LESEN UND LESEVERSTEHEN - M3: DIDAKTIK UND METHODIK 3 LESEFÖRDERUNG IM DAZ-UNTERRICHT - PHOODLE PHWIEN
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M3: Didaktik und Methodik 3 Lesen und Leseverstehen Leseförderung im DaZ-Unterricht SoSe 2021 - 08./29.05.2021 Dipl.-Päd. Manfred Wiedner, BA BEd MA
1. Ausgangslage – Status quo Volksschulkinder in Österreich, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, erzielen in nationalen und internationalen Lesekompetenztestungen statistisch betrachtet deutlich schlechtere Ergebnisse als jene Kinder, die nur Deutsch sprechen. vgl. Breit, S./Bruneforth, M./Schreiner, C. (Hrsg.) (2016): Standardüberprüfung 2015. Deutsch/Lesen/Schreiben, 4. Schulstufe. Bundesergebnisbericht, S. 39 https://www.iqs.gv.at/_Resources/Persistent/0d879bba1b6fb81469e09bc99aab7e4916f88bef/BiSt_UE_D4_2015_Bundesergebnisbericht.pdf [12.03.2021]
1.1 Viele RisikoschülerInnen 28 % der GrundschülerInnen auf der 4. Schulstufe, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, zeigen die Lesekompetenzen von Stufe 1 nicht. Sie erreichen elementare Lernziele nicht. Diese SchülerInnen haben Mühe mit den einfachsten Leseaufgaben. Ihre persönliche und schulische Entwicklung sowie ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind dadurch ernsthaft gefährdet! Etwa zwei Drittel aller Kinder auf der 4. Schulstufe, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, erreichen nicht alle Standards. vgl. Breit, S./Bruneforth, M./Schreiner, C. (Hrsg.) (2016): Standardüberprüfung 2015. Deutsch/Lesen/Schreiben, 4. Schulstufe. Bundesergebnisbericht, S. 39 https://www.iqs.gv.at/_Resources/Persistent/0d879bba1b6fb81469e09bc99aab7e4916f88bef/BiSt_UE_D4_2015_Bundesergebnisbericht.pdf [12.03.2021]
1.2 Große Leistungsdifferenz Im internationalen Vergleich (PIRLS) wird deutlich, dass mehrsprachige Kinder in allen Vergleichsländern eine niedrigere Lesekompetenz aufweisen als einsprachige. Mit einer Leistungsdifferenz von 50 Punkten zählt Österreich neben Bulgarien, der Slowakischen Republik und Slowenien allerdings zu den Ländern mit dem größten Leistungsnachteil mehrsprachiger Kinder. Selbst unter Kontrolle des kulturellen Kapitals zeigt sich ein Leistungsabstand von 35 Punkten, der mehr als einem Lernjahr entspricht. vgl. Wallner-Paschon, C., Itzlinger-Bruneforth, U. & Schreiner, C. (Hrsg.) (2017): PIRLS 2016. Die Lesekompetenz am Ende der Volksschule. Erste Ergebnisse. Graz: Leykam, S. 55-56. https://www.iqs.gv.at/_Resources/Persistent/72fbeba6e55bfb402a7ee76c77e712d0c58e36da/PIRLS_2016_Er ste_Ergebnisse_final_web.pdf [12.03.2021]
1.3 Murmelrunde (Übung 1) Wie erklären Sie sich die statistisch schlechteren Leistungen mehrsprachiger Grundschulkinder bei nationalen und internationalen Lesekompetenz-Überprüfungen? Sprechen Sie bitte mit Ihrem Sitznachbarn/Ihrer Sitznachbarin über mögliche Gründe bzw. Ursachen!
1.4 Besondere Herausforderungen für mehrsprachige Kinder • Mehrsprachige LeserInnen sind oft bei der Förderung der Vorläuferfähigkeiten, bei der literalen Sozialisation und der Leseförderung im Familienverband benachteiligt (oft geringes kulturelles, ökonomisches u. soziales Kapital). • Kleinerer Wortschatz: Längere Fixationszeiten! Der Lesefluss wird verlangsamt bzw. unterbrochen, wenn Wörter nicht bekannt sind. • Grammatik • Mehrsprachige Kinder haben große Nachteile bei der Hypothesenbildung und der Selbstüberwachung bzw. Selbstkorrektur auf der Wortebene (Wortschatz, Betonung) und der Satzebene (Wortschatz, Betonung, Grammatik) sowie bei der Sinnentnahme auf der Wort-, Satz- und Textebene.
• Mehrsprache Kinder haben oft Nachteile beim Nützen ihres Wissens über die Welt (Fachbegriffe, innere Bilder). • Kinder mit anderen Erstsprachen als Deutsch müssen beim Lesenlernen oft Laute neu erlernen, die in ihren Sprachen nicht vorkommen. • Kinder, die bereits in einer anderen Sprache alphabetisiert wurden, müssen − manchmal ein völlig neues Schriftsystem mit neuen Regeln erlernen (vgl. Arabisch, Persisch, Chinesisch,…); − manchmal einzelne Buchstaben, die in ihrem Schriftsystem nicht vorkommen, neu lernen; − manchmal bekannten Schriftzeichen andere Laute zuordnen;
1.5 Pädagogische Aufgabe - Leseförderung • Es ist keine Zufall, dass mehrsprachige Kinder in der Regel schlechtere Leseleistungen erbringen als Kinder, die nur Deutsch sprechen. • Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, müssen beim Lesenlernen erhebliche Herausforderungen meistern. Manchmal kommen auch noch Traumatisierungen oder Lernschwächen erschwerend hinzu. • Systematische Lesefördermaßnahmen können ihnen dabei helfen, Lesekompetenz aufzubauen (Geduld!)
2. Verankerung der Leseförderung • Österreichischer Rahmenleseplan (ÖRLP) https://www.leseplan.at/cms_content/download/broschuere_2017.pdf [12.03.2021] • Unterrichtsprinzip Leseerziehung https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/prinz/leseerziehung .html [12.03.2021] • Grundsatzerlass Leseerziehung https://www.bmbwf.gv.at/dam/jcr:87209ccd-88e7-412b-a688- dcce153cd4c4/2017_33_beilage.pdf [12.03.2021] • Volksschullehrplan https://www.bmbwf.gv.at/dam/jcr:b89e56f6-7e9d-466d-9747- fa739d2d15e8/lp_vs_gesamt_14055.pdf [12.03.2021] • Lehrplan für Deutschförderklassen https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2018_II_230/BGB LA_2018_II_230.pdfsig [12.03.2021]
3. Ziel der Leseförderung: Lesekompetenz Prozessebene Subjektebene Soziale Ebene aus Rosebrock, C. & Nix, D. (2017): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannweiler: Schneider Verlag Hohengehren GmbH, S. 15
3.1 Vom Zusammenspiel der Ebenen • Das 3-Ebenen-Modell hilft dabei, Lesefördermaßnahmen zu systematisieren, d. h. sie bestimmten Bereichen (Ebenen) zuzuordnen. • Alle drei Ebenen sind für die Lesekompetenz bedeutsam und daher zu fördern. • Die 3 Ebenen beeinflussen sich wechselseitig. vgl. Rosebrock, C. & Nix, D. (2017): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannweiler: Schneider Verlag Hohengehren GmbH, S. 13 ff
3.2 Von der Gefahr des Teufelskreises Die großen Herausforderungen, die viele mehrsprachige Kinder beim Lesenlernen zu bewältigen haben, führen häufig dazu, dass sie das Lesen als sehr anstrengend und – aufgrund der oftmals beeinträchtigten Sinnentnahme – als wenig lohnenswert wahrnehmen. Das kann der Ausgangspunkt für einen Teufelskreis sein (vgl. BIFIE, 2016, S. 11).
Von der Gefahr des Teufelskreises Lesen als große Anstrengung kaum Gratifikation kaum Steigerung der Lesegeläufigkeit kaum Verbesserung der Sinnentnahme geringe Lesemotivation langsamerer Aufbau von Wissen schwieriger werdende Texte Vermeidung des Lesens Selbstkonzept als NichtleserIn
3.3 Von der Chance des „Engelskreises“ Steigerung der Lesegeläufigkeit Erwerb von Lesestrategien Wortschatzerweiterung Grammatik Reduktion der Anstrengung Verbesserung der Sinnentnahme vermehrtes Lesen Aufbau von Wissen Gratifikation (Spaß, Spannung, …) gesteigerte Lesemotivation Selbstkonzept als LeserIn vgl. BIFIE, 2016, S. 11
4. Phasen des Schriftspracherwerbs 1. Die logographische Phase (z.B. Logos erkennen) Orientierung an spezifischen Merkmalen wie Schriftzug, Wortlänge, graphischen Auffälligkeiten (in der Regel bereits vor der Einschulung); Zwei-Wege-Modell 2. Die alphabethische Phase (zusammenlautendes Lesen) Phonologische Rekodierung (Phonem-Graphem-Zuordnung) als zentrale Strategie, später auch die Zusammensetzung von Silben; 3. Die orthographische Phase (lexikalisches Lesen) Häufige Wörter werden nun in das orthographische Lexikon eingetragen und auf einen Blick erlesen. vgl. Fischer, U. & Gasteiger-Klicpera (2013): Prävention von Leseschwierigkeiten. Diagnose und Förderung im Anfangsunterricht. In: Didaktik Deutsch. Jg. 18. H.35. S. 65f.
5. Lesefertigkeit - Erstleseunterricht Lesen ist ein aktiver, hochkomplexer Vorgang der Sinnkonstruktion mit zahlreichen Voraussetzungen: • Aufmerksamkeit • Differenzierungsfähigkeit (visuell, akustisch) • Gedächtnis • Wortschatz • Motivation • Wissen über die Welt,… Das Gelingen des Leseprozesses ist vom Zusammenspiel hierarchieniedriger (Lesefertigkeit, Leseflüssigkeit) und hierarchiehoher Teilbereiche (Lesestrategien) abhängig. Alle Bereiche sollten gezielt gefördert werden (vgl. BIFIE, 2016, S. 26).
5.1 Förderung von Vorläuferfähigkeiten • Schriftnähe – Vorlesen + Anschlusskommunikation, dialogisches Lesen • Übungen zur visuelle Gliederungs- und Merkfähigkeit • Übungen zur akustische Gliederungs- und Merkfähigkeit (Phonologische Bewusstheit: Abzählverse, Kinderreime, Klatschspiele,…) • Serialitätstraining (Perlen auffädeln, Muster stecken,…) • Arbeit am Wortschatz und am Satzbau • Aufbau von Wissen über die Welt
5.2 Arbeit auf der Lautebene – Phonologische Bewusstheit Hinsichtlich der phonologischen Bewusstheit unterscheidet man zwischen einer phonologischen Bewusstheit im weiteren und im engeren Sinn. im weiteren Sinn: Lauschen und Hören, Reimen, Silbengliederung, Satz- und Wortgrenzen erkennen, Wortlängen unterscheiden,... im engeren Sinn: Anlautidentifikation, Lautanalyse und -synthese vgl. BIFIE, 2016, S. 22
Phonologische Bewussheit im weiteren Sinn fördern: • Allgemeine Hörübungen; z.B. Geräusche hören (draußen, in der Klasse), Orff-Instrumente erkennen, Instrumentenecho, Richtungshören, Stille Post,… • Organische Probleme (Hörminderung) ausschließen • Erkunden der lautlichen Struktur unserer Sprache • Bedeutungsebene und Lautstruktur von Wörtern unterscheiden lernen - Hinführen zur Lautebene − Welches Wort ist länger? Straße oder Regenwurm? − Welche Wörter reimen sich? Tisch, Fisch, Wasser? − Was hat „Auto“ am Anfang? • Lautieren („b“ – nicht „be“, „f“ nicht „ef“; Eltern-Info) • Mundstellung und Luftstrom beim Lautieren bewusst wahrnehmen (Handspiegel);
• Abklären, welche Laute in den Erstsprachen der betreuten Kinder nicht vorkommen (siehe int. Anlauttabellen); Die Aussprache und das Hören dieser Laute müssen geübt werden; Lautschulung auch im MU: Vorteil: Bilder sind bekannt; • Reimpaare finden (Bildkarten - Bedeutung klären!): z. B. Haus- Maus, Tisch-Fisch,…; ev. auch als Memory • Reimverse mit Hilfe von Bildkarten ergänzen: z.B. Bücher stehen im Fach. – Wasser fließt im ______. • Reimtripel: 4 Karten werden angeboten, 3 Karten reimen sich, die nicht passende Karte muss identifiziert werden; • Anfangssilben-Paare finden und in Silben sprechen: z.B. Au/to- Au/ge, Re/gen-Re/gal,… • Silben ergänzen: Die Lehrperson sagt Fla/; Das Kind sucht die passende Bildkarte und ergänzt die fehlende Silbe (Fla/sche);
• Endsilben erkennen: Die Lehrperson sagt /se; das Kind findet unter 3 Bildern das passende Bild und sagt z. B. A/mei/se; • Silbenschwingen: Wörter in Silben sprechen und den Arm schwingen (z.B. A/mei/se => 3 Bögen) • Silbenplättchen legen: unter die Bildkarte wird für jede Silbe ein Plättchen gelegt (z.B. Bie/ne => 2 Plättchen) • Silben klatschen: z.B. Me/lo/ne (3 x klatschen) • Wörter aus Silben bauen: Die Lehrperson sagt A/ (1 Sekunde Pause) mei/(Pause)/se; Das Kind sagt „Ameise“. • Unterscheidung Laut – Wort: Die Lehrperson spricht Laute oder Wörter; Die Kinder entscheiden, worum es sich handelt. • Unterscheidung Wort – Satz: wie oben; Wörter zählen: Die Lehrperson sagt einen Satz; Die Kinder legen für jedes Wort ein Plättchen und zählen dann die Wörter;
Phonologische Bewusstheit im engeren Sinn fördern: • Laute identifizieren: Welches der Bilder hat ein „o“ im Namen? (z.B. Hose) • Anlaut identifizieren (Bildkarten): Ich sehe was, was du nicht siehst, und das beginnt mit „A“. (z.B. Apfel) • Arme heben: Die Lehrperson nennt einen Anlaut, der gesucht wird (z.B. F). Dann werden von der Lehrperson verschiedene Wörter genannt. Wenn ein Wort mit „F“ beginnt (z.B. Fisch), heben die Kinder den Arm. • Anlaute hamstern: Bildkarten liegen auf dem Tisch. Wenn das Kind den Anlaut einer Karte richtig benennt, darf es die Karte „hamstern“.
• Stolperanlaut: 4 bekannte Bildkarten; 3 Karten haben den selben Anlaut. Eine Karte hat einen anderen Anlaut und muss identifiziert werden. • Endlaut erkennen: Die Lehrperson nennt einen Endlaut (z.B. o). Das Kind muss aus mehreren Bildkarten die richtige auswählen (z.B. Auto). • Gleich oder nicht gleich: Die Lehrperson nennt Wortpaare (Mandel-Mantel, Kinder-Kinder, wieder-Widder). Das Kind spricht nach und entscheidet. • Laute lokalisieren: Anfang – dazwischen – Ende; • Vokal lang oder kurz: Die Lehrperson sagt Brott oder Brot, Binne oder Biene,… • „Stummes“ sprechen: 4 bekannte Bildkarten liegen am Tisch. Die Lehrperson spricht „stumm“ ein Wort. Die Kinder erkennen das Wort nur anhand der Mundbewegungen.
vgl. Metze, W. (2012): Pepino. Aufgabenkartei. Sprachfördermaterialien für den Kindergarten und die Grundschule. Berlin: Cornelsen • Erste Überprüfung (phonologische Bewusstheit, phonologisches Arbeitsgedächtnis) im Zuge der Schuleinschreibung! => Entwicklungsverlauf beobachten!
5.3 Phonem-Graphem-Zuordnung • Organische Probleme (Sehminderung) ausschließen! • Die Sinne bei der Buchstabenerarbeitung ansprechen; z.B. Buchstaben − ertasten (Fühlbuchstaben) − auf den Rücken schreiben/am Rücken spüren − im Sand schreiben/mit dem Schwamm schreiben − aus Plastilin formen − stempeln − im Setzkasten/in Zeitungen suchen − mit Steinen/Wolle legen − mit Stöpseln stecken − am Boden nachgehen/mit einem Auto nachfahren, …
• Buchstaben „bunt machen“ (graphische Unterstützungen); z.B. d – rot, b – blau, ei – gelb,… nur so lange es gebraucht wird (Prinzip der minimalen Hilfe; Scaffolding); • Buchstaben-Blitzlesen (nur kurz zeigen) • Großbuchstaben und Kleinbuchstaben zuordnen • Buchstabenmemory (Groß- und Kleinbuchstabe finden und aussprechen) • Buchstabendomino • Buchstaben-„Dalli-Klick“ • Buchstabenkarten nach Ansage in die Höhe heben • Beachtung von Mundstellung und Luftstrom Bei Schwierigkeiten im Bereich der Laut-Buchstaben-Zuordnung: • Unterstützung durch Lautgebärden
• Anlauttabellen einsetzen; Vorsicht! Mehrsprachige Kinder können durch Anlauttabellen für deutschsprachige Kinder irritiert werden und benötigen ev. andere Anlauttabellen (vgl. Redaktionsteam Verlag an der Ruhr, 2016, S. 1-21) • Kinder, die bereits in einer anderen Sprache alphabetisierst wurden (Seiteneinsteiger), müssen eventuell − unser Schriftsystem (Lateinbuchstaben) gänzlich neu erlernen ; In der cyrillischen, chinesischen, persischen und arabischen Schrift werden etwa andere Schriftzeichen und zum Teil auch andere Leseregeln (z.B. Leserichtung) genützt. − einzelne Buchstaben und Buchstabenkombinationen neu lernen; Das „ß“ kommt z.B. in keiner anderen Sprache vor, „qu“ existiert in slawischen Sprachen und im türkischen Alphabet überhaupt nicht, „ä“ kommt im Türkischen nicht
vor, „ö“ und „ü“ fehlen in den slawischen Sprachen sowie im Englischen usw.; − einzelnen Buchstaben eine andere Bedeutung zuweisen, als sie in der Erstsprache haben. Das „j“ wird etwa im Türkischen als stimmhaftes „sch“ gesprochen, „z“ wird im Türkischen und in B/K/S als stimmhaftes „s“ gesprochen usw. vgl. Nevyjel, E. (2011): Lesen auf Deutsch. Lehrerhandbuch. Wien: Lernen mit Pfiff, S. 1ff BU8+ Überprüfung (1. Kl.): Sie soll ein zu rasches Fortschreiten in der Erarbeitung der Buchstaben verhindern.
5.4 Zusammenlauten • Dehnsprechen: Zwei Buchstabenkarten; Den ersten Laut/Buchstaben ausgedehnt sprechen bis der zweite Laut/Buchstabe langsam herangeschoben und gesprochen wird; Den Vorgang mehrmals wiederholen und das Heranschieben des zweiten Lautes beschleunigen; Regelmäßig üben! • Buchstabenaufzug • Lautstreifen • Lesekrokodil/Leseschieber (Hypothesenbildung! Hier sind DaZ- Kinder benachteiligt!) Erfahrungsgemäß können manche Kinder trotz viel Übung lange nicht gut zusammenlauten und erlernen es dann oft gleichsam über Nacht! => Geduld haben! BU8+ Überprüfung (ein-, zwei- und dreisilbige Pseudowörter lesen);
5.5 Silben und Morpheme lesen • Unser phonologisches Arbeitsgedächtnis (phonologische Schleife) kann im Schnitt nur max. 7 verschiedene Einheiten speichern (vgl. BIFIE, 2016, S. 23). Beim Segmentieren in Silben und Morpheme arbeitet die lesende Person auch schon mit größeren Einheiten als mit einzelnen Buchstaben. Das verkürzt die Verarbeitungszeit und erhöht die Dekodierfähigkeit. • Eine Silbe besteht aus einem oder mehreren Lauten. Die Silbe ist die kleinste Lautgruppe im natürlichen Sprechfluss. Die Silbe ist eine rein lautliche Einheit. z.B. A/mei/se, ver/lau/fen, wun/der/bar
• Ein Morphem ist die kleinste Spracheinheit, die eine konstante Bedeutung oder grammatische Funktion hat. − Stammmorphem: Tische (Wortkern mit Bedeutung) − Flexionsmorphem: Tische (Endung mit Funktion) • Silbenschieber • Silbenstreifen • Silben-Clown (Drehscheiben) • Silbenteppich (Silben in Zeilen, Spalten und diagonal lesen) • Silbenpuzzle • Vorsilbentraining • Das Silben-Lese-Paket https://vs-material.wegerer.at/deutsch/d_lesen_silben.htm • Wortfamilien lesen (fahren, fährt, fahrbar, umfahren,…) • Häufige/schwierige Buchstabenkombinationen lesen
5.6 Arbeit auf der Wortebene • Wortbedeutungen klären! Wortschatztruhe; Namenwörter mit Begleiter anbieten; Wandlexikon, themabezogene Wörterlisten (Hinführung zur Arbeit mit Wörterbüchern), mehrsprachige Wörterbücher, Internet, nachfragen,… • Wörter durchgliedern − Wörter auf- und abbauen (Buchstaben/Silben) - Hypothesenbildung − Schachtelwörter − Purzelwörter − Lückenwörter (fehlende Buchstaben ergänzen) − ähnliche Wörter lesen − Unterschiede erkennen (Hose-Hase, Rauch-Raum,…) − Wörtern Wörterrahmen zuordnen (Geheimschriften)
• Sinnerfassung; Wort-Bild-Zuordnung (Arbeitstechniken: verbinden, ankreuzen, einkreisen, durchstreichen,…), Wörter malen,… • Häufigkeitswörter trainieren − Häufigkeitswörter in der Tabelle lesen (Zeilen, Spalten) − Häufigkeitswörter-Bingo − Häufigkeitswörter-Karteikarten − Blitzlesen von Häufigkeitswörtern/Fliegenklatsche • Bekannte Wörter verlängern (Blickspanne erweitern) Papier Papiertasche Papiertaschentuch • Kleckswörter oder horizontal halbierte Wörter – Hypothesenbildung • Kuckuckseier suchen – Hypothesenprüfung (Affe, Tiger, Peter, Zebra) • BU8+ (1. Kl.), Mai-Überprüfung (1. Kl.), ELFE (1-6), HAMLET (3-4)
5.7 Arbeit auf der Satzebene • Satz-Bild-Zuordnungen (z.B. Legematerial) • Bild-Satz-Zuordnung; Welche Sätze passen zu einem Bild? • Satzaussagen beurteilen; richtig – falsch (z.B. Klammerkarten) • Malaufträge lesen und ausführen • Arbeitsaufträge lesen und ausführen • Analogiesätze lesen (grammatische Strukturen) • Stolperwörter in Sätzen identifizieren (z.B. Peter war gestern und im Kino.) • Wörter in einen Lückensatz integrieren – Hypothesenbildung (aus vorgeschlagenen Wörtern auswählen/ohne vorgegebene Wörter)
• Begonnene Sätze sinnvoll vervollständigen - Hypothesenbildung − mit Vorgaben; z.B. Satzblume, Satzrolle, Klappsätze, … − ohne Vorgaben • Satztürme lesen Peter liest. Peter liest im Garten. Peter liest im Garten die Zeitung. • Aussage-, Frage- und Aufforderungssätze betont lesen • Satzverknüpfungen besprechen (Beispiele) • Mai-Ü. (1.Kl.), Salzburger Lesescreening (ab. 2. Kl.), ELFE (1-6), HAMLET (3-4)
6. Leseflüssigkeit - Arbeit auf der Textebene • Im Anschluss an den Erstleseunterricht (Lesefertigkeit) ist die Förderung der Leseflüssigkeit von großer Wichtigkeit (=> Energie für die Sinnentnahme). 6.1 Leseflüssigkeit - Begriffsklärung • Leseflüssigkeit (= die „Brücke“ zur Sinnentnahme) • Leseflüssigkeit ist die Fähigkeit, angemessen (1)schnell, (2)genau, (3)automatisiert und (4)sinngestaltend zu lesen. vgl. Rosebrock,Nix, Riecmann & Gold, 2017, S. 15ff
− 1. Lesegeschwindigkeit; anzustreben ist eine Mindestgeschwindigkeit von ca. 100 Wörtern pro Minute − 2. Lesegenauigkeit: Fehlerhaftes Lesen erschwert die Sinnentnahme; Erst wenn ca. 95 % eines Textes korrekt gelesen werden, kann er ohne Hilfe verstanden werden; − 3. Automatisierung: Ein schnelles Erkennen der Wörter und ein schneller Zugriff auf die Wortbedeutung machen Ressourcen für die Sinnentnahme frei. => Müssen Häufigkeitswörter (und, am, …) zusammengelautet werden oder werden sie auf einen Blick erkannt? vgl. Roesbrock, Nix,Rieckmann, Gold, 2017, S. 57
− 4. Prosodische Segmentierungsfähigkeit Betontes bzw. sinngestaltendes Lesen mit Pausen (Satzzeichen); Das Wort- für-Wort-Lesen soll abgelöst werden durch das Zusammenziehen zusammengehörender Wörter. • Mit Hilfe eines Lautleseprotokolls können die Teilbereiche überprüft werden. => Grundlage für eine gezielte Förderung
6.2 Lautleseprotokoll • Ein Lautleseprotokoll gibt Auskunft über − die Lesegeschwindigkeit − die Lesegenauigkeit − den Automatisierungsgrad (vgl. Geschwindigkeit) − die prosodische Segmentierungsfähigkeit • Ablauf: Ein altersgemäßer Text wird vom Kind eine Minute lang laut vorgelesen; Die Lehrperson − zählt die pro Minute gelesenen Wörter (RW: 100/min); − markiert auf einer Textkopie nicht korrigierte, sinnverfälschende Lesefehler und stockend gelesene Wörter; Selbstkorrekturen gelten nicht als Fehler. (RW: 95 % der Wörter sollten korrekt sein; Nicht mehr als 5 Fehler bei 100 gelesenen Wörtern)
− überprüft, ob Wort für Wort gelesen oder betont vorgelesen wird; • Lautleseprotokolle sollten regelmäßig erstellt werden, um den Lernfortschritt zu dokumentieren und den Kindern sichtbar zu machen (ev. auch Audio-Aufnahmen machen, Einverständnis der Eltern einholen). vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann, Gold, 2017, S. 83ff Die Förderung der Leseflüssigkeit kann durch Lautleseverfahren und Vielleseverfahren erfolgen.
6.3 Lautleseverfahren ≠ Reihumlesen Abgrenzung vom Reihumlesen Lautleseverfahren unterscheiden sich deutlich vom sogenannten „Reihumlesen“, bei dem ein unbekannter Text von den Kindern reihum vorgelesen wird. Nachteile des „Reihumlesens“: • Zu kurze Lesezeit pro Person („Time on task“); • Der häufige LeserInnenwechsel und das oft zögerliche Lesen schwächerer LeserInnen erschwert die Erfassung des Gesamtzusammenhanges des Textes. • Keine Vorbereitung des Textes; • Kein wiederholtes Lesen des Textes (=> keine Verbesserungsmöglichkeit, kein Einüben von Satzstrukturen);
• Die Vorträge der schwachen LeserInnen können hinsichtlich der prosodischen Segmentierung nicht als Vorbild dienen (keine Modellfunktion). • Schwächere LeserInnen könnten sich für einen fehlerhaften Vortrag schämen (Stigmatisierung). Das „Reihumlesen“ hat sich im Hinblick auf die Steigerung der Lesekompetenz als weitgehend wirkungslos erwiesen. vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2017, S. 23ff
6.4 Lautlesetandem • Das Lautlesetandem ist ein Lautleseverfahren mit empirisch nachgewiesener Wirksamkeit zur Steigerung der Leseflüssigkeit. • Beim Lautlesetandem werden Teilprozesse des Lesens beobachtbar bzw. überprüfbar. • Lautlesetandems können ab der 2. Schulstufe im Unterricht umgesetzt werden. • mindestens 6 – 8 Wochen lang; mindestens 3 mal pro Woche; 15-20 Minuten pro Trainingseinheit • Alle Kinder der Klasse lesen gleichzeitig (mehr Lesezeit pro Kind). • Es arbeitet jeweils ein besser lesendes Kind mit einem schwächer lesenden Kind zusammen (kooperatives Lernen).
• Die beiden Kinder sitzen nebeneinander und lesen zusammen (auf eins, zwei, drei) einen altersgemäßen Text halblaut vor. • Das besser lesende Kind führt den „Lesefinger“ im Text mit, passt seine Geschwindigkeit an das schlechter lesende Kind an und fungiert als Lesemodell (Betonung). • Bei Lesefehlern hat das schwächer lesende Kind ca. 4 Sekunden Zeit, sich selbst zu korrigieren. • Passiert das nicht, korrigiert das besser lesende Kind, indem es das falsch gelesene Wort unterstreicht, ev. erklärt (Wortschatzarbeit!) und richtig vorliest. Das andere Kind wiederholt das Wort und beide beginnen noch einmal mit dem zuletzt gelesenen Satz (Monitoring). • Wenn das schwächer lesende Kind das Gefühl hat, keine Hilfe mehr zu benötigen, gibt es das „Alleine-Lesen-Zeichen“ (Berührung am Arm) und liest bis zum nächsten, nicht selbst korrigierten Fehler alleine weiter (Scaffolding). Der „Lesefinger“ wir weiter mitgeführt.
• Wird ein Lesefehler nicht selbst korrigiert, setzt wieder die ursprüngliche Routine ein. • Jeder Text wird mindestens viermal gelesen. Für jede Wiederholung wird ein Häkchen gemacht. • (Wiederholung: Einprägen von Häufigkeitswörtern und grammatischen Strukturen!) • Abschließend soll der Text der Lehrperson zur Kontrolle vorgelesen werden, ehe ein neuer Text bearbeitet wird. • Wichtig ist eine sorgsame Einführung der Routine (Analogie: Sportler-Trainer, Gleichwertigkeit der Rollen; Verbesserung durch Übung – Erfahrung der Selbstwirksamkeit). • Monatlich sollten die Fortschritte überprüft und die Tandems eventuell neu zusammengestellt werden. • Zur Steigerung der Motivation kann das Trainingsprogramm auch auf ein Produkt hin (z.B. Hörspiel, Lesetheater usw.) ausgerichtet werden.
• Kinder, die schon eine sehr gute Leseflüssigkeit erreicht haben, sollten mit dem Erwerb von Lesestrategien beginnen. vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2017, S. 97ff
• Die Zusammensetzung der Tandems Die Zusammensetzung der Tandems erfolgt mit Hilfe eines Klassen-Rankings, das mittels Lautleseprotokollen, Lückentext- Überprüfungen (Beispiel) oder mit dem SLS erstellt wird. 1. Max 8. Susi Max liest mit Susi (Max ist Trainer, Susi Sportlerin) 2. Hanna 9. Angela Hanna liest mit Angela 3. Jochen 10. Peter Jochen liest mit Peter 4. Ella 11. Hans Ella mit Hans 5. Anette 12. Martha Anette … 6. Lisa 13. David 7. Sophie 14. Gisela Möglich sind auch Kooperationen mit anderen (höheren) Klassen, Lesepaten, Lehrpersonen und Eltern.
6.5 Textauswahl – Passung von Text und LeserIn • Texte können (bezogen auf ein Kind) auf 3 verschiedenen Niveaus angesiedelt sein: − Unabhängigkeitsniveau (selbständiges Erlesen ist möglich, 100 Wörter/min, 95 % korrekt, richtige Betonung, Segmentierung) − Instruktionsniveau (mit Hilfe schaffbar) − Frustrationsniveau (Überforderung) • Die Übungstexte sollten herausfordernd aber nicht überfordernd sein (Instruktionsniveau; Länge ca. 200 Wörter). Die Grenzziehung ist nicht immer leicht.
• Wenn mehrere/alle Dimensionen (Geschwindigkeit, Fehler, Intonation, Sequenzierung) deutlich mangelhaft sind, ist der Text in der Regel zu schwierig. Überforderung sollte unbedingt vermieden werden! Schwache LeserInnen brauchen Erfolgserlebnisse! • Keine Scheu vor sehr einfachen Texten! - Oft macht es Sinn, Lesetexte der vorherigen Schulstufe zu nützen. • Zur Einschätzung/Überprüfung des Schwierigkeitsgrades eines Textes kann der Lix (Lesbarkeitsindex) herangezogen werden. https://www.psychometrica.de/lix.html • 5-Finger-Test: Man schlägt ein Buch auf einer beliebigen Seite auf und beginnt zu lesen. Bei jedem nicht verstandenen Wort drückt man einen Finger auf die Seite.
Sind 5 Finger auf der Seite, ehe die Seite zu Ende gelesen wurde, ist der Text wahrscheinlich zu schwierig. • Es sollen unterschiedliche Textsorten (Sachtexte, Erzählungen, Gebrauchsanweisungen, Märchen,…) gelesen und erkannt werden können (Textsorten-Check). vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2017, S.112ff
6.6 Texte gezielt vereinfachen (Übung 3) • Häufiges Problem: sprachliche Überforderung – inhaltliche Unterforderung • Sätze kürzen, Schachtelsätze auflösen; • Seltene bzw. lange Wörter durch kurze und häufige Wörter ersetzen (z.B. Auto statt Kraftfahrzeug) • Zeilenumbruch nach einer Sinneinheit – kurze Zeilen (sinngemäß zusammenhängende Wortgruppe => Erleichterung der Intonation); • Text strukturieren (Absätze, Überschriften, …) • Am Text orientierte Illustrationen hinzufügen; • Texte (zum Thema) aus unteren Schulstufen verwenden • Manche Texte sind schon speziell für DaZ-SchülerInnen aufbereitet. vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold 2017, S. 77ff
6.7 Digitale Unterstützung z. B. Microsoft Word online: Menüpunkt „Ansicht“ – Plastischer Reader Wählbar sind u.a. • Schriftart, Schriftgröße, Abstand, Hintergrund, Silbentrennung, Anzeigen von Wortarten • Zeilenfokus (eine Zeile, drei Zeilen) • Übersetzung (wortweise, gesamtes Dokument) in viele Sprachen => Vorentlastung • Vorlesefunktion
6.8 Vielleseverfahren • Vielleseverfahren zielen auf die Erhöhung des individuellen Lesepensums (z.B. freie Lesezeit während des Unterrichts). • Die Kinder sollten dafür hinreichend flüssig lesen können (Frustrationsgefahr). => „Buchreife“; durchschnittlich mit etwa 9 Jahren erreicht; • Selbst gewählte Literatur kann die Motivation steigern (Klassenbücherei, Bibliothek,…) • Keine unmittelbare Überprüfung der Leseaktivität bzw. des Leseprozesses; • Begleitung scheint sinnvoll (z.B. Fragen zum Text); • Die Wirksamkeit von Vielleseverfahren konnte bislang nicht eindeutig belegt werden und ist umstritten. Vielleseverfahren erreichen oft nur die lesestarken Kinder. vgl. Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, 2016, S. 11
7. Lesestrategien – Arbeit auf der Textebene • Lesestrategien zielen auf die hierarchiehöheren Prozesse des Leseverstehens bzw. ganz zentral auf die Sinnentnahme (Konstruktion eines „mentalen Modells“, Sinnkonstruktion) • Die Kinder sollten schon flüssig lesen können, wenn sie sich den Lesestrategien zuwenden (etwa ab dem Ende der 3. Grundschulklasse). • Lesestrategien müssen im Unterricht vermittelt und gezielt eingeübt werden. • Die Kinder sollen auch zur selbständigen Auswahl geeigneter Lesestrategien hingeführt werden. • Die Methode des „Lauten Denkens“, bei der die Lehrkraft als Modell fungiert, hat sich für die Vermittlung bewährt.
• Die Lehrperson verbalisiert dabei, was ihr beim Lesen durch den Kopf geht und wie sie vorgeht, um den Sinn des Textes zu erfassen. • Die Strategien sollten zunächst gemeinsam umgesetzt bzw. geübt werden. • Strategiekarten, Strategie-Lesezeichen oder Strategiefächer (Lesepilot, Leselotse) können den Kindern beim Einsatz der Strategien helfen. https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesestrategien/ • Man unterscheidet nach dem Anwendungszeitpunkt − Strategien vor dem Lesen − Strategien während des Lesens − Strategien nach dem Lesen
• Vor dem Lesen − Über den Titel, die Überschrift bzw. die Illustrationen nachdenken: Vorwissen aktivieren, persönliche Bezüge zum Thema herstellen, Erwartungen bewusst machen; − Fragen an den Text stellen − Hypothesen bilden − Klappentext lesen − Den Text „überfliegen“; Überschriften und Inhaltsverzeichnis betrachten; Die Textsorte erkennen − Über den Autor recherchieren − Ev. vorentlasten; wichtige Wörter erklären
• Während des Lesens − Wichtige Stellen und/oder nicht verstandene Stellen unterstreichen; − Verstehensinseln finden/Kontext nützen; − Den Text in Abschnitte gliedern und Überschriften finden; − Textabschnitte zusammenfassen; − “Kopfkino” (sich das Gelesene bildlich vorstellen); − ev. Randnotizen anfertigen;
• Nach dem Lesen − Nicht verstandene Wortbedeutungen klären (Lexikon, Internet, nachfragen,…) und den Text noch einmal lesen; − Anschlusskommunikation; Den Inhalt des Textes zusammenfassend erzählen/beschreiben; Über den Inhalt diskutieren; − Ein Bild zum Text malen; − Den Text weiterführen /ein anderes Ende finden; − Nachdenken darüber, welche Lesestrategie bei dem Text besonders hilfreich war (Reflexion!); vgl. Rosebrock & Nix, 2017, S. 73 ff • IKM – D3 Lesen (3. Kl.), ELFE (1-6), HAMLET (3-4), Hernalser Lesetest (4. Kl), Lesekompetenz Check (4. Kl.)
8. Leseanimation • Leseanimierende Verfahren sollen zum Lesen verlocken und die familiäre Lesesozialisation unterstützen. − Vorlesen (auch mehrsprachig) − Leseecke, Bücherkiste, Klassenbibliothek − Buchvorstellungen (Referate) − Lesepass − Lesetagebuch − Lesekiste/Leserolle/LapBook − Bibliotheksbesuche − Autorenlesungen − Lesenächte − Antolin; Mini-Spatzenpost (1.)/Spatzenpost (2.)/Lux (3. u. 4. Kl.) + Leserallye
− Lesepaten, Leseeltern,… − Mehrsprachiges Lesen (z.B. Trio, Amira, Papperlapapp,…) • Leseanimation alleine hilft leseschwachen Kindern nicht. Sie müssen zunächst ihre Lesetechnik und die Sinnentnahme verbessern, ehe sie die „Früchte“ des Lesens ernten können. vgl. Rosebrock & Nix, 2017, S. 111ff
Mehrsprachige Texte (Übung 4) 1. Suchen Sie bitte mit einem Partner/einer Partnerin ein mehrsprachiges Medium aus! Geben Sie den Titel und den Autor/die Autorin des Werkes an! 2. Welche Sprachen kommen in dem Werk vor? 3. Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie das Medium im Unterricht einsetzen könnten! 4. Erwarten Sie sich positive Effekte durch das Einbauen mehrsprachiger Literatur in den Unterricht? Wenn ja, welche?
9. Lehrwerkanalyse (Übung 5) 1. Geben Sie bitte den Autor/die Autorin, den Titel, das Erscheinungsjahr und den Verlag des Lehrwerkes an! 2. Auf welcher Ebene/auf welchen Ebenen (Vorläuferfähigkeiten, Lautebene, Laut-Buchstaben-Zuordnung, Wortebene, Satzebene, Textebene, Lesestrategien,.…) kann mit Hilfe des Lehrwerks Leseförderung betrieben werden? 3. Befinden sich in dem Lehrwerk Texte mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zur inneren Differenzierung? Wenn ja, inwiefern unterscheiden sich die Texte (Länge, sprachliche Qualität, Komplexität der Themen, …)? 4. Bietet das Lehrwerk Hilfen zum besseren Verständnis von Texten (z.B. Vorentlastung, Illustrationen, Textgliederung, Worterklärungen, Lesestrategien,…)? Wenn ja, welche? 5. Bietet das Lehrwerk Möglichkeiten zur Überprüfung/ Selbstüberprüfung des Leseverstehens? Wenn ja, welche?
6. Gibt es Anregungen zur Anschlusskommunikation bzw. Aufgabenstellungen, die an die Texte anknüpfen? Wenn ja, welche? 7. Werden in dem Lehrwerk verschiedene Textsorten (Erzählung, Märchen, Sachtext, ….) angeboten? Wenn ja, welche? Enthält das Lehrwerk Übungen, die dem Erkennen der Textsorten dienen? 8. Inwiefern wird in den Texten Bezug auf die Lebenswirklichkeit von Kindern, die Deutsch als Zweitsprache sprechen, genommen? 9. Werden in dem Lehrwerk auch andere Erstsprachen als Deutsch aufgegriffen? Wenn ja, welche und in welcher Form? 10. Inwiefern bietet das Lehrwerk Ansatzpunkte für interkulturelle Bildung? vgl. Niebuhr-Siebert, S. & Baake, H. (2014): Kinder mit Deutsch als Zweitsprache in der Grundschule. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, S. 261-267.
Literaturverzeichnis • Barnieske, A. (2018): In Lautlesetandems die Leseflüssigkeit trainieren. Anleitung, Praxistipps und 40 Lesetexte auf 2 Niveaustufen für Klasse 3/4. Augsburg: Auer Verlag. • BIFIE (Hrsg.) (2016): Themenheft für den Kompetenzbereich „Lesen – Umgang mit Texten und Medien“. Deutsch, Lesen, Schreiben. Volksschule Grundstufe I + II. Graz: Leykam. • Breit, S./Bruneforth, M./Schreiner, C. (Hrsg.) (2016): Standardüberprüfung 2015. Deutsch/Lesen/Schreiben, 4. Schulstufe. Bundesergebnisbericht. • Fischer, U./Gasteiger-Klicpera, B. (2013): Prävention von Leseschwierigkeiten. Diagnose und Förderung im Anfangsunterricht. In: Didaktik Deutsch, Jg. 18. H. 35, S. 62-81. • Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache (Hrsg.) (2016): Handreichung: Durchgängige Leseförderung. Überblick, Analysen und Handlungsempfehlungen. Köln: Bloch & Co GmbH. • Metze, W. (2012): Pepino. Aufgabenkartei. Sprachfördermaterialien für den Kindergarten und die Grundschule. Berlin: Cornelsen. • Nevyjel, E. (2011): Lesen auf Deutsch. Lehrerhandbuch. Wien: Lernen mit Pfiff.
• Redaktionsteam Verlag an der Ruhr (2016): Internationale Anlauttabellen in 20 Sprachen. Anlautbild-Wortkarten für den DaZ-Unterricht. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. • Rosebrock, C./Nix, D. (2017): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. • Rosebrock, C./Nix, D./Rieckmann, C./Gold, A. (2017): Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Seelze: Klett, Kallmeyer. • Wallner-Paschon, C., Itzlinger-Bruneforth, U. & Schreiner, C. (Hrsg.) (2017): PIRLS 2016. Die Lesekompetenz am Ende der Volksschule. Erste Ergebnisse. Graz: Leykam. Kommentierte Literaturhinweise und Links zum Thema Leseförderung findet man in: BIFIE (Hrsg.) (2016): Themenheft für den Kompetenzbereich „Lesen – Umgang mit Texten und Medien“. Deutsch, Lesen, Schreiben. Volksschule Grundstufe I + II. Graz: Leykam, S. 157ff https://www.iqs.gv.at/_Resources/Persistent/00de9af76b678172f64b49d0cdc6406eed2d44 8d/Themenheft_Lesen_Web.pdf [31.3.2021}
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