LEKTORENRUNDBRIEF NR. 53 - LERUBRI FEBRUAR2021 EDITORIAL - DER DEUTSCHSPRACHIGEN LEKTORINNEN UND LEKTOREN IN ...
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Lektorenrundbrief Nr. 53 LeRuBri Februar 2021 Editorial Tokyo, den 22.02.2021 Liebe Leserinnen und Leser, nun liegt bereits ein ganzes Studienjahr hinter uns, in dem wir alle neue Unterrichtsformen suchen mussten, bei denen die Studierenden und wir möglichst gar nicht oder nur mit großem Abstand persönlich zusammentreffen würden und mit denen wir dennoch unsere Lehrziele ebenso effektiv erreichen sollten wie im gewohnten Präsenzunterricht. Meine persönliche erste Reaktion darauf – die man wohl getrost als „verstockt und dickköpfig“ bezeichnen dürfte – war „geht- nich-kannichnich-machichnich!“ Aber auf diese Position konnte sich natürlich niemand, auch ich nicht, zurückziehen, und so sind im Laufe des vergangenen Jahres von uns allen viele neue Unterrichtstechniken und -ideen ausprobiert und umgesetzt worden. Davon berichtet diese Ausgabe Nr. 53 des LeRuBri. Mir persönlich hat das Lesen der eingegangenen Beiträge im wahrsten Sinne der Worte „gutgetan“, denn selbstver- ständlich hatte auch ich mich bald auf Videochat und Lernplattformen einlassen müssen. Die Artikel der Kolleginnen und Kollegen zeigen, dass andere mit den gleichen Problemen gekämpft haben, sie haben einerseits viele meiner Ur- teile über erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Online-Unterrichtsformen bestätigt und mich andererseits in meiner Suche nach neuen Möglichkeiten bestärkt. Vor allem aber bieten sie weitere Anregungen zum kreativen Einsatz com- puter- bzw. internetgestützter Kommunikationsmittel für den Unterricht. Ich gehe besser ausgerüstet und zuversicht- lich ins nächste Studienjahr und hoffe, es geht Ihnen genauso. Neben den Beiträgen zum eigentlichen Online-Unterricht findet sich in diesem LeRuBri auch der Bericht über ein seit Langem erfolgreiches Videokonferenzprojekt, „Deutsch als Brücke“, das weit vor Coronazeiten begonnen hat und Deutschlernende aus verschiedenen Ländern zusammenbringt, deren gemeinsame Lingua franca Deutsch ist. Außer- dem enthält er einen Blick auf die Rezeptionsgeschichte des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens in Japan verbunden mit der Frage nach der ausstehenden japanischen Übersetzung des 2018 erschienenen Begleitbandes (Com- panion Volume). Und natürlich haben wir wieder spannende und ansprechende Lektüre- und Filmtipps sowie eine interessante Filmdidaktisierung. Zum Schluss möchte ich Sie noch auf die kommende Ausgabe Nr. 54 des LeRuBri aufmerksam machen, die sich noch einmal intensiv mit einem Aspekt des Themas Online-Unterrichten beschäftigen wird. Sie erscheint im August 2021 als Sondernummer zum DAAD-Fachseminar für Ortslektor*innen vom Oktober 2020 zum Thema „Virtueller Austausch und Telekollaboration im universitären DaF-Unterricht“. Der Einsendeschluss für Beiträge zur nächsten allgemeinen Ausgabe Nr. 55 des LeRuBri, die im Februar 2022 erscheinen wird, ist der 30.11.2021. Lektüre- und Filmtipps nehmen wir gerne auch für die kommende Ausgabe Nr. 54 entgegen, der Einsendeschluss dafür ist der 31.3.2021. Im Namen des gesamten Redaktionsteams grüße ich Sie alle herzlich Anette Schilling -1-
Impressum Redaktion: Oliver Mayer, Manuela Sato-Prinz, Anette Schilling, Carsten Waychert Layout: Manuela Sato-Prinz / Online-Ausgabe: Alexander Imig http://japanlektorinnen.com/pages/lektorenrundbrief.php ISSN 2434-5369 -2-
Inhalt Editorial 1 Inhalt 3 Beiträge 4 Unterrichten mit DUO – Deutsch Uni Online: Ein Erfahrungsbericht aus dem WS 2020/21 4 Ruben Kuklinski (Universität Tokyo) Alles fast wie immer – Deutschunterricht in der Corona-Krise 9 Edgar Franz (Kobe City University of Foreign Studies) Erfahrungen mit dem Online-Unterricht 10 Jens Ostwald (Waseda-Universität) Studentische Selbstorganisation im Sprachunterricht: Das „Deutsch als Brücke“-Projekt 14 Andreas Riessland (Nanzan-Universität) Japanische und koreanische Studierende online ins Gespräch bringen – Ein Kurzprojekt zum Einsatz von Video-konferenzen im DaF-Unterricht 20 Christian Horn (Hankuk University of Foreign Studies) & Nina Kanematsu (Sophia University) Online-Unterricht mit Hilfe von Chats interaktiv gestalten 24 Oliver Mayer (Pädagogische Hochschule Aichi) Die japanische Übersetzung des Begleitbandes des GeR. Mit einem Exkurs zur Wirkungsgeschichte des GeR in Japan 28 Maria Gabriela Schmidt (Nihon-Universität) Didaktisierungen und Praxistipps 32 Der Kurzfilm „Flucht nach vorn“ (2012) im Unterricht 32 Monika Sugimoto (Kyoto University of Foreign Studies) Lektüre- und Filmtipps 37 The Testaments – Die Zeuginnen von Margaret Atwood 37 Stefan Buchenberger (Kanagawa-Universität) Die Dichterin und die Masken (onna-men) von Enchi Fumiko 38 Sven Holst (Fukuoka Women’s University) Wenn nichts mehr funktioniert: Blackout von Marc Elsberg 39 Oliver Mayer (Pädagogische Hochschule Aichi) Wie Kinder Sprachen lernen von Rosemarie Tracy 40 Jan Gerrit Strala (Kinjogakuin-Universität) „Tafelkreide ist wie Koks – und ich bin auf Entzug.“ Ein TV-Tipp für Zeiten ohne Präsenzunterricht 41 Till Weber (Ryukyu-Universität) Die nächsten Veranstaltungen 43 Hinweise für Autorinnen und Autoren 45 -3-
Beiträge Unterrichten mit DUO – Deutsch Uni Online: Ein Erfahrungsbericht aus dem WS 2020/21 Ruben Kuklinski (Universität Tokyo1) Im Wintersemester 2020/21 habe ich in zwei Kursen an A2.1 weiterzumachen. Der ursprüngliche Impuls zum zwei Universitäten (Todai, Waseda-Universität 2 ) die Einsatz von DUO war also die Notwendigkeit, ein flexib- Lernplattform DUO (Deutsch Uni Online) von der Gesell- les Lehrwerk zu haben, das in Bezug auf Themen und Ni- schaft für Akademische Studienvorbereitung und Test- veau möglichst offen ist und sich technisch für den Ein- entwicklung e.V. (g.a.s.t.) eingesetzt, die uns in diesem satz im kommunikativen Online-Unterricht eignet. Semester, vermittelt durch den DAAD, freundlicher- weise kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Haupt- 1.2 Konversationskurs Mittelstufe II (Waseda / Faculty grund für diese Entscheidung war die Suche nach geeig- of Law) netem Lehrmaterial in Form einer themen- und niveau- Die Idee, DUO in diesem Kurs einzusetzen, ist aus der übergreifenden Materialsammlung, die sich problemlos Not geboren. Der Kurs war eine Fortsetzung aus dem SS im Online-Unterricht einsetzen lässt und den Studieren- 2020; dieser Kurs hatte sich aus mehreren Gründen als den keine zusätzlichen Kosten bereitet. „ununterrichtbar“ erwiesen. Er war die Quadratur des Kreises: Gut 20 Teilnehmende, von denen etwa die 1. Beschreibung der Kurse Hälfte freiwillig eingeschrieben war und eine recht hohe Motivation mitbrachte. Leider ist der Kurs jedoch für die Beide Kurse wurden mit Hilfe von Zoom in Echtzeit un- andere Hälfte eingerichtet worden: Studierende im 2. terrichtet. Die Zusammensetzung der Kurse, der ur- Studienjahr, die bereits in der Oberschule Deutsch ge- sprüngliche Anlass für die Verwendung von DUO und lernt haben und den Kurs als Pflichtfach belegen. Diese auch die Art und Weise, in der die Lernplattform einge- Gruppe war im Vergleich zu den Vorjahren nicht nur be- setzt wurde, waren jedoch sehr verschieden. Deshalb sonders groß, sondern auch besonders demotiviert; das zunächst ein Überblick über die beiden Kurse. Durchschnittsniveau lag etwa bei A1.2, die Teilnahme- bereitschaft tendierte gen Null. Niveau und Lehrwerk 1.1 Intensivkurs Deutsch Mittelstufe (Todai / Faculty of des Kurses sind jedoch festgelegt: studio [express] B1 – Liberal Arts) selbst für die bessere Hälfte und unter Präsenz-Bedin- Der Intensivkurs richtet sich an Studierende aller Fach- gungen eine Herausforderung. Damit nicht genug, un- richtungen im ersten und zweiten Studienjahr, die über terrichte ich den Kurs nicht allein: Er findet abwechselnd Vorkenntnisse etwa auf A1.2/A2.1-Niveau verfügen; es mit einem japanischen Kollegen insgesamt zweimal wö- sollen alle vier Grundfertigkeiten (Hören, Lesen, Spre- chentlich statt, wobei allerdings an beiden Klassen auch chen, Schreiben) gleichermaßen gefördert werden. Im Studierende teilnehmen, die den jeweils anderen Kurs WS 2020 fand der Kurs zweimal wöchentlich à 90 Minu- nicht belegen. Trotzdem bauen die Stunden aufeinander ten statt. Da sich im Grunde alle Interessierten einschrei- auf, und auch die Hausaufgaben werden wechselseitig ben können, kann über das genaue Niveau und Lehrma- gegeben. terial erst entschieden werden, wenn das Semester be- Das SS war entsprechend quälend verlaufen. Schon nach gonnen hat; das macht eine Vorauswahl sehr schwierig. kurzer Zeit hatte auch die bessere Hälfte begonnen, die In diesem WS nahmen sieben Studierende teil; fünf von Lust zu verlieren, niemand schaltete die Kamera ein, ihnen hatten im SS 2020 bereits den Intensivkurs der An- Hausaufgaben wurden selten gemacht, der Fortschritt fängerstufe bei mir absolviert. Da wir im Anfängerkurs im Lehrbuch blieb marginal, selbst in den Breakout- mit dem Lehrwerk studio [express]: A13 nicht ganz fertig Rooms wurde wenig gesprochen, von den Pflichtstudie- geworden waren, haben wir im WS zunächst mit den renden waren viele offensichtlich höchstens technisch letzten drei Einheiten aus studio begonnen; Ziel war es, eingeloggt oder kamen erst gar nicht zum Unterricht. Da im Anschluss daran mit dem DUO-Kurs: Basis-Deutsch 1 Im Folgenden abgekürzt: Todai. 3 Im Folgenden abgekürzt: studio. 2 Im Folgenden abgekürzt: Waseda. -4-
auf diese Weise niemand etwas von dem Kurs hatte, ent- ganze Welt verteilt sein, sodass man hier auch das Zeit- schloss ich mich, die Klasse im WS in eine A2- und eine zonenproblem zu berücksichtigen hat. B1-Gruppe zu teilen und beide wechselseitig zu unter- richten; wie das konkret verlaufen solle, sollte sich aber Nach Anmeldung zur Schulung bekam ich den Probekurs erst im Laufe des Semesters ergeben. Als kleine Schwie- Uni-Deutsch B1.1, um mich auf der Plattform zu orien- rigkeit im Vorfeld ergab sich schon einmal, dass mein tieren. Ganz ehrlich: Diese Art der Selbstorientierung hat Kollege nicht bereit war, die Teilung mitzumachen. für die spätere Arbeit mit DUO völlig ausgereicht. Was in der anschließenden Schulung noch geübt bzw. erklärt 2. Vorbedingung: Teilnahme an der DUO-Schulung wurde, hat mich im Grunde nur verwirrt und hatte auch meist keinen Bezug zum Einsatz der Plattform im Unter- Da ich also auf der Suche nach geeignetem Online-Lehr- richt. Die Online-Sessions etwa haben sich hauptsächlich material war, habe ich das DUO-Angebot des DAAD sehr um die DUO-eigenen Schreib-Tools Chat, Forum und begrüßt und ab Mitte September an einer Online-Schu- Korrekturfunktion gedreht. Leider sind diese Tools lung im Umfang von ca. zehn Stunden teilgenommen. ebenso kompliziert wie (design-)technisch veraltet. Sie Dies war die kürzeste Variante; es gab auch Schulungen sind bei einem Uni-Kurs auch gar nicht nötig, da die Stu- für 20 bzw. 40 Stunden. Die Bedingung, an einer solchen dierenden über Zoom, E-Mail, das jeweilige LMS-System Schulung teilzunehmen, und mehr noch deren Umfang, der Uni oder auch offene Formate wie Line oder fand ich allerdings abschreckend; ich habe etwa zeit- WhatsApp viel einfacher und zeitsparender kontaktiert gleich begonnen, mit dem Online-Lehrwerk Deutsch- werden können. Auch die Moodle-Rallye, mit der die na- fuchs zu arbeiten, das alles in allem selbsterklärend ist; mentliche Bezeichnung einzelner Aufgaben-Segmente Rahmenbedingungen, die ich von einem guten Online- geübt werden sollte, war für meinen Unterricht über- Lehrwerk eigentlich erwarte. Aber einem geschenkten flüssig, denn auf Zoom brauche ich die Segmente gar Gaul schaut man nicht ins Maul. nicht zu benennen, da ich sie direkt zeigen kann. Auch die Schulung selbst hat nicht dazu beigetragen, Leider scheinen diese Hürden im Zugang zur Arbeit mit den Zugang zum Material zu erleichtern, im Gegenteil. DUO tatsächlich viele Kolleg*innen abgeschreckt zu ha- Allein für die technischen Voraussetzungen musste ich ben; so zumindest mein Eindruck vom DAAD- einen neuen Browser installieren, gefühlt zehn neue Ortslektor*innen-Treffen am 17. Oktober 2020, auf dem Passwörter auf immer neuen Webseiten anlegen und außer mir niemand bereit (oder verzweifelt genug) war, wusste schon nach kurzer Zeit nicht mehr, wann ich wo die Plattform im Unterricht auszuprobieren. Hier wurde und vor allem warum war. Um es vorab zu sagen: Für auch auf ein inhaltliches Problem mit dem DUO-Material den tatsächlichen Einsatz im Unterricht ist der Großteil hingewiesen: So richtet sich der Probekurs B1.1 sehr ein- davon nicht erforderlich. Erforderlich ist allerdings ein seitig an Lernende, die sich direkt auf ein Auslandsstu- neuer Browser, wenn man wie ich sonst nur mit Safari dium in Deutschland vorbereiten wollen, und hat inso- arbeitet, da Safari DUO nicht unterstützt. fern wenig Anknüpfungspunkte an die Lernwirklichkeit der meisten Studierenden in Japan. Diese inhaltliche Li- Meiner Erfahrung nach richtet sich die Schulung in Form mitierung dürfte dem Auftrag der g.a.s.t. geschuldet von Moodle-Informationen, -Übungen und (im Fall der sein, deren Zielsetzung die Vorbereitung auf ein Studium zehnstündigen Variante) zwei Online-Sessions an eine in Deutschland ist. Wie ich später feststellen konnte, be- ganz andere Klientel als uns Ortslektor*innen. Im Prinzip trifft diese Limitierung jedoch weder die Kurse auf dem wurde DUO für Lernende entwickelt, die zeit- und orts- A2-Niveau noch den Kurs Uni-Deutsch Sprachkurs ungebunden selbständig von zu Hause Deutsch lernen B1/B2, sodass es zumindest unglücklich zu nennen ist, möchten. Deshalb heißen die Lehrenden dort auch „Tu- dass uns ausgerechnet der B1.1-Kurs als Probezugang tor*innen“, da sie die Lernenden meist nur aus der zur Verfügung gestellt wurde. Ferne überwachen und anleiten. Der Kontakt erfolgt über E-Mails und die Korrektur schriftlicher (gelegentlich Trotz aller Schwierigkeiten im Prozess des Kennenler- auch mündlicher) so genannter Einsendeaufgaben. nens hat zu meiner Entscheidung für das Lehrmaterial Wichtig für diesen Fern-Unterricht sind Tools wie Chat letztlich der breite technische Zugang beigetragen, der und Forum, in denen sich die Lernenden innerhalb eines uns ermöglicht wurde: Ich konnte so viele Kurse bean- Kurses schriftlich miteinander austauschen können, wo- tragen, wie ich wollte und mit bis zu 50 Teilnehmenden bei sie von den Lehrenden „tutoriert“ werden, um in der pro Kurs, ohne zu wissen, ob und in welchem Umfang ich DUO-Terminologie zu bleiben. Echtzeitkontakte in Form die Kurse überhaupt einsetzen würde; tatsächlich habe von Online-Sessions sind möglich, aber wohl eher selten ich die meisten der Lizenz-Zugänge, die ich später erhal- und werden auch im Lehrmaterial nicht eingeplant; the- ten habe, nie an Studierende weitergeleitet. Auch konn- oretisch können die Lernenden in einem Kurs über die ten wir uns das Material der einzelnen Kurse zunächst -5-
probeweise selbst ansehen, was ich mit den Kursen Ba- werden konnten. Aus dem DUO-Material haben sich sis-Deutsch A2.1 und Basis-Deutsch A2.2 auch gemacht dann wiederum oft sehr schöne Anlässe zu kleinen Ein- habe. Diese beiden Kurse decken das gesamte Themen- zel- oder Gruppen-Präsentationen ergeben, die in die- spektrum eines normalen A2-Lehrwerks ab; integriert sem Kurs zentral für die Leistungsbewertung waren. ist, wie in allen DUO-Kursen, ein Grammatik-Trainer, der die grammatischen Strukturen der entsprechenden Ni- Diese Vorgehensweise hat zu einer Reihe sehr gelunge- veaustufe erläutert und Übungen dazu bietet. Der ner Unterrichtseinheiten geführt. So konnten wir an Grammatik-Trainer ist assoziativ mit den Themen ver- eine Statistik der deutschen Junk-Food-Vorlieben (stu- linkt; beide Bereiche lassen sich auch getrennt vonei- dio, Einheit 10) nahtlos mit einem Beitrag zur deutschen nander einsetzen. Auf diese Weise ist eine individuelle Döner-Kultur (DUO A2.1/Guten Appetit, Aufgabe 3) an- Auswahl des Lehrmaterials, angepasst an die eigenen schließen; zu diesem Segment gehörten u. a. Wort- Bedürfnisse, sehr gut möglich. Auch die Art des Lehrma- schatzübungen, Textarbeit und ein Döner-Lied. Da bei terials mit seinen zahlreichen interaktiven Übungen mit der Textarbeit auch ein Grund benannt werden musste, integrierter Lösungsfunktion schien sich für den Unter- haben wir uns zwischendurch im Grammatik-Bereich die richt, der mir vorschwebte, zu eignen. Neben den beiden Erläuterungen zum Kausalsatz angesehen und interak- Kursen der A2-Stufe habe ich schließlich noch den o. g. tive Übungen dazu gemacht. Der Text stellte u. a. ver- kombinierten B1/B2-Kurs beantragt, alle drei im Umfang schiedene Döner-Varianten aus europäischen Ländern von je 30 Teilnehmenden; den B1/B2-Kurs hatte ich mir vor; hieraus hat sich quasi spontan eine Kurzpräsenta- vorher allerdings nicht angesehen. Entgegen der Ankün- tion ergeben: In drei Gruppen haben die Studierenden digung, dass die Bereitstellung der Kurse bis zu zwei Wo- im Unterricht eine typisch japanische Dönervariante chen dauern könne, habe ich die Zugänge in der Regel entwickelt, wobei sie den Wortschatz zum Thema Essen sofort nach Antrag problemlos erhalten. wiederholen und mit Kausalsätzen begründen sollten, was an ihrer Dönervariante typisch japanisch sei. Da wir 3. Tatsächlicher Einsatz der DUO-Lernplattform im Un- zwischendurch noch andere Dinge gemacht hatten, hat terricht sich die gesamte Sequenz auf etwa vier Doppelstunden erstreckt; ohne die zwischengeschobenen Elemente wä- In den beiden Klassen, in denen ich mit DUO arbeiten ren es einschließlich Präsentationen ca. zweieinhalb wollte, kam im Endeffekt zum größten Teil derselbe Kurs Doppelstunden gewesen. zum Einsatz: Basis-Deutsch A2.1. Da der Umgang mit dem Material in beiden Klassen völlig unterschiedlich Auch die Einheiten 11 und 12 aus studio boten inhaltlich war, sollen sie auch hier einzeln besprochen werden. gute Anknüpfungspunkte zu weiterführenden Unter- richtssegmenten auf DUO; allerdings reichte dafür der 3.1 DUO an der Todai A2.1-Kurs thematisch nicht mehr aus, sodass die Studie- Den sieben Studierenden des Intensivkurses wurde zu renden nun auch einen Zugang zum Kurs Basis Deutsch Semesterbeginn erklärt, dass wir im Anschluss an das A2.2 bekamen. Zum Thema Wetter, das in studio nur Lehrbuch mit DUO arbeiten würden, und alle erhielten sehr kurz (Einheit 11) behandelt wird, haben wir z. B. an- einen Zugang, zunächst nur zum DUO-Kurs A2.1. Die Stu- schließend aus dem Kapitel Freizeit (A2.2) die Aufgabe dierenden mussten sich dazu selbst auf der DUO- „Bei schlechtem Wetter“ gemacht. Das passte beson- Plattform registrieren, was nur auf Deutsch möglich ist; ders gut, weil hier u. a. Kleidung und Farben thematisiert mit der Registrierung hat in meinen beiden Kursen nie- werden, die den eigentlichen Wortschatzschwerpunkt mand größere Probleme gehabt, die wenigen Probleme von Einheit 11 in studio bilden; die Studierenden konn- konnten durch Screensharing im Unterricht geklärt wer- ten sowohl den Wortschatz aus dem Kursbuch als auch den. Eine Kollegin, die einen höheren DUO-Kurs an der die im vorigen Themenbereich eingeführten Kausalsätze Todai einsetzen wollte, hat dieses Vorhaben wegen in einer Kurzpräsentation zum Thema „Schlechtes Wet- Schwierigkeiten der Studierenden mit der Registrierung ter“ wiederholen. Diese Kurzpräsentation war wiede- jedoch wieder aufgegeben. rum die Umformung einer entsprechenden Chat-Auf- gabe aus DUO, die im Zoom-Unterricht nun auch münd- Der anfängliche Plan, DUO im Kurs erst nach Abschluss lich bearbeitet werden konnte. Das Thema „Wetter“ ha- des Kursbuchs einzusetzen, wurde schnell revidiert, da ben wir anschließend noch mit einer Sequenz zum Wet- sich die Themen der verbliebenen drei studio-Einheiten terbericht aus dem Kapitel Unterwegs (A2.2) vertieft, mit einzelnen DUO-Kapiteln überschnitten. Stattdessen aus der wir eine Hörübung, eine Text- und Bildarbeit mit haben wir jeweils im Anschluss an eine studio-Einheit Wetterkarten sowie weitere Wortschatzübungen ge- das Thema direkt mit dem entsprechenden DUO- macht haben. Material vertieft, wobei gleichzeitig der Wortschatz er- weitert und neue grammatische Strukturen eingeführt -6-
Auf diese Art und Weise lässt sich aus den DUO-Kapiteln Im Endeffekt ergab sich aus pragmatischen Gründen fol- eine große Menge an interessanten und methodisch ab- gende Arbeitsteilung: Nach Besprechung der Hausaufga- wechslungsreichen Aufgabensequenzen aus dem ge- ben zu Beginn jeder Stunde wurden die Kursteilneh- samten A2-Themenspektrum zusammenstellen. Meiner mer*innen manuell in einen A2- und einen B1-Raum ein- Erfahrung nach bietet es sich an, hier nicht linear, son- geteilt (Verhältnis 10:10); die B1-Gruppe hatte im Vor- dern assoziativ zu arbeiten, je nach thematischem Be- feld eine Aufgabe aus dem Kursbuch zur individuellen darf oder Vorlieben; auch die Verlinkung mit dem Gram- Bearbeitung erhalten. Dann habe ich im A2-Raum den matiktrainer (der nicht in A2.1 und A2.2 trennt, d. h. Studierenden ihre DUO-Aufgaben für die Woche erklärt, beide Kursteile sind immer mit dem kompletten A2-Trai- die als Hausaufgaben erledigt werden sollten. Nachdem ner verlinkt) ist ein gutes Mittel zur Strukturierung. Ein es zu Semesterbeginn zu Verwechslungen gekommen assoziatives Vorgehen hat auch den Vorteil, dass The- war, habe ich die Pfade zu den einzelnen DUO-Aufgaben men nicht unnötig breitgetreten werden und man sich mit Hilfe von Screenshots in PPT-Folien anschaulich ge- quasi die Rosinen aus dem Kuchen picken kann – denn macht. Die fertigen Aufgaben sollten dann bis zur nächs- nicht alle Aufgabensequenzen in DUO sind tatsächlich ten Stunde wiederum per Screenshots an mich geschickt auch gelungen oder methodisch interessant. Häufig ge- werden – ein Kontrollmechanismus, der leider sein nug wird in den Übungen schlicht auf eigene Recherche musste, sonst hätte niemand die Hausaufgaben ge- im Internet verwiesen, deren Ergebnisse dann mittels macht. Nach der Erklärung der Hausaufgaben wurde die Chat, Forum oder Einsendeaufgaben verschriftlicht wer- A2-Gruppe dann aus dem Unterricht entlassen. Den Rest den sollen. Auf solche Aufgaben habe ich in der Regel der Stunde habe ich mit den Studierenden aus der B1- verzichtet, da sie mir für das Niveau der Studierenden zu Gruppe Segmente aus dem Kursbuch bearbeitet, die für wenig angeleitet schienen oder auch schlichtweg ein- die andere Gruppe eindeutig überfordernd gewesen wä- fallslos waren. Auch die externen Links, mit denen die ren. Plattform sehr viel arbeitet, sind nicht immer aktuell und gelegentlich schon gar nicht mehr vorhanden. Den Kurs auf diese Weise über ein Semester durchzuzie- hen, war eine organisatorische Herausforderung und Mein Fazit der DUO-Arbeit mit diesem Kurs ist dennoch hat unglaublich viel Vorbereitungszeit gekostet, und ich insgesamt positiv; speziell die Verknüpfung mit einem habe mich oft gefragt, warum ich das eigentlich mache. anderen Lehrwerk hat sich als wirkungsvoll erwiesen. In der B1-Gruppe war jedoch schnell spürbar, dass die Der Arbeitsaufwand zur Vorbereitung der Stunden blieb Motivation wieder stieg. In der A2-Gruppe fiel sie an- alles in allem überschaubar, da das Material an sich nicht fänglich noch einmal steil ab, um dann aber langsam auf groß aufbereitet werden muss. Durch die Lösungsfunk- ein mittleres Niveau zu steigen; die Anwesenheit wurde tion lassen sich die interaktiven Aufgaben auch problem- regelmäßig, die Hausaufgaben kamen wöchentlich, ver- los als Hausaufgaben geben, die nicht bis ins Detail hin- passte Aufgaben wurden nachgereicht – alles in allem ein durch die Lehrkraft überprüft werden müssen. ein enormer Erfolg in dieser Gruppe. Anders als in dem Todai-Kurs, wo mündliche Interaktion im Vordergrund 3.2 DUO an der Waseda stand, spielte im Waseda-Kurs gerade die Konzeption An der Waseda stand der Einsatz von DUO aufgrund der von DUO für den Fernunterricht die entscheidende Besonderheiten des Kurses von vorneherein unter ei- Rolle: Da die A2-Gruppe mit dem DUO-Material zu nem weit ungünstigeren Stern. Zu Beginn des Sommer- Hause selbstständig arbeiten konnte, war es überhaupt semesters bekamen alle Studierenden von mir zunächst möglich, die Klasse zu teilen. Im Gegensatz zum Todai- einen Zugang, entweder zum Kurs A2.1 oder B1/B2. Ur- Kurs haben die Waseda-Studierenden auch nur den Zu- sprünglich hatte mir vorgeschwebt, nach Kontrolle der gang zum A2.1-Kurs erhalten. Da sie kaum über Wort- Hausaufgaben aus der Partnerstunde den Kurs jeweils schatz verfügten und in der Vergangenheit hauptsäch- auf zwei Breakout-Rooms zu verteilen, beiden Gruppen lich Grammatik (nicht) gelernt hatten, eignete sich für ihre Aufgaben auf DUO zuzuordnen und selbst zwischen diese Gruppe besonders der Grammatik-Trainer, der den Gruppen hin- und herzuwechseln; das hat sich auch im Teilkurs A2.1 komplett zur Verfügung steht. Im schnell als utopisch erwiesen. Vor allem rächte sich nun, Laufe des Semesters haben wir so die Grundstrukturen dass ich mir den B1/B2-Kurs im Vorfeld nicht angesehen des Perfekts, der Modalverben im Präteritum, von Satz- hatte, denn dieser erwies sich als viel zu schwierig für verbindungen, Adjektivendungen, Präpositionen und das Niveau der Studierenden. Insofern machte es wenig weiteren, für das Niveau A2 erforderlichen grammati- Sinn, das Kursbuch gegen ein neu einzuführendes tech- schen Strukturen „wiederholt“. Besonders kam den Stu- nisches Format zu tauschen, zumal ich gleichzeitig noch dierenden entgegen, dass sie viel weniger am Echtzeit- eine andere Gruppe zu betreuen hatte. Unterricht teilnehmen mussten, der für sie ein unglaub- licher Druck mit permanenter Versagensangst gewesen zu sein scheint. Alles in allem hat das DUO-Material es -7-
mir in diesem Kurs ermöglicht, auch online eine gewisse und Aufbau der Plattform selbst. Schon das technische Binnendifferenzierung vorzunehmen und eine Gruppe Design erinnert ein bisschen an Vorgestern und wirkt extrem lernfrustrierter Studierender, die in der Vergan- nicht gerade einladend; vollends abschreckend sind die genheit kaum ansprechbar gewesen waren, doch noch oben bereits erwähnten Formate Forum, Chat und Kor- zu einem erfolgreichen Kursabschluss zu führen. rekturfunktion, die in Design und Anwendbarkeit mitun- ter geradezu vorsintflutlich anmuten. Gravierender ist 4. Fazit jedoch das veraltete Konzept an sich, das an Übungs- und Darstellungsformen gebunden ist, die durchweg Als Fazit kann ich festhalten, dass der Einsatz von DUO noch aus dem gedruckten Lehrwerk stammen; gerade im Online-Unterricht lohnenswert ist. Wer es geschafft im Vergleich mit wirklich neuen Lern-Apps wie Deutsch- hat, sich einen DUO-Kurs bei g.a.s.t. zu sichern und noch fuchs, dessen Trainingsbereich etwa die technischen auf der Suche nach breit gefächertem Material ist, das Möglichkeiten des Online-Lernens – Touchscreen, sich relativ problemlos einsetzen lässt, sollte sich durch- Smartphone-App etc. – mit Motivationsstrategien aus aus auf DUO einlassen. Vor allem in Kombination mit an- Computerspielen – aufsteigende Level, Belohnungs- deren Lehrwerken und Materialien ist der Einsatz, wie Pop-ups, Ranking etc. – verknüpfen, fehlen völlig. Auch oben dargestellt, sehr ergiebig. Unbedingt erwähnt wer- gibt es bei aller Bandbreite an Themen letzten Endes den sollte noch, dass DUO die gesamte Bandbreite an doch nur eine überschaubare Auswahl an gewinnbrin- Themen und Strukturen abdeckt, die für die verschiede- genden interaktiven Übungen zu den einzelnen Themen; nen Testverfahren einer Niveaustufe nötig sind; das Ma- allzu schnell wird immer auf die Standardformel: „Re- terial ist inhaltlich vielfältig und sprachlich sehr komplex, cherchieren Sie im Internet und beschreiben Sie Ihre Er- fordert aber auch eine große Selbstständigkeit der Ler- gebnisse in einer Einsendeaufgabe“ zurückgegriffen. nenden, wenn man nicht alle Schritte einzeln im Unter- Dies könnte daran liegen, dass modernere interaktive richt besprechen möchte. Ich selbst habe die Absicht, Formate, die sich ohne großen Arbeitsaufwand erstellen die Zugänge, die ich noch nicht vergeben habe, im Som- ließen, bei der Konzeption von DUO noch nicht zur Ver- mersemester 2021 noch zu verwenden, und hoffe vor al- fügung standen. Das ist schade, denn meinem Eindruck lem, dass ich diesmal Gelegenheit finde, auch den nach verfügt die Plattform trotz des veralteten Konzepts B1/B2-Kurs einzusetzen. und gelegentlich mangelnder Aktualisierung über eine sehr umfangreiche Materialsammlung und einen kom- Trotzdem möchte ich zum Schluss noch auf einen Punkt plexeren, stärker auf ein akademisches Niveau zielenden verweisen, der mir durchweg negativ in Erinnerung ge- Umgang mit Sprache als z. B. Deutschfuchs. Das Spek- blieben ist. DUO gibt es nicht erst seit gestern, und das trum an Unterthemen ist so breit, dass man sich sehr gut merkt man der Plattform deutlich an. Technisch und die interessantesten Elemente heraussuchen kann. Will auch konzeptionell ist sie einfach nicht mehr auf der man allerdings linear vorgehen oder alle Kapitel abarbei- Höhe der Zeit. Das fängt bei der mangelnden Unterstüt- ten, stößt man schnell an die Grenzen der Aufgabenfor- zung durch Safari an, setzt sich bei den Komplikationen mate. Es wäre wünschenswert, wenn es hier in Zukunft der Registrierung fort und wird besonders deutlich in Art zu einer Überarbeitung käme. -8-
Alles fast wie immer – Deutschunterricht in der Corona-Krise Edgar Franz (Kobe City University of Foreign Studies) Von Mitte Mai bis Mitte November musste ich meinen vor: „Es ist manchmal lästig, meinen Hund zu füttern. Deutschunterricht komplett virtuell gestalten, da die Deswegen habe ich einen automatischen Futterspender Studierenden den Campus nicht betreten durften. Der gekauft. Ich glaube, mein Hund ist darüber auch glück- virtuelle Unterricht mit Zoom hat sich inhaltlich nicht lich.“ sonderlich vom Präsenzunterricht unterschieden. Die Lehrbücher wurden den Studierenden von der Universi- Für Tests habe ich Google Forms benutzt. Das Erstellen tätsverwaltung zugeschickt, so dass alle ihre Arbeitsma- der virtuellen Tests hat zwar etwas Zeit gekostet, aber terialien vorliegen hatten. Dialogübungen habe ich in dafür habe ich durch die automatisierte Punktevergabe Kleingruppen in den Breakout-Rooms durchführen las- auch viel Zeit gespart. Über Zoom habe ich mehrmals sen. Anstatt wie im Klassenzimmer von Tisch zu Tisch zu Muttersprachler in den Unterricht eingeladen. Mein gehen, habe ich mich nacheinander in die einzelnen Bruder hat sich aus Berlin zugeschaltet. Die Studieren- Breakout-Rooms eingeloggt. Ohne störende Hinter- den haben ihm auf Deutsch Fragen über das Leben in grundgeräusche von anderen Gruppen, wie sie im Prä- Deutschland gestellt. Ein anderes Mal hat ein deutscher senzunterricht üblich sind, konnten die Studierenden Student unserer Partneruniversität Duisburg-Essen über hier konzentriert lernen. Zur Erklärung der Grammatik Zoom Fragen zum Studentenleben in Duisburg beant- habe ich Beispielsätze in die Chatbox geschrieben. Da wortet. Ein Nachteil des virtuellen Unterrichts war ledig- die Studierenden die Texte in der Chatbox leicht kopie- lich, dass ich keine Brettspiele einsetzen konnte. An- ren und abspeichern konnten, gingen keine Inhalte ver- sonsten war alles fast wie immer. loren. Während an den meisten Universitäten virtueller oder Als Hausaufgabe habe ich regelmäßig drei bis fünf Sätze Präsenzunterricht stattfand, ist die Kobe City University zu unterschiedlichen Themen schreiben lassen. Nachei- of Foreign Studies ab Ende November 2020 einen ande- nander hat jeweils ein Studierender die vorbereiteten ren Weg gegangen. Wir sollten nun Präsenzunterricht Sätze vorgetragen und in die Chatbox kopiert. Diese machen und gleichzeitig den Studierenden, die nicht zur habe ich direkt verbessert. Das funktionierte reibungslo- Uni kommen wollten, die Möglichkeit geben, von zu ser als das Schreiben an die Tafel. Ein Thema war zum Hause aus mit Zoom daran teilzunehmen. Dafür stellte Beispiel, einen nützlichen Alltagsgegenstand vorzustel- man uns bewegliche Kameras mit eingebautem Mikro- len. Diesen konnten die Studierenden vor der Kamera fon zur Verfügung, die mit dem PC verbunden wurden. zeigen. Für den Präsenzunterricht hätten die Studieren- Der schwenkbare Kamerakopf ließ sich nach Belieben den wahrscheinlich manche Gegenstände nicht mitge- auf den Klassenraum oder die Tafel richten. Die Studie- bracht. Eine Studentin hat zum Beispiel einen Lesestän- renden, die mit Zoom am Unterricht teilnahmen, wur- der vorgestellt: „Das ist mein Leseständer. Er hält meine den auf die Leinwand projiziert. Sie konnten über die Bücher geöffnet. So kann ich gleichzeitig lesen und Lautsprecher mit den Anwesenden im Klassenraum schreiben.“ Eine andere Studentin fand ihr Buttermesser kommunizieren. Für das Angebot der Universität, den besonders praktisch: „Das ist mein Buttermesser. Es ist Studierenden die freie Wahl zu geben, waren diese sehr aus Aluminium. Damit kann man leicht Butter abstrei- dankbar. Die ersten Wochen mit dieser ungewöhnlichen chen.“ Eine Studentin, die ihren freundlich in die Kamera Unterrichtsform zeigten, dass während der Pandemie bellenden Hund auf dem Schoß sitzen hatte, stellte mit etwa die Hälfte lieber zu Hause blieb und die andere folgenden Worten einen automatischen Futterspender Hälfte den Präsenzunterricht bevorzugte. -9-
Erfahrungen mit dem Online-Unterricht1 Jens Ostwald (Waseda-Universität) Die Umstellung auf Online-Unterricht dürfte die wenigs- Lehrer kann seine Studenten in Gruppen beliebiger ten gefreut haben. Für alle Beteiligten war und ist es Größe einteilen und in getrennte „Räume“ schicken, eine große Herausforderung. zwischen denen sich der Lehrer frei bewegen kann. Part- Viele Online-Unterrichts-Varianten sind möglich: Erklä- ner- und Gruppenarbeit ist so problemlos möglich. rungen und Arbeitsblätter werden als PDFs, PowerPoint- Schließlich gibt es eine Chatfunktion. Durch sie können Präsentationen mit oder ohne Ton oder in Form von zu- Arbeitsanweisungen oder Erklärungen usw. einfach vor aufgenommenen Videos bereitgestellt; Unterricht übermittelt oder Aufgabenblätter oder andere Materia- kann in Echtzeit mit Video oder nur mit Audio, auch als lien versendet werden. Studenten wiederum können, einseitige Variante, erfolgen. Oft gibt es ergänzend z. B. für alle oder nur für den Lehrer lesbar, bspw. auf Fragen die Möglichkeit, sich per E-Mail oder über ein Kontakt- antworten – dies ermöglicht auch Tests –, etwas kom- formular an den Lehrer zu richten. Manchmal werden mentieren oder eine Frage stellen. Besonders letzteres sogar soziale Netzwerke wie Facebook genutzt. ist eine wichtige Möglichkeit, da es vielen schwerfällt, im Eine ausführliche Übersicht über die vielen Unterrichts- Plenum zu sprechen (oder dem Lehrer eine E-Mail zu möglichkeiten sowie eine Erörterung der zahlreichen schreiben). Je nach Einstellung können Studenten per Vor- und Nachteile bzw. Schwierigkeiten wäre sicher Chat auch untereinander kommunizieren. wertvoll, kann hier aber nicht erfolgen. Der Autor hat sich für den Unterricht mit Echtzeitvideo (mittels Zoom) Die Technik bietet sogar Vorteile gegenüber einem Prä- entschieden – natürlich ergänzt durch Unterrichtsmate- senzunterricht: rialien in Form eines Lehrbuchs einerseits und Dateien Zunächst gibt es die allgemeinen Vorteile von Online- andererseits, außerdem kombiniert mit der Nutzung der Unterricht: Der Zeitaufwand für die Fahrt zur Uni, auch Lernplattformen der jeweiligen Universitäten. Im vorlie- der Stress durch überfüllte Züge entfallen, Studenten genden Text geht es nur um die Erfahrungen mit dieser haben kaum noch eine Ausrede für ein Zuspätkommen Art von Unterricht. Ihm liegen etwa 300 Unterrichtsein- oder ein Fehlen (tatsächlich war auch die Zahl der abwe- heiten an vier Universitäten, alle im Wahlpflichtfach senden Studenten deutlich geringer als sonst); für einige Deutsch als zweite Fremdsprache, jeweils über die gan- mag der Präsenzunterricht auch psychisch schwieriger zen 90 bzw. 100 Minuten mit Video auf Lehrer- und Stu- sein. dentenseite unterrichtet, zugrunde. Kombiniert man den Unterricht per Video mit der Nut- zung der Lernplattform der Universität, ergeben sich Was sind die Vorteile dieser Unterrichtsmethode gegen- weitere Vorteile: Hausaufgaben oder Testankündigun- über anderen? Welche Nachteile, welche Probleme er- gen können dort online gestellt und auch mit Fristen und geben sich? automatischen Benachrichtigungen versehen werden. Der entscheidendste Vorteil ist, dass fast so unterrichtet „Vergessen“ gibt es nicht mehr, die Abgabequote war werden kann wie im Kursraum – besonders die belieb- erfreulich hoch. Auch das Kopieren und Austeilen von teste, oder eher verbreitetste, Software Zoom bietet Materialien ist digital natürlich einfacher – verursacht hierzu entsprechende Möglichkeiten: vielen Studenten aber eher mehr Stress, wenn sie bei- Lehrer und Studenten können sich gegenseitig sehen, spielsweise nicht über einen Drucker verfügen. man kann normal vortragen oder auch mit Studenten sprechen; außerdem gibt es ein Whiteboard, das vom Videokonferenzsoftware bietet weitere Vorteile. Mel- Lehrer und von den Studenten genutzt werden kann. den sich die Studenten mit ihrem echten Namen an, hat (Dabei kann man sich zwar auf die Texteingabe per Tas- man nicht nur eine automatisch erstellte Teilnehmer- tatur beschränken oder versuchen mit der Maus zu liste, sondern auch keine Probleme mit der Zuordnung schreiben; will man das Whiteboard aber wie im Prä- von Namen und Gesicht, was bei großen Klassen sehr an- senzunterricht nutzen, muss man investieren: Ein Tablet genehm ist. oder ein Notebook mit Touchscreen wären die teuren Die Software ermöglicht es außerdem, anderen Teilneh- Möglichkeiten, ein schlichtes Pentablet für wenige tau- mern den eigenen Bildschirm zu zeigen: Seien dies Inter- send Yen die günstige, völlig ausreichende und ein- netseiten, eigene Texte wie Arbeitsblätter, Fotos oder fachste Variante). Eine weitere, wenigstens für Sprach- einen Test. Auch das zuvor gescannte Lehrbuch kann so, unterricht und Seminare unverzichtbare Funktion ist die, während etwas erklärt wird, gezeigt werden (Copyright- Teilgruppen (breakout rooms) bilden zu können: Der 1Der Artikel ist die stark erweiterte Fassung eines auf Englisch in der Waseda-Review (電子版) erschienenen. - 10 -
Probleme müssen hier natürlich beachtet werden!). Das Einige, eher wenige, Studenten hatten eine zu schlechte Teilen ist weit einfacher als im Präsenzunterricht. Internetverbindung oder keinen Zugriff auf einen Com- Dazu gibt es noch die Funktion, Kommentare „in“ das puter – solche Probleme konnten jedoch in überra- Gezeigte hineinzuschreiben: Genauer gesagt schreibt schend kurzer Zeit gelöst werden. man wie auf eine durchsichtige Folie, die über dem Ge- Die Teilnahme am Unterricht mit eingeschalteter Ka- zeigten liegt. mera ist teilweise auf Widerstand gestoßen, aber die Einen weiteren für die Kommunikation interessanten klare und sehr bestimmte Bitte darum, zusammen mit Vorteil gibt es bei der Gruppenbildung: Während sich im der Option, notfalls (aus technischen oder psychischen Klassenzimmer meist sehr schnell feste Sitznachbarn Gründen) und nur nach Rücksprache auch ohne Video und Kleingruppen bilden, erfolgt die Einteilung bei der teilnehmen zu dürfen, führte zu dem Ergebnis, dass na- Software mit wenigen Klicks auf Wunsch per Zufall. Man hezu alle Studenten, wenn auch teils wohl etwas wider- kann die Studenten also jedes Mal mit anderen Partnern willig, ihre Kameras einschalteten. arbeiten lassen. Das bedeutet, dass auch unterschied- Diese Bitte hat sich als wichtig erwiesen. Online-Unter- lichste Studenten irgendwie miteinander kommunizie- richt kann nicht an einen Präsenzunterricht in der Uni- ren müssen. Für viele ist das zweifellos eine Herausfor- versität herankommen, dank Video aber sind die Stu- derung, und gerade am Anfang gibt es oft schweigende denten eben doch präsent, jedenfalls viel „realer“ als bei Gruppen, insgesamt ist es aber auch als Chance zu se- einer bloßen Audio-Teilnahme; die Atmosphäre ändert hen. sich entscheidend. (Bei kleineren Klassen ist sogar die Mittlerweile ist die Teilgruppenfunktion noch erweitert Empfehlung, die Mikrofone nicht auszuschalten, überle- worden: Der Lehrer kann die Studenten selbst ihre genswert: Kleine Störgeräusche, ein Niesen, ein Ra- Gruppe aussuchen lassen – auch ein Wechseln zwischen scheln usw. machen den Unterricht weit menschlicher.) den Gruppen ist, sofern der Lehrer es erlaubt, möglich. Die Studenten können sich also „bewegen“ und so, ähn- Überraschend war das fehlende technische Know-how lich wie im Kursraum, ihre Gesprächs-/Übungspartner auf Seiten vieler Studenten, besonders bei Erstsemes- wechseln. tern. Was für 20- bis 80-Jährige heute normal ist, ist für viele Studenten Neuland. Die mit Smartphone aufge- Unterricht per Videokonferenzsoftware bietet auch ent- wachsene, gerne Digital Natives genannte Generation scheidende Vorteile gegenüber anderen Online-Unter- ist, anders als erwartet, keine digital versierte: eher im richts-Varianten: Die Gelegenheiten, andere Menschen Gegenteil. Computer scheinen für viele fremd zu sein; zu treffen, sind, gerade für Studenten, seit März sehr viel selbst einfachste Dinge, wie z. B. die Funktion der Um- eingeschränkter als üblich, sei es im Unterricht, auf dem stelltaste, sind etlichen Studenten nicht bekannt. Den Campus, bei Clubaktivitäten oder beim Jobben. Der Speicherort von empfangenen PDF-Dateien wiederzu- überwiegende Teil des Uni-Unterrichts findet, bei gro- finden, eine Internetseite mit einem Lesezeichen zu ver- ßen Unterschieden zwischen den einzelnen Universitä- sehen, etwas zu kopieren und einzufügen, natürlich ten und auch einzelnen Studenten, zudem per Arbeits- auch das Tippen von Umlauten und dem Eszett oder die blätter, PowerPoint-Präsentationen, Video-on-Demand, Funktionsweise von Zoom bleiben vielen lange unklar. einseitigen Vorlesungen (nur der Lehrer ist zu hören Die Bitte, Hausaufgaben handschriftlich zu verfertigen und/oder zu sehen) statt. In solch einer Situation ist ein und dann als PDF abzugeben, ist für einige unlösbar (je- Kontakt innerhalb des Echtzeitvideo-Unterrichts sicher des Smartphone kann mit einer simplen und kostenlo- besser als nichts. Gerade die Teilgruppen bieten eine sen App sofort PDFs erstellen), Materialien, z. B. Arbeits- gute Möglichkeit zu direkter Kommunikation. blätter, auszudrucken scheitert am Nichtvorhandensein Auch ist es überlegenswert, die Videokonferenz zum eines Druckers, und dass man im Conbini sehr einfach Ende der Veranstaltung nicht sofort zu beenden, son- und bequem ausdrucken kann, weiß kaum jemand. Vie- dern die Studenten zu bitten sich abzumelden; diejeni- les macht vielen große Schwierigkeiten. Das wäre nicht gen, die noch mit dem Lehrer sprechen wollen, können weiter schlimm – hinzu kommt allerdings ein Mangel an dann einfach länger in der Zoomsitzung bleiben. Wille oder an Fähigkeit, sich mit den Problemen ausei- nanderzusetzen: Vor Vorlesungsbeginn die Software Zu Beginn gab es natürlich auch einige Schwierigkeiten einfach mal auszuprobieren, im Internet nach Anleitun- bei der Umsetzung des beschriebenen Online-Unter- gen zu suchen – tippt man bei Google oder Youtube die richts: passenden Stichworte ein, lassen sich sofort sehr gute, Zunächst einmal musste man sich als Lehrer einarbeiten, leicht verständliche Videos mit Erklärungen zu allen seinen Unterricht auf die neue Methode umstellen, möglichen Problemen finden –, kurz: sich selbstständig eventuell auch für die notwendige Hard- und Software in die offenbar unbekannte Welt einzuarbeiten, wäre sorgen usw. sehr wünschenswert gewesen. Auch die Studenten hatten es nicht einfach gehabt: - 11 -
Ein Problem ganz anderer Art ist natürlich das des Da- Abgesehen davon, dass das Kennenlernen der verschie- tenschutzes bzw. der Sicherheit. Hier erlaubt die Soft- denen Funktionen, das Sich-Eingewöhnen etwas Zeit in ware aber einige Einstellungen, wie das Setzen eines Anspruch nimmt, bietet Zoom dem Lehrer die Chance, Kennwortes und die Nutzung eines Warteraums, außer- fast so zu unterrichten, wie im Klassenzimmer. Insbeson- dem ist eine Teilnahme ohne eine persönliche E-Mail- dere entfällt dadurch ein mühsames und sehr zeitauf- Adresse oder Matrikelnummer empfehlenswert und wändiges Erstellen von PowerPoint-Präsentationen möglich. Verglichen mit der Datensammlung durch täg- oder schriftlichen Grammatikerläuterungen, On-De- lich verwendete Soziale Netzwerke dürften die Risiken mand-Videos usw. Zeit für die Studenten (oder die ei- bei Videokonferenzen eher gering sein. gene Forschung oder die Familie ...) bleibt. Dass man auch mit anderen Methoden zu guten Ergeb- Nicht nur die Studenten und Lehrer haben mit Schwie- nissen kommen kann, soll natürlich nicht bestritten wer- rigkeiten zu kämpfen (und verursachen auch welche): den. In Anbetracht des Kommunikationsmangels zwi- Gleiches gilt für die Universitäten selbst. Es ist unbe- schen den Studenten und auch zwischen Studenten und streitbar, dass die Fakultäten, die Verwaltung, die IT sehr Lehrern wäre aber gerade im Frühlingssemester eine in- viel geleistet und die Grundlagen für ein zumindest nicht tensivere Nutzung von Videokonferenzsoftwares erwä- schlechtes Online-Jahr geschaffen haben: Für die Vorbe- genswert gewesen. reitung zu Beginn der Covid-19-Krise und dann auch für den Unterricht besonders unangenehm waren aber un- Nachbemerkung: klare Regeln in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Nicht alle Videokonferenzprogramme bieten die oben Lehrer und Studenten einerseits und andererseits die genannten Möglichkeiten, insbesondere die der Teil- Ungewissheit, wie lange online unterrichtet werden gruppenbildung. Gerade diese aber macht den entschei- wird. denden Unterschied aus. Trotz mancher Sicherheitsbe- Hier haben die frühe Entscheidung der Waseda, das denken spricht daher einiges für Zoom: Nicht nur die komplette Frühlingssemester online zu belassen, und Funktionalität, sondern auch dass Zoom so weit verbrei- der späte Vorlesungsbeginn sehr geholfen: Nicht provi- tet ist, dass fast alle Studenten und auch Lehrer sie ken- sorisch, nur zwei oder drei Wochen, sondern ein ganzes nen und somit kein neues Lernen notwendig wird. Ge- Semester online unterrichten zu müssen, also in einer rade für Lehrer, die an verschiedenen Universitäten ar- Lehrern und Studenten bis dahin meist unbekannten beiten, ist schon die Gewöhnung an verschiedene Lern- Weise, bedeutet nämlich, dass eine intensive Beschäfti- plattformen eine zusätzliche Belastung – auf verschie- gung mit dem Thema unumgänglich ist. Es lohnt sich da- dene Videokonferenzprogramme lässt sich da gut ver- her, z. B. in Hardware zu investieren, vor allem aber auch zichten. in das Sich-Aneignen der Computer-/Softwarekennt- Mit Zoom lässt sich zwar sehr viel machen, die kombi- nisse und neuer Unterrichtsmethoden, allgemein in die nierte Nutzung mit der Lernplattform der Universität Vorbereitung des Online-Unterrichts. Andere Universi- dürfte aber selbstverständlich sein. Bei der Unterrichts- täten waren hier sehr zögerlich, die Entscheidung, wie gestaltung sehr geholfen haben außerdem folgende Pro- lange online unterrichtet werden müsse, wurde immer gramme bzw. Internetseiten – alle mit der Gemeinsam- wieder verschoben, aus dem anfänglichen Provisorium keit, dass sie kostenlos und sehr einfach zu bedienen wurde schließlich eine Dauerlösung. (Im Nachhinein sind (und zwar für Lehrer und Studenten). Außerdem lässt sich dies natürlich leicht kritisieren; dass die Ent- sind sie unabhängig von der Videokonferenzsoftware scheidungen rund um den Online-Unterricht für die Uni- und der Lernplattform verwendbar. Je nach Zweck bie- versitäten sehr schwierig waren und damit auch Vieles ten sich kompliziertere, evtl. kostenpflichtige Ergänzun- länger gedauert hat oder auch Unsicherheiten bis jetzt gen an. geblieben sind, ist ja leicht zu verstehen.) Google Forms eignet sich nicht nur für Umfragen, son- dern auch als Kontaktformular oder für kleine Tests; Alles in allem scheint dem Autor, wenigstens für viele mit Etherpads kann man hervorragend gemeinsam ar- Unterrichtsinhalte, die Arbeit mit einer Videokonferenz- beiten: Aufgaben lassen sich ins Internet stellen, die Stu- software unter Nutzung der Teilgruppenfunktion, des denten bearbeiten sie online, das Getippte ist sofort für Whiteboards, der Chatfunktion, des Bildschirmteilens alle sichtbar; anders als z. B. beim Zoom-Whiteboard und der Kommentarfunktion, das alles mit eingeschalte- funktioniert das auch, wenn die Studenten in Teilgrup- ter Kamera auf Lehrer- und Studentenseite, ergänzt pen arbeiten; durch die zusätzliche Bereitstellung von Arbeitsblättern Gleiches geht mit kollaborativen Whiteboards, z. B. dem usw. auf der Lernplattform der Universität, einen uner- whiteboardfox.com; wartet guten Unterricht bei sehr vertretbarem Zeitauf- scrumblr.ca ist eine sehr einfache Pinnwand – und ge- wand zu ermöglichen. rade deswegen praktisch (es geht auch mit größerem Funktionsumfang: pinup.com, linoit.com, padlet.com); - 12 -
bei learningapps.org kann man schnell und einfach recht simple, aber bei den Studenten durchaus beliebte Übun- gen erstellen. - 13 -
Studentische Selbstorganisation im Sprachunterricht: Das „Deutsch als Brücke“-Projekt Andreas Riessland (Nanzan-Universität) Vierzig Jahre ist es her, dass Henri Holec den Begriff des Zum anderen wird den Studierenden die Chance gege- autonomen Lernens in die Fremdsprachendidaktik hin- ben, die Gesellschaften und Kulturen ihrer Nachbarlän- eintrug und dem Methodendiskurs damit Impulse ver- der in der direkten Begegnung zu erfahren und auf die- lieh, die bis heute nachwirken. Holec hatte sich in seinen sem Weg zu entdecken, wie viel sie mit den jungen Men- Arbeiten zwar primär auf den Bereich der Erwachsenen- schen dort gemein haben. Ein weiteres Hauptziel be- bildung bezogen (Holec 1981), doch seine Überlegungen steht in der Förderung selbstbestimmten und selbstver- zur Bedeutung von Lernerautonomie im Prozess der antwortlichen Lern- und Arbeitsverhaltens unter den Wissensaneignung und Wissensvertiefung zeigten weit Studierenden. über diesen Bereich hinaus Wirkung. In praktisch allen Arbeitsbereichen der Schul- und Hochschulpädagogik Zur Entstehung des Projekts wurden seitdem Modelle zur Förderung autonomen Ler- nens erarbeitet. Auch im asiatischen Bildungswesen ha- Die Idee zu dieser Initiative mit Fokus auf die Länder Asi- ben diese Ideen ihre Tragkraft entwickelt, was an der ens war aus den Erfahrungen mit einem Vorgängerpro- wachsenden Zahl regionaler Initiativen zur Förderung jekt der Deutschen Abteilung an der Nanzan-Universität autonomer Lern- und Arbeitsformen ebenso sichtbar und der Japaninstitute an den Universitäten Düsseldorf wird wie am anhaltenden Diskurs um die Anwendbarkeit und Leipzig heraus entstanden. Von 2009 an führten die solcher Konzepte autonomen Lernens im asiatischen Studierenden dieser Institutionen über mehrere Jahre Kontext (Ho/Crookall 1995, Littlewood 1999, Schmenk hinweg regelmäßig gemeinsame Videokonferenzen 2005, Aliponga et al. 2013, Shi/Witte 2017). durch. Diese Veranstaltungen fanden je zur Hälfte auf Deutsch und auf Japanisch statt, doch vom sprachlichen Eine dieser regionalen Initiativen ist das „Deutsch als Aspekt abgesehen waren sie in ihrem Ablauf weitgehend Brücke“-Projekt, ein deutschsprachiges universitäres mit den innerasiatischen Programmen der späteren Netzwerk in Ost- und Südostasien. 1 Über dieses Netz- Jahre identisch (siehe unten). Für die teilnehmenden In- werk kommen Studierende verschiedener asiatischer stitutionen war diese Art des transkulturellen Kontakts Universitäten mehrmals pro Semester in Videokonfe- damals ein Novum, das auf studentischer Seite auf ein renzen zusammen, bei denen sie sich zwanglos mit ihren ausnehmend positives Echo stieß (siehe dazu Riessland Kommilitonen aus den Nachbarländern austauschen. 2015). Doch auch wenn die nutzbringenden Aspekte des Organisation und Durchführung dieser Veranstaltungen Programms deutlich überwogen, so machten sich mit liegen hierbei weitgehend in studentischer Hand, wäh- der Zeit auch Umstände bemerkbar, die den Ablauf und rend die betreuenden Lehrkräfte sich auf eine bera- die Gestaltung der Videokonferenzen erschwerten. Teils tende und beobachtende Rolle beschränken. Verkehrs- waren dies organisatorische Faktoren wie die sieben sprache bei diesen Veranstaltungen ist Deutsch, die ge- bzw. acht Stunden Zeitunterschied, wodurch für die meinsame Zielsprache aller Beteiligter. Zurzeit umfasst Durchführung der Konferenzen nur ein sehr enges Zeit- das Netzwerk sechs Partnerinstitutionen aus fünf Län- fenster zur Verfügung stand. Aber auch auffällige Unter- dern Asiens, ein weiterer Ausbau des Netzwerks ist vor- schiede in den Gesprächskulturen, den persönlichen Le- gesehen. benshintergründen und den Interessenslagen der Betei- ligten sorgten dafür, dass die Videokonferenzen stre- Hinter den Videokonferenzen im „Deutsch als Brücke“- ckenweise nicht zur vollen Zufriedenheit aller verliefen. Projekt stehen mehrere didaktische Überlegungen: Zum einen soll den Sprachlernern dabei ein kommunikatives Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen stellte sich da- Umfeld geboten werden, das frei ist vom ständigen Erle- mit auf japanischer Seite die Frage, ob der Einsatz von ben eines Gefälles in der Sprachbeherrschung, wie es Videokonferenzen nicht in anderer Form weiter opti- der Austausch mit Muttersprachlern mit sich bringt. miert werden könnte, in einem Projektrahmen, der die Fähigkeiten und Erwartungen der eigenen Studierenden 1 Mit den coronabedingten Umstellungen im akademischen Lehrbe- den Kursraum ist aber beabsichtigt, zum Arbeitsmodell mit Klein- trieb hat sich auch die Arbeit im „Deutsch-als-Brücke“-Projekt gruppen zurückzukehren. Im vorliegenden Beitrag sind die Veran- grundlegend gewandelt: Statt der bis dahin üblichen Arbeit in Klein- staltungen des Jahrs 2020 nicht berücksichtigt, sie werden Gegen- gruppen auf dem Campus laufen die Veranstaltungen seit dem stand einer späteren Veröffentlichung sein. Frühjahr 2020 über eine Peer-to-peer-Konferenzschaltung, bei der sich die Mitglieder individuell von zuhause zuschalten. Mit der für 2021 vorgesehenen Rückkehr des akademischen Lehrbetriebs in - 14 -
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