Lernen & - Lernen & Lehren
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Schwerpunktthema Technikerschulen – Fachschulen für Technik lernen & lehren Elektrotechnik • Informationstechnik Metalltechnik • Fahrzeugtechnik Didaktikansätze für Technikerschulen Jörg-Peter Pahl/Friedhelm Schütte Berechnungen an Profilen – ein Beispiel aus dem Fachschulunterricht Roland Koch Innovative Lernumgebung – Fertigungsautomation und handlungsorientiertes Lernen in der Fachschule „Mechatronik“ Florian Beier/Thomas Kohlmeier HEFT 116 • 29. JAHRGANG • 4/2014 • 9,75 € Praxisorientierter Unterricht für Maschinenbautechniker/-innen in der Fachschule Thomas Schmitz Effizienzwettbewerb für Fahrzeuge im Fokus von Projektarbeiten in der Fachschule für Technik Bernd Klein Projektarbeit als Instrument des Lernens und der Weiterentwicklung von Schule – Ein Beitrag aus einer Fachschule „Technik und Gestaltung“ Hartmut Maume/Klaus Prütz/Thomas Deckert/Birgit Ramm/Maik Jepsen H 65063 HECKNER
Berufsbildung als Aufklärung Traditionen der aufklärenden Pädagogik bewahren Gottfried Adolph erinnert Lehrer und Ausbilder tech- nischer Berufe mit seinen Kommentaren und Essays – regelmäßig erschienen in der Zeitschrift „lernen Gottfried Adolph und lehren“ – daran, die Traditionen der aufklärenden Berufsbildung als Aufklärung Pädagogik zu bewahren. Kommentare und Essays Berufsbildung, Arbeit und Der Autor schlägt eine Brücke zwischen der fachlichen Innovation, Band 5 Diskussion und der aufklärerischen Berufspädagogik 2011, 312 S., 19,90 € (D) ISBN 978-3-7639-4879-6 und regt zum Nachdenken und Reflektieren an. Best.-Nr. 6004189 Diese neue, aktualisierte Ausgabe wurde um 30 Essays und Kommentare von 2002 bis 2009 erweitert. wbv.de W. Bertelsmann Verlag service@wbv.de | wbv.de | wbv-journals.de | wbv-open-access.de
Inhalt SCHWERPUNKT: TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK 134 Editorial: Technikerschulen im Wandel Michael Tärre Schwerpunkt 136 Didaktikansätze für Technikerschulen Jörg-Peter Pahl/Friedhelm Schütte Praxisbeiträge 142 Berechnungen an Profilen – ein Beispiel aus dem Fachschulunterricht Roland Koch 146 Innovative Lernumgebung – Fertigungsautomation und handlungsorientiertes Lernen in der Fachschule „Mechatronik“ Florian Beier/Thomas Kohlmeier 153 Praxisorientierter Unterricht für Maschinenbautechniker/-innen in der Fachschule – dargestellt an einem Beispiel aus der Technischen Mechanik Thomas Schmitz 159 Effizienzwettbewerb für Fahrzeuge im Fokus von Projektarbeiten in der Fachschule für Technik Bernd Klein 163 Projektarbeit als Instrument des Lernens und der Weiterentwicklung von Schule – Ein Beitrag aus einer Fachschule „Technik und Gestaltung“ Hartmut Maume/Klaus Prütz/Thomas Deckert/Birgit Ramm/Maik Jepsen Forum 170 „Lernfeldgespräche“ – Erfahrungsaustausch der Praktiker/-innen an berufsbildenden Schulen (Teil 2) Eckehard Heydt/Uta Kuhbach/Andreas Lindner/Peter Stengel 172 Europaweite Durchlässigkeit in der Berufsbildung – ECVET und dessen Umsetzung in der Praxis am Beispiel des Leonardo-Innovationstransferprojekts „TRIFT“ Folene Nannen-Gethmann Ständige Rubriken I–IV BAG aktuell 04/2014 II Einladung zur Mitgliederversammlung 2015 der BAG Elektro-, Informations-, Metall- und Fahrzeugtechnik e.V. 176 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren U3 Impressum & LEHREN | ELEKTROTECHNIK • INFORMATIONSTECHNIK • METALLTECHNIK • FAHRZEUGTECHNIK LERNEN ISSN 0940-7340 | HEFT 116| 29. JAHRGANG | 4/2014
EDITORIAL Editorial: Technikerschulen im Wandel mittleren Managements in Handwerk und Industrie bei. Der zunehmende Trend zur Wissensgesellschaft mit ständigen Veränderungen im Beschäftigungs- und Gesellschaftssystem sowie die damit verbundenen Herausforderungen an Flexibilität und Mobilität der Berufstätigen zeigen, dass die Fachschulen als Weiterbildungsinstitutionen gegenwärtig stärker als bisher gefordert sind, auf die verschiedenen Anfor- MICHAEL TÄRRE derungen des Beschäftigungs- und Gesellschaftssys- tems flexibel zu reagieren. Schon heute sind nach- frageorientierte Weiterbildungsangebote mit ihren Technikerschulen sind seit ihrer Entstehung eng mit besonderen Details, also den sehr differenzierten der technischen Entwicklung verbunden. Mit dem und eng angelegten Aufgabenstellungen, häufig nur Aufkommen der Industrie und der industriellen von temporärer Aktualität. Die Ziele und Inhalte der Revolution erfuhr das technische Bildungswesen Technikerschulen sind durch die ständigen, nicht nur erhebliche Veränderungen. Berufliche Weiterbildun- technischen, Veränderungen bei zunehmender Kom- gen wurden zunehmend erforderlich. In Deutschland plexität und Kompliziertheit, insbesondere bei den waren Entstehung und institutioneller Ausbau durch innovativen Berufen, ständig zu reflektieren, zu ak- die Reform gymnasialer und technischer Bildungs- tualisieren und zu realisieren. gänge in den 1890er Jahren in Preußen bestimmt. Der mit einer solchen qualitativ hochwertigen beruf- Dabei erfolgte im Rahmen der Reform auch eine ein- lichen Weiterbildung vergebene Abschluss „Staatlich deutigere Abgrenzung der technischen Schulen in geprüfter Techniker/Staatlich geprüfte Technikerin eine „niedere“ und eine „höhere“ Form. Eine Unter- in der Fachrichtung ...“ wird den anspruchsvollen In- scheidung in „niedere“ oder „höhere“ Fachschulen halten nicht mehr gerecht, da er sich darüber hinaus wurde bei den kaufmännischen Fachschulen nicht auch sprachlich kaum von den Abschlüssen der Be- getroffen. Bei den technischen Schulen wurde dage- rufsfachschulen abhebt. gen die stärkere „Entwissenschaftlichung“ der „nie- deren“ Fachschule gefordert und auch durchgesetzt. Wie aber könnten Zukunftsperspektiven für eine Es ging um die Weiterbildung von und zu Berufsprak- innovative und flexible berufliche Weiterbildung tikern, die in den hierarchisierten Arbeitsprozessen an der Fachschule zukünftig aussehen? Bei den eingesetzt werden konnten. verschiedenartigen Prognosen zur künftigen Leis- tungsfähigkeit der Technikerschule, wie sie heute Diese Differenzierung erfuhr mit dem Preußischen bei Diskussionen formuliert werden, wird allgemein Ministerialerlaß vom 8. April 1916 eine verbindliche anerkannt, dass die berufliche Erwachsenen- und Regelung. Die damaligen niederen und höheren Ma- Weiterbildung in der Folge wissenschaftlicher und schinenbauschulen (Fachschulen) waren einerseits gesellschaftlicher Entwicklungen den Anforderungen durch die Ansprüche der Industrie und gesellschaft- beruflicher Praxis sowie der Wissensgesellschaft in liche Selektionen bestimmt. Andererseits erlangten Zukunft schneller und besser gerecht werden muss. sie aber auch immer größere Anerkennung. Nach Damit werden zugleich hohe Qualifikationsanforde- mehr als vier Jahrzehnten wurden die „höheren“ rungen erkennbar. Fachschulen zu Fachhochschulen und etwas später die „niederen“ zu Fachschulen für Technik bzw. zu Von den gesellschaftlichen Mächten sind deshalb Technikerschulen umgewandelt. Zusammenfassend schon vor einigen Jahren rahmengebende Impul- lässt sich bezogen auf die zeitliche Entwicklung fest- se eingebracht worden. Im Mai 2007 hat die Wirt- halten, dass sich die Technikerschulen als wichtige schafsministerkonferenz in einem Beschluss festge- nicht-akademische Weiterbildungseinrichtung etab- stellt, dass „eine Reihe hochwertiger, im Wege der lierten. Sie trugen mit ihrem praxisorientierten Kon- beruflichen Bildung erworbener Qualifikationen mit zept wesentlich zur Qualifizierung des unteren und akademisch erworbenen Qualifikationen gleichwer- 134 lernen & lehren | 4/2014 | 116
EDITORIAL tig sind“. Daher sei es gerechtfertigt, Abschlussbe- Betrachtet man das Anforderungsprofil der Ni- zeichnungen einzuführen, die diese Gleichwertigkeit veaustufe 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens auch dokumentieren bzw. zertifizieren. Als Beispie- (DQR) genauer, so wird unmittelbar deutlich, dass le wurde auf den „Bachelor Professional“ und den Technikerschulen auf dieses Qualifikationsniveau „Master Professional“ verwiesen. Die Forderung ausgerichtet sind: „Über Kompetenzen zur Planung, entspricht der Position der Kammerorganisationen, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fach- die in den Bezeichnungen einen wichtigen Beitrag lichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur für die Aufwertung der beruflichen Bildung sehen. eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Erwartungsgemäß und umgehend protestierte der Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der die Abschlussbezeichnungen als akademische Ab- in einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Die An- schlüsse geschützt wissen will. Auch der Deutsche forderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Gewerkschaftsbund (DGB) und die Bundesverei- Veränderungen gekennzeichnet.“ (BMBF 2013, DQR- nigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Handbuch). Das ist aber auch die Niveaustufe für nahmen gegenüber dem Vorstoß eine reservierte bis den Bachelor-Abschluss. Damit wird über den DQR ablehnende Haltung ein. bereits attestiert, dass über berufliche Bildungswege Die Wirtschaftsministerkonferenz hat des Weiteren Kompetenzniveaus erreicht werden, die bisher – bei am 7./8. Juni 2006 in Erfurt zur Aufwertung der be- formaler Betrachtung – dem Wissenschaftsbereich ruflichen Bildung beschlossen, dass der Arbeitskreis vorbehalten waren. Die Technikerschule hat sich „Berufliche Bildung“ beauftragt wird, einen Vor- nicht nur dadurch – sondern schon seit langem – von schlag zur internationalen Verständigung über die der Einordnung als „niedere“ Schule gelöst. deutschen Abschlüsse in der nicht-akademischen beruflichen Weiterbildung zu erarbeiten. Der Auftrag Berücksichtigt man die bildungspolitischen Ent- zu einer Tischvorlage wird von der Wirtschaftsminis- scheidungen und Vorgaben des DQR, die Entwick- terkonferenz damit begründet, dass die „deutschen lungen im Beschäftigungssystem und den Trend zur Absolventen (...) zunehmend mit Absolventen über- Wissensgesellschaft sowie die damit verbundene wiegend semi-akademisch oder akademisch aus- gerichteter Bildungssysteme anderer Staaten, die Vielzahl spezifischer, langfristig zu leistender Aufga- häufig mit den dort vielfach leichter erreichbaren ben, so wird der organisatorische und institutionelle Bachelor-Abschlüssen ausgestattet sind“ (Beschluss- Ausbau der Technikerschule immer zwingender. Eine Sammlung der Wirtschaftsministerkonferenz 2006, Reformierung bzw. Anpassung des Weiterbildungs- Punkt 3.2 der Tagesordnung), konkurrieren. „Da- bereichs ist vor allem deshalb notwendig, weil für durch entsteht eine potenzielle Beeinträchtigung die Zukunft entscheidend sein wird, mit welchem ihrer Wettbewerbschancen. Hinzu kommt, dass die Wissen Studierende der Technikerschulen sich auf gegenwärtigen Bezeichnungen der deutschen Wei- terbildungsabschlüsse international kaum bekannt einen Beruf vorbereiten, der ihnen, wenn es notwen- bzw. nicht lesbar sind; die internationale Fachkräfte- dig ist, die Möglichkeit eröffnet, im angestammten mobilität wird gehemmt.“ (ebd.) Berufsfeld oder perspektivisch in andere Felder oder Zu den anspruchsvollen Weiterbildungsabschlüssen, Branchen im europäischen Raum zu wechseln. insbesondere in den Hochtechnologiebereichen, Es ist sinnvoll, dass die Lehrkräfte und ihre Organi- die im Niveau den Vergleich mit Bachelor- oder so- sationen weitere Anstöße zur Entwicklung der Tech- gar Masterabschlüssen an Berufsakademien und nikerschulen geben. Sie stehen am besten in der Fachhochschulen nicht scheuen müssen, zählen die Diskussion über den sozio-technischen Wandel der Technikerschulen. Allerdings beruht die Annahme Technikerberufe der zugehörigen Berufsfelder. Für der Gleichwertigkeit weitgehend auf Einschätzungen die Lehrenden an der Technikerschule stellt sich be- bzw. dem Vergleich von curricularen Vorgaben. Be- lastbare Daten aufgrund von Vergleichsstudien lie- reits heute und insbesondere zukünftig die Aufgabe, gen dazu bislang kaum vor. Diese wären aber auch dass Perspektiven für die Schulentwicklung auch an notwendig, um besser einordnen zu können, wie die der beruflichen Weiterbildungseinrichtung disku- verschiedenen Weiterbildungsabschlüsse im Hin- tiert werden sollten. Neue Anforderungen durch den blick auf das Niveau akademischer Abschlüsse ein- Wandel der Arbeitswelt stellen dabei eine besondere zustufen sind. Herausforderung dar. lernen & lehren | 4/2014 | 116 135
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ Didaktikansätze für Technikerschulen1 Praxis- und Theorieentwicklung der Didaktikansätze der Technikerschulen basieren auf Grundlegungen, die als Reaktion auf den sozio-technischen Wandel schon zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts aus- gelöst wurden. Die in der Folgezeit bis hin zur Gegen- wart erfolgten Veränderungen sind von den Akteuren schulischer Berufsbildung begrüßt worden, weil sich JÖRG-PETER PAHL FRIEDHELM SCHÜTTE damit eine Institution etabliert hat, die berufliche Weiterbildung in der Schule ermöglichte. Aber dennoch muss gegenwärtig und zukünftig weiterhin an einem in sich geschlossenen curricularen und didaktischen Theorieansatz gearbeitet werden, um die Vermittlungspraxis an den Fachschulen für Technik besser zu fundieren. TECHNIKERSCHULEN ALS GEGENSTAND ner weitergehenden beruflichen Qualifikation mit DIDAKTISCHER REFLEXION staatlicher Abschlussprüfung führt. Eintrittsvoraus- setzung sind eine einschlägige Berufsausbildung Wie alle anderen Fachschulen sind die vor mehr als und Berufsausübung im Technikbereich. Die Diffe- einhundert Jahren aus den niederen Maschinenbau- renzierung der Fachschulen für Technik umfasst eine schulen („Werkmeisterschulen“) hervorgegangenen Vielzahl von Fachrichtungen. Dabei ist eine nicht Technikerschulen Institutionen der beruflichen Er- einheitlich verwendete Begrifflichkeit festzustellen. wachsenen- und Weiterbildung. Auffallend ist: Diese Innerhalb Deutschlands differieren die Bezeichnun- Ausbildungseinrichtung wird von der Gesellschaft in gen. So gibt es beispielsweise in Bayern neben den ihrer Bedeutung nicht angemessen wahrgenommen. Das vielfältige Bildungsangebot ist für die interes- Fachschulen für Technik so genannte Fachakademi- sierte Öffentlichkeit kaum überschaubar. en, deren Besuch einen gehobenen Schulabschluss voraussetzt. Auch sind die Adressaten einiger Län- Anders ist es bei Berufstätigen, die bereits eine derpläne Schüler/-innen und andernorts hingegen gewerblich-technische berufliche Erstausbildung Studierende. Die Technikerschule ist in allen sech- absolviert haben und einige Jahre im Beschäfti- zehn Bundesländern präsent (ZÖLLER 2013; PAHL gungssystem tätig sind. Sie interessieren sich für 2010, S. 126 ff.). die Technikerschule mit ihren Weiterbildungsmög- lichkeiten, weil wegen der damit erreichbaren Qua- Seit ihrer Gründung in den 1890er Jahren hat sie sich lifikation das berufliche Fortkommen und die Fach- institutionell verselbstständigt, ist durch Gesetze lichkeit gesichert werden können. Meist schon in und Rechtsverordnungen funktional organisiert und der Endphase der beruflichen Erstausbildung, kurze hat eine eigene Curriculumstruktur entwickelt. Tech- Zeit nach dem Abschluss der Ausbildung oder eini- nikerschulen sind eine spezifische Form der berufli- ge Jahre später ventilieren sie, welche Angebote des chen Erwachsenen- und Weiterbildung (KREBS 1992). unübersichtlichen Weiterbildungsmarktes für sie von Curricular stellen sie sich den technologischen Her- Interesse sein könnten und welche Qualifikation den ausforderungen (SCHÜTTE 1996), sozial befördern sie beruflichen Status dauerhaft befördert. den individuellen Aufstieg, beruflich garantieren sie Mobilität. Die Fachschule wird als eine Einrichtung der beruf- lichen Aus- und Weiterbildung wahrgenommen, die Sind die Technikerschulen noch zeitgemäß – ist ihr über die i. d. R. zweijährigen Bildungsgänge zu ei- didaktischer Ansatz noch zukunftsfest? 136 lernen & lehren | 4/2014 | 116
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ ARBEITS- UND TECHNIKDIDAKTIK ALS EIN Für das in den aktuellen Plänen geforderte Unter- KERNSTÜCK DER TECHNIKERSCHULE richtskonzept wird somit das Ziel einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz formuliert. Hier- Makrodidaktische Grundlegungen bei ist zu unterscheiden zwischen Lernen und Stu- In der Technikerschule sollen die Kenntnisse, Fä- dieren für Handeln einerseits sowie Lernen und Stu- higkeiten und Fertigkeiten erlernt werden, die zur dieren durch Handeln andererseits. Dadurch, dass Ausübung eines gehobenen Berufes im unteren und das Konzept der Handlungsorientierung mit einer mittleren Management erforderlich sind. Der makro- Berücksichtigung von Arbeits- und Geschäftsprozes- didaktische Rahmen erwächst aus den curricularen sen in vielen Curricula verankert ist und außerdem Ansprüchen an den Bildungsgang sowie der Forde- über das Prinzip der Wissenschaftsorientierung auch rung nach selbstständigem Arbeiten und Lernen der Wissensziele angestrebt werden, ergeben sich Vor- Studierenden. teile für die spätere betriebliche Tätigkeit. Für einen didaktischen Ansatz der Technikerschule Didaktikansätze der Erwachsenen- und Weiterbil- bilden der angestrebte Technikerberuf mit dem dafür dung in ihrer Bedeutung für die Technikerschule benötigten Arbeits- und Technikwissen sowie die In- Schon seit längerem zeigt sich in der Erwachsenen- teressen der Studierenden die zentralen curricularen und Weiterbildung, dass neuere didaktische Modelle und didaktischen Bezugspunkte. Für die einzelnen immer schneller entstehen, wobei zugleich die Ler- Bildungsgänge sind – soweit möglich – spezifische nenden bzw. Studierenden stärker in den Mittelpunkt didaktische Ansätze zu entwickeln. Didaktisch be- gerückt werden. Dabei sollen Aspekte wie eine stär- deutsam ist, dass sie die beruflichen und lebenswelt- kere Orientierung an den Interessen und Lernvoraus- lichen Erfahrungen der Erwachsenen setzungen aufgegriffen werden. berücksichtigen. Erwachsene lassen sich Daraus folgt: Erwachsene lernen Auf die berufsfachlichen Arbeits- und nicht gern belehren an Technikerschulen aus ande- Geschäftsprozesse wirkt eine Rei- ren Gründen, Motiven und mit he von Momenten, die von den gesellschaftlichen anderem Engagement als Jugendliche an Berufsschu- Bedingungen über den Absatzmarkt bis hin zu ge- len und Berufsfachschulen. Sie fordern sinnvolle und setzlichen Bestimmungen reichen. Aus diesen Ar- umsetzbare Inhalte, positive Herausforderungen, Le- beitsabläufen sind berufliche Handlungsfelder her- bens- und Berufsnähe, Bezug zu ihrer Lebenserfah- auszukristallisieren, die didaktisch und methodisch rung und Lern-, Studien- und Arbeitsumgebungen, zu handlungsorientierten Lernsituationen aufberei- in denen sie sich wohlfühlen. Für die erwachsenen tet werden müssen. In der Auseinandersetzung mit Studierenden an der Technikerschule ist das Lernen den Lernsituationen können die Studierenden der ein selbstgesteuerter, biographisch beeinflusster Technikerschulen dann berufliche Handlungskom- Prozess. Lernen und Studieren werden also nicht petenz erwerben. Bei der Auswahl berufstypischer lediglich als eine Reaktion auf Lehre verstanden. arbeits- und technikbezogener Lern- und Studienin- Erwachsene lassen sich in der Regel nicht gerne be- halte sollte neben dem Kriterium der Relevanz des lehren oder aufklären. Um unter dieser Prämisse als jeweiligen Lerninhalts zugleich das berufsfachliche Lehrkraft an der Technikerschule den Studierenden Handeln betrachtet werden. gerecht zu werden, braucht es grundlegendes didak- Die Lern- bzw. Studienziele müssen also neben der tisches und methodisches Wissen darüber, wie Er- Theorievermittlung ebenso auf die Ebene der prakti- wachsene sich Wissen erschließen und Kompetenzen schen Fertigkeiten für die zukünftige Tätigkeit gerich- aneignen können. tet sein, sodass die Absolventinnen und Absolventen Curricular und inhaltlich kann unter Berücksichti- nach dem Studium an der Technikerschule möglichst gung von Selbstorganisation sowie Erfahrungen der problemlos zurück in das Beschäftigungssystem beruflichen Erwachsenen- und Weiterbildung für die gelangen, um dort Führungsaufgaben im mittleren Technikerschulen konzeptionell Neues entstehen. Management zu übernehmen. Deshalb wird in den Arbeit, Technik und Bildung als didaktische Referenz- neueren Landeslehrplänen der Fachschulen für Tech- bereiche nik handlungs- und berufsorientiertes Lernen und Studieren ausdrücklich gefordert und in Projekten Für eine berufliche Erwachsenen- und Weiterbil- praktiziert (siehe dazu die Beiträge in diesem Heft). dungsstätte wie die Technikerschule sollten didak- lernen & lehren | 4/2014 | 116 137
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ tische Ansätze für Fächer, Module oder Lerngebiete Insgesamt sollen dadurch die Berufsarbeit und de- darauf gerichtet sein, eine optimale Verknüpfung der ren Gestaltungsmöglichkeiten (RAUNER 1995) besser Ansprüche der Studierenden, der gesellschaftlichen berücksichtigt werden. Damit lassen sich neben dem Interessen und der Anforderungen des Beschäfti- erforderlichen Fachwissen über den Umgang mit gungssystems auf die zu leistende Arbeit und die Be- beruflichen Gegenständen auch Arbeits-, Arbeits- herrschung des Sachgebietes „Technik“ anzustreben. prozess- und Erfahrungswissen entwickeln bzw. Durch das Bezugswissenschaftsproblem und didak- weiterentwickeln. Darüber hinaus geht es für se- tische Diskussionen der letzten zwei Jahrzehnte ist miakademische Berufe darum, die Arbeit nicht nur deutlich geworden, dass die Sachgebiete bzw. Sach- selbstständig planen und durchführen, sondern auch systeme zusammen mit der zugehörigen Arbeit unter organisieren, kontrollieren, bewerten und gestalten dem Berufsbildungsaspekt betrachtet werden müs- zu können. Um solche umfassenden Lern- und Stu- sen (Abb. 1). Damit werden auch die Arbeits- oder dienziele verwirklichen zu können, sind die hierfür Geschäftsprozesse unter dem Bildungsaspekt in ih- notwendigen didaktischen Ausgangsbedingungen zu rer Komplexität und Mehrdimensionalität erfasst und verbessern. Es müssen zum Teil andere bzw. zusätz- in die zu generierenden Konzepte integriert. In dem liche wissenschaftliche Bezüge hergestellt werden, Relevanzbereich von Arbeit, Sachgebiet „Technik“ um damit das Bezugwissenschaftsproblem zu min- und Bildung sind die didaktischen Entscheidungen dern.2 zu treffen. An den Technikerschulen zeichnen sich gute Mög- lichkeiten zur Anwendung eines sowohl an der Arbeit als auch am Sachgebiet orientierten didaktischen Ansatzes ab. Dabei können und sollten die Ergeb- nisse schon vorhandener Ansätze und Konzeptionen berücksichtigt werden, indem sie systemisch in das neu entstehende Gesamtkonzept eingefügt werden. Mit diesem Angang werden die ausschließliche Aus- richtung auf das Fach bzw. einzelne fachlich isolierte Sachbereiche „der Technik“ aufgebrochen sowie die mit dem Tätigkeitsgebiet verbundene Arbeit mit de- ren Arbeits- und Geschäftsprozessen und die damit Abb. 1: Arbeit, Bildung und Sachgebiet „Technik“ im im Zusammenhang stehenden relevanten Bildungs- didaktischen Zusammenhang aspekte berücksichtigt. In dem beruflich orientierten Didaktikkonzept der Beim Konzept einer arbeits- und technikorientierten Technikerschule stehen die arbeits- und technikspe- Didaktik für die Technikerausbildung werden nicht zifischen Intentionen und Lern- und Studienziele, nur eine Fachwissenschaft als didaktisch vereinfach- die zugehörigen Lern- und Studieninhalte, Methoden tes Sachgebiet eines Technikbereiches thematisiert, und Medien in einem wechselseitigen Zusammen- sondern auch berufswissenschaftlich begründete hang. Arbeits- und technikspezifische Intentionen, Ansätze zur Erfassung von beruflichen Tätigkeitsdo- Ziele und Inhalte stellen dabei die Entscheidungsfel- mänen herangezogen. der für diesen Ansatz beruflichen Lernens und Stu- Arbeit, Technik und Handlungsorientierung dierens im engeren Sinne dar. Arbeits- und technik- spezifische Methoden- und Medienkonzepte können Führungskräfte des unteren und mittleren Manage- als Teil der „Methodik“ angesehen werden. Damit ments müssen über ein breites Spektrum beruflicher zeigt sich ein Gesamtkonzept, das für die Planung Fähigkeiten verfügen. Deshalb ist für die zu entwi- beruflicher Erwachsenen- und Weiterbildung an den ckelnden Kompetenzen der beruflichen Handlungs- Technikerschulen wesentliche Bedingungs- und Ent- fähigkeit der Bezug zur Arbeit und zum Sachgebiet scheidungsfelder benennt. „Technik“ unhintergehbar. Mit dem Konzept der Handlungsorientierung können der Technikbereich Die beruflichen und lebensweltlichen Erfahrungen sowie die damit verbundene Arbeit und über das der Studierenden sind – vor allem, wenn sie diese eng Fachliche hinausgehende allgemeinbildende As- in den Lern- und Studienprozess einbringen wollen – pekte in einem ausgewogenen Verhältnis betrachtet mit einer Bedingungsanalyse zu erfassen, denn wer- werden. den weiterreichende und übergeordnete Intentionen 138 lernen & lehren | 4/2014 | 116
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ und Ziele unterdrückt, so kann das zu grundlegenden Durch den auf die Technik und die zugehörige Ar- Auswirkungen bei den Lern- und Studieninhalten beit orientierten didaktischen Ansatz beruflichen führen sowie durch die damit einhergehende Re- Lernens und Studierens können aber auch Themen duktion in der Folge Probleme mit der erwachsenen des Beschäftigungs- und des Gesellschaftssystems Klientel erzeugen. Wenn bei den didaktischen Über- behandelt werden, die nicht unmittelbar an einen legungen allein schon durch Bezeichnungen der Fä- Beruf sowie eine Fachrichtung gebunden sind. cher, Module oder der Lernfelder ein Technikbereich Außerdem sind in die didaktischen Entscheidungen im Vordergrund steht, sollte darüber hinaus versucht die exemplarischen und berufsrelevanten Techniken, werden, nicht nur das Sachgebiet oder Sachsysteme Arbeits- und Geschäftsprozesse, der Motivations-, und die damit verbundene Arbeit zu behandeln, son- Aktivierungs- und Bildungsgehalt des Lern- bzw. dern auch die Veränderungen im Beschäftigungssys- Studieninhalts in Hinblick auf Denken, Wahrnehmen tem zu thematisieren und dabei weitere Gestaltungs- und Handeln sowie die wesentlichen Arbeitsmetho- möglichkeiten für das Sachgebiet und die zugehörige den und -verfahren einzubeziehen. Unter einer sol- Arbeit insbesondere in Führungspositionen, wie sie chen erweiterten Perspektive sind zugleich die Absolventen der Fachschule die Themen mit ihren Verknüpfungsmög- anstreben, aufzuzeigen. Auf die- Veränderungen der lichkeiten mit weiteren Inhalten – ganz im se Weise erlangt das Verhältnis zu Arbeit thematisieren Sinne des Lernfeldkonzepts – zu untersu- Arbeit und Technik, zu den Arbeits- chen, sodass sie vielschichtiger, ganzheitlicher und und Geschäftsprozessen und zur Arbeitsorganisation integrativ fächerübergreifend strukturiert angelegt besondere und angemessene Aufmerksamkeit. Durch sind. die veränderte Sichtweise erhalten wesentliche Mo- mente der beruflichen Bildung – also Arbeit und An der beruflichen Erwachsenen- und Weiterbil- Technik – ihre eigentliche didaktische Bedeutung dungseinrichtung „Technikerschule“ sollte nicht eine und werden um das Element „Bildung“ komplettiert. ausschließliche Festlegung auf ein Lern- und Studi- Unter Berücksichtigung dieser tragenden Momente enkonzept erfolgen. In die Konzepte müssten auch ergeben sich komplexe didaktische Konzepte für die fachsystematisch und kasuistisch strukturierte Pha- berufliche Erwachsenen- und Weiterbildung im Be- sen mit arbeits- und technikweltlichen Themen, die reich von Arbeit und Technik. Die berufliche Hand- durch die Studierenden – unter Berücksichtigung lungskompetenz mit den Elementen Selbstständig- ihrer Probleme und Ansprüche – gestaltet werden keit und Ganzheitlichkeit tritt somit ins Zentrum. sollten, integriert werden. Dieser umfassende ar- beits- und technikorientierte didaktische Ansatz Mit einem solchen didaktischen Ansatz beruflichen stellt in seiner relativ breiten Anlage eine Art Be- Lernens erhalten das Handeln, Bewerten und Gestal- reichsdidaktik dar, bei der im Regelfall eine erhebli- ten im Sachgebiet sowie der Bezug zu Arbeit und che Umformung auf die spezifischen Anforderungen Technik für Lehr- und Lern- bzw. Studienkonzep- einer Fachrichtung erforderlich wird. te einen besonderen Stellenwert. So kann erreicht werden, dass beispielsweise neben dem erforderli- Mit einer Bereichsdidaktik – wie dem arbeits- und chen Fachwissen über eine Technik und der damit technikorientierten Ansatz – ergeben sich zwar be- verbundenen Arbeit auch das Handlungswissen zur sondere didaktische und methodische Möglichkeiten Gestaltung und Beherrschung der Arbeits- und Ge- für die berufliche Erwachsenen- und Weiterbildung, schäftsprozesse berücksichtigt werden. Auf diese es können jedoch nicht zwangsläufig die Spezifika Weise wird für die angehenden Führungskräfte mit erfasst werden, die sich auf die Profile der Fach- der zusätzlichen Zieldimension „Gestaltungs- bzw. bereiche, Fachrichtungen und die einzelnen Berufe (Mit-)Gestaltungskompetenz“ – mehr noch als bei ei- beziehen. Entwickelt werden müssen deshalb Aufga- nem Bezug auf eine berufliche Handlungskompetenz benstellungen, die den Studierenden für ihre berufli- – „auf die schöpferische Qualität des selbstverant- che Zukunft relevant erscheinen. Die Bereichsdidak- worteten Tuns sowie auf die Inhaltlichkeit der Ge- tik ist nicht auf die bestehenden Technikerschulen staltungsspielräume“ (RAUNER 1995, S. 52) verwiesen. hin angelegt. Dennoch hat sie für die curricular vor- Damit kann für einzelne Sachbereiche als Teil des geschriebenen und zusätzlichen Bildungsgänge eine große Relevanz. Sachgebietes ein „unauflösbarer Zusammenhang des technisch Möglichen und des sozial Wünschba- Die Grenzen einer arbeits- und technikorientierten ren“ (ebd., S. 57) aufgezeigt werden. Didaktik liegen darin, dass diese nicht auf spezifi- lernen & lehren | 4/2014 | 116 139
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ sche Fachbereiche, Fachrichtungen und Berufe hin Die Arbeitsfelder der Berufsdidaktiken für die Techni- ausdifferenziert sind und vielleicht auch nicht dar- kerschulen lassen sich in Anlehnung an die bildungs- auf ausgelegt werden sollten, weil sonst übergeord- theoretische Didaktik für berufliches Lernen und nete Momente von Arbeit und Sachgebiet oder Sach- Studieren in eine solche im weiteren sowie im en- bereich aus dem Curriculum ausgeschlossen werden geren Sinne differenzieren. Danach umfasst die Be- und die exemplarische Bedeutung von thematischen rufsdidaktik im weiteren Sinn alle relevanten didak- Aufbereitungen verloren ginge. tischen und methodischen Bereiche. Eingeschlossen sind darin sowohl Fragen des Gesamtansatzes der Ansätze zu Berufsdidaktiken Lern- und Studienziel- sowie Inhaltsproblematik als In der Technikerschule soll für einen Beruf mit Füh- auch der Methoden und Medien sowie der Lernorga- rungsaufgaben im unteren und mittleren Manage- nisation der Technikerschule. Die Berufsdidaktik im ment ausgebildet werden. Deshalb sind nicht nur engeren Sinne sollte Fragen der Lern- und Studien- solche Berufsdidaktiken zu betrachten, wie sie be- zielfindung, der Auswahl, des Ausschlusses und der reits in anderen Zusammenhängen diskutiert wor- Strukturierung von Lern- und Studieninhalten sowie den sind. Vielmehr sind besondere Berufsdidaktiken deren Evaluation und Transformation im Bildungs- wünschens- und erstrebenswert. Zwar werden schon gang behandeln. seit längerem spezifische didaktische Konzepte in Berufsdidaktik und Methodik des berufsfachlichen der beruflichen Erwachsenen- und Weiterbildung Unterrichts stehen letztlich für Planer von Lern- und verwendet, diese sind jedoch in ihrer Ausrichtung Studienprozessen in enger Verbindung zueinander auf die angestrebten Zweit- oder Weiterbildungsbe- und können nur in ihrem interdependenten Zusam- rufe verbesserungsbedürftig. Ursachen dafür liegen menhang, d. h. nicht unabhängig voneinander, ge- sowohl im Wandel von Handwerk, Industrie und sehen und entwickelt werden. Die systematisierten Handel als auch in der Differenziertheit der Berufs- Ergebnisse von Tätigkeitsrecherchen sowie berufs- welt und neuer gesellschaftlicher und bildungspoli- relevanten Aussagen von zusätzlich hinzugezoge- tischer Ansprüche. nen Wissenschaften und berufswissenschaftlichen Ansätzen bilden die Basis für die Aufbereitung von Für die in der beruflichen Erwachsenen- und Wei- umfassenderen Inhalten für die Unterrichtspraxis im terbildung an Fachrichtungen und an der Berufswelt Vorfeld didaktisch-methodischer Entscheidungen. orientierten Bildungsgänge sind andere berufsorien- tierte oder berufsspezifische didaktische Konzepte ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN DER DIDAKTIK UND erforderlich. Hier können Ansätze der Berufsdidak- METHODIK DER BERUFLICHEN ERWACHSENEN- UND tik, die für andere berufliche Schulen konzipiert wor- WEITERBILDUNG FÜR DIE PRAXIS UND THEORIE den sind, hilfreich sein. Darüber hinaus lassen sich DER TECHNIKERSCHULE in der einschlägigen Literatur, u. a. unter Rückgriff Für die berufliche Erwachsenen- und Weiterbildung auf deren Gründungsphase, zahlreiche Anregungen an der Technikerschule lagen schon frühzeitig erste finden (PAHL 2010, S. 79 ff.). spezifische Unterrichtskonzepte sowie „didaktische“ Die heutigen Technikerschulen sind viel differenzier- Ansätze vor. Im Regelfall orientierten sich diese an ter in Fachrichtungen und Schwerpunkte gegliedert. den Grundzügen der allgemeinen Unterrichtslehre Sie stellen die jeweiligen Inhalte und Tätigkeitsmerk- bzw. Unterrichtsmethodik. Schon wenige Jahre nach male eines fachrichtungsbezogenen Schwerpunktes der Gründung wurde aber erkannt, dass im Gegen- bzw. Berufes „Techniker/-in“ in den Mittelpunkt einer satz zum Unterricht an allgemeinbildenden Schulen beruflichen Erwachsenen- und Weiterbildung. Darü- beim Unterricht an beruflichen Lehranstalten „die ber hinaus sind die Ziele auch auf eine Abrundung Anforderungen der Praxis im Vordergrunde“ (zit. der Allgemeinbildung gerichtet. Bei neuen didakti- nach: SCHÜTTE 2003, S. 266) zu stehen hatten. Metho- schen Ansätzen sind außerdem – wie schon expli- disch sollten „naturgemäße“ Unterrichtsverfahren ziert – lernpsychologische Reflexionen zur Zielgrup- eingesetzt werden, die die psychologischen Anlagen pe „Erwachsene“ empfehlenswert. Für die berufliche der Schüler berücksichtigen. Daher sollte sich der Weiterbildung, um die es an der Technikerschule im Unterricht an den Schulen für Technik „nicht aus- Kern geht, sind deshalb eher andragogische Lern- schließlich auf den Vortrag des Lehrers beschränken, konzepte erforderlich (s. dazu die Praxisbeiträge in sondern durch Fragen, Beispiele, Wiederholungen diesem Heft). ergänzt werden“ (zit. nach: SCHÜTTE 2003, S. 278). Die 140 lernen & lehren | 4/2014 | 116
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“ im Vorfeld der „Technikerschule“ geführten Diskussi- tigungssystem und an den beruflichen Erfahrungen onen hatten schon in der Wende vom neunzehnten der Studierenden, wobei die Entsprechung von Ver- zum zwanzigsten Jahrhundert ein beachtliches Refle- fahren des Beschäftigungssystems mit Lern- und Stu- xionsniveau erreicht. dienmethoden nutzbar ist. Heute können und müssen Dozentinnen und Dozen- Für die Medien gilt, dass neben den Exponaten und ten bei ihren Lehr- und Studienplanungen auf sehr Lernmitteln, die aus der allgemeinbildenden Schule verschiedene didaktische Konzepte der Allgemein- bekannt sind, spezifische Ausbildungs- und Arbeits- bildung, der Erwachsenenbildung, der beruflichen mittel an der Technikerschule eingesetzt werden, die Weiterbildung und der Berufsausbildung zurückgrei- durch fach-, branchen- oder berufsspezifische Be- fen. Auch wenn es für die Technikerschule spezifi- sonderheiten bestimmt sind (MANSFELD 2013). sche didaktische Konzepte gibt, sind viele Bereiche Die bisher in der Technikerschule praktizierten di- mit Blick auf ihre Genese von der Allgemeinen Di- daktischen und methodischen Konzepte lassen sich daktik und den Fachdidaktiken der entsprechenden auch als Ansätze zu spezifischen Didaktiken dieser Fächer anderer Schularten geprägt (vgl. Abb. 2). semi-akademischen Ausbildungseinrichtung inter- Für die berufsorientierten Fächer lassen sich dage- pretieren, wobei sich bei realistischer Sicht zeigt, gen neben der arbeits- und technikorientierten Be- dass die an der beruflichen Erwachsenen- und Wei- reichsdidaktik berufsdidaktische Ansätze feststel- terbildungsstätte praktizierten didaktischen Konzep- len, die – ohne expressiv verbis benannt zu werden te beruflichen Lernens und Studierens einerseits ein – mehr oder weniger stark praktiziert werden, wobei Konglomerat verschiedenster didaktisch-methodi- die Berufs- und Fachlichkeit einen hohen Stellenwert scher Ansätze aus Allgemeinbildung, Erwachsenen- einnimmt. Etwas Entsprechendes wie eine ausge- bildung und Berufsbildung darstellen, andererseits formte schulspezifische Didaktik im engeren Sinne schon spezifisch und teilweise profilgebend sind. ist nur in Ansätzen vorhanden. Damit sind Marksteine formuliert, um die Entwick- Für den Einsatz in der Technikerschule liegt inzwi- lung der Didaktiken und Methodiken der Techniker- schen ein reichhaltiges Reservoir an Vermittlungs- schule voranzubringen. Ein solches Vorhaben ist verfahren vor, auf das die Lehrkräfte bzw. Dozen- nicht Selbstzweck, sondern soll die Unterrichtspra- tinnen und Dozenten zurückgreifen können. Es ist xis fundieren und die Bildungsgänge an Techniker- insbesondere im Bereich der Makromethoden ein schulen nachhaltig unterstützen. umfassendes Methodenangebot vorhanden. Dieses besteht sowohl aus allgemeinen als auch aus sehr ANMERKUNGEN spezifischen Methoden. Letztere orientieren sich an 1) Wegen des traditionellen und auch des heutigen entsprechenden Arbeitsmethoden und Techniken Sprachgebrauchs wird im Folgenden der Ausdruck bzw. Arbeits- und Geschäftsprozessen im Beschäf- „Technikerschule“ verwendet, obwohl die offizielle Bezeichnung „Fachschule für Technik“ lautet. 2) Deshalb sollten die entstehenden be- rufswissenschaftlichen Ansätze ausge- baut werden, um u. a. zur Erfassung der beruflichen Arbeit im Sachgebiet „Tech- nik“ angemessene Instrumente zu entwi- ckeln. LITERATUR KREBS, W. (Hrsg.) (1992): Technikerausbildung als Aufstiegsfortbildung. Alsbach/Bergstraße MANSFELD, T. (2013): Simulation – fach- und be- rufsdidaktische Innovationen in metall- und elektrotechnischen Domänen. Diss. TU Berlin Abb. 2: Genese der didaktischen Ansätze beruflichen Lernens für die Technikerschule lernen & lehren | 4/2014 | 116 141
SCHWERPUNKTTHEMA „TECHNIKERSCHULEN – FACHSCHULEN FÜR TECHNIK“/PRAXISBEITRÄGE PAHL, J.-P. (2010): Fachschule. Praxis und Theorie einer be- SCHÜTTE, F. (2003): Quellen und Dokumente zur Geschich- ruflichen Weiterbildungseinrichtung. Bielefeld te der technischen Bildung in Deutschland. Teil 2: RAUNER, F. (1995): Gestaltung von Arbeit und Technik. In: Das technische Fachschulwesen 1890–1938. Quellen ARNOLD, R./LIPSMEIER, A. (Hrsg.): Handbuch der Berufsbil- und Dokumente zur Geschichte der Berufsbildung in dung. Opladen, S. 50–64 Deutschland, Reihe C, Band 8. Köln/Weimar/Wien SCHÜTTE, F. (1996): Methodenwandel oder didaktischer Pa- ZÖLLER, M. (2013): Berufliche Weiterbildung an Fachschu- radigmenwechsel? Zur Perspektive der Fachdidaktik an len. In: Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Da- Technikerschulen. In: Zeitschrift für Berufs- und Wirt- tenreport zum Berufsbildungsbericht 2013. Bonn, S. schaftspädagogik, 92. Band, Heft 2, S. 135–150 371–374 Berechnungen an Profilen – ein Beispiel aus dem Fachschulunterricht Die Weiterbildung zur Technikerin/zum Techniker für Maschinentechnik umfasst wesentliche ingenieurwissenschaftliche Grundlagen, die aber im Gegensatz zur Lehre an den Hochschulen nach den aktuellen Kriterien der Berufspädagogik ver- mittelt werden sollen. An der Fachschule für Technik der Staatlichen Gewerbe- schule für Stahl- und Maschinenbau G1 in Hamburg findet dies im Lernfeld „Mo- dellbildung“ seinen Niederschlag. An einem Beispiel zur Querschnittsgeometrie in der Festigkeitslehre wird dies mit Hilfe des Unterrichtsverfahrens Konstrukti- onsvergleich erklärt. ROLAND KOCH MODELLBILDUNG – EIN LERNFELD IM BEREICH rein virtuelle Lernträger, da die Haupttätigkeit des „BERECHNEN UND KONSTRUIEREN“ Konstrukteurs im virtuellen Bereich stattfindet. Der Autor hält alle drei Lernträgervarianten für notwen- Das Lernfeld „Modellbildung“ wurde an unserer dig, da sie gemeinsam mehr Lernsituationen gene- Schule eingeführt, um die Fächer Mathematik, Phy- rieren. sik, Statik und Festigkeitslehre zu ersetzen. Neben dem fächerverbindenden Aspekt war die Verwertbar- QUERSCHNITTSGEOMETRIE IN DER keit für die Konstruktionslehre, im Bezug auf Inhal- FESTIGKEITSLEHRE te und Methoden, maßgebend. Dieses Unterfangen barg und birgt einige Widersprüche und Unwägbar- „Es ist Aufgabe der Festigkeitslehre, Konzepte be- keiten, denen man sich stellen muss: reitzustellen, die eine sichere und wirtschaftliche Bauteilauslegung unter Berücksichtigung von Art 1. keine passenden Referenzen im Bezug auf Niveau und Höhe der Belastung sowie von Geometrie und und Inhalte, Werkstoffart erlauben.“ (LÄPPLE 2008, S. 1; Hervor- 2. didaktische Brüche zwischen Grundlagen- und Er- hebung im Original) Im Bereich Modellbildung erfolgt fahrungsfächern, die Auseinandersetzung mit der Geometrie von Kon- struktionselementen als letztes von den drei genann- 3. Zertifizierungs- und Überprüfungsdruck durch ten Themengebieten. Die Art der Belastung ist rein Bildungsstandards, zweidimensional und reduziert sich zunächst auf die 4. Abbildungsprobleme der konstruktiven Vielfalt gerade Biegung. Der Einstieg zur Querschnittsgeo- auf Lernträger. metrie erfolgt klassisch mit dem rechteckigen Balken Ob ein Lernträger ein reales Industrieprodukt oder unter Verwendung der Rechteckformel für Flächen- ein reales oder gar virtuelles Modell sein sollte, wur- momente zweiten Grades: . de und wird an der G1 durchaus kontrovers disku- Hierzu gehören auch die Regeln zur Addition und tiert. Der Standpunkt der Konstrukteure priorisiert Subtraktion von Flächenmomenten für zusammenge- 142 lernen & lehren | 4/2014 | 116
PRAXISBEITRÄGE setzte Querschnitte, die eine Reduzierung auf Recht- Verteilen eines Plattenmaterials mit vorgegebener eckprobleme ermöglichen (s. Abb. 1). Wandstärke können die Lösungsvarianten reduziert werden. Unterrichtsziel und Methode Die Studierenden sollen in einem „Konstruktionsver- gleich“ (PAHL 2013, S. 224 ff.) die Phänomene „Wider- standsmoment“ und „Flächenmoment zweiter Ord- nung“ verstehen lernen sowie diese bedeutsamen Abb. 1: Beispiel für Addition und Subtraktion von Flächenmo- menten Parameter zur Querschnittsgeometrie unterscheiden und anwenden können. Ein paar Übungsaufgaben, mit der Methode „Papier Phase 1: Vergleichsanlass: Widerstandsmoment versus und Bleistift“, sollten die möglichen Denkfehler the- Formsteifigkeit matisieren und Unsicherheiten reduzieren. Außer- Anhand der Profilpaare, die den Lernern zur Verfü- dem wird mit dem Randfaserabstand zmax das Wider- gung stehen, wird das Verhalten auf gerade Durch- standsmoment eingeführt: . biegung anschaulich überprüft. Dies geschieht am DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM einfachsten, indem versucht wird, die Profile mit der UNTERRICHTSABLAUF Hand durchzubiegen (Abb. 3). Phase 0: Fertigung zweier Profile Im Vorfeld des Unterrichts bekommen die Lernenden den Auftrag, ein Kreuz- und ein Kastenprofil (s. Abb. 2) nach folgenden Vorgaben anzufertigen: Abb. 3: Belastete Profile (Kreuzprofil links; Kastenprofil rechts) Phase 2: Intuitives Vergleichen, Hypothesenbildung und Hypothesenüberprüfung Der wahrgenommene Unterschied, dass das Kas- tenprofil biegsamer und das Kreuzprofil steifer ist, wird von allen Studierenden variantenübergreifend Abb. 2: Kreuz- und Kastenprofil bestätigt. Manchmal ergibt sich der Glücksfall, dass – Der Werkstoff sollte leicht und flexibel sein, z. B. eine Studierende bzw. ein Studierender ein zu sprö- feinporiges Styropor. des Material als Werkstoff verwendet hat. Dann kann mit einem leider nur einmal durchführbaren Bruch- – Etwaige Klebeverbindungen müssen elastischer test (!) auch demonstriert werden, dass das Wider- als der Werkstoff sein. standsmoment beim Kreuzprofil geringer ist. Die – Die Klebeverbindungen dürfen das Festigkeitsver- Beobachtungen werden rechnerisch überprüft und halten nicht stark verändern. bestätigt: . – Die Länge des Profils ist deutlich größer als seine Dieses Vergleichsergebnis führt zu ersten Hypothe- Außenmaße, z. B. 10:1. sen, z. B.: – Für beide Querschnitte gilt jeweils: – Dem Kastenprofil fehlt Höhe, deshalb hat es eine – zweiachsige Symmetrie und h = b, geringere Formsteifigkeit. – gleiche Wandstärke und gleiche Querschnitts- – Die Waagerechte des Kreuzprofils liegt ungünstig. fläche, – Das Kastenprofil hat eine geschlossene, rohrähnli- – kleine Wandstärke zur Profillänge, z. B. 1:20. che Struktur. Scheinbar sind die Einschränkungen sehr groß, aber Die Erklärungsversuche der Studierenden werden die Schülerlösungen variieren doch erheblich. Durch dokumentiert und in Arbeitsgruppen auf logische lernen & lehren | 4/2014 | 116 143
PRAXISBEITRÄGE Schlüssigkeit überprüft. Jetzt verdichten sich zwei Kernhypothesen: – Das Widerstandmoment geht zu Lasten der Form- steifigkeit. – Die Formsteifigkeit geht zu Lasten des Wider- standsmomentes. Je nach Temperament und Diskutierfreudigkeit der Studierenden wird die Hypothese „Formsteifigkeit Abb. 4: Lösungsvarianten der Kastenprofile versus Widerstandsmoment“ mit Vorschlägen, Bei- Höhe einfließen zu lassen. Außerdem wird auch Ma- spielen und Beobachtungen untermauert oder ange- terial in die waagerechten Randstücke „investiert“ zweifelt. (wie im unteren Beispiel dargestellt). Folglich haben Phase 3: Vergleichsplanung mit die so entdeckten verschiedenen I-Profile (Doppel-T) Vergleichszielformulierung erstaunlich hohe Flächen- und Widerstandsmomen- te. Diese können dann wiederum tabellarisch fest- Zwangsläufig werden Fragen laut, ob nicht bei gehalten, verglichen und bewertet werden. Mit der gleichbleibenden Querschnittsflächen und Wand- gefundenen optimalen Querschnittsgeometrie (s. stärken die Geometriewerte verbessert werden kön- Abb. 5) wird der zum Unterrichtsbeginn festgestellte nen. Aus dem Paarvergleich wird nun ein Vergleich Widerspruch widerlegt, dass ein hohes Widerstands- zwischen den Arbeitsergebnissen der Studierenden. moment zu Lasten einer niedrigen Formsteifigkeit Gemeinsam werden die Optimierungsbedingungen geht bzw. eine hohe Formsteifigkeit ein niedriges festgelegt. Als Zielformulierung sind bei senkrechter Widerstandsmoment zur Folge hat. Symmetrie, gleichbleibender Querschnittsfläche und Wandstärke möglich: – Erhöhung des Widerstands- und Flächenmoments. – Verbesserung des jeweilig ungünstigeren Parame- ters. Phase 4: erste Optimierungssequenz und Vergleichsdurchführung Abb. 5: Optimierung der Profile Die Lerner fangen an, zu den Querschnittsflächen ih- rer Profile neue Profile zu entwerfen und deren Geo- Ausblick und Fortführung des Themas metriewerte nachzurechnen. Da die Formsteifigkeit Die stattgefundene umfangreiche Optimierungsse- im Wesentlichen von der Höhe h abhängt, entstehen quenz ermutigt die Studierenden, noch weitere Op- rechteckige Kastenprofile mit h > b. Diese Lösungs- timierungsmaßnahmen vorzuschlagen, z. B. durch varianten (s. Abb. 4) ergeben sich aus der vorgege- Aufgabe der Profilsymmetrie, die zu einer Verschie- benen Ausgangssituation und der relativ leichten bung der Schwerelinie führt. Unsymmetrische Profile Berechenbarkeit von Kastenprofilen. Die mit „Papier erfordern dann die Herleitung des „Steinerschen Sat- und Bleistift“ berechneten Widerstandswerte und zes“. Mit Hilfe des „Steinerschen Satzes“ können vie- Flächenmomente werden tabellarisch festgehalten, le Profilvarianten entwickelt und berechnet werden. verglichen und bewertet. Außerdem ist jetzt ein sicherer Umgang mit Tabel- Phase 5: zweite Optimierungssequenz und lenwerten zu Normprofilen und deren konstruktiven Vergleichsauswertung Kombinationen möglich. Nun können neu entwickel- te Profile und Profilkombinationen aus Normprofilen In der Regel wird von einigen Studierenden die Fra- mit außermittiger Schwerelinie berechnet werden ge aufgeworfen (manchmal auch die Behauptung), (Beispiele in Abb. 6 und Abb. 7). ob (bzw. dass) die Profilgeometrie noch weiter zu verbessern sei. Im Plenum wird dann das „Wie“ SCHLUSSBETRACHTUNG diskutiert. Gute bzw. berufserfahrene Studierende In dem Unterrichtsbeispiel kommen nicht alle Pha- verzichten auf einen der beiden senkrechten Stege, sen des Konstruktionsvergleiches zum Einsatz, da für um das dadurch gewonnene Material in eine größere 144 lernen & lehren | 4/2014 | 116
PRAXISBEITRÄGE einem Jahr werden Sie sich nicht mehr an die For- mel für das Flächenmoment erinnern – an die Profile aber doch!“ Insgesamt ist das Feedback der Lerner sehr positiv, da diese Art des Unterrichts eine angenehme und Abb. 6/7: Zu beherrschende praktische Anwendungsfälle entspannte Arbeitsatmosphäre bei gleichzeitig ho- hem Lernzuwachs fördert. Darüber hinaus bestätigen die Konstruktionskollegen, dass die Studierenden in diese Anwendungssituation dann doch mit Kanonen den späteren Semestern – in den „harten“ Anwen- auf Spatzen geschossen werden würde. Wem der Ter- dungssituationen – sicher mit Flächenmomenten minus „Konstruktion“ nicht behagt, könnte die Lern- zweiter Ordnung und Widerstandsmomenten umge- situation auch als „Homologievergleich“ titulieren. hen können. In den bisher durchgeführten Unterrichten wird die Chronologie der Unterrichtsphasen 3, 4 und 5, be- Realmodelle nehmen als Lernträger eine Zwitterfunk- dingt durch die Spontanität und Berufserfahrung der tion zwischen einem realen Industrieprodukt und Studierenden, oftmals durcheinander geworfen. Die- einem CAD generierten virtuellen Produkt ein. Beim ses erfordert dann vom Unterrichtenden, „dramatur- Thema „Querschnittsgeometrie“, dass unabhängig gisch“ einzugreifen. Es kann z. B. so aussehen, dass vom Werkstoff behandelt werden kann, ist ein Real- eine leistungsstarke Arbeitsgruppe ihre einzelnen modell z. B. aus Hartschaum ein idealer Lernträger, Optimierungsschritte dem Plenum vorträgt und da- da es als einprägsamer Gedächtnisanker fungiert mit eine übertragbare Lösungsidee für die anderen und durch materielle Leichtigkeit gute Handhabbar- Lerner zur Verfügung stellt. Da die Spontanität und keit ermöglicht. Versuche, auch destruktive, können Lebendigkeit der Studierenden sehr viel Spaß bringt, kostengünstig realisiert werden, und es hilft, eine wurde bisher auf eine lenkende Agenda zum Einstieg doch recht trockene Theoriewüste zu kultivieren. in die Lernsituation verzichtet. LITERATUR Manchmal wird auch von den Studierenden der Ferti- LÄPPLE, VOLKER (2008): Einführung in die Festigkeitslehre. gungsaufwand für die Profilmodelle in Frage gestellt, Schorndorf etwa mit den Worten: „Man kann das doch gleich al- PAHL, JÖRG-PETER (2013): Ausbildungs- und Unterrichtsver- les auf dem Papier berechnen!“ Die Entgegnung: „In fahren. Bielefeld Liebe Leserinnen und Leser, die Zeitschrift „lernen & lehren“ möchte sehr gern vor allem den Fachleuten an den Lernorten die Mög- lichkeit einräumen, die vielfältigen Erfahrungen gut funktionierender Ausbildungs- und Unterrichtspra- xis in Beiträgen der Zeitschrift zu veröffentlichen. Daher möchten wir Sie gern ermuntern, sich mit der Schriftleitung in Verbindung zu setzen. Wir streben wie bisher an, pro Heft zwei vom Themenschwer- punkt unabhängige Beiträge zu veröffentlichen. Wenn Sie Interesse haben, an einem Themenschwerpunkt mitzuwirken, setzen Sie sich bitte rechtzei- tig mit uns in Verbindung, da die Herstellung der Zeitschrift einen langen zeitlichen Vorlauf benötigt. Ab dem vierten Quartal 2015 sind derzeit folgende Themenschwerpunkte geplant: – Industrie 4.0 – Elektromobilität – Beitrag der berufsbildenden Schulen zur Lehrer(aus)bildung und forschendes Lernen Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung! Herausgeber und Schriftleitung lernen & lehren | 4/2014 | 116 145
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