EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics

 
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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
W IR B R I N G E N
E UCH K  L A  S S I K

                   018/19 Z Ü R I C H
P   R O G R A M M 2
Ge n f · L u z e rn
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
E N T- C L A S S I C S
                                                                                                           L T  U R P R O  Z
                                                                                               MIGROS-K/1U9 in der Tonhalle Maag Zürich
                                                                                                             8
                                                                                               Pr ogr amm 201

                                                                                               Donnerstag, 25. Oktober 2018 – Abo I   Mittwoch, 20. März 2019 – Abo II
                                                                                               ROTTERDAM PHILHARMONIC                 ROYAL STOCKHOLM
                                                                                               ORCHESTRA                              PHILHARMONIC ORCHESTRA
                                                                                               Lahav Shani (Leitung)                  Sakari Oramo (Leitung)
                                                                                               Pinchas Zukerman (Violine)             Martin Fröst (Klarinette)
                                                                                               → Seite 10                             → Seite 30

                                                                                               Dienstag, 27. November 2018 – Abo II   Dienstag, 9. April 2019 – Abo I
                                                                                               UNGARISCHE                             CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE
                                                                                               NATIONALPHILHARMONIE                   Leonidas Kavakos (Leitung und Violine)
                                                                                               Zsolt Hamar (Leitung)                  → Seite 36
                                                                                               Louis Schwizgebel* (Klavier)
Inhaltsverzeichnis                                                                             → Seite 16                             Sonntag, 26. Mai 2019 – Abo II
                                                                                                                                      CITY OF BIRMINGHAM
Migros-Kulturprozent-Classics . . . . . . . . . . . . .                                    3   Samstag, 26. Januar 2019 – Abo I       SYMPHONY ORCHESTRA
Vorwort      .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                        4–5   CHINA PHILHARMONIC ORCHESTRA           Mirga Gražinytė-Tyla (Leitung)
Zum Programm  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                          6–7   Tan Dun (Leitung)                      Yuja Wang (Klavier)
Ein nachhaltiges Engagement      . . . . . . . . . . . . .                                 8   → Seite 22                             → Seite 42
Unsere Stars von morgen      . . . . . . . . . . . . . .                                   9
Konzert 1: Rotterdam Philharmonic Orchestra     .  .  .  .  .  .  .  .  .  .           10–15
Konzert 2: Ungarische Nationalphilharmonie   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .     16–21
Konzert 3: China Philharmonic Orchestra  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               22–29
Konzert 4: Royal Stockholm Philharmonic Orchestra  .   .   .   .   .   .   .   .   .   30–35
Konzert 5: Chamber Orchestra of Europe   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .     36–41
Konzert 6: City of Birmingham Symphony Orchestra  .   .   .   .   .   .   .   .   .    42–47
Abos und Karten       . . . . . . . . . . . . . . . .                                  48–49
Saalplan Tonhalle Maag Zürich  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                   50–51
Tourneen und Einzelkonzerte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                  52–53   *Schweizer Solist

                                                                                                                                                                               3
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
V O R W O R T
Sehr geehrte Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber

Die Migros-Kulturprozent-Classics starten in die 70. Saison – mit dem Ziel, grosse            Gleich zwei unserer Tournee-Stationen investieren in die umfassende Modernisierung
Klassik dank moderaten Preisen einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen.         Ihrer Häuser: Das Kultur Casino Bern und die Tonhalle Zürich. Für Sie, geehrte Freundinnen
Dieses Ziel geht zurück auf den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler: Er wollte, dass           und Freunde der Musik, bedeutet dies temporär einen Ausflug mit unseren Extrazügen
auf wachsenden Wohlstand stets noch grössere soziale und kulturelle Leistungen folgen.        nach Luzern, oder das Kennenlernen der neuen Tonhalle Maag. So oder so: Ich freue mich
Eine Überzeugung, die ich teile, und der das Kulturprozent verpflichtet ist. Umgekehrt        auf spannende Entdeckungen an den kommenden Vorkonzerten sowie auf unvergessliche
geht es uns heute auch darum, einheimische Nachwuchskünstlerinnen und -künstler               Momente mit den grossen Orchestern und mit Ihnen, unserem Publikum.
einem grossen Publikum zu präsentieren. Darum setzen wir die Vorkonzerte fort, die
wir 2017 mit der Reihe «Unsere Stars von morgen» ins Leben riefen.                            Herzlich

Woran liegt es, dass hochkarätige Konzerte noch immer einzigartige Erlebnisse sind?
In einer Zeit, in der fast alles ganz oder teilweise digitalisiert wird, hält die virtuelle
Realität auch in der klassischen Musik Einzug: So lässt sich zum Beispiel Beethovens
5. Symphonie, die nötige Technik vorausgesetzt, mitten in der Walt Disney Concert
Hall und mit einer detaillierten 360-Grad-Sicht auf alle Musikerinnen und Musiker der
Los Angeles Philharmonics erleben. Im eigenen Wohnzimmer.                                                             Hedy Graber
                                                                                                                      Leiterin Direktion Kultur und Soziales
Eine spannende Entwicklung, von der wir noch nicht wissen, wohin sie führt.                                           Migros-Genossenschafts-Bund
Trotzdem stellen wir fest, dass immer mehr Menschen reale Konzerte besuchen.
Auch ich bin überzeugt: Keine virtuelle Projektion ersetzt das echte Musik-
Erlebnis, und sei sie noch so gut. Die Atmosphäre vor, während und nach einem
Konzert ist digital nicht reproduzierbar, weil es um viel mehr geht als die Musik.
Die Begeisterung des Publikums ist nur direkt vor Ort erlebbar – genauso wie die
ganz charakteristischen Eigenschaften eines grossen Konzertsaals.

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G R A M M
Z U M P RO
Verehrtes Publikum

Dass unsere Welt zusammenwächst und dabei auch kulturelle Differenzen eingeebnet             Natürlich kommt auch die Schweiz in der aktuellen Spielzeit von Migros-Kulturprozent-
werden, ist fast schon eine Binsenwahrheit. Gleichzeitig wird der Ruf nach Individualität,   Classics nicht zu kurz, diesmal in Form einer Werk-Hommage. Viele der Sinfoniekonzerte
nach dem persönlichen Profil immer lauter. Das gilt auch für die Musik: Längst ist unsere    enthalten Musik eines eidgenössischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. So widmet
abendländische Klassik auf sämtlichen Kontinenten heimisch – zur Vermittlung aber            sich das City of Birmingham Symphony Orchestra Arthur Honegger, das Royal Stockholm
bedarf es starker Charaktere, Interpreten mit Charisma und Eigenständigkeit. Solchen         Philharmonic Orchestra unter Sakari Oramo spielen Liebermanns hochdramatisches
Persönlichkeiten ist die aktuelle Saison von Migros-Kulturprozent-Classics gewidmet.         «Furioso», ausserdem erklingen Werke von Bloch, Schoeck und dem Wahlschweizer
                                                                                             Sándor Veress.
Zu unseren Gästen gehören Künstler wie der Dirigent Sir John Eliot Gardiner oder der
Geiger Leonidas Kavakos, die in keine Schublade passen. Oder Pinchas Zukerman                Möchten Sie uns auf den weniger ausgetretenen Pfaden klassischer Musik folgen?
und Anne-Sophie Mutter, zwei Geigenlegenden, die sich immer wieder neu erfunden              Wir würden uns sehr freuen!
haben, um nicht in Routine zu starren. Ganz zu schweigen von jungen «Wilden» wie
dem Klarinettisten Martin Fröst, dem Blockflötisten Maurice Steger oder den beiden
Himmelsstürmern am Dirigentenpult, Lahav Shani und Mirga Gražinytė-Tyla. Sie alle
hatten schon früh den Mut, ihren ganz eigenen Weg zu gehen – und wurden belohnt.

Eine andere starke Persönlichkeit ist unserem Publikum bestens bekannt: Valery Gergiev,
der zusammen mit seinem Mariinsky Orchestra Tschaikowskis zauberhafte letzte Oper
«Jolanthe» auf die Konzertbühne bringen wird. Weitere musikalische Highlights sind das
Verdi-Requiem in Luzern, Liszts grosse «Faust-Sinfonie» mit der Ungarischen Nationalphil­                            Mischa Damev
harmonie sowie zum Abschluss der Saison Bachs h-Moll-Messe unter Philippe Herreweghe.                                Intendant
Ganz besonders freuen wir uns auf die Porträt-Tournee mit dem Komponisten und Dirigenten                             Migros-Kulturprozent-Classics
Tan Dun: Als Leiter des China Philharmonic Orchestra wird er in Genf, Zürich und Luzern
eine Auswahl eigener Werke präsentieren.

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
A C H H A LT  I G  E    S                                                                           R E S TA R S V O N
E I N N                                                                                             U N S E
E NG A  G E M E N T      ig r o s - K u lt u r pr o z en t                                          MORGE N
                    es M   usik t    alen t e d
        S c h w e iz e r M
    Die
Talentwettbewerbe                                                                                   In dieser Konzertserie präsentieren wir die besten Studien- und Förderpreisträger Musik des
Das Migros-Kulturprozent fördert begabte Instrumentalmusiker/-innen und Sänger/-innen mit           Migros-Kulturprozent. Entdecken Sie jeweils eine Stunde vor folgenden Migros-Kulturprozent-
Studien- und Förderpreisen. Dank den Studienpreisen können sich diese auf ihre Aus- oder Weiter-    Classics-Konzerten unsere Stars von morgen in einem halbstündigen Rezital: vor allen Konzerten
bildung konzentrieren. Die Förderpreise begleiten sie auf nachhaltige Weise auf ihrem Weg           in Zürich und in Luzern am 28.11.2018, 27.1.2019, 22.3.2019 und 13.5.2019. Ihr Abonnement oder
von der Schule in den Beruf. Sie beinhalten Massnahmen wie die Aufnahme in die Konzertvermitt-      Ihre Konzertkarte berechtigt zum kostenlosen Eintritt.
lung, die Aufschaltung eines Profils auf der Online-Talentplattform des Migros-Kulturprozent und
die Unterstützung bei der Promotion. Ziel ist es, Nachwuchstalenten einen optimalen Karrierestart

                                                                                                                                                                           da
zu ermöglichen.

                                                                                                                                                                           © Clive Bar
                                                                                                                                       melli
www.migros-kulturprozent.ch/talentwettbewerbe

                                                                                                                                        © Giorgio Bal
                                                                                                    Bajovic
www.migros-kulturprozent.ch/talentplattform/talente-kuenstler

                                                                                                     © Natalija
Kammermusik-Wettbewerb
Alle zwei bis drei Jahre veranstaltet das Migros-Kulturprozent einen öffentlichen Kammermusik-
wettbewerb zur Förderung junger Kammermusik-Ensembles. Die drei Finalisten-Ensembles werden
in die Konzertvermittlung des Migros-Kulturprozent aufgenommen. Das Preisträger-Ensemble                                                                                                 Marie Lys
erhält zudem ein Preisgeld von 10 000 Franken sowie die Ernennung zum «Migros-Kulturprozent-                                                                       chke
                                                                                                                                                        Paul Hands
Ensemble». Diese Auszeichnung beinhaltet ein umfassendes Förderpaket.                                                            nus
                                                                                                                    Jérémie Co

                                                                                                                                                                           nn
                                                                                                                                                                           © Ana Hofma
www.migros-kulturprozent.ch/kammermusikwettbewerb

                                                                                                                                       jzenbeek
                                                                                                                                         © Sar ah Wi
                                                                                                    ego
                                                                                                     © Jasmin Son
Konzertvermittlung
Das Migros-Kulturprozent übernimmt im Rahmen seiner Konzertvermittlung zwei Drittel des
Honorars von ausgewählten Studienpreisträgern/-innen und Kammermusik-Ensembles. Damit
ermöglicht es den Konzertveranstaltern/-innen, zu bescheidenen Konditionen qualitativ anspruchs-
volle Konzerte mit Schweizer Musiktalenten anzubieten. Die Musikerinnen und Musiker ihrerseits                                                                                                         ler
                                                                                                                                                                                         Fabian Zieg
können so ihre Konzerterfahrung erweitern und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen.                                                                                         nk
                                                                                                                                                        A nton Spro
www.migros-kulturprozent.ch/konzertvermittlung
                                                                                                                    A nna Nero

8                                                                                                                                                                                                            9
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
Konzert 1 – Abo I
© Hans van der Woerd

                                                       Tonhalle Maag Zürich Rotterdam Philharmonic Orchestra
                                          Donnerstag, 25. Oktober 2018, 19.30 h Lahav Shani (Leitung)
                                          		 Pinchas Zukerman (Violine)

                                                           Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                               Programm

                                                        Ernest Bloch (1880–1959)
                                                                 Hiver– Printemps,
                                                     deux poème pour orchestre (12')

                                                     Max Bruch (1838–1920) Allegro moderato
                                          Violinkonzert Nr. 1 g-Moll, op. 26 (24') Adagio
                                          		                                       Finale. Allegro energico

                                                                                  Pause

                                           Johannes Brahms (1833–1897) Allegro non troppo
                                            Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98 (40') Andante moderato
                                          		                                    Allegro giocoso
                                          		 Allegro energico e passionato

                            Lahav Shani

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
PR O G R A M M
Ko n z e r t 1

Ernest Bloch (1880–1959)                            begründete seinen internationalen Ruhm, ver-         Johannes Brahms (1833–1897)
Hiver–Printemps, deux poèmes pour                   drängte aber alles, was er bis dahin geschaffen      Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98
orchestre                                           hatte, und selbst alles, was er in Zukunft noch      Johannes Brahms vertritt in der
Ernest Bloch wurde 1880 in Genf geboren, stu-       schuf. Während seines langen Lebens bis ins          Sinfoniegeschichte des 19. Jahr-
dierte aber bereits als 14-Jähriger Geige in        20. Jahrhundert und in die Anfänge der Atonali-      hunderts die eher traditionell-
Paris und später Komposition in Frankfurt und       tät hinein blieb Max Bruch ein Konservativer, der    konservative Richtung, die im Dis-
München. 1904 kehrte er nach Genf zurück,           alle Neuerungen der neudeutschen Schule um           kurs um eine neue Musik in der
wo er seine einzige Oper, «Macbeth», kompo-         Franz Liszt und Richard Wagner bekämpfte und         2. Jahrhunderthälfte – ganz beson-
nierte, deren Tonsprache deutlich von der           auch gegen Richard Strauss polemisierte. Wäh-        ders vom Wortführer und Kritiker
Musik Debussys beeinflusst ist. Dies gilt auch      rend Bruch Ende der 1860er-Jahre als ein führen-     Eduard Hanslick – gerne gegen die
für die 1905 entstandenen «Deux poèmes              der deutscher Musiker gefeiert und in seiner         sogenannte neudeutsche Schule aus-
pour orchestre», zwei sinfonische Dichtungen.       Wirkung gar über Brahms gestellt wurde, war er       gespielt wurde. Die vierte Sinfonie
«Hiver» (Winter) ist ein schwermütiger, von         gegen Ende seines Lebens völlig vereinsamt und       ist gleichsam Gipfel und Summe des
bohrender Trauer geprägter Satz. «Printemps»        wurde als seltsamer Kauz belächelt. Das Werk         orchestralen Œuvres von Johannes
(Frühling) ein lebensbejahendes Gegenstück.         entstand aufgrund der fast schicksalshaften          Brahms. In ihr kulminiert nochmals                                                    Ernest Bloch
                                                    Begegnung Bruchs mit dem berühmten Geiger            jenes Kompositionsprinzip, welches
Max Bruch (1838–1920)                               Joseph Joachim, aus welcher nicht nur eine           charakteristisch für sein Gesamt­schaffen ist:    Wissenden.» Die gedankliche Konzentration,
Violinkonzert Nr. 1 g-Moll, op. 26                  intensive Arbeitsbeziehung entstand, sondern         die Technik der «entwickelnden Variation», ein    die Verdichtung der motivisch-thematischen
Bei kaum einem anderen Komponisten reduziert        eine fast 40-jährige Freundschaft.                   Verfahren, das aus einem thematischen Kern        Arbeit und die konstruktive Verzahnung der
sich die Erinnerung der Musikwelt derart auf        Auch mit dem fünf Jahre älteren Johannes             durch stete Veränderungen grosse instrumen-       Sätze unter­einander haben hier ein Höchstmass
ein einziges Werk oder gar auf einen Satz wie bei   Brahms verband Bruch anfänglich eine enge            tale Formen hervorbringt. Die 1884/85 ent­        erreicht und widersprechen den Vorstellungen
Max Bruch. Das Adagio aus dem 1. Violinkonzert      Freundschaft. Bruch widmet seine erste Sinfo-        standene Sinfonie, deren Partiturautograph        der Sinfonie als plakative musikalische Bot-
ist bis heute ein absoluter Klassik-Hit und Inbe-   nie Johannes Brahms in Freundschaft und dieser       im Besitze der Allgemeinen Musikgesellschaft      schaft an ein grosses Publikum.
griff der Bruch’schen melodischen Musiksprache,     lobte das Werk mit den Worten: «Die Sinfonie         Zürich ist, verblüffte selbst die treuesten
an Poesie und Schönheit kaum zu übertreffen.        ist wirklich ganz vortrefflich. Mit viel Freude      Brahmsianer durch ihre Variationentechnik, wie
Dieses erste Violinkonzert in g-Moll wurde bald     (und einigem Neid) sehe ich, wie rührig und fleis­   exemplarisch aus einem Brief von Elisabeth von
nach der Uraufführung mit Joseph Joachim als        sig Sie sind.» Erst viel später – 1876 – setzte      Herzogenberg an den Komponisten zu lesen
Solisten am 7. Januar 1868 in ganz Europa zu        auch Brahms als 43-Jähriger zu seinem sinfo­         ist: «Es ist mir, als wenn eben diese Schöpfung
einem Dauerbrenner. Der Name Bruch ist von da       nischen Höhenflug an, dann aber heftig. Er über-     zu sehr auf das Auge des Mikroskopikers berech-
an mit diesem Konzert verbunden und daran hat       flügelte Bruch sogar und drängte den Kollegen        net wäre, als wenn nicht für jeden einfachen
sich bis heute wenig geändert. Für Bruch bedeu-     in die Verlierer-Ecke. Die Freundschaft wurde        Liebhaber die Schönheiten offen da lägen, als
tete das Konzert Fluch und Segen zugleich. Es       sehr getrübt und brach schliesslich.                 wäre es eine kleine Welt für die Klugen und

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INTE R P R E T E N                                                                                   Lahav Shani
                                                                                                     Die erfolgreiche Teilnahme am Gustav-Mahler-         unterricht bei Hannah Shalgi und setzte seine
Ko n z e r t 1                                                                                       Dirigentenwettbewerb 2013 brachte dem jungen         Ausbildung an der Buchmann-Mehta School of
                                                                                                     israelischen Pianisten und Dirigenten Lahav          Music in Tel Aviv fort. Es folgten ein Dirigier-
                                                                                                     Shani den internationalen Durchbruch und damit       studium bei Prof. Christian Ehwald und ein Kla-
                                                                                                     die Einladungen, als Dirigent mit bedeutenden        vierstudium bei Prof. Fabio Bidini an der Hoch-
                                                                                                     Orchestern zu arbeiten, darunter mit dem Israel      schule für Musik «Hanns Eisler» in Berlin. In den
                                                                                                     Philharmonic Orchestra, dem Rundfunk-Sinfonie­       letzten Jahren wurde er ausserdem von Daniel
                                                                                                     orchester Berlin, dem niederländischen Radio         Barenboim betreut. Sein Debüt beim Rotterdam
Rotterdam Philharmonic Orchestra                                                                     Filharmonisch Orkest, der Deutschen Kammer-          Philharmonic gab Lahav Shani im Juni 2016 als
Das Rotterdam Philharmonic Orchestra (Rotter-      Auf ihn folgte 2008 Yannick Nézet-Séguin und      philharmonie Bremen, den Bamberger Sympho-           Dirigent und Solopianist mit so grossem Erfolg,
dams Philharmonisch Orkest) kann in diesem         mit Beginn der Saison 2018/19 ist der junge       nikern und dem Sinfonieorchester Basel. Lahav        dass die Orchestermusiker ihn einstimmig zu
Jahr auf eine hundertjährige Geschichte zurück-    israelische Dirigent Lahav Shani Chefdirigent     Shani wurde 1989 in Tel Aviv geboren. Im Alter       ihrem neuen Chefdirigenten ab der Saison
blicken. 1918 wurde es von Musikern gegrün-        des Orchesters. Neben den Sinfoniekonzerten       von sechs Jahren erhielt er seinen ersten Klavier-   2018/19 wählten.
det, die allein zu ihrem Vergnügen konzertier-     im Kulturzentrum «De Doelen» gestaltet das
ten. Unter der Leitung von Eduard Flipse (1930–    Orchester auch regelmässig Opernaufführun-        Pinchas Zukerman
1962) erfolgte eine Professionalisierung und der   gen an der Nederlandse Opera. Mit seinen Kon-     Pinchas Zukerman ist seit über vier Jahrzehnten      School of Music in New York. Seit 1998 ist er
Aufstieg zum führenden Orchester der Nieder-       zerten, Gastspielen und Education-Projekten       ein Phänomen in der Musikwelt, gleicherma-           Chefdirigent des National Arts Centre Orchestra
lande nach dem Concertgebouw Orchester in          erreicht das Orchester ein Publikum von 200 000   ssen respektiert als Geiger, Bratschist, Dirigent,   in Ottawa (Kanada). 1978 bis 1980 war er Leiter
Amsterdam. Es folgten als Chefdirigenten Franz-    Musikliebhabern. Ein reicher Katalog mit CD-      Pädagoge und Kammermusiker. Seine ausser-            der South Bank Summer Music, 1980 bis 1987
Paul Decker, Jean Fournet, Edo de Waart, David     Einspielungen, die von Dokumenten aus den         gewöhnliche Musikalität und überragende Tech-        des St. Paul Chamber Orchestra von Minnesota,
Zinman, James Conlon und Jeffrey Tate. Von         Gründerjahren unter Eduard Flipse bis zu aktu-    nik begründen seine anhaltenden Erfolge bei          1993 bis 1995 Chefdirigent des Dallas Sym-
1995 bis 2008 stand Valery Gergiev an der Spitze   ellen Aufnahmen reichen, ermöglicht einen         Publikum und Presse. Er wurde vom sechsten           phony Orchestra. Pinchas Zukermans Disko­
des Orchesters und brachte es zu Weltruhm.         Überblick über die Geschichte des Orchesters.     Lebensjahr an am Israel Conservatory ausgebil-       grafie umfasst mehr als 100 Aufnahmen, die mit
                                                                                                     det und studierte 1962 bis 1967 an der Juilliard     21 Grammy-Nominierungen und zwei Gewinnen
                                                                                                                                                                            gekrönt wurden. Ausserdem
                                                                                                                                                                            wirkte er in der Verfilmung
                                                                                                                                                                             von Friedrich Dürrenmatts
                                                                                                                                                                             Kriminalroman «Der Richter
                                                                                                                                                                              und sein Henker» mit.

                                                                                                                                                              rman
                                                                                                                                               Pinchas Zuke
                                                                                                         Lahav Shani

                                                                     ic Orchestra
14                                                      Philharmon                                                                                                                                      15
                                           Rot terdam
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
Konzert 2 – Abo II
© Raffay Zsofi

                                            Tonhalle Maag Zürich Ungarische Nationalphilharmonie
                               Dienstag, 27. November 2018, 19.30 h Zsolt Hamar (Leitung)
                               		 Louis Schwizgebel (Klavier)

                                                 Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                     Programm

                                             Sándor Veress (1907–1992)
                                     Threnos in memoriam Béla Bartók (14')

                                      Franz Liszt (1811–1886) Allegro maestoso
                                Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur (20') Quasi Adagio
                               		 Allegretto vivace

                                                                        Pause

                                            Franz Liszt I. Faust
                                Eine Faust-Sinfonie (67') II. Gretchen
                               		 III. Mephistopheles

                 Zsolt Hamar

                 16                                                                                 17
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
PR O G R A M M                                                                                                                  Franz Liszt

Kon z er t 2

Sándor Veress (1907–1992)                          Franz Liszt (1811–1886)                               Franz Liszt (1811–1886)
Threnos in memoriam Béla Bartók                    Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur                           Eine Faust-Sinfonie
Der ungarisch-schweizerische Komponist Sándor      Franz Liszt gehört zu den wichtigsten Musiker-        Neben einem guten Dutzend sinfo-
Veress gilt als bedeutendster Vertreter der Kom-   persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, nicht          nischer Dichtungen verfasste Liszt
ponistengeneration zwischen Béla Bartók und        einmal primär wegen seiner Kompositionen,             in Weimar auch zwei Sinfonien, die
Sándor Kodály einerseits und György Ligeti und     vielmehr als integrierende Persönlichkeit als         allerdings auch nicht weit von der
György Kurtág andererseits. 1949 übersiedelte      Pianist, Lehrer, Organisator und Sozialutopist. Er    sinfonischen Dichtung stehen, denn
er in die Schweiz, wo er an der Universität und    unterhielt enge Beziehungen nicht nur zu vielen       sie widmen sich zwei grossen litera-
später am Konservatorium unterrichtete. Das        wichtigen Komponisten seiner Zeit, sondern auch       rischen Schöpfungen, der «Divina
rund viertelstündige Orchesterwerk «Threnos        zu vielen Geistesgrössen in ganz Europa. Seine        Commedia» in der Dante-Sinfonie
in memoriam Béla Bartók» entstand 1945 noch        Biografie entwickelte sich von Ungarn aus über        sowie Goethes Meisterwerk in der
in Budapest als das letzte bedeutende Werk         Wien, Paris, Weimar und Rom, wo er überall län-       Faust-Sinfonie. Liszt hat Goethes Werk
Veress’ vor der Schaffenspause, die dem Schritt    gere Zeit wirkte. Im Alter von 16 Jahren setzte       schon in jungen Jahren gelesen und
in die Emigration im Februar 1949 vorausging.      Liszt zu einer fulminanten Karriere als Pianist an,   trug sich bereits in den 1840er-Jahren
Veress schrieb es in kürzester Zeit als Reak-      vergleichbar der Stellung von Paganini auf der        mit dem Gedanken, eine Faust-Sinfonie
tion auf die Nachricht vom Tode Bartóks am         Violine. Dem Leben als Klaviervirtuose über-          zu schreiben, angeregt durch Berlioz’
26. September 1945, und das Werk wurde noch        drüssig liess er sich 1842 als Hofkapellmeister       «Damnation de Faust». Allerdings handelt
im gleichen Jahr in Budapest uraufgeführt. Das     in Weimar nieder und widmete sich der Orches-         es sich nicht um eine Nacherzählung der
Werk ist ein eindrücklicher Klagegesang auf        termusik. Hier entstanden seine sinfonischen          Faust-Handlung, sondern eher um eine
den verehrten Meister, bei welchem Veress in       Dichtungen, eine neue Gattung sinfonischer            Nachdichtung mit Musikeigenen tonsym-
den 1920er-Jahren noch studiert und später als     Musik als einsätzige Werke, die formal einer          bolischen Mitteln – entsprechend Liszts
Assistent an der grossen Edition ungarischer       aussermusikalischen Handlung folgen. Auch             Überzeugung, dass die Musik als eine Art
Volksliedmelodien mitgearbeitet hatte.             zwei früher konzipierte Klavierkonzerte voll­         gesteigerter Sprache den Mangel an Ausdruck-
                                                   endete er hier in Weimar, so auch das in den          stiefe der Literatur überwinden könne. Aus-
                                                   1830er-Jahren entstandene 1. Klavierkonzert,          gangspunkt für die dreiteilige dramatur­gische
                                                   welches er in 1849 in Weimar vollendete und           Anlage sind die drei Hauptfiguren der Dichtung:
                                                   selber 1855 uraufführte unter der Leitung seines      Faust selber, sein Alter Ego Mephistopheles
                                                   Freundes Hector Berlioz.                              und das unschuldige Gretchen.

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IN T E R P R E T E N
Kon z er t 2
                                                                                                         Zsolt Hamar
                                                                                                         Nach Abschluss seiner Klavier-, Kompositions-        allen wichtigen ungarischen Orchestern und war
                                                                                                         und Dirigierstudien an der Franz-Liszt-Musik­        Chefdirigent des Pannon Philharmonic Orchestra
                                                                                                         akademie seiner Heimatstadt Budapest gewann          in Pécs. Gastdirigate für Konzert und Oper führ-
                                                                                                         Zsolt Hamar Ende der 1990er-Jahre zahlreiche         ten ihn durch ganz Europa und Japan. Seit 2007
Ungarische Nationalphilharmonie                                                                          Dirigierwettbewerbe und wurde Assistent Lorin        tritt er auch regelmässig am Opernhaus Zürich
Die ungarische Nationalphilharmonie wurde            unter der künstlerischen Leitung von Zsolt Hamar.   Maazels bei den Salzburger Festspielen 1998.         auf. Von 2012 bis zu seiner Berufung an die
1923 gegründet und ist seither eines der füh-        Das Werk von Béla Bartók nimmt eine zentrale        Bereits 1997 holte ihn Zoltán Kocsis als ständi-     Ungarische Nationalphilharmonie war Zsolt
renden ungarischen Sinfonieorchester. Geprägt        Stellung im Repertoire des Orchesters ein, und      gen Gastdirigenten zur ungarischen National-         Hamar Generalmusikdirektor des Hessischen
wurde es von Namen wie Ferenc Fricsay, János         das Ensemble hat in den «Bartók New Series»         philharmonie. Seither arbeitete Zsolt Hamar mit      Staatstheaters Wiesbaden.
Ferencsik und Kobayashi Ken-Ichiro, bevor Zoltán     massstabsetzende Interpretationen vorgelegt.
Kocsis 1997 für fast zwanzig Jahre das Orchester     In den vergangenen 15 Jahren hat das Orchester      Louis Schwizgebel
übernahm, es rundum erneuerte und das Reper-         über 300 Konzerte in 40 Ländern auf der ganzen      1987 als Sohn einer schweizerisch-chinesischen       mit zahlreichen Orchestern auf, wie mit dem
toire enorm erweiterte, auch um zeitgenössische      Welt gegeben.                                       Künstlerfamilie in Genf geboren, begann Louis        London Philharmonic, dem BBC Symphony, dem
ungarische Werke. Seit 2017 steht das Orchester                                                          Schwizgebel sehr früh mit dem Klavierspiel bei       Oslo Philharmonic, den Wiener Symphonikern,
                                                                                                         Brigitte Meyer in Lausanne und gewann bereits        dem Orchestre National de Lyon, dem Orchestre
                                                                                                         mit 17 Jahren den «Concours de Genève». Der          de la Suisse Romande, dem Zürcher Tonhalle-
                                                                                                         Studienpreisträger der Migros erhielt zudem          Orchester, dem Nagoya Philharmonic Orchestra,
                                                                                                         2012 den zweiten Preis der Leeds International       dem Shanghai Philharmonic. 2014 gab er sein
                                                                                                         Piano Competition und war von 2013 bis 2015          fulminantes Debüt mit Fernsehübertragung bei
                                                                                                         BBC New Generation Artist. Er trat als Solist        den BBC Proms in London.

                                                                                                                                                              izgebel
                                                                                                                                                 Louis Schw
                                                                                                            Zsolt Hamar

20                                                        lharmonie                                                                                                                                        21
                                               Nationalphi
                                  Ungarische
Konzert 3 – Abo I

                            Tonhalle Maag Zürich China Philharmonic Orchestra
                   Samstag, 26. Januar 2019, 19.30 h Tan Dun (Leitung)

                           Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                Programm

                      Igor Strawinski (1882–1971)
                               Feu d’artifice op. 4 (4')

                                  Tan Dun (*1957)
                                Water Concerto (27')

                                                   Pause

                            Ren Tongxiang (*1927)
                     100 Birds Flying Toward Phoenix
                      (arrangement by Guan Xia) (12’)

                           Igor Strawinski Einleitung
           Suite «Der Feuervogel» (1919) (23') Der Feuervogel und sein Tanz
          		 Variation. Der Feuervogel
          		 Reigen der Prinzessinnen
          		 Höllentanz des Königs Kaschtschei
          		Wiegenlied
          		Finale

Tan Dun

22                                                                              23
PR O G R A M M
Ko n z e r t 3

Igor Strawinski (1882–1971)                        Rahmenteile ergeben ein musikalisches Feuer-        Tan Dun (*1957)                                    kussionisten flankiert. Sie erzeugen mithilfe von
Feu d’artifice op. 4                               werk, das wie sein reales Vorbild in atem­          Water Concerto                                     Gläsern, Flaschen, Röhren und einer Wasser-
Zu Beginn des Jahres 1908 wartete der junge        beraubender Schnelligkeit vorüberzieht. Eine        Elementarste sinnliche Erfahrungen spielten im     trommel, verstärkt durch Mikrophone, unter-
Igor Strawinski, Absolvent des Petersburger        Atempause bietet allein der zentrale Lento-         Schaffen des chinesischen Komponisten Tan Dun      schiedlichste Geräusche: ein Gluckern, Tropfen,
Musikkonservatoriums, noch auf seinen Durch-       Abschnitt mit seinen flirrenden, schillernden       schon immer eine zentrale Rolle. Den (Klang-)      Klatschen, Fließen, Rauschen, Schmatzen … –
bruch. Seine Sinfonie Nr. 1 war weitgehend         Klangflächen. Keine vier Minuten dauert dieses      Themen «Erde» und «Papier» widmete er grosse       komplett integriert in die Klangwelt des traditi-
freundlich aufgenommen worden, ansonsten           orchestrale Glanzstück.                             konzertante Werke; seine «Water Passion», kom-     onellen Sinfonieorchesters.
hatte er v.a. Klavierstücke und Lieder geschrie-   Rimsky-Korsakow, der nur wenige Tage nach           poniert 2000 zum Gedenken an J.S. Bach, erfor-     Dass angesichts dieser ungewöhnlichen Kons-
ben. Nun stand die Hochzeit zweier Freunde         der Hochzeit starb, konnte «Feu d’artifice» nicht   dert den Einsatz eines speziellen Wasser-Instru-   tellation alles vordergründig Virtuose zugunsten
bevor: Maximilian Steinbergs, eines Studien-       mehr hören. Wohl aber Sergej Dhiagilew, der         mentariums. Noch einen Schritt weiter ging Tan     der Erkundung von Natur-Klängen zurücktritt,
kollegen, und Nadeschdas, der Tochter von          Leiter der Ballets Russes in Paris. Vom Talent      Dun in seinem «Water Concerto», das die Mög-       verwundert nicht. Tan Dun nennt als Ziel seiner
Strawinskys Lehrer Rimsky-Korsakow. Für sie        des jungen Mannes überzeugt, beauftragte er         lichkeit, mit Wasser Geräusche und Klänge zu       kompositorischen Arbeit denn auch die Suche
komponierte er ein kurzes Orchesterstück:          Strawinski 1909 mit der Komposition einer           produzieren, prominent ins Zentrum des musika-     nach dem eigenen Ich. Das Konzert als Reise in
«Feu d’artifice».                                  abendfüllenden Ballettmusik, die nicht zufällig     lischen Geschehens rückt.                          die Vergangenheit, zu den Wurzeln sinnlicher
Dem privaten Anlass entsprechend steht das         ebenfalls den Begriff des Feuers im Titel trägt.    Das Konzert, dreisätzig mit kurzem Prélude,        Erfahrung: Aus dem Spiel mit Wasser wird ein
Werk noch deutlich in der Tradition Rimsky-        Mit dem «Feuervogel» gelang Strawinsky nicht        hatte 1999 in New York Premiere. Ein Soloper-      Nachhorchen und irgendwann ein Nachgestal-
Korsakows: strahlend, farbenreich, brillant        nur der Schritt zur künstlerischen Meisterschaft,   kussionist, der zwei mit Wasser gefüllte Schalen   ten. «Wenn ich mich selbst finde», resümiert Tan
instrumentiert. Die wirbelnden Drehfiguren,        sondern auch derjenige ins Herz der europäi-        «bespielt», wird von zwei weiteren Wasserper-      Dun, «kann ich auch meine Musik finden.»
auf- und abschiessenden Skalen der beiden          schen Musik­avantgarde, nach Paris.

                                                                                                                                                                 Tan Dun

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PR O G R A M M
Ko n z e r t 3

Ren Tongxiang (*1927)                               Mit romantischer Naturidealisierung, wie wir sie   Igor Strawinski (1882–1971)                         bereits entworfen. Sie bedienten sich dabei
100 Birds Flying Toward Phoenix                     aus der abendländischen Klassik kennen, hat        Suite «Der Feuervogel» (1919)                       dreier Erzählungen aus der berühmten Samm-
(arrangement by Guan Xia)                           dieses Verfahren wenig zu tun. Rens Musik ist      Für den «Feuervogel» liess Igor Strawinski sogar    lung «Russische Volksmärchen»: Iwan Zarewitsch
Bei der Suona handelt es sich um ein Holzblas-      viel direkter, gegenwärtiger und durchpulst von    eine Oper liegen. Im Herbst 1909 hatte der junge    fängt den mythischen Feuervogel, schenkt ihm
instrument mit Doppelrohrblatt, vergleichbar        einer ausserordentlichen Energie. Nicht zufällig   Komponist gerade den 1. Akt der «Nachtigall»        das Leben und besiegt mit seiner Hilfe den
der europäischen Oboe. Ihr Korpus ist etwas         steht im Chinesischen der mythische Vogel          nach Andersen beendet, als er ein Telegramm         Zauberer Kastschei.
kürzer und schmaler, der Schalltrichter breiter     Phönix für sehr irdische Werte wie Reichtum        von Sergej Dhiagilew erhielt: ob er ein Stück für   Auf diese märchentypische Konstellation mit
und aus Messing oder Kupfer. Wer sie einmal         und Glück. Wir hören das Stück in einer Neu­       dessen in Paris gastierende Ballettkompagnie        klarer Rollenverteilung von Gut und Böse, Hell
gehört hat, wird ihren durchdringenden, schal-      bearbeitung für Suona und Sinfonieorchester        schreiben wolle. Strawinsky, ausserhalb seiner      und Dunkel antwortet Strawinski mit einem ähn-
meienähnlichen Ton nicht mehr vergessen.            durch den Komponisten Guan Xia (geb. 1957),        Heimat noch völlig unbekannt, ergriff die Gele-     lich klaren kompositorischen Rezept, das er frei-
Obwohl die Suona ursprünglich aus Zentralasien      der sich vor allem auf dem Gebiet der Filmmusik    genheit beim Schopf und sagte sofort zu.            lich bis ins Kleinste ausdifferenzierte: Iwan und
stammt, zählt sie schon lange zu den traditionel-   und der Oper einen Namen gemacht hat.              Dhiagilew und seine Mitstreiter, der Choreo-        seine Braut werden durch diatonische Melodien
len chinesischen Musikinstrumenten, vor allem                                                          graph Michail Fokin und der Kostümbildner Léon      charakterisiert, Kastschei durch Chromatik, der
in den nordöstllichen Provinzen Shandong, Hebei                                                        Bakst, hatten Sujet und Handlung des Balletts       Feuervogel durch zusätzliche Intervalle. Ein
und Henan.                                                                                                                                                              Modell, das Strawinsky bei seinem
Ein berühmter Suona-Spieler des 20. Jahrhun-                                                                                                                            Lehrer Rimsky-Korsakow studiert
derts war Ren Tongxiang, geboren 1926 im länd-                                                                                                                          hatte, wie auch die glänzende Inst-
lichen Shandong. Von ihm stammt das wohl                                                                                                                                 rumentierung dem Älteren verpflich-
bekannteste Stück für Suona und traditionelles                                                                                                                           tet ist. Weitere Vorbilder sind
chinesisches Orchester, «Hundert Vögel in                                                                                                                                 Tschaikowsky (Figurenzeichnung)
Anbetung des Phönix» (1953). Ren kompilierte                                                                                                                               und Mussorgsky (der hymnische
hier Volksmelodien seiner Heimat mit einem                                                                                                                                 Schluss); harmonisch dagegen
Solopart, der auf höchst virtuose und bisweilen                                                                                                                             geht das Werk selbstbewusst
täuschend echte Weise Vogelstimmen imitiert.                                                                                                                                neue Wege. Aus der Ballettmusik
                                                                                                                                                                             stellte Strawinski selbst 1919
                                                                                                                                                                             eine Orchestersuite zusammen.

                                                                                                                                                                              Igor Strawinski

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INTE R P R E T E N
Ko n z e r t 3

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                                                                                                       Tan Dun ist heute als Dirigent wie Komponist        Columbia University. Die amerikanische Metro-
                                                                                                       einer der wichtigsten musikalischen Brücken-        pole eröffnete ihm Kontakte zu Experimental-
                                                                                                       bauer zwischen Ost und West, zwischen chine-        musikern wie Philip Glass, John Cage und Steve
China Philharmonic Orchestra                                                                           sischer und europäisch-amerikanischer Musik.        Reich. 2010 war er Kulturbotschafter für die
Das China Philharmonic Orchestra wurde im            «Gramophone» unter die zehn inspirierendsten      Dun wurde in der chinesischen Provinz Hunan         Expo in Shanghai. Als Dirigent leitete er u.a. das
Jahre 2000 auf der Basis des chinesischen            Orchester weltweit ein. In den 17 Jahren seiner   geboren. Während der Kulturrevolution in China      Concertgebouw-Orchester, London Symphony
Rundfunk-Orchesters gegründet und gab sein           Existenz hat es über 3000 Werke – viele dar-      musste er ab 1974 als Reisbauer arbeiten. Um        Orchestra, Berliner Philharmoniker, New York
Debütkonzert am 16. Dezember unter Long Yu.          unter als Welt- oder China-Premiere – in weit     den beengten Verhältnissen zu entfliehen, schloss   Philharmonic, Philadelphia Orchestra, Orchestre
In kürzester Zeit entwickelte es sich zum füh-       über 1000 Konzerten für ein Millionenpublikum     er sich als Violinist und Arrangeur einer Peking-   National de France, BBC Symphony Orchestra,
renden Orchester Chinas und innerhalb Asiens         aufgeführt. Mehrere Tourneen führten das          Oper-Gruppe an. In Peking studierte er von 1978     Münchner Philharmoniker, Filarmonica della Scala
zum Orchester mit dem grössten internationa-         Orchester durch Europa, Nordamerika, Kuba und     bis 1983 Komposition bei Li Yinghai und Zhao        und Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa
len Renommee. 2009 reihte es die Zeitschrift         Zentralasien (Seidenstrasse).                     Xingdao am Zentralen Konservatorium. Weitere        Cecilia. In seinen Kompositionen (Orchestermu-
                                                                                                       Studien führten ihn zu bekannten Komponisten        sik, Opern, Filmmusik) verknüpft er klassische
                                                                                                       wie Hans Werner Henze, Yun I-sang, George           und moderne Musikelemente und verbindet
                                                                                                       Crumb und Tōru Takemitsu. In den 1980er-Jahren      asiatische mit europäischen Musikrichtungen.
                                                                                                       zog er nach New York und studierte an der

                                                                                                          Tan Dun

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                                               armonic Orc
                                 China Philh
Konzert 4 – Abo II
© Mats Bäcker

                                            Tonhalle Maag Zürich Royal Stockholm Philharmonic Orchestra
                                     Mittwoch, 20. März 2019, 19.30 h Sakari Oramo (Leitung)
                                    		 Martin Fröst (Klarinette)

                                                     Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                       Programm

                                           Rolf Liebermann (1910–1999)
                                    Furioso für grosses Orchester (1947) (8')

                                        Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro
                                     Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622 (29') Adagio
                                    		Allegro

                                                                       Pause

                                           Gustav Mahler (1860–1911) Langsam, schleppend – immer sehr gemächlich
                                    Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan» (56') Kräftig bewegt
                                    		 Feierlich und gemessen, ohne zu schleppen
                                    		 Stürmisch bewegt

                                t
                     Martin Frös

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Kon z er t 4

Rolf Liebermann (1910–1999)                       Orchesters belebt werden. Amüsant liest sich                                                                           namigem Roman. Wie in den
Furioso für grosses Orchester                     nach 70 Jahren die damalige Kritik im Spiegel:                                                                         folgenden drei Sinfonien ver­
Rolf Liebermann war eine der schillerndsten       «Das ‹Furioso› für Orchester […] ist offenbar                                                                           arbeitete er zeitgleich entstan-
Persönlichkeiten der Schweizer Musikszene         nach Nachkriegsschweizer Massstäben konzi-                                                                               dene Lieder aus «Des Knaben
nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Spross der        piert. Kaum vorstellbar, dass einem unterge-                                                                             Wunderhorn», weshalb die
bekannten Berliner Familie Liebermann mit fran-   wichtigen, sparsam ernährten deutschen Noten-                                                                             Sinfonien 1–4 auch «Wun-
zösischem Einschlag mütterlicherseits wuchs       schreiber ein so vitales, kraftge­ladenes Stück                                                                           derhorn-Sinfonien» genannt
in Zürich auf, wo er neben Jura auch Musik am     heute einfallen könnte. Es ist eine Musik, die aus                                                                         werden. Gemäss eigenen
Privatkonservatorium José Berr studierte, als     den Nähten platzt. Ihr wildes Tempo verschlägt                                                                             Aussagen wollte Mahler in
Chanson-Komponist in Kabaretts mitwirkte, bei     dem Zuhörer den Atem. Rasende Sechzehntel-                                                                                  diesem Werk «einen kraft-
Wladimir Vogel in die strenge Kompositions-       gänge versetzen die aus (kaum noch vorhan­                                                                                  voll-heldenhaften Men-
lehre nach den Zwölftonregeln ging, Dirigier-     denen) Leibeskräften blasenden und streichen-                                                                                schen, sein Leben und
kurse bei Hermann Scherchen besuchte und          den Orchestermusiker in Trans­piration, und dem                                                                              Leiden, sein Ringen gegen
gleich nach dem Krieg als Tonmeister beim         zu unaufhörlichem Schlagen verurteilten Pauker                                                         das Geschick und schliesslich den Sieg» schil-
Schweizer Radio wirkte. Bekannt wurde er auch     werden die Knie weich …» («Der Spiegel»,             Rolf Liebermann                                   dern. Die Sinfonie beginnt mit einer langsamen
als erfolgreicher Intendant an der Hamburgi-      2. August 1947)                                                                                        Einleitung «wie ein Naturlaut» im Walde, wo
schen Staatsoper (1959–73 und 1985–88) wie                                                             orchester – also keine Oboen, Klarinetten,        das Sonnenlicht durch die Zweige zittert, und
auch an der Pariser Oper (1973–80). Als Kompo-    Wolfgang A. Mozart (1756–1791)                       Trompeten und Pauken. Dies gibt dem Konzert       der Held schreitet in den Tag hinaus: «Ging
nist keiner Schublade zuzuordnen, trat er mit     Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622                     den reizvoll-intimen Charakter.                   heut morgen übers Feld» (so der Titel des Lie-
spektakulären Werken, wie dem Concerto für        Das Klarinettenkonzert von Mozart zählt zu den                                                         des, welches hier verarbeitet wurde). Im zwei-
Jazzband und Sinfonieorchester sowie dem          absoluten Perlen dieser Gattung. Es entstand         Gustav Mahler (1860–1911)                         ten Satz treibt sich der Jüngling schon kräfti-
Stück «Les Echanges» für 156 Büromaschinen        kurz vor dessen Tod als allerletztes Solokonzert     Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan»                  ger, derber und lebenstüchtiger in der Welt
für die EXPO 1964 in Lausanne in das Bewusst-     noch nach Vollendung der «Zauberflöte» für den       Gustav Mahler schrieb seinen sinfonischen         herum, während er im dritten, dem «Bruder-
sein einer breiten Öffentlichkeit. Sein knapp     eng befreundeten Wiener Klarinettisten Anton         Erstling ursprünglich als fünfsätzige «Sympho-    Martin-Satz» (es wird hier das berühmte
zehnminütiges Orchesterstück «Furioso», 1947      Stadler. Was die Meisterschaft dieses Konzerts       nische Dichtung» über einen Zeitraum von vier     «Frère-Jacques»-Lied zitiert), schon «ein Haar
bei den Darmstädter Musiktagen unter Hermann      ausmacht, ist der Variantenreichtum und die          Jahren von 1884 bis 1888 und führte ihn 1889      in der Suppe gefunden hat» und ihm «die Mahl-
Scherchen uraufgeführt, machte den Namen          Fülle von Details, deren Zusammenwirken erst         selber in Budapest, wo er zu jener Zeit als       zeit verdorben ist». Mit einem entsetzlichen
Liebermann erstmals international bekannt. Das    die unverwechselbare Charakteristik dieses           Operndirektor wirkte, erstmals auf. Er unterzog   Aufschrei beginnt der letzte Satz, in welchem
in seiner Wildheit kompromisslose Werk weist      weich-sehnsüchtigen, vollendet ausgewogenen          das Werk daraufhin einer grösseren Revision,      der Held mit allem Leid dieser Welt in furcht-
drei Teile auf, die von einem Rhythmusmuster      Klanges ausmacht. Die Orchesterbesetzung             strich einen Satz (den «Blumine»-Satz) und        barstem Kampfe steht. Der finale Siegerchoral
der Pauken, einem Klavier-Ritornell und einer     ist ausgesprochen sparsam: Lediglich je zwei         editierte das Werk als viersätzige Sinfonie mit   zeigt die siegreiche Überwindung aller Wider-
grossartigen rhythmischen Kontrapunktik des       Flöten, Fagotte und Hörner treten zum Streich-       dem Untertitel «Titan» nach Jean Pauls gleich-    wärtigkeiten an.

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INTE R P R E T E N
Ko n z e r t 4                                                                                            Sakari Oramo
                                                                                                          Sakari Oramo war zuerst Konzertmeister des            Symphony Orchestra, bis er 2008 zum Chef­
                                                                                                          Finnischen Radio-Sinfonieorchesters, bevor er         dirigenten des Royal Stockholm Philharmonic
                                                                                                          ab 1989 an der Sibelius-Akademie in Helsinki          Orchestra ernannt wurde. Neben dieser Posi­tion
                                                                                                          Dirigieren studierte. Bald nach der Ausbildung        wurde er 2013 auch Chefdirigent des BBC Sym-
                                                                                                          sprang er kurzfristig für den erkrankten Chef-        phony Orchestra. Zudem leitet er das West Coast
                                                                                                          dirigenten ein und wurde sogleich zum stellver-       Kokkola Opera Festival in Finnland. 2015 war
                                                                                                          tretenden und schliesslich zum Chefdirigenten         Sakari Oramo Gewinner des Royal Philharmonic
Royal Stockholm Philharmonic Orchestra                                                                    ernannt. 1998 wurde er als Nachfolger von Simon       Society Conductor of the Year Award.
Das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra            und Gennadi Roschdestwensky. Zu den regu­           Rattle Musikdirektor des City of Birmingham
(schwedisch: Kungliga Filharmoniska Orkestern)        lären Gastdirigenten gehören Riccardo Muti,
wurde 1902 als Stockholmer Konzertgesell-             Andris Nelsons, Franz Welser-Möst, Herbert          Martin Fröst
schaft gegründet. Seit 1926 ist das Konsert­          Blomstedt und der Ehrendirigent Alan Gilbert.       Der schwedische Klarinettist Martin Fröst,            Orchestra, dem New York Philharmonic, dem
huset die Heimadresse. Das Orchester gibt rund        Seit 2008 ist der finnische Dirigent Sakari Oramo   Träger des Léonie-Sonning-Musikpreises 2014           Orchestre National de France, der Academy of
100 Konzerte jährlich und begleitet auch die          künstlerischer Leiter des Royal Stockholm Phil-     und ECHO-Klassik-Preisträger 2016, gilt heute         St. Martin in the Fields und dem NHK Symphony
Nobelpreisfeiern sowie die Übergabe des Polar-        harmonic Orchestra, welches kürzlich von der        als einer der besten Klarinettisten weltweit,         Orchestra Tokyo. Als Kammermusikpartner tritt
Musikpreises. Unter dem Dutzend Chefdirigen-          deutschen Zeitung «Die Welt» als eines der          nicht nur als Solist und Kammermusiker, son-          er regelmässig mit führenden internationalen
ten seit der Orchestergründung finden sich so         besten Orchester der Welt betitelt wurde.           dern auch als Klezmer- und Jazzklarinettist.          Grössen auf, wie Sol Gabetta, Janine Jansen
bekannte Namen wie Václav Talich, Antal Doráti                                                            Ohnehin will er musikalische Etiketten hinter         und Yuja Wang. Mit dem auf mehrere Jahre
                                                                                                          sich lassen und Tanz und Theater enger mit der        hinaus geplanten eigenen Projekt «Genesis»
                                                                                                          Musik verflechten. Eine steile Karriere führte        erforscht er Quellen und Entwicklungen von
                                                                                                          ihn zur Zusammenarbeit mit so bedeutenden             Musik, die ihre Wurzeln in der Volksmusik und
                                                                                                          Orchestern wie dem Royal Concertgebouw                in heiligen Riten hat.

                                                                                                                                                                t
                                                                                                                                                 Mar tin Frös
                                                                                                                           o
                                                                                                             Sakari Oram

                                                                               ra
34                                                              onic Orchest                                                                                                                                35
                                             ho   lm Philharm
                                 Royal Stock
Konzert 5 – Abo I
© Marco Borggreve

                                                           Tonhalle Maag Zürich Chamber Orchestra of Europe
                                                     Dienstag, 9. April 2019, 19.30 h Leonidas Kavakos (Leitung und Violine)

                                                          Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                               Programm

                                       Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro
                                           Violinkonzert Nr. 3 KV 216 (27') Adagio
                                       		Allegro

                                                    Othmar Schoeck (1886–1957)
                                                          Sommernacht op. 58, (15')
                                          Pastorales Intermezzo für Streichorchester

                                                                                  Pause

                                         Ludwig van Beethoven (1770–1827) Allegro con brio
                                       Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» (45') Marcia funebre. Adagio assai
                                       		                                          Scherzo. Allegro vivace
                                       		 Finale. Allegro molto

                               vakos
                    Leonidas Ka

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PR O G R A M M
Kon z er t 5

Wolfgang A. Mozart (1756–1791)                       der romantischen Kunstauffassung anzuhän-           heitsideale der Französischen Revolution, und
Violinkonzert Nr. 3 KV 216                           gen, führte zum Erfolg, erschwerte ihm aller-       Beethoven wollte sie bekanntlich Napoleon,
Mozart war bekanntlich auch ein ausgezeichne-        dings nach dem Zweiten Weltkrieg die interna-       dem Hoffnungsträger der europäischen Intelli-
ter Geiger. Davon zeugen seine insgesamt fünf        tionale Anerkennung. Das pastorale Intermezzo       genz, widmen. Nachdem sich Napoleon aber
Violinkonzerte, die er als Neunzehnjähriger sozu-    «Sommernacht» für Streichorchester folgt die-       1804 zum Kaiser krönen liess, zerriss Beethoven
sagen in einem Zug innerhalb des Jahres 1775         ser Ästhetik. Es entstand bei Kriegsende 1945       die Titelseite des Manuskripts, und im Erstdruck
komponierte. Er war zu dieser Zeit am erzbischöf-    im Auftrag der Bernischen Musikgesellschaft,        erschien nur noch der Vermerk: «Zur Feier des
lichen Hof in Salzburg als Konzertmeister tätig.     die das Werk auch am 17. Dezember 1945 urauf­       Andenkens an einen grossen Menschen (Sinfo-
Die fünf Konzerte blieben Mozarts einzige Bei-       führte. Die Komposition folgt dem Gedicht           nia eroica composta per festigiare il Souvenire
träge zu dieser Gattung. Sein Instrument war         «Sommernacht» von Gottfried Keller, in wel-         di un gran’Uomo)». Seither wird immer wieder
vorrangig das Klavier. Dennoch bilden sie in der     chem von einem alten Brauch erzählt wird,           gerätselt, wer mit diesem «gran’Uomo» gemeint
Entwicklung der Gattung nach Johann Sebastian        demzufolge die jungen Männer eines Dorfes           war. Zitate in der Sinfonie aus dem 1801 kompo-
Bachs Violinkonzerten einen neuen Höhepunkt.         das Getreide von Witwen einbringen, die sich        nierten Ballett «Die Geschöpfe des Prometheus»
In ihnen hat Mozart alles zusammengefasst, was       eine Hilfe für die Feldarbeit nicht leisten kön-    weisen auf den Titanen Prometheus, der den
er an Entwicklung in Deutschland, Frankreich         nen. Das Kommen und Gehen der Landsleute            Menschen das Feuer brachte. Prometheus war
und Italien aufgenommen hatte. Während die           erlaubt Schoeck, die Geschichte in einer drei-      für viele Intellektuelle jener Zeit Symbolfigur für
beiden ersten Violinkonzerte Mozarts noch sehr       teiligen Form zu erzählen. Kellers Wort­bilder      die zukünftige freie, aufgeklärte Gesellschaft.
konventionell daherkommen und das Orchester          («der Glühwurm schimmert», «ein nächtlich
sich rein auf Begleitaufgaben beschränkt, treten     Silberblinken von Sicheln») werden bei Schoeck
im Violinkonzert Nr. 3 KV 216 Violine und Orches-    zu eigentlichen Hörerlebnissen (Vogelrufe,
ter viel mehr in einen Dialog. Der langsame Satz     Harmonikaklänge).
ist von einer besonderen Tiefe des Ausdrucks
gezeichnet und der Schlusssatz höchst originell      Ludwig van Beethoven (1770–1827)
und voller Überraschungen.                           Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica»
                                                     Mit der «Sinfonia eroica» komponierte Ludwig
Othmar Schoeck (1886–1957)                           van Beethoven im Jahre 1803 ein Schlüsselwerk
Sommernacht op. 58, Pastorales                       der Musikgeschichte. Ein völlig neuartiger, vehe-
Intermezzo für Streichorchester                      ment emotionaler, pathetisch beschwörender
Othmar Schoeck zählt zu den bedeutendsten            Ausdruck prägt diese Sinfonie, die mit der klas-
Schweizer Komponisten. Seine Weigerung,              sischen Sinfonie Haydns und Mozarts bricht,
den Entwicklungen der Musik ab den 1920er-           ohne jedoch die Grundform der Sinfonie aufzu-
Jahren – u. a. der Atonalität – zu folgen und eher   geben. Dieses Werk ergreift Partei für die Frei-                                                          Othmar Schoeck

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IN T E R P R E T E N
Kon z er t 5

Chamber Orchestra of Europe                                                                           Leonidas Kavakos
Das Chamber Orchestra of Europe (COE) ent-        60 Mitglieder aus verschiedenen europäischen        Im hochglanzpolierten Musikgeschäft von heute        dem drei Jahre später Triumphe in New York und
stand 1981, als einige Musiker des European       Ländern, die parallel zu ihrer Orchestertätigkeit   ist Leonidas Kavakos eine Ausnahmeerscheinung:       Genua folgten; hochgelobte Einspielungen, dar-
Community Youth Orchestra die für dieses          Karrieren als Solisten, Stimmführer nationaler      uneitel, keiner Mode unterworfen, nur seinem         unter die beiden Fassungen des Sibelius-Kon-
Jugendorchester vorgegebene Altersgrenze von      Orchester sowie Kammermusiker und Dozenten          eigenen künstlerischen Ethos verpflichtet. Im Mit-   zerts; 2012/13 Artist in Residence der Berliner
23 Jahren erreicht hatten. Mentor war Claudio     verfolgen, kommen jeweils für ein Konzertprojekt    telpunkt steht bei ihm einzig und allein das Werk,   Philharmoniker; 2014 Gramophone Artist of the
Abbado, der auch die erste Europa-Tournee diri-   zusammen. Regelmässige Konzertorte sind die         gemäss dem Motto «Kunst ist, die Seele zu bil-       Year; Auszeichnungen vom ECHO Klassik bis zum
gierte. Daneben pflegte das Orchester eine enge   Alte Oper Frankfurt, die Kölner Philharmonie, das   den.» Eine solch exklusive Position überzeugt        Gramophone Concert Award. Kavakos ist auch
Beziehung zu Nikolaus Harnoncourt, unter wel-     Concertgebouw Amsterdam, die Salzburger Fest-       natürlich nur, wenn sie auf Qualität fusst. Und da   als Kammermusiker und Dirigent tätig: Für einige
chem eine mehrfach preisgekrönte Einspielung      spiele und die BBC Proms in London. Das COE hat     hat der 1967 in Athen geborene Kavakos mehr          Jahre leitete er die Camerata Salzburg und be-
aller Beethoven-Sinfonien entstand. Die rund      bisher mehr als 250 Aufnahmen produziert.           zu bieten als die meisten seiner Zunft: den spek-    gründete in Athen ein eigenes Klassikfestival.
                                                                                                      takulären Sieg im Sibelius-Wettbewerb 1985,

                                                                                                                         akos
                                                                                                          Leonidas Kav

                                                                     Europe
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                                           Chamber O
Konzert 6 – Abo II
© Ian Douglas

                                             Tonhalle Maag Zürich City of Birmingham Symphony Orchestra
                                        Sonntag, 26. Mai 2019, 18.30 h Mirga Gražinytė-Tyla (Leitung)
                                       		 Yuja Wang (Klavier)

                                                         Vorkonzert 17.30–18.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                            Programm

                                                  Arthur Honegger (1892–1955)
                                                             Pastorale d’été (8')

                                                 Robert Schumann (1810–1856) Allegro affettuoso
                                                 Konzert für Klavier und Orchester Intermezzo: Andantino grazioso
                                                                a-Moll op. 54 (30') Allegro vivace

                                                                               Pause

                                       Johannes Brahms (1833–1897) Allegro non troppo
                                         Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 (39') Adagio non troppo
                                                                           Allegretto grazioso (Quasi Andantino)
                                       		                                  Allegro con spirito

                           nytė-Tyla
                Mirga Graži

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PR O G R A M M
Kon z er t 6

 Innige Freundschaft                              Brahms’. Die kurze sinfonische Dichtung «Pasto-    tasie für Klavier und Orchester» aus dem Jahre     mezzo) sowie der im Charakter variierten Wie-
 Im Zentrum des Konzerts stehen Schlüssel-        rale d’été» schrieb der Schweizer Komponist        1841, welches Schumann im Hinblick auf die         derkehr des Hauptgedankens im dritten Satz.
 werke zweier eng miteinander befreundeter        Arthur Honegger 1920 während der Sommer­           aussergewöhnlichen pianistischen Fähigkeiten       Auch die Binnenstrukturen folgen nur noch grob
 Komponisten. Der 23 Jahre jüngere Johannes       ferien in Wengen im Berner Oberland. Der Kom-      seiner eben angetrauten Frau Clara schrieb.        dem klassischen Konzept von Exposition, Durch-
 Brahms lernte das Ehepaar Schumann über          position ist ein Vers von Arthur Rimbaud vor­      Erst als alle Versuche gescheitert waren, diese    führung und Reprise. Vielmehr entwickelt sich
 den Geiger Joseph Joachim 1853 kennen. Das       angestellt: «J’ai embrassé l’aube d’été» (Ich      «Phantasie» zu publizieren, erweiterte er sie zu   das Thema in mehreren Abschnitten im Sinne
 Ehepaar nahm den in ärmlichen Verhältnissen      habe die Morgenröte des Sommers umarmt).           einem dreisätzigen Konzert, welches schliess-      einer romantischen Erzählung. Das Klavier und
 in Hamburg aufgewachsenen Brahms herzlich        Das Werk, welches nur eine Streicherbesetzung      lich Ende 1845 mit Clara Schumann als Solistin     das Orchester werden auch nicht blockhaft ein-
 in die Familie auf, und Robert Schumann          mit Holzbläsern und einem Horn vorsieht, ist die   erfolgreich in Dresden uraufgeführt wurde. Es      ander gegenübergestellt, sondern eng mitein-
 ebnete ihm die Laufbahn als Komponist mit        musikalische Impression eines friedlichen Mor-     ist im Grunde das erste bedeutende romanti-        ander verzahnt. So schrieb Clara Schumann in
 seinem wegweisenden Aufsatz «Neue Bah-           gens in den Schweizer Alpen. Es wird eröffnet      sche Klavierkonzert, welches die Ästhetik der      ihr Tagebuch: «Das Clavier ist auf das feinste mit
 nen» in seiner selbstgegründeten «Neuen          mit einer sehnsüchtigen Hornmelodie, welche an     Klassik abstreifte zugunsten einer romantischen    dem Orchester verwebt – man kann sich das
 Zeitschrift für Musik». Brahms blieb über den    einen Alphornruf erinnert und welche schliess-     Konzeption. Zwar wahrt das Konzert gegen           Eine nicht denken ohne das Andere.»
 Tod Schumanns (1856) hinaus der Witwe            lich von den Streichern aufgenommen wird.          aussen die Form des klassischen Dreisatzkon-
 Clara Schumann und ihren Kindern ein treuer      Diese eher pastoral-ruhige Instrumentation         zerts, besteht aber im Grunde nur aus einem        Johannes Brahms (1833–1897)
 Familienbegleiter. Der Austausch über Musik      bestimmt die Rahmenteile. In einem mittleren       einzigen grossen Satz mit einem Hauptgedan-        Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73
 mit ihrem Mann fehlte Clara unendlich, und       Abschnitt wird die Musik bewegter und farblich     ken (erster Satz), einem Nebengedanken (Inter-     Johannes Brahms suchte bekanntlich sehr
 Brahms bot ihr in gewissem Masse Ersatz          faszinierend instrumentiert. In vielem erinnert                                                       lange nach einem eigenen sinfonischen Weg
 für die künstlerische Anregung, die Clara        das kurze Orchesterstück an Debussys «Prélude                                                          nach Beethoven und rang jahrelang mit seinem
 seit frühester Jugend genossen hatte und         à l’après-midi d’un faune». Es ist dem Pariser                                                         sinfonischen Erstling, den er auch erst 1876
 gewohnt war. Dass beide Schumanns Musik          Komponisten und Musikkritiker Alexis Roland-                                                            im Alter von 43 Jahren fertigstellte. Im Ver-
 liebten, war ein wichtiges Band zwischen         Manuel gewidmet und wurde am 17. Februar                                                                 gleich zu den Mühen bei der ersten Sinfonie
 ihnen. Umgekehrt sorgte Clara lebenslang         1921 in Paris uraufgeführt.                                                                              schrieb Brahms seine zweite Sinfonie in
 in vielen Alltagsfragen für den jungen Freund.                                                                                                             einem Zug während der Sommermonate
 Nur elf Monate nach Claras Tod starb auch         Robert Schumann (1810–1856)                                                                              1877 in Pörtschach am Wörthersee. Im glei-
 Johannes Brahms.                                  Konzert für Klavier und Orchester                                                                         chen Jahr fand die begeistert aufgenom-
                                                   a-Moll op. 54                                                                                              mene Wiener Uraufführung statt. Gegen-
Arthur Honegger (1892–1955)                        Mehrfach befasste sich Schumann im Laufe                                                                   über der dramatischen ersten Sinfonie
Pastorale d’été                                    seiner Schaffenszeit mit Kompositionen für                                                                 erscheint die zweite gelöster, lyrischer,
Als Einstieg in dieses Schumann-Brahms-Kon- Klavier und Orchester. Viele Versuche blieben                                                                      von liedhafter Melodik durchströmt. Den-
zert erklingt ein Werk, welches inspiriert ist von unausgeführt. Das letztlich als Klavierkonzert                                                               noch steht die strukturelle Dichte der
den Schweizer Alpen, ähnlich wie einige Werke op. 54 publizierte Werk basiert auf einer «Phan-                                                                  ersten Sinfonie in keiner Weise nach.

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