EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 ZÜRICH - Migros-Kulturprozent-Classics
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E N T- C L A S S I C S L T U R P R O Z MIGROS-K/1U9 in der Tonhalle Maag Zürich 8 Pr ogr amm 201 Donnerstag, 25. Oktober 2018 – Abo I Mittwoch, 20. März 2019 – Abo II ROTTERDAM PHILHARMONIC ROYAL STOCKHOLM ORCHESTRA PHILHARMONIC ORCHESTRA Lahav Shani (Leitung) Sakari Oramo (Leitung) Pinchas Zukerman (Violine) Martin Fröst (Klarinette) → Seite 10 → Seite 30 Dienstag, 27. November 2018 – Abo II Dienstag, 9. April 2019 – Abo I UNGARISCHE CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE NATIONALPHILHARMONIE Leonidas Kavakos (Leitung und Violine) Zsolt Hamar (Leitung) → Seite 36 Louis Schwizgebel* (Klavier) Inhaltsverzeichnis → Seite 16 Sonntag, 26. Mai 2019 – Abo II CITY OF BIRMINGHAM Migros-Kulturprozent-Classics . . . . . . . . . . . . . 3 Samstag, 26. Januar 2019 – Abo I SYMPHONY ORCHESTRA Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4–5 CHINA PHILHARMONIC ORCHESTRA Mirga Gražinytė-Tyla (Leitung) Zum Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . 6–7 Tan Dun (Leitung) Yuja Wang (Klavier) Ein nachhaltiges Engagement . . . . . . . . . . . . . 8 → Seite 22 → Seite 42 Unsere Stars von morgen . . . . . . . . . . . . . . 9 Konzert 1: Rotterdam Philharmonic Orchestra . . . . . . . . . . 10–15 Konzert 2: Ungarische Nationalphilharmonie . . . . . . . . . . 16–21 Konzert 3: China Philharmonic Orchestra . . . . . . . . . . . 22–29 Konzert 4: Royal Stockholm Philharmonic Orchestra . . . . . . . . . 30–35 Konzert 5: Chamber Orchestra of Europe . . . . . . . . . . . 36–41 Konzert 6: City of Birmingham Symphony Orchestra . . . . . . . . . 42–47 Abos und Karten . . . . . . . . . . . . . . . . 48–49 Saalplan Tonhalle Maag Zürich . . . . . . . . . . . . . 50–51 Tourneen und Einzelkonzerte . . . . . . . . . . . . . . 52–53 *Schweizer Solist 3
V O R W O R T Sehr geehrte Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber Die Migros-Kulturprozent-Classics starten in die 70. Saison – mit dem Ziel, grosse Gleich zwei unserer Tournee-Stationen investieren in die umfassende Modernisierung Klassik dank moderaten Preisen einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Ihrer Häuser: Das Kultur Casino Bern und die Tonhalle Zürich. Für Sie, geehrte Freundinnen Dieses Ziel geht zurück auf den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler: Er wollte, dass und Freunde der Musik, bedeutet dies temporär einen Ausflug mit unseren Extrazügen auf wachsenden Wohlstand stets noch grössere soziale und kulturelle Leistungen folgen. nach Luzern, oder das Kennenlernen der neuen Tonhalle Maag. So oder so: Ich freue mich Eine Überzeugung, die ich teile, und der das Kulturprozent verpflichtet ist. Umgekehrt auf spannende Entdeckungen an den kommenden Vorkonzerten sowie auf unvergessliche geht es uns heute auch darum, einheimische Nachwuchskünstlerinnen und -künstler Momente mit den grossen Orchestern und mit Ihnen, unserem Publikum. einem grossen Publikum zu präsentieren. Darum setzen wir die Vorkonzerte fort, die wir 2017 mit der Reihe «Unsere Stars von morgen» ins Leben riefen. Herzlich Woran liegt es, dass hochkarätige Konzerte noch immer einzigartige Erlebnisse sind? In einer Zeit, in der fast alles ganz oder teilweise digitalisiert wird, hält die virtuelle Realität auch in der klassischen Musik Einzug: So lässt sich zum Beispiel Beethovens 5. Symphonie, die nötige Technik vorausgesetzt, mitten in der Walt Disney Concert Hall und mit einer detaillierten 360-Grad-Sicht auf alle Musikerinnen und Musiker der Los Angeles Philharmonics erleben. Im eigenen Wohnzimmer. Hedy Graber Leiterin Direktion Kultur und Soziales Eine spannende Entwicklung, von der wir noch nicht wissen, wohin sie führt. Migros-Genossenschafts-Bund Trotzdem stellen wir fest, dass immer mehr Menschen reale Konzerte besuchen. Auch ich bin überzeugt: Keine virtuelle Projektion ersetzt das echte Musik- Erlebnis, und sei sie noch so gut. Die Atmosphäre vor, während und nach einem Konzert ist digital nicht reproduzierbar, weil es um viel mehr geht als die Musik. Die Begeisterung des Publikums ist nur direkt vor Ort erlebbar – genauso wie die ganz charakteristischen Eigenschaften eines grossen Konzertsaals. 4 5
G R A M M Z U M P RO Verehrtes Publikum Dass unsere Welt zusammenwächst und dabei auch kulturelle Differenzen eingeebnet Natürlich kommt auch die Schweiz in der aktuellen Spielzeit von Migros-Kulturprozent- werden, ist fast schon eine Binsenwahrheit. Gleichzeitig wird der Ruf nach Individualität, Classics nicht zu kurz, diesmal in Form einer Werk-Hommage. Viele der Sinfoniekonzerte nach dem persönlichen Profil immer lauter. Das gilt auch für die Musik: Längst ist unsere enthalten Musik eines eidgenössischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. So widmet abendländische Klassik auf sämtlichen Kontinenten heimisch – zur Vermittlung aber sich das City of Birmingham Symphony Orchestra Arthur Honegger, das Royal Stockholm bedarf es starker Charaktere, Interpreten mit Charisma und Eigenständigkeit. Solchen Philharmonic Orchestra unter Sakari Oramo spielen Liebermanns hochdramatisches Persönlichkeiten ist die aktuelle Saison von Migros-Kulturprozent-Classics gewidmet. «Furioso», ausserdem erklingen Werke von Bloch, Schoeck und dem Wahlschweizer Sándor Veress. Zu unseren Gästen gehören Künstler wie der Dirigent Sir John Eliot Gardiner oder der Geiger Leonidas Kavakos, die in keine Schublade passen. Oder Pinchas Zukerman Möchten Sie uns auf den weniger ausgetretenen Pfaden klassischer Musik folgen? und Anne-Sophie Mutter, zwei Geigenlegenden, die sich immer wieder neu erfunden Wir würden uns sehr freuen! haben, um nicht in Routine zu starren. Ganz zu schweigen von jungen «Wilden» wie dem Klarinettisten Martin Fröst, dem Blockflötisten Maurice Steger oder den beiden Himmelsstürmern am Dirigentenpult, Lahav Shani und Mirga Gražinytė-Tyla. Sie alle hatten schon früh den Mut, ihren ganz eigenen Weg zu gehen – und wurden belohnt. Eine andere starke Persönlichkeit ist unserem Publikum bestens bekannt: Valery Gergiev, der zusammen mit seinem Mariinsky Orchestra Tschaikowskis zauberhafte letzte Oper «Jolanthe» auf die Konzertbühne bringen wird. Weitere musikalische Highlights sind das Verdi-Requiem in Luzern, Liszts grosse «Faust-Sinfonie» mit der Ungarischen Nationalphil Mischa Damev harmonie sowie zum Abschluss der Saison Bachs h-Moll-Messe unter Philippe Herreweghe. Intendant Ganz besonders freuen wir uns auf die Porträt-Tournee mit dem Komponisten und Dirigenten Migros-Kulturprozent-Classics Tan Dun: Als Leiter des China Philharmonic Orchestra wird er in Genf, Zürich und Luzern eine Auswahl eigener Werke präsentieren. 6 7
A C H H A LT I G E S R E S TA R S V O N E I N N U N S E E NG A G E M E N T ig r o s - K u lt u r pr o z en t MORGE N es M usik t alen t e d S c h w e iz e r M Die Talentwettbewerbe In dieser Konzertserie präsentieren wir die besten Studien- und Förderpreisträger Musik des Das Migros-Kulturprozent fördert begabte Instrumentalmusiker/-innen und Sänger/-innen mit Migros-Kulturprozent. Entdecken Sie jeweils eine Stunde vor folgenden Migros-Kulturprozent- Studien- und Förderpreisen. Dank den Studienpreisen können sich diese auf ihre Aus- oder Weiter- Classics-Konzerten unsere Stars von morgen in einem halbstündigen Rezital: vor allen Konzerten bildung konzentrieren. Die Förderpreise begleiten sie auf nachhaltige Weise auf ihrem Weg in Zürich und in Luzern am 28.11.2018, 27.1.2019, 22.3.2019 und 13.5.2019. Ihr Abonnement oder von der Schule in den Beruf. Sie beinhalten Massnahmen wie die Aufnahme in die Konzertvermitt- Ihre Konzertkarte berechtigt zum kostenlosen Eintritt. lung, die Aufschaltung eines Profils auf der Online-Talentplattform des Migros-Kulturprozent und die Unterstützung bei der Promotion. Ziel ist es, Nachwuchstalenten einen optimalen Karrierestart da zu ermöglichen. © Clive Bar melli www.migros-kulturprozent.ch/talentwettbewerbe © Giorgio Bal Bajovic www.migros-kulturprozent.ch/talentplattform/talente-kuenstler © Natalija Kammermusik-Wettbewerb Alle zwei bis drei Jahre veranstaltet das Migros-Kulturprozent einen öffentlichen Kammermusik- wettbewerb zur Förderung junger Kammermusik-Ensembles. Die drei Finalisten-Ensembles werden in die Konzertvermittlung des Migros-Kulturprozent aufgenommen. Das Preisträger-Ensemble Marie Lys erhält zudem ein Preisgeld von 10 000 Franken sowie die Ernennung zum «Migros-Kulturprozent- chke Paul Hands Ensemble». Diese Auszeichnung beinhaltet ein umfassendes Förderpaket. nus Jérémie Co nn © Ana Hofma www.migros-kulturprozent.ch/kammermusikwettbewerb jzenbeek © Sar ah Wi ego © Jasmin Son Konzertvermittlung Das Migros-Kulturprozent übernimmt im Rahmen seiner Konzertvermittlung zwei Drittel des Honorars von ausgewählten Studienpreisträgern/-innen und Kammermusik-Ensembles. Damit ermöglicht es den Konzertveranstaltern/-innen, zu bescheidenen Konditionen qualitativ anspruchs- volle Konzerte mit Schweizer Musiktalenten anzubieten. Die Musikerinnen und Musiker ihrerseits ler Fabian Zieg können so ihre Konzerterfahrung erweitern und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. nk A nton Spro www.migros-kulturprozent.ch/konzertvermittlung A nna Nero 8 9
Konzert 1 – Abo I © Hans van der Woerd Tonhalle Maag Zürich Rotterdam Philharmonic Orchestra Donnerstag, 25. Oktober 2018, 19.30 h Lahav Shani (Leitung) Pinchas Zukerman (Violine) Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen Programm Ernest Bloch (1880–1959) Hiver– Printemps, deux poème pour orchestre (12') Max Bruch (1838–1920) Allegro moderato Violinkonzert Nr. 1 g-Moll, op. 26 (24') Adagio Finale. Allegro energico Pause Johannes Brahms (1833–1897) Allegro non troppo Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98 (40') Andante moderato Allegro giocoso Allegro energico e passionato Lahav Shani 10 11
PR O G R A M M Ko n z e r t 1 Ernest Bloch (1880–1959) begründete seinen internationalen Ruhm, ver- Johannes Brahms (1833–1897) Hiver–Printemps, deux poèmes pour drängte aber alles, was er bis dahin geschaffen Sinfonie Nr. 4 e-Moll, op. 98 orchestre hatte, und selbst alles, was er in Zukunft noch Johannes Brahms vertritt in der Ernest Bloch wurde 1880 in Genf geboren, stu- schuf. Während seines langen Lebens bis ins Sinfoniegeschichte des 19. Jahr- dierte aber bereits als 14-Jähriger Geige in 20. Jahrhundert und in die Anfänge der Atonali- hunderts die eher traditionell- Paris und später Komposition in Frankfurt und tät hinein blieb Max Bruch ein Konservativer, der konservative Richtung, die im Dis- München. 1904 kehrte er nach Genf zurück, alle Neuerungen der neudeutschen Schule um kurs um eine neue Musik in der wo er seine einzige Oper, «Macbeth», kompo- Franz Liszt und Richard Wagner bekämpfte und 2. Jahrhunderthälfte – ganz beson- nierte, deren Tonsprache deutlich von der auch gegen Richard Strauss polemisierte. Wäh- ders vom Wortführer und Kritiker Musik Debussys beeinflusst ist. Dies gilt auch rend Bruch Ende der 1860er-Jahre als ein führen- Eduard Hanslick – gerne gegen die für die 1905 entstandenen «Deux poèmes der deutscher Musiker gefeiert und in seiner sogenannte neudeutsche Schule aus- pour orchestre», zwei sinfonische Dichtungen. Wirkung gar über Brahms gestellt wurde, war er gespielt wurde. Die vierte Sinfonie «Hiver» (Winter) ist ein schwermütiger, von gegen Ende seines Lebens völlig vereinsamt und ist gleichsam Gipfel und Summe des bohrender Trauer geprägter Satz. «Printemps» wurde als seltsamer Kauz belächelt. Das Werk orchestralen Œuvres von Johannes (Frühling) ein lebensbejahendes Gegenstück. entstand aufgrund der fast schicksalshaften Brahms. In ihr kulminiert nochmals Ernest Bloch Begegnung Bruchs mit dem berühmten Geiger jenes Kompositionsprinzip, welches Max Bruch (1838–1920) Joseph Joachim, aus welcher nicht nur eine charakteristisch für sein Gesamtschaffen ist: Wissenden.» Die gedankliche Konzentration, Violinkonzert Nr. 1 g-Moll, op. 26 intensive Arbeitsbeziehung entstand, sondern die Technik der «entwickelnden Variation», ein die Verdichtung der motivisch-thematischen Bei kaum einem anderen Komponisten reduziert eine fast 40-jährige Freundschaft. Verfahren, das aus einem thematischen Kern Arbeit und die konstruktive Verzahnung der sich die Erinnerung der Musikwelt derart auf Auch mit dem fünf Jahre älteren Johannes durch stete Veränderungen grosse instrumen- Sätze untereinander haben hier ein Höchstmass ein einziges Werk oder gar auf einen Satz wie bei Brahms verband Bruch anfänglich eine enge tale Formen hervorbringt. Die 1884/85 ent erreicht und widersprechen den Vorstellungen Max Bruch. Das Adagio aus dem 1. Violinkonzert Freundschaft. Bruch widmet seine erste Sinfo- standene Sinfonie, deren Partiturautograph der Sinfonie als plakative musikalische Bot- ist bis heute ein absoluter Klassik-Hit und Inbe- nie Johannes Brahms in Freundschaft und dieser im Besitze der Allgemeinen Musikgesellschaft schaft an ein grosses Publikum. griff der Bruch’schen melodischen Musiksprache, lobte das Werk mit den Worten: «Die Sinfonie Zürich ist, verblüffte selbst die treuesten an Poesie und Schönheit kaum zu übertreffen. ist wirklich ganz vortrefflich. Mit viel Freude Brahmsianer durch ihre Variationentechnik, wie Dieses erste Violinkonzert in g-Moll wurde bald (und einigem Neid) sehe ich, wie rührig und fleis exemplarisch aus einem Brief von Elisabeth von nach der Uraufführung mit Joseph Joachim als sig Sie sind.» Erst viel später – 1876 – setzte Herzogenberg an den Komponisten zu lesen Solisten am 7. Januar 1868 in ganz Europa zu auch Brahms als 43-Jähriger zu seinem sinfo ist: «Es ist mir, als wenn eben diese Schöpfung einem Dauerbrenner. Der Name Bruch ist von da nischen Höhenflug an, dann aber heftig. Er über- zu sehr auf das Auge des Mikroskopikers berech- an mit diesem Konzert verbunden und daran hat flügelte Bruch sogar und drängte den Kollegen net wäre, als wenn nicht für jeden einfachen sich bis heute wenig geändert. Für Bruch bedeu- in die Verlierer-Ecke. Die Freundschaft wurde Liebhaber die Schönheiten offen da lägen, als tete das Konzert Fluch und Segen zugleich. Es sehr getrübt und brach schliesslich. wäre es eine kleine Welt für die Klugen und 12 13
INTE R P R E T E N Lahav Shani Die erfolgreiche Teilnahme am Gustav-Mahler- unterricht bei Hannah Shalgi und setzte seine Ko n z e r t 1 Dirigentenwettbewerb 2013 brachte dem jungen Ausbildung an der Buchmann-Mehta School of israelischen Pianisten und Dirigenten Lahav Music in Tel Aviv fort. Es folgten ein Dirigier- Shani den internationalen Durchbruch und damit studium bei Prof. Christian Ehwald und ein Kla- die Einladungen, als Dirigent mit bedeutenden vierstudium bei Prof. Fabio Bidini an der Hoch- Orchestern zu arbeiten, darunter mit dem Israel schule für Musik «Hanns Eisler» in Berlin. In den Philharmonic Orchestra, dem Rundfunk-Sinfonie letzten Jahren wurde er ausserdem von Daniel orchester Berlin, dem niederländischen Radio Barenboim betreut. Sein Debüt beim Rotterdam Rotterdam Philharmonic Orchestra Filharmonisch Orkest, der Deutschen Kammer- Philharmonic gab Lahav Shani im Juni 2016 als Das Rotterdam Philharmonic Orchestra (Rotter- Auf ihn folgte 2008 Yannick Nézet-Séguin und philharmonie Bremen, den Bamberger Sympho- Dirigent und Solopianist mit so grossem Erfolg, dams Philharmonisch Orkest) kann in diesem mit Beginn der Saison 2018/19 ist der junge nikern und dem Sinfonieorchester Basel. Lahav dass die Orchestermusiker ihn einstimmig zu Jahr auf eine hundertjährige Geschichte zurück- israelische Dirigent Lahav Shani Chefdirigent Shani wurde 1989 in Tel Aviv geboren. Im Alter ihrem neuen Chefdirigenten ab der Saison blicken. 1918 wurde es von Musikern gegrün- des Orchesters. Neben den Sinfoniekonzerten von sechs Jahren erhielt er seinen ersten Klavier- 2018/19 wählten. det, die allein zu ihrem Vergnügen konzertier- im Kulturzentrum «De Doelen» gestaltet das ten. Unter der Leitung von Eduard Flipse (1930– Orchester auch regelmässig Opernaufführun- Pinchas Zukerman 1962) erfolgte eine Professionalisierung und der gen an der Nederlandse Opera. Mit seinen Kon- Pinchas Zukerman ist seit über vier Jahrzehnten School of Music in New York. Seit 1998 ist er Aufstieg zum führenden Orchester der Nieder- zerten, Gastspielen und Education-Projekten ein Phänomen in der Musikwelt, gleicherma- Chefdirigent des National Arts Centre Orchestra lande nach dem Concertgebouw Orchester in erreicht das Orchester ein Publikum von 200 000 ssen respektiert als Geiger, Bratschist, Dirigent, in Ottawa (Kanada). 1978 bis 1980 war er Leiter Amsterdam. Es folgten als Chefdirigenten Franz- Musikliebhabern. Ein reicher Katalog mit CD- Pädagoge und Kammermusiker. Seine ausser- der South Bank Summer Music, 1980 bis 1987 Paul Decker, Jean Fournet, Edo de Waart, David Einspielungen, die von Dokumenten aus den gewöhnliche Musikalität und überragende Tech- des St. Paul Chamber Orchestra von Minnesota, Zinman, James Conlon und Jeffrey Tate. Von Gründerjahren unter Eduard Flipse bis zu aktu- nik begründen seine anhaltenden Erfolge bei 1993 bis 1995 Chefdirigent des Dallas Sym- 1995 bis 2008 stand Valery Gergiev an der Spitze ellen Aufnahmen reichen, ermöglicht einen Publikum und Presse. Er wurde vom sechsten phony Orchestra. Pinchas Zukermans Disko des Orchesters und brachte es zu Weltruhm. Überblick über die Geschichte des Orchesters. Lebensjahr an am Israel Conservatory ausgebil- grafie umfasst mehr als 100 Aufnahmen, die mit det und studierte 1962 bis 1967 an der Juilliard 21 Grammy-Nominierungen und zwei Gewinnen gekrönt wurden. Ausserdem wirkte er in der Verfilmung von Friedrich Dürrenmatts Kriminalroman «Der Richter und sein Henker» mit. rman Pinchas Zuke Lahav Shani ic Orchestra 14 Philharmon 15 Rot terdam
Konzert 2 – Abo II © Raffay Zsofi Tonhalle Maag Zürich Ungarische Nationalphilharmonie Dienstag, 27. November 2018, 19.30 h Zsolt Hamar (Leitung) Louis Schwizgebel (Klavier) Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen Programm Sándor Veress (1907–1992) Threnos in memoriam Béla Bartók (14') Franz Liszt (1811–1886) Allegro maestoso Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur (20') Quasi Adagio Allegretto vivace Pause Franz Liszt I. Faust Eine Faust-Sinfonie (67') II. Gretchen III. Mephistopheles Zsolt Hamar 16 17
PR O G R A M M Franz Liszt Kon z er t 2 Sándor Veress (1907–1992) Franz Liszt (1811–1886) Franz Liszt (1811–1886) Threnos in memoriam Béla Bartók Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur Eine Faust-Sinfonie Der ungarisch-schweizerische Komponist Sándor Franz Liszt gehört zu den wichtigsten Musiker- Neben einem guten Dutzend sinfo- Veress gilt als bedeutendster Vertreter der Kom- persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, nicht nischer Dichtungen verfasste Liszt ponistengeneration zwischen Béla Bartók und einmal primär wegen seiner Kompositionen, in Weimar auch zwei Sinfonien, die Sándor Kodály einerseits und György Ligeti und vielmehr als integrierende Persönlichkeit als allerdings auch nicht weit von der György Kurtág andererseits. 1949 übersiedelte Pianist, Lehrer, Organisator und Sozialutopist. Er sinfonischen Dichtung stehen, denn er in die Schweiz, wo er an der Universität und unterhielt enge Beziehungen nicht nur zu vielen sie widmen sich zwei grossen litera- später am Konservatorium unterrichtete. Das wichtigen Komponisten seiner Zeit, sondern auch rischen Schöpfungen, der «Divina rund viertelstündige Orchesterwerk «Threnos zu vielen Geistesgrössen in ganz Europa. Seine Commedia» in der Dante-Sinfonie in memoriam Béla Bartók» entstand 1945 noch Biografie entwickelte sich von Ungarn aus über sowie Goethes Meisterwerk in der in Budapest als das letzte bedeutende Werk Wien, Paris, Weimar und Rom, wo er überall län- Faust-Sinfonie. Liszt hat Goethes Werk Veress’ vor der Schaffenspause, die dem Schritt gere Zeit wirkte. Im Alter von 16 Jahren setzte schon in jungen Jahren gelesen und in die Emigration im Februar 1949 vorausging. Liszt zu einer fulminanten Karriere als Pianist an, trug sich bereits in den 1840er-Jahren Veress schrieb es in kürzester Zeit als Reak- vergleichbar der Stellung von Paganini auf der mit dem Gedanken, eine Faust-Sinfonie tion auf die Nachricht vom Tode Bartóks am Violine. Dem Leben als Klaviervirtuose über- zu schreiben, angeregt durch Berlioz’ 26. September 1945, und das Werk wurde noch drüssig liess er sich 1842 als Hofkapellmeister «Damnation de Faust». Allerdings handelt im gleichen Jahr in Budapest uraufgeführt. Das in Weimar nieder und widmete sich der Orches- es sich nicht um eine Nacherzählung der Werk ist ein eindrücklicher Klagegesang auf termusik. Hier entstanden seine sinfonischen Faust-Handlung, sondern eher um eine den verehrten Meister, bei welchem Veress in Dichtungen, eine neue Gattung sinfonischer Nachdichtung mit Musikeigenen tonsym- den 1920er-Jahren noch studiert und später als Musik als einsätzige Werke, die formal einer bolischen Mitteln – entsprechend Liszts Assistent an der grossen Edition ungarischer aussermusikalischen Handlung folgen. Auch Überzeugung, dass die Musik als eine Art Volksliedmelodien mitgearbeitet hatte. zwei früher konzipierte Klavierkonzerte voll gesteigerter Sprache den Mangel an Ausdruck- endete er hier in Weimar, so auch das in den stiefe der Literatur überwinden könne. Aus- 1830er-Jahren entstandene 1. Klavierkonzert, gangspunkt für die dreiteilige dramaturgische welches er in 1849 in Weimar vollendete und Anlage sind die drei Hauptfiguren der Dichtung: selber 1855 uraufführte unter der Leitung seines Faust selber, sein Alter Ego Mephistopheles Freundes Hector Berlioz. und das unschuldige Gretchen. 18
IN T E R P R E T E N Kon z er t 2 Zsolt Hamar Nach Abschluss seiner Klavier-, Kompositions- allen wichtigen ungarischen Orchestern und war und Dirigierstudien an der Franz-Liszt-Musik Chefdirigent des Pannon Philharmonic Orchestra akademie seiner Heimatstadt Budapest gewann in Pécs. Gastdirigate für Konzert und Oper führ- Zsolt Hamar Ende der 1990er-Jahre zahlreiche ten ihn durch ganz Europa und Japan. Seit 2007 Ungarische Nationalphilharmonie Dirigierwettbewerbe und wurde Assistent Lorin tritt er auch regelmässig am Opernhaus Zürich Die ungarische Nationalphilharmonie wurde unter der künstlerischen Leitung von Zsolt Hamar. Maazels bei den Salzburger Festspielen 1998. auf. Von 2012 bis zu seiner Berufung an die 1923 gegründet und ist seither eines der füh- Das Werk von Béla Bartók nimmt eine zentrale Bereits 1997 holte ihn Zoltán Kocsis als ständi- Ungarische Nationalphilharmonie war Zsolt renden ungarischen Sinfonieorchester. Geprägt Stellung im Repertoire des Orchesters ein, und gen Gastdirigenten zur ungarischen National- Hamar Generalmusikdirektor des Hessischen wurde es von Namen wie Ferenc Fricsay, János das Ensemble hat in den «Bartók New Series» philharmonie. Seither arbeitete Zsolt Hamar mit Staatstheaters Wiesbaden. Ferencsik und Kobayashi Ken-Ichiro, bevor Zoltán massstabsetzende Interpretationen vorgelegt. Kocsis 1997 für fast zwanzig Jahre das Orchester In den vergangenen 15 Jahren hat das Orchester Louis Schwizgebel übernahm, es rundum erneuerte und das Reper- über 300 Konzerte in 40 Ländern auf der ganzen 1987 als Sohn einer schweizerisch-chinesischen mit zahlreichen Orchestern auf, wie mit dem toire enorm erweiterte, auch um zeitgenössische Welt gegeben. Künstlerfamilie in Genf geboren, begann Louis London Philharmonic, dem BBC Symphony, dem ungarische Werke. Seit 2017 steht das Orchester Schwizgebel sehr früh mit dem Klavierspiel bei Oslo Philharmonic, den Wiener Symphonikern, Brigitte Meyer in Lausanne und gewann bereits dem Orchestre National de Lyon, dem Orchestre mit 17 Jahren den «Concours de Genève». Der de la Suisse Romande, dem Zürcher Tonhalle- Studienpreisträger der Migros erhielt zudem Orchester, dem Nagoya Philharmonic Orchestra, 2012 den zweiten Preis der Leeds International dem Shanghai Philharmonic. 2014 gab er sein Piano Competition und war von 2013 bis 2015 fulminantes Debüt mit Fernsehübertragung bei BBC New Generation Artist. Er trat als Solist den BBC Proms in London. izgebel Louis Schw Zsolt Hamar 20 lharmonie 21 Nationalphi Ungarische
Konzert 3 – Abo I Tonhalle Maag Zürich China Philharmonic Orchestra Samstag, 26. Januar 2019, 19.30 h Tan Dun (Leitung) Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen Programm Igor Strawinski (1882–1971) Feu d’artifice op. 4 (4') Tan Dun (*1957) Water Concerto (27') Pause Ren Tongxiang (*1927) 100 Birds Flying Toward Phoenix (arrangement by Guan Xia) (12’) Igor Strawinski Einleitung Suite «Der Feuervogel» (1919) (23') Der Feuervogel und sein Tanz Variation. Der Feuervogel Reigen der Prinzessinnen Höllentanz des Königs Kaschtschei Wiegenlied Finale Tan Dun 22 23
PR O G R A M M Ko n z e r t 3 Igor Strawinski (1882–1971) Rahmenteile ergeben ein musikalisches Feuer- Tan Dun (*1957) kussionisten flankiert. Sie erzeugen mithilfe von Feu d’artifice op. 4 werk, das wie sein reales Vorbild in atem Water Concerto Gläsern, Flaschen, Röhren und einer Wasser- Zu Beginn des Jahres 1908 wartete der junge beraubender Schnelligkeit vorüberzieht. Eine Elementarste sinnliche Erfahrungen spielten im trommel, verstärkt durch Mikrophone, unter- Igor Strawinski, Absolvent des Petersburger Atempause bietet allein der zentrale Lento- Schaffen des chinesischen Komponisten Tan Dun schiedlichste Geräusche: ein Gluckern, Tropfen, Musikkonservatoriums, noch auf seinen Durch- Abschnitt mit seinen flirrenden, schillernden schon immer eine zentrale Rolle. Den (Klang-) Klatschen, Fließen, Rauschen, Schmatzen … – bruch. Seine Sinfonie Nr. 1 war weitgehend Klangflächen. Keine vier Minuten dauert dieses Themen «Erde» und «Papier» widmete er grosse komplett integriert in die Klangwelt des traditi- freundlich aufgenommen worden, ansonsten orchestrale Glanzstück. konzertante Werke; seine «Water Passion», kom- onellen Sinfonieorchesters. hatte er v.a. Klavierstücke und Lieder geschrie- Rimsky-Korsakow, der nur wenige Tage nach poniert 2000 zum Gedenken an J.S. Bach, erfor- Dass angesichts dieser ungewöhnlichen Kons- ben. Nun stand die Hochzeit zweier Freunde der Hochzeit starb, konnte «Feu d’artifice» nicht dert den Einsatz eines speziellen Wasser-Instru- tellation alles vordergründig Virtuose zugunsten bevor: Maximilian Steinbergs, eines Studien- mehr hören. Wohl aber Sergej Dhiagilew, der mentariums. Noch einen Schritt weiter ging Tan der Erkundung von Natur-Klängen zurücktritt, kollegen, und Nadeschdas, der Tochter von Leiter der Ballets Russes in Paris. Vom Talent Dun in seinem «Water Concerto», das die Mög- verwundert nicht. Tan Dun nennt als Ziel seiner Strawinskys Lehrer Rimsky-Korsakow. Für sie des jungen Mannes überzeugt, beauftragte er lichkeit, mit Wasser Geräusche und Klänge zu kompositorischen Arbeit denn auch die Suche komponierte er ein kurzes Orchesterstück: Strawinski 1909 mit der Komposition einer produzieren, prominent ins Zentrum des musika- nach dem eigenen Ich. Das Konzert als Reise in «Feu d’artifice». abendfüllenden Ballettmusik, die nicht zufällig lischen Geschehens rückt. die Vergangenheit, zu den Wurzeln sinnlicher Dem privaten Anlass entsprechend steht das ebenfalls den Begriff des Feuers im Titel trägt. Das Konzert, dreisätzig mit kurzem Prélude, Erfahrung: Aus dem Spiel mit Wasser wird ein Werk noch deutlich in der Tradition Rimsky- Mit dem «Feuervogel» gelang Strawinsky nicht hatte 1999 in New York Premiere. Ein Soloper- Nachhorchen und irgendwann ein Nachgestal- Korsakows: strahlend, farbenreich, brillant nur der Schritt zur künstlerischen Meisterschaft, kussionist, der zwei mit Wasser gefüllte Schalen ten. «Wenn ich mich selbst finde», resümiert Tan instrumentiert. Die wirbelnden Drehfiguren, sondern auch derjenige ins Herz der europäi- «bespielt», wird von zwei weiteren Wasserper- Dun, «kann ich auch meine Musik finden.» auf- und abschiessenden Skalen der beiden schen Musikavantgarde, nach Paris. Tan Dun 24 25
PR O G R A M M Ko n z e r t 3 Ren Tongxiang (*1927) Mit romantischer Naturidealisierung, wie wir sie Igor Strawinski (1882–1971) bereits entworfen. Sie bedienten sich dabei 100 Birds Flying Toward Phoenix aus der abendländischen Klassik kennen, hat Suite «Der Feuervogel» (1919) dreier Erzählungen aus der berühmten Samm- (arrangement by Guan Xia) dieses Verfahren wenig zu tun. Rens Musik ist Für den «Feuervogel» liess Igor Strawinski sogar lung «Russische Volksmärchen»: Iwan Zarewitsch Bei der Suona handelt es sich um ein Holzblas- viel direkter, gegenwärtiger und durchpulst von eine Oper liegen. Im Herbst 1909 hatte der junge fängt den mythischen Feuervogel, schenkt ihm instrument mit Doppelrohrblatt, vergleichbar einer ausserordentlichen Energie. Nicht zufällig Komponist gerade den 1. Akt der «Nachtigall» das Leben und besiegt mit seiner Hilfe den der europäischen Oboe. Ihr Korpus ist etwas steht im Chinesischen der mythische Vogel nach Andersen beendet, als er ein Telegramm Zauberer Kastschei. kürzer und schmaler, der Schalltrichter breiter Phönix für sehr irdische Werte wie Reichtum von Sergej Dhiagilew erhielt: ob er ein Stück für Auf diese märchentypische Konstellation mit und aus Messing oder Kupfer. Wer sie einmal und Glück. Wir hören das Stück in einer Neu dessen in Paris gastierende Ballettkompagnie klarer Rollenverteilung von Gut und Böse, Hell gehört hat, wird ihren durchdringenden, schal- bearbeitung für Suona und Sinfonieorchester schreiben wolle. Strawinsky, ausserhalb seiner und Dunkel antwortet Strawinski mit einem ähn- meienähnlichen Ton nicht mehr vergessen. durch den Komponisten Guan Xia (geb. 1957), Heimat noch völlig unbekannt, ergriff die Gele- lich klaren kompositorischen Rezept, das er frei- Obwohl die Suona ursprünglich aus Zentralasien der sich vor allem auf dem Gebiet der Filmmusik genheit beim Schopf und sagte sofort zu. lich bis ins Kleinste ausdifferenzierte: Iwan und stammt, zählt sie schon lange zu den traditionel- und der Oper einen Namen gemacht hat. Dhiagilew und seine Mitstreiter, der Choreo- seine Braut werden durch diatonische Melodien len chinesischen Musikinstrumenten, vor allem graph Michail Fokin und der Kostümbildner Léon charakterisiert, Kastschei durch Chromatik, der in den nordöstllichen Provinzen Shandong, Hebei Bakst, hatten Sujet und Handlung des Balletts Feuervogel durch zusätzliche Intervalle. Ein und Henan. Modell, das Strawinsky bei seinem Ein berühmter Suona-Spieler des 20. Jahrhun- Lehrer Rimsky-Korsakow studiert derts war Ren Tongxiang, geboren 1926 im länd- hatte, wie auch die glänzende Inst- lichen Shandong. Von ihm stammt das wohl rumentierung dem Älteren verpflich- bekannteste Stück für Suona und traditionelles tet ist. Weitere Vorbilder sind chinesisches Orchester, «Hundert Vögel in Tschaikowsky (Figurenzeichnung) Anbetung des Phönix» (1953). Ren kompilierte und Mussorgsky (der hymnische hier Volksmelodien seiner Heimat mit einem Schluss); harmonisch dagegen Solopart, der auf höchst virtuose und bisweilen geht das Werk selbstbewusst täuschend echte Weise Vogelstimmen imitiert. neue Wege. Aus der Ballettmusik stellte Strawinski selbst 1919 eine Orchestersuite zusammen. Igor Strawinski 26 27
INTE R P R E T E N Ko n z e r t 3 Tan Dun Tan Dun ist heute als Dirigent wie Komponist Columbia University. Die amerikanische Metro- einer der wichtigsten musikalischen Brücken- pole eröffnete ihm Kontakte zu Experimental- bauer zwischen Ost und West, zwischen chine- musikern wie Philip Glass, John Cage und Steve China Philharmonic Orchestra sischer und europäisch-amerikanischer Musik. Reich. 2010 war er Kulturbotschafter für die Das China Philharmonic Orchestra wurde im «Gramophone» unter die zehn inspirierendsten Dun wurde in der chinesischen Provinz Hunan Expo in Shanghai. Als Dirigent leitete er u.a. das Jahre 2000 auf der Basis des chinesischen Orchester weltweit ein. In den 17 Jahren seiner geboren. Während der Kulturrevolution in China Concertgebouw-Orchester, London Symphony Rundfunk-Orchesters gegründet und gab sein Existenz hat es über 3000 Werke – viele dar- musste er ab 1974 als Reisbauer arbeiten. Um Orchestra, Berliner Philharmoniker, New York Debütkonzert am 16. Dezember unter Long Yu. unter als Welt- oder China-Premiere – in weit den beengten Verhältnissen zu entfliehen, schloss Philharmonic, Philadelphia Orchestra, Orchestre In kürzester Zeit entwickelte es sich zum füh- über 1000 Konzerten für ein Millionenpublikum er sich als Violinist und Arrangeur einer Peking- National de France, BBC Symphony Orchestra, renden Orchester Chinas und innerhalb Asiens aufgeführt. Mehrere Tourneen führten das Oper-Gruppe an. In Peking studierte er von 1978 Münchner Philharmoniker, Filarmonica della Scala zum Orchester mit dem grössten internationa- Orchester durch Europa, Nordamerika, Kuba und bis 1983 Komposition bei Li Yinghai und Zhao und Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa len Renommee. 2009 reihte es die Zeitschrift Zentralasien (Seidenstrasse). Xingdao am Zentralen Konservatorium. Weitere Cecilia. In seinen Kompositionen (Orchestermu- Studien führten ihn zu bekannten Komponisten sik, Opern, Filmmusik) verknüpft er klassische wie Hans Werner Henze, Yun I-sang, George und moderne Musikelemente und verbindet Crumb und Tōru Takemitsu. In den 1980er-Jahren asiatische mit europäischen Musikrichtungen. zog er nach New York und studierte an der Tan Dun 28 hestra 29 armonic Orc China Philh
Konzert 4 – Abo II © Mats Bäcker Tonhalle Maag Zürich Royal Stockholm Philharmonic Orchestra Mittwoch, 20. März 2019, 19.30 h Sakari Oramo (Leitung) Martin Fröst (Klarinette) Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen Programm Rolf Liebermann (1910–1999) Furioso für grosses Orchester (1947) (8') Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622 (29') Adagio Allegro Pause Gustav Mahler (1860–1911) Langsam, schleppend – immer sehr gemächlich Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan» (56') Kräftig bewegt Feierlich und gemessen, ohne zu schleppen Stürmisch bewegt t Martin Frös 30 31
PR O G R A M M Kon z er t 4 Rolf Liebermann (1910–1999) Orchesters belebt werden. Amüsant liest sich namigem Roman. Wie in den Furioso für grosses Orchester nach 70 Jahren die damalige Kritik im Spiegel: folgenden drei Sinfonien ver Rolf Liebermann war eine der schillerndsten «Das ‹Furioso› für Orchester […] ist offenbar arbeitete er zeitgleich entstan- Persönlichkeiten der Schweizer Musikszene nach Nachkriegsschweizer Massstäben konzi- dene Lieder aus «Des Knaben nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Spross der piert. Kaum vorstellbar, dass einem unterge- Wunderhorn», weshalb die bekannten Berliner Familie Liebermann mit fran- wichtigen, sparsam ernährten deutschen Noten- Sinfonien 1–4 auch «Wun- zösischem Einschlag mütterlicherseits wuchs schreiber ein so vitales, kraftgeladenes Stück derhorn-Sinfonien» genannt in Zürich auf, wo er neben Jura auch Musik am heute einfallen könnte. Es ist eine Musik, die aus werden. Gemäss eigenen Privatkonservatorium José Berr studierte, als den Nähten platzt. Ihr wildes Tempo verschlägt Aussagen wollte Mahler in Chanson-Komponist in Kabaretts mitwirkte, bei dem Zuhörer den Atem. Rasende Sechzehntel- diesem Werk «einen kraft- Wladimir Vogel in die strenge Kompositions- gänge versetzen die aus (kaum noch vorhan voll-heldenhaften Men- lehre nach den Zwölftonregeln ging, Dirigier- denen) Leibeskräften blasenden und streichen- schen, sein Leben und kurse bei Hermann Scherchen besuchte und den Orchestermusiker in Transpiration, und dem Leiden, sein Ringen gegen gleich nach dem Krieg als Tonmeister beim zu unaufhörlichem Schlagen verurteilten Pauker das Geschick und schliesslich den Sieg» schil- Schweizer Radio wirkte. Bekannt wurde er auch werden die Knie weich …» («Der Spiegel», Rolf Liebermann dern. Die Sinfonie beginnt mit einer langsamen als erfolgreicher Intendant an der Hamburgi- 2. August 1947) Einleitung «wie ein Naturlaut» im Walde, wo schen Staatsoper (1959–73 und 1985–88) wie orchester – also keine Oboen, Klarinetten, das Sonnenlicht durch die Zweige zittert, und auch an der Pariser Oper (1973–80). Als Kompo- Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Trompeten und Pauken. Dies gibt dem Konzert der Held schreitet in den Tag hinaus: «Ging nist keiner Schublade zuzuordnen, trat er mit Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622 den reizvoll-intimen Charakter. heut morgen übers Feld» (so der Titel des Lie- spektakulären Werken, wie dem Concerto für Das Klarinettenkonzert von Mozart zählt zu den des, welches hier verarbeitet wurde). Im zwei- Jazzband und Sinfonieorchester sowie dem absoluten Perlen dieser Gattung. Es entstand Gustav Mahler (1860–1911) ten Satz treibt sich der Jüngling schon kräfti- Stück «Les Echanges» für 156 Büromaschinen kurz vor dessen Tod als allerletztes Solokonzert Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan» ger, derber und lebenstüchtiger in der Welt für die EXPO 1964 in Lausanne in das Bewusst- noch nach Vollendung der «Zauberflöte» für den Gustav Mahler schrieb seinen sinfonischen herum, während er im dritten, dem «Bruder- sein einer breiten Öffentlichkeit. Sein knapp eng befreundeten Wiener Klarinettisten Anton Erstling ursprünglich als fünfsätzige «Sympho- Martin-Satz» (es wird hier das berühmte zehnminütiges Orchesterstück «Furioso», 1947 Stadler. Was die Meisterschaft dieses Konzerts nische Dichtung» über einen Zeitraum von vier «Frère-Jacques»-Lied zitiert), schon «ein Haar bei den Darmstädter Musiktagen unter Hermann ausmacht, ist der Variantenreichtum und die Jahren von 1884 bis 1888 und führte ihn 1889 in der Suppe gefunden hat» und ihm «die Mahl- Scherchen uraufgeführt, machte den Namen Fülle von Details, deren Zusammenwirken erst selber in Budapest, wo er zu jener Zeit als zeit verdorben ist». Mit einem entsetzlichen Liebermann erstmals international bekannt. Das die unverwechselbare Charakteristik dieses Operndirektor wirkte, erstmals auf. Er unterzog Aufschrei beginnt der letzte Satz, in welchem in seiner Wildheit kompromisslose Werk weist weich-sehnsüchtigen, vollendet ausgewogenen das Werk daraufhin einer grösseren Revision, der Held mit allem Leid dieser Welt in furcht- drei Teile auf, die von einem Rhythmusmuster Klanges ausmacht. Die Orchesterbesetzung strich einen Satz (den «Blumine»-Satz) und barstem Kampfe steht. Der finale Siegerchoral der Pauken, einem Klavier-Ritornell und einer ist ausgesprochen sparsam: Lediglich je zwei editierte das Werk als viersätzige Sinfonie mit zeigt die siegreiche Überwindung aller Wider- grossartigen rhythmischen Kontrapunktik des Flöten, Fagotte und Hörner treten zum Streich- dem Untertitel «Titan» nach Jean Pauls gleich- wärtigkeiten an. 32 33
INTE R P R E T E N Ko n z e r t 4 Sakari Oramo Sakari Oramo war zuerst Konzertmeister des Symphony Orchestra, bis er 2008 zum Chef Finnischen Radio-Sinfonieorchesters, bevor er dirigenten des Royal Stockholm Philharmonic ab 1989 an der Sibelius-Akademie in Helsinki Orchestra ernannt wurde. Neben dieser Position Dirigieren studierte. Bald nach der Ausbildung wurde er 2013 auch Chefdirigent des BBC Sym- sprang er kurzfristig für den erkrankten Chef- phony Orchestra. Zudem leitet er das West Coast dirigenten ein und wurde sogleich zum stellver- Kokkola Opera Festival in Finnland. 2015 war tretenden und schliesslich zum Chefdirigenten Sakari Oramo Gewinner des Royal Philharmonic Royal Stockholm Philharmonic Orchestra ernannt. 1998 wurde er als Nachfolger von Simon Society Conductor of the Year Award. Das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra und Gennadi Roschdestwensky. Zu den regu Rattle Musikdirektor des City of Birmingham (schwedisch: Kungliga Filharmoniska Orkestern) lären Gastdirigenten gehören Riccardo Muti, wurde 1902 als Stockholmer Konzertgesell- Andris Nelsons, Franz Welser-Möst, Herbert Martin Fröst schaft gegründet. Seit 1926 ist das Konsert Blomstedt und der Ehrendirigent Alan Gilbert. Der schwedische Klarinettist Martin Fröst, Orchestra, dem New York Philharmonic, dem huset die Heimadresse. Das Orchester gibt rund Seit 2008 ist der finnische Dirigent Sakari Oramo Träger des Léonie-Sonning-Musikpreises 2014 Orchestre National de France, der Academy of 100 Konzerte jährlich und begleitet auch die künstlerischer Leiter des Royal Stockholm Phil- und ECHO-Klassik-Preisträger 2016, gilt heute St. Martin in the Fields und dem NHK Symphony Nobelpreisfeiern sowie die Übergabe des Polar- harmonic Orchestra, welches kürzlich von der als einer der besten Klarinettisten weltweit, Orchestra Tokyo. Als Kammermusikpartner tritt Musikpreises. Unter dem Dutzend Chefdirigen- deutschen Zeitung «Die Welt» als eines der nicht nur als Solist und Kammermusiker, son- er regelmässig mit führenden internationalen ten seit der Orchestergründung finden sich so besten Orchester der Welt betitelt wurde. dern auch als Klezmer- und Jazzklarinettist. Grössen auf, wie Sol Gabetta, Janine Jansen bekannte Namen wie Václav Talich, Antal Doráti Ohnehin will er musikalische Etiketten hinter und Yuja Wang. Mit dem auf mehrere Jahre sich lassen und Tanz und Theater enger mit der hinaus geplanten eigenen Projekt «Genesis» Musik verflechten. Eine steile Karriere führte erforscht er Quellen und Entwicklungen von ihn zur Zusammenarbeit mit so bedeutenden Musik, die ihre Wurzeln in der Volksmusik und Orchestern wie dem Royal Concertgebouw in heiligen Riten hat. t Mar tin Frös o Sakari Oram ra 34 onic Orchest 35 ho lm Philharm Royal Stock
Konzert 5 – Abo I © Marco Borggreve Tonhalle Maag Zürich Chamber Orchestra of Europe Dienstag, 9. April 2019, 19.30 h Leonidas Kavakos (Leitung und Violine) Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen Programm Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro Violinkonzert Nr. 3 KV 216 (27') Adagio Allegro Othmar Schoeck (1886–1957) Sommernacht op. 58, (15') Pastorales Intermezzo für Streichorchester Pause Ludwig van Beethoven (1770–1827) Allegro con brio Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» (45') Marcia funebre. Adagio assai Scherzo. Allegro vivace Finale. Allegro molto vakos Leonidas Ka 36 37
PR O G R A M M Kon z er t 5 Wolfgang A. Mozart (1756–1791) der romantischen Kunstauffassung anzuhän- heitsideale der Französischen Revolution, und Violinkonzert Nr. 3 KV 216 gen, führte zum Erfolg, erschwerte ihm aller- Beethoven wollte sie bekanntlich Napoleon, Mozart war bekanntlich auch ein ausgezeichne- dings nach dem Zweiten Weltkrieg die interna- dem Hoffnungsträger der europäischen Intelli- ter Geiger. Davon zeugen seine insgesamt fünf tionale Anerkennung. Das pastorale Intermezzo genz, widmen. Nachdem sich Napoleon aber Violinkonzerte, die er als Neunzehnjähriger sozu- «Sommernacht» für Streichorchester folgt die- 1804 zum Kaiser krönen liess, zerriss Beethoven sagen in einem Zug innerhalb des Jahres 1775 ser Ästhetik. Es entstand bei Kriegsende 1945 die Titelseite des Manuskripts, und im Erstdruck komponierte. Er war zu dieser Zeit am erzbischöf- im Auftrag der Bernischen Musikgesellschaft, erschien nur noch der Vermerk: «Zur Feier des lichen Hof in Salzburg als Konzertmeister tätig. die das Werk auch am 17. Dezember 1945 urauf Andenkens an einen grossen Menschen (Sinfo- Die fünf Konzerte blieben Mozarts einzige Bei- führte. Die Komposition folgt dem Gedicht nia eroica composta per festigiare il Souvenire träge zu dieser Gattung. Sein Instrument war «Sommernacht» von Gottfried Keller, in wel- di un gran’Uomo)». Seither wird immer wieder vorrangig das Klavier. Dennoch bilden sie in der chem von einem alten Brauch erzählt wird, gerätselt, wer mit diesem «gran’Uomo» gemeint Entwicklung der Gattung nach Johann Sebastian demzufolge die jungen Männer eines Dorfes war. Zitate in der Sinfonie aus dem 1801 kompo- Bachs Violinkonzerten einen neuen Höhepunkt. das Getreide von Witwen einbringen, die sich nierten Ballett «Die Geschöpfe des Prometheus» In ihnen hat Mozart alles zusammengefasst, was eine Hilfe für die Feldarbeit nicht leisten kön- weisen auf den Titanen Prometheus, der den er an Entwicklung in Deutschland, Frankreich nen. Das Kommen und Gehen der Landsleute Menschen das Feuer brachte. Prometheus war und Italien aufgenommen hatte. Während die erlaubt Schoeck, die Geschichte in einer drei- für viele Intellektuelle jener Zeit Symbolfigur für beiden ersten Violinkonzerte Mozarts noch sehr teiligen Form zu erzählen. Kellers Wortbilder die zukünftige freie, aufgeklärte Gesellschaft. konventionell daherkommen und das Orchester («der Glühwurm schimmert», «ein nächtlich sich rein auf Begleitaufgaben beschränkt, treten Silberblinken von Sicheln») werden bei Schoeck im Violinkonzert Nr. 3 KV 216 Violine und Orches- zu eigentlichen Hörerlebnissen (Vogelrufe, ter viel mehr in einen Dialog. Der langsame Satz Harmonikaklänge). ist von einer besonderen Tiefe des Ausdrucks gezeichnet und der Schlusssatz höchst originell Ludwig van Beethoven (1770–1827) und voller Überraschungen. Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» Mit der «Sinfonia eroica» komponierte Ludwig Othmar Schoeck (1886–1957) van Beethoven im Jahre 1803 ein Schlüsselwerk Sommernacht op. 58, Pastorales der Musikgeschichte. Ein völlig neuartiger, vehe- Intermezzo für Streichorchester ment emotionaler, pathetisch beschwörender Othmar Schoeck zählt zu den bedeutendsten Ausdruck prägt diese Sinfonie, die mit der klas- Schweizer Komponisten. Seine Weigerung, sischen Sinfonie Haydns und Mozarts bricht, den Entwicklungen der Musik ab den 1920er- ohne jedoch die Grundform der Sinfonie aufzu- Jahren – u. a. der Atonalität – zu folgen und eher geben. Dieses Werk ergreift Partei für die Frei- Othmar Schoeck 38 39
IN T E R P R E T E N Kon z er t 5 Chamber Orchestra of Europe Leonidas Kavakos Das Chamber Orchestra of Europe (COE) ent- 60 Mitglieder aus verschiedenen europäischen Im hochglanzpolierten Musikgeschäft von heute dem drei Jahre später Triumphe in New York und stand 1981, als einige Musiker des European Ländern, die parallel zu ihrer Orchestertätigkeit ist Leonidas Kavakos eine Ausnahmeerscheinung: Genua folgten; hochgelobte Einspielungen, dar- Community Youth Orchestra die für dieses Karrieren als Solisten, Stimmführer nationaler uneitel, keiner Mode unterworfen, nur seinem unter die beiden Fassungen des Sibelius-Kon- Jugendorchester vorgegebene Altersgrenze von Orchester sowie Kammermusiker und Dozenten eigenen künstlerischen Ethos verpflichtet. Im Mit- zerts; 2012/13 Artist in Residence der Berliner 23 Jahren erreicht hatten. Mentor war Claudio verfolgen, kommen jeweils für ein Konzertprojekt telpunkt steht bei ihm einzig und allein das Werk, Philharmoniker; 2014 Gramophone Artist of the Abbado, der auch die erste Europa-Tournee diri- zusammen. Regelmässige Konzertorte sind die gemäss dem Motto «Kunst ist, die Seele zu bil- Year; Auszeichnungen vom ECHO Klassik bis zum gierte. Daneben pflegte das Orchester eine enge Alte Oper Frankfurt, die Kölner Philharmonie, das den.» Eine solch exklusive Position überzeugt Gramophone Concert Award. Kavakos ist auch Beziehung zu Nikolaus Harnoncourt, unter wel- Concertgebouw Amsterdam, die Salzburger Fest- natürlich nur, wenn sie auf Qualität fusst. Und da als Kammermusiker und Dirigent tätig: Für einige chem eine mehrfach preisgekrönte Einspielung spiele und die BBC Proms in London. Das COE hat hat der 1967 in Athen geborene Kavakos mehr Jahre leitete er die Camerata Salzburg und be- aller Beethoven-Sinfonien entstand. Die rund bisher mehr als 250 Aufnahmen produziert. zu bieten als die meisten seiner Zunft: den spek- gründete in Athen ein eigenes Klassikfestival. takulären Sieg im Sibelius-Wettbewerb 1985, akos Leonidas Kav Europe 40 rchestra of 41 Chamber O
Konzert 6 – Abo II © Ian Douglas Tonhalle Maag Zürich City of Birmingham Symphony Orchestra Sonntag, 26. Mai 2019, 18.30 h Mirga Gražinytė-Tyla (Leitung) Yuja Wang (Klavier) Vorkonzert 17.30–18.00 h Unsere Stars von morgen Programm Arthur Honegger (1892–1955) Pastorale d’été (8') Robert Schumann (1810–1856) Allegro affettuoso Konzert für Klavier und Orchester Intermezzo: Andantino grazioso a-Moll op. 54 (30') Allegro vivace Pause Johannes Brahms (1833–1897) Allegro non troppo Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 (39') Adagio non troppo Allegretto grazioso (Quasi Andantino) Allegro con spirito nytė-Tyla Mirga Graži 42 43
PR O G R A M M Kon z er t 6 Innige Freundschaft Brahms’. Die kurze sinfonische Dichtung «Pasto- tasie für Klavier und Orchester» aus dem Jahre mezzo) sowie der im Charakter variierten Wie- Im Zentrum des Konzerts stehen Schlüssel- rale d’été» schrieb der Schweizer Komponist 1841, welches Schumann im Hinblick auf die derkehr des Hauptgedankens im dritten Satz. werke zweier eng miteinander befreundeter Arthur Honegger 1920 während der Sommer aussergewöhnlichen pianistischen Fähigkeiten Auch die Binnenstrukturen folgen nur noch grob Komponisten. Der 23 Jahre jüngere Johannes ferien in Wengen im Berner Oberland. Der Kom- seiner eben angetrauten Frau Clara schrieb. dem klassischen Konzept von Exposition, Durch- Brahms lernte das Ehepaar Schumann über position ist ein Vers von Arthur Rimbaud vor Erst als alle Versuche gescheitert waren, diese führung und Reprise. Vielmehr entwickelt sich den Geiger Joseph Joachim 1853 kennen. Das angestellt: «J’ai embrassé l’aube d’été» (Ich «Phantasie» zu publizieren, erweiterte er sie zu das Thema in mehreren Abschnitten im Sinne Ehepaar nahm den in ärmlichen Verhältnissen habe die Morgenröte des Sommers umarmt). einem dreisätzigen Konzert, welches schliess- einer romantischen Erzählung. Das Klavier und in Hamburg aufgewachsenen Brahms herzlich Das Werk, welches nur eine Streicherbesetzung lich Ende 1845 mit Clara Schumann als Solistin das Orchester werden auch nicht blockhaft ein- in die Familie auf, und Robert Schumann mit Holzbläsern und einem Horn vorsieht, ist die erfolgreich in Dresden uraufgeführt wurde. Es ander gegenübergestellt, sondern eng mitein- ebnete ihm die Laufbahn als Komponist mit musikalische Impression eines friedlichen Mor- ist im Grunde das erste bedeutende romanti- ander verzahnt. So schrieb Clara Schumann in seinem wegweisenden Aufsatz «Neue Bah- gens in den Schweizer Alpen. Es wird eröffnet sche Klavierkonzert, welches die Ästhetik der ihr Tagebuch: «Das Clavier ist auf das feinste mit nen» in seiner selbstgegründeten «Neuen mit einer sehnsüchtigen Hornmelodie, welche an Klassik abstreifte zugunsten einer romantischen dem Orchester verwebt – man kann sich das Zeitschrift für Musik». Brahms blieb über den einen Alphornruf erinnert und welche schliess- Konzeption. Zwar wahrt das Konzert gegen Eine nicht denken ohne das Andere.» Tod Schumanns (1856) hinaus der Witwe lich von den Streichern aufgenommen wird. aussen die Form des klassischen Dreisatzkon- Clara Schumann und ihren Kindern ein treuer Diese eher pastoral-ruhige Instrumentation zerts, besteht aber im Grunde nur aus einem Johannes Brahms (1833–1897) Familienbegleiter. Der Austausch über Musik bestimmt die Rahmenteile. In einem mittleren einzigen grossen Satz mit einem Hauptgedan- Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 mit ihrem Mann fehlte Clara unendlich, und Abschnitt wird die Musik bewegter und farblich ken (erster Satz), einem Nebengedanken (Inter- Johannes Brahms suchte bekanntlich sehr Brahms bot ihr in gewissem Masse Ersatz faszinierend instrumentiert. In vielem erinnert lange nach einem eigenen sinfonischen Weg für die künstlerische Anregung, die Clara das kurze Orchesterstück an Debussys «Prélude nach Beethoven und rang jahrelang mit seinem seit frühester Jugend genossen hatte und à l’après-midi d’un faune». Es ist dem Pariser sinfonischen Erstling, den er auch erst 1876 gewohnt war. Dass beide Schumanns Musik Komponisten und Musikkritiker Alexis Roland- im Alter von 43 Jahren fertigstellte. Im Ver- liebten, war ein wichtiges Band zwischen Manuel gewidmet und wurde am 17. Februar gleich zu den Mühen bei der ersten Sinfonie ihnen. Umgekehrt sorgte Clara lebenslang 1921 in Paris uraufgeführt. schrieb Brahms seine zweite Sinfonie in in vielen Alltagsfragen für den jungen Freund. einem Zug während der Sommermonate Nur elf Monate nach Claras Tod starb auch Robert Schumann (1810–1856) 1877 in Pörtschach am Wörthersee. Im glei- Johannes Brahms. Konzert für Klavier und Orchester chen Jahr fand die begeistert aufgenom- a-Moll op. 54 mene Wiener Uraufführung statt. Gegen- Arthur Honegger (1892–1955) Mehrfach befasste sich Schumann im Laufe über der dramatischen ersten Sinfonie Pastorale d’été seiner Schaffenszeit mit Kompositionen für erscheint die zweite gelöster, lyrischer, Als Einstieg in dieses Schumann-Brahms-Kon- Klavier und Orchester. Viele Versuche blieben von liedhafter Melodik durchströmt. Den- zert erklingt ein Werk, welches inspiriert ist von unausgeführt. Das letztlich als Klavierkonzert noch steht die strukturelle Dichte der den Schweizer Alpen, ähnlich wie einige Werke op. 54 publizierte Werk basiert auf einer «Phan- ersten Sinfonie in keiner Weise nach. 44 Arthur Honegger 45
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