Quer durch die Schweiz - Schneeschaufeln reisen vom Kanton Solothurn in die Ostschweiz - SBB Cargo
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Das Schweizer Logistikmagazin 3 | 2018 Quer durch die Schweiz Schneeschaufeln reisen vom Kanton Solothurn in die Ostschweiz. Ab Seite 4
BLICKFANG Pakete, die Kinderaugen zum Leuchten bringen Bei ihrer letztjährigen Weihnachtsaktion durfte die Hilfsorganisation ADRA Schweiz knapp 4000 Pakete an bedürftige Familien und Waisenkinder aus Moldawien schicken. Vor Kurzem fand die Paketaktion «Kinder helfen Kindern!» – koordiniert Impressum von der TTS Transport & Terminal Services AG in Buchs SG – erneut statt: Das Logistikmagazin von SBB Cargo erscheint dreimal pro Jahr in Deutsch, Französisch Anfang Dezember wurden die Geschenke nach Moldawien gebracht. Wiederum und Italienisch. hat auch SBB Cargo die Aktion mit einem Güterwagen unterstützt. Redaktion SBB Cargo: Brigitte Hager, Peter Imfeld, Lea Meyer, Tamara Ritter Konzept und Realisation: Infel AG, Zürich Redaktion: Alexander Jacobi, Katharina Rilling, Mehr Infos im Blog: Michelle Russi tiny.cc/adra Projektleitung: Bärbel Jördens Art Direction: Murielle Drack Übersetzungen: UGZ Übersetzer Gruppe Zürich GmbH, Zürich Druck: Hertig + Co. AG, Lyss Redaktionsadresse: SBB Cargo, Redaktion Logistikmagazin «cargo», Bahnhofstrasse 12, 4600 Olten, cargomagazin@sbbcargo.com Gesamtauflage: 6000 Exemplare Das Copyright liegt bei SBB Cargo. Der Abdruck von Artikeln ist mit Quellenangabe gestattet. Foto: SBB Cargo Bitte schicken Sie ein Belegexemplar an die Redaktionsadresse. Gratisabonnement auf www.sbbcargo.com/de/abonnement. Abonnieren Sie das «cargo»- Magazin schweizweit kostenlos oder lesen Sie die Onlineversion unter www.sbbcargo.com. Adressänderungen oder Löschung des Abonnements bitte an cargomagazin@sbbcargo.com. 2 SBB Cargo 3 | 2018
INHALT 4 –11 Logistik-Fokus: Nachhaltigkeit Wie gelangen Schneeschaufeln vom nationalen Verteilbetrieb der Migros im solothurnischen Neuendorf bis in eine Filiale im Kanton Thurgau? Unsere Reportage liefert die Antwort. Editorial 16 –17 Auf einen Blick 12 –15 Gipfeltreffen Schraubenkupplung, «Wie die meisten automatische Kupplung und Hybridkupplung: Schweizer mag Was funktioniert wie? ich die Bahn und die SBB» Sanierung und 18 – 21 Innovation Innovation zugleich Schneller, effizienter, besser: Mit neuen Hybridkupp- lungen will SBB Cargo die Was im Personenverkehr seit Jahrzehnten Usus ist, Betriebsabläufe verein- revolutioniert nun die Güterbahn: SBB Cargo fachen und die Produktivi- startet im Februar 2019 als erste europäische Gü- tät steigern. terbahn mit der automatischen Kupplung und der automatischen Bremsprobe in den Realbetrieb. 22– 23 Grenzüberschreitend 22 Loks und 105 Güterwagen haben die Teams Xrail kurz erklärt. Unsere im SBB-Industriewerk Bellinzona in den letzten Übersicht zeigt, was es Monaten entsprechend umgerüstet. Wir haben ist und was es den Kunden sie in der Werkstatt besucht und dabei erfahren, wo bringt. die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses Meilensteins liegen und wie die Automation unse- ren Kunden dient. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 16. 24 – 27 Kundensicht Der Basler Güterbahnhof Wolf Nach den positiven Zahlen zum ersten Halbjahr soll zum smartesten Areal der 2018 setzt SBB Cargo alles daran, diesen Kurs zu Schweiz werden. Im neuen «Smart halten. Neben dem Abbau von Strukturkosten City Lab» wird bereits an Logistik- überprüft die Güterbahn gemeinsam mit den Kun- lösungen getüftelt. den auch ihr Angebot. Dabei wird geklärt, ob es Alternativen zu einer fixen täglichen Bedienung gibt. In den ersten überprüften Kantonen Jura und 28 – 29 Mittendrin Neuenburg sowie im Berner Oberland konnten «Ich liebe schwierige Fälle» – gute Lösungen für die Verlader gefunden werden. Kurzfristplaner Dirk Anders Der grösste Teil der Verkehre bleibt damit auf der über seinen Job, die Topografie Schiene. Auch Georg Mäder von der Swiss Krono der Schweiz und die neue Group und Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo, Planungssoftware CAROS. unterhalten sich im Gipfeltreffen unter anderem über die Bedienpunktethematik (siehe S. 12). 30 Schotter 31 Objekt Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Zahlen, Fakten und News Ein mobiles Endgerät aus der Logistikbranche. Tamara Ritter namens Lisa Kommunikation SBB Cargo hilft beim Rangieren SBB Cargo 3 | 2018 3
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Schneeschaufeln auf Reisen Weniger Stau, pünktlichere Auslieferungen und ein gehaltenes Nachhaltigkeitsversprechen: Seit Frühjahr 2018 transportiert die Migros sämtliche Produkte vom nationalen Verteilbetrieb Neuendorf in die Betriebs- zentrale der Migros Ostschweiz in Gossau SG mit SBB Cargo. Wir haben ein typisches Winterprodukt auf seiner Bahnreise begleitet. Text: Michelle Russi Fotos: Anne Gabriel-Jürgens 4 SBB Cargo 3 | 2018
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Blick auf den nationalen Verteil- betrieb der Migros im solothurnischen Neuendorf. damit wir nicht an unsere Kapazitäts- grenzen stossen.» Gut, dass hier ein eingespieltes Team am Werk ist. Noch während Stickel erzählt, beginnt einer der Logistiker nämlich bereits damit, die Palette mit den Schneeschaufeln per Gabelstapler in die Halle zu fahren. Hier wird sie für den Weitertransport in die Filiale bereitgestellt. Nur noch auf Schienen Sechzig Bahnwagen pro Tag, 1,4 Millio- nen an- und ausgelieferte Paletten im Jahr sowie mehr als 230 Supermärkte, Fachmärkte, Gastronomiebetriebe, Frei- zeitanlagen und Klubschulen, die es zu beliefern gilt: Die Betriebszentrale Gossau ist die Drehscheibe der Mi- gros Ostschweiz. Sie versorgt Filialen in sieben Kantonen und im Fürsten- tum Liechtenstein. Tiefkühlwaren und Non-Food-Produkte erhält die Migros dabei direkt aus dem Verteilbetrieb Neuendorf. Seit Frühjahr 2018 finden diese Transporte vollumfänglich auf der Schiene statt. «Damit konnten wir einerseits die Qualität der Anlieferzei- ten verbessern, weil unsere LKW-Fah- rer nicht mehr stundenlang im Stau ste- hen», erklärt Daniel Balmer, seit zehn Jahren Leiter Transportlogistik der Migros Ostschweiz. Anderseits sei der Bahntransport mit SBB Cargo sehr sta- bil, ökologischer und nachhaltiger als der Transport auf der Strasse: «Damit M kommt die Migros einem ihrer Verspre- it schnellen Schritten schrei- Reise vom nationalen Verteilbetrieb chen aus dem Programm ‹Generation tet er die sechs Bahnwagen der Migros im solothurnischen Neuen- M› nach.» (Siehe Box S. 7) entlang, schiebt jede Tür auf, dorf in die Filiale Amriswil im Kanton steckt den Kopf hinein, lässt den Blick Thurgau ist die Betriebszentrale Gossau Immer offen für Neues über die Paletten schweifen und geht die einzige Zwischenstation. Balmer sitzt in seinem Büro, von wo aus weiter. Im zweitvordersten Wagen wird Es ist ein ruhiger Empfang, von Hek- er auf die An- und Auslieferhalle hinun- er fündig: «Hier sind die Schneeschau- tik keine Spur, ein Mittwoch, kein Frei- terblicken kann. Obwohl er uns während feln!» Adrian Stickel ist die erste Person, tag. «Freitags ist hier immer viel mehr unseres Besuchs auch in der Verlade- der die Schaufeln – unser ausgewähltes los», sagt Stickel. Der Leiter Spedition halle herumführt, hat er für gewöhnlich Produkt – an diesem Morgen in der Be- der Migros Ostschweiz weiss, wovon er wenig mit dem operativen Geschäft triebszentrale der Migros Ostschweiz in spricht: «An Spitzentagen kommen bis zu tun. «Ich bin froh, dass die Abtei- Gossau SG begegnen. Die Nacht haben zu sechzig Bahnwagen von verschie- lungsleiter und ihre Teams so gute sie in einem Bahnwagen von SBB Cargo denen Auslieferorten bei uns an, dann Arbeit leisten. So kann ich mich vor zusammen mit weiteren Non-Food-Pro- wird es schon hektisch, und wir müs- allem auf strategische Fragen konzen- dukten der Migros verbracht. Auf ihrer sen die Kapazitäten sehr gut planen, trieren», sagt der langjährige Migros- 6 SBB Cargo 3 | 2018
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Mehr als 2,6 Millionen Paletten verlassen das riesige Migros-Logistikzentrum in Neuendorf durchschnittlich jedes Jahr. Nachhaltige Migros Mit dem Nachhaltigkeitsprogramm «Generation M» setzt sich die Migros für eine intakte Umwelt, nachhal- tigen Konsum und einen gesunden Lebensstil ein. Dazu zählt auch die Verlagerung der Warentransporte von der Strasse auf die Schiene. Pro Jahr wird im Auftrag der Migros eine Gesamtfracht von über einer Million Tonnen per Bahn bewegt. Damit ist das Unternehmen die wichtigste Kundin von SBB Cargo. Das Mineralwasser von Aproz etwa ist gemäss Angaben der Migros das einzige Wasser in der Schweiz, das umweltschonend per Bahn aus- geliefert wird. In den letzten fünfzig Jahren wurden gut 4,2 Milliarden Liter Aproz-Getränke auf der Schiene transportiert und dadurch rund 58 000 Tonnen CO2 eingespart. Schnelle Transporthelfer: Gabelstapler mit ihren geübten Fahrerinnen und Fahrern. SBB Cargo 3 | 2018 7
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Ankunft des Bahnwagens mit den Schneeschaufeln in der Betriebszentrale der Migros Ostschweiz in Gossau. Kurzer Zwischenstopp für die Schneeschaufeln: In Gossau werden sie für den Weitertransport in eine Ostschweizer Migros-Filiale bereitgestellt. 8 SBB Cargo 3 | 2018
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Die Migros-Betriebszentrale Gossau in Zahlen Mitarbeiter. Er mag es, kreativ zu sein, bestehende Konzepte zu überprüfen und neue Transportstrategien, insbeson- Bis zu 60 dere Transportnetzwerke, zu entwickeln. Bahnwagen pro Tag Mehr als 230 Häufig geschieht dies in enger Zu- belieferte Super- sammenarbeit mit SBB Cargo. Regelmäs- märkte, Fachmärkte, sig stellt sich die Migros Ostschweiz für Gastronomiebetrie- Pilotprojekte zur Verfügung, beispiels- be, Freizeitanlagen weise um neue Bahnwagen zu testen. Rund 1,4 Mio. und Klubschulen Balmer findet: «Etwas Neues muss man an- und ausgelieferte irgendwann ausprobieren, um zu sehen, Paletten im Jahr ob es funktioniert.» Zudem spürten seine rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Innovation und könn- ten sich frühzeitig und vor Ort damit befassen, was sehr wichtig sei. Balmer selbst hat 1985 bei der Migros angefan- Problem mehr.» Sagt’s und kurvt bereits Reger Austausch zwischen gen und sich fast von Beginn weg mit die nächste Palette mit dem schnellen Rangierern Logistikthemen beschäftigt, die heute Transporthelfer durch die Gänge. Zurück zu den Schneeschaufeln. Inmit- unter den Begriff «Digitalisierung» fal- Gabelstapler zu steuern, bereitet ten von Paletten mit Mineralwasser, len würden. Die Zusammenarbeit mit Akaydar also keine Mühe mehr, ob- Bohrmaschinen, Toilettenpapier und SBB Cargo erachtet er als sehr gut, «und wohl er erst seit einigen Monaten in sonstigen Non-Food-Produkten warten zwar sowohl was das Tagesgeschäft an- der Spedition tätig ist. Zuvor war er als sie darauf, dass die Reise weitergeht. belangt als auch die strategischen Ent- LKW-Fahrer acht Jahre lang mit einem Knapp 14 000 Schneeschaufeln hat die wicklungen». wesentlich grösseren Gefährt unter- Migros im letzten Winter in der gan- zen Schweiz verkauft. Falls dieses Jahr 90 000 Paletten zusätzlich ähnlich viel Schnee fällt wie im Vorjahr, Und was ist mit den Mitarbeitenden an «Mit der Bahn dürfte die Nachfrage nach den roten und der Front, merken sie überhaupt etwas von der Verlagerung des Gütertrans- haben wir einen sehr schwarzen Werkzeugen mit den Holz- stielen in den kommenden Wochen ports auf die Schiene? «Ja klar», entgeg- stabilen Betrieb.» wieder steigen. Dann werden sich wei- net Balmer, «schliesslich verladen sie nun tere Schaufeln vom Verteilbetrieb Neu- Daniel Balmer, jährlich 90 000 Paletten mehr als bisher.» Leiter Transportlogistik, Migros-Betriebszentrale endorf auf den Weg in Richtung Ost- Über zu viel Arbeit beklagen sich die Lo- Gossau schweizer Migros-Filialen machen und gistiker trotz der grösseren Transport- knapp drei Stunden mit dem Zug durch mengen nie, im Gegenteil: Sie scheinen die Schweiz nach Gossau fahren, ehe sie Spass an ihrem Job zu haben. Dieser Ein- wegs. «Mir gefällt es in der Spedition, von Adrian Stickel und seinen Leuten druck entsteht, wenn wir ihnen in der weil es nie langweilig wird und jeder Tag frühmorgens umgeladen werden. Halle dabei zusehen, wie sie die kleinen anders ist», sagt Akaydar. Ob es denn an- Am Bahnhof Gossau, unweit der elektrischen Gabelstapler schnell und dere Herausforderungen gebe bei sei- Migros-Betriebszentrale Gossau gele- scheinbar mühelos von A nach B ma- ner Arbeit, wollen wir wissen. «Dass wir gen, kümmert sich das Rangierteam növrieren. Das Schauspiel erinnert ein die Zeiten einhalten und die Waren so von SBB Cargo um die ankommenden wenig an Putschauto-Fahren auf einer schnell wie möglich ausladen müssen, Güterzüge. Hier werden auch die Züge «Chilbi» – nur geordneter und ohne ist manchmal schon stressig.» Auch er aus Neuendorf «verarbeitet», wie Team- «Putschen», denn Orhan Akaydar und verweist in diesem Zusammenhang vor leiter Andreas Giezendanner es nennt. seine Kollegen sind schlicht zu geübt allem auf den Freitag, wenn die grossen Gemäss Umschlagsplanung der Migros im Umgang mit ihren Gabelstaplern. Mengen angeliefert werden. Der Grund werden die Wagen hier neu zusammen- «Kollisionen gibt es keine, notfalls kön- dafür ist übrigens, dass die Migros-Fili- gestellt und gruppenweise in die Be- nen wir ja hupen», meint der Logistiker alen ihre Verkaufsaktionen jeweils am triebszentrale hinübergeschickt. An- und lacht. Überhaupt sei das Fahren mit Dienstag starten und deshalb die Aus- schliessend holen die SBB-Rangierer die den Gabelstaplern gar nicht so schwierig: lieferung der Produkte von Gossau aus Leerwagen wieder ab. Die enge Zusam- «Wenn du es mal draufhast, ist es kein am Freitag zuvor erfolgen muss. menarbeit verlangt eine gute Kommuni- SBB Cargo 3 | 2018 9
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Die letzten Kilometer ihrer Reise legen die Schneeschaufeln in einem Lastwagen der Migros zurück. Die Migros-Betriebszentrale Gossau beliefert Filialen in den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden sowie im Fürstentum Liechtenstein. Sorgt mit seinem Team für einen reibungslosen Verlad der Waren in Gossau: Speditionsleiter Adrian Stickel. 10 SBB Cargo 3 | 2018
LOGISTIK-FOKUS: NACHHALTIGKEIT Tiefer geblickt schweiz hatte ich nie auch nur einen Augenblick Angst, dass wir einen Bereich kation. «Wir stehen in regem Austausch schliessen müssen. Dass mit dem Rangierteam der Migros», er- Veränderungen nötig klärt Giezendanner, «die Zusammenar- sind, steht ausser Frage. beit ist sehr angenehm.» Das gilt auch Aber ganz gleich, wie wir uns für die letzten Monate, als die Verant- veränderten, es durften wortlichen die Rangierabläufe auf- immer Mehrmengen verar- grund der Umstellung auf den Schie- beitet werden. nentransport anpassen mussten. «Der Mehrverkehr erforderte viel Planung, Daniel Balmer, Leiter Transport- Was ist das schlimmste aber für uns ist er super: je mehr, desto logistik, Betriebszentrale Szenario für Sie und Ihr Gossau, Genossenschaft Migros besser», meint Giezendanner lachend. Ostschweiz Team vor Ort? Es ist zum Glück selten, aber Sicher ans Ziel «Mehr transpor- wenn auf der Schiene einmal Und dann heisst es für die Schneeschau- etwas geschieht, dann sind feln Abschied nehmen von Gossau, gut tieren zu dürfen, die Auswirkungen für uns zwei Stunden nach ihrer Ankunft. Der ist ein Privileg» nachher sehr gross: ganze Tag ist noch jung, es ist kurz vor neun Züge, viele Wagen und Uhr. Die letzten Kilometer legen sie Paletten sowie viele betroffe- per Lastwagen zurück, weil die Migros- Welche Vorteile bringt der ne Filialen. Wenn etwa ein Filialen keinen Bahnanschluss haben. Warentransport per Bahn Zug mit Non-Food-Produkten Am Steuer sitzt Kurt Hefti. 42 Jahre ist der Migros Ostschweiz? nicht oder zu spät in Gossau der gebürtige Thurgauer bereits auf Neben weiteren Vorteilen spielt eintrifft und wir eine oder den Strassen unterwegs, die letzten 20 die bessere Planbarkeit bei mehrere Filialen beliefern als LKW-Fahrer für die Migros. «Man den Anlieferzeiten eine grosse sollten, die nur einmal am Tag erlebt viel, wenn man immer herum- Rolle. Unsere Filialen müssen angefahren werden, dann fährt», sagt Hefti und steuert das schwe- wissen, wann welche Ware können wir die Produkte nicht re Vehikel in Richtung Hauptstrasse. Er kommt. Mit der Bahn haben wir einfach später nachliefern. habe aber Nerven wie Drahtseile, so- einen sehr stabilen Betrieb Dafür ist unser Wirtschafts- dass ihn mittlerweile nicht einmal mehr und eine hohe Zuverlässigkeit. gebiet zu gross. Das ist wie die aggressive Fahrweise anderer Ver- Auf der Strasse gab es zu- eine verpasste Chance für kehrsteilnehmer aus der Ruhe bringen nehmend Probleme. Zudem ist uns. Ein solcher «Ausfall» ist könne. Man glaubt es ihm. Hefti spricht der Nachhaltigkeitsgedanke sehr mühsam, aufwendig ruhig und mit Bedacht. Er ist es offenbar zentral bei der Migros: Wir ma- und kostspielig. nicht gewohnt, einen Gesprächspartner chen es nicht nur aus Marke- neben sich im LKW zu haben. «Ich mag tinggründen, sondern lassen die Kommt es vor, dass die Stille am frühen Morgen und bin ger- Nachhaltigkeit auch in die die falschen Produkte ne alleine unterwegs», erklärt er denn Infrastruktur und die Prozesse in Gossau eintreffen? auch. Dass er jetzt, da die LKW-Fahrer einfliessen. Das ist eine Falschlieferungen haben wir die Waren nicht mehr im Verteilbetrieb ganzheitliche und ehrliche Art. sehr, sehr selten. Dabei hilft Neuendorf abholen müssen, viel selte- es uns, dass wir immer mehr ner im Stau steht als früher, ist für Hef- Seit der Umstellung muss Ihr Möglichkeiten aufbauen, die ti ein grosses Plus. «Zudem ist es so viel Team noch mehr Produkte Lieferungen flächendeckend schöner, denn wir können mehr Waren verladen. Ist das nicht stressig? elektronisch zu überwachen. transportieren und der LKW ist voller.» Mir ist wichtig, dass unsere Mit- Im Fachjargon heisst das Halb leer, betont der Chauffeur, fahre arbeitenden wissen, warum «Supply Chain Visibility». man ja nicht gerne. wir welche Strategie wählen. Viel Wir arbeiten hier mit einem Wie die Schneeschaufeln den Ab- Arbeit an sich war für sie nie neuen System, das einen schluss ihrer Reise im Laderaum des etwas Negatives. Im Gegenteil: Alarm auslöst, wenn eine Lastwagens erlebt haben, wissen wir Es ist ein Privileg, dass wir Palette falsch verladen wird. selbstverständlich nicht. Fest steht, immer mehr transportieren dür- So arbeiten wir immer weiter dass sie ihr Ziel, die Migros-Filiale in fen, denn es bedeutet sichere an der Entwicklung der Amriswil, an diesem Mittwoch sicher und spannende Arbeitsplätze, Supply Chain – eine span- und pünktlich erreichen. auch in Zukunft. In meinen nende Aufgabe, die ich nicht 33 Jahren bei der Migros Ost- missen möchte. SBB Cargo 3 | 2018 11
GIPFELTREFFEN «Wir sind auf gutem Weg, mit der Bahn passende Lösungen zu finden» Georg Mäder redet im Stammhaus der Swiss Krono in Menznau mit Nicolas Perrin über den Wegfall von Bedienpunkten im Wagenladungsverkehr. Die beiden sind sich einig, dass das Holz für die Herstellung von Laminat- und Spanplatten auch künftig möglichst oft per Bahn angeliefert werden soll. Interview: Stefan Boss Fotos: Daniel Winkler 12 SBB Cargo 3 | 2018
GIPFELTREFFEN Herr Mäder, Anfang April wechselten Sie von der fallen für SBB Cargo Subventionen weg, das Unter- Sika zur Swiss Krono Group: Sie sind Mitglied nehmen muss auf Effizienz getrimmt werden. der Konzernleitung und für Marketing und Ver- Wenn das nicht gemacht würde, gäbe es SBB Cargo trieb zuständig. Ihr erster Eindruck von der vielleicht bald nicht mehr. Wir haben ein vitales neuen Tätigkeit in der Holzwerkstoffbranche? Interesse daran, dass es SBB Cargo gut geht. Klar Georg Mäder: Sehr positiv. Vieles ist neu, es gibt aber schauen wir bei diesem Überprüfungsprozess auch Anknüpfungspunkte. Ich war zuvor schon auch auf unsere Bedürfnisse. in der Baubranche tätig, beim Bauchemiekonzern Sika. Bei der Swiss Krono produzieren wir ja Die Swiss Krono war unter anderem im Berner ebenfalls für die Bauwirtschaft. Nun bin ich für den Oberland und im Jura von der Überprüfung Verkauf von Holzwerkstoffen zuständig, früher von Bedienpunkten betroffen und musste ihre bei Sika waren es chemische Produkte. Kunden und Verkehre anpassen. Wie erlebten Sie diese Vertriebskanäle sind sehr ähnlich. Seit August Situation? bin ich zusätzlich Leiter des Schweizer Standorts Mäder: Die Swiss Krono begann bereits vorher, die der Swiss Krono in Menznau und somit für die Holztransporte zum Teil auf Ganzzüge zu bringen – Produktion in der Schweiz verantwortlich. Das kam also Züge, die direkt in unser Werk nach Menznau etwas überraschend. Als ausgebildeter Chemie- fahren ohne Umweg über die Rangierbahnhöfe. ingenieur bin ich aber mit solchen industriellen Praktisch an jedem Bedienpunkt wird auch Holz Prozessen vertraut. Haben Sie eine spezielle Beziehung «Meine Grundeinstellung zur Güterbahn? Mäder: Wie die meisten Schweizer mag ich die Bahn zum Bahntransport und die SBB. Zudem finde ich es aus Gründen ist sehr positiv.» des Umweltschutzes sinnvoll, dass man möglichst Georg Mäder, Chief Sales and Marketing Officer, viele Güter per Bahn transportiert. Meine Grund- Swiss Krono Group einstellung zum Bahntransport ist also sehr positiv. Aber natürlich schauen wir auch auf das Preis- Leistungs-Verhältnis. verladen. Die geplante Aufhebung von Bedien- punkten trifft uns sicher hart, aber ich denke, wir Herr Perrin, wie ist es bei Ihnen, haben Sie sind auf gutem Weg, mit der Bahn passende einen speziellen Bezug zum Wald oder zum Lösungen zu finden. In der Schweiz beträgt unser Werkstoff Holz? Bahnanteil gemessen an der gesamten Transport- Nicolas Perrin: Ich mag Bäume, wenn sie noch leben, menge rund vierzig Prozent. ich jogge zum Beispiel gerne im Wald. Den Bezug zum Holz bekam ich auch über den Transport. Es Werden Sie die gesamte Menge künftig mit ist eines der Güter, die auf der Schiene dominieren. Ganzzügen transportieren? Der Wald und die Fabrik sind eigentlich zwei sehr Mäder: In ferner Zukunft sollte dies möglich sein. gegensätzliche Orte, und wir als Transportunter- Es ist natürlich eine Frage der Distanz und des nehmen stehen in der Mitte. Wir transportieren Preises. Wenn Bedienpunkte aufgehoben werden einerseits Rundholz für Firmen wie die Swiss und wir Transporte bündeln, müssen die Holz- Krono, die das Holz dann verarbeiten und ver- verlader weiter fahren, dafür müssen wir sie ent- edeln, anderseits aber auch Holzschnitzel. schädigen. Wenn wir die gesamte Menge Holz, die zurzeit per Bahn antransportiert wird, auf Ganz- SBB Cargo ist zurzeit daran, im Wagenladungs- züge verladen, gäbe dies sieben Ganzzüge pro verkehr die Hälfte seiner 344 Bedienpunkte Woche. Auf der Strecke von Langenthal nach Menz- zu überprüfen und unrentable Bedienpunkte nau, wo sich unser Stammwerk befindet, darf aufzuheben. Herr Mäder, können Sie diesen ein Güterzug höchstens zwölf Wagen umfassen. Entscheid nachvollziehen? Der Verlad auf Ganzzüge würde uns in der In- Mäder: Grundsätzlich ja. Wir sind ja auch ein Unter- house-Logistik entlasten, weil wir unsere Prozesse nehmen, das Gewinn machen muss. Ab 2019 anders takten könnten. SBB Cargo 3 | 2018 13
GIPFELTREFFEN Vom Standort Menznau aus ex- portiert die Swiss Krono Holzwerk- stoffe in über acht- zig Länder. Herr Perrin, sind Sie zufrieden mit Herr Mäder, die Swiss Krono Group ist ein global der gefundenen Lösung? operierendes Unternehmen. Welche Bedeutung Perrin: Es ist ein gutes Beispiel, wie es funktionieren hat der Schweizer Markt für die Gruppe? sollte: in gemeinsamen Gesprächen eine bessere Mäder: Der Schweizer Markt ist für den ganzen Transportlogistik zu finden. Ich erwarte jedoch, Konzern zwar relativ klein, aber sehr wichtig. Als dass nach der Bündelung der Transporte auch die sogenanntes «Ursprungsland» erwartet die Hol- Umschlagsanlagen verbessert werden. Es ist ja im- ding von uns eine klare Marktführerschaft und den mer wichtiger, dass Transporte dank integrierter Konzepte effizienter und professioneller werden. «Rentable Bedienpunkte Kann man das Modell auch auf andere Unter- nehmen und andere Branchen übertragen? stehen bei unserer Perrin: Im Zentrum steht die Frage, wie man Güter Überprüfung nicht zur so sammeln und bündeln kann, dass sie auf die Bahn gebracht werden können. Beim Getreide oder Diskussion.» bei der Entsorgung und dem Recycling, die bei- Nicolas Perrin, spielsweise auch oft dezentral anfallen, geht es um CEO SBB Cargo AG dasselbe Thema. Transporte können natürlich nicht nur auf Ganzzüge gebündelt werden, sondern Vertrieb qualitativ hochstehender Produkte. Die auch auf Verladepunkte im System-Wagenladungs- Gruppe erwartet zusätzlich, dass wir hier in verkehr. Rentable Bedienpunkte mit täglichem der Schweiz eine hohe Innovation schaffen, welche Verkehr stehen ja bei unserer Überprüfung nicht dann auch in andere Werke ausstrahlt. Neben zur Diskussion. dem sehr wichtigen Schweizer Markt exportie- ren wir vom Menznauer Standort in über achtzig Besteht die Gefahr, dass durch die Streichung Länder. Insgesamt steuern wir rund 250 Millionen von Bedienpunkten ganze Regionen vom Bahn- Franken zum Gesamtumsatz der Gruppe von transport abgeschnitten werden? 1,8 Milliarden bei. Perrin: Wo es viel Holz gibt, existiert im Allgemei- nem wenig Industrie. Deshalb sind Synergien Herr Perrin, SBB Cargo macht rund zwei Drittel nicht immer einfach zu finden. Dank dem Fokus des Umsatzes in der Schweiz. Im Ausland- auf die effektiven Kundenbedürfnisse und der geschäft (SBB Cargo International) lief es 2017 Flexibilität beider Seiten gelingt es, neue Lösun- wirtschaftlich besser. Hält der Trend an? gen zu finden. Mir ist es aber auch wichtig, dass Perrin: Die Schweiz ist mit kurzen Distanzen und wir in wirtschaftlich starken Regionen mit stabilen Flächenbedienung traditionell ein schwieriger Mengen auch Neues aufbauen und damit wach- Markt. Zudem hat seit 2015 der starke Franken sen. Das ist die beste Garantie, dass wir ein die Deindustrialisierung noch beschleunigt. schweizerisches Netzwerk anbieten können. Im Auslandgeschäft bei SBB Cargo International 14 SBB Cargo 3 | 2018
GIPFELTREFFEN haben wir Herausforderungen wie die Verschär- fung des Wettbewerbs erfolgreich gemeistert. Wir haben aber bei SBB Cargo International die- ses Jahr grosse Herausforderungen und auch weniger Umsatz aufgrund der vielen Baustellen auf der Nord-Süd-Achse sowie akuten Lok- führermangels in Deutschland. SBB Cargo setzt stark auf Digitalisierung. Neu ist es zum Beispiel möglich, Wagen an der Rampe mit dem Handy einzuchecken und auf einer App ihren Sendungsstatus zu verfolgen. Welchen Nutzen bringen diese Anwendungen der Swiss Krono? Mäder: Wir durften in der Pilotphase am Projekt mitarbeiten. Das mobile Einchecken des Bahn- wagens an der Rampe ist für uns sehr hilfreich, da unsere Verlader oft kleine Einzelunternehmer sind, die über keine grosse Infrastruktur verfügen. Da wir keine verderbliche Ware verarbeiten, müssen wir dagegen während des Transports nicht wissen, wo sich ein Wagen befindet. Setzt die Swiss Krono auch auf Digitalisierung? Mäder: Auf jeden Fall, es gibt kein Unternehmen, das nicht mit dieser Frage konfrontiert wird. Für uns besteht die Chance, die Produktion stärker zu automatisieren und die Wertschöpfungstiefe zu erhöhen. Ich denke, dass es in Zukunft auch ganz generell wieder zu einer Rückverlagerung der Produktion in die Schweiz kommen könnte. Konkret heben wir zurzeit in unserer Gruppe die Unternehmenssoftware für Planung und Res- Die Gesprächspartner sourcen auf ein neues Level. Das hilft uns für weitere Digitalisierungsschritte. Man weiss aller- Georg Mäder (53) ist seit April 2018 Chief Sales and dings heute nicht, wo der «Digitalisierungsweg» Marketing Officer (CSMO) in der Konzernleitung genau hinführen wird. der Swiss Krono Group. Seit August 2018 ist er ad interim auch noch Standortleiter der Swiss Krono SBB Cargo hat nach einigen Verzögerungen eine in Menznau LU, des Stammhauses der Gruppe. neue Software zur Personal- und Lokführer- Zuvor war der Chemieingenieur ETH in verschie- planung (CAROS) eingeführt. Bringt diese auch denen Positionen für das Spezialitätenchemie- den Kunden Vorteile? unternehmen Sika tätig. Perrin: Wir setzen in der aktuellen Einführungs- phase alles daran, dass die Kunden nichts von Die Swiss Krono Group hat zehn Werke in acht Län- den Umstellungen auf CAROS merken. Das ist dern (u. a. in Russland und neu in den USA) und für uns eine grosse Herausforderung, die wir stellt Holzwerkstoffe wie Laminate, Spanplatten und nur mit viel Einsatz aller Mitarbeitenden leisten Faserplatten her. Das Familienunternehmen hiess können. Jeder Ersatz von IT-Systemen im Kern bis 2016 Kronospan und machte im Geschäftsjahr der Produktion ist schwierig. Die Software ist eine 2016/2017 einen Umsatz von 1,8 Milliarden Franken. Standardanwendung und wurde nicht mehr ei- gens für uns konstruiert. Auch beim Ersatz der Nicolas Perrin (59) leitet SBB Cargo seit 2007. Buchungssoftware CIS werden wir auf eine Stan- Er gehört der SBB-Konzernleitung an und präsidiert dardanwendung setzen. Dies erlaubt es hoffent- den Verwaltungsrat der Tochter SBB Cargo Inter- lich in Zukunft, unsere IT-Welt direkt mit denjeni- national. SBB Cargo machte im Jahr 2017 einen Um- gen der Kunden zu verknüpfen. satz von 838 Millionen Franken. Perrin ist diplo- mierter Bauingenieur ETH und arbeitet seit 1987 bei Das ganze Interview mit Georg Mäder und der SBB. Er war als stellvertretender Leiter am Nicolas Perrin im Blog: tiny.cc/swiss-krono Bahn-2000-Konzept beteiligt. SBB Cargo 3 | 2018 15
AUF EINEN BLICK Kuppeln leicht gemacht Im Personenverkehr schon lange verbreitet, kommen automatische Kupplungen nun auch im Güterverkehr vermehrt zum Einsatz. Sie versprechen einen Zeitgewinn, weniger körperliche Arbeit und mehr Sicherheit. Das Kuppeln erfolgt durch langsames Zusammen- fahren und das Entkuppeln durch einen Handgriff aussen am Wagen. Text: Alexander Jacobi Infografik: Pia Bublies Schraubenkupplung Automatische Kupplung Herkömmliche Güterwagen werden mit einer Zur Effizienzsteigerung testet SBB Cargo automatische Schraubenkupplung miteinander verbunden. Kupplungen. Sie sind rein mechanisch (nichts Elektrisches). Kuppeln und Entkuppeln wie auch das Verbinden Beim Kuppeln werden auch die Druckluftleitungen der der Druckluftleitung erfolgen manuell. Das ist Wagenbremsen verbunden. Das Kuppeln erfolgt durch Zu- eine langwierige, schwere körperliche Arbeit. sammenschieben der Wagen. Zum Entkuppeln muss ein Kabelzug manuell betätigt werden. Griff für die Entkupplung Druckluftleitung Kupplungsvorgang 0,6 bis 5 km/h Langsames Zusammenschieben Zugabfertigung via Tablet Automatische Kupplung und automati- sche Bremsprobe machen es möglich und sind entscheidende Elemente des angestrebten Ein-Personen-Betriebs. 16 SBB Cargo 3 | 2018
AUF EINEN BLICK Pilotversuch 105 Güterwagen Start Pilotversuch mit mit automatischer automatischer Kupplung im kombinierten Verkehr Kupplung ausgestattet und automatischer Brems- probe an fünf Terminals Test Hybridkupplung 12 Streckenlokomotiven Re 420 des kombinierten Verkehrs am Rangierbahnhof Basel und 10 Rangierlokomotiven Am 843 (via den Hub Dottikon) mit allen Fahrzeugtypen mit Hybridkupplung ausgerüstet Aug Sep Okt Nov Dez Jan 2018 2019 Hybridkupplung Die Lokomotiven werden mit einer sogenannten Hybrid- kupplung ausgestattet. Das ist eine Kombination einer automatischen mit einer Schraubenkupplung. Dadurch kann eine Lok Wagen mit beiden Kupplungsarten an- hängen. Bei der Hybridkupplung lässt sich die automati- sche Kupplung mithilfe einer Elektrowinde nach oben wegklappen, worauf die Schraubenkupplung zum Einsatz Elektro- kommen kann. winde Lok Elektro- winde Lok Stellung Schraubenkupplung Automatikkupplung angehoben Stellung Automatikkupplung Automatikkupplung abgesenkt Vorwärts. Vorwärts. Unterwegs mit automatischer Kupplung und Bremsprobe: effizient und sicher. SBB CFF FFS Cargo Unterwegs mit automatischer Kupplung und Bremsprobe: effizient und sicher. SBB CFF FFS Cargo SBB Cargo 3 | 2018 17
INNOVATION Blick aus der Lok: Zwei Werksmitarbeiter montieren die neue Hybridkupplung. Hybridgekuppelt – schneller bereit Von der Einführung neuer Hybridkupplungen verspricht sich SBB Cargo schnellere Prozesse, attraktivere Arbeitsbedingungen und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Strassenverkehr. Im Industriewerk Bellinzona ist der Einbau dieser Kupplung bereits in zwölf Streckenlokomotiven erfolgt. Text: Robert Wildi Fotos: Claudio Bader 18 SBB Cargo 3 | 2018
INNOVATION I n Bellinzona steht mitten in der Stadt eines in das im Februar 2019 offiziell anlaufende Pilot- von vier SBB-Industriewerken. Wir haben projekt «Automation im kombinierten Verkehr» im Rahmen eines Werkrundgangs soeben involviert. Die Stichworte zum Konkurrenzdruck die Lackierhalle betreten, in der verbleichte Loks von der Strasse liefert er gleich mit: Elektromobi- und Bahnwagen einen neuen Anstrich bekom- lität, selbstfahrende Fahrzeuge und immer mehr men. Insgesamt fast 400 Arbeiter, Ingenieure, Lastwagenchauffeure aus EU-Oststaaten mit Mechaniker, Schlosser, Lackierer und Büroange- niedrigen Lohnkosten. stellte gehen im Industriewerk ihrem täglichen Da müsse die Bahn dagegenhalten, ist Lo Pic- Job nach. Es herrscht eine geschäftige und gleich- colo überzeugt. Der Einsatz moderner Technologi- wohl entspannte Atmosphäre an diesem sonnigen en könne für SBB Cargo neue Potenziale freisetzen, Spätsommermorgen. Die mit orangen Sicherheits- um die Produktivität zu steigern. Konkret sollen im westen bekleideten Männer und wenigen Frauen Rahmen des Pilotprojekts durch gezielte Innovatio- sind auf ihre Aufgaben konzentriert. In Bellinzona nen am Rollmaterial sowie eine Vereinfachung der findet überwiegend die «schwere Instandhaltung» Betriebsabläufe die Transportqualität und die Leis- des Rollmaterials von SBB Cargo statt. Ob Loko- tungsfähigkeit gesteigert werden. «Im Fokus stehen motiven oder Güterwagen: Jedes Schienengefährt wird hier im Mehrjahresrhythmus von A bis Z zer- legt, geprüft, repariert und so für weitere Einsatz- jahre auf Vordermann gebracht. Im vierten Quartal 2018 zirkulieren in auffallen- der Häufigkeit zwölf Streckenloks Re 420 aus den 1970er-Jahren im Tessiner Werk. Ihnen wird eine Die USA und Russland kuppeln ganz besonders intensive Behandlung zuteil: Ihre alten Kupplungen werden durch moderne Hybrid- schon automatisch kupplungen ersetzt. Damit können die Loks sowohl an Güterwagen mit automatischer Kupplung als Europa ist im Bereich des Motivation für die Um- auch an solche mit der alten Schraubenkupplung an- automatischen Kuppelns stellung in den beiden Län- docken. Im Juli 2018 hat der Umbau der ersten Lok von Güterzügen ein Dritt- dern hat aber nicht in begonnen. Jeweils für zwei bis drei Arbeitswochen weltkontinent. Aufgrund erster Linie mit Betriebs- machen sich permanent zwei Arbeiter an ihr zu föderaler Strukturen mit und Kosteneffizienz zu schaffen – bohren, schweissen, montieren, lackieren. Dutzenden von Staats- tun, sondern vor allem mit bahnen konnte man sich in Sicherheitsfragen (USA) Neue Kupplungen für alte Loks der Vergangenheit trotz und dem überwiegenden Die neuen Hybridkupplungen hat SBB Cargo im mehrerer Anläufe nicht auf Einsatz von langen und Dezember 2017 bei der deutschen Herstellerfirma einen gemeinsamen Stan- schweren Zügen (Russ- Voith GmbH bestellt. Zusammen mit dem Einbau dard und einen Migrations- land). Mit dem schweizeri- in die zwölf Loks ergeben sich Gesamtkosten von plan einigen. SBB Cargo ist schen Einzelwagen- rund 2 Millionen Franken. Der hohe finanzielle mit den bevorstehenden ladungsverkehr ist dies und zeitliche Initialaufwand, um Güterwagen in Testreihen für den produk- kaum vergleichbar. Zukunft automatisch statt von Hand zu kuppeln, tiven Einsatz eine Vorreite- Erfahrungen aus den USA ist gleichwohl mehr Pflicht als nur Wunsch. «Der rin. Anders die USA und und Russland können Wettbewerbsdruck vonseiten der Strasse steigt Russland, wo Güterzüge deshalb nicht in das Pilot- permanent», erklärt Fabio Lo Piccolo, der uns auf schon länger automatisch projekt Automation von unserem Werksbesuch begleitet. Als Mitarbei- gekuppelt werden. Die SBB Cargo einfliessen. ter im Geschäftsbereich Asset Management und Transformation von SBB Cargo ist Lo Piccolo stark SBB Cargo 3 | 2018 19
INNOVATION Rund 2 Millionen Franken lässt sich SBB Cargo die Innovation und den Einbau kosten. Eine von zwölf: Diese Lok Re 420 erhält eine Vor der Montage Hybridkupplung. wird die Oberfläche der Lokomotive zu- nächst abgeschliffen. Genügend Mitarbeitende dank Ein-Personen-Betrieb Die Innovationen automatische Kupplung und automatische Bremsprobe sind zentrale Elemente auf dem Weg zur Einführung des Ein-Personen-Betriebs beim Rangieren. Dieser verspricht nicht nur einen wesentlichen Zeitgewinn, sondern dürfte auch – wegen des attraktiveren Berufsbilds mit weniger kör- perlicher Arbeit – das Nachwuchsproblem von SBB Cargo bei den Rangiermitarbeitenden entschärfen. 20 SBB Cargo 3 | 2018
INNOVATION Fast geschafft: Die neue Kupplung muss nur noch fest- geschraubt werden. Rechts: Fabio Lo Piccolo, Mitarbeiter Asset Management und Transformation bei SBB Cargo. dabei die Elemente automatische Kupplung, auto- schen Kupplung weg, was negative gesundheit- matische Bremsprobe und teilautonome Rangier- liche Langzeitfolgen verhindert. Der Lokführer lok», fasst Lo Piccolo zusammen. kann beim Kuppeln künftig sogar in seinem Füh- rerstand bleiben. Mehr Komfort für Kunden und Mitarbeitende Die Implementierung neuer Technik in bald Neuer Elan im Wettbewerb mit der Strasse fünfzigjähriges Rollmaterial ist indes nicht ganz Auch für die Kunden soll der Alltag komfortabler einfach. So seien die Re-420-Lokomotiven von werden. Die schnellere Zustellung des Rollmateri- SBB Cargo eigentlich nicht für die Aufnahme hap- als könnte für SBB Cargo Freiräume schaffen, um piger Stosskräfte über die Mitte der Fahrzeugfront den Kunden zusätzliche oder gar neue Verbindun- (statt über die Puffer) konstruiert, wie sie nach dem gen anzubieten. Einbau der neuen Hybridkupplungen bei entspre- Gesunde Mitarbeitende und zufriedene Kun- chenden Manövern wirken werden. «Allein die den: Automatisierung und Digitalisierung können Bewältigung dieser Herausforderung mithilfe di- dem Schienengüterverkehr neue Instrumente in verser Nachbesserungen hat unsere Topingenieu- die Hand geben, um den Wettbewerb mit der Stras- re während längerer Zeit beschäftigt und diverse se gestärkt in Angriff zu nehmen. Anfang 2019 sol- Köpfe zum Rauchen gebracht», erzählt Lo Piccolo. len fünf Terminals und Loks mit der automatischen Die intensive Vorarbeit dürfte sich dereinst be- Kupplung und der automatischen Bremsprobe aus- zahlt machen. So soll sich die Abfertigung eines Gü- gerüstet und für erste Testfahrten bereit sein. Fabio terzugs künftig mit nur noch einer Person realisieren Lo Piccolo: «Mitte 2019 werten wir die ersten Erfah- lassen. Neben Personalkosten kann damit auch wert- rungen aus und schauen dann, wie es weitergeht.» Es volle Zeit eingespart werden. «Die Zugvorbereitung gibt viel zu tun in Bellinzona. Dass entsprechend an- dürfte künftig deutlich schneller realisierbar sein», gepackt wird, spürt man als Besucher. ist Lo Piccolo überzeugt. SBB Cargo sieht sich auch als Arbeitgeberin in der Pflicht. «Berufe wie Rangierer oder Lokfüh- rer verlieren seit Jahren an Attraktivität, wogegen wir mithilfe der Automation ankämpfen wollen», sagt Lo Piccolo. Das manuelle Anheben der schwe- ren Schraubenkupplung fällt bei einer automati- SBB Cargo 3 | 2018 21
GRENZÜBERSCHREITEND Nahtloser Schienengüterverkehr in Europa Xrail ist die europäische Allianz im Einzelwagenverkehr. Was bringt diese Kooperation von sechs Güterbahnen? Text: Alexander Jacobi i Xrail – was ist das? Xrail ist eine Produktionskooperation sechs europäischer Güterbahnen: • SBB Cargo (Schweiz) • Lineas (Belgien) • CFL cargo (Luxemburg) • DB Cargo (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Norditalien) • Rail Cargo Group (Österreich, Ungarn, Nordostitalien) • Green Cargo (Schweden, Norwegen) Wie ist Xrail entstanden? Was bringt Xrail dem Kunden? Die Idee der Allianz Xrail wurde 2007 So sollen die Kunden dank Xrail beim grenzüberschreiten- unter der Leitung des Internationalen den europäischen Einzelwagenladungsverkehr profitieren: Eisenbahnverbandes UIC in Paris lan- • Planbarkeit: Die Allianzmitglieder geben ihren Kunden ciert. Anfang 2010 wurden die Allianz bei der Transportbuchung stets die geplante Ankunfts- Xrail und deren Servicegesellschaft zeit (Estimated Time of Arrival, ETA) bekannt. mit Hauptsitz in Brüssel gegründet. • Zuverlässigkeit: Sendungen im internationalen Wagen- Das Ziel: den europäischen Einzel- ladungsverkehr sollen stets entsprechend der geplanten wagenladungsverkehr kundenfreund- Ankunftszeit durchgeführt werden. licher, effizienter und wettbewerbs- • Transparenz: Xrail-Allianzpartner stellen den Kunden fähiger zu machen. vor, während und nach dem Transport Informationen zur Verfügung. 22 SBB Cargo 3 | 2018
GRENZÜBERSCHREITEND Wie werden die Buchungssysteme verknüpft? • Phase 1: Die Buchungssysteme von SBB Cargo, Lineas, CFL cargo und der Rail Cargo Group sind über einen sogenannten Broker (eine IT-Plattform) miteinander verbun- den. Anfang 2019 werden Arbeiten aus der Projektorganisation an die Linienorganisation übergeben. • Phase 2: In einer zweiten Phase soll DB Cargo Deutschland einbezogen Wie wird Xrail werden. Anfang 2019 startet dazu ein genutzt? Pilotversuch. Ab 2021 soll der Betrieb operativ sein. Beispiele für heutige Warenströme via Xrail: • Handelsgüter für den täglichen Bedarf, z. B. Kaffee, Mineralwasser und Papierwaren • Holz, Getreide und Produkte zur Wiederverwertung (wie Schrott und Glas) von und nach Österreich • Kombinierter Verkehr von und nach den belgischen Häfen sowie von und nach Luxemburg Welches sind die Herausforderungen? • Starker Wettbewerbsdruck durch kostengünstige LKW-Transporte • Strengere regulatorische Anforde- rungen an die Schiene im Vergleich zur Strasse Wer führt Xrail? • Verstärkter Wettbewerb auch auf der Schiene durch kombinierten Die Xrail AG ist die Servicegesellschaft Verkehr und Ganzzüge der Allianz mit Hauptsitz in Basel. • Begrenzte Verfügbarkeit der Infra- Das Xrail-Team besteht aus vierzehn struktur wegen Priorisierung des Mitarbeitenden sowie externen Exper- Personenverkehrs, Bauarbeiten usw. ten aus ganz Europa: • Sassan Rabet Chief Executive Officer • Markus Lund Chief Information Officer • Andreas Lipka Chief Operating Officer Mehr zu Xrail unter: xrail.eu SBB Cargo 3 | 2018 23
KUNDENSICHT Viel Platz für smarte Ideen Der Basler Güterbahnhof Wolf soll ab 2024 zum smartesten Areal der Schweiz werden. Ein Hauch Zukunft weht hier schon heute durch die Lagerhallen: Im «Smart City Lab» werden Logistiklösungen für morgen entwickelt. Zwei Firmen sind bereits eingezogen. Text: Katharina Rilling Fotos: Markus Senn 24 SBB Cargo 3 | 2018
KUNDENSICHT D er alte Güterbahnhof hier, laut und staubig, mit seiner mehr als hundertjährigen Tradition, mit seinen riesigen Hallen, zweckmäs- sigen Logistikbüros, seinem Terminal für den kombinierten Verkehr und all seinen Lastwagen im Freien – dieser unwirtliche Ort aus einer vergange- nen Zeit, er soll zukunftsweisend wer- den, smart, gar zum Wohnen einladen. An der Umsetzung dieses visionären Mammutprojekts arbeitet man in Basel gerade mit Hochdruck. Der Güter- umschlag Wolf – er befindet sich zwi- schen dem Stadion St. Jakob und der Autobahnhausfahrt Basel City – soll schon ab 2024 zum smartesten Areal der Schweiz werden. Wie das konkret aussehen soll, ge- winnt erst langsam an Form. Fest steht: Durch Digitalisierung sollen Infrastruk- turen vernetzt und städtische Abläufe Diese Hallen sollen effizienter werden. Der Ressourcen- zum inspirieren- den Ort für innova- verbrauch soll trotz steigender Bevöl- tive Unternehmen kerungszahl sinken, die Lebensqualität werden. steigen. «Die ersten Schritte sind getan. Die SBB als Grundeigentümerin des Areals und der Kanton Basel-Stadt unter- zeichneten im April 2018 eine Planungs- vereinbarung für das Projekt», sagt Anja Riedle. Sie ist die Person, die aus der Vi- Vision ist, dass wir im Lab innovative nend für das Smart City Lab sind etwa sion Wirklichkeit werden lassen soll: Sie Firmen zusammenbringen und dadurch Ideen aus den Bereichen Infrastruk- trägt die Verantwortung für das konzern- unterschiedlichste Technologien für die tur, Elektromobilität, Urban Gardening weite SBB-Programm «Smart City». spätere Smart City entstehen.» oder Energie. Der Fantasie sind hier fast Zwei Firmen – ein Technologie- und keine Grenzen gesetzt. «Im Moment Das Labor – für die Logistik Logistikunternehmen sowie ein Velo- stehen aber klar Mobilität und Logistik der Zukunft im Fokus», so die Projektleiterin. Anja Riedles Job ist nicht einfach. Doch auch den zweiten Schritt Richtung Smart City sind Riedle und ihr Team ge- «Basel Wolf wird in Skepsis unter Logistikern Trotzdem: Es herrscht in der Logistik- meinsam mit dem Kanton Basel-Stadt Zukunft als Logistik- branche Skepsis gegenüber dem Ent- schon angegangen: Es wird eine Art wicklungsprojekt Basel Wolf. Befürchtet Laboratorium auf dem Gelände einge- standort noch wird, dass die Gewerbenutzung zurück- richtet, das sogenannte Smart City Lab. wichtiger werden.» gehen könnte. Kein Wunder: Von den «Das ist eine Zwischennutzung, welche 160 000 Quadratmetern Fläche bleibt Stefan Gerber, Berater Strategie und Projektleiter die städtebauliche Phase einleiten soll», bei SBB Cargo weniger als die Hälfte für die Logistik- erklärt Riedle. Hier können Unterneh- nutzung reserviert. men freistehende Flächen und Räum- Die Bedenken werden ernst genom- lichkeiten vorübergehend mieten. Sie kurier – sind bereits eingezogen (siehe men: Man setzt auf Partizipation, bezog sollen konkrete Lösungen für den Stadt- Kästen S. 26/27). Und rund sechzig Be- von Beginn weg verschiedene Stakehol- teil der Zukunft – nicht nur in Basel, son- werbungsdossiers liegen auf Riedles der und alte Mieter mit ein. Stefan Ger- dern schweizweit – entwickeln. «Unsere Pult und warten auf ihre Prüfung. Span- ber, Berater Strategie und Projektleiter SBB Cargo 3 | 2018 25
KUNDENSICHT Vergangenheit und Zukunft: Der alte Güterbahnhof wird transformiert, erste Mieter sind eingezogen. Die Velokuriere der innovativen Rikscha Taxi Schweiz AG liefern bereits heute vom Smart City Lab aus. bei SBB Cargo, ist aber überzeugt: «Basel SBB Cargo langfristig von neuen, noch notime AG: Wolf wird in Zukunft als Logistikstand- ort noch wichtiger werden. Das Smart effizienteren Verfahren profitierten, um Waren in den grossen Schweizer «Wir sind angetan City Lab fokussiert nämlich stark auf die Ballungszentren zu transportieren – von der Idee.» Logistik und die künftigen Anforderun- man nennt dies «City-Logistik». gen an diese.» Dadurch, dass Konzepte Und nun? In einem nächsten Schritt «Wir hoffen, dass hier ein rich- im Bereich urbane Ver- und Entsorgung sollen die städtische Feinverteilung mit tiger Logistik-Hotspot geschaf- getestet würden, gewinne die Logistik der Anlieferung per Bahn verknüpft fen wird, und sind angetan von an Know-how und profitiere von er- und neue Umschlagstechnologien ge- der Idee», sagt Berko Sierau, höhter Aufmerksamkeit. «Das Lab bietet testet werden. Dabei wird es besonders Head of Research bei der notime durch die hervorragende bahn- und wichtig sein, Logistiker mit Technolo- AG. Die junge Technologie- strassenseitige Anbindung ideale Vor- gieunternehmen zusammenzubringen. und Logistikfirma gehört zu den aussetzungen für die Tests. Es zeigt sich «Genau hier liegt der grosse Vorteil des ersten Mietern im Smart City schon jetzt, dass dies von den Kunden Smart City Lab», meint Gerber eupho- Lab und betreibt eine IT-Platt- sehr geschätzt wird.» risch. «Verschiedene Firmen entwickeln form für smarte, digitale und Kollegin Anja Riedle ergänzt: «Areal- und testen gemeinsam neue Ideen. Sol- grüne City-Logistik. notime wid- entwicklungen, bei denen ehemalige Ge- che Konzepte bilden das Fundament, met sich vom Wolf-Areal aus der werbeareale in eine Mischnutzung über- um in Zukunft trotz überbeanspruch- smarteren logistischen Fein- gehen sollen, sind immer heikel. Aber ter Infrastrukturen effizientere Logis- verteilung in Basel mithilfe von eine Gewerbenutzung lässt sich ja heute tikprozesse zu realisieren. Denn: Nur Lastenvelos. Die Plattform auch effizienter ansiedeln.» Ausserdem gemeinsam können die grossen Her- ermöglicht es Online-Händlern, sei das Wolf-Areal bahnbetrieblich un- ausforderungen der Zukunft gemeis- die gesamte Prozessplanung – ternutzt gewesen. Sie verweist auch da- tert werden.» von der Bestellung im Online- rauf, dass die Logistiknutzung teilweise Shop bis zur Lieferung der Ware umquartiert werde: «Es entsteht ein – vollständig zu automatisieren. neues Logistikareal, das Gateway Basel notime holt die Ware beim On- Nord beim Rheinhafen. Dorthin wird der line-Händler ab, transportiert internationale Containerverkehr verla- sie mit dem Zug in Partnerschaft gert werden.» mit der SBB in die Stadt und Fakt sei, so sind sich Riedle und nimmt mit Lastvelo-Kurieren Gerber einig, dass die Kunden von die Feinverteilung vor. 26 SBB Cargo 3 | 2018
KUNDENSICHT Tiefer geblickt Rikscha Taxi: gen werden räumlich von- einander getrennt sein, etwa «Wir wollen die durch einen Mobilitäts- City-Logistik Anja Riedle verantwortet das konzernweite SBB-Programm Hub, eine Art Bahnhof 2.0. revolutionieren.» «Smart City». Sie schauen sich Smart City Labs auf der ganzen Warentransporte per Elektro- «Man darf sich Welt an. Wo steht die Rikscha? Für die Rikscha Taxi Schweiz im internationalen Schweiz AG ein Kinderspiel. auf der Lebens- Vergleich? Das Start-up befördert mit qualität nicht Die Schweizer geniessen eine einem standardisierten modu- laren Containersystem und ausruhen» sehr hohe Lebensqualität. Da- durch ist es schwieriger, den eigens entwickelten Cargo- Handlungsbedarf zu vermit- Rikschas (Ladevolumen: 1,8 m3) Das Wolf-Areal in Basel soll teln, als in anderen Ländern, Waren bis zu einem Gewicht zum smartesten Areal der in denen Städte effizienter von 270 Kilogramm. Die von den Schweiz werden. Warum wur- werden müssen – Not macht Firmenkunden per Bahn und de es ausgewählt? erfinderisch. Aber langsam LKW angelieferten Waren wer- Das Areal ist riesig (160 000 m2 ) kommt das Thema auch in der den in den von Rikscha Taxi be- sowie quartierähnlich und be- Schweiz in Schwung und triebenen City-Hubs samt Con- findet sich in Stadtnähe. Daraus erhält auf allen politischen tainer auf die Elektro-Rikschas einen smarten Stadtteil ent- Ebenen die nötige Aufmerk- umgeladen und gelangen so auf wickeln zu können, ist für uns samkeit. Mit der Gründung nachhaltigem und schnellstem eine einmalige Chance. des neuen Smart City Hub Weg in die Innenstädte zu den Switzerland wurde zudem eine Kunden. Dieser Umschlag findet Wieso ist im Güterbahnhof Austauschplattform ins Leben nun auch beim Smart City so viel Fläche frei? gerufen. Lab statt. «Für uns ist Basel ein Die Logistiknutzung wird teil- Musterstandort», sagt Ge- weise umquartiert: Es entsteht ein Brauchen wir hier über- schäftsführer Pascal Nydegger. neues Logistikareal, das Gate- haupt smarte Städte? «Gemeinsam mit anderen way Basel Nord. Dorthin wird der Man darf sich nicht auf der Firmen im Lab möchten wir die internationale Containerverkehr hohen Lebensqualität Stadt Basel im Bereich City- verlagert, der nationale verbleibt ausruhen. Auch bei uns sind Logistik vorantreiben.» Seine auf dem Wolf-Areal. 60 000 Qua- Städte herausgefordert, Vision: «Wir wollen in den dratmeter bleiben dort aber für da die Bevölkerung wächst nächsten Jahren die City-Logis- die Logistiknutzung reserviert. und die Urbanisierung tik in den Schweizer Städten Es ist spannend, einen Güter- zunimmt. Europa – mit Alt- revolutionieren.» bahnhof mit einem Wohnquartier städten, begrenztem Raum in Einklang zu bringen. und Denkmalschutz – hat es nicht leicht. Wie verdichtet Möchten Sie direkt auf einem man Städte, und zwar so, Güterbahnhof leben? dass Lebensqualität und Ich würde schon auf dem Wolf- Stadtbild erhalten bleiben? Areal einziehen! Es ist superzen- Sogar auf dem Wolf-Areal tral gelegen. Man wird ja nicht haben wir denkmal- direkt auf den Gleisen wohnen, geschützte Gebäude. An die- denn die verschiedenen Nutzun- sen Fragen sind wir dran. SBB Cargo 3 | 2018 27
Sie können auch lesen