Nachrichten für Filmschaffende - Crew United
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467 | 30. Januar 2020 Nachrichten für Filmschaffende herausgegeben von Peter Hartig, Oliver Zenglein und Vincent Lutz
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 2 High Tech im Home Office: Die Ansprüche an Sounddesigner sind gestiegen. Die haben sich auch in ihrer Ausstattung darauf eingestellt. Doch ansprechend vergütet wird ihnen das zu oft nicht. Die Fotos zum Artikel zeigen die Schnittplätze mehrerer Souddesigner*innen. Die Arbeit am Ton Wie steht’s tatsächlich um die Ton-Postproduktion in Deutschland? Die Berufsvereinigung Filmton wollte Fakten und stellte im Dezember die erste flächendeckende und repräsentative Umfrage vor. Über die Erkenntnisse sprechen Kirsten Kunhardt und Jörg Elsner von der BVFT. Interview Peter Hartig Titel und Foto: BVFT
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 3 Früher gingen Sounddesigner zur Arbeit ins Ton- anderen Digitalisierungsfortschritten auch sehr studio, heute müssen sie die gesamte Infrastruk- schnell im Arbeitsprozess etabliert. Aber wahr- tur selber stellen. Lässt sich das Problem in ihrem scheinlich genau wegen diesem reibungslosen Berufsfeld so grob zusammenfassen? Übergang, der erfolgreichen Etablierung der Kirsten Kunhardt: In den 1990ern war es noch üb- Technik und der schnellen Bildung von entspre- lich, dass Filmproduktionsfirmen für den Ton- chendem Know-how seitens der schnitt einen Schneidetisch zur Verfügung stell- Sounddesigner*innen, gab es nie einen speziellen ten oder einen solchen für die Produktionsdauer Fokus auf das Arbeitsfeld. nebst Räumlichkeit anmieteten. Auch der oder Erst jetzt, als wir immer öfter von Kolleg*innen die Tongestalter*in (die Bezeichnung Sounddesi- hörten, dass es für sie zunehmend schwieriger gner*in hat sich ja erst ab diesem Zeitpunkt ange- wird, gewohnte, geschweige denn angemessene fangen zu etablieren) wurde direkt von der Film- Tagessätze für ihren Tonschnittplätz zu erhalten, produktion gebucht. da sich die Postproduktionshäuser im Kampf um Mittlerweile ist es in Deutschland üblich, dass Aufträge immer mehr unterbieten oder gezwun- Filmproduktionen nach Dreh- und Schnittende gen sind, sich billigeren Angeboten anzupassen. einen Postproduktionsdienstleister damit beauf- Erst dadurch begann man sich zu diesem Thema tragen, die noch notwendigen Arbeitsschritte in intensiver auszutauschen, und wir erfuhren, dass der Bild- und Tonbearbeitung durchzuführen. immer öfter sogar gar keine Schnittplatzvergü- Daher werden Sounddesigner*innen in der Regel tung mehr stattfindet. nicht mehr wie früher über die Produktionsfirma Gleichzeitig sind aber die Anforderungen an die angefragt, sondern über das Postproduktions- Arbeit der Sounddesigner*innen in den letzten 20 haus. In deren Räum befinden sich aber oft nur Jahren enorm gestiegen. wenige oder gar keine Tonschnittplätze. Sind Jörg Elsner: Das hat mit der sich weiter entwik- Tonschnittplätze vorhanden, arbeitet hier meist kelnden Aufnahmetechnik am Set, immer ausge- ein kleiner Stamm an festangestellten Mitarbei- feilteren Softwarelösungen zur Tonbearbeitung, tern. leistungsstärkeren Computern und mit den sich Je nach Auftragslage der Postproduktionshäu- weiter entwickelten Tonformaten zu tun. Vor 20 ser werden für die Bearbeitung der Filmprojekte Jahren boten die meisten Tonbearbeitungspro- freiberufliche Sounddesigner*innen angefragt, gramme wenig mehr Bearbeitungsmöglichkeiten die dann auch den eigenen Tonschnittplatz stel- als am analogen Schneidetisch an. Das hat sich len. Auf diese Art und Weise wird in der momen- völlig verändert. Heutzutage gibt es zahlreiche tanen Marktsituation der Großteil der Filmprojek- Bearbeitungsmöglichkeiten, die früher aus- te abgewickelt. schließlich in der Mischung möglich waren, heute Die »Privatisierung der Schnittplätze« ging mit der aber von Sounddeigner*innen schon während Digitalisierung im Tonbereich einher. Das begann der Tonschnittphase vorgenommen werden. Ins- aber auch schon vor gut 20 Jahren. Wieso kommt besondere im Kinobereich erfordert die Weiter- diese Umfrage erst jetzt? entwicklung von stereo über 5.1 zu 7.1 und Dolby Kirsten Kunhardt: Der Umbruch vom analogen Atmos zusätzliche Technik auch in den Ton- Tonschnitt zum digitalen vollzog sich in der Tat schnittplätzen, die aufwendig und kostspielig ist. schon vor längerer Zeit, und er war, gemessen an Weitere nicht unerhebliche Kostenfaktoren sind
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 4 Verteilung des Tagessatzes in Nordrhein-Westfalen (in Prozent). kein niedrig mittel hoch Verteilung des Tagessatzes in Berlin/Brandenburg (in Prozent). Kinospielfilme Fernsehspielfilme Dokumentarfilme kein niedrig mittel hoch Vieles, was die Umfrage ergibt, hatten die Filmtomeister geahnt, aber es ging ja darum, das Bild in Zahlen zu malen. Da gab es durchaus erfreuliche Überraschungen, was Ausstattung und Berufseinstieg angeht. Wie deutlich aber die Vergütungspraxis sich regional unterscheidet, hätten auch Kirsten Kunhardt (links) und Jörg Elsner (rechts) vom BVFT-Vorstand nicht gedacht. Auch nicht, dass Berlin da so weit abfällt. Quelle: Filmtonstudie 2018, Berechnungen BVFT | Foto: BVFT
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 5 eine angepasste Raumakustik und natürlich die terbach von der Uni Potsdam eine überdurch- Raummiete mit ihren Nebenkosten. Stark stei- schnittlich hohe Beteiligung, die eine hohe, sehr gende Mieten in den Ballungsräumen, wie etwa in zuverlässig Aussagekraft bietet – eine durch- Berlin, München, Köln werden sich hier in den schnittliche Quote liegt in der Regel bei 12 Pro- nächsten Jahren immer weiter bemerkbar ma- zent. chen. Sie liefern einen ziemlich detaillierten Überblick. Wir dachten daher, das kann nicht sein! Wir Die Daten beschreiben nicht nur die Personen müssen immer mehr Geld für unsere Tonschnitt- und Berufserfahrung, Region, Gattung und Medi- plätze ausgeben und gleichzeitig fallen die Sätze um, sondern auch Ausstattung und Service – für deren Vergütung, sind wir beim Tagessatz der Raum, Equipment, Software, weitere Dienstlei- Tonschnittplätze vom Konkurrenzkampf der stungen. Dienstleister im Postproduktionsbereich abhän- Jörg Elsner: Ja, das ist uns auch sehr wichtig. Denn gig. wenn selbst wir als Vertretung der Filmtonschaf- Da wir aber keine genaue, unabhängige und fenden, respektive der Sounddesigner*innen, vor allem belastbare Kenntnisse hatten und alles nicht detailliert und vor allem repräsentativ ge- mehr oder weniger auf Hörensagen beruhte, ent- nug wissen, wie denn genau in Deutschland im schlossen wir uns zur Durchführung der Umfrage. Tonschnitt/Sounddesign gearbeitet wird, wie sol- Daher kam auch die Entscheidung mit der Uni- len das denn unsere Auftraggeber wissen. versität Potsdam und Herrn Prof. Dr. Lauterbach Tonschnitt beziehungsweise Sounddesign ist einen unabhängigen und auf wissenschaftlicher für Außenstehende regelrecht zu einer Art Black- Seite sehr versierten Partner mit ins Boot zu ho- box geworden. Und das betrifft nicht nur Räum- len. lichkeit und Technik, sondern vor allem die zu- 491 Sounddesigner haben Sie angeschrieben, nehmend komplex gewordenen Arbeitsprozesse. 232 haben geantwortet. Wie repräsentativ ist das Natürlich entsteht dann ein mangelndes Ver- für Ihre Berufsgruppen? ständnis für erforderliche Aufwände und deren Jörg Elsner: In Deutschland ist der größte Teil der Kosten. Sounddesigner*innen in den von uns angeschrie- Wir hatten daher von Anfang die Idee, ein Wirt- benen zwei Berufsvereinigungen, BVFT und VDT schaftsprüfungsunternehmen zu beauftragen, gelistet. Um den Teil der Nichtorganisierten zu er- das anhand der gewonnen Daten, wirtschaftlich reichen, konnten wir die Online-Plattform Crew- tragfähige Tagessätze für Tonschnittplätze ablei- United gewinnen. Crew-United gewährleistete tet. Und das macht ja nur dann Sinn, wenn man uns durch ihre Infrastruktur, den Personenkreis möglichst genau weiß, was alles an Ausstattung nochmals zu erweitern. vorhanden ist und wie die Arbeitsprozesse sind. Eine breit angelegte und flächendeckende Er- Gleichzeitig wollten wir aber auch abbilden, wie hebung der Daten war uns sehr wichtig. Daher die Sozialstruktur der Sounddesigner*innen und danken wir auch noch mal ausdrücklich dem VDT die regionalen Unterschiede in Deutschland sind. und Crew-United für Ihren Support. Wir konnten Kirsten Kunhardt: Und natürlich ist es auch wich- so eine Grundgesamtheit von 491 gelisteten tig in diesem Zusammenhang die Bereiche TV- Sounddesignern anschreiben. Wir hatten eine Spielfilm, Kino-Spielfilm und Dokumentarfilm in Rücklaufquote von 48 Prozent, laut Prof. Dr. Lau- Punkto Vergütung einzeln betrachten zu können.
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 6 Verteilung des Tagessatzes in Bayern und Baden-Württemberg (in Prozent). kein niedrig mittel hoch Verteilung des Tagessatzes in den restlichen Bundesländern (in Prozent). Kinospielfilme Fernsehspielfilme Dokumentarfilme kein niedrig mittel hoch 491 Sounddesigner hatte die BVFT mit Unterstützung von Crew United und dem Verband deutscher Tonmeister (VDT) angeschrieben, 232 haben geantwortet. Eine Rücklaufquote von 48 Prozent sei »überdurchschnittlich«. Quelle: Filmtonstudie 2018, Berechnungen BVFT | Foto: BVFT
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 7 Die Tonleute haben ihre Hausaufgaben gemacht, mit Mischstudio, wird mehr verlangt. Mal ganz bieten größtenteils solide bis gehobene Ausstat- ehrlich: Haben Sie das nicht schon vorher ge- tung an … doch das wird oft nicht anerkannt, wusst? sprich entsprechend vergütet? Jörg Elsner: »Das habe ich gewusst, geahnt…« Jörg Elsner: Richtig, wie die Umfrageergebnisse oder wie auch immer, zählt ja bei einer wissen- zeigen, werden durchschnittlich 25 Prozent der schaftlich fundierten Arbeit nicht, daher ist es Tonschnittplätze gratis zur Verfügung gestellt. eben auch wichtig, vermeintlich allgemeingültige Angesichts des hohen Preisdrucks und des zu- Annahmen zu betrachten und zu belegen. nehmenden Preiskampfes in der Postproduktion Aber natürlich ist das grundsätzlich so, wie Sie zwischen den Dienstleistern finden sich Tagessät- es sagen, aber eben nicht überall. Es gibt auch ze für Tonschnittplätze in den Kostenvoranschlä- eine Gruppe jüngerer Sounddesigner, die trotz re- gen zwar wieder, werden dann aber gerne im lativ kurzer Berufserfahrung hohe Tagessätze für Zuge eines Rabattes deutlich reduziert oder ganz ihre Schnittplätze erreichen können. gestrichen. Als Subunternehmer tätige Soundde- Kirsten Kunhardt: Wir waren auch positiv über- signer*innen sind dann gezwungen diese Praxis rascht, dass der Ausstattungsgrad der Schnittplät- mitzutragen. ze durchweg hoch ist. Wie deutlich aber die Un- Kirsten Kunhardt: Wir wissen auch von Fällen, terschiede in der Vergütungspraxis bezüglich der wo Schnittplatzvergütungen an Sounddesig- Regionen sind und dass Berlin hier so weit abfällt, ner*innen komplett nicht weitergereicht werden, das hätten wir auch nicht gedacht. um für das Postproduktionshaus ausgelobte Ra- Zwei kleine Überraschungen sind vielleicht diese: batte intern auszugleichen. Das hat uns ein In- Es gibt keine Unterschiede zwischen den Ge- sider gesteckt, und das wirkt auf uns so, als wäre schlechtern, ebenso wenig zwischen den Ausbil- das in diesem Fall eine Art Geschäftsmodel. dungsarten. Gibt es regionale Unterschiede? Sie sprechen Kirsten Kunhardt: Das liegt vielleicht daran, dass von einem »Berlin/Brandenburg-Effekt«. man als Sounddesigner*in auch ein Talent für Kirsten Kunhardt: Im Vergleich zum Bundes- Klang und Rhythmus mitbringen muss, um be- durchschnitt werden in Berlin/Brandenburg be- ruflich erfolgreich zu sein. Der gestalterische sonders oft Tonschnittplätze nicht vergütet. Liegt künstlerische Aspekt spielt in der dramaturgi- der Bundesdurchschnitt bei 25 Prozent, so sind es schen Ausgestaltung des Filmtons eine entschei- in Berlin/Brandenburg durchschnittlich 33 Pro- dende Rolle. Und das ist unabhängig vom Ge- zent, im Bereich TV-Spielfilm sogar 37 Prozent, schlecht oder der Ausbildung. während es in Bayern nur 17,4 Prozent sind. Zu- Und die Software, die Technik und Infrastruk- sätzlich werden in Berlin auch überdurchschnitt- tur sind letztendlich ja nur das »Werkzeug« das lich oft nur niedrige Tagessätze von unter 100 der/die Sounddesigner*in dazu »zur Hand« Euro für die Schnittplatzvergütung angesetzt. nimmt. Nichtsdestotrotz sehen wir auch anhand Je niedriger Alter, Berufserfahrung oder Ausstat- unserer Erhebung, dass der Anteil von Frauen un- tung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass für ter den Sounddesigner*innen gegenüber dem Ge- den Tonschnittplatz nichts berechnet wird. Bei samtanteil der Frauen unter den Filmtonschaf- Dokumentarfilmen wird selten ein hoher Tages- fenden mit etwas über 10 Prozent sehr gering ist. satz genommen. Für teure Konstruktionen, gar Da gilt es auch in Zukunft, was dran zu ändern.
467 | 30. Januar 2020 DE IN TI C KE T NA C H H O L LY W O O D Sie schreiben selbst, dass der Tonschnittplatz gerne auch als Verhandlungsmasse genutzt wird. »Zahl mir die Gage, dann gibt’s den Platz dazu.« Korrekt nach Tarif ist das aber nicht? Kirsten Kunhardt: Der Tarif für Sounddesigner*in- nen, der ja erst seit 2018 in die Tarifgagentabelle aufgenommen wurde, bezieht sich auf die reine Arbeitsleistung. Jegliche Technik oder Equipment gehören nicht dazu. Für die Gewerke, die am Set arbeiten, ist es selbstverständlich, dass für die Ausübung der Tätigkeit notwendiges Equipment zusätzlich zur Gage vergütet wird. Niemand käme hier auf die Idee, zum Beispiel Kamera-, Licht- oder auch Tonequipment gratis zur Verfügung zu stellen. Jörg Elsner: Natürlich sind Preise und Konditio- nen immer auch Verhandlungssache. Umso wich- tiger ist es aber zu sehen (und das gilt für alle Marktbeteiligten), wie eine tatsächlich wirtschaft- lich tragfähige Vergütung auszusehen hat. Zu geringe Tagessätze für den Tonschnittplatz Gefährlich h gute Kurzfi u filme bedeuten zum einen ein deutlich zu niedrig wer- dendes Einkommen der Sounddesigner*innen, da sie mit Teilen ihrer Gage ihren Schnittplatz gesucht selbst finanzieren müssen, zum anderen aber auch die Gefährdung der sozialen Absicherung und Altersvorsorge. Gar nicht zu sprechen von Rücklagenbildung für Reparaturen, Neuanschaf- fungen et cetera. Das wiederum betrifft direkt die Zukunftsfähigkeit der Sounddesigner*innen und damit auch die Zukunftsfähigkeit des Filmstand- Es wartet auf Dich ein unbezahlbarer u orts Deutschland. Preis: Die Te eilnahme am m exklusiven Zu niedrige Tagessätze, vor allem aber die Null- Universal Filmmasters Program P in L.A. Euro-Praxis gefährden zudem längerfristig die Durchsetzbarkeit von angemessenen Tagessät- zen. Aber: Hierzu müssen wir jetzt auch mal sehr EINSEN DES CH LUS S: 2 9.0 2.2 0 2 0 deutlich die positive Seite betonen: 56 Prozent der Tonschnittplätze in Deutschland werden regel- mäßig mit mittleren (101 bis 200 Euro) und hohen Weitere Informationen unter u Tagessätzen (mehr als 200 Euro) vergütet. In wie- www.13thStreet.de | /13thStreetDE
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 9 weit diese Sätze allerdings tragfähig sind, bleibt Befunde dargelegt, dann in einem zweiten Schritt noch abzuwarten … die gewonnenen Ergebnisse mit einem statisti- Wäre es folglich als Kontrolle und Ergänzung schen Modell geprüft und die Aussagen verfeinert nicht sinnvoll gewesen, nach den durchschnittli- und bestätigt. Die von Ihnen angesprochene Clu- chen Gagen zu fragen, die die Sounddesigner in ster-Bildung bezieht sich auf die dann folgende den Zeiträumen erzielten? Clusteranalyse. Kirsten Kunhardt: 2008 haben wir eine Gagenum- Wir wollten wissen, ob sich die Sounddesi- frage unter den Filmtonschaffenden gemacht, an- gner*innen systematisch unterscheiden bei der hand der wir dann auch unsere Gagenempfeh- Anrechnung ihres Tonschnittplatzes. Wir wollten lung entwickelt haben. Zudem gibt es jetzt ja seit wissen, ob sich die Gesamtheit der Befragten sy- 2018 die Mindesttarifgage für Sounddesigner*in- stematisch in homogene Teilgruppen unterglie- nen, die ab jetzt als Richtwert dienen kann und dern lassen. Die Kriterien konzentrierten sich auf sollte. drei unterschiedliche Aspekte: a) Merkmale der Jörg Elsner: In der Tat ist es aber leider immer Sounddesigner (zum Beispiel Alter) , b) deren Be- noch so, dass die Gagen für Sounddesigner*innen rufserfahrung und c) die Ausstattung ihres Ar- einigermaßen ungeregelt – und auch Regional beitsplatzes. stark unterschiedlich sind, in der Regel auch oft Vier Gruppen, Cluster genannt, haben sich er- deutlich unterhalb der Tarifgage. Das Wissen hier- geben: Zwei kleinere, extreme Cluster: Solche, die über ist unsererseits zwar vorhanden, momentan nie einen Tagessatz (12 Prozent) berechnen, und aber nicht wirklich fundiert. solche, die ausschließlich einen sehr hohen Ta- Fragen nach der Gage in der jetzt vorliegenden gesssatz (7 Prozent) ansetzen. Und dann fanden Umfrage, hätten den Rahmen vollends gesprengt. wir noch zwei Hauptgruppen: diejenigen, die oft Und so ist tatsächlich von unserer Seite aus ge- keinen oder einen Tagessatz zwischen 1 und 200 plant, möglichst zeitnah eine zusätzliche Erhe- Euro (45 Prozent) anrechnen, und solche, die bung dazu zumachen. häufig einen hohen Tagessatz von über 200 Euro Aber, ganz im Ernst, jetzt müssen wir erstmal (35 Prozent), aber nie 0 € ansetzen. Die beiden tief Luft holen und eine kleine Pause nehmen. Das letzteren Gruppen zeigen sich also flexibel in der Ganze war ehrenamtlich neben der eigentlichen Berechnung ihres Tagesssatz je nach Filmart. Arbeit in der Filmtonwelt schon eine ordentliche Kirsten Kunhardt: Ehrlich gesagt, waren wir bei Packung vom Energie- und Zeitaufwand her. Da der Auswertung insbesondere bei der Clusterana- gilt auch noch mal ein außerordentlicher Dank an lyse heil froh, dass hier die Expertise von Herrn Herrn Prof. Dr. Lauterbach, der sich da wirklich Prof. Dr. Lauterbach und seinem Team an der Uni intensiv und kompromisslos mit uns gemeinsam zum Tragen kam. Hier wären wir ansonsten mit reingekniet hat in die Materie! unserem Latein absolut am Ende gewesen . Es ist Für ein genaueres Bild haben Sie die Befragten in auch immer noch so, dass wir uns in diese Art von Cluster aufgeteilt. Nach welchen Kriterien? Tabellen immer wieder von neuem »einlesen« Jörg Elsner: Da müssen wir zur Beantwortung müssen. kurz etwas weiter ausholen. Und zwar haben wir Cluster 2 ist mit 44,4 Prozent das Größte: Die sind die Analyse zur Vergütungssituation in drei Schrit- in der Mehrheit so ab Mitte 30, haben mehr als 30, ten durchgeführt. Zuerst haben wir allgemeine viele gar mehr als 100 Filme gemacht, minde-
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 10 34,5 % eher hoher Tagessatz 44,4 % eher mittlerer Tagessatz 6,7 % hoher Tagessatz 12,5 % kein Tagessatz In vier Cluster hat der BVFT die Sounddesigner eingeteilt. Die größte Gruppe ist meist Mitte 30 und älter, hat mehr als 30 Filme gemacht, mindestens zehn Jahre Berufserfahrung, Abitur und ist durch Ausbildung oder Studium in den Beruf gelangt. Sie nimmt selten mehr als 200 Euro am Tag und passt sich ans Budget an. Die zweitgrößte Gruppe, ist jünger, nicht ganz so gut ausgestattet und hat weniger Erfahrung, nimmt aber meist mehr als 200 Euro am Tag und überlässt den Arbeitsplatz selten umsonst. Grafik: cinearte | Quelle: Filmtonstudie 2018, Berechnungen BVFT | Foto: BVFT
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 11 stens zehn Jahre Berufserfahrung, das Abitur und ziehungsweise durch Verschiebungen im Timing sind durch Ausbildung oder Studium in den Beruf der Produktion/Postproduktion (oft kurzfristig gelangt. Die nehmen doppelt so oft nichts fürs und teilweise um nicht unerhebliche Zeiträume) Studio als die anderen, fast nie mehr als 200 Euro eine lückenlose Planung unmöglich wird. am Tag und passen sich ans Budget an. Eine das Angenommen, ein Sounddesigner*in wäre also die typischen Sounddesigner? maximal mit Projekten ausgelastet. Auch in die- Jörg Elsner: Ja, das kann man so sagen. sem Fall würde der Tonschnittplatz zeitweise un- Cluster 1 ist mit 34,5 Prozent die zweitgrößte genutzt bleiben, da der Sounddesigner*in am Gruppe. Vom Alterschnitt her eher die nächste Ende der Vertonung in die Mischung geht und Generation, anscheinend nicht ganz so gut aus- dort gemeinsam mit dem Mischtonmeister das gestattet, nimmt aber in der Regel mehr als 200 Projekt finalisiert. Euro am Tag und überlässt den Arbeitsplatz sel- Jörg Elsner: Außerdem betreiben ten für lau. Wie funktioniert das? Sounddesigner*innen in der Regel sehr individua- Kirsten Kunhardt: Es ist eher die Gruppe mit we- lisierte Tonschnittplätze, die ausschließlich von nig Berufserfahrung, also weniger als zehn Jahre. ihnen selbst genutzt werden können. Daher müs- Das Alter spielt hier keine Rolle. Die Personen aus sen bezüglich der Auslastung auch Urlaubstage, diesem Cluster finden sich häufiger in Nord- Tage für unternehmerische Tätigkeiten, Krankheit rhein-Westfalen und im übrigen Bundesgebiet, etcetera angenommen werden. Eine durch- weniger häufig in Berlin/Brandenburg oder Bay- schnittliche Auslastung (wohlgemerkt des Ton- ern und Baden-Württemberg. Wir können daraus schnittplatzes, nicht des*der Sounddesigner*in) nur den Schluss ziehen, dass es hier im Postpro- von sechs Monaten bedeutet also bereits eine duktionsbereich weniger Konkurrenz gibt und ganz gute Auftragslage. Daher muss sich diese dass weniger Sounddesigner*innen als Subunter- Tatsache auch in der Vergütung des Schnittplatzes nehmer tätig sind. Und somit ein geringerer widerspiegeln. Druck auf dem Markt. Auch könnte hier die Film- Das Wort Studiobetreiber impliziert wohl eher förderung eine Rolle spielen. Aber eine wissen- das Wort Unternehmer, oder? Aus unserer Sicht ist schaftliche Begründung kann die Analyse hier der Sounddesigner in diesem Wortzusammen- nicht liefern. hang nur dann »Studiobetreiber«, wenn er über Das Problem scheint aber auch selbstverschul- den Preis für sein »Studio« auch selbst verhandeln det: Fast die Hälfte der Tonschnittplätze wird ge- kann. Das ist aber immer seltener der Fall, da die rade mal die Hälfte des Jahres genutzt und oft Preise meistens von einem Postproduktionshaus weniger. Heißt das, Sounddesigner sind zwar vorgegeben werden. Will man hier nachverhan- quasi auch Studiobetreiber – doch viele haben deln, kommt nicht selten das Argument »der Pro- das noch nicht realisiert? duzent zahlt nicht mehr«. Kirsten Kunhardt: In der Filmbranche ist es ja für Kirsten Kunhardt: Hier sollte eventuell tatsächlich alle Gewerke üblich, dass man nicht durchgehend ein Umdenken seitens der Sounddesigner*innen beschäftigt ist, sondern übers Jahr verteilt an im unternehmerischen Sinne einsetzten. Dass mehreren Filmprojekten arbeitet. Zwischen die- er*sie nämlich wieder direkt mit dem Produzen- sen Projekten gibt es in der Regel Lücken, da sich ten bezüglich Produktionsfirma die Konditionen selten ein Projekt nahtlos an das nächste reiht, be- für sein*ihr Werk ausverhandelt.
467 | 30. Januar 2020 Ist dieser betriebswirtschaftliche Aspekt Thema während der Ausbildung? Kirsten Kunhardt: Genaue Kenntnisse dazu ha- ben wir nicht, vermutlich ist dieser Aspekt aber eher nicht Teil der Ausbildung, oder wenn, dann nur unbedeutend, zumal es ja bisher auch keine genauen zu verallgemeinernde Kenntnisse zum Tonschnittplatz und die Arbeitsprozesse gab. Ihre Frage ist aber ein guter Anstoß, diesen Aspekt in der Zukunft in Zusammenarbeit mit den Ausbildungsstätten und Universitäten in ei- nen stärkeren Fokus zu bringen. Gibt es Unterschiede in der Auslastung der Schnittplätze zwischen Cluster 1 und 2? Kirsten Kunhardt: Es gibt in der Auslastung keine großen Unterschiede. Diejenigen, die keine oder geringe Tagessätze erzielen, sind ähnlich ausgela- stet wie diejenigen mit den hohen Tagessätzen. Oder umgekehrt analysiert: Diejenigen, die gut ausgelastet sind, unterscheiden sich in ihrer Ver- gütungsstruktur nicht signifikant von denen, die wenig Auslastung ihres Schnittplatzes angeben. Wir haben uns das angeschaut und nicht in den Bericht hineingenommen, weil sich keine rele- vante Aussage ergeben hat. Von den Befragten sind 50,9 Prozent Mitglied im BVFT und 37,5 Prozent Mitglied im VDT. 17,8 Pro- zent sind sogar in beiden Verbänden Mitglied – fast jeder Fünfte. Sind Tonleute besonders gut or- ganisiert? Jörg Elsner: Sie sind gut organisiert, aber dies sind andere Filmschaffenden-Verbände auch und viel- leicht sogar in ihrer Verbandsstruktur professio- nalisierter. Die BVFT hat mit fast 400 durchaus viele Mitglieder, aber im Gegensatz zu anderen Verbänden arbeiten wir im Vorstand ausschließ- lich unentgeltlich ehrenamtlich und somit in un- serer Freizeit. Der [Schittverband, Red.] BFS dem- gegenüber hat zum Beispiel eine hauptamtliche Geschäftsführerin.
467 | 30. Januar 2020 Umfrage Tonschnittplätze | 13 Mit dem Verband Deutscher Tonmeister (VDT) Kirsten Kunhardt: Das Ergebnis der Umfrage ha- haben wir inhaltlich schon einige gemeinsame ben wir bereits Redakteuren, Postproduktionsfir- Themen, zum Teil aber auch andere Schwerpunk- men und Produzentenverbänden zur Verfügung te. Insbesondere Tonmeister, die am Set arbeiten, gestellt. Unser Wunsch ist, in einer Allianz aus und Mischtonmeister, die in der Postproduktion Freiberuflern, Studios und Postproduktionshäu- tätig sind, haben häufig eine Doppelmitglied- sern einen Dialog zu beginnen mit Filmproduk- schaft. tionen und Rundfunkanstalten, um die Proble- Kirsten Kunhardt: Wie unsere Umfrage zeigt, be- matiken der Vergütung, der Tarifgagen und der trifft das aber auch deutlich den Bereich Soundde- Arbeitsprozesse zu erörtern. Wir müssen heraus sign. aus der »Blackbox-Sounddesign« und auch raus Welche Handlungsimpulse ziehen Sie aus der aus der »Blackbox-Ton-Postproduktion«, denn Umfrage? auch hier haben sich Arbeitsprozesse mit Projekt- Jörg Elsner: Momentan lassen wir durch eine management, Teambildung, Supervising, Quali- Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermitteln, wie tätssicherung et cetera etabliert, die Ressourcen eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung eines (auch in Form von Personal) erfordern, die bud- Tonschnittplatzes auszusehen hat. Hierzu haben getär teils gar nicht mehr abgedeckt sind, sondern wir Ende vorigen Jahres aus den Reihen unserer irgendwie über andere existierende Positionen Berufsvereinigung eine Expertenkommission ge- querfinanziert werden müssen. Das wiederum er- bildet, in der wir die erhobenen Daten bewertet höht den Kostendruck, der ohnehin schon auf der und ergänzt haben, um drei unterschiedliche Ka- Ton-Postproduktion lastet noch mal zusätzlich. tegorien von Tonschnittplätzen zu definieren, die Wir sind auch der Einladung des BKM an die jetzt von den Wirtschaftsprüfern bewertet werden. Verbände nachgekommen, eine Stellungnahme Resultieren soll das dann in einer »Empfehlung zur Novellierung des Filmfördergesetzes 2022 ein- zur Vergütung von Tonschnittplätzen«, die dann zureichen. Hier konzentrieren wir uns auf künst- Sounddesigner*innen helfen kann, für anstehen- lerische und vor allem soziale Aspekte. Wir weisen de Verhandlungen einen soliden Tagessatz anzu- auch hier auf den zunehmenden Sparzwang in setzen, der aber auch ganz transparent für Post- der Postproduktion hin, der zum großen Teil aus produktionshäuser und Filmproduktionen als der Tatsache resultiert, dass am Ende der Produk- kalkulatorische Grundlage dienen kann. tion der Etat schlicht verbraucht ist. Zur Verbesse- Dabei ist uns sehr wichtig, alle genannten Be- rung der Situation würden wir neben der Förde- teiligten partnerschaftlich mit ins Boot zu neh- rung der Pre-Produktion und Produktion eine se- men, denn Kalkulationen oder Geschäftsmodelle parate Postproduktionsförderung sehr begrüßen. die auf unwirtschaftliche Gegebenheiten bauen, Gekoppelt mit einer wirksamen Prüfung, ob För- erzeugen aus sich heraus einen sich selbst verstär- dermittel auch wirklich bei den Filmschaffenden kenden Abwärtstrend. Dieser kann aber nur ge- ankommen. c meinsam aufgebrochen werden. Sie wollen auch »zeitnah Rundfunkanstalten, www.bvft.de Filmproduktions- und Postproduktionsfirmen zur Arbeit an einer gemeinsamen Lösung motivie- Mehr zut Stellungnahme der BVFT zum Filmförderungsgesetz ab ren.« Wie wollen Sie das erreichen? Seite 15.
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467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 15 »Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses«, meint George Lucas, der auf seiner Skywalker Ranch (oben) selbst am Klangerlebnis tüftelte. Doch in der Förderung ist für die große Wirkung kaum etwas vorgesehen. Und als letztes Glied in der Produktionskette bleibt für die Tonarbeit auch nur wenig übrig. Stellungnahmen 8 2022 gibt’s ein neues Filmförderungsgesetz, Verbände und Initiativen haben ihre Verbesserungen vorgeschlagen. Die Berufsvereinigung Filmton meldet sich für eine übersehene Filmkunst und faire Bezahlung. Und die Deutsche Filmakademie fordert im zweiten Teil ihrer Stellungnahme einen Neuanfang – und hat auch die soziale Frage für sich entdeckt. Text Jan Fedesz Foto: Skywalker Ranch
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 16 Berufsvereinigung Filmton Auch die Berufsvereinigung Filmton (BVFT) hat der Regie und dem finanziellen Druck seitens der sich zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes Produktion auszugleichen. In der Regel wird die zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme kon- gesamte Ton-Postproduktion an Subunterneh- zentriert sie sich »auf künstlerische und vor allem men (Postproduktionshäuser) übergeben, die soziale Aspekte, die sich einander bedingen.« Der sich mit den Mitbewerbern einen Preiskampf lie- künstlerischen Aspekt heißt, erstmal klarzuma- fern, um an Aufträge zu kommen, einen Preis- chen, was die Tonspur alles für den Film leistet. kampf, der dann oft in viel zu niedrigen Gagen Das ist eine lange Aufzählung und mündet in dem und zu wenig bezahlten Arbeitstagen für die Film- einfachen Satz von George Lucas: »Der Film- tonschaffenden mündet, die meist als Freelancer sound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses.« auf Rechnung arbeiten und teilweise monatelang Paradoxerweise machen die Kosten für diese 50 auf Begleichung ihrer Rechnungen warten müs- Prozent Wirkung nur einen Bruchteil von dem aus, sen. Aber auch die Postproduktionshäuser selbst was auf die Bildherstellung verwendet wird, er- stehen mit ihrer Infrastruktur und ihrem Personal klärt die BVFT, die mehr als 400 Filmtonschaffen- in der Regel unter diesem hohen Budgetdruck.« de in Deutschland vertritt. Die Berufsvereinigung Nicht unbedingt böser Wille, meint die BVFT: betont die kreative und zeitintensive Leistung der Meist sei der für die gesamte Filmproduktion vielen spezialisierten Tongestalter*innen und schlicht verbraucht, weil die Postproduktion nun überhaupt den Stellenwert dieser Arbeit: »Die mal zeitlich am Ende der Produktionskette liegt. Ton-Postproduktion nimmt insbesondere bei der Produktion von Kinofilmen einen erheblich grö- Dramatisch sei die Situation dennoch – und spitze ßeren und zeitlich längeren Teil ein als der Dreh.« sich weiter zu: »Gagen und Honorare stehen unter Und diese Arbeit am Ende des gesamten Ent- immensem Druck. Filmtonschaffende bewegen stehungsprozesses dürfe nicht aus Mangel an sich dadurch auf eine Altersarmut zu, wenn sie Geld »stiefmütterlich« behandelt werden – sonst nicht vorher an Überarbeitung erkranken oder in verschenke der Film »enormes Potenzial.« Doch einen anderen Berufszweig wechseln.« Wegen der gerade in der Ton-Postproduktion herrsche zu- Geldmangels bleibe die Ausbildung auf der Strek- nehmender Sparzwang. ke. »Die Folge wird auch in der Postproduktion, Damit ist die BVFT schon beim zweiten Aspekt, und hier insbesondere bei den Geräuschema- dem sozialen: »Es wird teilweise um halbe Ar- chern, ein Fachkräftemangel sein, wenn nicht so- beitstage gefeilscht, die in Anbetracht des Ge- gar das Ende des Berufszweiges in Deutschland.« samtbudgets eine verschwindend kleine Summe Was tun? Da verweist die BVFT auf die neue ausmachen. Es werden Geräuschaufnahmen, Aufgabe der FFA seit 2017, »darauf hinzuwirken, trotz lokaler Förderbindung, an das halb so teure dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal osteuropäische Ausland vergeben. Sounddesi- zu sozialverträglichen Bedingungen beschäftigt gner und -Editoren arbeiten häufig mehr Tage, als wird.« Leider fehle es an wirksamen Ansätzen. Die sie bezahlt bekommen, in 14-Stunden-Schichten BVFT schlägt ein »Drei-Säulen-Modell« vor: Pre und oft auch an Wochenenden, um die Diskre- Production (Drehbuchentwicklung und Vorberei- panz aus Wünschen und Forderungen von Seiten tung), Produktion (der Dreh mit allem zu Planen-
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 17 den) und Postproduktion (Ton- und Bildbearbei- kommen.« Die BVFT sieht eine »Rechenschafts- tung) sollten über eigene Fördertöpfe verfügen, pflicht der Filmproduzenten bis hin zu von diesen die nicht von den jeweils anderen Bereichen in beauftragten Unternehmen und Subunterneh- Anspruch genommen werden können. Schließ- men (Postproduktionshäuser) durch eine Offen- lich forderten Produzenten und Drehbuchauto- legung der Zahlungen an die Mitarbeiter« vor. ren zurecht eine eigene Pre-Production-Filmför- »Diese Zahlungen sollten von der FFA geprüft derung, um hochqualitative Stoffe in genügender werden und nicht nur auf freiwilligen Angaben Zeit und finanzieller Ausstattung zu gewährlei- beruhen.« sten – das Gleiche müsse es auch für die Postpro- »Denkbar« wäre sogar eine Meldestelle für duktion geben, insbesondere für die Ton-Postpro- Filmschaffende, »wo bei begründetem Verdacht duktion, meint die BVFT. auf eine nicht der Fördersumme entsprechende Ausgabe der Gelder die Beantragung einer Son- Dabei müsse gewährleistet werden, dass die Mit- derprüfung ermöglicht wird.« c tel »auch wirklich bei den Filmschaffenden an- https://tinyurl.com/t2ahd25
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 18 Deutsche Filmakademie Die Deutsche Filmakademie hatte schon früh Beispielen deutscher Serienproduktion für die Stellung zum anstehenden Filmförderungsge- neuen Plattformen erkennen wir eine Chance setz genommen. Im April 2019 hatte sie ein dü- für das Kino, da diese Serien von der Kraft und steres Bild der deutschen Filmlandschaft skiz- dem Einfallsreichtum deutscher Filmemache- ziert (cinearte 454). Das sollte aber noch nicht al- rinnen und -macher im globalen Wettbewerb les gewesen sein: ein zweiter Teil mit konkreten um das Publikum zeugen.« Vorschlägen sollte folgen, wenn die Diskussion Kurz: Die Zuschauer*innen würden schon tol- der Kinofilmverbände in der Spitzenorganisati- le Kinofilme ansehen, die Filmemacher*innen on der Filmwirtschaft (SPIO) gelaufen ist. Auch könnten sie schon drehen. An beiden liegt es an- die Deutsche Filmakademie gehört dem Dach- scheinend nicht. verband von 20 Interessen- und Berufsverbän- den an. Darauf nimmt sie in ihrer Stellungnahme »Und zur Wahrheit gehört auch, dass es an zu allerdings wenig Rücksicht. wenig Geld in den Fördertöpfen nicht liegen Die Ausgangssituation, die die Filmakademie kann, denn die sind gut gefüllt.« Dieser Satz schildert, ist bekannt: Das Publikum, vor allem stammt nicht von der Filmakademie, sondern das Jüngere, zieht es immer weniger ins Kino von der Kulturstaatsministerin (BKM) Monika und erst recht nicht in deutsche Filme. Die Kon- Grütters. Die hatte sich im vorigen Februar zum kurrenz »durch die neuen Formen des ›Home- Kinojahr 2018 geäußert »durchaus ein gewisses Entertainments‹ verschärft den Abwärtstrend – Missverhältnis zwischen Investition und Ertrag« und ist selbst für Filmemacher attraktiver. Auf gesehen. der anderen Seite sinkt das Budget der Filmför- Mit zarten Formulierungen hatte sie der Bran- derungsanstalt (FFA) und wird noch weiter sin- che gehörig den Kopf gewaschen. Schließlich ken. Damit habe sie noch weniger Möglichkei- habe sie die Produktionsförderung in den ver- ten, »›die Struktur der deutschen Filmwirtschaft gangenen drei Jahren fast verdreifacht. Mit den und die kreativ-künstlerische Qualität des deut- Fördermaßnahmen von BKM, DFFF, DFFF2 und schen Films‹ nach den Vorstellungen der Film- GMPF stünden mittlerweile jährlich rund 165 branche selber zu fördern.« Millionen Euro allein für die Produktionsförde- Kurz: »Der schleichenden finanziellen Krise rung von Kinofilmen und High-End-Serien zur der FFA entspricht in vielfältiger Weise auch eine Verfügung. »Damit haben wir so viel Geld wie nie inhaltliche Schwächung des Kinofilms.« zuvor in der öffentlichen Filmförderung – und Das muss nicht so sein! Die Deutsche Film- damit ist Deutschland im internationalen Stand- akademie glaubt ganz fest an das Kino, der Film ortwettbewerb vorne mit dabei.« sei »als genuine erzählerische Form noch lange Lassen wir mal beiseite, dass Frankreichs CNC nicht ›tot‹«. Andere Länder und hin und wieder mehr als fünfmal so viel Geld verteilt (und im- ein Erfolgsfilm aus heimischer Produktion mer noch doppelt so viel wie alle deutschen För- machten es ja vor. dertöpfe zusammen; cinearte 464) – in der Sache Auch vor dem Streaming-Boom hat die Film- hat Grütters ja recht. Und sie zog gleich Konse- akademie keine Angst: »In den hervorragenden quenzen und kündigte einen Runden Tisch an.
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 19 »Gemeinsam mit Produzenten, Produktions- Förderung wirtschaftlich erfolgreicher Filme dienstleistern, Filmverleihern und Kinobetrei- wird im Referenzsystem des FFG an erreichten bern möchte die Staatsministerin ausloten, wie Zuschauerzahlen festgemacht, während die Er- ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand folge der kulturellen und künstlerischen Förde- und Nutzen der Filmförderung erreicht werden rung des Kinofilms an Teilnahmen und Erfolgen könne«, erklärte eine Pressemitteilung der BKM. auf Filmfestivals »gemessen« werden, erklärt die Das klingt nach den üblichen Verdächtigen, Filmakademie. Neben dieser automatischen die auch bisher über Erfolg und Qualität des Förderung gibt es die selektive Förderung durch Deutschen Films beschlossen haben, und nicht eine Vergabekommission. Und hier »durchkreu- nach einem »strukturellen und kreativ-künstleri- zen sich die unterschiedlichsten Zielsetzungen schen Neuanfang«, wie ihn die Deutsche Film- und Erfolgskriterien und führen letztendlich zu akademie in ihrer neuen Stellungnahme an- einer ›nivellierten Förderung‹, die in großen Tei- mahnt. Doch es scheint, als höre die Ministerin len auch einen ›nivellierten Film‹ hervorbringt. genauer hin. Inzwischen haben bereits mehrere Dieser ›nivellierte‹ deutsche Film ist auf die Fi- Runde Tische stattgefunden. Die Gesprächskrei- nanzierung durch alle beteiligten Finanzie- se sind zwar nicht öffentlich, doch wurden auch rungsformen angewiesen und muss es damit Verbände und Organisationen BKM eingeladen, letztlich schon ab der Projektentwicklung allen die nicht in den Gremien der FFA oder der SPIO recht machen.« vertreten sind. Das konnte einigermaßen funktionieren, so- lange der Kinofilm die »Vorherrschaft« hatte, Es bleiben nicht mehr viele, denen man nun doch diese Zeiten sind vorbei. »Spätestens jetzt noch die Schuld an der Misere geben könnte. muss allen Beteiligten klar werden, dass die jahr- Doch so einfach macht es sich die Filmakademie zehntelange Politik des mehr oder weniger ›Im- nicht. Denn so einfach ist das Problem nicht – es mer-weiter-so‹ gescheitert ist.« Es brauche »eine liegt bereits im System: »Die deutschen Filmför- klarere Ausrichtung der unterschiedlichen Ziel- derungen in ihrer föderalen Aufstellung und ih- setzungen und die Entmischung der Interes- ren unterschiedlichen, sich teilweise widerspre- sensvielfalt im einzelnen Projekt«. Das könne chenden Zielsetzungen vermischen eine Wirt- nur über deutlichere Erfolgskriterien und poin- schaftsförderung und eine Kunst- und tiertere Entscheidungen auf allen Förderebenen Kulturförderung. In dieser Förder-/Marktwirt- gelingen. schaft ist das höchste Ziel die Befriedigung aller Markteilnehmer und der verschiedenen Film- Zwei Ziele müsste »jede gegenwärtige Filmför- richtungen auf einem weitestgehend ausgegli- derung in Zeiten der verstärkten Konkurrenz ver- chenen Niveau.« folgen«, sie würden aber verschleppt oder gar Kurz: Die deutsche Filmförderung ist in zwei- verpasst: erlei Hinsicht zerrissen – zersplittert in zahlrei- 1. Die Steigerung des Zuschauerzuspruchs für che Fördertöpfe des Bundes und der Länder, und deutsche Filme jeglichen Genres und jeglicher uneins in dem, was sie eigentlich fördern will. So Ausrichtung: dazu müssten die Stoffe und die Fil- werkelt jedes vor sich hin und verteilt nur, was es me vom Publikum aber als für sie relevant er- noch zu verteilen gibt … kannt werden können. Relevanz entscheidet sich
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 20 bereits bei der Auswahl und Entwicklung der Stof- Mit 2 Millionen davon sollten bereits die er- fe; Relevanz braucht die Verpflichtung der besten sten Schritte unterstützt werden: Die bisherige Kreativen und es wird angesichts der gut ausgestat- Drehbuchförderung soll eine Projektentwick- teten Konkurrenz auch nicht ohne entsprechend lungsförderung umgewandelt werden, ihr Bud- gut aufgestellte Herstellungs- und Herausbrin- get wäre dann mit 3,3 Millionen Euro mehr als gungsbudgets gehen. doppelt so hoch werden. 2. die Stärkung moderner kuratorischer und Die Förderung müsse deutlicher zwischen technischer Instrumente der Kinos im Rahmen »publikumsaffinen« und »kulturell innovativen« ihrer Publikumsansprache. Die Kinos müssen in Filmen unterscheiden. Bislang war das Verhält- die Lage versetzt werden, dem Publikum gegen die nis zwischen Referenz- und Projektmitteln 44:56, Konkurrenz des »Alles-Immer-An jedem Ort« ein zur Zeit werde es auf 60:40 Prozent geändert. Das erkennbares einzigartigen Erlebnisversprechen heißt (nach dem Stand 2018), dass die Referenz- abgeben zu können – und dies mittels der gegen- förderung um 7,2 auf 19,2 Millionen steigt, die wärtigen Kommunikationswege. Dazu gehört Projektfilmförderung um 2,2 auf 12,8 Millionen auch die technische und vor allem haptische Aus- Euro sinkt. stattung der Kinos, die auch als Ort für das Publi- kum attraktiv sein müssen. Projektfilmförderung soll es nur noch geben, Statt einer klugen inhaltlichen, die Bereiche wenn noch vorhandene Referenzmittel der Pro- »Zuschauerfilm« und »innovativer Film« ent- duktionsfirma zum Zeitpunkt der Antragsstel- schieden in das Zentrum der Novelle stellenden lung weniger als 15 Prozent des Budgets betra- Initiative, führt die FFA im Einklang mit den an- gen. Sequels sollten nur noch mit Hilfe der Refe- deren Förderungen eine Form der Klientelwirt- renzförderung gefördert werden. Filmen, die von schaft fort, die das FFG und die FFA schon bald der FFA und durch die kulturelle Filmförderung nach ihrer Gründung angefangen hat zu prägen. der BKM gefördert werden, sollen auch eine hö- here automatische Zuwendungen des DFFF er- Wohin das geführt hat, führt die Filmakademie in halten: 35 statt der üblichen 20 Prozent des Bud- einem eigenen Kapitel aus (siehe Seite 23). Mehr gets. Die Leitlinien der FFA für die Förderkom- Geld von der Branche, »schlankere« Entschei- mission sollen nur noch für die Mindesthöhe des dungsabläufe und mehr Mut zum Risiko in der Budgets. gelten. Förderpraxis brauche eine »neue FFA«. Damit Auch die Berufung dieser Kommissionen solle nimmt sie das Selbstverständnis der Filmförde- überdacht werden. Sie solle über ein ausgewoge- rungsanstalt beim Wort, sich allein durch Abga- nes Verhältnis von Herstellern (inkusive Urhe- ben der Branche selbst zu finanzieren. Rund 50 bern) und Auswertern verfügen und nicht die Millionen Euro waren das 2018, um 30 Prozent Struktur des Verwaltungsrats in den Gremien ab- müsse das erhöht werden, um der FFA wieder an bilden, meint die Deutsche Filmakademie. »Ziel die Spitze des deutschen Fördersystems zu brin- muss sein, eine kontinuierliche, nachvollziehba- gen, meint die Deutsch Filmakademie – und zwar re und diskutierbare Spruchpraxis des Gremi- »aus eigener Kraft«. Mit diesen 15 Millionen Euro ums zu erreichen.« käme die FFA wieder auf das Niveau früherer Jah- Das Risiko zwischen Verleih und Produktion re – 61,42 Millionen Euro verteilte sie 2018. soll gerechter verteilt werden, so dass Produ-
467 | 30. Januar 2020 FFG 2022 | 21 zent*innen und Kreative »von Anfang an am Er- gungsverhältnissen, »die genau gerechnet weit folg der Filme partizipieren« können, so die unter dem Mindestlohn liegen«, rechnet die Filmakademie. »Erst in einer solchen Recoup- Deutsche Filmakademie vor: Ein Dokumentar- ment-Struktur wird es in Zukunft möglich sein, film mit einem Budget von 500.000 Euro erlaube privates Kapital in größerem Umfang für die Pro- maximal 20.000 Euro Regiegage und 25.000 Euro duktion deutscher Kinofilme akquirieren zu Produzent*innenhonorar. »Dies ist für die mehr- können.« jährige Arbeit an einem 90-Minuten-Film nicht angemessen.« Die Sperrfristen für Spielfilme sollen wieder ein- 36 Mitglieder hat der Verwaltungsrat der FFA, heitlich werden. Bislang gelte sechs Monate, ehe damit ja alle Interessengruppen vertreten sind. ein Film nach seinem Kinostart auf Bildträger Ein Drittel weniger und eine gemeinsame Beset- oder als Stream erscheinen darf, in »Ausnahme- zung einzelner Posten in Verwaltungsrat und fällen« kann das auf herunter bis zu 4 Monate Präsidium »durch verschiedene Gruppierungen verkürzt werden. Die Filmakademie will diese zusammen würde den ›Lobbydiskurs‹, der die kürzere Frist für alle – ohne Ausnahme, »um an- Arbeit vieler Mitglieder in diesem Gremium gesichts der kommenden Marktverschiebungen prägt, reduzieren und die branchenübergreifen- innerhalb der nächsten FFG-Periode flexibel rea- de Kommunikation über den notwendigen Kurs gieren zu können«. der FFA stärken«, glaubt die Filmakademie. Ko- Für Dokumentarfilme sollen die Sperrfristen sten würde es außerdem sparen. fürs Home-Entertainment gar ganz gestrichen Auch Diversität und Nachhaltigkeit will die und Verleih und Produktion überlassen werden. Deutsche Filmakademie in die Präambel des Fürs Bezahlfernsehen sollen sie auf 4 Monate Filmfördergesetzes aufgenommen haben, meint (bislang 12, als Ausnahme 6 Monate), fürs Free- mit letzterem aber lediglich das »Grüne Drehen«. TV auf 12 Monate (bislang 18, als Ausnahme 6 Doch auch die Arbeitsbedingungen hat sie in- Monate) verkürzt werden – oder sogar ebenfalls zwischen auf dem Radar – in der Stellungnahme auf 4 Monate, sofern es keine Pay-TV-Auswer- zum FFG 2017 fehlte dieser Aspekt noch. Ins FFG tung gibt. Und auf Antrag könne sogar das »in- hatte er trotzdem gefunden, nun erinnert die klusive Mediathek« weiter abgesenkt werden, Filmakademie an diese Verpflichtung: »Die Ge- »wenn die finanzielle Beteiligung des Senders staltung sozialverträglicher Arbeitsbedingungen bei mindestens 40 Prozent liegt, ein aktueller An- ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen für un- lass gegeben ist und ein gemeinsames innovati- sere Branche, die bereits unter Fachkräftemangel ves Auswertungskonzept von Verleih, Produktion leidet. Hierzu zählt neben einer angemessenen und Sender vorliegt.« Bezahlung auch das Schaffen von familien- Nach den aktuellen Richtlinien werden bei freundlichen Arbeitsbedingungen, denn nur un- Mehrfachbeschäftigung die veranschlagten Ga- ter Schaffung und Einhaltung neuer Standards gen um 20 Prozent gekürzt, falls ein*e Regis- wird die Branche bei der nachrückenden Gene- seur*in gleichzeitig als Produzent*in fungiert, ist ration (männlich und weiblich) langfristig als Ar- die Regiegage auf 4 Prozent des Budgets gedek- beitgeber attraktiv bleiben.« c kelt. Betroffen sind davon insbesondere Doku- mentarfilmer*innen. Das führe zu Beschäfti- https://tinyurl.com/yyf8r59o
%%% % % 2nd nd AD AD W WORKSHOP O R K SH O P given by the international working 2nd nd AD AD OANA OANA ENE ENE %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%$##"! " "$ “The workshop will focus on the requirements, duties and responsibilities of the 2nddA AD. Detailed and comprehensive presentation on how to become a successful 2nddA AD, reaching high performance standards.“ DATES DATES MARCH 07th + 08th 2020 LOCATION LOCATION BERLIN LANGUAGE LANGUAGE ENGLISH FEE FEE ADU MEMBERS 200 NON-MEM MBERS 250 The fee is ta ax deductible. PARTICIPANTS PARTICIPANTS MAX. 20 REQUIREMENTS LAPTOP, O REQUIREMENTS OFFICE REGISTRATION REGISTRATION FOR FOR AADU DU MEMBERS MEMBERS is exclusively reserved from January 15th to February 12th 2020. REGISTRATION REGISTRATION OPENSOPENS FOR FOR NON-MEMBERS, NON-MEMBERS, 1. 1. A ALL and and other other INTERESTED INTERESTED PARTIES PARTIES from February 13th to March 5th 2020. REGISTRATION REGISTRATION FORM, FORM, TERMS TERMS A AND ND CONDITIONS A CONDITIONS ATTACHED. FOR QUESTION QUESTIONS p please contact Anmeldung@ad g -unio on.org
467 | 30. Januar 2020 Förderfilmland | 23 Wie kommt das Kino aus der Krise? Die Deutsche Filmakademie fordert einen völligen Neustart der Filmförderung – und spricht aus, wo es überall im System hängt. Immer nur weiter so Damit der Deutsche Kinofilm aus seiner Krise komme, brauche es einen »strukturellen und kreativ-künstlerischen Neuanfang«. Doch stattdessen bleiben viele Branchenteilnehmer in ihrer jeweiligen Nische. Eine harsche Zustandsbeschreibung aus Sicht der Deutschen Filmakademie. Foto: Wikipedia, Mattbr CC BY 2.0
467 | 30. Januar 2020 Förderfilmland | 24 An den Filmhochschulen wurde die Leidenschaft für die kollektive Kraft des Kinos schon lange er- setzt durch die Ausbildung des individuellen Ausdrucks der je eigenen Befindlichkeit. Der De- bütfilm ist bis auf wenige Ausnahmen innovati- onslos. Viele etablierte Kreative und Produktionsfirmen wandern vom Kino, in dem sie ihre ersten Schrit- te machen konnten, dorthin, wo ihre Geschich- ten gewollt, gesehen und gut bezahlt werden. Neben den neuen inhaltlichen und ästhetischen Herausforderungen locken diese neuen Player mit schnelleren Entscheidungen, schnellerer Fi- nanzierung und besserer Bezahlung der Stoff- entwicklung von der Idee an. Die Verleihwirtschaft verweist gerne auf das hohe Risiko, das sie nach wie vor eingeht, hat aber vergessen, dass die Möglichkeit dazu auch durch die seit Jahrzehnten gesetzlich festgeleg- ten »Terms of Trade« zu Gunsten der Verleiher und zu Ungunsten der Produzentenschaft ge- schaffen wurde – nun, da die Zeiten schwieriger geworden sind, wird auch von den Verleihern mehr staatliche Förderung verlangt. Die Kinos selber verschanzen sich in einem Ge- schäftsmodell, welches mit ihren an den Publi- kumswünschen vorbeigehenden Angeboten, Programmierungen und Auswertungskaskaden nun schon seit zehn Jahren stagniert – beschützt von den Sperrfristen des FFG. Letztlich verspielt das Kino derzeit seine lang gehaltene Führungs- rolle als der kompetenteste, am besten unterhal- tende und kulturell relevanteste Ort für Film. Fotos: Robert Pupeter, HFF München | Wikipedia CC BY 3.0 | Paramount | Kommunales Kino Pforzheim
467 | 30. Januar 2020 Förderfilmland | 25 Das öffentlich-rechtliche Fernsehen, jahrzehn- telang treuer Verbündeter des Kinofilms, welches durch Koproduktionen, inhaltliche Freiheiten und eine Vielfalt von Verbreitungs- und Diskussi- onsangeboten für Akzeptanz des Kinofilms in ei- ner breiteren Öffentlichkeit gesorgt hat, wendet sich immer mehr vom Kinofilm ab und betreibt die eigene Umstrukturierung zur digitalen Platt- form, inzwischen sogar schon im Vertrieb über privatwirtschaftlich aufgestellte Plattformen, wie Youtube. auch noch den Aufbau eines VoD-Marktes für Dieses öffentlich-rechtliche Gratis-VoD-An- deutsche Produzentinnen und Produzenten ver- gebot wird, wenn es unter den derzeit vorherr- hindern, wie dies schon einmal vor 30 Jahren im schenden Lizenzbedingungen verwirklicht wird, entstehenden Pay-TV-Markt passiert ist. Der Rückzug des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus der dokumentarischen Kinoproduktion und die zunehmende Formatierung dokumentarischer Programme trifft den kreativen Dokumentarfilm besonders hart. Der kreative, unformatierte Dokumentarfilm ist daher mehr denn je auf kulturelle Filmförderung angewiesen und bräuchte eigentlich die Freiheit, seine Zuschauer in einem insgesamt kürzer werdenden Zeitfenster über verschiedene Auswertungsformen zu finden. So wird der doku- mentarische Film immer mehr über öffentliche Kinofilmförderung finanziert, kann aber seine Zu- schauer über einen klassischen Kino- Flächenstart kaum noch erreichen. Und das, obwohl deutsche Dokumentarfilme zugleich international auf Festivals und bei Preisen so erfolgreich sind wie nie zu- vor. Und die neuen Player, die US-amerikanischen Streaming-Plattformen, kehren angesichts der sich verschärfenden Konkurrenz untereinander zu Auftragsproduktionsstrukturen zurück, die »den kurzen Sommer der Freiheiten und Mög- lichkeiten« für Kreative und Produktionsfirmen zu beenden droht. Fotos: NDR | Apple
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