Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg

 
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Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
Hochschule
                               F ÜR MUSIK
                           Freiburg

Berichte
aus dem
Akademischen Studienjahr 2019/2020
Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
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Inhalt

Editorial..............................................................................................................Seite 2
Das erste Corona-Semester .....................................................................................Seite 3
Deutsch-russischer Dialog 2....................................................................................Seite 15
Aus dem International O fice...................................................................................Seite 16
Orgel-Orchesterkonzert und Meisterkurs in St. Petersburg ...........................................Seite 20
Institut für Musiktheater in Budapest .......................................................................Seite 21
Neues aus dem Gleichstellungsbüro ..........................................................................Seite 24
Aus dem Freiburger Institut für Musikermedizin … ......................................................Seite 28
Vielfältige Projekte des Instituts für Kirchenmusik ......................................................Seite 30
Freiburger Akademie zur Begabtenförderung (FAB) .....................................................Seite 33
Meisterkurse für junge Talente 2020 .........................................................................Seite 37
Jahresbericht Institut für Neue Musik .......................................................................Seite 38
Freiburger Forschungs- und Lehrzentrum Musik ist erö fnet .........................................Seite 40
Hochschule für Musik Freiburg tritt FACE bei .............................................................Seite 42
Semesterstatistiken ...............................................................................................Seite 44
Unsere Preisträgerinnen und Preisträger ...................................................................Seite 48
Antonio Caldara und seine Missa Sancti Francisci........................................................Seite 52
Erfahrungsbericht Internationale Akademie für Chorleitung „Choeur3“ ...........................Seite 53
Musikvereine als Orte kultureller Bildung!? ................................................................Seite 54
Tagung „GottesKlänge“ in Freiburg ...........................................................................Seite 55
Aufnahmeprüfung ferngesteuert über das Internet ......................................................Seite 56
Mit den Klassen Julia Schröder und Elena Cheah Impro und Kammerorchester im Park ......Seite 58
Muvid-19 – Kleinigkeiten ohne Viren.........................................................................Seite 59
Freiburg ist ein idealer Studienort – Interview mit Nicholas Rimmer ..............................Seite 60
In jeder Lage einsatzbereit ......................................................................................Seite 62
José-Vicente Castelló neuer Hornprofessor .................................................................Seite 63
Jean-Christophe Dijoux neuer Cambalist in Freiburg....................................................Seite 64
Musikhochschule Freiburg wählt den wohl jüngsten Kanzler Deutschlands.......................Seite 66
Personalia............................................................................................................Seite 69
Impressum und Bildnachweis..................................................................................Seite 72
Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
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    Editorial

                                                                   Es war auch eine Zeit großer Solidarität: Man hielt
                                                                   Abstand, aber war sich doch nah. Hilfsfonds für Studie-
                                                                   rende, kollegiale Unterstützung bei der Bewältigung
                                                                   digitaler Herausforderungen, ein di ferenzierendes
                                                                   Eingehen auf die Nöte und Probleme jeder einzelnen
                                                                   Hochschulgruppe, insbesondere auch auf die unserer
                                                                   ausländischen Studierenden, die o t ihre Heimatländer
                                                                   nicht verlassen konnten – das sind nur einige Beispiele
                                                                   für jenes einfühlsame und verständnisvolle Miteinander,
                                                                   das das letzte Semester geprägt hat.
    Liebe Studierende, liebe Freunde und Förderer, liebe
    Kolleginnen und Kollegen der Hochschule für Musik              Uns allen mag klar gewesen sein, dass sich die gesund-
    Freiburg,                                                      heitspolitische Lage in den Sommermonaten der
                                                                   vorlesungsfreien Zeit nicht schlagartig verändern und
    ein denkwürdiges, ein einzigartiges Akademisches Jahr          das Virus einfach aus unserem Alltag verschwinden
    liegt hinter uns: belastend, herausfordernd, uns an            würde, aber insgeheim lebt man wohl doch auf ein
    unsere Grenzen führend. In dieser Zeit wurde Eindrucks-        „danach“ hin – und jetzt ist es ein klein wenig so wie in
    volles geleistet: Alles stand still und doch ging es weiter,   Harold Ramis’ wunderbarem Film „Groundhog day“
    wir haben uns Normalität im Ausnahmezustand                    („Und täglich grüßt das Murmeltier“): Man wacht auf –
    erkämp t. Der von der Situation aufgezwungene                  und alles ist unverändert so wie zuvor.
    Übergang in die Online-Lehre funktionierte insgesamt
    gesehen besser, als man in Anbetracht der ursprüngli-          Aber dieser Eindruck täuscht. Vieles wird im nächsten
    chen technischen und personellen Ausstattung unserer           Akademischen Jahr voraussichtlich einfacher, freier,
    Hochschule hätte erwarten dürfen. Quasi über Nacht             „normaler“ sein als im letzten – sollten nicht äußere
    wurde dank großem persönlichem Engagement eine                 Umstände unsere Bemühungen und Pläne durchkreu-
    neue interne digitale Infrastruktur aufgebaut, deren           zen. Die Kehrseite dieser größeren Freiheit ist ein großer
    E fektivität sich vor allem in einer Aufnahmeprüfung           Zuwachs an Komplexität in der Planung: Eine Komplexi-
    zeigte, die wohl die komplexeste, aufwendigste und             tät, die die Mitarbeit und das Verständnis aller braucht
    spektakulärste in der Geschichte unserer Hochschule            und die dem Einzelnen eine noch größere Disziplin und
    gewesen sein dür te: Die „live“-Aufnahmeprüfung in             Geduld als im letzten Semester abverlangen wird.
    Klavier via Disklavier-Übertragung aus Shanghai und
    Tokio – für alle, die dabei waren, ein geradezu „magi-         Ich wünsche uns allen Erfolg, Gesundheit und mehr denn
    sches“ Erlebnis – mag emblematisch für jenen ungeheu-          je: fortune für das neue Studienjahr
    ren digitalen Schub stehen, den die Hochschullehre an
    unserem Haus im letzten Semester erfahren hat.                 Ludwig Holtmeier
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Das erste Corona-Semester
Auszüge aus dem Rundschreiben des Rektors
vom 27. April 2020 an die Mitarbeiter*innen

                                                              Und diese Botscha t sollten wir als Lehrende in den
                                                              nächsten Wochen nicht vermitteln. Gerade wenn wir
                                                              wollen, dass sich unsere Studierenden an die strengen
Liebe Kolleg*innen,                                           Au lagen des Übebetriebs halten, müssen wir selbst
                                                              dementsprechend handeln. In Bezug auf den Master-
nun ist tatsächlich die erste Woche des Vorlesungsbe-         class-Unterricht in den Großräumen heißt das: Das
triebs an unserer Hochschule bereits vorüber. Studieren-      Unterrichtssetting muss sich auch von außen deutlich
de haben die Hochschule zum Üben wieder in Besitz             sichtbar von der früheren Normalität unterscheiden. Die
genommen. Aus den Räumen erklingt, wenn auch noch             Distanz zwischen Lehrenden und Studierenden,
verhaltener als sonst, wieder Musik. Es ist wirklich eine     zwischen Studierenden und Korrepetitoren muss klar zu
Freude, dass der Tanker Musikhochschule endlich wieder        sehen sein, insbesondere im Unterricht mit Bläser*innen
Fahrt aufgenommen hat.                                        und Sänger*innen (die neuen Bestimmungen hierzu
                                                              werden im Folgenden näher ausgeführt). Mögen Ihnen
In der letzten Woche wurde auch das erste Mal wieder in       und Ihren Studierenden die Schutzmaßnahmen in dem
unseren Sälen unterrichtet. Grundsätzlich lief alles          einen oder anderen Fall auch übertrieben erscheinen:
reibungslos, unsere Vorplanungen haben sich bisher als        Gerade weil es darum geht, so sicher wie irgend möglich
alltagstauglich erwiesen. Wir arbeiten dennoch bestän-        zu arbeiten, muss auch durch das Unterrichtssetting
dig daran, die Abläufe weiter zu perfektionieren. Dem         immer das klare Signal vermittelt werden, dass wir uns
technischen Dienst und der Verwaltung ist hier nicht          immer noch in einer Ausnahmesituation befinden.
genug zu danken.                                              Gerade in einer Zeit der bildlichen Dauerdokumentation
                                                              ist es wichtig, sich diszipliniert und „vorbildlich“ zu
Alle verhalten sich vorbildlich. Und doch ist mir aufgefal-   verhalten und keine „falsche“ Routine au kommen zu
len, wie schnell man – unbewusst – in alte Gewohnheiten       lassen. Natürlich geht es nicht darum, nur achtsam und
zurückfällt. Das ist, wenn es um einen so körperlichen        umsichtig zu erscheinen: Es geht vor allem darum, es in
Akt wie das gemeinsame Musizieren geht, wohl auch             der Sache auch zu sein. Distanz und Protektion sind nun
kaum anders möglich: So sehr man die neuen Regeln             mal ganz handfeste, äußerliche Kategorien. Dass von
auch „begri fen“ hat, der Köper hat quasi seinen eigenen      jedem beliebigen Moment unserer Tätigkeit in den
Willen. Ich habe in dieser Woche mehrfach Touren durch        Großräumen problemlos ein Handyfoto gemacht werden
die großen Räume gemacht, um zu sehen, wie sich der           könnte, welches dann unverkennbar widerspiegelte, dass
Unterricht unter den neuen Bedingungen gestaltet.             wir eben nicht so weitermachen, wie wir aufgehört haben
Dabei schien es mir gerade in den ersten Tagen so, als ob     – das könnte eine praktische Faustregel für unsere
eine untergründige zentripetale Kra t die Beteiligten         Kontrolle in Lehrräumen in den nächsten Wochen sein.
immer enger zueinander zieht, sodass mitunter das rein        […]
äußerliche Unterrichtssetting auf den ersten Blick kaum
noch von einem „vorcoronären“ Setting zu unterscheiden        Änderung der Sicherheitsregeln
war. Und diese Normalität hat mich gestört. Und das,          Unser Institut für Musikermedizin hat gestern eine neue
obwohl die vorgegebenen Sicherheitsstandards nicht            Risikoeinschätzung verö fentlicht. In vielen Bundeslän-
unterschritten, sondern höchsten à la parole ausgelegt        dern dürfen die Musikhochschulen ihren Betrieb erst
worden sind. Aber das vertraute Bild transportierte           wieder ö fnen, wenn sie ein umfangreiches Gesundheits-
unwillkürlich eine Botscha t: Wir machen so weiter, wie       und Sicherheitskonzept vorgelegt und genehmigt
wir aufgehört haben.                                          bekommen haben. Auch wenn man in Baden-
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    Württemberg derzeit noch kein Konzept vorlegen muss,
    haben wir von Anfang an auf Grundlage klarer Überle-
    gungen operiert. Dieses Konzept muss immer wieder            Mit diesen Maßnahmen reagieren wir auf die neue
    den neuesten Stand der wissenscha tlichen Erkenntnis         Diskussion über die sogenannten Aerosole. Der Risiko-
    und des politischen Diskurses aufgreifen und dement-         einschätzung unseres Instituts für Musikermedizin
    sprechend aktualisiert werden. Nach einer neuen              können Sie Näheres hierzu entnehmen.
    Einschätzung des Gefährdungsrisikos haben wir nun
    folgende Entscheidungen, die sich vor allem auf den          Urlaubssemester und Verlängerungssemester
    Unterricht in den Großräumen beziehen, getro fen:            […]

    • Ab kommenden Mittwoch, den 29. April 2020,                 Allgemeines
        herrscht an der Hochschule für Musik Maskenp licht.      In Baden-Württemberg gibt es keine spezielle und
        Ein Mund-Nasen-Schutz ist bei Betreten der Hoch-         detaillierte Corona-Verordnung für die Hochschulen wie
        schule zu tragen. Erst in den Überäumen kann er          etwa in Nordrhein-Westfalen (Corona-Epidemie-
        abgelegt werden. Der Mund-Nasen-Schutz ist bei der       Hochschulverordnung). Es existiert im Gegensatz zu
        Lehre in den Großräumen (Masterclass-Unterricht)         anderen Bundesländern auch keine Regelung zur
        im Bereich Bläser und Gesang von allen Dozierenden       Studienzeit, die in irgendeiner Form einen Rechtsan-
        und Studierenden zu tragen, die nicht spielen oder       spruch der Studierenden auf eine Studienzeitverlänge-
        singen. Während der Lü tungspausen in den Großräu-       rung begründen würde. Es besteht in Baden-
        men sind die Masken von allen Anwesenden zu              Württemberg derzeit also kein Rechtsanspruch der
        tragen.                                                  Studierenden aufgrund der Corona-Krise auf Gewäh-
    •   Bei Unterricht und Korrepetition im Bereich Gesang       rung eines Urlaubs- oder Verlängerungssemesters. Ich
        und Bläser ist ein Mindestabstand von fünf Metern        schreibe das nicht, um unnötige Ängste zu schüren: Die
        einzuhalten.                                             Hochschulleitung und das zuständige Referat werden,
    •   Bei Unterricht im Bereich Gesang und Bläser ist          wie angekündigt, so wohlwollend und wenig restriktiv
        verbindlich eine Schutzwand zwischen den Musizie-        wie möglich entscheiden. Aber ich muss hier dennoch
        renden aufzustellen.                                     festhalten, dass es sich bei jedem Antrag nach wie vor
    •   In den Großräumen sollte immer nur ein/e Sänger*in       und trotz der Corona-Krise grundsätzlich um eine
        beziehungsweise Bläser*in musizieren. Chorgesang         Einzelfallentscheidung handelt.
        ist derzeit ausgeschlossen.
    •   Regelmäßig 10 Minuten vor jeder vollen Stunde sind       Dieser Zwang zur individuellen Prüfung erö fnet uns
        die Großräume zu durchlü ten. Dozierende und             aber auch die Möglichkeit, in jedem Fall zu prüfen, ob ein
        Studierende verlassen in den Lü tungspausen die          Urlaubs- oder Verlängerungssemester wirklich die
        Hochschule, wenn sie anschließend keiner weiteren        richtige und kluge Entscheidung im Sinne der/des
        genehmigten Tätigkeit (Üben oder Unterricht)             jeweiligen Studierenden und der/des Dozierenden ist.
        nachgehen. Ansonsten verbleiben sie mit Mund-            Denn tatsächlich ist das nicht immer eindeutig und leicht
        Nasen-Schutz im Großraum. Das mag auf den ersten         zu entscheiden. Nicht immer scheinen mir die Konse-
        Blick widersprüchlich erscheinen: Aber nach unserer      quenzen eines Antrags wirklich durchdacht worden zu
        Einschätzung ist das Risiko so geringer, als wenn sich   sein. Wir gehen vielleicht alle noch zu sehr davon aus,
        die Studierenden während der Lü tungspausen              dass das, was wir gegenwärtig erleben, ein singulärer
        innerhalb der Hochschule (im Foyer, in den Gängen,       Ausnahmezustand ist. Was aber, wenn dieses Semester
        anderen Räumen et cetera) frei bewegten. Das             der Vorbote einer neuen Normalität ist? Gilt es dann
        grundsätzliche „Versammlungsverbot“ innerhalb der        nicht eventuell auch, mit dem außerordentlichen Mittel
        Hochschule (Aufenthalt nur in den Überäumen und          des Urlaubs- und Verlängerungssemesters vorsichtig und
        Großräumen, nicht im Foyer, den Gängen et cetera) ist    ökonomisch umzugehen? Ich habe im Folgenden ein paar
        die gleichsam übergeordnete Maßgabe und bleibt           grundlegende Informationen und Gedanken zu diesem
        bestehen.                                                   ema zusammengestellt.
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                                                          inklusive der dazugehörigen Prüfungen in diesem
                                                          Semester auch von beurlaubten Studierenden wahrge-
                                                          nommen werden können.
Folgen einer Beurlaubung für die Lehrenden                […]
Musikhochschulen unterscheiden sich in Hinsicht auf die
Beurlaubung von Studierenden von anderen Hochschul-       Studierende, die sich derzeit noch im Ausland befinden
arten grundsätzlich. Die Gewährung von Urlaubssemes-      oder gar festsitzen, beantragen ein Urlaubssemester
tern hat etwa an den Universitäten kaum Auswirkungen      vielleicht deshalb, weil sie den Präsenzunterricht in den
auf das Deputat der Lehrenden, da die dominierenden       ersten Semesterwochen verpassen. Sie beabsichtigen
universitären Unterrichtsformen (Vorlesung, Seminare      aber dennoch, nach Deutschland zurückzukehren und
und Übung) durch beurlaubte Studierende in der Regel      auch in der Hochschule zu üben. Wenn alle Konsequen-
funktional nicht betro fen sind: Ob an einer Vorlesung    zen einer Beurlaubung überdacht sind, ist es vielleicht
150 oder nur 120 Hörer teilnehmen, hat für das Deputat    auch für sie sinnvoller, sich auf dieses besondere
der lesenden Dozierenden keine Konsequenzen. Deswe-       Semester einzulassen. „Blended Learning“/Online-
gen haben einige (aber nicht alle) Universitäten als      Unterricht über Zeitzonen hinweg stellt zweifelsohne
Reaktion auf die Corona-Krise unkomplizierte Beurlau-     eine besondere Herausforderung dar. In einem solchen
bungsverfahren eingeführt. Für den Vorlesungs- und        Fall könnte es sinnvoll sein, die Pu ferwochen Ende Juli
Seminarbetrieb an Musikhochschulen gilt das fast in       zu nutzen, um den Präsenzunterricht zu platzieren.
gleichem Maße, weniger schon für den Kleingruppen-        […]
unterricht, aber überhaupt nicht für den künstlerischen
Einzelunterricht.                                         Digitale Hochschule
                                                          Ich bin begeistert und beeindruckt, mit wie viel Energie,
Ein/e Studierende/r die/der sich im Urlaubssemester       Bereitscha t, Geduld und vor allem Fantasie und Kreati-
befindet, „verschwindet“ aus der Klassenliste der/des      vität die Dozierendenscha t unserer Hochschule die
Hauptfachdozierenden und hinterlässt dort eine            digitale Herausforderung dieses Semesters angenommen
Deputatslücke. Diese Deputatslücke muss im Sinne der      hat. Dafür möchte ich Ihnen danken. Mich erreichen
gültigen Lehrverordnung des Landes (LVVO) innerhalb       aber auch durchgehend E-Mails, in denen die techni-
von drei Jahren ausgeglichen werden. Aus diesem           schen Probleme und Schwierigkeiten bei der Umsetzung
Grunde sollte der Antrag auf Beurlaubung möglichst im     unseres digitalen Semesters kritisch angesprochen
Einvernehmen von Dozierenden und Studierenden             werden. Manche Schreiber sind frustriert, andere
gestellt werden. Es sollte vorher gründlich diskutiert    regelrecht empört und aufgebracht.
worden sein, ob unter Berücksichtigung aller Optionen
(Online-Unterricht, Beginn des Präsenzunterrichts,        Wir wollen uns nicht damit entschuldigen, dass wohl
Nachholung des Präsenzunterrichts et cetera) ein          keine Hochschule in diesem Land auf diese besondere
Urlaubssemester tatsächlich die beste Lösung darstellt.   Situation vorbereitet war – insbesondere keine Musik-
                                                          hochschule. Wer die digitale Lehre propagiert, der muss
Folgen einer Beurlaubung für die Studierenden             auch die Möglichkeiten scha fen, dass sie stattfinden
Ein/e beurlaubte Studierende/r bleibt eingeschrieben.     kann. Zumindest muss die Hochschulleitung alles
Ein Urlaubssemester zählt somit als Hochschulsemester,    unternehmen, was in ihren Krä ten steht. Und das
nicht jedoch als Fachsemester. Das baden-                 versuchen wir.
württembergische Landeshochschulgesetz gibt vor (§ 61),
dass beurlaubte Studierende „nicht berechtigt [sind],     Der Anschluss und die Umrüstung auf die neuen Server
Lehrveranstaltungen zu besuchen sowie Hochschulein-       gingen und gehen für alle Benutzer mit großen Belas-
richtungen, ausgenommen die Einrichtungen nach § 28,      tungen und Einschränkungen einher. Aber es lohnt sich:
zu benutzen.“ Einrichtungen nach § 28 („Medienzen-        Unsere Plattform Glarean hat sich nach Anschluss der
trum“) bezieht sich auf Bibliotheks- und IT-Dienste im    neuen Server sehr gut entwickelt. In der dritten April-
weitesten Sinne, die weiterhin nutzbar bleiben. Beur-     woche, um hier Urs Liska zu zitieren,
laubte Studierende dürfen an der Hochschule also weder
üben noch unterrichtet werden. Das Rektorat hat              „ächzte der ‚alte‘ Glarean-Server unter einer von
allerdings entschieden, dass die Online-Lehrangebote         durchschnittlich 5 bis 10 auf 10 bis 20 gestiegenen
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       Zahl gleichzeitiger Nutzer und war deswegen
       zeitweise nicht erreichbar. Dann gab es einen kurzen
       Schreckmoment während der tatsächlichen Umbau-            entscheiden, einige Zoom-Lizenzen – als Überbrü-
       zeit, und seit Samstag [19. April] läu t Glarean nun      ckungs-Tool – zu erwerben. Grundsätzlich wird es in
       dank unseren IT-Fachleuten Ralf Mattes und Alexan-        meinen Augen darum gehen, in naher Zukun t unter-
       der Trapp stabil auf der neuen Hardware. Auch, wenn       schiedliche Kommunikations-Tools, die den Sicherheits-
       wir noch Potenzial für eine Optimierung der gefühl-       vorschri ten entsprechen, über unsere Plattform zur
       ten Geschwindigkeit sehen, muss doch einmal               Verfügung zu stellen.
       festgestellt werden, dass Glarean seither souverän
       läu t, obwohl er in Spitzenzeiten bis zu 140 gleichzei-   Die Hochschule ist derzeit dabei, ein dreistufiges
       tige User verzeichnet. Ich bin daher zuversichtlich,      Supportsystem aufzustellen: Tutoren und studentische
       dass mit der neuen Hardware die an unserer Hoch-          Expert*innen unterstützen dabei Kommiliton*innen
       schule zu erwartende Nutzerzahl komfortabel und           aber auch Dozierende bei elementaren Fragen im
       zuverlässig ‚bedient‘ werden kann. Gleichzeitig kann      Umgang mit digitalen Medien. Eine Gruppe digital
       ich berichten, dass mit Semesterbeginn die Ilias-         erfahrener Dozierender steht ihren Kolleg*innen aber
       Instanz der Pädagogische Hochschule Freiburg, die         auch Studierenden zur Verfügung, und die mit der
       ich eine Woche zuvor noch wegen ihrer Geschwindig-        digitalen Verwaltung betrauten Expert*innen stehen bei
       keit beneidet hatte, in die Knie gegangen war. In einer   der Hilfe komplexerer Problem zur Verfügung.
       Rundmail wurde zwar von Bedarfsanalyse und                […]
       Aufrüstung gesprochen, gleichzeitig aber alle Nutzer
       des PH-Ilias o fiziell dazu au fordert, so viele           Lehrbetrieb
       Aktivitäten wie nur irgend möglich auf alternative        Ich werde sehr o t gefragt, warum der gewohnte
       Plattformen zu verlegen. Inzwischen läu t die             Einzelunterricht – zumindest in den vermeintlich
       Plattform an der PH zwar wieder stabil (Kudos an die      „ungefährlichen“ Fächern (Streicher, Tasteninstrumen-
       IT-Abteilung dort), ich möchte damit aber noch            te et cetera) – nicht sofort wieder beginnen kann. Das
       einmal zum Ausdruck bringen, dass die Anscha fung         lässt unsere Sicherheitsstrategie, die eine rigide
       der neuen Server nicht nur richtig, sondern eine          Trennung von Übebetrieb, Lehrbetrieb und Verwaltung
       absolut essenzielle Entscheidung war. Ohne sie läge       an der Hochschule vorsieht, nicht zu. Unser gesund-
       der digitale Hochschulbetrieb jetzt im Koma.“             heitliches Sicherungssystem ruht auf drei strategi-
                                                                 schen Pfeilern: Distanz und Schutz, Eingrenzung und
    Die Kritik an unserem Kommunikationssystem Conclave          Nachverfolgbarkeit.
    ist nach wie vor groß. Zunehmend hören wir aber auch,
    dass Conclave in bestimmten Kontexten problemlos             Distanz und Schutz werden durch das Einhalten der
    läu t. Auch an der Universität Freiburg ist Jitsi Meet für   Distanzregeln (Abstand von mindestens zwei Metern),
    die Kommunikation unter zehn Teilnehmern das Tool der        das regelmäßige Waschen der Hände, das ab dem
    Stunde. Die Sicherheitsbedenken unserer IT-Leute             29. April verp lichtende Tragen eines Mund-Nasen-
    gegenüber Zoom bestätigen sich in den letzten Wochen         Schutzes sowie durch die Einrichtung des Hochschulge-
    immer mehr. In letzter Zeit wurden Konferenzen               bäudes und -inventars garantiert (Waschbecken im
    mehrfach gehackt. Unser Nachbar, das Deutsch-                Eingangsbereich, Aushängen/Feststellen der Eingangstü-
    Französische Gymnasium, musste sich zeitweilig von           ren der Toiletten, Sicherung des Eingangsbereichs,
    Zoom trennen, nachdem anstößige Inhalte in eine              Plexiglasschutz et cetera).
    Konferenz eingespeist wurden. Unser Programm der
    Wahl für größere Sitzungen ist Bigbluebutton.                Eingrenzung meint in diesem Kontext, dass der Bewe-
                                                                 gungsradius derjenigen, die Zutritt zur Hochschule
    Derzeit haben wir noch einige Probleme mit der wechsel-      erhalten, eingeschränkt ist. Zwei Studierende teilen sich
    seitigen Firewall-Durchlässigkeit. Wir arbeiten aber         nacheinander einen Überaum (momentan sind es in
    daran und ho fen, das Tool in der nächsten Woche             wenigen Räumen auch drei), begegnen sich dabei nicht
    freigeben zu können. Nichtsdestotrotz haben wir uns          persönlich und dürfen außer dem eigenen Überaum
Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
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                                                           Präsenzunterricht nur in den Großräumen der Hoch-
                                                           schule stattfinden kann, hat also nicht nur damit zu tun,
                                                           dass dort die gebotene Distanz problemlos eingehalten
keine anderen Räume in der Hochschule betreten. Auch       werden kann, sondern weil nur so eine strenge Trennung
im Masterclass-Unterricht erhalten Studierenden wie        von Übe- und Lehrpraxis garantiert werden kann.
Lehrende ausschließlich Zugang zum Großraum, in dem        […]
der Unterricht stattfindet.
                                                           Vorlesungszeit
Dadurch wird im Falle einer Infektion eine Nachverfolg-    Das Ministerium für Wissenscha t, Forschung und Kunst
barkeit der Ansteckungswege möglich. Faktisch wird mit     Baden-Württemberg hat deutlich gemacht, dass das
analogen Mitteln die Arbeitsweise einer Corona-App         Sommersemester 2020 vom 20. April bis zum
abgebildet: Es kann von der Hochschulleitung nachvoll-     30. September 2020 dauert und dass die Hochschulen
zogen werden, wer mit wem, wann und wo innerhalb der       innerhalb dieses Zeitraums die Vorlesungszeit autonom
Hochschule in Kontakt gekommen sein könnte. Deshalb        festlegen können. Von Seiten des MWKs wurden die
ist auch die sorgfältige vorherige Registrierung aller     Musikhochschulen explizit auf die Möglichkeit hingewie-
derjenigen, die die Hochschule betreten, von zentraler     sen, die Vorlesungszeit vollständig in die Zeit der
Bedeutung.                                                 Sommerferien zu verlegen, um ein Höchstmaß an
                                                           Präsenzunterricht zu ermöglichen. Musikhochschulen
Damit diese Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt werden       anderer Bundesländer haben sich für diesen Weg
können, müssen faktisch alle Räume der Hochschule          entschieden. So scheint die Frankfurter Musikhochschu-
vorerst für den Übebetrieb zur Verfügung stehen.           le ihren Vorlesungsbetrieb tatsächlich erst im Juni
Daraus resultiert jene Hierarchie, die ich an den Anfang   aufzunehmen. Aber auch andere Musikhochschulen
meines letzten Rundschreibens an die Studierenden          beginnen deutlich später und werden ihre Vorlesungszeit
gestellt habe und die ich hier noch einmal anführe:        bis weit in den Sommer ausdehnen.

1. Wiederaufnahme des Übebetriebs                          Ich habe Schreiben von Dozierenden erhalten, die eine
2. Wiederaufnahme des Prüfungsbetriebs                     solche Verschiebung nicht nur für sinnvoll, sondern im
3. Wiederaufnahme des Lehrbetriebs                         Interesse der Studierenden für zwingend geboten halten.
                                                           Dahinter steht neben den gesundheitlichen Bedenken
Diese Bereiche, die in unserem Studienbetrieb normaler-    meist ein grundlegender Vorbehalt dem Einsatz elektro-
weise parallel nebeneinander her laufen, können derzeit    nischer Informations- und Kommunikationstechnolo-
nicht einfach parallel laufen, ohne dass dabei unsere      gien im künstlerischen Einzelunterricht gegenüber. Da
Sicherheitsvorkehrungen außer Kra t gesetzt würden.        der Online-Unterricht im künstlerischen Einzelunter-
Um es knapp zu sagen: Wenn die Überäume zugleich           richt in einem grundlegenden Sinne defizitär sei, sollten
auch Unterrichtsräume wären, ließe sich das Konzept        sich die Hochschulen im Interesse ihrer Studierenden
der Eingrenzung und der Nachverfolgbarkeit nicht so        nicht auf ihn einlassen: Lieber gar nichts, als ein fauler
streng, wie es derzeit geboten ist, umsetzen. Zumindest    Kompromiss.
in den ersten Wochen müssen die beiden Bereiche (Üben
und Lehre) deshalb noch so weit wie möglich voneinan-      Ich möchte im Folgenden ausführen, welche Gründe
der getrennt bleiben.                                      hinter der Entscheidung des Rektorats stehen, am
                                                           ursprünglichen Termin für das Semesterende
Die langsame Rückkehr zum Einzelpräsenzunterricht          festzuhalten:
geht zwingend mit einer Änderung und schrittweisen
Lockerung der Sicherheitsmaßnahmen einher. Wir             Planbarkeit/Flexibilität: Niemand kann garantieren (und
gehen davon aus, dass im Rahmen dieses Prozesses dann      erst recht konnte man es zu dem Zeitpunkt nicht, als die
auch das sogenannte „Streicherhaus“ in der Hansastraße     Entscheidung zu fällen war), dass Mitte Juni die Wieder-
wieder geö fnet werden können wird, das wir derzeit        einführung eines regulären Präsenzunterrichts möglich
nicht in das übergeordnete Sicherheitskonzept des          sein wird. Bei einer schlechten Entwicklung der Gesamt-
Hauptgebäudes einbinden können. Dass derzeit               lage hätte man also mit einer Verschiebung des Vorle-
Berichte aus dem Akademischen Studienjahr 2019/2020 - FÜR MUSIK - Musikhochschule Freiburg
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    sungsbetriebs das Problem nur nach hinten verschoben.
    Was man mit der Spekulation auf die Zukun t gewinnt,
    weiß man nicht, was man verliert, steht fest. Denn der       scher Hochschule und Musikhochschule. Alles zusam-
    „reguläre“ (frühe) Beginn erlaubt einen lexiblen und den     mengenommen, sind derzeit fast ein Drittel unserer
    Bedingungen angepassten Umgang mit dem Semester-             Studierenden in irgendeiner Form an die Studienange-
    ende. Wie ich in meinem letzten Schreiben an die             bote und damit an die Semesterzeiten von Universität
    Studierenden bereits ausgeführt habe, soll das Semester      und/oder PH gebunden. Die Semesterzeiten unserer
    am 17. Juli enden. Die Hochschule wird aber mindestens       Hochschule müssen sich deshalb jetzt und auch zukün -
    bis zum 31. Juli vollumfänglich für die Lehre beziehungs-    tig an den Semesterzeiten von Freiburger Universitäten
    weise den Studienbetrieb o fen stehen. Das erlaubt den       und PH orientieren.
    einzelnen Dozierenden in Absprache mit ihren Studie-
    renden, je nach Einzelfall auf die derzeitige Situation zu   Die Universität Freiburg nimmt zwar als einzige
    reagieren. Die Dozierenden selbst können so entschei-        Universität in Baden-Württemberg den Vorlesungsbe-
    den, ob sie die Lehrinhalte von 14 Semesterwochen in         trieb in diesem Sommersemester erst am 11. Mai 2020
    dem verkürzten Semester unterbringen können oder ob          wieder auf, beendet ihn aber durch das Streichen der
    sie auch die letzten Juli-Wochen nutzen wollen. Ob diese     Pfingstpause und der regulär kürzeren Vorlesungszeiten
    Pu ferzone am Ende des Semesters zwingend notwendig          dennoch am 31. Juli 2020. Die PH hat ihre Vorlesungszeit
    ist, um das Verhältnis von Online- und Analog-Unterricht     wie wir am 20. April begonnen, stellt sie für die Pfingst-
    angemessen zu gewichten, lässt sich wohl erst in ein paar    pause (nach Pfingstmontag) für eine Woche ein, und
    Wochen sagen. Aber grundsätzlich erö fnet die Pu ferzo-      beendet sie am 24. Juli. Kurz: Wir laufen auch in diesem
    ne die Möglichkeit, „versäumten“ Präsenzunterricht           Semester grundsätzlich parallel zu unseren lokalen
    nachzuholen. Es ist allerdings auch nicht ausgeschlos-       Partnerhochschulen. Dass Freiburg eine bedeutende
    sen, dass der Senat doch noch beschließt, das Semester       Universitätsstadt mit fünf Hochschulen ist, ist ein
    o fiziell zu verlängern. Auch hier gilt es abzuwarten, wie    zentraler Standortvorteil unserer Hochschule, von dem
    Studierende und Lehrende den Verlauf des Semesters           wir sehr profitieren – er verp lichtet uns aber auch in
    bewerten.                                                    besonderem Maße zur Zusammenarbeit, zur gegenseiti-
                                                                 gen Absprache und zu institutioneller Koordinierung.
    Und schließlich erö fnet uns der reguläre Beginn auch
    die Möglichkeit, in Bezug auf die Planung und Durchfüh-      Außenwirkung / politische Botscha t: Auch diejenigen,
    rung der Aufnahmeprüfungen lexibler zu reagieren. Sie        die es für zentral halten, durch die Verschiebung der
    werden in Kürze darüber mehr erfahren.                       Vorlesungszeit in die Monate Juli/August/September
                                                                 medial nachdrücklich die Besonderheiten der Musik-
    Standort Schulmusik: Freiburg ist ein bedeutender            hochschulen herauszustellen und verstärkt die Grenzen
    Standort für die Ausbildung von Schulmusiker*innen. An       der „Digitalisierbarkeit“ des künstlerischen Präsenz-
    unserer Hochschule sind etwa 120 Studierende im              unterrichts zu thematisieren, wissen, dass die Musik-
    Studiengang Schulmusik eingeschrieben. Die Freiburger        hochschulen nicht nur aus künstlerischem Präsenzunter-
    Musikhochschule unterhält seit diesem Semester               richt bestehen und sich viele Inhalte sehr wohl mithilfe
    zusammen mit der Albert-Ludwigs-Universität zudem            elektronischer Informations- und Kommunikationstech-
    ein gemeinsames Forschungs- und Lehrzentrum (FZM).           nologien vermitteln lassen. Ob das allerdings in der
    Hochschule und Universität „teilen“ sich darin das Fach      medialen und politischen Ö fentlichkeit so di ferenziert
    Musikwissenscha t und einige unserer derzeitigen             vermittelt werden kann, wage ich zu bezweifeln. Wenn in
    Minorangebote sind grundsätzlich auch für Studierende        Zeiten einer allgemeinen digitalen Euphorie aber allein
    der Universitä to fen. Die Hochschule für Musik Freiburg     hängen bliebe, dass eine Musikhochschule sich mit dem
    unterhält weiterhin gemeinsam mit der Pädagogischen          Verschieben der Vorlesungszeit dem digitalen Au bruch
    Hochschule Freiburg zwei Studiengänge. Die Hochschule        verweigerte – und die Gefahr sehe ich durchaus –, dann
    für Musik Freiburg ist Mitglied im „Freiburg Advanced        wäre das unter medien- und marketing-strategischen,
    Center of Education“ (FACE), der gemeinsamen School of       vor allem aber auch politischen Gesichtspunkten alles
    Education von Albert-Ludwigs-Universität, Pädagogi-          andere als ein gutes Ergebnis.
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Wir halten es für sinnvoller, uns von der Welle des
digitalen Au bruchs mitnehmen zu lassen und abzuwar-
ten, an welchen Strand sie uns spült. So machen es
derzeit nicht nur wir. Wir haben so die Möglichkeit,
lange Versäumtes nachzuholen und längst Überfälliges        entlasten damit in solidarischer Weise die Kolleg*innen
einzuführen und an jenen Mitteln teilzuhaben, die für       der künstlerischen Fächer.
den Strukturwandel zur Verfügung gestellt werden. Das
tut der Hochschule als Ganzes strukturell gut. Wenn die     Experimentiersemester: Ich ho fe sehr, dass wir eine
Hochschule der Möglichkeit eines Unterrichts „in            ähnliche Situation nicht noch einmal erleben müssen.
digitalen Formaten“, den die Corona-Verordnung als          Ausschließen können wir es aber nicht. Wir sollten diese
Leitidee postuliert, also grundsätzlich bejahend gegen-     Zwangslage also nutzen, um im Falle eines nächsten Mals
übersteht, dann heißt das nicht, dass die Vorbehalte und    besser gewappnet zu sein. Erfahrungen, die wir jetzt
die Kritik, die hier vorgebracht worden sind, unberech-     machen, Strategien, die sich jetzt bewähren, gilt es
tigt oder falsch wären. Die Freiheit zum Experiment, die    auszuwerten und für die Zukun t fruchtbar zu machen.
sich uns in diesem Semester unerwartet erö fnet hat,        So ist das digitale Experiment dieses Semesters eben
sollte unserer Meinung nach vielmehr genutzt werden,        vielleicht doch mehr als nur der schwache Ersatz für ein
um die Chancen und Risiken des „Einsatzes elektroni-        missglücktes „normales“ Semester und verweist auf eine
scher Informations- und Kommunikationstechnologien“         mögliche neue Normalität. Die erzwungenermaßen
klarer zu erkennen. Ob für uns dabei schließlich etwas      kurzfristige Verschiebung der Vorlesungszeiten mag ein
Zählendes herausspringen wird, bleibt abzuwarten. Aber      Lösungsansatz für den singulären Moment sein. Als
abgerechnet wird eben erst zum Schluss.                     Zukun tsmodell erscheint sie uns nicht tauglich: Die
                                                            Bulletins des Robert-Koch-Instituts können nicht die
Chancen der Digitalität: Dem digitalen Wandel eine          Vorlesungszeiten einer Hochschule bestimmen. Die
ö fentliche Absage zu erteilen – und sei es nur in          Erfahrungen dieses Semesters, die wir jetzt machen,
Teilbereichen unserer akademischen und künstlerischen       gerade im Umgang mit elektronischen Informations-
Aufgaben –, halten wir nicht nur aus politischen,           und Kommunikationstechnologien, werden uns helfen,
sondern auch aus inhaltlichen Gründen für falsch. Dass      einer neuen (oder: neuen Wellen der aktuellen) Pandemie
die digitale Revolution im vollen Gang ist, dass das, was   besser zu begegnen.
heute technisch innovativ, morgen bereits Standard oder
überholt ist, erleben wir ständig in allen Lebensberei-     Beruf und Familie: Die Hochschule hat in den letzten
chen. Wohin die Entwicklung uns führen wird, ist nicht      Semestern einen umfassenden Generationswechsel
einmal zu erahnen. Das, was die Präsenzlehre unver-         vollzogen. Viele neue Kolleg*innen mit jungen Familien
wechselbar und unersetzbar macht, wird sich in Zukun t      und mit teils kleinen Kindern lehren an unserer Hoch-
– ob sie will oder nicht – nur vor dem Hintergrund dieser   schule. Ein Verschieben der Vorlesungszeit nach hinten
Dynamik und in di ferenzierender Absetzung von ihr          hätte bedeutet, dass sich die Schulferien und die
definieren und vermitteln lassen. Allein deshalb muss        Vorlesungszeit überschneiden. Bereits die letzten
gerade eine Hochschule, die die künstlerische Präsenz-      Wochen haben für Familien mit Kindern eine ganz
lehre als ihr Herzstück begrei t, an dieser Entwicklung     besondere Belastung dargestellt: Homeschooling und
aktiv teilhaben. Dass Online-Unterricht die klassische      Kleinkinderbetreuung in Kombination mit Homeo fice
künstlerische Präsenzlehre nicht ersetzen kann, ist wohl    stellen eine extreme Belastung dar. Deshalb war uns eine
unstrittig. Dass sie aber im Sinne eines umfassenden        halbwegs verlässliche Planbarkeit des Sommers, insbe-
Konzepts eines „Blended Learning“ sehr wohl sinnvoll        sondere in Rücksicht auf die Familien, wichtig. Wir sind
ergänzt werden kann, erscheint mir ebenso unstrittig.       in das neue Semester nach einer Phase permanenter
                                                            Aufschübe und Verlängerungen quasi „hineingeglitten“.
An dieser Stelle sei auch allen Fachvertreter*innen der     Die Corona-Pause war für die meisten von uns kein
wissenscha tlichen und künstlerisch-theoretischen           vorgezogener Sommerurlaub, sondern eine zeitintensive
Fächer gedankt, die ihre Expertise im Bereich Digitalität   und herausfordernde Vorbereitung auf das digitale
in diesem Semester kompetent einbringen. Sie tragen die     Semester. Mich hat die eigenartige Wellenbewegung
Entscheidung des Rektorats mit, ihre Fächer im gesam-       ständiger Terminverschiebungen deutlich beansprucht –
ten Semester komplett digital zu unterrichten und           und ich denke, es geht Ihnen nicht anders.
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     Lehrbeau tragte
     Für die Lehrbeau tragten ist der Online-Unterricht
     gleichsam ein doppeltes Netz, eine Rückversicherung,
     die ihnen ihre Vergütung und ihre Verträge rettet, auch     scheint, verp lichtet eine Hochschulleitung umso mehr –
     dann, wenn der Präsenzunterricht nicht möglich ist. So      soweit man kann – sich dafür einzusetzen.
     können Sie in jedem Fall den Nachweis erbringen, dass
     sie ihre Lehrverp lichtung erfüllt haben. Gerade zu         In einem formalen Sinne ist Chancengleichheit dann
     Anfang der Krise war dies für mich im Übrigen der           gewährleistet, wenn die Studierenden den Unterricht
     zentrale Grund, die Online-Lehre auch für die Musik-        erhalten, der Ihnen nach der Studienordnung zusteht. In
     hochschulen zu begrüßen. Ich möchte daran erinnern,         welcher Form der Unterricht erteilt wird, ist dabei im
     dass zu Beginn der Krise etwa die Musikhochschule           formalen Sinn nicht von Belang: Online-Unterricht und
     München noch Folgendes auf ihrer Website verkündet          Präsenzunterricht sind in diesem Semester gleichwertig.
     hat:                                                        Auch diesem verkürzten Sommersemester sind
                                                                 14 Semesterwochen zugrunde zu legen. Wie diese
        „Da nicht alle Dozent*innen der HMTM digitalen           Stunden sich verteilen, kann dabei sehr unterschiedlich
        Unterricht anbieten und nicht allen Studierenden die     sein: Sowohl kann der Anteil an Online- und Analog-
        entsprechenden technischen Möglichkeiten zur             Unterricht von Fall zu Fall divergieren, als auch etwa das
        Verfügung stehen, würde eine Berücksichtigung von        Verhältnis von Face-to-Face- und Gruppenunterricht im
        digitalem Unterricht als regulärem Unterricht zu         Präsenzunterricht. Auch kann sich der Unterricht sehr
        einer erheblichen Inhomogenität des Unterrichts          unterschiedlich auf das Semester verteilen. Da grund-
        führen und damit – insbesondere im Hinblick auf die      sätzlich bis Ende Juli an der Hochschule unterrichtet
        Prüfungsvorbereitung von Studierenden – den              werden kann, wird sich auch die Aufnahme des Präsen-
        Grundsatz der Chancengleichheit beeinträchtigen.         zunterrichts in vielen Fällen nach hinten verschieben. Ich
        Die Hochschulleitung hat daher beschlossen, dass es      wiederhole noch einmal, was ich bereits in meinem
        Dozent*innen freigestellt ist, Studierende auf           Rundschreiben an die Studierenden geschrieben habe: Es
        digitalen Wegen zu beraten. Dies gilt jedoch nicht als   gibt hier, weder eine Norm noch einen „Goldstandard“,
        regulärer Unterricht und kann – etwa im Falle von        und es wäre sehr ungut, wenn sich so etwas wie ein
        Lehrbeau tragten – nicht vergütet werden.“               permanenter Vergleich zwischen unterschiedlichen
                                                                 Unterrichtsformen etablierte. Wichtig ist nicht, was links
     Ähnliche Regelungen gibt es nach wie vor in einigen         oder rechts neben einem geschieht, sondern dass der je
     Bundesländern. Demgegenüber bot die generelle               individuelle Unterrichtsmix im Einvernehmen mit den
     Gleichberechtigung und curriculare Gleichsetzung von        eigenen Studierenden geschieht. In diesem Sinne stellt
     digitalem und analogem Unterricht in Baden-                 es auch keinen nicht heilbaren Mangel an Chancengleich-
     Württemberg die Möglichkeit, zu einem fairen und            heit dar, wenn der Einstieg in den Präsenzunterricht
     kollegialen Umgang mit unseren Lehrbeau tragten. Wir        etwa durch die Quarantäne später erfolgt. Grundsätzlich
     haben sie sofort ergri fen.                                 erbringen wir unsere Lehrleistung „im Rahmen des
                                                                 rechtlich und tatsächlich Möglichen“: Und das wird in
     Chancengleichheit                                           jedem einzelnen Falle anders aussehen. Die Verantwor-
     In einer Krise ist die Chancengleichheit das erste Opfer.   tung – und auch die Freiheit zur Gestaltung – liegen in
     Das muss man nüchtern konstatieren. Das gilt an einer       diesem Semester mehr denn je bei Ihnen, den
     internationalen Hochschule wie der unsrigen vielleicht      Dozierenden.
     noch mehr als sonst: Wenn die Studierenden in aller Welt
     verstreut sind, sich in unterschiedlichen Zeitzonen         Ich wünsche uns allen viel Kra t, Kreativität und gute
     befinden und o t mit den ganz existentiellen Fragen des      neue Erfahrungen in diesem spannenden Semester!
     täglichen Überlebens konfrontiert sind, kann von einer
     real praktizierbaren, gemeinsamen „Teilhabe“ aller kaum     Freiburg, 27. April 2020
     die Rede mehr sein. Dass die Forderung nach Chancen-
     gleichheit politisch derzeit nur bedingt Gehör zu finden     Ludwig Holtmeier
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Auszüge aus dem Rundschreiben des Rektors
vom 28. Juli 2020 an die Hochschulmitglieder

Liebe Studierende, liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist gescha t! Ein besonderes Semester ist formal am
17. Juli zu Ende gegangen, auch wenn der Unterrichts-
und Prüfungsbetrieb noch bis zum Monatsende unver-            diesem Grund haben wir auch für das kommende
mindert weiterläu t. Die Pandemie stellte (und stellt) alle   Semester – wie gehabt – unterschiedliche Szenarien
Hochschularten vor große Herausforderungen, die               entwickelt und durchgeplant, um auf alle Eventualitäten
Musikhochschulen aber vor ganz besonders große. Denn          vorbereitet zu sein.
die Lehre an einer Musikhochschule lässt sich eben kaum       […]
vollständig „digitalisieren“ – auch vorübergehenderweise
nicht. Es ist uns als Hochschulgemeinscha t, so scheint       Wintersemester 2020/2021 – ein Ausblick
es mir jedenfalls, in vieler Hinsicht gelungen, den
organisatorischen, logistischen, inhaltlichen und             Au hebung der Trennung von Übe- und
emotionalen Herausforderungen dieser Zeit zu begeg-           Unterrichtspraxis im Wintersemester 2020/2021
nen. So war das zurückliegende Semester letztlich für die     Es ist geplant, im kommenden Semester, die strenge
Allermeisten von uns trotz aller Einschränkungen nicht        Trennung von Übe- und Lehrpraxis aufzuheben. Das gilt
verloren. Darüber bin ich sehr froh und stolz zugleich.       mit sehr großer Wahrscheinlichkeit mindestens für die
Als es zu Beginn der Pandemie in panikdurchsetztem            Tasten-, Streich- und Zupfinstrumente. Auch die
Optimismus verlautete, alles sei gar nicht so schlimm,        Bläser*innen werden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit
das Semester zöge sich dann eben für die Musikhoch-           wieder in ihre Räume zurückkehren können. Sollte es die
schulen gleichsam zerdehnt über den gesamten Sommer           allgemeine Lage zu Beginn des Semesters nicht verhin-
hin, um dann quasi nahtlos ins neue Semester überzuge-        dern, werden schließlich auch die Sänger*innen wieder
hen, haben wir dem von Anfang an misstraut. Uns war           in ihren Räumen üben und lehren.
klar, dass man die psychisch-körperlichen Belastungen         […]
dieser auferlegten Isolation nicht unterschätzen dur te.
Ein „digitales“ Semester würde alles andere als Müßig-        Online-Unterricht versus Präsenzunterricht
gang bedeuten (wie so manche Verantwortliche in               Wir gehen davon aus, dass der künstlerische Einzelunter-
Ministerien und Schulämtern anfangs anzunehmen                richt im nächsten Semester grundsätzlich als Präsenzun-
schienen). Ich denke, es war eine richtige Entscheidung,      terricht an der Hochschule stattfinden kann. Dennoch
so früh wie möglich (und so verantwortungsvoll wie            gilt auch im kommenden Semester, dass der Unterricht
nötig) den Präsenzunterricht wieder aufgenommen zu            auch weiterhin online stattfinden kann. Es sei an dieser
haben, um so das Semester nun (fast) regulär enden            Stelle an alle Hochschulangehörigen und -mitglieder
lassen zu können. Mich hat dieses Semester extrem             appelliert, jene Toleranz und jene fürsorgliche Rücksicht-
angestrengt – Vielen unter Ihnen dür te es ähnlich            nahme, die sie in diesem Semester so eindrucksvoll unter
ergehen. Wir alle brauchen die vorlesungsfreie Zeit zur       Beweis gestellt haben, auch im kommenden Semester zu
Regeneration mehr denn je.                                    zeigen. Auch für das kommende Semester gilt zu
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass das kommende          berücksichtigen, dass Menschen mit der latenten
Semester eine deutliche Rückkehr in Richtung Normal-          Bedrohung der eigenen körperlichen Unversehrtheit
betrieb mit sich bringen wird. Aber natürlich ist unsere      unterschiedlich umgehen. Das ist auch weiterhin zu
Planung mit sehr vielen Unsicherheiten und Unvorher-          respektieren. Wesentlich scheint mir hier zu sein, dass
sehbarkeiten belastet. Weder wissen wir, wie sich der         innerhalb der Klassen zwischen den einzelnen Dozieren-
Verlauf der Pandemie gestalten wird, ob etwa die              den und ihren Studierenden, eine o fene Diskussion
gefürchtete zweite Welle eintri t, noch wissen wir,           gep legt wird und transparente Absprachen getro fen
welche Freiräume die dann geltende Coronaverordnung           werden. Niemand muss sich für seine Entscheidung
des Landes den Hochschulen letztlich erö fnen wird. Aus       rechtfertigen und in ihren Auswirkungen erklären. Man
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                                                                geltender Verordnungen und Vorschri ten handeln muss.
                                                                Da den Studierenden gegenüber eine besondere Fürsor-
                                                                gep licht und Verantwortung besteht, sind diese innerin-
                                                                stitutionellen Verordnungen o t strenger als die außerin-
     sollte sie aber frühzeitig und o fen darlegen. Es ist      stitutionellen. Wir haben das in der jüngeren Vergangen-
     grundsätzlich wünschenswert, dass die individuellen        heit ö ter beobachten können.
     Betreuungsformate und -formen einvernehmlich
     zwischen Lehrenden und Studierenden ausgehandelt           Wir sind durch die aktuelle Coronaverordnung nun
     werden.                                                    gesetzlich dazu verp lichtet „für jede einzelne Lehrveran-
                                                                staltung und sonstige Veranstaltungen […] eine Datener-
     Auch der Unterricht in den wissenscha tlichen und          hebung nach § 6 CoronaVO“ durchzuführen, „da eine
     künstlerisch-wissenscha tlichen Fächern wird im            Nachverfolgung von Infektionsketten nur dann wirksam
     kommenden Semester in „gemischter“ Form erfolgen.          stattfinden kann, wenn die unterschiedliche Zusammen-
     Diese Mischform innerhalb des Kollegiums auszuhan-         setzung der Teilnehmer verschiedener Lehrveranstaltun-
     deln und im Einzelnen festzulegen, ist nicht ganz          gen durch die Datenerhebung abgebildet wird.“ Obwohl
     unkompliziert. Das ist auch der Grund, warum das           die aktuelle Verordnung am 31. August 2020 außer Kra t
     Vorlesungsverzeichnis noch nicht vollständig redigiert     treten wird, ist nicht anzunehmen, dass die darau fol-
     und verö fentlicht ist. Grundsätzlich gehen wir davon      gende Verordnung in dieser Hinsicht deutlich anders
     aus, dass der Kleingruppenunterricht zum Beispiel in       sein wird.
     Musiktheorie im kommenden Semester als Präsenzun-
     terricht stattfinden kann. Ebenso wird eine kleinere        Sicherheitsstrategien
     Anzahl von Seminaren im Präsenzunterricht stattfinden.      Grundsätzlich bilden die jeweils aktuelle Coronaverord-
     Dabei sind allerdings immer die Beschränkungen der         nung (CoronaVO) des Landes sowie die „Risikoein-
     Teilnehmerzahlen zu berücksichtigen, die durch die         schätzung einer Coronavirus-Infektion im Bereich
     jeweiligen Räumlichkeiten vorgesehen sind. So können       Musik“ des Freiburger Instituts für Musikermedizin
     beispielsweise an einem Seminar in Raum 105 maximal        (FIM) in der jeweils aktuellen Fassung die Basis sowohl
     12 Studierende teilnehmen. Es wurde von der Fachgrup-      unseres übergeordneten Hygienekonzepts als auch aller
     pe darauf geachtet, dass auch genügend nicht-              Teil-Konzepte.
     teilnehmerbegrenzte Online-Veranstaltungen angeboten
     werden, um dem curricularen Bedarf gerecht zu werden.      Die aktuelle CoronaVO schreibt vor, dass die Personen-
     Einige Seminare werden auch in einer Mischform von         zahl in einer Räumlichkeit „auf Grundlage der räumli-
     Präsenz- und Online-Unterricht angeboten werden: So        chen Kapazitäten“ so festzulegen ist, dass der Mindestab-
     mag der Unterricht zwar grundsätzlich online erfolgen,     stand von ₁,₅ Metern (bei Bläsern und Sängern ₂ Meter)
     aber dennoch einige Präsenztermine beinhalten.             eingehalten und eine „regelmäßige und ausreichende
     […]                                                        Lü tung“ garantiert werden kann. Wie die „Risikoein-
                                                                schätzung“ des FIM festhält, erfolgen „Infektionen […]
     Nachverfolgbarkeit                                         vermutlich vornehmlich bei Personen, die sich längere
     Schon in diesem Semester – vor allem gegen Ende –          Zeit in geschlossenen Räumen au halten.“ Dort wird
     wurde das Konzept der Nachverfolgbarkeit mitunter          ebenfalls ausgeführt, dass sich nach derzeitigem
     kritisch kommentiert. Die Au hebung der Trennung von       Erkenntnisstand durch Messung des CO₂-Gehalts relativ
     Übe- und Lehrpraxis und die Wiederaufnahme des             zuverlässig feststellen lässt, ob ein Raum ausreichend
     Konzertbetriebs im kommenden Semester mögen die            gelü tet ist. Es sollen deshalb mehrere Räume mit CO₂-
     Zweifel an der Sinnha tigkeit dieses Vorgehens noch        Messgeräten (CO₂-Ampeln) ausgestattet werden. Sie
     verstärken. Es ist verständlich, dass diese Maßnahmen,     sollen dazu beitragen, unser Lü tungsverhalten und
     aber auch andere, die nicht allen unmittelbar einleuch-    unsere Lü tungspraxis e fektiver zu gestalten.
     ten, innerhalb der Hochschule und auch mit der Hoch-
     schulleitung diskutiert werden wollen. Ich erinnere hier   In Bezug auf die Praxis von Großensembles beziehungs-
     aber noch einmal daran, dass unsere Hochschule eine        weise auf künstlerische Veranstaltungen, bei denen enger
     staatliche Bildungsinstitution ist und im Rahmen           körperlicher Kontakt der Agierenden kaum zu vermeiden
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ist (Oper, Schauspiel / szenisches Spiel, Tanz, Elementare
Musikpädagogik et cetera), verfolgt die Hochschule
neben jenen „klassischen“ Konzepten, die gleichsam
durch „mechanistische“ Verfahren die Abstandsregeln
kreativ umzusetzen suchen (und die dennoch immer nur
einen halbherzigen Kompromiss darstellen können),            Regelstudienzeit“ verlängert wird. Dieses Gesetz hat vor
auch neuere Konzepte, die sich insbesondere im Profi-         allem die BAföG-Empfänger im Blick: Die Landesgesetz-
sport durchzusetzen beginnen und die auf die Schnell-        gebung verknüp t die BAföG-Förderhöchstdauer mit der
testung eines größeren Personenkreises zielen.               Regelstudienzeit. Mit diesem Gesetz erhöht sich die
[…]                                                          Förderhöchstdauer des BAföG um ein Semester. So sollen
                                                             pandemiebedingte Härten für Studierende abgefedert
Natürlich ist ungewiss, ob diese Strategien letztlich auch   werden. Es geht nicht darum, dass das Sommersemester
zu einem praktikablen und alltagstauglichen Ergebnis         2020 nicht als vollwertiges Semester betrachtet wird.
führen können. Ich bin Claudia Spahn und Bernhard            Hier ist die Landesregierung ihrer ursprünglichen
Richter aber ausgesprochen dankbar dafür, dass sie in        Position treu geblieben. Die Antragspraxis in Bezug auf
Kontakt mit allen relevanten gegenwärtigen Forschungs-       Beurlaubung und Studienzeitverlängerung hat sich
diskursen stehen und nach praktikablen Lösungen für          durch dieses Gesetz nicht geändert. Studienzeitverlänge-
unsere Probleme suchen. Dass sich dabei auch ein             rungen, die auch eine Verlängerung des Einzelunter-
produktiver Kontakt mit unserem Hochschulratsmit-            richts beinhalten, sind nach wie vor in der bekannten Art
glied, dem DFB-Präsidenten Fritz Keller, ergeben hat,        und Weise individuell zu begründen.
freut mich besonders.
                                                             Förderung, finanzielle Unterstützung für
Lehrbeau tragte                                              Studierende
Nach wie vor gilt, dass die Lehrbeau tragten an unserer      Es sei hier noch einmal daran erinnert, dass es eine
Hochschule in besonderem Maße von der derzeitigen            Vielzahl von Förderinstrumenten für Studierende gibt,
Krise betro fen sind, da sie ihren Lebensunterhalt nicht     die in finanzielle Notlage geraten sind. Diese Fördermög-
ausschließlich durch ihre Lehrtätigkeit hier bestreiten,     lichkeiten sind auf unserer Website sehr umfassend und
sondern auch durch ihre Tätigkeit als freischa fende         übersichtlich aufgeführt. Es sei hier insbesondere auf
Musiker, die in den letzten Monaten faktisch zum             den hochschuleigenen Hilfsfond der „Gesellscha t zur
Erliegen gekommen ist. So wie in diesem Semester             Förderung der Hochschule für Musik Freiburg“ hingewie-
werden wir auch im kommenden Semester versuchen,             sen, durch den bereits vielen Studierenden geholfen
allen Lehrbeau tragten die Möglichkeit zu geben, ihren       werden konnte, sowie auf das „Hilfsprogramm für
Unterricht als Präsenzunterricht zu erteilen. Sollte die     Musikstudierende“ der Ernst von Siemens Musiksti tung,
Hochschule aber auch im kommenden Semester in der            das direkt von der Hochschule verwaltet wird.
Nutzung ihrer Räumlichkeiten eingeschränkt sein,             […]
möchten wir die Studierenden bitten, sich gerade im
Falle der Lehrbeau tragten auch weiterhin auf das            Ich möchte dieses letzte Rundschreiben im Sommerse-
Angebot der Online-Lehre einzulassen. Wie gesagt: Wir        mester 2020 mit einem ausholenden Dank beenden:
gehen davon aus, dass der gesamte künstlerische
Einzelunterricht als Präsenzunterricht erteilt werden        Die Studierenden haben bemerkenswert verständnisvoll,
kann.                                                        ruhig und unaufgeregt auf diese Krise reagiert. Ich weiß,
                                                             dass das nicht selbstverständlich ist. Der AStA hat die
Verlängerung der Regelstudienzeit                            Interessen der Studierenden in dieser Zeit in meinen
Am 24. Juni 2020 wurde ein Gesetz zur Änderung des           Augen hervorragend vertreten. Der Kontakt mit dem
Landeshochschulgesetzes und des Studierendenwerks-           Rektorat war immer eng, unsere Arbeit wurde vom AStA
gesetzes beschlossen, wonach für alle im Sommersemes-        kritisch, aber immer konstruktiv begleitet. Es gab viele
ter 2020 immatrikulierten Studierenden in Baden-             intensive Gespräche, die ich auch in Zukun t nicht
Württemberg durch Gesetz einmalig die „individuelle          missen möchte.
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