Max Weber in der Digitalisierungsfalle? - E-Government in Deutschland, Österreich und der Schweiz - egovernment.ch

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Max Weber in der
Digitalisierungsfalle?
E-Government in Deutschland, Österreich und
der Schweiz
             E-Government
Dank

Die Autoren bedanken sich bei den zahlreichen Experten aus dem öffentlichen Sektor, der Wissenschaft
und Wirtschaft, die ihr Fachwissen zur Verfügung gestellt haben. Felicia Grosse half tatkräftig bei Recher-
chen und unterstützte den Ausarbeitungsprozess mit fundierten Überlegungen. Die Verantwortung für
den Inhalt der verschiedenen Länderabschnitte liegt bei den Autoren, die diese Teile bearbeitet haben. Für
die Gestaltung waren Carmen Sopi und die n c ag zuständig, denen wir herzlich für die grafische Umset-
zung danken.

Autoren
Institut der deutschen Wirtschaft
Barbara Engels

Industriellenvereinigung Österreich
Dr. Clemens Wallner

Avenir Suisse
Dr. Matthias Ammann
Dr. Fabian Schnell

Herausgeber:
Avenir Suisse, www.avenir-suisse.ch
in Kooperation mit dem
Institut der deutschen Wirtschaft, www.iwkoeln.de
und der
Industriellenvereinigung Österreich, www.iv.at
Design: Carmen Sopi
Gestaltung: Pascal Müller, n c ag

© September 2018 Avenir Suisse, Zürich
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Da die Autoren an der Verbreitung der hier präsentierten Ide-
en interessiert sind, ist die Verwertung der Erkenntnisse, Daten und Grafiken dieses Werks durch Dritte
ausdrücklich erwünscht, sofern die Quelle exakt und gut sichtbar angegeben wird und die gesetzlichen
Urheberrechtsbestimmungen eingehalten werden.

E-Government – September 2018                                                                                 2
Vorwort

E Government ist mehr als nur IT-Projekte in der        gelung der Zuständigkeiten für die elektronischen
Verwaltung umzusetzen. Die Digitalisierung der          Prozesse und die notwendige Steigerung der Effizi-
Verwaltung ist von grundlegender Bedeutung: Ers-        enz in der Zusammenarbeit zwischen den Verwal-
tens erlauben digitale Verwaltungsprozesse auf-         tungen mittels einheitlicher Standards. Die von den
grund der kürzeren Antwortprozesse eine grössere        DACH-Ländern mitunterzeichnete Tallinn-Dekla-
Nähe zum Bürger. Zweitens kennen digitale Schal-        ration bietet dabei eine geeignete Grundlage, die
ter keine Öffnungszeiten oder Überstunden, sind         Arbeitsweise der Verwaltungen nach modernen
permanent zugänglich und passen sich dem indi-          Prinzipien auszurichten. Auf ihr beruht deshalb die
viduellen Tagesrhythmus der Bürgerinnen und Bür-        vorliegende Untersuchung.
ger an. Drittens können mit E-Government klug             Wir danken den Kolleginnen und Kollegen des
aufgesetzte Prozesse Kosten sparen, und viertens        Instituts der deutschen Wirtschaft und der öster-
ermöglichen diese Neuerungen generell eine höhe-        reichischen Industriellenvereinigung für die gute
re Transparenz im «administrativen Dschungel».          und bereichernde Zusammenarbeit sowie die wert-
Kurz gesagt: E-Government ist ein Muss, wenn die        vollen Einsichten, die wir bei der Erarbeitung die-
Verwaltung den Anschluss an die neue Lebensrea-         ses Gemeinschaftswerks erhielten.
lität von Wirtschaft und Gesellschaft nicht verpas-
sen will.                                               Dr. Peter Grünenfelder, Direktor von Avenir Suisse
   Nicht verschweigen darf man trotz den eviden-
ten Chancen die Stolpersteine bei der Entwicklung
von E-Government-Strukturen: Allen voran steht
die Angst der Bürger vor einem «Leviathan», der
ihre privaten Daten missbrauchen bzw. ungenügend
schützen könnte. Diese Bedenken sind ernst zu neh-
men, und trotzdem dürfen sie nicht als Vorwand
für Reformmüdigkeit herhalten. Die zuverlässigsten
Antworten auf diese Fragen sind transparente Ins-
titutionen und demokratische Kontrollen.
   Während die Digitalisierung immer mehr Le-
bensbereiche erfasst, haben Verwaltungen rund um
den Globus Mühe, damit Schritt zu halten. Ein Ver-
gleich unter den DACH-Ländern Deutschland, Ös-
terreich und der Schweiz ist angebracht, denn alle
drei haben einen föderalen Staatsaufbau und ähn-
liche Verwaltungsprinzipien. Ausserdem ermög-
licht er die länderübergreifende Inspiration auf die-
sem wichtigen Gebiet.
   Die gute Nachricht zuerst: Alle drei Länder be-
sitzen günstige Voraussetzungen die Verwaltung
zu digitalisieren. Die etwas schwierigere Nachricht:
Keines ist ein echter «First Mover» und es gibt noch
überall sehr viel zu tun. Wichtige Stichworte sind
noch tiefe Nutzerzahlen, die nicht immer klare Re-

E-Government – September 2018                                                                                 3
E-Government – September 2018   4
Inhaltsverzeichnis

1_       Einleitung – E-Government bildet die Basis einer digitalisierten Wissensgesellschaft    6
2_       Die sechs Handlungsfelder der Tallinn-Deklaration                                       7
3_       Ausgangslage der DACH-Länder im Überblick                                               8
3.1      Verschiedene Indizes und ihre Aussagen                                                  8
3.2      Kultur, Kooperation und Kommunikation als Herausforderung für E-Government             11
4_       Deutschland                                                                            12
4.1      Digital by Default, Inklusion und Zugänglichkeit                                       14
4.2      Das Prinzip «Once Only»                                                                15
4.3      Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit                                                    16
4.4      Offenheit und Transparenz                                                              17
4.5      Interoperabilität by Default                                                           18
4.6      Horizontale Befähigungsaktivitäten / Basisbefähigungen                                 18
4.7      Konkrete Handlungsempfehlungen für Deutschland                                         19
5_       Österreich                                                                             23
5.1      Digital by Default, Inklusion und Zugänglichkeit                                       23
5.2      Das Prinzip «Once Only»                                                                24
5.3      Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit                                                    25
5.4      Offenheit und Transparenz                                                              25
5.5      Interoperabilität by Default                                                           26
5.6      Horizontale Befähigungsaktivitäten / Basisbefähigungen                                 26
5.7      Konkrete Handlungsempfehlungen für Österreich                                          27
6_       Schweiz                                                                                28
6.1      Digital by Default, Inklusion und Zugänglichkeit                                       28
6.2      Das Prinzip «Once Only»                                                                30
6.3      Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit                                                    31
6.4      Offenheit und Transparenz                                                              32
6.5      Interoperabilität by Default                                                           32
6.6      Horizontale Befähigungsaktivitäten / Basisbefähigungen                                 33
6.7      Konkrete Handlungsempfehlungen für die Schweiz                                         34
7_       Fazit und Ausblick                                                                     35
         Literatur                                                                              38
         Glossar                                                                                42

E-Government – September 2018                                                                        5
Menschen mit besonderen Bedürfnissen leicht
1 _ Einleitung –                                                 nutzbar zu machen. Schalteröffnungszeiten
E-Government bildet die                                          oder Behördengänge treten in den Hinter-
                                                                 grund, womit der Komfort in der Abwicklung
Basis einer digitalisierten                                      der Kundenanliegen verbessert wird.
Wissensgesellschaft                                          03_   Effizienz: Der grosse Vorteil von IT-Systemen
                                                                 liegt in der Skalierbarkeit ihrer Dienste. Einmal
In der digitalisierten Wissensgesellschaft gehört                entwickelt, lassen sie sich fast ohne Zusatzkos-
E-Government zur kritischen Infrastruktur, die über              ten beliebig häufig einsetzen. Die Prozessge-
die Prosperität eines Landes mitentscheidet. Da die              samtkosten sinken damit.
Komplexität der arbeitsteiligen Wirtschaft zu-               04_   Transparenz: Daten und Informationen des
nimmt, stellt das effiziente Abwickeln von Behör-                Staates lassen sich praktisch, günstig und ohne
dengängen einen Wettbewerbsvorteil dar. Je einfa-                zusätzliche Hürden bzw. Transaktionskosten
cher Verwaltungstätigkeiten ausgeführt werden                    bereitstellen. Einerseits schafft der freie Zugang
können, desto mehr Ressourcen bleiben für pro-                   zu Daten Transparenz über die Tätigkeiten des
duktive Tätigkeiten. Das Ziel der Verwaltung muss                Staates, andererseits kann er Innovationen för-
daher sein, die Transaktionskosten der partizipie-               dern. So können Unternehmen Daten verwen-
renden Wirtschaftsteilnehmer zu senken. Dabei lie-               den, um neue Dienstleistungen oder Produkte
fert die Digitalisierung für Effizienzsteigerung und             zu entwickeln. Für den Raum der EU28+ wer-
Neuorganisation von Verwaltungsprozessen die                     den die Einsparungen in Verwaltungen auf-
grundlegenden Werkzeuge.                                         grund von Open Data auf 1,7 Mrd. geschätzt
   Unter E-Government oder «Digitaler Verwal-                    (Carrara et al. 2015).

tungsführung» versteht man die «Abwicklung ge-               Deutschland, Österreich und die Schweiz (sog.
schäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Ver-               DACH-Länder) haben aufgrund ihres föderalen
waltungen mit Hilfe von Informations- und                    Staatsaufbaus und ähnlicher Verwaltungsprinzipi-
Kommunikationstechniken über elektronische Me-               en vergleichbare Voraussetzungen, um die Digita-
dien» (Gabler Wirtschaftslexikon 2018). Erfasst werden die   lisierung der Verwaltung voranzutreiben. Sie tun
Beziehungen zwischen den Bewohnern eines Lan-                es allerdings mit unterschiedlicher Intensität und
des, der Wirtschaft und der Verwaltung sowie un-             Erfolg.
ter den Verwaltungen. Insofern geht E-Government               Aufgrund des globalisierten Handels sind die
über den reinen Onlineschalter hinaus. Es be-                DACH-Länder mit einer steigenden Anzahl von
schreibt sämtliche Aktivitäten, die unter dem Ein-           grenzüberschreitenden Aktivitäten und mobilen
satz von digitalen Informations- und Kommunika-              Bürgern konfrontiert. Gemäss dem «Ease of Doing
tionstechnologien vereinfacht oder durchgeführt              Business Index» der Weltbank, der die Hürden für
werden.                                                      Geschäftstätigkeiten in den Ländern vergleicht, ran-
Vier Dimensionen lassen sich unterscheiden:                  gieren die DACH-Länder trotz hoher Innovations-
01_   Reaktionsgeschwindigkeit: Moderne Kom-                 kraft und Wirtschaftsleistung nicht an vorderster
    munikations- und Informationstechnologien                Stelle (Weltbank 2017). In vielen Bereichen lassen sich
    besitzen das Potenzial, Abläufe innerhalb der            mehr und bessere E-Government Anwendungen au-
    Verwaltung zu beschleunigen. Auf Kundensei-              sserhalb der DACH-Region finden. Nicht selten
    te kann sich so die Antwortzeit auf Anfragen             fehlt das Problembewusstsein, und Verwaltungsleis-
    drastisch verkürzen.                                     tungen werden zwar in akzeptabler Weise, aber häu-
02_   Flexibilität: Webbasierte Plattformen erlauben         fig nicht auf möglichst effiziente Art erbracht.
    es, Informationen und Dienste rund um die                  Die von Max Webers Bürokratiemodell gepräg-
    Uhr zur Verfügung zu stellen und auch für                ten DACH-Verwaltungen tun sich schwer in der

E-Government – September 2018                                                                                          6
Adaption ans 21. Jahrhundert. Mit dem Prinzip der
strikten Gesetzmässigkeit konnten ab Beginn des
                                                                         2 _ Die sechs
20. Jahrhunderts feudale Verhältnisse und kliente-                       Handlungsfelder der
listische Beziehungen erfolgreich abgelöst werden,
und gegen Ende desselben wurden Regelgebunden-
                                                                         Tallinn-Deklaration
heit, Professionalität und Hierarchieprinzip noch                        Acht Jahre nach der E-Government-Ministererklärung
um Ansätze aus der Privatwirtschaft (New Public                          von Malmö (Europäische Kommission 2009) wurde Anfang
Management) ergänzt, um ausufernde Staatstätig-                          Oktober 2017 unter estnischem Ratsvorsitz die
keit einzudämmen. Eine globalisierte und digitali-                       «E-Government Ministererklärung von Tallinn» durch
sierte Gesellschaft verlangt aber nach neuen Lösun-                      32 Länder der EU und der EFTA (somit inklusive
gen, die schnelle Reaktionszeiten und auto­mati-                         der Schweiz) unterzeichnet (Europäische Kommission 2017).
sierte Abläufe zulassen.                                                 Auch wenn die Tallinn-Deklaration keine revolutio-
    Eine Behörde ist kein Unternehmen, der Wett-                         nären Neuheiten enthält, bestärkt sie die Implemen-
bewerbsdruck ist schwach und der Kostendruck                             tierung des «eGovernment Action Plans 2016 – 2020»
wenig ausgeprägt. Bürokratien tendieren daher in-                        (Europäische Kommission 2016a) und ist ein weiterer Schritt

härent zur Aufblähung und zu einer gewissen Lang-                        in Richtung des digitalen EU-Binnenmarkts.
samkeit (bekannt als «Parkinson’s Law»), was aber                            Die Tallinn-Deklaration schreibt verschiedene
zum Teil auch an der Trägheit der Rechtssetzung                          Grundsätze fest, nach denen eine moderne Verwal-
liegt. Zudem agieren Verwaltungen nur auf dem                            tung mit E-Government geführt sein soll. Diese bie-
Prinzip der Rechtsmässigkeit. Angestammte Prin-                          ten den Unterzeichnerstaaten wichtige Orientie-
zipien dürfen jedoch keine Ausrede sein, adminis-                        rungspunkte, um die Digitalisierung ihrer Behör-
trative Prozesse nicht nach modernsten Möglich-                          den voranzutreiben. Da die vier Freiheiten des eu-
keiten weiterzuentwickeln. Bisher genügende                              ropäischen Binnenmarkts _1 nur effizient genutzt
Verwaltungsabläufe müssen durch neue Grundsät-                           werden können, solange dafür entsprechende ad-
ze ergänzt werden. Genau hier setzen die Ziele der                       ministrative Voraussetzungen bestehen, ist die De-
Tallinn-Deklaration an.                                                  klaration im inhärenten Interesse der EU. Sie bildet
    Im folgenden Kapitel 2 wird die Deklaration von Tal-                 somit einen Rahmen, die europäischen E-Govern-
linn mit ihren sechs Handlungsfeldern besprochen.                        ment-Bestrebungen aneinander auszurichten und
Daraufhin vergleicht Kapitel 3 den Stand der E-Gover-                    anzugleichen.
nment-Bestrebungen in Deutschland, Österreich                                Der Abbau von Handelshemmnissen ist für alle
und der Schweiz und spricht allgemeine Handlungs-                        exportorientierten Länder essentiell, um einfacher
empfehlungen aus. Die einzelnen Länderanalysen                           in ausländischen Märkten operieren zu können. Es
von Deutschland in Kapitel 4, Österreich in Kapitel 5 und                ist deshalb im Sinne der DACH-Staaten, Verwal-
der Schweiz in Kapitel 6 lassen sich auch getrennt von-                  tungsprozesse zu vereinfachen. Dies gilt auch für
einander lesen. Den Schluss macht Kapitel 7 mit einem                    die Schweiz als nicht EU-Mitgliedsland. Als eines
Fazit sowie einem Ausblick in die Zukunft.                               der wirtschaftlich am besten integrierten Länder
                                                                         des europäischen Wirtschaftsraumes (vgl. Schellenbauer
                                                                         und Schwarz 2015) ist sie auf tiefe administrative Hürden

                                                                         angewiesen.
                                                                             Die Tallinn-Deklaration umfasst eine Vision,
                                                                         Prinzipien mit zugehörigen Zielen sowie sechs
                                                                         handlungsanleitende Richtlinien (Policy Action

1   Freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr.

E-Government – September 2018                                                                                                          7
Lines), die Forderungen für ein effektives E-Govern­       langt die Ausbildung der Topkader der Behörden
ment aufstellen. In der vorliegenden Studie dienen         sowie die Nutzung von Daten und modernen
die politischen Handlungsfelder der Tallinn-Dekla-         Auswertungsmethoden, um die digitale Trans-
ration als Gliederung, nach der die E-Govern-              formation voranzutreiben.
ment-Anstrengungen der DACH-Länder verglichen
und evaluiert werden. Nachfolgend werden sie kurz
umrissen:
                                                         3 _ Ausgangslage der
__ «Digital by Default», Inklusion und                   DACH-Länder im Überblick
  Zugänglichkeit
  Die erste Richtlinie fordert eine Verbesserung der     Der Vergleich des Umsetzungsstandes in den E-Go-
  digitalen Interaktion zwischen Bevölkerung und         vernment-Bestrebungen von Deutschland, Öster-
  Verwaltungen. Es sollen unnötige Behördenkon-          reich und der Schweiz verdeutlicht gemeinsame He-
  takte vermieden und die Nutzung des digitalen          rausforderungen und erlaubt, voneinander zu
  Kanals ermöglicht werden, indem die Dienstleis-        lernen. Hierfür wurden internationale Indizes aus-
  tungen aus Nutzerperspektive gedacht werden.           gewertet, Sekundärliteratur analysiert und Exper-
__ «Once Only»                                           teninterviews durchgeführt. Aufgrund der födera-
  Die zweite Richtlinie verlangt, dass Daten von         len Strukturen der DACH-Länder wird die Messung
  Bewohnern und Unternehmen nur noch einmal              von Leistungen über alle Staatsebenen erschwert
  von den Verwaltungen erhoben werden und setzt          und es kann nicht eindeutig bestimmt werden, ob
  somit den Datenaustausch zwischen Verwaltun-           alle hinzugezogenen Indizes die Entwicklungen
  gen auf nationaler und internationaler Ebene vo-       akkurat spiegeln. Beispielsweise wurden in der
  raus. Doppelspurigkeiten sollen abgebaut werden,       Vergangenheit nur digitale Dienstleistungen der
  indem die Kollaboration dank standardisierten          Behörden auf den obersten Ebenen erfasst. Kom-
  Schnittstellen gefördert wird.                         petenzen und Aufgaben sind in den Ländern je-
__ Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit                   doch unterschiedlich aufgeteilt. Der Einbezug ver-
  Die dritte Richtlinie adressiert die Einführung        schiedener Studien erlaubt aber einen guten
  eines elektronischen Identifikationsmittels. Die       Über­blick über die tatsächliche Lage.
  sogenannte eID soll es erlauben, auch online an-
  spruchsvolle Geschäfte sicher durchzuführen.           3.1 _ Verschiedene Indizes und
__ Offenheit und Transparenz                             ihre Aussagen
  Diese Richtlinie fordert den ungehinderten Zu-         01_   Die Sicht der internationalen Organisatio-
  gang zu Informationen des Staates sowie die Wie-          nen: Das «United Nations E-Government Sur-
  dernutzung von Daten (Bsp: Statistik-, Geo-, Um-          vey» misst als einzige globale Studie seit 2001
  welt- oder Wetterdaten, etc.). Privatpersonen aber        alle zwei Jahre die E-Government-Entwicklun-
  auch Unternehmen sollen ihre bei Behörden ge-             gen in den 193 UN-Mitgliedstaaten. Analysiert
  speicherten Daten digital verwalten können.               werden die Entwicklungen im Bereich E-Govern­
__ «Interoperabilität by Default»                           ment mit dem «E-Government Development Index
  Die fünfte Richtlinie verlangt die Festlegung von         (EGDI)» (UNPAN 2016) und die Elektronische Par-
  Standards, damit die Informatiksysteme der Ver-           tizipation mit dem «E-Participation Index (EPI)»
  waltungen medienbruchfrei untereinander kommu-            (UNPAN 2016).   Die DACH-Länder gehören mit
  nizieren können. Dies ist gerade für Staaten mit          weiteren 26 Ländern beim EGDI zur besten
  föderalistischem Aufbau von grosser Bedeutung.            Gruppe. Jedoch konnte die Schweiz erst 2016
__ Horizontale Befähigungsaktivitäten                       zur Spitze aufschliessen. Im E-Government Be-
  Die letzte Richtlinie zielt auf die digitalen Fähig-      richt der UN von 2016 rangiert Deutschland auf
  keiten von Verwaltungsangestellten ab. Sie ver-           Platz 15, Österreich auf Platz 16 und die Schweiz

E-Government – September 2018                                                                                   8
Abbildung 
Positive E-Government-Entwicklungen in der DACH-Region

Der E-Government Development Index (EGDI) der Vereinten Nationen ist ein Vergleichsmassstab der Entwicklungen der
Digitalisierung innerhalb des öffentlichen Sektors. Er setzt sich aus drei Indizes zusammen, die jeweils zu einem Drittel in
den EGDI einfliessen. Die erste Komponente untersucht die Onlinepräsenz und das Onlineangebot der Mitgliedsstaaten,
die zweite analysiert die Digitale- und Telekommunikationsinfrastruktur und die dritte ermittelt das Humankapital anhand
des Bildungsstandes der Mitgliedsstaaten.

       EGDI 0-1
 1

0.9

0.8                           Human Capital Index

0.7

0.6
                             Telecommunication
0.5                          Infrastructure Index

0.4

0.3

0.2                           Online Service Index

0.1

 0
                      Deutschland                               Österreich                                   Schweiz

Quelle: UN E-Government Survey 2018

      auf Platz 28 (UNPAN 2016). Diese Ergebnisse geben                      Länder kein gutes Zeugnis aus. Nur 54 % der
      einen groben Überblick über die aktuelle Situ-                         befragten Personen, die 2017 E-Govern-
      ation im Bereich E-Government in den UNO-Mit-                          ment-Dienste in Deutschland in Anspruch ge-
      gliedstaaten. 2018 ist es Deutschland und der                          nommen haben, waren mit den vorhandenen
      Schweiz gelungen, erhebliche Verbesserungen                            Verwaltungsangeboten zufrieden. 2012 waren
      im Bereich E-Government zu erzielen. So er-                            es 57 %.   (Initiative D21 e.V. und fortiss GmbH 2017).   In
      reicht Deutschland Platz 12, die Schweiz Platz                         Österreich und der Schweiz nimmt die Zufrie-
      15 und Österreich Platz 20 (vgl. Ab­bildung 1) (UNPAN                  denheit von einem etwas höherem Ausgangsni-
      2018).   Diese Entwicklung der beiden Länder ist                       veau ebenfalls ab (AT 2012: 79 %, 2017: 64 % /
      zum einen auf die geleisteten Anstrengungen                            CH 2012: 73 %, 2017: 69 %). Diese Ergebnisse
      im Bereich E-Government zurückzuführen und                             mögen auf den ersten Blick erstaunen. Aber Le-
      zum anderen auf den Einbezug neuer Daten,                              bensgewohnheiten und Ansprüche ändern sich
      die auch auf Lokalebene gesammelt wurden.                              im Verlauf der Zeit. Privatwirtschaftliche Un-
      Beim EPI, der den Miteinbezug der Bürger                               ternehmen gehen meist schneller auf die Be-
      durch Informations- und Kommunikations-                                dürfnisse ihrer Kunden ein als Verwaltungen.
      technologien (IKT) in politische Prozesse misst,                       Sie setzen Standards bezüglich Bedienungs-
      konnte die Schweiz 2018 die beste Gruppe er-                           freundlichkeit und Geschwindigkeit, an denen
      reichen, in der sich Deutschland und Österreich                        dann aber auch die staatliche Administration
      bereits befanden.                                                      gemessen wird. Diese ist offenbar nicht in der
02_   Die Perspektive der Bürger: Die Bewohner                               Lage, mit den rasch wachsenden Anforderun-
      selbst stellen dem E-Government der DACH-                              gen Schritt zu halten.

E-Government – September 2018                                                                                                               9
Abbildung 
Entwicklungsstände der Informationsgesellschaften der DACH-Länder im Vergleich

Der ICT Development Index (IDI) der International Telecommunication Union (ITU) untersucht Internetzugang, Internetnutzung
und IKT Fähigkeiten in 173 Ländern. Alle drei DACH-Länder können eine positive Entwicklung von 2016–2017 verzeichnen.
Die Schweiz, mit einem IDI Wert von 8,74 (von 10) überzeugt durch eine gute Entwicklung der digitalen Infrastruktur.

     IDI 0-10
10

9

 8

 7

 6              2016         2017

 5

 4

 3

 2

 1

0
                Europa Durchschnitt         Deutschland                    Österreich                        Schweiz

Quelle: ITU

     So ist denn auch die Nutzung von E-Govern-                       ment sind sie jedoch zurückhaltender             (Initiative

     ment-Leistungen von 45 % im Jahre 2012 auf                       D21 e.V. und fortiss GmbH 2017).   Zwischen den befrag-
     41 % im Jahre 2017 in Deutschland leicht zu-                     ten Verwaltungen gibt es in der Selbsteinschät-
     rückgegangen. Österreich konnte hingegen                         zung keine grossen Unterschiede. Österreich
     mehr Nutzer gewinnen (2012: 67 %, 2017: 74 %)                    sieht seine Verwaltung bezüglich der IT-bezo-
     und in der Schweiz bewegt sich die Nutzerbasis                   genen Modernisierung am positivsten. Die
     auf relativ konstantem Niveau (2012: 58 %, 2017:                 Schweiz schätzt sich hinsichtlich der allgemei-
     61 %). Grundsätzlich ist ein häufig genannter                    nen Verwaltungsmodernisierung eher als Inno-
     Hinderungsgrund für die Nutzung von E-Go-                        vationsfolger ein. Auch in der Beurteilung des
     vernment-Leistungen die Unkenntnis über vor-                     Reifegrades der E-Government-Lösungen sind
     handene Angebote. Umgekehrt führt jedoch                         keine deutlichen Differenzen zwischen den
     das Wissen über die Nutzungsmöglichkeit von                      Ländern auszumachen. Die Österreicher und
     E-Government-Diensten nicht automatisch zu                       Schweizer bewerten ihre Verwaltungen jedoch
     deren Gebrauch.                                                  als etwas fortgeschrittener, als dies die Verwal-
03_   Das Selbstbild der Verwaltungen: Die Selbst-                    tungsangestellten in Deutschland tun.
     einschätzungen der DACH-Verwaltungen un-                    04_   Infrastruktur und Fähigkeiten: Sowohl die
     terscheiden sich nicht wesentlich von der Be-                    digitale Infrastruktur, als auch die IKT-Fähigkei-
     wertung der Einwohner. Zwar sehen sich die                       ten sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche
     Administrationen der Länder als tendenziell                      Umsetzung von E-Government. Vergleicht man
     «ambitionierte Verwaltungen», in der Einord-                     die beiden entsprechenden Indikatoren in den
     nung des Umsetzungsstandes von E-Govern-                         DACH-Ländern, bietet sich ein anderes Bild.

E-Government – September 2018                                                                                                        10
Der «ICT Development Index (IDI)» der Interna-                      Drei Handlungsfelder lassen sich identifizieren:
    tional Telecommunication Union (ITU) erfasst                        __ Kultur: In den medial geführten Debatten über
    den Internetzugang, die Internetnutzung und                           die Digitalisierung des Verwaltungsapparates do-
    die IKT-Skills in 173 Ländern           (Cosmas, et al. 2017).        minieren mehrheitlich die Bedenken zum Daten-
    Die Schweiz belegte 2017 Platz 3, Deutschland                         schutz. Ängste müssen ernst genommen werden,
    Platz 12 und Österreich Platz 21 (vgl. Ab­bildung 2) (ITU,            dürfen aber nicht zum Stillstand oder zur Vernach-
    Telecommunication Union 2017).   Der Ausblick ist aber                lässigung des vorhandenen Potenzials führen. Na-
    positiv.                                                              türlich muss der Datenschutz garantiert werden.
Obschon die digitale Infrastruktur und die IKT-                           Er darf jedoch nicht für das Aufrechthalten der
Fähigkeiten vorhanden wären, verdichten die oben                          oft vorhandenen Silo-Strukturen herhalten. Eben-
erwähnten Studien das Bild einer für hoch entwickel-                      falls muss Cyber-Sicherheit gewährleistet werden,
te Länder ungenügenden digitalen Ver­
                                    wal­
                                       tungs­                             sie darf aber nicht zu Denkverboten führen.
leistung. Auch wenn die einzelnen Berichte metho-                         Auch innerhalb der Verwaltungsorganisationen
dische Schwierigkeiten in der objektiven Erfassung                        bedarf es eines Kulturwandels. Das Hierarchie-
des Ist-Zustandes aufweisen, weil sie Länder mit un-                      oder Legalitätsprinzip sollte durch Prinzipien der
terschiedlichen Strukturen vergleichen oder unge-                         Digitalisierung und der Effizienz sowie Effektivi-
naue Indikatoren heranziehen, liefern sie doch we-                        tät ergänzt werden, und die eigenen Mitarbeiter
sentliche Indizien für bestehenden Handlungsbedarf.                       müssen von den Vorteilen der digitalen Verwal-
                                                                          tungsführung überzeugt sein. Sie sind der eigent-
3.2 _ Kultur, Kooperation und                                             liche Schlüssel in der erfolgreichen Umsetzung
Kommunikation als Herausforderung                                         der Digitalisierung der Verwaltung. Die Digita-
für E-Government                                                          lisierung der Verwaltung ist nicht gleichbedeu-
Trotz zahlreichen Publikationen in der Vergangen-                         tend mit der Umsetzung von IT-Projekten. Viel-
heit, die in unterschiedlichem Ausmass auf das Op-                        mehr handelt es sich um die Gestaltung von
timierungspotenzial des E-Governments in den ein-                         Prozessen unter dem Einbezug neuer Technolo-
zelnen DACH-Staaten             hinweisen _2 ,   tun sich vor             gien. Neben juristischem oder ökonomischem
allem Deutschland und die Schweiz mit technikin-                          Wissen ist heute «Computational Thinking» – also
duzierten Verwaltungsreformen schwer. Die Qua-                            ein Verständnis von Problemlösungsstrategien
lität der öffentlichen Dienstleistungen ist von hoher                     aus der Informatik – notwendig. Über die Perso-
Rechtssicherheit und von gewachsenen fachlichen                           nalentwicklung können die dazu relevanten Fä-
Zuständigkeiten geprägt. Bewohner, Unternehmen                            higkeiten aufgebaut werden.
und die Verwaltung selber haben sich mit der be-                        __ Kooperation: Obwohl der föderale Staatsaufbau
stehenden Arbeitsweise arrangiert. Dies legt den                          in Deutschland, Österreich und der Schweiz un-
Schluss nahe, dass der Leidensdruck (noch) nicht                          terschiedlich stark ausgeprägt ist, stellt er ein zen-
hoch genug ist oder sich keine durchsetzungsstar-                         trales verbindendes Element dar. Dabei sind die
ken Interessengruppen gebildet haben, um die not-                         Länder unterschiedlich stark in ihren E-Govern-
wendigen Reformen anzustossen. Häufig liegt es                            ment-Reformen von der Kompetenzverteilung
denn auch nicht am mangelnden Willen der Ver-                             auf die verschiedenen Ebenen betroffen. Zwar
waltung, sondern eher am fehlenden Bewusstsein                            erschwert die föderale Struktur die schnelle Ein-
für die Dringlichkeit der Digitalisierung.                                führung von E-Government-Vorhaben, sie kann

2   «E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg» (Fromm, Welzel, Nentwig und Weber 2015), «Bürokratieabbau. Bessere
    Rechtsetzung. Digitalisierung. Erfolge ausbauen – Rückstand aufholen» (Nationaler Kontrollrat 2017), «Digitale Verwaltung Schweiz.
    Wie gelingt der Aufstieg zur Spitze?» (Frey, Rogg und Schmid 2017) oder «E-Government in Kantonen auf dem Vormarsch, aber durch
    fehlende Personalressourcen gebremst» (g fs bern 2012).

E-Government – September 2018                                                                                                            11
aber auch zum Vorteil genutzt werden, indem die
  einzelnen Gebietskörperschaften als Versuchsla-
                                                        4 _ Deutschland
  bore dienen. Voraussetzung dafür ist Kooperati-       Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung
  on in horizontaler als auch vertikaler Hinsicht.      steht in Deutschland bereits acht Jahre auf der
  Die Verwaltungen der Bundesländer, Kantone,           Agenda. Seit September 2010 verfolgt die Bundes-
  Kommunen und Gemeinden müssen sich über               republik die Nationale E-Government-Strategie
  ihre Erfahrungen austauschen und den Aufbau           (NEGS), die regelmässig evaluiert und aktualisiert
  der Infrastruktur koordinieren.                       wird. Sie zielt darauf ab, Regelungen für eine Ebe-
  Kooperationen und der Einsatz gemeinsamer             nen-übergreifende Zusammenarbeit zu schaffen,
  IT-Lösungen funktioniert allerdings nur dann ef-      wobei Bund, Länder und Kommunen nach Mög-
  fektiv, wenn – trotz föderaler Strukturen – ge-       lichkeit abgestimmte Lösungen anstreben             (IT-Pla-

  meinsame Standards und Schnittstellen geschaf-        nungsrat 2018).   In die kommenden Aktualisierungen
  fen und respektiert werden. Hierzu gehört             der NEGS sollen auch die Grundsätze der Erklärung
  beispielsweise auch das Basiselement der elektro-     von Tallinn über elektronische Behördendienste
  nischen Identität. Im Gegensatz zu Österreich         einfliessen (Europäische Kommission 2018).
  muss insbesondere die Schweiz bei der eID noch           Die rechtlichen Voraussetzungen für ein breites
  für eine grössere Durchdringung und somit für         Angebot elektronischer Dienstleistungen der Ver-
  Anwendungsfälle sorgen.                               waltung in Deutschland wurden 2013 mit der Ver-
__ Kommunikation: Der gesellschaftliche Mehr-           abschiedung des E-Government-Gesetzes (EGovG)
  wert der Digitalisierung von öffentlichen Dienst-     geschaffen (BMJV 2018). Mit dem IT-Planungsrat küm-
  leistungen hat sich in den Köpfen noch nicht aus-     mert sich seit 2010 ein eigenes Gremium um die
  reichend       festgesetzt.   Hierzu   braucht   es   föderale Zusammenarbeit und Standardsetzung
  Botschafter innerhalb der Verwaltungen, aber          bei der Digitalisierung. Ausserdem existieren zahl-
  auch gezielte Information gegen aussen. Oftmals       reiche von der Bundesregierung ins Rollen gebrach-
  ist Unwissenheit über das bereits vorhandene di-      te Programme wie die «Digitale Agenda 2014-2017»,
  gitale Angebot dafür verantwortlich, dass E-Go-       die «Digitale Verwaltung 2020», der «Nationale Ak-
  vernment-Dienstleistungen nicht in Anspruch ge-       tionsplan zur Umsetzung der Open-Data-Charta
  nommen werden. Da sich die Interaktionen              der G8» und die «Digitale Strategie 2025». Viele
  zwischen Bürger und Staat in der Regel auf we-        ähnliche Programme und Pläne gibt es auf Ebene
  nige Male im Jahr beschränken, prägen alte Er-        der Bundesländer und Kommunen. Dies überträgt
  fahrungswerte das Verhalten der Verwaltungs-          sich auch auf die konkreten Aktivitäten der öffent-
  kunden. Neue Dienstleistungen, die online zur         lichen Verwaltung, auch auf der untersten Verwal-
  Verfügung stehen, müssen deshalb in passender         tungsebene: Fast alle Kommunen in Deutschland
  Form kommuniziert werden.                             haben beispielweise inzwischen einen Internetauf-
  Aber nicht nur die Kenntnis von Online-Diens-         tritt. Mehr als 80 % der lokalen Behörden bieten
  ten ist entscheidend, sondern auch die Nutzer-        Online-Dienstleistungen an          (Europäische Kommission

  freundlichkeit spielt eine wichtige Rolle. Dienst-    2018).

  leistungen und Prozesse müssen strikt aus                Trotz dieser Bemühungen besteht noch erhebli-
  Verwaltungskundensicht gedacht und implemen-          cher Optimierungsbedarf bei der Durchsetzung
  tiert werden. Unter anderem entspricht es den         von E-Government in Deutschland, wie die folgen-
  heutigen Lebensgewohnheiten, viele Tätigkeiten        den Abschnitte illustrieren. Allein die Vielfalt der
  von unterwegs zu erledigen.                           strategischen Initiativen zeigt, dass es bislang noch
                                                        keinem Akteur gelungen ist, E-Government mit ei-
                                                        nem starken Gestaltungsanspruch exklusiv oder na-
                                                        hezu exklusiv zu besetzen. Erfahrungen aus ande-

E-Government – September 2018                                                                                          12
Abbildung 
Digitalisierung der Kommunen

Index Digitale Kommune nach Bundesländern; je dunkler die Einfärbung, desto digitaler die Kommunen des
jeweiligen Bundeslandes.

67.6

22.1

Quelle: Kompetenzzentrum Öffentliche IT (Darstellung leicht modifiziert)

ren Ländern zeigen jedoch, dass eine überzeugende                          Kategorien Zugang (Faktoren: Auffindbarkeit in
Ebenen-übergreifende Strategie, die eine gemein-                           Suchmaschinen, Klicks zum Formular, fehlende
same Vision der digitalen Verwaltung formuliert                            Weiterleitungen), Nutzen (Anzahl der On-
und die volle Unterstützung aller beteiligten Ak-                          line-Dienste, Auffindbarkeit von Formularen), Be-
teure hat, ein wichtiger Erfolgsfaktor für die effizi-                     nutzbarkeit (Antwortzeit der Startseite, Seiten-
ente Implementierung, Umsetzung und Nutzung                                grösse etc.), Verbindlichkeit (Statusinformationen
von E-Government ist (prognos / Behörden Spiegel 2017).                    zum Bearbeitungsstand), Offenheit (Anliegenma-
       Der eGovernment Benchmark Report (Europäische                       nagement, Einsatz sozialer Medien etc.), Basiskom-
Kommission 2017)     bescheinigt Deutschland zwar ein                      ponenten wie das Vorhandensein eines Bürgerkon-
mittelhohes Level an Digitalisierung, aber eine ge-                        tos und von ePayment sowie Zusammenarbeit
ringe Penetration: Die Anzahl der Nutzer sei aus-                          (Weiterleitung zu zuständigen Stellen). Während
baufähig, heisst es in der Studie. Beim EGDI 2016                          sich für die Benutzbarkeit ein homogenes Bild er-
(UNPAN 2016) belegt Deutschland international einen                        gibt, bei dem alle Bundesländer um die 60 (+ / - 8)
guten Platz 15, in Europa Platz acht. Bereits 2018 ist                     Indexpunkte von 100 erreichen, streut die Verbind-
es Deutschland gelungen im EGDI Ranking (vgl. Ab-                          lichkeit über den gesamten Wertebereich von 0 bis
bildung 1)   den 12. Platz zu erreichen. Ebenfalls ist ein                 100. Bei der Gesamtbetrachtung liegen die Stadt-
Anstieg in allen drei EGDI-Komponenten zu ver-                             staaten Berlin, Hamburg, und Bremen vorne. Unter
zeichnen.                                                                  den Flächenstaaten weist einzig Nordrhein-Westfa-
       Dies zeigt auch der Index des Kompentenzzent-                       len einen Indexwert über 40 auf. Die erhebliche
rums Öffentliche IT (2017) zur Messung der Digi-                           Streuung des Gesamtindex zwischen 22,1 und 67,6
talisierung der Kommunen. Er berücksichtigt die                            (vgl. Abbildung 3)   zeigt die sehr ungleiche Entwicklung

E-Government – September 2018                                                                                                          13
Abbildung 
Online-Einreichungen an Behörden

Anteil der Personen, die das Internet für das Einsenden ausgefüllter Formulare an Behörden nutzen; in %.

      in %
100

90

80

70

60

50

40

30                                                                                     EU 28

                                                                                                Deutschland
20

10

 0
      2008           2009       2010         2011          2012          2013         2014          2015      2016     2017

Quelle: IW Köln, Eurostat

der Kommunen in Deutschland, was auch die Zu-                       mit höherer Bildung. Das sind sogar weniger als im
sammenarbeit mit den höheren Verwaltungsebe-                        Jahr 2012. Durchschnittlich nutzen Menschen 2,7
nen erschwert. Um von erfolgreichem E-Govern-                       Mal pro Jahr E-Government-Angebote. Lediglich die
ment in Deutschland sprechen zu können, muss                        Hälfte der Nutzenden in Deutschland ist mit den
die Qualität von E-Government kommunen- und                         vorhandenen digitalen Verwaltungsangeboten zu-
bundesländerübergreifend homogen und hoch                           frieden, Tendenz fallend.
sein.                                                                   Laut Eurostat (2018a) holt etwa die Hälfte der
                                                                    Deutschen im Internet Informationen von Behör-
4.1 _ Digital by Default, Inklusion                                 den ein. Der Anteil derjenigen Deutschen, welche
und Zugänglichkeit                                                  offizielle Formulare von Behörden aus dem Inter-
Die Nutzung der bestehenden E-Government-Ange-                      net herunterladen, ist mit knapp über 30 % deutlich
bote in Deutschland ist niedrig und liegt deutlich                  geringer und weist über die vergangenen Jahre auch
unter dem der Vergleichsländer. Laut dem eGovern­                   keinen eindeutigen Aufwärtstrend auf. Deutlich ist
ment Monitor 2017 der Initiative D21 hat die Zahl                   auch der Unterschied zwischen dem Anteil der
der E-Government-Nutzenden in Deutschland im                        Deutschen, die das Internet für das Einsenden aus-
Vergleich zum Vorjahr um vier Prozentpunkte ab-                     gefüllter Formulare an Behörden nutzen, und dem
genommen, obwohl die angebotenen Dienstleis-                        EU-Durchschnitt. Mit 18 % ist Deutschland im
tungen zunehmen. Insgesamt haben nur vier von                       EU-Vergleich stark unterdurchschnittlich (Abbildung 4).
zehn Internetnutzenden in den vergangenen 12 Mo-                    Ein tatsächlich breiter Austausch zwischen Bürge-
naten die Online-Angebote der Behörden in An-                       rinnen und Bürgern und den Behörden scheint in
spruch genommen, darunter vor allem Menschen                        Deutschland nicht stattzufinden.

E-Government – September 2018                                                                                                 14
Das bestätigt auch die Studie der Initiative D21 (In-               viele Angebote nicht genutzt. Ein weiteres Hinder-
itiative D21 e.V. und fortiss GmbH 2017).   Ihr zufolge werden      nis ist, dass neue Hardware angeschafft werden
Bürgerinformationsdienste in Deutschland ober-                      muss, sowie dass die Durchgängigkeit fehlt, Vor-
flächlich genutzt. 67 % der Befragten informieren                   gänge also nicht komplett online erledigt werden
sich über Zuständigkeiten, Öffnungszeiten oder                      können. Hauptgründe für eine vermehrte Nutzung
Kontaktdaten auf der Internetseite ihrer Stadt oder                 sind Zeit- und Kostenersparnisse sowie die Mög-
Kommune. 58 % schauen Informationen zu kom-                         lichkeit, den aktuellen Status der Bearbeitung on-
munalen Freizeitangeboten online nach. Lediglich                    line abzufragen.
40 % nutzen die Möglichkeit, die Steuererklärung                      Generell lässt sich anhand des Networked Readi-
online abzugeben; 34 % nutzen die Online-Termin-                    ness Index (Abbildung 11) ableiten, dass Deutschland be-
vereinbarung. Komplexere Dienste wie die Bean-                      reit ist, die Vorteile der IKT zu nutzen. In den vier
tragung von Ausbildungsförderung oder Elterngeld                    verschiedenen Sub-Indizes schneidet Deutschland
werden von weniger als einem Zehntel der Befrag-                    am besten im «Readiness-Subindex» ab, wobei deut-
ten online erledigt. Dabei liegt die Nutzung von                    liche Schwächen im Bereich der Erschwinglichkeit
E-Government-Angeboten deutlich hinter ihrer Be-                    für den IKT Zugriff zu verzeichnen sind. Hier er-
kanntheit. Zum Teil nutzt nur die Hälfte derjeni-                   reicht Deutschland lediglich Platz 55. Im «Usage
gen, die von einem der Angebote wissen, dieses                      Subindex» zeigt sich ein klarer Unterschied zwi-
auch tatsächlich. Auch das Interesse der Befragten                  schen Regierung und Wirtschaft. Während die
an der Nutzung entsprechender Angebote ist meist                    Business Usage den 6. Platz belegt, kann die Govern­
weit höher als die Nutzung. Das Nutzungspotenzi-                    ment Usage lediglich den 30. Rang erreichen.
al wird also nicht ausgeschöpft.
   Dies bestätigt auch der eGovernment Benchmark                    4.2 _ Das Prinzip «Once Only»
Report    (vgl. Abbildung 10) (Europäische Kommission 2017).   Im   «Once Only» beinhaltet, dass Bürgerinnen und Bür-
weltweiten E-Participation-Index der Vereinten Na-                  ger ihre Daten nur einmal in einer Behörde ihres
tionen (UNPAN 2016) schafft es Deutschland auf den                  jeweiligen Mitgliedsstaates angeben müssen. Das
23. Platz (Abbildung 8). Damit erreicht Deutschland den             wollen viele Nutzerinnen und Nutzer in Deutsch-
höchsten Wert innerhalb der DACH-Region. Ent-                       land jedoch gar nicht. Lediglich 12 % der von der
gegen der Studie der Initiative 21, misst der E-Par-                Initiative D21 befragten Onliner erachten die gren-
ticipation Index nicht die Nutzung von E-Govern-                    züberschreitende Weitergabe einer neuen Adresse
ment Anwendungen, sondern untersucht die drei                       nach einem Umzug in Europa als positiv. Nur 14 %
Subkategorien E-Information, E-Consultation und                     bringen den Aspekt, wonach der Staat ihre Daten
E-Decision-Making. In dem digitalen Einbezug der                    nur ein einziges Mal erfasst und alle notwendigen
Entscheidungsfindung (E-Decision Making) kann                       Daten künftig von allen europäischen Behörden
Deutschland 2018 100 % erreichen.                                   wiederverwendet werden können, mit einer mo-
   Vor diesem Hintergrund sollte der Frage nach-                    dernen Behörde in Verbindung. Geht es um die in-
gegangen werden, was für die Bürgerinnen und                        nerstaatliche Datenweitergabe, findet immerhin
Bürger in Deutschland gegen die Nutzung von                         ein Drittel der Befragten in Deutschland das «On-
E-Government spricht und welche Massnahmen ge-                      ce-Only»-Prinzip modern.
troffen werden müssen, um das Nutzererlebnis und                      52 % der Befragten im Jahr 2017 (8 Prozentpunk-
damit die Attraktivität von E-Government zu erhö-                   te mehr als im Vorjahr) möchten statt «Once-Only»
hen. In der Studie der Initiative D21 gelten für die                alle Kontakt- und Vertragsdaten selbst aktualisie-
Befragten als Hauptbarriere, dass sie die Online-An-                ren, da sie der automatisierten Abfrage und Zusam-
gebote nicht kennen. Knapp jedem zweiten Befrag-                    menstellung von Verwaltungsdaten skeptisch ge-
ten sind die digitalen Angebote bisher nicht be-                    genüberstehen. Nur 35 % möchten, dass ihre
kannt. Allerdings werden auch bei Bekanntheit                       Kontakt- und Vertragsdaten anhand der vorliegen-

E-Government – September 2018                                                                                                  15
den Informationen von den Behörden automatisch              läuft schleppend. Zwar besitzt fast die Hälfte der
aktualisiert werden (Initiative D21 2018). Damit sind die   Deutschen einen elektronischen Personalausweis.
Deutschen beim Umgang mit persönlichen Daten                Nur 30 % davon haben sich bisher für den elektro-
deutlich vorsichtiger und sicherheitsbewusster als          nischen Identifikationsnachweis freischalten las-
die in der Studie ebenfalls befragten Schweizer.            sen. Seit Juli 2017 wird bei neu beantragten Perso-
   Auch die relativ hohen, tendenziell zunehmen-            nalausweisen deshalb die Funktion automatisch
den Datenschutzbedenken in Deutschland könn-                freigeschaltet   (Borchers 2017).   Um die eID-Funktion
ten einer grösseren Aufgeschlossenheit gegenüber            letztlich nutzen zu können, wird zusätzlich ein Le-
dem «Once-Only»-Prinzip im Weg stehen. In Euro-             segerät benötigt. Nur etwa 5 % der Deutschen be-
pa ist laut einer Studie von Symantec (2015) ledig-         sitzen ein solches Gerät (Initiative D21 2018). Immerhin
lich in Spanien der Anteil derjenigen, die starke           würden 22 % der Befragten die eID-Funktion nut-
Bedenken beim Datenschutz haben, höher als                  zen, wenn dazu kein eigenes Lesegerät nötig wäre.
der Anteil der Bedenkenträger in Deutschland.               Das wäre etwa möglich, wenn nach einmaliger
Der folgende Abschnitt geht auf diesen Aspekt ge-           Identifizierung mittels Handy-Signatur TANs auf
nauer ein.                                                  das Handy geschickt würden (Initiative D21 2018). 29 %
                                                            würden eID nutzen, wenn Behörden ihnen ein kos-
4.3 _ Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit                   tenloses Lesegerät zur Verfügung stellen würden.
Die deutschen Internetnutzer erwarten ein hohes                Diejenigen, die die Funktion theoretisch nutzen
Sicherheitsniveau, wenn es um die Legitimierung             könnten, haben sie zu 58 % noch nie genutzt. Die
bei bestimmten Diensten im Internet geht, vor al-           meistgenutzte Anwendung der eID-Funktion ist
lem, je sensibler die betroffenen Daten sind (Initiative    mit 15 % die ELSTER-Registrierung für die On-
D21 2018). Ein hohes Sicherheitsniveau wünschen sich        line-Steuerklärung. Das grösste Hemmnis für die
die Deutschen insbesondere bei der Eröffnung ei-            Nutzung von eID sind bezeichnenderweise man-
nes neuen Bankkontos, beim Beantragen eines neu-            gelnder Datenschutz und mangelnde Datensicher-
en Personalausweises und bei der Abgabe der Steu-           heit. Auch werden viele Befragte von möglichen
ererklärung.                                                Folgekosten wie etwa der Anschaffung des Karten-
   55 % der Befragten der Studie der Initiative D21         lesegerätes abgeschreckt.
(2018) mit Bedenken bei Datensicherheit und Daten-             Im EU-Vergleich schneidet Deutschland im Be-
schutz (insgesamt 48 % der Studienteilnehmenden)            reich eID mit 68 Punkten überdurchschnittlich ab
befürchten einen «gläsernen Bürger», ein ebenso ho-         (Europäische Kommission 2017),   was jedoch bei 100 insge-
her Anteil fürchtet eine mangelnde Datensicherheit          samt zu erreichenden Punkten auch kein gutes Er-
bei der Datenübertragung. 54 % haben Angst vor              gebnis ist, sondern viel Verbesserungspotenzial
Datendiebstahl. Diese Anteile haben im Vergleich            zeigt (vgl. Abbildung 10). In einem Punkt jedoch nimmt
zur Vorjahresstudie insgesamt um vier bis sieben            Deutschland eine Vorreiterrolle ein: Am 22. August
Prozentpunkte zugelegt. Es ist also offenbar bislang        2017 hat die Bundesrepublik Deutschland die On-
nicht gelungen, Bürgern zu vermitteln, dass ihre Da-        line-Ausweisfunktion des Personalausweises und
ten sicher erhoben und verarbeitet und nicht miss-          Aufenthaltstitels auf dem höchstmöglichen Ver-
braucht werden. Jüngere Befragte geben in der Regel         trauensniveau gemäss eIDAS-Verordnung an die
bereitwilliger persönliche Daten preis. Viele Befrag-       EU-Kommission notifiziert. Im Rahmen des Noti-
te sehen die Weitergabe ihrer Daten innerhalb der           fizierungsverfahrens wurde das deutsche eID-Sys-
EU kritisch (siehe «Once-Only»-Prinzip). Nur jeder          tem einer Begutachtung unterzogen. Alle EU-Mit-
achte deutsche Onliner ist gegenüber der Weitergabe         gliedstaaten befanden, dass die eID-Funktion alle
etwa seiner neuen Adresse offen.                            Anforderungen der eIDAS-Verordnung für das Ver-
   Die Implementierung der für die Vertrauenswür-           trauensniveau «hoch» erfüllt. Bis zum 29.09.2018
digkeit und Sicherheit elementaren eID-Funktion             sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Ver-

E-Government – September 2018                                                                                            16
waltungsverfahren, welche eine elektronische Iden-     Neben Open Data sind Informationsfreiheitsanfra-
tifizierung auf «substanziellem» oder «hohem» Ver-     gen ein weiterer Indikator für die Offenheit der
trauensniveau benötigen, für die deutsche              Verwaltung, also Anfragen von Bürgerinnen und
Online-Ausweisfunktion zu öffnen (BSI 2017).           Bürgern an Institutionen und Behörden auf Lan-
                                                       des- und Bundesebene. Je mehr Anfragen gestellt
4.4 _ Offenheit und Transparenz                        und beantwortet werden, desto offener ist das Ver-
Offene Verwaltungsdaten steigern die Akzeptanz         waltungshandeln einzuschätzen. Das gemeinnüt-
öffentlicher Entscheidungsprozesse und ermögli-        zige Portal FragDenStaat bietet Bürgerinnen und
chen, neues Wissen zu gewinnen und durch ihre          Bürgern zentral und standardisiert die Möglichkeit,
Nutzung in innovativen Anwendungen den Alltag          Anfragen an Verwaltungen gemäss den Informati-
zu erleichtern (GovData 2018). Die Öffnung der Daten   onsfreiheitsgesetzen des Bundes und einiger Länder
birgt überdies ein enormes wirtschaftliches Poten-     zu stellen (FragDenStaat 2018). Seit der Initiierung des
zial. Am 18. Mai 2017 hat der Deutsche Bundestag       Portals 2011 sind 20 562 solcher Anfragen eingegan-
den Entwurf des ersten Gesetzes zur Änderung des       gen, 38 % von ihnen waren erfolgreich und wurden
E-Government-Gesetzes verabschiedet. Dieser setzt      beantwortet, 8 % waren teilweise erfolgreich und
die Forderungen aus dem G8-Aktionsplan nach ei-        8 % wurden abgelehnt (Stand 3.7.2018). Die anderen
nem verbindlichen Open-Data-Gesetz um. Behör-          wurden zum Teil zurückgezogen oder sind noch in
den der unmittelbaren Bundesverwaltung müssen          Bearbeitung. Auffällig ist, dass die Anzahl der An-
die bei ihnen vorhandenen elektronischen Daten         fragen je nach Bundesland stark variiert und nicht
zukünftig standardmässig veröffentlichen – voraus-     allein mit den unterschiedlichen Bevölkerungszah-
gesetzt, die Daten sind für eine Veröffentlichung      len zu erklären ist. Die meisten Anfragen (12 585)
geeignet und bestimmte Datenschutzstandards            fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bundes.
werden eingehalten. Die entgeltfreie Bereitstellung,   Das bevölkerungsreichste Bundesland Nord-
der freie Zugang zu den Daten sowie die Maschi-        rhein-Westfalen mit 17,89 Mio. Einwohnern (Destatis
nenlesbarkeit müssen gewährleistet werden.             2016)   liegt mit 2087 Anfragen im Ländervergleich
   Das zentrale Datenportal für Deutschland ist        vorne (vgl. Abbildung 5). Das zweitbevölkerungsreichste
GovData. 11 von 16 Bundesländern beteiligen sich       Bundesland Bayern (12,93 Mio. Einwohner) weist
an diesem Portal und stellen die Daten ihrer Insti-    lediglich 182 Anfragen auf. Spitzenreiter bei der re-
tutionen über die Plattform allen Interessenten zur    lativen Anfrageanzahl ist Hamburg: In dem Stadt-
Verfügung, darunter Baden-Württemberg, Berlin,         staat gab es bis dato bei einer Bevölkerung von 1,81
Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklen-                 Mio. Einwohnern 1062 Anfragen. Auf Basis dieser
burg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rhein-           Daten erscheint die Offenheit und Transparenz der
land-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thü-       Verwaltung je nach Bundesland sehr unterschied-
ringen. Dass nicht alle Bundesländer sich an           lich und ausbaufähig.
GovData beteiligen, weist auf ein deutliches Ver-         Diese Schlussfolgerung wird insgesamt auch
besserungspotenzial hin. Generell ist es sinnvoll,     vom OURdata Index der OECD bestätigt, in dem
ein zentrales Portal mit möglichst umfangreichen,      Deutschland im DACH-Vergleich am schlechtesten
vergleichbaren, aggregierbaren Daten zu fördern.       abschneidet. Besonders mangelhaft bewertet die
Die potenziellen positiven Externalitäten in Form      Studie die staatliche Unterstützung für die Daten-
von Netzwerkeffekten und Effizienzgewinnen             verwendung. Bei der Studie eGovernment
kommen nur zustande, wenn möglichst viele Be-          Benchmark       (Europäische Kommission 2017)   schneidet
hörden, Ämter und Länder ihre Daten in ein zen-        Deutschland im EU28-Vergleich mit 65 % zu 59 %
trales Portal einspeisen und möglichst viele Unter-    in der Kategorie Openness zwar leicht überdurch-
nehmen und Bürger dieses nutzen (Bahrke, Kempermann    schnittlich ab, weist aber noch Verbesserungspo-
und Schmitt 2017).                                     tenzial auf.

E-Government – September 2018                                                                                      17
Abbildung 
Informationsfreiheitsanfragen

Informationsfreiheitsanfragen nach Bundesländern auf dem Portal FragDenStaat.

       Anzahl Anfragen
2500

2000

1500

1000

500

   0
              Baden-

                                                                                   Mecklenburg-

                                                                                                                          Rheinland-

                                                                                                                                                            Sachsen-

                                                                                                                                                                       Schleswig-
                                                                                                                    NRW

                                                                                                                               Pfalz

                                                                                                                                                              Anhalt
                                                                                                                                       Saarland
        Württemberg

                                         Brandenburg

                                                                Hamburg
                       Bayern

                                Berlin

                                                       Bremen

                                                                          Hessen

                                                                                   Vorpommern

                                                                                                    Niedersachsen

                                                                                                                                                  Sachsen

                                                                                                                                                                         Holstein

                                                                                                                                                                                    Thüringen
Quelle: FragDenStaat

4.5 _ Interoperabilität by Default                                                                Freistaates Sachsens (SMI 2018) heisst es etwa: «Die für
Interoperabilität ist im Rahmen der Umsetzung                                                     die durchgängige elektronische Bearbeitung der
von E-Government in Deutschland insofern eine He-                                                 wichtigsten Verwaltungsverfahren notwendigen
rausforderung, als dass die Bundesrepublik mit ih-                                                Interoperabilitätsstandards werden kurzfristig
ren 16 Bundesländern und 11 254 Gemeinden und                                                     identifiziert und langfristig implementiert.»
gemeindefreien Gebieten (Stand 31.3.2018) (Schubert
2018) ein sehr föderales System mit vielen Playern auf                                            4.6 _ Horizontale Befähigungsaktivitäten /
unterschiedlichen Verwaltungsebenen ist. Wird der                                                 Basisbefähigungen
private Sektor eingebunden, steigt die Komplexität                                                Die gesellschaftlichen Grundvoraussetzungen für
abermals. Der Koordinationsaufwand ist hoch und                                                   erfolgreiches E-Government in Deutschland sind in
kann nicht allein durch den IT-Planungsrat, ein po-                                               grossen Teilen gegeben. Die deutsche Bevölkerung
litisches Steuerungsgremium von Bund und Län-                                                     ist im EU28-Vergleich überdurchschnittlich digital.
dern (s. Einleitung Kapitel 4), abgefangen werden. Die Na-                                        Laut den Information-Society-Indikatoren von Eu-
tionale E-Government-Strategie (NEGS) zielt darauf                                                rostat (2018c) liegt der Anteil der Haushalte, die ei-
ab, Interoperabilität im Sinne der Wiederverwen-                                                  nen Internetanschluss haben mit 93 % im Jahr 2017
dung gemeinsamer Lösungen und der Vermeidung                                                      sechs Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt
von Duplikationen von Service-Infrastrukturen zu                                                  (vgl. Abbildung 6).

verbessern bzw. gewährleisten.                                                                             Seit 2008 ist dieser Anteil von 75 % an kontinu-
   Auch in den E-Government-Strategien der einzel-                                                ierlich gestiegen. Der Anteil der Unternehmen mit
nen Bundesländer spielt Interoperabilität eine Rol-                                               Internetanschluss liegt sogar bei 97 % (Eurostat 2018c).
le. In der Strategie für IT und E-Government des                                                  Auch der Anteil der Personen in Deutschland, die

E-Government – September 2018                                                                                                                                                                   18
Abbildung 
Informationsgesellschaft

Anteil der deutschen Haushalte mit Internetanschluss sowie Anteil der Personen in Deutschland, die mindestens einmal pro Woche
das Internet nutzen; in %

        in %
100

90

80

70

60

50

40

30

20
               Internetanschluss DE
               Internetanschluss EU
10             Nutzung DE
               Nutzung EU
 0
       2008             2009          2010   2011         2012          2013         2014         2015          2016         2017

Quelle: IW Köln, Eurostat

mindestens einmal pro Woche das Internet nutzen,                    kapital-Faktor des DESI (Abbildung 9) ist ebenfalls noch
liegt über dem EU-Durchschnitt und betrug 2017                      viel Luft nach oben.
87 % (vgl. Abbildung 6). Damit ist das Internet gewisser-              Generell haben die digitalen Kompetenzen in der
massen omnipräsent.                                                 deutschen Bevölkerung laut einer Studie der Initia-
      Bezüglich der Breitbandverfügbarkeit sowohl                   tive D21 (2018) zugenommen. Die digitale Spaltung
für Unternehmen als auch für Haushalte hat                          zwischen den Geschlechtern und den Altersgrup-
Deutschland zwar in den vergangenen Jahren auf-                     pen besteht jedoch fort: Tendenziell haben eher jun-
geholt, allerdings gibt es vor allem in ländlichen                  ge Menschen und Männer digitale Kompetenzen.
Regionen noch zahlreiche Lücken, die einer tat-                     Insgesamt 70 % der befragten deutschen Bürgerin-
sächlich flächendeckende Nutzung von E-Govern-                      nen und Bürger trauen sich eine Internetrecherche
ment entgegenstehen (Berger und Koppel 2017).                       zu – fünf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. 12
      Ebenfalls besteht Aufholbedarf hinsichtlich der               Millionen Deutsche gelten jedoch als digital Abseits-
Digitalkompetenzen der einzelnen Bürgerinnen                        stehende, nutzen also das Internet nicht.
und Bürger. Auch wenn die Mehrheit das Internet
nutzt, beschränkt sich diese Nutzung oftmals auf                    4.7 _ Konkrete Handlungsempfehlungen
recht einfache Tätigkeiten (siehe Digital by Default,               für Deutschland
Inklusion und Zugänglichkeit). Im EU28-Vergleich                    Insgesamt besteht in Deutschland bezüglich der
sind die «Digital Skills» der Deutschen laut Euro-                  untersuchten Aspekte des E-Governments noch
päischer Kommission (2017) mit 59 % im Vergleich                    deutlicher Optimierungsbedarf. Insbesondere fällt
zu 51 % leicht überdurchschnittlich, aber auf einem                 auf, dass viele rechtliche und auch strukturelle
insgesamt niedrigen Level. Gemäss dem Human-                        Rahmenbedingungen bereits gegeben sind. Den-

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