich ist vergittert. Wieder kein Hinweis, der über die in der Umkehrung des Begriffs. In Langenhorn verdeckt Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme Aufschluss geben könn- man nicht den Mangel durch eine schöne Fassade, hier te. Soll das bedeuten, dass Enten füttern in der Corona- täuscht man den Besucher über die Schönheit des Stadt- Ära verunmöglicht werden soll? Bestand die Gefahr, der teils, in dem man am Bahnhof im Ortskern ein Bunkeridyll gelbe Mann könne bei niedrigem Wasserstand flüchten? erschuf, an dem Enver Hoxha seine helle Freude gehabt Der wahre Grund: Die Stadt spendiert den Langenhornern hätte. Wer die Quartiersforen zu diesem Thema besucht einen Zaun, damit niemand in den Teich fällt. Ein Zaun hat, weiß, dass sich alle Parteien jegliche Kritik an die- ist billiger für die Stadt, als eine eventuelle Schadenser- sem Vorhaben versagt haben. Und damit versagt haben. satzforderung, so die Argumentation für dieses schild- Am früheren Karstadt stand jahrelang an der Säule neben dem bürgerliche städtebauliche Grauen. Die Rechtsgrundla- Eingang: Schade, dass Beton nicht brennt. Was damals schon ge scheint da in den letzten Jahren ins Wanken geraten. deutlich zeigte: Beton schafft Leinwände für Graffiti. Gitter nicht. Früher erkannte man einen Teich. Dann erfand man die Der letzte Schrei in Langenhorn: Bauzäune und Drahtgitter. Schrift und stellte Schilder auf: Achtung! Teich! Betreten Sie tauchen an den merkwürdigsten Orten auf. Seit zwei verboten! Heute baut man einen Zaun. Was ist es beim Jahren wird die nördliche Hälfte des Poppelauwegs mit ei- nächsten Mal? Trockenlegen und als Parkplatz nutzen? nem Gitter abgesperrt. Die südliche Seite nicht. Mittlerweile Es gibt in der Historie Langenhorns keinen Hinweis darauf, stehen teilweise nur noch die Stahlrahmen, die entdrahtet dass jemals jemand im Dorfteich verunglückt ist. Auch der wurden oder die Zäune sind anderweitig geöffnet worden. Einwand, dass der Teich bis zur Insel nur knietief ist und Weder ein Zweck noch ein Hinweis sind irgendwo erkennbar. im letzten Sommer die Insel sogar trockenen Fußes erreicht Zur Erinnerung: Hier hat man Kleingärtner vertrieben, da- werden konnte, beeinflusste diese Entscheidung nicht. Zwei mit hier Kleingärten entstehen, als Ausgleichsfläche für die der schönsten Bänke in diesem Stadtteil blicken jetzt durch abgerissenen Schrebergärten im Pergolenviertel. (Scheint ein Sieb auf den See. Wäre diese Baumaßnahme in Winter- eine Art Wildcard zu sein. Auch für das Diekmoormassa- hude denkbar? Wann wird die Alster eingezäunt? Sollten ker muss man Ausgleichsflächen benennen und natürlich nicht auch alle stacheligen Gewächse einbetoniert werden? ruft Bodo mit dem Bagger: Poppelauweg.) Nachdem sich Am Marktplatz keine Mark für ne Flasche Schimmelreini- dort so gar nichts tat, wurden einige Hütten illegal bewohnt ger und ein paar Eimer Farbe übrig, aber am Dorfteich ei- und gingen irgendwann in Flammen auf. Dann eroberten nen Zaun für einen hohen fünfstelligen Betrag verbuddeln. zunehmend Hundebesitzer und junge Leute die Gärten. Täuscht es, oder ist eine Systematik erkennbar, diesen Stadt- Inzwischen steht da keine Hütte mehr, dafür der obsku- teil durch permanente ästhetische Beleidigungen, kulturelle re Drahtgitterzaun. Man darf bald mit einer Umwidmung Austrocknung und serielle planerische Katastrophen bewusst des Gebiets rechnen. Dargereicht mit dem pseudo-Argu- zum Absturz zu bringen? Einen messbaren Effekt wird der ment, dass auch andere Leute in unserem schönen grünen Zaun mit Sicherheit haben: Wir Anwohner kommen nicht Stadtteil wohnen wollen. Denn das wird solange wieder- mehr an den Müll ran, der von irgendwelchen Idioten in den holt, bis es kein Grün mehr in Langenhorn gibt. Dafür sind See und ans Ufer geworfen wird. Foto Martin B. Münch Bevor der Zaun fertiggestellt wurde hieß es noch, die Zaunelemente vor den Bänken würden nur im Winter eingehängt werden – es ist: August.
Langenhorner Rundschau 08/21 9 Rettet das Diekmoor Der Staudengarten im August Ein Beitrag von J. Lau und A. Wagner, Initiative „Rettet das Diekmoor“ Wir – Rettet das Diekmoor – hoffen, dass ihr alle bei der Hitze und den Wetterumschwüngen einen grünen und schattigen Platz gefunden habt, an dem ihr entspannen und Kraft tan- ken könnt. Falls ihr noch auf der Suche nach etwas Grünem zwischen den Backsteinen der Häuser seid, laden wir euch herzlich in das Diekmoor ein. Zum Spazieren, erholen oder erkunden. Und zum Lernen wollen wir euch ebenfalls einladen, und zwar zum Tag der offenen naturnahen Gärten. Im August findet die vierteljährige Veranstaltung zum ersten Mal statt. Der Staudengarten im August Nicht jeder in Langenhorn weiß es: Im Diekmoor liegen phantastische naturnahe Gärten. Wir wollen Kreislaufbewirt- schaftung und naturnahes Gärtnern stärker im Viertel publik machen und zeigen, was auf diesem Boden alles geht. Den Auftakt macht Parzelle 81 im Verein Diekmoor II. Hier schau- en wir uns heimische Wildstauden an, die Falter, Schmetter- linge und Hummeln anziehen und versorgen. Und erfahren, Fast 26% gehen im Diekmoor spazieren, joggen oder walken. wie ein Naturteich anzulegen ist oder eine Totholzhecke, in Und 11% nehmen sogar eine Strecke von 3-5km Entfernung der in diesem Jahr neben Zaunkönigen auch Rotkehlchen auf sich, um ins Diekmoor zu gelangen. gebrütet haben. Falls ihr die Umfrage nicht persönlich durchführen möchtet, Sonntag, 15. August von 13– 17 Uhr könnt ihr dies auch online unter: Ort: Weg 396, (Einfahrt gegenüber von U-Langenhorn- https://rettethamburgsnatur.survey.fm/befragung. Nord), Parzelle 81. Corona-Bestimmungen: Wir achten darauf, dass aktuelle Falls ihr nicht an einer Umfrage teilnehmen möchtet, könnt Corona-Bestimmungen ausgeführt werden. ihr euch auch gerne anderweitig engagieren, indem ihr den Veranstalter: Newsletter abonniert, oder etwas spendet. Dafür müsst ihr Gabriele Wittmann, Freundeskreis Naturnah Gärtnern nicht einmal das Haus verlassen, da das online über unserer im Diekmoor, in Kooperation mit Rettet-das-Diekmoor.de Website möglich ist: https://rettet-das-diekmoor.de/ Wir würden uns freuen, wenn ihr uns an diesem Tag besucht, aber auch an anderen Tagen ist das Diekmoor sehenswert. Falls ihr doch unterwegs eine gute Tat tun wollt, könnt ihr, Wir haben für alle Schilder zugeschnitten und bemalt, um während ihr ein Eis esst, etwas in die Spendendose beim Wegweiser im Diekmoor und der Kleingartenanlage aufstel- Eiscafe Jacobs stecken, oder während ihr bei der Hitze im len zu können, damit sich alle zurechtfinden und wissen, was Match ein kühles Getränk trinkt. es im Diekmoor alles gibt und wo. Wir hoffen, dass ihr bei je- Und falls ihr lieber durch Kreativität etwas für das Klima tun dem Besuch etwas Neues im Diekmoor entdeckt. Einen neuen möchtet, dann laden wir euch ein, ein oder mehrere Klima- Ort, ein vorbeihuschendes Tier oder eine blühende Blume. bänder zu basteln und diese in den nächsten Sammelstellen (Match und Eiscafe Jacobs) in die Boxen zu packen. Schreibt Gerne kommen wir auch mit euch ins Gespräch. An man- eure Wünsche auf die Stoffbänder und verziert diese auch chen Tagen gehen wir durch das Diekmoor und führen eine gerne. Weitere Informationen findet ihr unter: kleine Umfrage mit jedem Gesprächswilligen. Wir stellen https://www.klimabaender.de/zusammengefasst euch lediglich sechs Fragen und beantworten nebenbei eure eigenen. Diese werten wir aus, damit wir herausfinden, wer, Wir freuen uns auf Euren Besuch oder Eure Unterstützung wann und warum das Diekmoor nutzt. Eine vorläufige Aus- jeglicher Art. Das Diekmoor ist für alle da: zum Erholen, wertung von 250 Teilnehmenden hat ergeben, dass sich der spazieren, den Hund ausführen oder um auf Entdeckertour Großteil (ca. 40%) ungefähr eine Stunde im Diekmoor aufhält. zu gehen.
10 Langenhorner Rundschau 08/21 Hier klappert der Grünschnabel: Das Gendern ist des * Lust Liebe Langenhornerinnen und Langenhorner. Nach über 100 Jahren generisches Maskulin wird nun von Schuldner, Gläubiger, Käufer, Eigentümer, Gast oder Vor- einigen Person:innen ein generisches Feminin gefordert. mund, Senat, Bundestag.... sind Sachworte und dürfen nicht Was ist das? Wir haben uns daran gewöhnt, gewisse Grup- gegendert + geändert werden! - Da fasse ich mir/mich? an pen der Bevölkerung nur männlich anzusprechen: Der Bauer, den Kopf: Alles nur vordergründiges halbgares grün-linkes der Bäcker, der Frisör, der Pfarrer.... Nun sei es an der Zeit, Wahlgeplänkel? diese Gepflogenheit umzudrehen. Wir sollen also künftig Sind wir kleinkariert oder großherzig? Da setzt die Möglich- die Bäuerin, die Bäckerin, die Frisörin, die Pfarrerin... sagen keit des generischen Neutrums ein. Wir können mittels eines – auch wenn wir von einer männlichen Person bedient wer- Gruppenoberbegriffes eine geschlechterübergreifende Lö- den? Da empfindet jede(r) muttersprachlich Gebildete ein sung finden. So wie auf dem Foto im Impfzentrum Hamburg: Grausen: Rotkäppchen und die Wölfin? Nein, ganz so weit geht die Umdeutung der deutschen Spra- che nicht. Es soll nur gegendert werden. Allerdings habe ich das Wort: Gendern in meinem 5-bändigen Brockhaus aus dem vorigen Jahrhundert nicht gefunden. Das muß mit den Genen zusammenhängen. Gendern (lautsprachlich bitte kor- rekt: „djendern“ aussprechen – wir sind doch international) ist vermutlich der Einschluß der weiblichen Form mittels ei- nes Anhangs, z.B. getrennt durch Doppelpunkt : oder Stern- chen * oder ungetrennt mittels eines großen I (feministische Binnenmajuskel). Das sind wir der Wertschätzung der weib- lichen Bevölkerungshälfte und unseren LeserInnen schuldig! Schön, wenn Sie mir bis hierhin folgen konnten. Nun fängt Aus Mitarbeiter werden Mitarbeite - nde für mich die Schwierigkeit an, solches Sprach- und Schreib- verhalten umzusetzen. Aber da hat mir der Senat/die Sena- Also besser Mehrzahlbegriffe: Antragstellende, Leserschaft, torinnen eine Leitlinie gegeben: „Hinweise zur geschlech- Hilfskräfte, Beauftragte, Redaktion.... tersensiblen Sprache in der Hamburgischen Verwaltung. In Aber: Lehrkräfte, Schülerschaft, Studentenschaft, Kamerad- geschlechtersensibler Sprache drückt sich die Vielfalt der schaft klingen nach Begriffen aus dem 1000jährigen Reich. Gesellschaft aus.“ Neben geschlechtsneutralen Formulie- Und nicht überall ist ein Oberbegriff eindeutig. „Der Bür- rungen können künftig auch Gender-Stern* oder Gender- ger dieser Stadt hat gewählt“ zu „Die Bürgerschaft dieser Doppel:punkt verwendet werden. Soll damit entsprechend Stadt hat gewählt“ hätte eine diametral entgegengesetzte von oben eine politisch korrekte Meinung per Dekret durch- Bedeutung. gedrückt werden? Welche:r Sachbearbeiter:in wird es sich leisten können, gegen diesen Senatswunsch zu handeln? Die Sprache und Sprachgebräuche entwickelten sich bisher von unten nach oben. Siehe Wort oder Unwort des Jahres. Die Kritiker*innen sagen, das Gendern entstellt unsere Spra- Aber mir scheint, dass das Gendern nicht von „unten“ oder che, die Sprache wird sperriger und schwerer verständlich, aus der „Mitte“ des Volkes kommt, sondern von „oben“, von Migranten verstehen Behördenschreiben nicht mehr, Sprach- Eliten aufoktroyiert wird und von modern wirken wollenden barrieren sind doch abzubauen und verweisen auf den „Bür- Personen hofiert wird – wegen der „political correctness“. gerInnensteig“..... Da wiehert wieder mal der Amtsschimmel/ Das Gendern macht das Lesen, Schreiben und Sprechen die Amtsschimmelstute im Genderwahn. Aber im Detail: deutlich länger und schwieriger. Und dann wundern sich ArztInnen sind keine Frauen-Ärzte für Innere Krankheiten studierte Leute, dass die Masse der Bevölkerung sich dem und es ist möglich, dass es keine Pfarrer:innen in dem Glau- Gendern verweigert. Oder ist Gendern nur eine vorüberge- benssegment gibt.... hende Mode? Jedoch -wichtig- : Bei Erlass oder Änderung von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ist diese diskriminierungsfreie Modische Sprachfetzen: Sprache nicht zu verwenden. Juristische Fachbegriffe wie Unsere Sprache wird zusätzlich allgemein verkürzt. Seit: „Wir
Langenhorner Rundschau 08/21 11 sind Papst“ wird vereinfacht: „Er (Sie) kann Kanzler“, „Wir können Klima“, „Wer günstig will, muss Penny“, „Ich habe Das ella - Kulturhaus Bandscheibe“, „Wir bieten das bessere Bio“…. Man kürzt ja konnte weiteres Personal überall gern ab. „LaHoMa“ wird dadurch nicht wertvoller. einstellen Eine Gruppe aus Gastronomie, Wirtschaft, Hotellerie, Kunst Zum Sommer konnte das ella Kulturhaus Team dem Stadtteil zwei und Kultur aus Hamburg wirbt für Hamburg-Besuche auf Neubesetzungen in Teilzeit vorstellen: eigenen Websites, Sozial-Media-Kanälen und weltweiten Mahsa Narimani, die Aktivitäten mit schönen Bildern Hamburger Ansichten und neue Kollegin für den Sprüchen: Bereich Interkultur, „Loch Ness? Musst nach Hamburg kommen für!“ arbeitet seit dem 20. „Copacabana? Musst nach Hamburg kommen für!“ April im ella Kul- „Cote d‘Azur? Musst nach Hamburg kommen für!“ … turhaus. Seit 2018 in Hamburg lebend Sehr hamburgisch? Besonders das Ausrufungszeichen setzt hat sie in Flensburg neue Maßstäbe! Mag ich die Sprüche? Nein, da nicht für! Kunst- und Kultur- wissenschaften stu- Euer Grünschnabel diert. Darauffolgend hat sie bei der Ar- beitsgemeinschaft interkultureller Ju- gendverbände, kurz AGIJ, Kurse und Ver- anstaltungen für jun- ge Geflüchtete mit organisiert. Als Nachfolgerin von Sanaz Yalcin richtet sie nun für das ella Kulturhaus im Stadteil- kulturverbund in Hamburg Nord Veranstaltungen und Projekte mit interkulturellem Fokus aus. Aktuell hat sie als Teil der Projektgruppe Momentmal!, bestehend aus Mitarbeiter*innen des Goldbekhauses, des Bürgerhauses Barmbek, der Zinnschmelze und dem ella Kulturhaus das Empathie Mobil ins Leben gerufen, welches Passant*innen in ein mobiles Schreibatelier einlädt Platz zu nehmen, und einen Perspektivenwechsel auszuprobieren. Auch hamburg- weit wird Frau Narimani für das Kulturhaus interkulturelle Interessen vertreten sowie regionale Themen und Aufgaben aufgreifen und gestalten. Unter anderem hat sie bereits den Arbeitskreis „Integration, Interkultur & Vielfalt“ für Langen- horn und Umgebung gegründet. Seit dem ersten Juli begrüßt das Kulturhaus ebenfalls Lukas Tödte im Team. Nach Aufenthalten in Spanien, London und Amsterdam wohnt Herr Tödte seit einem Jahr in Hamburg. Für das ella Kulturhaus ist er nach ersten Projekterfahrun- gen in der internationalen Zusammenarbeit und der poli- tischen Bildungsarbeit nun für den Ausbau der regionalen Vernetzung und Kooperation zuständig. Als studierter Eth- nologe und Kulturwissenschaftler wird Herr Tödte sich in diesem Rahmen unter anderem im Stadtteilrat einbringen, und die Herausgabe der Stadtteilzeitung übernehmen. Da- rüber hinaus wird er das Quartier Essener Straße bei der Durchführung von Veranstaltungen und Projekten rund um den Käkenhof unterstützen, wo er auch die wöchent- liche Bürger:innensprechstunde im Stadtteilbüro 16h aus- richten wird.
12 Langenhorner Rundschau 08/21 Gegengeklapper von Angelina Timm Stammtische über das Nichtraucherschutzgesetz? Es domi- nierte bei vielen damals das Gefühl, dass einem etwas zu Ein Vater und sein Sohn haben einen Autounfall. Der Vater Unrecht weggenommen wurde. Raucher mussten von nun wird dabei getötet, das Kind schwer verletzt. Als das Kind an draußen vor den Lokalitäten ihrer Sucht nachgehen. Die in den OP-Saal gebracht wird, sagt einer der Chirurgen: Rücksichtnahme und der Gesundheitsschutz anderer stand «Ich kann diese Operation nicht durchführen, dieser Junge damals gedanklich nicht im Vordergrund. Schade. ist mein Sohn.» Dann wurde sich groß über die Benutzung von Anglizismen Wie ist das möglich? echauffiert. Da wurden Rufe laut nach dem Motto „Das ist Dieses „Rätsel“ schwappte mir vor einigen Jahren in der Flut der Untergang der deutschen Sprache!“ Und? Ist sie unter- des Internets entgegen und ich musste erst einmal überlegen, gegangen? Nein. wie der Junge denn ebenfalls der Sohn des Chirurgen sein kann, wo doch gerade sein Vater gestorben ist. Natürlich Etwas Neues muss nicht immer etwas Schlechtes sein, es könnte die Person ebenfalls juristischer oder leiblicher Vater, kann vielmehr eine Bereicherung darstellen. Wir sollten aber auch Stiefvater des Jungen sein. Aber nein, das ist nicht weniger mit dem Humpen auf den Tisch in geselliger Bier- die Lösung. Sind Sie schon darauf gekommen? runde schlagen und in Veränderungen nur etwas Negatives Die Antwort ist: Die Mutter für einen selbst sehen. Wir sollten mehr Rücksicht nehmen. Ich hatte mir vorher keine Gedanken darüber gemacht, wie Und genau das versucht eine Sprache, in der nicht nur das geschlechterbezogen unsere Sprache eigentlich ist und dass Maskulinum im Vordergrund steht. Rücksicht auf weibliche die Verwendung des generischen Maskulinums uns so weit Personen, aber auch Rücksicht auf Personen, die sich keinem beeinflusst, dass wir überhaupt nicht an weibliche Perso- der beiden Geschlechter zuordnen und seit jeher gesellschaft- nen denken, wenn wir männliche Bezeichnungen verwen- lich vollkommen ausgeblendet wurden. Das hat womöglich den. Und das obwohl über 50% der deutschen Bevölkerung auch viel mit dem Zeitgeist zu tun. Früher wurden Neuge- weiblich ist, wir schließen damit quasi über die Hälfte der borene, deren Geschlecht nicht eindeutig war, einfach um- Deutschen in unseren Gedanken aus. Ist das in Ordnung? operiert. Was nicht in die Norm passte, wurde eben passend Ist das zeitgemäß? Dazu kursieren sicherlich etliche ver- gemacht. Dass damit so einiges Leid einherging, wurde al- schiedene Meinungen. Ich persönlich finde, das generische lerdings ausgeblendet. Aber heute sind wir weiter. Personen Maskulinum ist mittlerweile ein Relikt aus älteren Zeiten dürfen selbst entscheiden, welchem Geschlecht sie sich zu- und damit überholungsbedürftig. Es stammt aus einer Zeit, ordnen wollen – oder eben auch nicht zuordnen möchten. in welcher das politische und gesellschaftliche so gut wie Das schränkt doch aber niemand anderen ein. fast ausschließlich von Männern bestimmt wurde, also aus der Blüte des Patriachats. Das hat sich aber nun zum Glück Unsere Gesellschaft wird keine bessere, wenn wir Men- schon in großen (aber noch nicht allen) Stücken geändert. schen auf Grund von Merkmalen, wie z.B. dem Geschlecht, ausschließen – auch sprachlich. Das führt auf Dauer zu Un- Außerdem war und ist Sprache immer im Fluss, sie verändert frieden. Wenn heutzutage nun die Stimmen von sprachlich sich stetig. Nichts ist so sicher wie die Veränderung. Schließ- nicht einbezogenen Personen laut werden, endlich auch lich sprechen wir schon längst nicht mehr so wie die Men- mitgemeint werden zu wollen, dann sollte das ein Anlass schen im 13. Jh oder so wie Goethe und Schiller ihre Werke zu Reflektion des Ist-Zustands sein. Stammtischparolen wie niederschrieben. Worte verschwinden, neue Bezeichnungen „Genderwahn“ oder das Lustigmachen über das Thema hel- entstehen. Was viele Menschen nicht nur bzgl. der Sprache, fen uns da nicht weiter. sondern auch ganz allgemein umzutreiben scheint, ist aber die Angst vor Veränderung. Wie oft musste ich mir schon Wir sollten uns alle fragen, wie es sich anfühlt, wenn man dieses Stammtischgeplänkel anhören: „Früher war alles vergessen wird oder für uns einfach kein Platz ist. Das be- besser.“ Oder „Das haben wir schon immer so gemacht. Wo reitet kein angenehmes Gefühl. kämen wir denn dahin, wenn wir das nun ändern?“ Diese Sätze höre ich häufig von älteren Personen, und ja, die meis- Wie es nun konkret mit der gendergerechten Sprache wei- ten (aber nicht alle) davon sind Männer. Der Mensch ist ein tergeht, wird sich mit der Zeit zeigen. Die Nutzung von Gewohnheitstier und scheut grundsätzlich Neues. Es könn- neutralen Bezeichnungen ist doch ein erster Schritt. Ob sich te ja schlecht sein bzw. die eigene Position verschlechtern. tatsächlich zusätzlich das Binnen-I, der Doppelpunkt, das *, gar das generische Femininum oder etwa ganz anderes So wurde sich bereits in der Vergangenheit über so manche durchsetzt? Wir werden es sehen. Die gendergerechte Spra- Veränderung beschwert: Vor 20 Jahren wurde gejammert, che ist in jedem Fall seit vielen Jahren ein Teil unserer Spra- dass die gute alte Deutsche Mark einer neuen Währung che und wird sich ihren Weg bahnen. Wohin dieser führt, weichen musste. Oder wie groß war der Zorn der deutschen können wir alle mitgestalten.
Langenhorner Rundschau 08/21 13 Kolumne „Tresentalk“ Match Börner Open Air wird auf 2022 verschoben Tresentalk – So ganz langsam te werden müssen. Die angepeilte kann man ja fast wieder von ei- rote Null der gesamten Veranstal- nem Tresentalk reden, denn ob- tung geriet ins Wanken, aber der wohl speziell für die Innengast- Wille war ungebrochen – unsere ronomie immer noch sehr viele Ticketinhaber riefen an, schrie- Corona Regeln gelten, die ganz ben Nachrichten und funkten bestimmt nicht alle Sinn machen, auf allen Kanälen, dass Sitzplätze treffen sich endlich wieder mehr okay wären, Hauptsache es findet Menschen auf unserer Terrasse statt. Dann der nächste Anruf „von und an unserem Tresen. oben“ jetzt müsse man mit einem Speziell an dem Tag, an dem wir Ausschankverbot für alkoholische unser lang geplantes Match Bör- Getränke rechnen. Das war´s! 1,5 ner Open Air ins nächste Jahr Jahre Arbeit mit einem Satz im Aus. schieben mussten, kamen viele NIEMAND kann mit einem Aus- vorbei – einfach um mal kurz ih- schankverbot rechnen. Niemand. rem Unmut über die politischen Entscheidungen Ausdruck Ab da ging alles irgendwie in Zeitlupe und rasend schnell zu verleihen, um einfach kurz ein Bierchen oder eine Cola – denn schon am nächsten Morgen hätten sich weitere Büh- darauf zu trinken oder um uns Mut zu machen am Ball zu nenteile bewegt (immerhin waren es zu diesem Zeitpunkt bleiben. Wir sind von der Anteilnahme nahezu überwältigt. nur noch 3,5 Wochen bis zum Event) und dadurch wären weitere hohe Kosten angefallen. Wir mussten den Stecker Man ist schon etwas dicht am Wasser gebaut, wenn man ziehen, ein Sprung ins Ungewisse, wie verhalten sich die plant und macht und tut um ein derartiges Event in so ei- Vertragspartner und die Ticketinhaber? Gibt es Solidarität ner Zeit auf die Beine zu stellen, es dann alles nach einer noch? Lässt man uns leben oder pocht man auf 100% Ver- organisatorischen Punktlandung aussieht und man dann tragssumme? Wir danken an dieser Stelle auch allen Bands feststellt, dass nur noch die Notbremse hilft. und Technikern, die ihre Anteilnahme bekundeten und So- Das Match Börner Open Air mit Bands wie: Torfrock, Lotto lidarität nicht nur predigen sondern auch leben! Die Band King Karl, Münchener Freiheit, Extrabreit, Illegal 2001 und The BossHoss sprach sogar im Frühstücksfernsehen über den Langenhorner Urgesteinen Die Hamburgeer Wolltens ihren einzigen Gig 2021. und Edelgift, war als Hoffnungsschimmer gedacht, für alle, Und wir? Wir haben uns kurz ordentlich geschüttelt, die die endlich wieder raus wollen, die endlich wieder eine gute Scherben zusammengefegt und hinter den Kulissen schon Zeit haben wollen, für Gastroleute, die endlich wieder eine längst mit der weiteren Planung begonnen. Es ist ein Aus- Bratwurst verkaufen wollen, für gemeinnützige Vereine, weichtermin gefunden (23.& 24.07.2022), alle Bands bis auf die von Corona gebeutelt wurden, für Bands, die endlich the BossHoss haben bereits zugesagt und für the BossHoss proben konnten und Bühnentechniker, die endlich wieder wird trotz großem beidseitigem Interesse einvernehmlich etwas planen konnten. nach einem adäquaten Ersatz gesucht, da die Cowboys im Seit 15.03.2020 haben wir Hygienekonzepte entwickelt, Si- Jahre 2022 bereits ihre Termine von 2020 und 2021 nachholen cherheitskonzepte erstellt, unser Ticket-Kontingent und die und diverse Male hier oben im Norden gastieren. Regeln immer wieder an die Stufenlockerung von Schles- Und so geht das Match Börner Open Air in die nächste Run- wig Holstein angepasst und es in keinem Fall vergessen, de, derzeit sind unsere online Tickets noch gesperrt aber am dass es nicht selbstverständlich ist, dass Menschen unserer 01.08.2021 um 20:22 werden sie wieder scharf geschaltet und Vision folgten und selbst im dunkelsten Lockdown Tickets wir versprechen allen Ticketinhabern: Wir gehen nur zurück bestellten. Ohne Euch geht es nicht! Auch wir als Veran- um Anlauf zu nehmen! stalter können natürlich verstehen, dass man nicht noch Alle weiteren Infos findet Ihr auf www.match-openair.de ein Ticket von noch einer ausgefallenen oder verschobenen Und das sollten wir alle tun. Kurz stoppen, einmal schütteln Veranstaltung im Schrank haben möchte, umso mehr freu- und dann richtig loslegen – nochmal lassen wir uns alle nicht en wir uns nun über Rückendeckung von jedem einzelnen, in die Suppe spucken – das Virus muss verlieren, nicht wir der sein Ticket behält. alle – auch wenn steigende Inzidenzen uns Angst machen Am 30.06.2021 war es dann so weit, im Vorwege hatte uns und uns eine EM wahrscheinlich kurz nach hinten wirft, die Behörde informiert, dass wir das komplette Gelände so hat sie deutlich gezeigt, wir müssen alle mal wieder an bestuhlen müssten. Dies war mit immensen Mehrkosten die Luft und zusammen Spaß haben, denn das ist wirklich verbunden zum einen durch die Bestuhlung selbst, zum systemrelevant! Patty Kahl anderen durch die Beschallungstechnik, die angepasst hät-
14 Langenhorner Rundschau 08/21 Langenhorner Kümmernisse - oder: schlimmer geht immer! Nun sind die Fahradbügel, die den Zugang vom Bahnhof Denn der mit viel Aufwand geschaffenen Radfahrweg ent- Langenhorn Markt zu den Bussen behinderten, endlich ent- lang des erhöhten Brückengeländers wird ganz natürlich von fernt worden (Sie erinnern sich: Wir hatten im Januar auf den den Fußgängern gerne benutzt. Grund dafür ist nicht nur, von Bügeln eingeengten Weg zu den Bussen aufmerksam den vielen Menschen, die auf die Busse warten, auszuwei- gemacht). Damals hieß es: Die schräge Rampe sei eine Rutsch- chen, sondern es gibt auch keinerlei Hinweis darauf, daß dies gefahr. Das hat die Leute aber nicht interessiert, kaum einer ausschließlich ein Radweg ist. Wären da nicht Piktogramme ist den Umweg entlang der Baumeinfassung gegangen. Da auf der Fahrbahn hilfreich, die es an anderen Stellen entlang kommt doch Freude auf: Jetzt ist der Weg frei!? Krohnstieg Center und LAHOMA schon gibt? Frei vielleicht - bis man den Fahrradweg unbeschadet über- Unabhängig davon ist es für Hunderte von Radfahrenden, quert hat - und sich dann doch wieder irritiert umschaut: die aus der Siedlung Siemershöh, dem Wildermuthring oder Was ist Radweg, was ist Fußweg - und warum? Gibt es eine vom Gymnasium Hummelsbüttel kommen, eine Zumutung, Regelung für die Fußgänger und Radfahrer im Haltebereich den Radweg auf der Brücke nicht in Richtung Krohnstieg der Busse auf der Brücke - oder herrscht das Chaos? Center benutzen zu dürfen. Unvermittelt stehen sie vor dem Schild „ENDE“ - was nun? Nun müssen die Räder entlang des schmalen Fußweges zwi- Fotos: Claus-Dieter Schmuck-Hinsch schen den wartenden Fahrgästen der HVV durchgeschoben werden. Wenn man denn dahin kommt, dann da ist ja noch die Glas- Trennwand - soll man das Rad darüber he- ben? Oder doch über den Radweg gegen die erlaubte Fahrtrichtung schieben? Unter uns: Wer kann sich sowas ausdenken? Und für viel Geld sogar bauen? 100 Bänke-Programm im Bezirk Hamburg-Nord Auf Initiative der SPD in Hamburg-Nord wurde das 100 Bänke-Programm ins Leben gerufen. In allen Regionen des Be- zirks sollen seniorengerechte Sitzbänke aufgestellt werden. Das geschieht auch. Mal so und mal so. Bild links: Lösung Eppendorf. Bilder rechts: Lösungen für Langenhorn. Noch Fragen? Foto: SPD-Bezirksfraktion Nord) Fotos: R. Ebert am 2. Juli 2021
Langenhorner Rundschau 08/21 15 Leserbrief Betrifft: Langenhorner Rundschau 07/21 - Für eine inklusive nung, jeder investiert seine Zeit, Wissen und Kosten in die Mobilitätswende auf der TaLa und überall Mitentwicklung. Ist es so schwierig gemeinsam an einem Tisch zu sitzen? Karsten Warnke hat mit seinem Artikel deutlich gezeigt, dass Transparent die Vorschläge und Ideen zu sammeln-Auswer- die Sanierung der Tangstedter Landstraße noch nicht genug tung und wieder gemeinsam an einem Tisch dazu Rückmel- Platz für alle hat. dungen zu geben? Mir fehlt ein offener Diskurs bei diesem Viele Menschen machen sich zu dieser Sanierung Gedanken Thema. und sollten gemeinsam an einem Tisch sitzen. Hier geht es nicht darum wer Recht hat, sondern wie wir Ganzheitlich, nachhaltig, klimafreundlich und diverse eine gute gemeinsame Lösung finden. Schlagwörter fließen in das Thema ein. Gemeinsam gefundene Lösungen sind dauerhaft angelegt Zu teuer, zu aufwendig, DIN-Normen müssen eingehalten und überzeugen mehr Menschen, dass die Verkehrspolitik werden. Eine immer länger werdende Liste erschwert zu- für uns alle ist. nehmend die Transparenz zur Planung. Herzliche Grüße Hier machen sich Anwohner stark für eine gemeinsame Pla- Angela Wagner Mitsprechen, Mitmachen im Stadtteil: Hier. Der Langenhorner Bürger- und Heimatverein wurde erstmals 1877 gegründet. Seither en- gagieren sich hier die aktiven Langenhornerinnen und Langenhorner für ihren Stadtteil. Nach der Corona-Zwangspause bieten sich wieder zahlreiche Möglichkeiten, sich einzu- bringen: In der Stadtteilpolitik, in der Stadtteilkultur, in der Stadtteilgeschichte.
Langenhorner Rundschau Langenhorner Rundschau 01/21 Scharnskamp 23f · 22415 Hamburg Sarahs Comic
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