ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...

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ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
ÖLBERG                                              - zuletzt -
Ö k u m e n i s c h e r H o s p i z d i e n s t Kö n i g s w i n t e r e .V.

    Geh’ mutig weiter,
ich bleib’ an deiner Seite.
Ausgabe 1/21
ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
GRUSSWORT                                                                            INHALT
Liebe Mitglieder und Interessierte,
die derzeitige Corona Pandemie hat uns zwei Dinge gezeigt: Erstens – auch           2
wenn wir es gerne verdrängen – sind Tod, Sterben und Trauer alltägliche            Grußwort
Themen in unserem Leben. Zweitens haben wir gesehen, wie wichtig gerade            Prof. Dr. Raymond Voltz, Schirmherr
in dieser Lebensphase persönlich menschliche Begleitung ist. Genau für             Impressum
diese beiden Aspekte des Lebens steht in unserer                                   Inhaltsverzeichnis
Heimat Königswinter der Hospizdienst Ölberg
e. V. : Er ist für Sie verlässlicher Ansprechpartner                                3
und Informationsgeber für die Themen um Ster‐                                      Grußwort
ben, Tod und Trauer und er kann wenn                                               Klaus Mense, Vorsitzender des Vorstandes
gewünscht verlässliche menschliche Begleitung
leisten.                                                                            4
                                                                                   Ich möchte zu Hause sterben
Ich freue mich sehr, dass der Hospizverein nun                                     Bedürfnisse, Ängste und Nöte
einen wichtigen Schritt „mutig weitergeht“ näm‐                                    der Kranken
lich eine Hospizzeitung zweimal im Jahr herauszu‐                                  Philine Heller,
geben.                                                 Foto: Uniklinik Köln        ehrenamtliche Sterbebegleiterin

Als Schirmherr stehe ich seit Gründung und gerne auch weiterhin dem Hos‐           5
pizdienst fachlich zur Seite. Aber auch andersherum ist es z. B. für die Strate‐   Was ist eigentlich die SAPV?
giegruppe unseres Zentrums für Palliativmedizin der Uniklinik Köln wesent‐         Christiane Opitz, ehrenamtliche
lich, an den praktischen Erfahrungen aus dem Alltag eines Hospizdienstes           Sterbebegleiterin, im Gespräch mit der
teilhaben zu können. So ist z. B. auch unser gemeinsames Schulprojekt, wel‐        Palliativ-Krankenschwester
ches am CJD in Königswinter gestartet ist und inzwischen bundesweite Ver‐          Birgit Schmelter
breitung gefunden hat, auch ein wunderbares Beispiel der bisherigen Zusam‐
menarbeit.                                                                          6
                                                                                   Hospiz- und Palliativnetzwerk
So soll es weitergehen. Ad multos annos!                                           Königswinter
                                                                                   Rita Schmitz, Koordinatorin
Prof. Dr. Raymond Voltz
                                                                                    7
                                                                                   Abschied nehmen - wie geht das?
                                                                                   Abschied vom Leben

Impressum
                                                                                   Brigitte Fischer,
                                                                                   ehrenamtliche Sterbebegleiterin
                                                                                   Abschied vom Sterbenden
Herausgeber:                                                                       Anne Billion,
Ölberg - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V.                               ehrenamtliche Sterbebegleiterin
Dollendorfer Str. 46, 53639 Königswinter-Oberpleis
Redaktion:                                                                          8
Christiane Opitz, Rita Schmitz                                                     Eine Sterbebegleitung, die mich sehr
Layout:                                                                            berührt und etwas Wesentliches
Silke Frink, Dieter Zehner                                                         gelehrt hat
Autorenfotos:                                                                      Cristiane v. Auer-Mense,
Privat                                                                             ehrenamtliche Sterbe- und
Märchen:                                                                           Trauerbegleiterin
Aus Jana Raile - Trauerbegleitung mit Märchen
Druck:                                                                              10
                                                                                   Wie kommen die Begleitungen zustande
                                                                                   Die Qualität der Begleitung
                                                                                   Rita Schmitz, Koordinatorin
Königswinter, im Juni 2021

2 - 1/21                                                                                                 ÖLBERG - zuletzt -
ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
INHALT                                                                                GRUSSWORT
                                         Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
 11                                      das Thema Sterben, Tod und Trauer erzeugt in uns oft Angst und Unsicher‐
Bleib doch noch                          heit. Wir schauen lieber weg und investieren unsere Aufmerksamkeit in die
Erfahrungen einer begleitenden Tochter   Lebensgestaltung, den Beruf, die Freizeit. Ich selbst habe mit 45 Jahren erst‐
Jutta Baden, Tochter,                    malig einen toten Menschen gesehen - meinen Onkel. Mit der ernsten
ehrenamtliche Sterbebegleiterin,         Erkrankung meiner Eltern wurde ich unvorbereitet und am Anfang hilflos
stellv. Vorsitzende des Vorstandes       mit dem Thema Lebensende konfrontiert.

12                                                                 Der Ökumenische Hospizdienst Königswinter
Stufen                                                             e.V. ist Teil der Hospizbewegung in Deutschland.
Hermann Hesse                                                      Wir begreifen das Sterben als wichtigen und
                                                                   unausweichlichen Teil des Lebens. Mit dieser
 13                                                                ersten Ausgabe unserer Zeitschriften-Reihe
Patientenverfügung                                                 „Ölberg – zuletzt“ geben wir Ihnen Einblick in
Ein wichtiges Thema, das oft verdrängt                             unsere Arbeit. Unser Auftrag ist es, sterbende
wird                                                               Menschen und ihre Familien psychosozial und
Dr. Ute Lammert, Ärztin,                                           beratend zu begleiten, möglichst lange Lebensqua‐
Beisitzerin im Vorstand                                            lität für alle Beteiligten zu erhalten und ein Ster‐
                                                                   ben in Würde zu Hause oder im Seniorenheim zu
 14                                                                ermöglichen.
Freude und Trauer - beide gehören
zum menschlichen Leben                   Für die Begleitungen stehen geschulte und versierte ehrenamtliche Begleite‐
Babette Hünig, Koordinatorin             rinnen und Begleiter bereit. Den Einsatz der Ehrenamtlichen sowie die fall‐
                                         weise Einbeziehung von ambulanten Pflegediensten und palliativer Versor‐
15                                       gung verantworten unsere angestellten Koordinatorinnen.
Kooperationen, Mitgliedschaft
                                         Wir erleben in den Begleitungen zuweilen, dass sterbende Menschen sich mit
 16                                      ihrem Leben auseinandersetzen und lernen, es im Rückblick so anzuneh‐
Ihre Ansprechpartnerinnen - die          men, wie es war und mit sich und der Familie Frieden zu schließen. Das
Koordinatorinnen                         wirkt gleichermaßen heilsam für den Sterbenden und die Familie, die in
Rita Schmitz, Koordinatorin              Trauer zurückbleibt und weiterlebt.
Petra Schlieber, Koordinatorin
Babette Hünig, Koordinatorin             Daher möchten wir Ihnen Mut machen, sich mit diesen Themen zu beschäf‐
                                         tigen, Berührungsängste abzubauen und es als Chance zu begreifen, inner‐
 17                                      lich daran zu wachsen. Wir möchten Sie motivieren, frühzeitig mit uns Kon‐
Der Tod im Pflaumenbaum                  takt aufzunehmen, wenn jemand in Ihrem Umfeld schwer erkrankt und eine
Ein Märchen aus Frankreich               palliative Behandlung ansteht. Die positive Wirkung unserer Arbeit kann
Nachgedanken                             sich am besten entfalten, wenn unsere Begleitung längerfristig möglich ist.
Erläuterungen zum Märchen
Dorothé Efferoth, Märchenerzählerin,     In diesem Sinne: „Gehen Sie mutig weiter – Wir bleiben an Ihrer Seite -
ehrenamtliche Sterbe- und                wenn Sie es möchten!“
Trauerbegleiterin
                                         Mit herzlichen Grüßen
 18
Wir sagen Danke                          Ihr
Spenden
                                         Klaus Mense
 19                                      Vorsitzender des Vorstandes
Kontakt

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ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
ERFAHRUNGEN
Ich möchte zu Hause sterben                                                                        Küche, vertraute Geräte benutzen, den eigenen
                                                                                                   Balkon oder gar Garten, das eigene Bett... die
Bedürfnisse, Ängste, Nöte der Kranken                                                              selbst geschaffene Ordnung, das vertraute Essen...

Ich möchte zu Hause sterben, in meinen eigenen                                                     Mit Herrn K. konnte ich noch kurze gemeinsame
vier Wänden und möglichst im Schoße der Fami‐                                                      Gänge durch den Ort machen. Das Senioren-
lie: So wünschen wir uns das. Nur: Die Wohnung                                                     Handy mit Sicherheitsknopf für den Malteser
muss gewartet werden, die Familie ist nicht am                                                     Hilfsdienst, der eigene Haustürschlüssel, selbst
Ort, der körperliche und geistige Zustand erfor‐                                                   aufschließen... . Nach dem Tod seiner Frau war er
dert dauernde Pflege und Überwachung.                                                              in Angst und Depression verfallen. Danach fand
                                                                                                   er sich in der ehemals gemeinsamen Wohnung
Dennoch: Mit einigen Vorbereitungen und                                                            und mit einem Pflegedienst und der Hilfe der
Unterstützung kann die Erfüllung dieses                                                            Tochter schlecht und recht zurecht. Seine Lun‐
Wunsches häufiger gelingen als man denkt.                                                          genkrankheit versetzte ihn oft in Atemnot.

Allen ist gemeinsam, dass sie sich ihre Selbstbe‐   Philine Heller                                 Herr K. war kein gläubiger Mensch. Kurz vor
stimmung bis zu ihrem Ende erhalten möchten,        Ehrenamtliche                                  seinem Tod wiederholte er dennoch in Bezug auf
in der vertrauten Umgebung, in der vertrauten       Sterbebegleiterin                              seine Frau immer wieder: „Sie ist ja da, aber sie ist
                                                                                                   doch nicht da ...warum ...warum … wie geht das
                                                                                                   denn weiter?“
                                                                                                   Ich habe oft mit Singen geantwortet und hoffte,
                                                                                                   dass er mich trotz seiner starken Schwerhörigkeit
                                                                                                   hörte.

                                                                                                Frau R. begleite ich seit zweieinhalb Jahren. Für
                                                                                                ihr Ende hat sie sich materiell abgesichert, hat
                                                                                                                            „Alles im Griff“, auch
                                                                                          “Allen ist gemeinsam, einen Vertrag mit dem
                                                                                                                            Beerdigungsinstitut.
                                                                                               dass sie sich ihre „Ist egal, woran ich
                                                                                                                            sterbe“, sagt die schwer‐
                                                                                         Selbstbestimmung bis kranke Frau. Allerdings
                                                                                                                            ist sie liebevoll versorgt
                                                                                         zu ihrem Ende erhalten von einer pflegenden
                                                                                                                            Freundin, die sie
                                                                                        möchten, in der vertrau- wäscht und für sie
                                                                                                                            kocht und die auch
                                                                                                ten Umgebung.” putzt. Zudem ist sie
                                                                                                                            ständig über Whats‐
                                                                                                App verbunden mit ihrer weit verzweigten Ver‐
                                                                                                wandtschaft. So „steht“ sie noch irgendwie
                                                                                                mitten im Leben, obwohl sie im wahren Sinne
                                                                                                eigentlich nur aufsteht, wenn sie vor Schmerzen
                                                                                                nicht mehr liegen kann.

                                                                                                   Obwohl sie mir mehrmals versicherte, dass sie
                                                                                                   nicht an Gott glaubt, äußert sie nun häufig, dass
                                                                                                   sie nach dem Tode ihre Verwandtschaft wiederse‐
                                                                                                   hen möchte oder einfach: „Wer weiß, was Gott
                                                                                                   mit mir vorhat?“

                                                                                                   Das sind doch gute Voraussetzungen für ein
                                                                                                   kampfloses Loslassen im Tode. Ich hoffe, dass sie
                                                                   Foto: Rita Schmitz

                                                                                                   das zu Hause schaffen wird. «

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ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
WAS IST EIGENTLICH...
Was ist eigentlich die SAPV?                                                              Im Gegensatz zu den Pflegediensten bringen wir
                                                                                          auch mehr Zeit mit. Wir besuchen die Kranken
Christiane Opitz, ehrenamtliche Sterbebegleiterin, im                                     regelmäßig, versuchen, eine möglichst ruhige und
                                                                                          gute Atmosphäre zu schaffen und klären im
Gespräch mit der Palliativ-Krankenschwester                                               Gespräch – nicht nach Fragebogen – wie die
Birgit Schmelter                                                                          aktuelle Situation und der Bedarf ist. Außerdem
                                                                                          haben wir im Blick, ob alle notwendigen Hilfs‐
CO: Schwester Birgit, Sie sind als Palliativ-                                             mittel greifbar sind, organisieren notfalls auch
Krankenschwester f ür die SAPV unterwegs.                                                 mal schnell ein Pflegebett. Alles wird in unserer
Was ist die SAPV und welche Auf gaben                                                     Dokumentation vermerkt, sodass wir jederzeit
nimmt sie wahr?                                                                           einen guten Überblick über die Situation des
                                                                                          Patienten haben. Das ist auch erforderlich, weil
BS: SAPV steht für Spezialisierte Ambulante Pal‐                                          wir rund um die Uhr erreichbar sind und daher
liativ Versorgung. Die palliative Behandlung von                                          derjenige, der gerade Bereitschaftsdienst hat, auf
Patienten setzt dann an, wenn eine Heilung nicht                                          einen Blick die Lage einschätzen können muss.
mehr zu erwarten ist. Das heißt, wir gehen zu
Menschen mit schweren Erkrankungen und                                                    CO: Wer ist im Team?
Krankheitssymptomen wie Luftnot, Schmer‐
zen, Unruhe, Übelkeit, Erbrechen. Mit SAPV            Christiane Opitz                    BS: Palliativärzte und Pflegekräfte mit Palliativ-
können ungewünschte und belastende Kranken‐           Ehrenamtliche                       Care-Weiterbildung. Die Pflegekräfte in unserem
hauseinweisungen vermieden werden.                    Sterbebegleiterin,                  Team haben 160 Stunden Ausbildung absolviert
                                                      Beisitzerin im Vorstand             und mindestens ein Jahr auf einer Palliativstation
Im Gegensatz zu den Pflegediensten machen wir                                             oder im Hospiz gearbeitet, bevor sie zur SAPV
keine Körperpflege. Als Spezialisten für die Sym‐                                         gekommen sind. Dort arbeiten sie dann selbst‐
ptomkontrolle lindern wir Krankheitssymptome                                              ständig, haben aber jederzeit die Möglichkeit
und versorgen Wunden. Wenn z. B. Tumore auf‐                                              einen Arzt aus dem Team einzubeziehen. In der
brechen, sind pflegende Angehörige mit der Situ‐                                          Dokumentation ist auch Notfallmedikation hin‐
ation überfordert. Wir haben die entsprechende                                            terlegt.
Ausbildung und Erfahrung für eine adäquate
Versorgung.

Der Begriff „palliativ“ leitet sich ab von Pallium,
der Mantel. Wir legen den Mantel der Fürsorge
um die Patienten und ihre Angehörigen. Unser
Ziel ist eine so gute Versorgung der Kranken und
Unterstützung der Pflegenden, dass ein selbstbe‐
stimmtes Leben zu Hause oder auch im Heim bis
zuletzt möglich ist. Es kommt häufig vor, dass wir
bei unseren ersten Besuchen hören: „Ich kann
nicht mehr. Ich möchte so nicht mehr leben.
Können Sie mir nicht etwas geben, dass es end‐
lich vorbei ist? Ich habe schon überlegt, in die
Schweiz zu fahren…“
                                                               Foto: Hans-Anno Pritzkow

Wir holen die Patienten dann da ab und vermit‐
teln ihnen, dass wir jetzt erst einmal die Symp-
tome gut kontrollieren, damit sie keine Luftnot
mehr haben, keine Schmerzen, keine Unruhe,
keine Übelkeit, kein Erbrechen und was es sonst
noch für Symptome gibt. Wenn man nicht schla‐
fen kann, ist das auch schlimm für die Menschen.
                                                                                          Wichtig ist aber auch die Zusammenarbeit mit
Und da hilft auch keine normale Schlaftablette.                                           verschiedenen Therapeuten, ambulanten Hospiz‐
Da kreisen die Gedanken…                                                                  diensten, Hausärzten. Da nehmen wir auch Ver‐
                                                                                          mittlerdienste wahr oder empfehlen auch schon
Und wenn wir die Symptome dann gut im Griff                                               mal Alternativmedizin wie Aromatherapie. »
haben, dann haben sie auf einmal wieder Lebens‐
freude und sind total dankbar.

ÖLBERG - zuletzt -                                                                                                                1/21 - 5
ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
WAS IST EIGENTLICH...
CO: Wer hat Anspruch auf die Leistungen                                       Danach besuchen wir Pflegekräfte den Patienten.
der SAPV?
                                                                        Wir beobachten und dokumentieren die Verände‐
BS: Voraussetzung ist in jedem Fall, dass eine                          rungen im Krankheitsverlauf, haben aber auch
unheilbare Krankheit mit begrenzter Lebenszeit                                                       das Familienbild und
und entsprechender Symptomlast vorliegt.                                                             die Lage der Angehöri‐
                                                     "Das Problem ist, dass immer noch gen im Blick. Durch
CO: Kann jeder, der meint, die Vorausset‐                                                            die 24-Stunden-Er‐
zungen zu erf üllen, sich bei der SAPV                  viele Hausärzte und Angehörige reichbarkeit sind wir
melden und wie geht es dann weiter?                                                                  eine verlässliche Stütze
                                                        nichts von der Existenz und den und können im Notfall
BS: Wir werden tätig, wenn eine Verordnung                                                           innerhalb kürzester
vom Hausarzt, Facharzt oder Krankenhaus vor‐           Möglichkeiten der SAPV wissen." Zeit Entlastung brin‐
liegt. Aber auch Angehörige können uns kontak‐                                                       gen, physisch und psy‐
tieren und wir erklären, wie der Weg ist. Das Pro‐                      chisch. In vielen Fällen ist die Pflege zu Hause bis
blem ist, dass immer noch viele Hausärzte und                           zum Ende nur durch unsere Unterstützung mög‐
Angehörige nichts von der Existenz und den                              lich.
Möglichkeiten der SAPV wissen.
                                                                              Auch die psychosoziale Begleitung von Patienten
Wenn eine Verordnung vorliegt, sucht innerhalb                                und Angehörigen ist ein wesentlicher Bestandteil
der folgenden drei Tage ein Palliativarzt den                                 unserer Arbeit. Daher arbeiten wir auch eng mit
Kranken auf, macht die Anamnese und entwi‐                                    den ambulanten Hospizdiensten zusammen.
ckelt einen Medikamentenplan.
                                                                              CO: Vielen Dank für den Einblick in die Mög‐
                                                                              lichkeiten der SAPV! «

WISSENSWERT
Hospiz- und Palliativnetzwerk
Königswinter
Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, wird der                                 Da ist die Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst
Mensch palliativ behandelt. So wird alles getan,                              gefragt.
um die Symptome der schweren Erkrankung oder
des Sterbens zu lindern. Und da gibt es nicht eine                           Wir haben häufig festgestellt, dass die Versorger in
besondere Medizin, sondern nur individuelle                                  der palliativen Situation kaum voneinander
Wege der Schmerz- und Symptombehandlung.                                     wissen. Deshalb haben wir 2017 ein Netzwerk aus
Da der Ursprung des Schmerzes körperliche, seeli‐                            Haus- und Palliativärzten, Pflegediensten, SAPV,
sche, geistige und soziale Ursachen haben kann,                              Seniorenhäusern und dem Krankenhaus Bad
müssen in der letzten Lebensphase auch verschie‐                             Honnef ins Leben gerufen.
dene Professionen eng zusammenarbeiten.
                                                                              Durch dieses hospizlich-palliative Netzwerk
Dies haben wir ganz konkret in unseren Sterbebe‐     Rita Schmitz             können wir die Familien umfassend zu Schmerz‐
gleitungen erfahren. Kein kranker Mensch kann        Koordinatorin für        therapie, palliativer Pflege und Palliativstationen
auf Dauer zu Hause bleiben bei guter Lebensqua‐      ambulante                und Hospizen beraten und die Angebote koordi‐
lität, wenn er starke Schmerzen hat. Hier ist die    Sterbebegleitung         nieren. Viele Absprachen können auf dem klei‐
Zusammenarbeit mit dem Mediziner gefragt.                                     nen Dienstweg getroffen werden. Dadurch be–
                                                                              kommt der Kranke schneller die Unterstützung,
Angehörige können in hohem Alter nicht ständig                                die er benötigt. Der Gewinn liegt auch darin, dass
das Bett ihres kranken Partners neu beziehen und                              alle den Wunsch des Patienten kennen und „am
die Pflege und das Duschen übernehmen.                                        gleichen Strang“ ziehen. Das Sterben zu Hause ist
                                                                              besser zu verwirklichen. «

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ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
WIE GEHT DAS?
Abschied nehmen - wie geht das?
Abschied vom Leben
Das habe ich mir auch einfacher vorgestellt, in                           Leben bereichert, Frieden schließen mit mir und
der Theorie auf jeden Fall. Doch wenn es so weit                          meinem Umfeld, mich freuen an dem, was ich
ist, dann sieht es ganz anders aus. Denn schon ab                         alles erlebt habe. Auch annehmen, dass Pläne
dem ersten Tag heißt es Abschied nehmen.                                  nicht verwirklicht werden konnten. Indem ich
                                                                          mich auf meine Endlichkeit einstelle, gebe ich
Wie oft in meinem Leben habe ich schon                                    dem Abschied vom Leben einen Raum. Abschied
Abschied genommen. Beim Wechsel vom Kinder‐                               von meinem Leben, vom Leben der Menschen,
garten in die Schule; von meinen Eltern, als ich in                       die ich als Ehrenamtliche im Hospizverein
meine erste eigene Wohnung gezogen bin; von                               begleite.
meiner Heimat in Süddeutschland, als ich ins
Rheinland kam. Es waren Abschiede, die voller                             Wie geht der „Abschied vom Leben“? Kann ich
Freude waren, weil sie einen neuen Lebensab‐          Brigitte Fischer    so pauschal nicht sagen. Indem ich mich von dem
schnitt eingeleitet haben. Abschied vom Leben?        Ehrenamtliche       Menschen, den ich begleite, nach jedem Besuch
Diese Frage stellte ich mir damals nicht. Doch als    Sterbebegleiterin   ganz bewusst verabschiede in dem Wissen, dass es
meine Großeltern und später meine Eltern gestor‐                          mein letzter Besuch gewesen sein könnte. Den
ben sind, hieß es „Abschied für immer zu                                  Abschiedsprozess kann ich mit Ritualen ver‐
nehmen“. Was macht es mit mir, wenn ich mir                               knüpfen, eine Kerze anzünden, mir eine stille
meiner Endlichkeit bewusst werde? Wenn ich                                Stunde nehmen und in Gedanken bei dem ster‐
weiß, dass meine Lebenszeit begrenzt ist? Es lässt                        benden oder verstorbenen Menschen sein. Viele
mich bewusster leben, die Momente und Begeg‐                              vor mir mussten Abschied nehmen und viele
nungen genießen, offen sein für alles, was das                            nach mir werden es noch tun. «

Abschied vom Sterbenden
Während meiner elfjährigen Tätigkeit als Hospiz‐                          Jedes Sterben ist anders. Sensibilität und Zurück‐
mitarbeiterin habe ich mich von vielen Menschen                           haltung sind für mich wichtig, manchmal auch
verabschieden müssen. Jede neue Begleitung                                Phantasie. Nichts muss, erlaubt ist, was dem Ster‐
beinhaltet einen Abschied. Das ist auch für mich                          benden guttut. Wenn der Tod näher rückt, ist
nicht immer leicht. Bei langen Begleitungen ent‐                          mehr Stille angesagt. Mit meinen Gedanken bin
stehen Nähe und Vertrauen. Meine längste                                  ich ganz bei diesem Menschen, berühre eventuell
Begleitung dauerte mehr als drei Jahre. Alleine im                        seine Schulter oder halte locker seine Hand. Ob
Haus, die Verwandtschaft weit weg, musste ich                             das für den Sterbenden angenehm ist, fühle ich
versprechen, am Ende da zu sein. Ich konnte das                           sehr schnell. Besonders schön ist es für mich,
Versprechen halten und bin heute noch froh dar‐                           wenn sich Angehörige zu mir setzen. Oft kommt
über.                                                                     es zu vertrauten Gesprächen und wir stehen
                                                      Anne Billion        gemeinsam die schwere Zeit durch. Berührend
Andere Begleitungen dauern Monate, Wochen             Ehrenamtliche       und schön ist es, wenn Enkel die Oma oder den
oder auch nur Tage. Wünschenswert ist es, geru‐       Sterbebegleiterin   Opa noch einmal besuchen.
fen zu werden, bevor der Sterbeprozess einsetzt.
Dann besteht die Möglichkeit sich kennenzuler‐                            Eine Unterstützung in der Begleitung sind für
nen, damit am Sterbebett ein vertrauter Mensch                            mich auch die Palliativärzte, die mit Kompetenz
sitzt, kein Fremder. Etwas aus dem Leben des                              und Empathie den Sterbenden die Angst vor
Kranken zu erfahren hilft mir, die spätere verblei‐                       Schmerzen und Atemnot nehmen.
bende Zeit im Sinne des Sterbenden zu gestalten.
Wenn das Sprechen nicht mehr möglich ist,                                 Mir führt jeder Tod vor Augen, wie kostbar und
können wir gemeinsam die Lieblingsmusik hören                             einzigartig unser Leben ist. Ich erfahre bei meiner
oder ich lese aus meinem Kurzgeschichtenbuch                              Tätigkeit Wertschätzung und Vertrauen, die für
vor. Auch Lachen, Singen und Beten gehören für                            mich die Grundlage sind, weiterhin Menschen zu
mich zur Sterbebegleitung dazu. Wichtig ist mir                           begleiten. Dafür bin ich dankbar. «
nur, es muss zu diesem Menschen passen.

ÖLBERG - zuletzt -                                                                                                 1/21 - 7
ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
ERFAHRUNGEN
Eine Sterbebegleitung, die                                                        Während ihrer Schilderungen dachte ich die
                                                                                  ganze Zeit an meine Mutter, die zeitgleich dort

mich sehr berührt und etwas
                                                                                  gewesen sein musste und deren Erzählungen aus
                                                                                  der Zeit ich in ähnlicher Erinnerung hatte.

Wesentliches gelehrt hat
                                                                                  Sie war mit meinen Großeltern und ihrer Schwes‐
                                                                                  ter aus dem Baltikum nach Posen umgesiedelt
                                                                                  worden.
Seit 2008 bin ich beim ambulanten, ökumeni‐
schen Hospizverein „Ölberg“ in Königswinter als                                   „Im Prinzip verrückt“ dachte ich, nannte der
ehrenamtliche Mitarbeiterin tätig. Erst einige                                    Dame aber trotzdem den Namen meiner Mutter
Jahre als Sterbebegleiterin, später kam auch die                                  und fragte, ob sie ihr eventuell begegnet war….
Trauerbegleitung hinzu.
                                                                                  Sie hielt in ihren Erzählungen inne, schaute
Jede Begleitung ist „einzigartig“ und jedes Mal                                   meine Koordinatorin und mich einen Moment
nehme auch ich als Begleiterin wichtige Erfah‐                                    sprachlos an und antwortete:
rungen mit, im Hinblick auf das Sterben, aber
auch für das Leben!                                                               „Und ob ich sie kenne! Wir waren ein Jahr lang
                                                                                  gemeinsam in besagtem Arbeitsdienst und als wir
Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass sich in                               1944 alle dort wegmussten, verlor sich leider der
meinem Leben „Kreisläufe“ schließen! Dass             Cristiane v. Auer-Mense     Kontakt. Ich habe mich seitdem immer gefragt,
Informationen, Erfahrungen und Erlebnisse, die        Ehrenamtliche Sterbe- und   was wohl aus ihr geworden ist…“
ich in früheren Jahren hatte, mir jetzt wieder        Trauerbegleiterin
begegnen, aber einen anderen Sinn ergeben. Es                                     Wir waren alle drei äußerst berührt und konnten
sind Antworten auf viele Lebensfragen….                                           es erstmal nicht fassen!

Im September 2020 wurde ich zur Sterbebeglei‐                                     So begann eine intensive Zeit der Begleitung, in
tung bei einer 96jährigen Dame angefragt. Meine                                   der ich ihr aus dem Leben meiner Mutter erzäh‐
Koordinatorin stellte mich der Dame bei der                                       len konnte und sie mir im „Gegenzug“ alle
ersten Begegnung vor. Sie war der Jahrgang                                        Fragen, die ich noch zu der damaligen Zeit hatte,
(1924) meiner Mutter, die aber 2016 gestorben                                     beantwortete. Wir freuten uns beide jedes Mal
ist. Ich lernte sie als äußerst wache, achtsame und                               sehr auf das nächste Treffen und vergaßen fast,
interessierte Person kennen, der ihre Situation                                   dass sie eigentlich sterbend war!
völlig bewusst war und die sie, kaum dass wir uns
gesetzt hatten, gleich benannte.                                                  Über die Wochen nahm ihre Schwäche zu und
                                                                                  ich erlebte, wie sie, da Witwe, ihren Nachlass in
Dann begann sie aus ihrem Leben zu erzählen….                                     der Familie geregelt hatte, sogar ihre Beerdigung
                                                                                  schon organisiert und die Lieder ausgesucht
Als sie erwähnte, dass sie sich als 19-Jährige, 1943                              hatte. Den Tod hatte sie also klar vor Augen und
zum Arbeitsdienst (nicht zu verwechseln mit                                       das äußerte sie auch immer wieder, denn „irgend‐
Arbeitslager) in den Osten nach Posen (Polen)                                     wann muss man auch mal gehen dürfen“, wie sie
gemeldet hatte, um mal eine andere Gegend als                                     einmal sagte. Sie war auch mit sich, ihrem Leben,
ihre Heimat Branden‐                                                              ihren Angehörigen im Frieden!
burg kennenzulernen,         “Irgendwann begann sie, mir
wurde ich etwas hellhö‐                                                           Daher fragte ich mich öfter, worum es noch
rig. Sie beschrieb, wie      von einer “Vision” zu erzäh-                         gehen könnte, als nur um die Geschichte mit
sie und die anderen                                                               meiner Mutter?
jungen Frauen, die sie       len, die sie immer wieder in
in diesem Dienst ken‐                                                             Irgendwann begann sie, mir von einer „Vision“ zu
nengelernt hatte, ihren      ihren Tagträumen hatte.”                             erzählen, die sie immer wieder in ihren Tagträu‐
Arbeitseinsatz tagsüber                                                           men hatte. Sie sähe einen Spiegel und jedes Mal,
in der Landwirtschaft und als Hilfslehrerinnen                                    wenn sie auf ihn zuginge, weil sie wissen wollte,
gefunden hatten. Abends trafen sie sich dann in                                   was sich dahinter verberge, war da Nichts bzw.
ihren Gruppenunterkünften, den „Baracken“,                                        nur „Verschleiertes“, was sie nicht deuten konnte.
alten Holzhäusern, in denen sie es sich gemütlich
machten, mit Holz heizen und kochen konnten.

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ÖLBERG - Geh' mutig weiter, ich bleib' an deiner Seite - Ökumenischer Hospizdienst Königswinter e.V - Ökumenischer ...
Aus meiner Erfahrung mit vielen anderen Sterbe‐             Die Bibelstelle mit dem Spiegelbild findet sich bei
                           begleitungen weiß ich, dass es wichtig ist, gut             1. Kor 13, 9-12:
                           zuzuhören und achtsam zu sein, wenn Sterbende
                           von ihren „Visionen“ oder Träumen erzählen,                 Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk
                           weil es oft Hinweise sein können auf den nahen‐             unser prophetisches Reden; wenn aber das Voll‐
                           den Sterbeprozess und möglicherweise auch auf               endete kommt, vergeht alles Stückwerk.
                           ein Leben „danach“….
                                                                                       Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur
                           Darüber sprachen wir dann auch, ob es wohl ein              rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von
                           Leben in der „Geistigen Welt“ gäbe, ein nach                Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvoll‐
                           Hause kommen ins                                            kommen, dann aber werde ich durch und durch
                           „Licht“ und in die           “Unser wirkliches Erkennen     erkennen, so wie ich auch durch und durch
                           Liebe? „Aber nicht die                                      erkannt worden bin.
                           Liebe, die Du viel‐          könnte im Hinübergehen         Wenn ich diese Bibelstelle vor meiner Begleitung
                           leicht meinst“, sagte                                       gelesen hätte, ich hätte sie nicht verstanden!
                           sie mit einem Augen‐         geschehen ... Im Licht! Dort
                           zwinkern zu mir,                                            Jetzt aber glaube ich zu verstehen, dass wir in
                           „sondern eine viel grö‐ braucht es keinen Spiegel mehr.”    unserer irdischen Lebenszeit „Stückwerke“ erle‐
                           ßere Liebe, die                                             ben, durchleiden, erkennen… wir sehen oft „rät‐
                           können wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen“.            selhafte Umrisse“ wie in einem Spiegel, die Angst
                           Zwei Wochen später, im November 2020, starb                 auslösen können.
                           sie. Zwei Tage vor ihrem Tod hatte ich sie zum                Unser wirkliches Erkennen könnte im Hinüber‐
                           letzten Mal besucht. Als ich mich von ihr verab‐            gehen geschehen…. im Licht! Dort braucht es
                           schiedete, flüsterte ich ihr noch zu, doch bitte            keinen Spiegel mehr.
                           meine Mutter zu grüßen, sollten sie sich begeg‐
                           nen… sie nickte leise!                                      Ich bin mir sicher, dass sie „drüben“ erkannt hat,
                                                                                       dass sie Licht und Liebe ist. «
                           Als ich einer Kollegin die Vision mit dem Spiegel
                           erzählte, erwähnte sie, dass das „Gleichnis mit
                           dem Spiegel“ an einer Stelle in der Bibel stünde
                           und schickte sie mir.
Foto: Hans-Anno Pritzkow

                           ÖLBERG - zuletzt -                                                                                   1/21 - 9
WISSENSWERT
Wie kommen die Beglei-                                                                      Daher wählt die Koordinatorin eine passende
                                                                                            Hospizbegleiterin aus und stellt sie vor.

tungen zustande?                                                                            Diese erreicht eventuell bei ihren wöchentlichen
                                                                                            Besuchen, dass die Frau wieder Freude an Musik
Meist melden sich bei uns Familienmitglieder                                                bekommt, über ihre besondere Situation spre‐
von der kranken oder sterbenden Person und                                                  chen kann und vielleicht ihre jüngere Schwester
fragen nach Unterstützung in der schweren Situ‐                                             anruft, zu der der Kontakt vor Jahren abgebro‐
ation. Manchmal bekommen wir auch von unse‐                                                 chen war.
ren Partnern in der Hospiz- und Palliativversor‐
gung wie den Hausärzten, dem palliativen Pflege‐                                            Die Begleiterin orientiert sich an den Bedürfnis‐
dienst (SAPV) oder einem Sozialdienst des Kran‐                                             sen des sterbenden Menschen und seiner Ange‐
kenhauses den Namen der hilfesuchenden                                                      hörigen, kommt also nicht mit vorgefertigten
Person genannt. Dann besucht die Koordinato‐                                                Konzepten. Vielleicht besteht der Wunsch nach
rin die betroffene Person zu Hause oder im Heim                                             einem kleinen Spaziergang an der frischen Luft
und spricht mit ihr den Unterstützungsbedarf        Rita Schmitz                            mit dem Rollstuhl oder Rollator oder danach,
ab.                                                 Koordinatorin für                       einfach mal etwas vorgelesen zu bekommen.
                                                    ambulante
Da gibt es z.B. die einsame alte Frau, die zu       Sterbebegleitung                        So kann der Kranke im Mittelpunkt unserer Hos‐
Hause lebt mit einer Tumorerkrankung. Ihr ein‐                                              pizbegleitung stehen und selbst bestimmen, wie
ziger Sohn wohnt in Düsseldorf und ist berufstä‐                                            seine Welt zum Schluss des Lebens gestaltet sein
tig. Sie benötigt eine Sterbebegleiterin, um über                                           soll. «
ihre begrenzte Lebenserwartung und ihre Wün‐
sche für ihre palliative Behandlung zu sprechen.

                                                                               Die Qualität der Begleitung
                                                                                            Die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter werden in
                                                                                            einem 3-4 Monate dauernden Kurs „Verlass mich
                                                                                            nicht, wenn ich schwach werde“ vorbereitet und
                                                                                            absolvieren anschließend ein Praktikum. In dieser
                                                                                            Zeit lernen sie einiges über die Kommunikation
                                                                                            mit Sterbenden, den Umgang mit Krisensituatio‐
                                                                                            nen, die Phänomene beim Sterben und wie man
                                                                                            ihnen begegnen kann. Spirituelle Themen sind
                                                                                            genauso im Programm wie die Verarbeitung eige‐
                                                                                            ner Erfahrungen mit Trauer, Tod und Sterben.
                                                                                            Später schließt sich ein Vertiefungskurs an.

                                                                                            Die Qualität in der Begleitung ist durch die fun‐
                                                                                            dierte Ausbildung der Ehrenamtler sowie deren
                                                                                            engem Kontakt zu den Koordinatorinnen
                                                                                            gewährleistet.

                                                                                            Die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter stehen
                                                                                            unter Schweigepflicht. In regelmäßigen Praxis‐
                                                                                            treffen, Supervision oder Gesprächen mit der
                                                                                            Koordinatorin können Lösungen für herausfor‐
                                                                 Foto: Hans-Anno Pritzkow

                                                                                            dernde Situationen in der Begleitung gefunden
                                                                                            werden.

                                                                                            An schwierigen Stellen in der Begleitung kann die
                                                                                            Koordinatorin immer wieder miteinbezogen
                                                                                            werden. Wir unterstützen die gewünschte
                                                                                            Lebensqualität bis zum Schluss. «

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ERFAHRUNGEN
Bleib doch noch                                                                    Du hast ein schlechtes Gewissen Entlastung
                                                                                   anzunehmen und Du kennst Deine Mutter, die
Erfahrungen einer begleitenden Tochter                                             Dir diese Muster vererbt hat.

Das Lebensende Deiner Mutter bringt auch                                           Die Hospizmitarbeiterin ist diskret und hat eine
Dich an Grenzen.                                                                   angenehme Präsenz. Sie lächelt ernst, jedenfalls
                                                                                   kommt es Dir so vor, sie hört zu, beobachtet, lässt
Es ist nicht nur die Nähe aus der ewigen Mutter-                                   das Geschehen einfach und selbstverständlich
Tochter- Symbiose, die Dich den Abschied-für-                                      erscheinen und plötzlich spürst Du, wie erleich‐
immer bis auf die Knochen fühlen lässt. Erst                                       tert Du bist, jemanden an Deiner Seite zu haben,
recht, wenn es jahrelang jeden Tag soweit sein                                     der weiß, dass wir Menschen sterblich sind, Liebe
kann. Es ist auch die unausgesprochene Fürsorge‐                                   und Freundlichkeit brauchen, Sicherheit, manch‐
pflicht, die wir (fast) alle spüren und der wir zu                                 mal eine Hand, die uns geleitet.
gehorchen versuchen.
                                                                                   Sie sagt, Deine Mutter sei eine Indianerin und
Früher, denkst Du, waren die Leute noch in den       Jutta Baden                   gibt Dir damit die Möglichkeit stolz auf sie zu
besten Jahren wenn es geschah, oder in sicheren      Tochter,                      sein und ihren Mut wieder zu erkennen.
Verhältnissen, auch wenn die sich nicht immer        ehrenamtliche
frei anfühlten. Heute kommt es oft vor, dass die     Sterbebegleiterin,            Aber, lacht sie, auch Indianer haben Angst. Was
Kinder an altersbedingten Gebrechen leiden,          stellv. Vorsitzende des       den Mut umso mehr strahlen lässt.
wenn die steinalten Eltern nicht mehr zurecht‐       Vorstandes
kommen, erst recht nicht beim Sterben.                                          Und außerdem zeigt sie Dir, dass der Tod das
                                                                                Lachen nicht vom Weinen scheidet, was Du
Und da ist dieses Gefühlsbändel, nie abgeschnit‐                                                        geahnt und gehofft
ten, und ein Ende davon heißt „gutes Kind“.                              Wenn Du nicht arbeitest hattest, aber bestätigt
                                                                                                        hatte Dir das noch nie‐
Du bist allein, die Geschwister weit weg oder                            hast Du kein Geld, Dein mand.
beschäftigt mit Unaufschiebbarem wie Golfen.
Du hast nur einen Tag pro Tag, nur zwei Füße                           Haus und Deine Freunde              Überhaupt ist sie wohl‐
und zwei Hände. Wenn Du nicht arbeitest hast                                                               tuend unerschütter‐
Du kein Geld, Dein Haus und Deine Freunde                                 haben sich angewöhnt lich, sei es beim Besuch
haben sich angewöhnt nichts zu verlangen und                                                               des Priesters, bei der
langsam zu verstauben.                                                   nichts zu verlangen und Absprache mit der Pal‐
                                                                                                           liativversorgung oder
Deine Mutter wird immer kleiner und krummer,                             langsam zu verstauben. beim Auftritt der
aber auch immer weicher. Du spürst, wie sie sich                                                           wichtigen Kinder, die
entspannt, wenn Du zu ihr kommst. Sie seufzt                                     nochmal eintrudeln. Sie ist da, gehört leise dazu,
und lächelt. Die Atmosphäre ist inzwischen recht                                 gibt Dir Orientierung und verhindert, dass Du
zärtlich, sie hat keinen Herrschaftsanspruch                                     den Kopf verlierst.
mehr. Aber sagen kann sie auch nicht mehr viel.
                                                                                                            -
Jeden Tag stolperst Du erschöpft nach der Arbeit
zu ihr, hungrig und ohne Energie. Jedes Mal sagt                                   Sie ist gut gewesen für Deine Mutter, aber auch
sie flehend wenn Du nach Hause willst: “Bleib                                      für Dich. Ihre Begleitung hat Dir erlaubt, die
doch noch. Kannst Du nicht noch bleiben?“                                          Gefühle zu haben, vor denen Du noch große
Und Du denkst es ist ihr wichtig, sonst würde sie                                  Angst hattest. Das half Dir, Deine Mutter schon
das nicht sagen. Sie will nur, dass Du da bist und                                 in einem Maße zu vermissen, dass Du einen
Du fragst Dich was sie will. Über sechzig Jahre                                    gerechten und liebevollen Nachruf schreiben und
war sie unzufrieden mit Dir. Will sie jetzt Deine                                  die Musik aussuchen konntest, die sie hören
restliche Kraft?                                                                   sollte beim Abschied, der Trauerfeier. «

Da triffst Du die Mitarbeiterin des Hospizdiens‐
tes und Du hast nichts dagegen, dass noch
jemand für Deine Mutter da ist in den langen
Zwischenräumen, die Du notgedrungen offen‐
lässt.

ÖLBERG - zuletzt -                                                                                                        1/21 - 11
"Stufen", aus: Hermann Hesse, Sämtliche Werke in 20 Bänden. Herausgegeben von Volker Michels. Band 10: Die Gedichte.
                                                                       © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
                                                                       Foto: Hans-Anno Pritzkow

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse

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WISSENSWERT
Patientenverfügung                                                               Diese Person ist legitimiert, die Wünsche des Pati‐
                                                                                 enten durchzusetzen, wenn dieser nicht mehr
Ein wichtiges Thema, das oft verdrängt wird                                      dazu in der Lage ist. Ich möchte nochmal beto‐
                                                                                 nen, dass die Angehörigen, alle behandelnden
„Hast Du eine Patientenverfügung?“ Ist Ihnen                                     Ärzte und Pflegekräfte und sämtliches medizini‐
nicht auch schon einmal diese Frage gestellt                                     sches Personal sich an die Patientenverfügung
worden? Und, was haben Sie geantwortet? Ja,                                      halten müssen.
natürlich! Oder, ach das mache ich noch,
…später. Oft ist es dann aber leider zu spät. Wir                                Und bitte, falls Sie eine Patientenverfügung
alle können ganz schnell - altersunabhängig - in                                 haben, legen Sie einen Zettel in die Brieftasche,
Situationen kommen, in denen wir unseren                                         auf dem vermerkt ist, dass Sie eine Patientenver‐
Willen nicht mehr äußern können.                                                 fügung haben und wo diese aufbewahrt wird.
                                                                                 Oder nennen Sie den Namen der Person, die
Was ist eine Patientenverfügung? In diesem                                       weiß, wo das Dokument liegt. Leider habe ich es
Dokument wird festgelegt, welche medizinischen      Dr. Ute Lammert              als Notärztin oft erleben müssen, dass keiner der
Maßnahmen durchgeführt und welche unterlas‐         Ärztin,                      Angehörigen wusste, ob es ein entsprechendes
sen werden sollen. Zum Beispiel: Ich möchte         Beisitzerin im Vorstand      Dokument gibt, geschweige denn, wo dieses auf‐
keine Schmerzen haben und ich möchte keine                                       bewahrt wird.
Luftnot haben. Ich möchte nicht nur durch
apparative Medizin am Leben gehalten werden,                                 Noch ein Hinweis: Die Patientenverfügung sollte
z.B. mit künstlicher Beatmung. Zusätzlich kann                               regelmäßig - so alle zwei Jahre - auf ihre Gültigkeit
man auch andere Dinge formulieren, die für die                               überprüft werden. Es kann z.B. sein, dass man in
Lebensqualität am Lebensende wichtig sind.                                   der Zwischenzeit eine lebensbedrohliche Erkran‐
Welche Personen möchte der Patient um sich                                                                kung bekommen hat
haben und welche nicht, wo und wie möchte er                         "Leider passierte es mir oder dass man in
untergebracht werden. Also bitte nicht nur medi‐                                                          Streit mit dem ehe‐
zinisch pflegerische Aspekte formulieren, sondern                 immer wieder, wenn ich als mals Bevollmächtig‐
auch psychosoziale Wünsche. Leider passierte es                                                           ten geraten ist und
mir immer wieder, wenn ich als Notärztin geru‐                      Notärztin gerufen wurde, eine andere Person
fen wurde, dass ich in eine schwierige familiäre                                                          einsetzen möchte.
Situation geraten bin. Der eine Angehörige wollte                 dass ich in eine schwierige Glauben Sie mir bitte,
dies, der andere das. Da war dann das Vorliegen                                                           ich habe Dinge erlebt,
einer Patientenverfügung oft die Rettung. So                      familiäre Situation geraten die hätte ich früher
wird sichergestellt, dass der Wille des Patienten                                                         nie für möglich gehal‐
umgesetzt wird, auch wenn er in der aktuellen                       bin. Der eine Angehörige ten.
Situation nicht mehr in der Lage ist, sich zu
äußern. Angehörige, Ärzte und Pflegekräfte                       wollte dies, der andere das.           Nun noch kurz zur
können nur im Sinne des Patienten handeln,                                                              Vorsorgevollmacht.
wenn alle Wünsche schriftlich festgelegt wurden.                  Da war dann das Vorliegen Hier wird noch
                                                                                                        einmal ausdrücklich
Die Patientenverfügung muss in schriftlicher                       einer Patientenverfügung einer Person das
Form vorliegen, kann formlos oder ein ausgefüll‐                                                        Recht erteilt, die
tes vorgedrucktes Formular sein. Jeder einwilli‐                            oft die Rettung." Angelegenheiten nach
gungsfähige Volljährige kann eine Patientenverfü‐                                                       dem Willen des Pati‐
gung erstellen, die dann wichtig ist, wenn er in                            enten zu regeln, wenn dieser nicht mehr dazu in
den Zustand der Einwilligungsunfähigkeit                                    der Lage ist. Der Bevollmächtigte wird im juristi‐
kommt.                                                                      schen Sinn zum Vertreter im Willen, d.h. er ent‐
                                                                            scheidet an Stelle des Vollmachtgebers. Das ist zur
Gerne beraten dabei die Hausärzte, aber auch                                Patientenverfügung ein zusätzliches Dokument.
Rechtsanwälte, Notare und verschiedene Institu‐
tionen. Auch unser Hospizverein bietet Informa‐                                  Zum Abschluss eine Bitte: Kümmern Sie sich um
tionsveranstaltungen zu dem Thema an.                                            eine Patientenverfügung. Sie hilft Ihnen und allen
                                                                                 Beteiligten. «
Damit alles wie gewünscht umgesetzt wird, ist es
ratsam, eine Person als Bevollmächtigten zu
benennen.

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TRAUER
Freude und Trauer - beide                                                         Wenn wir diese Schritt für Schritt erleben und
                                                                                  zulassen können und andererseits bereit und

gehören zum menschlichen
                                                                                  offen sind für neue, innere Begegnungen mit dem
                                                                                  Verstorbenen in Erinnerungen und guten
                                                                                  Gedanken, ihn auf seinem Weg begleitend, dann

Leben
                                                                                  können uns Kräfte und Möglichkeiten erwach‐
                                                                                  sen, in veränderter Verbundenheit mit dem Ver‐
                                                                                  storbenen unser Leben mit all seinen Farben
Könnten wir wählen, wir würden uns wahrscheinlich                                 wieder kraftvoll und erfüllend aufzunehmen.
nur Freude für unser oder unserer Mitmenschen
Leben wünschen.                                                                   Die Trauer ist somit nicht etwas für unser
                                                                                  menschliches Leben Sinnloses, sondern sie ist die
Immer dann, wenn Tragendes, Kostbares aus                                         Möglichkeit mit diesen Verlusten umzugehen
unserem Leben sich verabschiedet, verschwindet,                                   und weiterzuleben. Trauerzeiten sind damit Kri‐
möchten wir dies nicht zulassen und die Abwe‐                                     senzeiten, die aber auch die Chancen der Ver‐
senheit erfüllt uns mit Trauer. Und gerade im                                     wandlung, der Entwicklung von Neuem, Ande‐
Erleben des Verlustes kommt uns die Kostbarkeit                                   rem aber nicht unbedingt Schlechterem, beinhal‐
erst in vollem Umfang zu Bewusstsein. Da ist                                      ten.
zuerst der Schmerz des Abschieds, des Verlustes
und dieser breitet sich über uns und unser Leben                                  In diesen Zeiten kann es sehr hilfreich sein, Weg‐
aus wie dichter Nebel, vielleicht alles Leben, alle                               begleiter zu haben, die zuhören können und um
Lebensinhalte und - ziele überdeckend. Wir                                        die vielen verschiedenen Herausforderungen
fühlen uns wie aus dem Leben herausgeworfen.                                      wissen, die mit der Trauer einhergehen können.
Das Leben geht an uns vorbei, als wären wir           Babette Hünig
Zuschauer hinter einer Glaswand; es berührt uns       Koordinatorin und           Im Hospizdienst gibt es hierzu verschiedene
nicht. Und manchmal fragen wir uns vielleicht,        Ansprechpartnerin für die   Angebote, die alle kostenfrei von geschulten
was uns überhaupt noch hält in dieser Welt und        Trauerbegleitung            Trauerbegleitern angeboten werden, welche der
diesem Leben. So oder ähnlich lauten Beschrei‐                                    Schweigepflicht unterstehen.
bungen von Trauernden.
                                                                                  Zum einen gibt es die Möglichkeit der Einzeltrau‐
Erlebnisse dieser Art werfen uns ganz auf uns                                     erbegleitung, einer Reihe von Einzelgesprächen
selbst zurück und führen uns zu den tiefsten                                      mit immer der gleichen Trauerbegleiterin in regel‐
Lebensfragen - nach                                                               mäßigen Abständen, der individuellen Situation
dem Sinn unseres           "Die Beziehung ist immer                               angepasst. Da die Trauer den ganzen Menschen
menschlichen Lebens.                                                              betrifft, physisch, psychisch aber auch spirituell,
All dies ist erschüt‐      noch da und im Erleben des                             können dementsprechend auch verschiedene
ternd und schmerz‐                                                                Themen Inhalt dieser einzelnen Gespräche sein.
haft und birgt doch        Verlustes oft nochmals viel
als Frucht eines – oft                                                            Andererseits suchen viele Trauernde auch Kon‐
langen - Trauerweges       stärker als zu Lebzeiten."                             takt zu Menschen in ähnlichen Lebenssituatio‐
kostbare Erkenntnisse                                                             nen, was oft sehr hilfreich sein kann. Dafür
für das, was im Leben wirklich von Bedeutung                                      bieten das „Lebenscafé“ und der „Trauertreff für
ist, was über den Tod hinaus Bestand hat.                                         Männer“ die Möglichkeit, Menschen in Trauersi‐
                                                                                  tuationen kennen zu lernen und dann vielleicht
Damit wird auch das Hauptthema in der Trauer                                      mit dem einen oder anderen persönliche Kon‐
um einen verstorbenen, mit uns stark verbunde‐                                    takte für Gespräche oder gemeinsame Unterneh‐
nen Menschen angerührt. Die Beziehung ist                                         mungen zu knüpfen.
immer noch da und im Erleben des Verlustes oft
nochmals viel stärker als zu Lebzeiten. Die Trauer                                Zusätzlich haben sich die „Trauerwanderungen“
ist der Weg, mit der Veränderung in der bisher                                    hier in der näheren Umgebung als geeignete Mög‐
gelebten Beziehung umzugehen und zu einer ver‐                                    lichkeit erwiesen, um mit anderen Menschen in
änderten, inneren, ganz anderen und manchmal                                      ähnlichen Situationen ins Gespräch zu kommen,
noch viel näheren Verbundenheit zu finden.                                        neue Impulse aufzunehmen und sich äußerlich
Dieser Verwandlungsprozess braucht Zeit, oft viel                                 wie innerlich auf den Weg zu machen. «
Zeit und ist geprägt von vielen kleinen und
großen Abschiedserlebnissen.

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Vielleicht verstehen die Menschen einst,
                                                                                                        dass ein Sinn in allem liegt, was uns zustößt,
                                                                                                        und dass die schmerzlichsten Augenblicke
                                                                                                        die größten Gaben
Foto: Hans-Anno Pritzkow Zitat aus Elisabeth Kübler-Ross: "Jedes Ende ist ein strahlender Beginn".

                                                                                                        nicht nur für uns selbst,
                                                                                                        sondern auch für die Mitwelt
                                                                                                        bergen können.

                                                                                                        Elisabeth Kübler-Ross

                                                                                                                                                                                           AUS DEM VEREIN

                                                                                                     Kooperationen                                                                Mitgliedschaft
                                                                                                     Das Ziel der Kooperation mit den einzelnen Einrichtungen ist die spürbare    Sie möchten unsere Arbeit regelmäßig unterstüt‐
                                                                                                     Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung schwerstkranker und       zen? Dann freuen wir uns, Sie als Vereins-Mit‐
                                                                                                     sterbender Menschen, sowie deren psychosoziale und spirituelle Begleitung,   glied zu begrüßen.
                                                                                                     unter Einbeziehung aller Netzwerkpartner.
                                                                                                                                                                                  Ein Formular der Beitrittserklärung finden Sie
                                                                                                     Wir arbeiten mit folgenden Häusern zusammen:                                 hier im Heft. Sie können es aber auch im Büro
                                                                                                                                                                                  bekommen oder aus dem Internet herunterladen.
                                                                                                     Seniorenhaus St. Margareta, Stieldorf                                        Als Mitglied werden Sie regelmäßig per Mail
                                                                                                     Seniorenzentrum St. Konstantia, Oberpleis                                    informiert z.B. über die Termine von Veranstal‐
                                                                                                     Seniorenzentrum St. Katharina, Königswinter-Altstadt                         tungen des Hospizdienstes - und in diesen Zeiten
                                                                                                     Haus Nazareth, Ittenbach                                                     auch darüber, ob sie stattfinden können - oder
                                                                                                     (Ein Wohnheim der Caritas für Menschen mit Behinderungen)                    über Neues aus dem Verein.
                                                                                                     Seniorenresidenz Kaiserpalais, Königswinter- Altstadt
                                                                                                                                                                                  Mit Ihrem Mindestbeitrag in Höhe von 25 Euro
                                                                                                                                                                                  pro Jahr unterstützen Sie unsere Hospiz- und
                                                                                                                                                                                  Vereinsarbeit planbar und verlässlich.

                                                                                                     ÖLBERG - zuletzt -                                                                                                1/21 - 15
AUS DEM VEREIN
Ihre Ansprechpartnerinnen - die Koordinatorinnen
            2005 habe ich den Hospizdienst in Königswinter      sterbender Menschen und die Ausbildung der
            initiiert. Dazu führte ich viele Gespräche und      geeigneten ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter
            schrieb ein Konzept zur Schaffung meiner Koor‐      besteht in dem Wissen, dass wir am Lebensende
            dinatorenstelle, welches mit dem Vorstand und       noch so viel für den Kranken und seine Familie
            der finanziellen Unterstützung einer Stiftung       tun können.
            umgesetzt wurde. Den Dienst habe ich an der
            Förderfähigkeit durch die Krankenkassen ausge‐      Es ist für mich eine Freude, diese besonders inten‐
            richtet und die ehrenamtlichen Hospizmitarbei‐      sive Zeit mitzugestalten und die Wünsche und
            ter ausgebildet. Gemeinsam entwarfen wir 2006       die Würde des schwach werdenden Menschen zu
            den ersten Flyer und gründeten uns als Verein.      unterstützen. Ich versuche alles, damit das Ster‐
            Jahrelang war ich als einzige Koordinatorin für     ben zu Hause gelingt.
            alles zuständig. 2012 kam Babette Hünig dazu
            und 2021 Petra Schlieber.                           Mir gefällt, dass sich die ehren- und hauptamtli‐
                                                                chen Hospizmitarbeiter als eine Gemeinschaft
            Mein Name ist Rita Schmitz und ich bin Erzie‐       von Menschen verstehen, die gemeinsam auf dem
            herin, Diplom-Sozialpädagogin und Palliativ-        Weg sind und voneinander lernen können. «
            Care-Kraft. Meine Motivation für die Begleitung

            „Du bist wichtig, weil Du eben Du bist. Du          diese Verbundenheit in vielen Jahren als Kran‐
            bist bis zum letzten Augenblick Deines Lebens       kenschwester, Pflegedienstleitung und stellvertre‐
            wichtig und wir werden alles tun, damit Du          tende Einrichtungsleitung mit Leben füllen.
            nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis
            zuletzt leben kannst.“                              Seit 2018 bin ich ganz in den verschiedensten
                                                                Bereichen der Trauer- und Hospizarbeit tätig, als
            Cicely Saunders                                     Koordinatorin für den ökumenischen Hospiz‐
                                                                dienst Königswinter hauptsächlich für die Beglei‐
            Dieser Satz von Cicely Saunders, der Mitbegrün‐     tung von schwerkranken und sterbenden Men‐
            derin der Hospizarbeit, hat mich schon vor vielen   schen in Seniorenheimen und verschiedenen wei‐
            Jahren sehr beeindruckt und ist mir zum Geleit      teren Einrichtungen. Besonders wichtig ist mir,
            geworden.                                           dass der Mensch dort, wo er sich zuhause fühlt,
                                                                die letzten Momente seines Lebens leben kann.
            Mein Name ist Petra Schlieber. Schon als Schü‐
            lerin in der Krankenpflege fühlte ich mich zum      Meine Berufung sehe ich darin, dem Menschen
            sterbenden Menschen hingezogen und konnte           nahe zu sein. «

            Das Lebensende bedarf – ebenso wie der              Ich lebe in Heisterbacherrott und arbeite seit
            Lebensanfang – der Sorge, der Unterstützung,        2011 als Koordinatorin für Sterbe- und Trauerbe‐
            des Schutzes. Beide Themen, Anfang und              gleitung in der ambulanten Hospizarbeit, seit
            Ende, Ende und Anfang, prägen unser ganzes          2012 auch im Hospizdienst Königswinter. In den
            Leben und sind häufig mit Krisenzeiten, das         letzten Jahren bin ich Ansprechpartnerin für die
            heißt mit Zeiten des Umbruchs, der Unsicher‐        Trauerbegleitung im Hospizdienst Königswinter.
            heiten, aber auch mit Neuanfängen, manch‐
            mal mit Chancen verbunden.                          Vorbereitet für diese Berufstätigkeit hat mich
            Mit meiner Arbeit als Koordinatorin für Sterbe-     mein Leben als Mutter von 5 inzwischen erwach‐
            und Trauerbegleitung möchte ich dazu beitragen,     senen Kindern, die Versorgung und Pflege von
            dass Menschen im Umgang mit diesen Lebens‐          hochaltrigen Familienangehörigen, ein theologi‐
            themen Unterstützung zukommt.                       sches Studium und meine Ausbildung als Trauer‐
                                                                begleiterin und Koordinatorin für ambulante
            Mein Name ist Babette Hünig.                        Hospizarbeit. «

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AM ENDE EIN MÄRCHEN
Der Tod im Pflaumenbaum                                                             Und schon kletterte er flugs in den Baum.Kaum
                                                                                    aber dass er darin saß, sprach die Alte:“ Ich wün‐
Ein Märchen aus Frankreich                                                          sche mir, dass der Tod im Baum kleben bleibt.“
                                                                                    Der Tod mochte versuchen, was er wollte, er
Es lebte einmal eine alte Frau, die war bei allen                                   konnte sich nicht losmachen. Er bat und drohte,
beliebt und trotz ihres Alters noch immer munter                                    er bettelte und fluchte, er flehte und wetterte.
und vergnügt. Sie half, wo sie konnte, fand stets                                   Allein, er saß wie angewurzelt und konnte sich
die rechten Worte des Trostes, und kam ein Bett‐                                    nicht von der Stelle rühren.
ler vorbei, so lud sie ihn zum Gastmahl. Einmal
nun kam ein Heiliger, dessen Name mir entfallen                                     Die Alte war's zufrieden und ging ihrem Tagwerk
ist, als Bettler verkleidet zu der Alten und wurde                                  nach. Wochen und Monate vergingen, doch der
herzlich aufgenommen. Sie lud ihn zum Mahl, sie                                     Tod klebte im Pflaumenbaum. So konnte er nie‐
plauderten über dieses und jenes, und der Heilige                                   manden mit in sein Reich nehmen und niemand
blieb über Nacht. Er bekam ein einfaches Lager                                      starb. Die Menschen waren anfangs erfreut, sie
und am Morgen brach er wieder auf. Doch bevor                                       mussten den Tod nicht länger fürchten, doch
er seine Reise fortsetzte, sprach er zu der Alten:      Dorothé Efferoth            bald schon sehnten die Kranken und Gebrechli‐
„Da du dein Leben lang so gut und hilfreich             Märchenerzählerin,          chen den Tod herbei. Sie riefen nach ihm, aber er
warst, so sollst du einen Wunsch frei haben.            ehrenamtliche Sterbe- und   kam nicht.
Wünsche, was immer du willst, aber bedenke,             Trauerbegleiterin
dass du auch das Rechte wünschst.“ Die Frau                                         Sechs Monate waren vergangen, da kamen die
überlegte lange und ausführlich. Sollte sie sich                                    Menschen zur Alten und baten sie, den Tod zu
Seligkeit wünschen? Was würde ihr das nutzen?                                       befreien. „Nun gut, ich will ihn freigeben, aber
Sollte sie sich Reichtum wünschen? Sie hatte alles,                                 nur unter einer Bedingung: Erst wenn ich den
was sie brauchte. Jugend? O nein, sie war dankbar                                   Tod dreimal rufe, darf er mich holen.“ Der Tod
für ihre Weisheit und ihr Alter. Sie war zufrieden,                                 erklärte sich mit dieser Bedingung einverstanden
sie hatte alles, was sie brauchte. Sie wünschte sich                                und war froh, endlich wieder befreit zu sein. Zur
nichts. Da blickte sie hinaus in ihren Garten und                                   großen Freude der einen und zum großen Leid
sah ihren geliebten Pflaumenbaum.                                                   der anderen begann er nun erneut sein Werk und
                                                                                    führte die Menschen heim.
Immer wenn die Pflaumen reif waren, kamen die
Nachbarskinder, kletterten in die Äste und aßen                                     Die Alte lebte noch eine gute Zeit. Als sie schließ‐
sich satt. Das ärgerte die Alte, und jetzt wollte sie                               lich gebrechlich und hilflos wurde, rief sie gerne
sich einen Spaß mit den Kindern machen. Sie                                         nach dem Tod, der auch sogleich erschien und sie
lachte über ihren Einfall: „In meinem Garten                                        in sein Reich führte. «
steht ein Pflaumenbaum. Ich wünsche mir, dass

                                                                                    Nachgedanken
jeder, der darinnen sitzt, festklebt, solange ich ihn
nicht freigebe.“ Der Heilige verwunderte sich sehr
über den Wunsch, aber er musste ihn dennoch
erfüllen. Einmal noch naschten die Kinder von                                       Dem Tod ein Schnippchen schlagen…. eine
den Pflaumen, als sie aber Stunde um Stunde am                                      humorvolle Geschichte, die uns beim Lesen zum
Baum festklebten und nicht loskamen, verging                                        Schmunzeln bringt.
ihnen der Spaß, und sie kamen nicht wieder.
                                                                                    Jedoch negiert das Märchen den Tod nicht. Auf
Es zogen einige Jahre ins Land, da kam der Tod                                      leichte Art spielt es mit der Sehnsucht des Men‐
zum Haus der Alten. „ Alte, es ist an der Zeit. Du                                  schen, den Tod zu besiegen, den Lebenszyklus zu
hast dein Leben auf Erden gelebt, jetzt sollst du                                   durchbrechen.
mit mir kommen.“ Zuerst erschrak die Alte, als                                      Eine verlockende Vorstellung? Und doch weiß
der Tod so unerwartet vor ihr stand, aber da sie                                    die Alte, dass sie sich dem Rhythmus des Lebens
nicht nur hilfreich, sondern auch gewitzt war,                                      fügen muss. Letztlich gibt sie den Tod frei,
wusste sie schnell, was zu tun ist. „Du bist es,                                    geknüpft an eine Bedingung.
lieber Tod. Ja, gerne gehe ich mit dir, aber vorher
erfülle mir noch einen Wunsch. Die Pflaumen,                                        Sie gewinnt LEBENSZEIT, die als Qualität
die ich so sehr liebe, sind gerade reif. Klettere                                   nicht als Quantität zu verstehen ist.
doch in den Pflaumenbaum und pflücke mir
einige ab, dass ich sie zum Abschied genießen                                       Hierin liegt eine wichtige gemeinsame Aufgabe
kann.“ „Wenn's weiter nichts ist“, dachte der Tod,                                  für Hospizarbeit und Palliativmedizin:
„diesen letzten Wunsch kann ich ihr wohl erfül‐                                     Leben so lebenswert wie möglich zu gestalten.
len.“                                                                               Ein wunderbares Märchen dazu. «

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