ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
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ÖLBERG - zuletzt - Ö k u m e n i s c h e r H o s p i z d i e n s t Kö n i g s w i n t e r e .V. Geh’ mutig weiter, ich bleib’ an deiner Seite. Ausgabe 1/21
GRUSSWORT INHALT Liebe Mitglieder und Interessierte, die derzeitige Corona Pandemie hat uns zwei Dinge gezeigt: Erstens – auch 2 wenn wir es gerne verdrängen – sind Tod, Sterben und Trauer alltägliche Grußwort Themen in unserem Leben. Zweitens haben wir gesehen, wie wichtig gerade Prof. Dr. Raymond Voltz, Schirmherr in dieser Lebensphase persönlich menschliche Begleitung ist. Genau für Impressum diese beiden Aspekte des Lebens steht in unserer Inhaltsverzeichnis Heimat Königswinter der Hospizdienst Ölberg e. V. : Er ist für Sie verlässlicher Ansprechpartner 3 und Informationsgeber für die Themen um Ster‐ Grußwort ben, Tod und Trauer und er kann wenn Klaus Mense, Vorsitzender des Vorstandes gewünscht verlässliche menschliche Begleitung leisten. 4 Ich möchte zu Hause sterben Ich freue mich sehr, dass der Hospizverein nun Bedürfnisse, Ängste und Nöte einen wichtigen Schritt „mutig weitergeht“ näm‐ der Kranken lich eine Hospizzeitung zweimal im Jahr herauszu‐ Philine Heller, geben. Foto: Uniklinik Köln ehrenamtliche Sterbebegleiterin Als Schirmherr stehe ich seit Gründung und gerne auch weiterhin dem Hos‐ 5 pizdienst fachlich zur Seite. Aber auch andersherum ist es z. B. für die Strate‐ Was ist eigentlich die SAPV? giegruppe unseres Zentrums für Palliativmedizin der Uniklinik Köln wesent‐ Christiane Opitz, ehrenamtliche lich, an den praktischen Erfahrungen aus dem Alltag eines Hospizdienstes Sterbebegleiterin, im Gespräch mit der teilhaben zu können. So ist z. B. auch unser gemeinsames Schulprojekt, wel‐ Palliativ-Krankenschwester ches am CJD in Königswinter gestartet ist und inzwischen bundesweite Ver‐ Birgit Schmelter breitung gefunden hat, auch ein wunderbares Beispiel der bisherigen Zusam‐ menarbeit. 6 Hospiz- und Palliativnetzwerk So soll es weitergehen. Ad multos annos! Königswinter Rita Schmitz, Koordinatorin Prof. Dr. Raymond Voltz 7 Abschied nehmen - wie geht das? Abschied vom Leben Impressum Brigitte Fischer, ehrenamtliche Sterbebegleiterin Abschied vom Sterbenden Herausgeber: Anne Billion, Ölberg - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V. ehrenamtliche Sterbebegleiterin Dollendorfer Str. 46, 53639 Königswinter-Oberpleis Redaktion: 8 Christiane Opitz, Rita Schmitz Eine Sterbebegleitung, die mich sehr Layout: berührt und etwas Wesentliches Silke Frink, Dieter Zehner gelehrt hat Autorenfotos: Cristiane v. Auer-Mense, Privat ehrenamtliche Sterbe- und Märchen: Trauerbegleiterin Aus Jana Raile - Trauerbegleitung mit Märchen Druck: 10 Wie kommen die Begleitungen zustande Die Qualität der Begleitung Rita Schmitz, Koordinatorin Königswinter, im Juni 2021 2 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
INHALT GRUSSWORT Sehr geehrte Leserinnen und Leser, 11 das Thema Sterben, Tod und Trauer erzeugt in uns oft Angst und Unsicher‐ Bleib doch noch heit. Wir schauen lieber weg und investieren unsere Aufmerksamkeit in die Erfahrungen einer begleitenden Tochter Lebensgestaltung, den Beruf, die Freizeit. Ich selbst habe mit 45 Jahren erst‐ Jutta Baden, Tochter, malig einen toten Menschen gesehen - meinen Onkel. Mit der ernsten ehrenamtliche Sterbebegleiterin, Erkrankung meiner Eltern wurde ich unvorbereitet und am Anfang hilflos stellv. Vorsitzende des Vorstandes mit dem Thema Lebensende konfrontiert. 12 Der Ökumenische Hospizdienst Königswinter Stufen e.V. ist Teil der Hospizbewegung in Deutschland. Hermann Hesse Wir begreifen das Sterben als wichtigen und unausweichlichen Teil des Lebens. Mit dieser 13 ersten Ausgabe unserer Zeitschriften-Reihe Patientenverfügung „Ölberg – zuletzt“ geben wir Ihnen Einblick in Ein wichtiges Thema, das oft verdrängt unsere Arbeit. Unser Auftrag ist es, sterbende wird Menschen und ihre Familien psychosozial und Dr. Ute Lammert, Ärztin, beratend zu begleiten, möglichst lange Lebensqua‐ Beisitzerin im Vorstand lität für alle Beteiligten zu erhalten und ein Ster‐ ben in Würde zu Hause oder im Seniorenheim zu 14 ermöglichen. Freude und Trauer - beide gehören zum menschlichen Leben Für die Begleitungen stehen geschulte und versierte ehrenamtliche Begleite‐ Babette Hünig, Koordinatorin rinnen und Begleiter bereit. Den Einsatz der Ehrenamtlichen sowie die fall‐ weise Einbeziehung von ambulanten Pflegediensten und palliativer Versor‐ 15 gung verantworten unsere angestellten Koordinatorinnen. Kooperationen, Mitgliedschaft Wir erleben in den Begleitungen zuweilen, dass sterbende Menschen sich mit 16 ihrem Leben auseinandersetzen und lernen, es im Rückblick so anzuneh‐ Ihre Ansprechpartnerinnen - die men, wie es war und mit sich und der Familie Frieden zu schließen. Das Koordinatorinnen wirkt gleichermaßen heilsam für den Sterbenden und die Familie, die in Rita Schmitz, Koordinatorin Trauer zurückbleibt und weiterlebt. Petra Schlieber, Koordinatorin Babette Hünig, Koordinatorin Daher möchten wir Ihnen Mut machen, sich mit diesen Themen zu beschäf‐ tigen, Berührungsängste abzubauen und es als Chance zu begreifen, inner‐ 17 lich daran zu wachsen. Wir möchten Sie motivieren, frühzeitig mit uns Kon‐ Der Tod im Pflaumenbaum takt aufzunehmen, wenn jemand in Ihrem Umfeld schwer erkrankt und eine Ein Märchen aus Frankreich palliative Behandlung ansteht. Die positive Wirkung unserer Arbeit kann Nachgedanken sich am besten entfalten, wenn unsere Begleitung längerfristig möglich ist. Erläuterungen zum Märchen Dorothé Efferoth, Märchenerzählerin, In diesem Sinne: „Gehen Sie mutig weiter – Wir bleiben an Ihrer Seite - ehrenamtliche Sterbe- und wenn Sie es möchten!“ Trauerbegleiterin Mit herzlichen Grüßen 18 Wir sagen Danke Ihr Spenden Klaus Mense 19 Vorsitzender des Vorstandes Kontakt ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 3
ERFAHRUNGEN Ich möchte zu Hause sterben Küche, vertraute Geräte benutzen, den eigenen Balkon oder gar Garten, das eigene Bett... die Bedürfnisse, Ängste, Nöte der Kranken selbst geschaffene Ordnung, das vertraute Essen... Ich möchte zu Hause sterben, in meinen eigenen Mit Herrn K. konnte ich noch kurze gemeinsame vier Wänden und möglichst im Schoße der Fami‐ Gänge durch den Ort machen. Das Senioren- lie: So wünschen wir uns das. Nur: Die Wohnung Handy mit Sicherheitsknopf für den Malteser muss gewartet werden, die Familie ist nicht am Hilfsdienst, der eigene Haustürschlüssel, selbst Ort, der körperliche und geistige Zustand erfor‐ aufschließen... . Nach dem Tod seiner Frau war er dert dauernde Pflege und Überwachung. in Angst und Depression verfallen. Danach fand er sich in der ehemals gemeinsamen Wohnung Dennoch: Mit einigen Vorbereitungen und und mit einem Pflegedienst und der Hilfe der Unterstützung kann die Erfüllung dieses Tochter schlecht und recht zurecht. Seine Lun‐ Wunsches häufiger gelingen als man denkt. genkrankheit versetzte ihn oft in Atemnot. Allen ist gemeinsam, dass sie sich ihre Selbstbe‐ Philine Heller Herr K. war kein gläubiger Mensch. Kurz vor stimmung bis zu ihrem Ende erhalten möchten, Ehrenamtliche seinem Tod wiederholte er dennoch in Bezug auf in der vertrauten Umgebung, in der vertrauten Sterbebegleiterin seine Frau immer wieder: „Sie ist ja da, aber sie ist doch nicht da ...warum ...warum … wie geht das denn weiter?“ Ich habe oft mit Singen geantwortet und hoffte, dass er mich trotz seiner starken Schwerhörigkeit hörte. Frau R. begleite ich seit zweieinhalb Jahren. Für ihr Ende hat sie sich materiell abgesichert, hat „Alles im Griff“, auch “Allen ist gemeinsam, einen Vertrag mit dem Beerdigungsinstitut. dass sie sich ihre „Ist egal, woran ich sterbe“, sagt die schwer‐ Selbstbestimmung bis kranke Frau. Allerdings ist sie liebevoll versorgt zu ihrem Ende erhalten von einer pflegenden Freundin, die sie möchten, in der vertrau- wäscht und für sie kocht und die auch ten Umgebung.” putzt. Zudem ist sie ständig über Whats‐ App verbunden mit ihrer weit verzweigten Ver‐ wandtschaft. So „steht“ sie noch irgendwie mitten im Leben, obwohl sie im wahren Sinne eigentlich nur aufsteht, wenn sie vor Schmerzen nicht mehr liegen kann. Obwohl sie mir mehrmals versicherte, dass sie nicht an Gott glaubt, äußert sie nun häufig, dass sie nach dem Tode ihre Verwandtschaft wiederse‐ hen möchte oder einfach: „Wer weiß, was Gott mit mir vorhat?“ Das sind doch gute Voraussetzungen für ein kampfloses Loslassen im Tode. Ich hoffe, dass sie Foto: Rita Schmitz das zu Hause schaffen wird. « 4 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
WAS IST EIGENTLICH... Was ist eigentlich die SAPV? Im Gegensatz zu den Pflegediensten bringen wir auch mehr Zeit mit. Wir besuchen die Kranken Christiane Opitz, ehrenamtliche Sterbebegleiterin, im regelmäßig, versuchen, eine möglichst ruhige und gute Atmosphäre zu schaffen und klären im Gespräch mit der Palliativ-Krankenschwester Gespräch – nicht nach Fragebogen – wie die Birgit Schmelter aktuelle Situation und der Bedarf ist. Außerdem haben wir im Blick, ob alle notwendigen Hilfs‐ CO: Schwester Birgit, Sie sind als Palliativ- mittel greifbar sind, organisieren notfalls auch Krankenschwester f ür die SAPV unterwegs. mal schnell ein Pflegebett. Alles wird in unserer Was ist die SAPV und welche Auf gaben Dokumentation vermerkt, sodass wir jederzeit nimmt sie wahr? einen guten Überblick über die Situation des Patienten haben. Das ist auch erforderlich, weil BS: SAPV steht für Spezialisierte Ambulante Pal‐ wir rund um die Uhr erreichbar sind und daher liativ Versorgung. Die palliative Behandlung von derjenige, der gerade Bereitschaftsdienst hat, auf Patienten setzt dann an, wenn eine Heilung nicht einen Blick die Lage einschätzen können muss. mehr zu erwarten ist. Das heißt, wir gehen zu Menschen mit schweren Erkrankungen und CO: Wer ist im Team? Krankheitssymptomen wie Luftnot, Schmer‐ zen, Unruhe, Übelkeit, Erbrechen. Mit SAPV Christiane Opitz BS: Palliativärzte und Pflegekräfte mit Palliativ- können ungewünschte und belastende Kranken‐ Ehrenamtliche Care-Weiterbildung. Die Pflegekräfte in unserem hauseinweisungen vermieden werden. Sterbebegleiterin, Team haben 160 Stunden Ausbildung absolviert Beisitzerin im Vorstand und mindestens ein Jahr auf einer Palliativstation Im Gegensatz zu den Pflegediensten machen wir oder im Hospiz gearbeitet, bevor sie zur SAPV keine Körperpflege. Als Spezialisten für die Sym‐ gekommen sind. Dort arbeiten sie dann selbst‐ ptomkontrolle lindern wir Krankheitssymptome ständig, haben aber jederzeit die Möglichkeit und versorgen Wunden. Wenn z. B. Tumore auf‐ einen Arzt aus dem Team einzubeziehen. In der brechen, sind pflegende Angehörige mit der Situ‐ Dokumentation ist auch Notfallmedikation hin‐ ation überfordert. Wir haben die entsprechende terlegt. Ausbildung und Erfahrung für eine adäquate Versorgung. Der Begriff „palliativ“ leitet sich ab von Pallium, der Mantel. Wir legen den Mantel der Fürsorge um die Patienten und ihre Angehörigen. Unser Ziel ist eine so gute Versorgung der Kranken und Unterstützung der Pflegenden, dass ein selbstbe‐ stimmtes Leben zu Hause oder auch im Heim bis zuletzt möglich ist. Es kommt häufig vor, dass wir bei unseren ersten Besuchen hören: „Ich kann nicht mehr. Ich möchte so nicht mehr leben. Können Sie mir nicht etwas geben, dass es end‐ lich vorbei ist? Ich habe schon überlegt, in die Schweiz zu fahren…“ Foto: Hans-Anno Pritzkow Wir holen die Patienten dann da ab und vermit‐ teln ihnen, dass wir jetzt erst einmal die Symp- tome gut kontrollieren, damit sie keine Luftnot mehr haben, keine Schmerzen, keine Unruhe, keine Übelkeit, kein Erbrechen und was es sonst noch für Symptome gibt. Wenn man nicht schla‐ fen kann, ist das auch schlimm für die Menschen. Wichtig ist aber auch die Zusammenarbeit mit Und da hilft auch keine normale Schlaftablette. verschiedenen Therapeuten, ambulanten Hospiz‐ Da kreisen die Gedanken… diensten, Hausärzten. Da nehmen wir auch Ver‐ mittlerdienste wahr oder empfehlen auch schon Und wenn wir die Symptome dann gut im Griff mal Alternativmedizin wie Aromatherapie. » haben, dann haben sie auf einmal wieder Lebens‐ freude und sind total dankbar. ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 5
WAS IST EIGENTLICH... CO: Wer hat Anspruch auf die Leistungen Danach besuchen wir Pflegekräfte den Patienten. der SAPV? Wir beobachten und dokumentieren die Verände‐ BS: Voraussetzung ist in jedem Fall, dass eine rungen im Krankheitsverlauf, haben aber auch unheilbare Krankheit mit begrenzter Lebenszeit das Familienbild und und entsprechender Symptomlast vorliegt. die Lage der Angehöri‐ "Das Problem ist, dass immer noch gen im Blick. Durch CO: Kann jeder, der meint, die Vorausset‐ die 24-Stunden-Er‐ zungen zu erf üllen, sich bei der SAPV viele Hausärzte und Angehörige reichbarkeit sind wir melden und wie geht es dann weiter? eine verlässliche Stütze nichts von der Existenz und den und können im Notfall BS: Wir werden tätig, wenn eine Verordnung innerhalb kürzester vom Hausarzt, Facharzt oder Krankenhaus vor‐ Möglichkeiten der SAPV wissen." Zeit Entlastung brin‐ liegt. Aber auch Angehörige können uns kontak‐ gen, physisch und psy‐ tieren und wir erklären, wie der Weg ist. Das Pro‐ chisch. In vielen Fällen ist die Pflege zu Hause bis blem ist, dass immer noch viele Hausärzte und zum Ende nur durch unsere Unterstützung mög‐ Angehörige nichts von der Existenz und den lich. Möglichkeiten der SAPV wissen. Auch die psychosoziale Begleitung von Patienten Wenn eine Verordnung vorliegt, sucht innerhalb und Angehörigen ist ein wesentlicher Bestandteil der folgenden drei Tage ein Palliativarzt den unserer Arbeit. Daher arbeiten wir auch eng mit Kranken auf, macht die Anamnese und entwi‐ den ambulanten Hospizdiensten zusammen. ckelt einen Medikamentenplan. CO: Vielen Dank für den Einblick in die Mög‐ lichkeiten der SAPV! « WISSENSWERT Hospiz- und Palliativnetzwerk Königswinter Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, wird der Da ist die Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst Mensch palliativ behandelt. So wird alles getan, gefragt. um die Symptome der schweren Erkrankung oder des Sterbens zu lindern. Und da gibt es nicht eine Wir haben häufig festgestellt, dass die Versorger in besondere Medizin, sondern nur individuelle der palliativen Situation kaum voneinander Wege der Schmerz- und Symptombehandlung. wissen. Deshalb haben wir 2017 ein Netzwerk aus Da der Ursprung des Schmerzes körperliche, seeli‐ Haus- und Palliativärzten, Pflegediensten, SAPV, sche, geistige und soziale Ursachen haben kann, Seniorenhäusern und dem Krankenhaus Bad müssen in der letzten Lebensphase auch verschie‐ Honnef ins Leben gerufen. dene Professionen eng zusammenarbeiten. Durch dieses hospizlich-palliative Netzwerk Dies haben wir ganz konkret in unseren Sterbebe‐ Rita Schmitz können wir die Familien umfassend zu Schmerz‐ gleitungen erfahren. Kein kranker Mensch kann Koordinatorin für therapie, palliativer Pflege und Palliativstationen auf Dauer zu Hause bleiben bei guter Lebensqua‐ ambulante und Hospizen beraten und die Angebote koordi‐ lität, wenn er starke Schmerzen hat. Hier ist die Sterbebegleitung nieren. Viele Absprachen können auf dem klei‐ Zusammenarbeit mit dem Mediziner gefragt. nen Dienstweg getroffen werden. Dadurch be– kommt der Kranke schneller die Unterstützung, Angehörige können in hohem Alter nicht ständig die er benötigt. Der Gewinn liegt auch darin, dass das Bett ihres kranken Partners neu beziehen und alle den Wunsch des Patienten kennen und „am die Pflege und das Duschen übernehmen. gleichen Strang“ ziehen. Das Sterben zu Hause ist besser zu verwirklichen. « 6 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
WIE GEHT DAS? Abschied nehmen - wie geht das? Abschied vom Leben Das habe ich mir auch einfacher vorgestellt, in Leben bereichert, Frieden schließen mit mir und der Theorie auf jeden Fall. Doch wenn es so weit meinem Umfeld, mich freuen an dem, was ich ist, dann sieht es ganz anders aus. Denn schon ab alles erlebt habe. Auch annehmen, dass Pläne dem ersten Tag heißt es Abschied nehmen. nicht verwirklicht werden konnten. Indem ich mich auf meine Endlichkeit einstelle, gebe ich Wie oft in meinem Leben habe ich schon dem Abschied vom Leben einen Raum. Abschied Abschied genommen. Beim Wechsel vom Kinder‐ von meinem Leben, vom Leben der Menschen, garten in die Schule; von meinen Eltern, als ich in die ich als Ehrenamtliche im Hospizverein meine erste eigene Wohnung gezogen bin; von begleite. meiner Heimat in Süddeutschland, als ich ins Rheinland kam. Es waren Abschiede, die voller Wie geht der „Abschied vom Leben“? Kann ich Freude waren, weil sie einen neuen Lebensab‐ Brigitte Fischer so pauschal nicht sagen. Indem ich mich von dem schnitt eingeleitet haben. Abschied vom Leben? Ehrenamtliche Menschen, den ich begleite, nach jedem Besuch Diese Frage stellte ich mir damals nicht. Doch als Sterbebegleiterin ganz bewusst verabschiede in dem Wissen, dass es meine Großeltern und später meine Eltern gestor‐ mein letzter Besuch gewesen sein könnte. Den ben sind, hieß es „Abschied für immer zu Abschiedsprozess kann ich mit Ritualen ver‐ nehmen“. Was macht es mit mir, wenn ich mir knüpfen, eine Kerze anzünden, mir eine stille meiner Endlichkeit bewusst werde? Wenn ich Stunde nehmen und in Gedanken bei dem ster‐ weiß, dass meine Lebenszeit begrenzt ist? Es lässt benden oder verstorbenen Menschen sein. Viele mich bewusster leben, die Momente und Begeg‐ vor mir mussten Abschied nehmen und viele nungen genießen, offen sein für alles, was das nach mir werden es noch tun. « Abschied vom Sterbenden Während meiner elfjährigen Tätigkeit als Hospiz‐ Jedes Sterben ist anders. Sensibilität und Zurück‐ mitarbeiterin habe ich mich von vielen Menschen haltung sind für mich wichtig, manchmal auch verabschieden müssen. Jede neue Begleitung Phantasie. Nichts muss, erlaubt ist, was dem Ster‐ beinhaltet einen Abschied. Das ist auch für mich benden guttut. Wenn der Tod näher rückt, ist nicht immer leicht. Bei langen Begleitungen ent‐ mehr Stille angesagt. Mit meinen Gedanken bin stehen Nähe und Vertrauen. Meine längste ich ganz bei diesem Menschen, berühre eventuell Begleitung dauerte mehr als drei Jahre. Alleine im seine Schulter oder halte locker seine Hand. Ob Haus, die Verwandtschaft weit weg, musste ich das für den Sterbenden angenehm ist, fühle ich versprechen, am Ende da zu sein. Ich konnte das sehr schnell. Besonders schön ist es für mich, Versprechen halten und bin heute noch froh dar‐ wenn sich Angehörige zu mir setzen. Oft kommt über. es zu vertrauten Gesprächen und wir stehen Anne Billion gemeinsam die schwere Zeit durch. Berührend Andere Begleitungen dauern Monate, Wochen Ehrenamtliche und schön ist es, wenn Enkel die Oma oder den oder auch nur Tage. Wünschenswert ist es, geru‐ Sterbebegleiterin Opa noch einmal besuchen. fen zu werden, bevor der Sterbeprozess einsetzt. Dann besteht die Möglichkeit sich kennenzuler‐ Eine Unterstützung in der Begleitung sind für nen, damit am Sterbebett ein vertrauter Mensch mich auch die Palliativärzte, die mit Kompetenz sitzt, kein Fremder. Etwas aus dem Leben des und Empathie den Sterbenden die Angst vor Kranken zu erfahren hilft mir, die spätere verblei‐ Schmerzen und Atemnot nehmen. bende Zeit im Sinne des Sterbenden zu gestalten. Wenn das Sprechen nicht mehr möglich ist, Mir führt jeder Tod vor Augen, wie kostbar und können wir gemeinsam die Lieblingsmusik hören einzigartig unser Leben ist. Ich erfahre bei meiner oder ich lese aus meinem Kurzgeschichtenbuch Tätigkeit Wertschätzung und Vertrauen, die für vor. Auch Lachen, Singen und Beten gehören für mich die Grundlage sind, weiterhin Menschen zu mich zur Sterbebegleitung dazu. Wichtig ist mir begleiten. Dafür bin ich dankbar. « nur, es muss zu diesem Menschen passen. ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 7
ERFAHRUNGEN Eine Sterbebegleitung, die Während ihrer Schilderungen dachte ich die ganze Zeit an meine Mutter, die zeitgleich dort mich sehr berührt und etwas gewesen sein musste und deren Erzählungen aus der Zeit ich in ähnlicher Erinnerung hatte. Wesentliches gelehrt hat Sie war mit meinen Großeltern und ihrer Schwes‐ ter aus dem Baltikum nach Posen umgesiedelt worden. Seit 2008 bin ich beim ambulanten, ökumeni‐ schen Hospizverein „Ölberg“ in Königswinter als „Im Prinzip verrückt“ dachte ich, nannte der ehrenamtliche Mitarbeiterin tätig. Erst einige Dame aber trotzdem den Namen meiner Mutter Jahre als Sterbebegleiterin, später kam auch die und fragte, ob sie ihr eventuell begegnet war…. Trauerbegleitung hinzu. Sie hielt in ihren Erzählungen inne, schaute Jede Begleitung ist „einzigartig“ und jedes Mal meine Koordinatorin und mich einen Moment nehme auch ich als Begleiterin wichtige Erfah‐ sprachlos an und antwortete: rungen mit, im Hinblick auf das Sterben, aber auch für das Leben! „Und ob ich sie kenne! Wir waren ein Jahr lang gemeinsam in besagtem Arbeitsdienst und als wir Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass sich in 1944 alle dort wegmussten, verlor sich leider der meinem Leben „Kreisläufe“ schließen! Dass Cristiane v. Auer-Mense Kontakt. Ich habe mich seitdem immer gefragt, Informationen, Erfahrungen und Erlebnisse, die Ehrenamtliche Sterbe- und was wohl aus ihr geworden ist…“ ich in früheren Jahren hatte, mir jetzt wieder Trauerbegleiterin begegnen, aber einen anderen Sinn ergeben. Es Wir waren alle drei äußerst berührt und konnten sind Antworten auf viele Lebensfragen…. es erstmal nicht fassen! Im September 2020 wurde ich zur Sterbebeglei‐ So begann eine intensive Zeit der Begleitung, in tung bei einer 96jährigen Dame angefragt. Meine der ich ihr aus dem Leben meiner Mutter erzäh‐ Koordinatorin stellte mich der Dame bei der len konnte und sie mir im „Gegenzug“ alle ersten Begegnung vor. Sie war der Jahrgang Fragen, die ich noch zu der damaligen Zeit hatte, (1924) meiner Mutter, die aber 2016 gestorben beantwortete. Wir freuten uns beide jedes Mal ist. Ich lernte sie als äußerst wache, achtsame und sehr auf das nächste Treffen und vergaßen fast, interessierte Person kennen, der ihre Situation dass sie eigentlich sterbend war! völlig bewusst war und die sie, kaum dass wir uns gesetzt hatten, gleich benannte. Über die Wochen nahm ihre Schwäche zu und ich erlebte, wie sie, da Witwe, ihren Nachlass in Dann begann sie aus ihrem Leben zu erzählen…. der Familie geregelt hatte, sogar ihre Beerdigung schon organisiert und die Lieder ausgesucht Als sie erwähnte, dass sie sich als 19-Jährige, 1943 hatte. Den Tod hatte sie also klar vor Augen und zum Arbeitsdienst (nicht zu verwechseln mit das äußerte sie auch immer wieder, denn „irgend‐ Arbeitslager) in den Osten nach Posen (Polen) wann muss man auch mal gehen dürfen“, wie sie gemeldet hatte, um mal eine andere Gegend als einmal sagte. Sie war auch mit sich, ihrem Leben, ihre Heimat Branden‐ ihren Angehörigen im Frieden! burg kennenzulernen, “Irgendwann begann sie, mir wurde ich etwas hellhö‐ Daher fragte ich mich öfter, worum es noch rig. Sie beschrieb, wie von einer “Vision” zu erzäh- gehen könnte, als nur um die Geschichte mit sie und die anderen meiner Mutter? jungen Frauen, die sie len, die sie immer wieder in in diesem Dienst ken‐ Irgendwann begann sie, mir von einer „Vision“ zu nengelernt hatte, ihren ihren Tagträumen hatte.” erzählen, die sie immer wieder in ihren Tagträu‐ Arbeitseinsatz tagsüber men hatte. Sie sähe einen Spiegel und jedes Mal, in der Landwirtschaft und als Hilfslehrerinnen wenn sie auf ihn zuginge, weil sie wissen wollte, gefunden hatten. Abends trafen sie sich dann in was sich dahinter verberge, war da Nichts bzw. ihren Gruppenunterkünften, den „Baracken“, nur „Verschleiertes“, was sie nicht deuten konnte. alten Holzhäusern, in denen sie es sich gemütlich machten, mit Holz heizen und kochen konnten. 8 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
Aus meiner Erfahrung mit vielen anderen Sterbe‐ Die Bibelstelle mit dem Spiegelbild findet sich bei begleitungen weiß ich, dass es wichtig ist, gut 1. Kor 13, 9-12: zuzuhören und achtsam zu sein, wenn Sterbende von ihren „Visionen“ oder Träumen erzählen, Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk weil es oft Hinweise sein können auf den nahen‐ unser prophetisches Reden; wenn aber das Voll‐ den Sterbeprozess und möglicherweise auch auf endete kommt, vergeht alles Stückwerk. ein Leben „danach“…. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur Darüber sprachen wir dann auch, ob es wohl ein rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Leben in der „Geistigen Welt“ gäbe, ein nach Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvoll‐ Hause kommen ins kommen, dann aber werde ich durch und durch „Licht“ und in die “Unser wirkliches Erkennen erkennen, so wie ich auch durch und durch Liebe? „Aber nicht die erkannt worden bin. Liebe, die Du viel‐ könnte im Hinübergehen Wenn ich diese Bibelstelle vor meiner Begleitung leicht meinst“, sagte gelesen hätte, ich hätte sie nicht verstanden! sie mit einem Augen‐ geschehen ... Im Licht! Dort zwinkern zu mir, Jetzt aber glaube ich zu verstehen, dass wir in „sondern eine viel grö‐ braucht es keinen Spiegel mehr.” unserer irdischen Lebenszeit „Stückwerke“ erle‐ ßere Liebe, die ben, durchleiden, erkennen… wir sehen oft „rät‐ können wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen“. selhafte Umrisse“ wie in einem Spiegel, die Angst Zwei Wochen später, im November 2020, starb auslösen können. sie. Zwei Tage vor ihrem Tod hatte ich sie zum Unser wirkliches Erkennen könnte im Hinüber‐ letzten Mal besucht. Als ich mich von ihr verab‐ gehen geschehen…. im Licht! Dort braucht es schiedete, flüsterte ich ihr noch zu, doch bitte keinen Spiegel mehr. meine Mutter zu grüßen, sollten sie sich begeg‐ nen… sie nickte leise! Ich bin mir sicher, dass sie „drüben“ erkannt hat, dass sie Licht und Liebe ist. « Als ich einer Kollegin die Vision mit dem Spiegel erzählte, erwähnte sie, dass das „Gleichnis mit dem Spiegel“ an einer Stelle in der Bibel stünde und schickte sie mir. Foto: Hans-Anno Pritzkow ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 9
WISSENSWERT Wie kommen die Beglei- Daher wählt die Koordinatorin eine passende Hospizbegleiterin aus und stellt sie vor. tungen zustande? Diese erreicht eventuell bei ihren wöchentlichen Besuchen, dass die Frau wieder Freude an Musik Meist melden sich bei uns Familienmitglieder bekommt, über ihre besondere Situation spre‐ von der kranken oder sterbenden Person und chen kann und vielleicht ihre jüngere Schwester fragen nach Unterstützung in der schweren Situ‐ anruft, zu der der Kontakt vor Jahren abgebro‐ ation. Manchmal bekommen wir auch von unse‐ chen war. ren Partnern in der Hospiz- und Palliativversor‐ gung wie den Hausärzten, dem palliativen Pflege‐ Die Begleiterin orientiert sich an den Bedürfnis‐ dienst (SAPV) oder einem Sozialdienst des Kran‐ sen des sterbenden Menschen und seiner Ange‐ kenhauses den Namen der hilfesuchenden hörigen, kommt also nicht mit vorgefertigten Person genannt. Dann besucht die Koordinato‐ Konzepten. Vielleicht besteht der Wunsch nach rin die betroffene Person zu Hause oder im Heim einem kleinen Spaziergang an der frischen Luft und spricht mit ihr den Unterstützungsbedarf Rita Schmitz mit dem Rollstuhl oder Rollator oder danach, ab. Koordinatorin für einfach mal etwas vorgelesen zu bekommen. ambulante Da gibt es z.B. die einsame alte Frau, die zu Sterbebegleitung So kann der Kranke im Mittelpunkt unserer Hos‐ Hause lebt mit einer Tumorerkrankung. Ihr ein‐ pizbegleitung stehen und selbst bestimmen, wie ziger Sohn wohnt in Düsseldorf und ist berufstä‐ seine Welt zum Schluss des Lebens gestaltet sein tig. Sie benötigt eine Sterbebegleiterin, um über soll. « ihre begrenzte Lebenserwartung und ihre Wün‐ sche für ihre palliative Behandlung zu sprechen. Die Qualität der Begleitung Die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter werden in einem 3-4 Monate dauernden Kurs „Verlass mich nicht, wenn ich schwach werde“ vorbereitet und absolvieren anschließend ein Praktikum. In dieser Zeit lernen sie einiges über die Kommunikation mit Sterbenden, den Umgang mit Krisensituatio‐ nen, die Phänomene beim Sterben und wie man ihnen begegnen kann. Spirituelle Themen sind genauso im Programm wie die Verarbeitung eige‐ ner Erfahrungen mit Trauer, Tod und Sterben. Später schließt sich ein Vertiefungskurs an. Die Qualität in der Begleitung ist durch die fun‐ dierte Ausbildung der Ehrenamtler sowie deren engem Kontakt zu den Koordinatorinnen gewährleistet. Die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter stehen unter Schweigepflicht. In regelmäßigen Praxis‐ treffen, Supervision oder Gesprächen mit der Koordinatorin können Lösungen für herausfor‐ Foto: Hans-Anno Pritzkow dernde Situationen in der Begleitung gefunden werden. An schwierigen Stellen in der Begleitung kann die Koordinatorin immer wieder miteinbezogen werden. Wir unterstützen die gewünschte Lebensqualität bis zum Schluss. « 10 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
ERFAHRUNGEN Bleib doch noch Du hast ein schlechtes Gewissen Entlastung anzunehmen und Du kennst Deine Mutter, die Erfahrungen einer begleitenden Tochter Dir diese Muster vererbt hat. Das Lebensende Deiner Mutter bringt auch Die Hospizmitarbeiterin ist diskret und hat eine Dich an Grenzen. angenehme Präsenz. Sie lächelt ernst, jedenfalls kommt es Dir so vor, sie hört zu, beobachtet, lässt Es ist nicht nur die Nähe aus der ewigen Mutter- das Geschehen einfach und selbstverständlich Tochter- Symbiose, die Dich den Abschied-für- erscheinen und plötzlich spürst Du, wie erleich‐ immer bis auf die Knochen fühlen lässt. Erst tert Du bist, jemanden an Deiner Seite zu haben, recht, wenn es jahrelang jeden Tag soweit sein der weiß, dass wir Menschen sterblich sind, Liebe kann. Es ist auch die unausgesprochene Fürsorge‐ und Freundlichkeit brauchen, Sicherheit, manch‐ pflicht, die wir (fast) alle spüren und der wir zu mal eine Hand, die uns geleitet. gehorchen versuchen. Sie sagt, Deine Mutter sei eine Indianerin und Früher, denkst Du, waren die Leute noch in den Jutta Baden gibt Dir damit die Möglichkeit stolz auf sie zu besten Jahren wenn es geschah, oder in sicheren Tochter, sein und ihren Mut wieder zu erkennen. Verhältnissen, auch wenn die sich nicht immer ehrenamtliche frei anfühlten. Heute kommt es oft vor, dass die Sterbebegleiterin, Aber, lacht sie, auch Indianer haben Angst. Was Kinder an altersbedingten Gebrechen leiden, stellv. Vorsitzende des den Mut umso mehr strahlen lässt. wenn die steinalten Eltern nicht mehr zurecht‐ Vorstandes kommen, erst recht nicht beim Sterben. Und außerdem zeigt sie Dir, dass der Tod das Lachen nicht vom Weinen scheidet, was Du Und da ist dieses Gefühlsbändel, nie abgeschnit‐ geahnt und gehofft ten, und ein Ende davon heißt „gutes Kind“. Wenn Du nicht arbeitest hattest, aber bestätigt hatte Dir das noch nie‐ Du bist allein, die Geschwister weit weg oder hast Du kein Geld, Dein mand. beschäftigt mit Unaufschiebbarem wie Golfen. Du hast nur einen Tag pro Tag, nur zwei Füße Haus und Deine Freunde Überhaupt ist sie wohl‐ und zwei Hände. Wenn Du nicht arbeitest hast tuend unerschütter‐ Du kein Geld, Dein Haus und Deine Freunde haben sich angewöhnt lich, sei es beim Besuch haben sich angewöhnt nichts zu verlangen und des Priesters, bei der langsam zu verstauben. nichts zu verlangen und Absprache mit der Pal‐ liativversorgung oder Deine Mutter wird immer kleiner und krummer, langsam zu verstauben. beim Auftritt der aber auch immer weicher. Du spürst, wie sie sich wichtigen Kinder, die entspannt, wenn Du zu ihr kommst. Sie seufzt nochmal eintrudeln. Sie ist da, gehört leise dazu, und lächelt. Die Atmosphäre ist inzwischen recht gibt Dir Orientierung und verhindert, dass Du zärtlich, sie hat keinen Herrschaftsanspruch den Kopf verlierst. mehr. Aber sagen kann sie auch nicht mehr viel. - Jeden Tag stolperst Du erschöpft nach der Arbeit zu ihr, hungrig und ohne Energie. Jedes Mal sagt Sie ist gut gewesen für Deine Mutter, aber auch sie flehend wenn Du nach Hause willst: “Bleib für Dich. Ihre Begleitung hat Dir erlaubt, die doch noch. Kannst Du nicht noch bleiben?“ Gefühle zu haben, vor denen Du noch große Und Du denkst es ist ihr wichtig, sonst würde sie Angst hattest. Das half Dir, Deine Mutter schon das nicht sagen. Sie will nur, dass Du da bist und in einem Maße zu vermissen, dass Du einen Du fragst Dich was sie will. Über sechzig Jahre gerechten und liebevollen Nachruf schreiben und war sie unzufrieden mit Dir. Will sie jetzt Deine die Musik aussuchen konntest, die sie hören restliche Kraft? sollte beim Abschied, der Trauerfeier. « Da triffst Du die Mitarbeiterin des Hospizdiens‐ tes und Du hast nichts dagegen, dass noch jemand für Deine Mutter da ist in den langen Zwischenräumen, die Du notgedrungen offen‐ lässt. ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 11
"Stufen", aus: Hermann Hesse, Sämtliche Werke in 20 Bänden. Herausgegeben von Volker Michels. Band 10: Die Gedichte. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin. Stufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegen senden, Foto: Hans-Anno Pritzkow Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden, Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! Hermann Hesse 12 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
WISSENSWERT Patientenverfügung Diese Person ist legitimiert, die Wünsche des Pati‐ enten durchzusetzen, wenn dieser nicht mehr Ein wichtiges Thema, das oft verdrängt wird dazu in der Lage ist. Ich möchte nochmal beto‐ nen, dass die Angehörigen, alle behandelnden „Hast Du eine Patientenverfügung?“ Ist Ihnen Ärzte und Pflegekräfte und sämtliches medizini‐ nicht auch schon einmal diese Frage gestellt sches Personal sich an die Patientenverfügung worden? Und, was haben Sie geantwortet? Ja, halten müssen. natürlich! Oder, ach das mache ich noch, …später. Oft ist es dann aber leider zu spät. Wir Und bitte, falls Sie eine Patientenverfügung alle können ganz schnell - altersunabhängig - in haben, legen Sie einen Zettel in die Brieftasche, Situationen kommen, in denen wir unseren auf dem vermerkt ist, dass Sie eine Patientenver‐ Willen nicht mehr äußern können. fügung haben und wo diese aufbewahrt wird. Oder nennen Sie den Namen der Person, die Was ist eine Patientenverfügung? In diesem weiß, wo das Dokument liegt. Leider habe ich es Dokument wird festgelegt, welche medizinischen Dr. Ute Lammert als Notärztin oft erleben müssen, dass keiner der Maßnahmen durchgeführt und welche unterlas‐ Ärztin, Angehörigen wusste, ob es ein entsprechendes sen werden sollen. Zum Beispiel: Ich möchte Beisitzerin im Vorstand Dokument gibt, geschweige denn, wo dieses auf‐ keine Schmerzen haben und ich möchte keine bewahrt wird. Luftnot haben. Ich möchte nicht nur durch apparative Medizin am Leben gehalten werden, Noch ein Hinweis: Die Patientenverfügung sollte z.B. mit künstlicher Beatmung. Zusätzlich kann regelmäßig - so alle zwei Jahre - auf ihre Gültigkeit man auch andere Dinge formulieren, die für die überprüft werden. Es kann z.B. sein, dass man in Lebensqualität am Lebensende wichtig sind. der Zwischenzeit eine lebensbedrohliche Erkran‐ Welche Personen möchte der Patient um sich kung bekommen hat haben und welche nicht, wo und wie möchte er "Leider passierte es mir oder dass man in untergebracht werden. Also bitte nicht nur medi‐ Streit mit dem ehe‐ zinisch pflegerische Aspekte formulieren, sondern immer wieder, wenn ich als mals Bevollmächtig‐ auch psychosoziale Wünsche. Leider passierte es ten geraten ist und mir immer wieder, wenn ich als Notärztin geru‐ Notärztin gerufen wurde, eine andere Person fen wurde, dass ich in eine schwierige familiäre einsetzen möchte. Situation geraten bin. Der eine Angehörige wollte dass ich in eine schwierige Glauben Sie mir bitte, dies, der andere das. Da war dann das Vorliegen ich habe Dinge erlebt, einer Patientenverfügung oft die Rettung. So familiäre Situation geraten die hätte ich früher wird sichergestellt, dass der Wille des Patienten nie für möglich gehal‐ umgesetzt wird, auch wenn er in der aktuellen bin. Der eine Angehörige ten. Situation nicht mehr in der Lage ist, sich zu äußern. Angehörige, Ärzte und Pflegekräfte wollte dies, der andere das. Nun noch kurz zur können nur im Sinne des Patienten handeln, Vorsorgevollmacht. wenn alle Wünsche schriftlich festgelegt wurden. Da war dann das Vorliegen Hier wird noch einmal ausdrücklich Die Patientenverfügung muss in schriftlicher einer Patientenverfügung einer Person das Form vorliegen, kann formlos oder ein ausgefüll‐ Recht erteilt, die tes vorgedrucktes Formular sein. Jeder einwilli‐ oft die Rettung." Angelegenheiten nach gungsfähige Volljährige kann eine Patientenverfü‐ dem Willen des Pati‐ gung erstellen, die dann wichtig ist, wenn er in enten zu regeln, wenn dieser nicht mehr dazu in den Zustand der Einwilligungsunfähigkeit der Lage ist. Der Bevollmächtigte wird im juristi‐ kommt. schen Sinn zum Vertreter im Willen, d.h. er ent‐ scheidet an Stelle des Vollmachtgebers. Das ist zur Gerne beraten dabei die Hausärzte, aber auch Patientenverfügung ein zusätzliches Dokument. Rechtsanwälte, Notare und verschiedene Institu‐ tionen. Auch unser Hospizverein bietet Informa‐ Zum Abschluss eine Bitte: Kümmern Sie sich um tionsveranstaltungen zu dem Thema an. eine Patientenverfügung. Sie hilft Ihnen und allen Beteiligten. « Damit alles wie gewünscht umgesetzt wird, ist es ratsam, eine Person als Bevollmächtigten zu benennen. ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 13
TRAUER Freude und Trauer - beide Wenn wir diese Schritt für Schritt erleben und zulassen können und andererseits bereit und gehören zum menschlichen offen sind für neue, innere Begegnungen mit dem Verstorbenen in Erinnerungen und guten Gedanken, ihn auf seinem Weg begleitend, dann Leben können uns Kräfte und Möglichkeiten erwach‐ sen, in veränderter Verbundenheit mit dem Ver‐ storbenen unser Leben mit all seinen Farben Könnten wir wählen, wir würden uns wahrscheinlich wieder kraftvoll und erfüllend aufzunehmen. nur Freude für unser oder unserer Mitmenschen Leben wünschen. Die Trauer ist somit nicht etwas für unser menschliches Leben Sinnloses, sondern sie ist die Immer dann, wenn Tragendes, Kostbares aus Möglichkeit mit diesen Verlusten umzugehen unserem Leben sich verabschiedet, verschwindet, und weiterzuleben. Trauerzeiten sind damit Kri‐ möchten wir dies nicht zulassen und die Abwe‐ senzeiten, die aber auch die Chancen der Ver‐ senheit erfüllt uns mit Trauer. Und gerade im wandlung, der Entwicklung von Neuem, Ande‐ Erleben des Verlustes kommt uns die Kostbarkeit rem aber nicht unbedingt Schlechterem, beinhal‐ erst in vollem Umfang zu Bewusstsein. Da ist ten. zuerst der Schmerz des Abschieds, des Verlustes und dieser breitet sich über uns und unser Leben In diesen Zeiten kann es sehr hilfreich sein, Weg‐ aus wie dichter Nebel, vielleicht alles Leben, alle begleiter zu haben, die zuhören können und um Lebensinhalte und - ziele überdeckend. Wir die vielen verschiedenen Herausforderungen fühlen uns wie aus dem Leben herausgeworfen. wissen, die mit der Trauer einhergehen können. Das Leben geht an uns vorbei, als wären wir Babette Hünig Zuschauer hinter einer Glaswand; es berührt uns Koordinatorin und Im Hospizdienst gibt es hierzu verschiedene nicht. Und manchmal fragen wir uns vielleicht, Ansprechpartnerin für die Angebote, die alle kostenfrei von geschulten was uns überhaupt noch hält in dieser Welt und Trauerbegleitung Trauerbegleitern angeboten werden, welche der diesem Leben. So oder ähnlich lauten Beschrei‐ Schweigepflicht unterstehen. bungen von Trauernden. Zum einen gibt es die Möglichkeit der Einzeltrau‐ Erlebnisse dieser Art werfen uns ganz auf uns erbegleitung, einer Reihe von Einzelgesprächen selbst zurück und führen uns zu den tiefsten mit immer der gleichen Trauerbegleiterin in regel‐ Lebensfragen - nach mäßigen Abständen, der individuellen Situation dem Sinn unseres "Die Beziehung ist immer angepasst. Da die Trauer den ganzen Menschen menschlichen Lebens. betrifft, physisch, psychisch aber auch spirituell, All dies ist erschüt‐ noch da und im Erleben des können dementsprechend auch verschiedene ternd und schmerz‐ Themen Inhalt dieser einzelnen Gespräche sein. haft und birgt doch Verlustes oft nochmals viel als Frucht eines – oft Andererseits suchen viele Trauernde auch Kon‐ langen - Trauerweges stärker als zu Lebzeiten." takt zu Menschen in ähnlichen Lebenssituatio‐ kostbare Erkenntnisse nen, was oft sehr hilfreich sein kann. Dafür für das, was im Leben wirklich von Bedeutung bieten das „Lebenscafé“ und der „Trauertreff für ist, was über den Tod hinaus Bestand hat. Männer“ die Möglichkeit, Menschen in Trauersi‐ tuationen kennen zu lernen und dann vielleicht Damit wird auch das Hauptthema in der Trauer mit dem einen oder anderen persönliche Kon‐ um einen verstorbenen, mit uns stark verbunde‐ takte für Gespräche oder gemeinsame Unterneh‐ nen Menschen angerührt. Die Beziehung ist mungen zu knüpfen. immer noch da und im Erleben des Verlustes oft nochmals viel stärker als zu Lebzeiten. Die Trauer Zusätzlich haben sich die „Trauerwanderungen“ ist der Weg, mit der Veränderung in der bisher hier in der näheren Umgebung als geeignete Mög‐ gelebten Beziehung umzugehen und zu einer ver‐ lichkeit erwiesen, um mit anderen Menschen in änderten, inneren, ganz anderen und manchmal ähnlichen Situationen ins Gespräch zu kommen, noch viel näheren Verbundenheit zu finden. neue Impulse aufzunehmen und sich äußerlich Dieser Verwandlungsprozess braucht Zeit, oft viel wie innerlich auf den Weg zu machen. « Zeit und ist geprägt von vielen kleinen und großen Abschiedserlebnissen. 14 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
Vielleicht verstehen die Menschen einst, dass ein Sinn in allem liegt, was uns zustößt, und dass die schmerzlichsten Augenblicke die größten Gaben Foto: Hans-Anno Pritzkow Zitat aus Elisabeth Kübler-Ross: "Jedes Ende ist ein strahlender Beginn". nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Mitwelt bergen können. Elisabeth Kübler-Ross AUS DEM VEREIN Kooperationen Mitgliedschaft Das Ziel der Kooperation mit den einzelnen Einrichtungen ist die spürbare Sie möchten unsere Arbeit regelmäßig unterstüt‐ Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung schwerstkranker und zen? Dann freuen wir uns, Sie als Vereins-Mit‐ sterbender Menschen, sowie deren psychosoziale und spirituelle Begleitung, glied zu begrüßen. unter Einbeziehung aller Netzwerkpartner. Ein Formular der Beitrittserklärung finden Sie Wir arbeiten mit folgenden Häusern zusammen: hier im Heft. Sie können es aber auch im Büro bekommen oder aus dem Internet herunterladen. Seniorenhaus St. Margareta, Stieldorf Als Mitglied werden Sie regelmäßig per Mail Seniorenzentrum St. Konstantia, Oberpleis informiert z.B. über die Termine von Veranstal‐ Seniorenzentrum St. Katharina, Königswinter-Altstadt tungen des Hospizdienstes - und in diesen Zeiten Haus Nazareth, Ittenbach auch darüber, ob sie stattfinden können - oder (Ein Wohnheim der Caritas für Menschen mit Behinderungen) über Neues aus dem Verein. Seniorenresidenz Kaiserpalais, Königswinter- Altstadt Mit Ihrem Mindestbeitrag in Höhe von 25 Euro pro Jahr unterstützen Sie unsere Hospiz- und Vereinsarbeit planbar und verlässlich. ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 15
AUS DEM VEREIN Ihre Ansprechpartnerinnen - die Koordinatorinnen 2005 habe ich den Hospizdienst in Königswinter sterbender Menschen und die Ausbildung der initiiert. Dazu führte ich viele Gespräche und geeigneten ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter schrieb ein Konzept zur Schaffung meiner Koor‐ besteht in dem Wissen, dass wir am Lebensende dinatorenstelle, welches mit dem Vorstand und noch so viel für den Kranken und seine Familie der finanziellen Unterstützung einer Stiftung tun können. umgesetzt wurde. Den Dienst habe ich an der Förderfähigkeit durch die Krankenkassen ausge‐ Es ist für mich eine Freude, diese besonders inten‐ richtet und die ehrenamtlichen Hospizmitarbei‐ sive Zeit mitzugestalten und die Wünsche und ter ausgebildet. Gemeinsam entwarfen wir 2006 die Würde des schwach werdenden Menschen zu den ersten Flyer und gründeten uns als Verein. unterstützen. Ich versuche alles, damit das Ster‐ Jahrelang war ich als einzige Koordinatorin für ben zu Hause gelingt. alles zuständig. 2012 kam Babette Hünig dazu und 2021 Petra Schlieber. Mir gefällt, dass sich die ehren- und hauptamtli‐ chen Hospizmitarbeiter als eine Gemeinschaft Mein Name ist Rita Schmitz und ich bin Erzie‐ von Menschen verstehen, die gemeinsam auf dem herin, Diplom-Sozialpädagogin und Palliativ- Weg sind und voneinander lernen können. « Care-Kraft. Meine Motivation für die Begleitung „Du bist wichtig, weil Du eben Du bist. Du diese Verbundenheit in vielen Jahren als Kran‐ bist bis zum letzten Augenblick Deines Lebens kenschwester, Pflegedienstleitung und stellvertre‐ wichtig und wir werden alles tun, damit Du tende Einrichtungsleitung mit Leben füllen. nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben kannst.“ Seit 2018 bin ich ganz in den verschiedensten Bereichen der Trauer- und Hospizarbeit tätig, als Cicely Saunders Koordinatorin für den ökumenischen Hospiz‐ dienst Königswinter hauptsächlich für die Beglei‐ Dieser Satz von Cicely Saunders, der Mitbegrün‐ tung von schwerkranken und sterbenden Men‐ derin der Hospizarbeit, hat mich schon vor vielen schen in Seniorenheimen und verschiedenen wei‐ Jahren sehr beeindruckt und ist mir zum Geleit teren Einrichtungen. Besonders wichtig ist mir, geworden. dass der Mensch dort, wo er sich zuhause fühlt, die letzten Momente seines Lebens leben kann. Mein Name ist Petra Schlieber. Schon als Schü‐ lerin in der Krankenpflege fühlte ich mich zum Meine Berufung sehe ich darin, dem Menschen sterbenden Menschen hingezogen und konnte nahe zu sein. « Das Lebensende bedarf – ebenso wie der Ich lebe in Heisterbacherrott und arbeite seit Lebensanfang – der Sorge, der Unterstützung, 2011 als Koordinatorin für Sterbe- und Trauerbe‐ des Schutzes. Beide Themen, Anfang und gleitung in der ambulanten Hospizarbeit, seit Ende, Ende und Anfang, prägen unser ganzes 2012 auch im Hospizdienst Königswinter. In den Leben und sind häufig mit Krisenzeiten, das letzten Jahren bin ich Ansprechpartnerin für die heißt mit Zeiten des Umbruchs, der Unsicher‐ Trauerbegleitung im Hospizdienst Königswinter. heiten, aber auch mit Neuanfängen, manch‐ mal mit Chancen verbunden. Vorbereitet für diese Berufstätigkeit hat mich Mit meiner Arbeit als Koordinatorin für Sterbe- mein Leben als Mutter von 5 inzwischen erwach‐ und Trauerbegleitung möchte ich dazu beitragen, senen Kindern, die Versorgung und Pflege von dass Menschen im Umgang mit diesen Lebens‐ hochaltrigen Familienangehörigen, ein theologi‐ themen Unterstützung zukommt. sches Studium und meine Ausbildung als Trauer‐ begleiterin und Koordinatorin für ambulante Mein Name ist Babette Hünig. Hospizarbeit. « 16 - 1/21 ÖLBERG - zuletzt -
AM ENDE EIN MÄRCHEN Der Tod im Pflaumenbaum Und schon kletterte er flugs in den Baum.Kaum aber dass er darin saß, sprach die Alte:“ Ich wün‐ Ein Märchen aus Frankreich sche mir, dass der Tod im Baum kleben bleibt.“ Der Tod mochte versuchen, was er wollte, er Es lebte einmal eine alte Frau, die war bei allen konnte sich nicht losmachen. Er bat und drohte, beliebt und trotz ihres Alters noch immer munter er bettelte und fluchte, er flehte und wetterte. und vergnügt. Sie half, wo sie konnte, fand stets Allein, er saß wie angewurzelt und konnte sich die rechten Worte des Trostes, und kam ein Bett‐ nicht von der Stelle rühren. ler vorbei, so lud sie ihn zum Gastmahl. Einmal nun kam ein Heiliger, dessen Name mir entfallen Die Alte war's zufrieden und ging ihrem Tagwerk ist, als Bettler verkleidet zu der Alten und wurde nach. Wochen und Monate vergingen, doch der herzlich aufgenommen. Sie lud ihn zum Mahl, sie Tod klebte im Pflaumenbaum. So konnte er nie‐ plauderten über dieses und jenes, und der Heilige manden mit in sein Reich nehmen und niemand blieb über Nacht. Er bekam ein einfaches Lager starb. Die Menschen waren anfangs erfreut, sie und am Morgen brach er wieder auf. Doch bevor mussten den Tod nicht länger fürchten, doch er seine Reise fortsetzte, sprach er zu der Alten: Dorothé Efferoth bald schon sehnten die Kranken und Gebrechli‐ „Da du dein Leben lang so gut und hilfreich Märchenerzählerin, chen den Tod herbei. Sie riefen nach ihm, aber er warst, so sollst du einen Wunsch frei haben. ehrenamtliche Sterbe- und kam nicht. Wünsche, was immer du willst, aber bedenke, Trauerbegleiterin dass du auch das Rechte wünschst.“ Die Frau Sechs Monate waren vergangen, da kamen die überlegte lange und ausführlich. Sollte sie sich Menschen zur Alten und baten sie, den Tod zu Seligkeit wünschen? Was würde ihr das nutzen? befreien. „Nun gut, ich will ihn freigeben, aber Sollte sie sich Reichtum wünschen? Sie hatte alles, nur unter einer Bedingung: Erst wenn ich den was sie brauchte. Jugend? O nein, sie war dankbar Tod dreimal rufe, darf er mich holen.“ Der Tod für ihre Weisheit und ihr Alter. Sie war zufrieden, erklärte sich mit dieser Bedingung einverstanden sie hatte alles, was sie brauchte. Sie wünschte sich und war froh, endlich wieder befreit zu sein. Zur nichts. Da blickte sie hinaus in ihren Garten und großen Freude der einen und zum großen Leid sah ihren geliebten Pflaumenbaum. der anderen begann er nun erneut sein Werk und führte die Menschen heim. Immer wenn die Pflaumen reif waren, kamen die Nachbarskinder, kletterten in die Äste und aßen Die Alte lebte noch eine gute Zeit. Als sie schließ‐ sich satt. Das ärgerte die Alte, und jetzt wollte sie lich gebrechlich und hilflos wurde, rief sie gerne sich einen Spaß mit den Kindern machen. Sie nach dem Tod, der auch sogleich erschien und sie lachte über ihren Einfall: „In meinem Garten in sein Reich führte. « steht ein Pflaumenbaum. Ich wünsche mir, dass Nachgedanken jeder, der darinnen sitzt, festklebt, solange ich ihn nicht freigebe.“ Der Heilige verwunderte sich sehr über den Wunsch, aber er musste ihn dennoch erfüllen. Einmal noch naschten die Kinder von Dem Tod ein Schnippchen schlagen…. eine den Pflaumen, als sie aber Stunde um Stunde am humorvolle Geschichte, die uns beim Lesen zum Baum festklebten und nicht loskamen, verging Schmunzeln bringt. ihnen der Spaß, und sie kamen nicht wieder. Jedoch negiert das Märchen den Tod nicht. Auf Es zogen einige Jahre ins Land, da kam der Tod leichte Art spielt es mit der Sehnsucht des Men‐ zum Haus der Alten. „ Alte, es ist an der Zeit. Du schen, den Tod zu besiegen, den Lebenszyklus zu hast dein Leben auf Erden gelebt, jetzt sollst du durchbrechen. mit mir kommen.“ Zuerst erschrak die Alte, als Eine verlockende Vorstellung? Und doch weiß der Tod so unerwartet vor ihr stand, aber da sie die Alte, dass sie sich dem Rhythmus des Lebens nicht nur hilfreich, sondern auch gewitzt war, fügen muss. Letztlich gibt sie den Tod frei, wusste sie schnell, was zu tun ist. „Du bist es, geknüpft an eine Bedingung. lieber Tod. Ja, gerne gehe ich mit dir, aber vorher erfülle mir noch einen Wunsch. Die Pflaumen, Sie gewinnt LEBENSZEIT, die als Qualität die ich so sehr liebe, sind gerade reif. Klettere nicht als Quantität zu verstehen ist. doch in den Pflaumenbaum und pflücke mir einige ab, dass ich sie zum Abschied genießen Hierin liegt eine wichtige gemeinsame Aufgabe kann.“ „Wenn's weiter nichts ist“, dachte der Tod, für Hospizarbeit und Palliativmedizin: „diesen letzten Wunsch kann ich ihr wohl erfül‐ Leben so lebenswert wie möglich zu gestalten. len.“ Ein wunderbares Märchen dazu. « ÖLBERG - zuletzt - 1/21 - 17
Ölberg - Ökumenischer Hospizdienst E-Mail: info@hospizdienst-koenigswinter.de Königswinter e.V. www.hospizdienst-koenigswinter.de Dollendorfer Straße 46 D-53639 Königswinter-Oberpleis Volksbank Köln Bonn eG IBAN: DE81 3806 0186 2700 8130 13 Telefon: 02244 877473 BIC: GENODED1BRS
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