Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel

 
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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

                                    Swiss Issues Branchen
                                    Januar 2015

                                    Retail Outlook 2015
                                    Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

                                    Impressum
                                    Herausgeber
                                    Giles Keating
                                    Head of Research and Deputy Global CIO
                                    +41 44 332 22 33
                                    giles.keating@credit-suisse.com

                                    Dr. Oliver Adler
                                    Head Economic Research
                                    +41 44 333 09 61
                                    oliver.adler@credit-suisse.com

                                    Titelbild
                                    www.qrgenerator.ch

                                    Druck
                                    Effingerhof AG
                                    Storchengasse 15
                                    5201 Brugg

                                    Redaktionsschluss
                                    18. Dezember 2014

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                                    Autoren Credit Suisse AG
                                    Dr. Patricia Feubli
                                    +41 44 333 68 71
                                    patricia.feubli@credit-suisse.com

                                    Maxime Botteron
                                    Nicole Brändle Schlegel
                                    Daniel Steffen

                                    Autoren Fuhrer & Hotz − Excellence in Retailing
                                    Marco Fuhrer
                                    +41 44 766 14 18
                                    m.fuhrer@fuhrer-hotz.ch

                                    Martin Hotz
                                    +41 44 766 14 14
                                    hotz@fuhrer-hotz.ch

                                                                                                                        Swiss Issues Branchen   2

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

                                    Inhalt

                                    Editorial                                                4

                                    Management Summary                                       5

                                    Branchenkonjunktur 2014: Nachfrageseite                  7

                                    Reale Detailhandelsumsätze                              7
                                    Einflussfaktoren                                        7
                                    Teilindizes der Konsumentenstimmung im Fokus            8
                                    Reale Detailhandelsumsätze nach Warengruppen           10
                                    Einkaufstourismus                                      12

                                    Branchenkonjunktur 2014: Angebotsseite                 14

                                    Food                                                   14
                                    Non-Food                                               15

                                    Strukturveränderungen durch den Onlinehandel           18

                                    Onlinehandel − Entwicklung in den Segmenten            18
                                    Onlinehandel verändert die Detailhandelsstrukturen     20
                                    Internationaler Vergleich                              25
                                    Zukunftsszenario 2020 nach Segmenten                   28
                                    Fazit                                                  32

                                    Aussichten Detailhandel 2015                           33

                                    Top-down                                               33
                                    Bottom-up                                              35

                                                                                         Swiss Issues Branchen   3

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

             Editorial

                                    Geschätzte Leserinnen und Leser

                                    Eigentumswohnungen im Luxussegment statt einer Einkaufsmeile an der Zürcher Bahn-
                                    hofstrasse, Logistikimmobilien statt Shoppingcenter in den Agglomerationen und verschlafene
                                    Gemeindemittelpunkte statt Dorfläden als Treffpunkte? Werden solche und andere Szenarien
                                    angesichts des enormen Wachstumsspurts des Onlinehandels in nicht allzu ferner Zukunft Rea-
                                    lität werden? Wir gehen davon aus, dass der stationäre Handel auch in 50 Jahren seine Da-
                                    seinsberechtigung haben und sich obiges Szenario deshalb wohl kaum verwirklichen wird. Die
                                    Konsumenten wollen bestimmte Produkte fühlen, riechen, ausprobieren und sich vor Ort per-
                                    sönlich beraten lassen. E-Commerce wird die Detailhandelsstrukturen aber mit Sicherheit nach-
                                    haltig beeinflussen, ja gar revolutionieren.

                                    Im Moment handelt es sich beim sogenannten Business-to-Consumer (B2C) Onlinehandel zu-
                                    mindest in der Schweiz noch um eine Randerscheinung mit einem Marktanteil von rund 5%.
                                    Angesichts des rasanten Wachstums dürfte sich dies in Zukunft aber rasch ändern. Im diesjäh-
                                    rigen Schwerpunktthema der siebten Ausgabe unseres «Retail Outlook» legen wir die Unter-
                                    schiede in der Marktdurchdringung von E-Commerce in den wichtigsten Detailhandelssegmen-
                                    ten dar und analysieren die Auswirkungen des Onlinehandels auf verschiedene Branchencha-
                                    rakteristika. Zudem zeigen wir auf, dass die Schweiz im internationalen Vergleich eher Nachzüg-
                                    lerin ist und präsentieren ein Szenario für die Bedeutung des Onlinehandels im Jahr 2020. An-
                                    gereichert wird das Kapitel durch einen Exkurs der Detailhandelsberater Fuhrer & Hotz –
                                    Excellence in Retailing zu den Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung einer Multi-/Crosschannel-
                                    Strategie.

                                    Aktuell spielt sich der Detailhandelsalltag also noch grösstenteils stationär ab und es gilt daher,
                                    die Konsumenten in die Läden zu locken. 2014 gelang dies nur bedingt. Konjunkturell hielt
                                    nämlich das Detailhandelsjahr trotz guter Voraussetzungen nicht, was es versprochen hatte.
                                    Nominal kamen die Detailhandelsumsätze kaum vom Fleck und real waren sie etwas über 1%
                                    im Plus. Zwei Gründe dürften wesentlich dafür verantwortlich sein: Einerseits zeigte sich die
                                    Zuwanderung im Zuge der Abschwächung der Binnenkonjunktur etwas weniger solide als prog-
                                    nostiziert und andererseits blieb die erwartete Verbesserung der Konsumentenstimmung aus.
                                    Dies vor allem aufgrund der stockenden Konjunkturentwicklung in Europa, welche sich auch auf
                                    die Schweiz auswirkte. Hinzu gesellte sich Wetterpech – insbesondere im Sommer. Immerhin
                                    dürfte der Einkaufstourismus allen Unkenrufen zum Trotz nicht weiter angestiegen sein, sondern
                                    sich auf einem hohen Niveau stabilisiert haben.

                                    Was bringt nun das laufende Jahr für den Detailhandel? Aus makroökonomischer Perspektive
                                    spricht alles für kein schlechtes, aber auch kein berauschendes Jahr 2015. Die Weltwirtschaft
                                    wird sich zwar etwas beleben, die Binnenkonjunktur wird aber ihre leichte Abschwächungsten-
                                    denz fortsetzen und somit die Konsumfreude der Bevölkerung kaum anfeuern. Hinzu kommt,
                                    dass sich die Zuwanderung weiter leicht abschwächen wird und dem Detailhandel somit weniger
                                    neue Kunden zur Verfügung stehen. Die Entscheidungsträger der Branche, welche dieses Jahr
                                    wiederum von Fuhrer & Hotz befragt wurden, geben sich im Vergleich zum Vorjahr denn auch
                                    zurückhaltender in Bezug auf ihre Umsatz- und Gewinnplanung. Die Aufteilung des lediglich
                                    leicht wachsenden Kuchens wird also weiterhin hart umkämpft sein. Dies erfordert von den De-
                                    tailhändlern nach wie vor vollsten Einsatz. Diese Bemühungen werden letztlich vor allem den
                                    Kunden zugutekommen.

                                    Wir wünschen Ihnen eine spannende und anregende Lektüre.

                                    Albert Angehrn                                                Oliver Adler
                                    Leiter Large Swiss Corporates                                 Leiter Economic Research

                                                                                                                  Swiss Issues Branchen   4

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

             Management Summary

             Umsätze 2014:                  Der Detailhandel blickt auf ein verhaltenes Jahr 2014 zurück. Die Nachfrage entwickelte sich
             Food solid, Non-Food           aufgrund der leicht schwächeren Zuwanderung, der sich im Jahresverlauf deutlich verschlech-
             unterdurchschnittlich          ternden Konsumentenstimmung und der Wetterkapriolen im Januar und Juli zurückhaltend. Die
             Branchenkonjunktur 2014        WM war ein Nullsummenspiel. Dank einer soliden Preisentwicklung wuchsen die nominalen
             (S. 7–17)                      Umsätze im Lebensmitteldetailhandel trotzdem im Rahmen des langjährigen Durchschnitts. Im
                                            Non-Food-Segment hingegen kamen erneut wetter- und wettbewerbsbedingte Preisrückgänge
                                            hinzu, so dass die nominalen Umsätze auf dem Vorjahresniveau verharrten.

             Umsätze 2015:                  Wir erwarten, dass sich die nominalen Detailhandelsumsätze 2015 höchstens marginal besser
             keine signifikante             als 2014 entwickeln werden. Zwar dürften das verfügbare Einkommen und die Konsumkauf-
             Verbesserung in Sicht          kraft im Zuge des stabilen Schweizer Wirtschaftswachstums gegenüber dem Vorjahr leicht zu-
             Aussichten 2015 – Top-down     nehmen. Auch die Bevölkerung dürfte weiterhin wachsen, wenn auch – aufgrund der leicht
             (S. 33−34)                     schwächeren Zuwanderung – etwas weniger stark als 2014. Für die Konsumentenstimmung
                                            erwarten wir eine verhaltene Entwicklung. Zwar dürfte sie sich 2015 vom Dämpfer im vierten
                                            Quartal 2014 erholen. Aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit für starke Wachstumssignale
                                            aus der Schweiz und der EU dürfte sich die Konsumentenstimmung im Vergleich zu 2014 aber
                                            nicht stark verbessern.

             Umsatz- und Gewinnpla-         Gemäss der Umfrage von Fuhrer und Hotz erreichte die Mehrheit der Händler 2014 ihre Um-
             nung der Detailhändler         satz- und Gewinnziele. Für 2015 ist ihre Umsatz- und Gewinnplanung zurückhaltender als im
             2015 zurückhaltender           Vorjahr. Dennoch geht deutlich mehr als die Hälfte von einem positiven Wachstum des Umsat-
             Aussichten 2015 – Bottom-up    zes und die Hälfte von einem Gewinnwachstum aus. In diesem Zusammenhang planen die De-
             (S. 35−39)                     tailhändler, den Marketingfokus wiederum hauptsächlich auf die Verkaufsförderung zu legen.
                                            Ausserdem planen knapp 60% der Detailhändler für 2015 eine Verkaufsflächenausdehnung,
                                            vorzugsweise in Innenstädten und grossen Einkaufszentren.

             Teilindizes der Konsumen-      Für die Prognose der realen Detailhandelsumsätze ist die Schweizer Konsumentenstimmung
             tenstimmung gute Nachfra-      grundsätzlich ein nützlicher Indikator. Unsere Analyse zeigt, dass einzelne Teilindizes der Kon-
             geindikatoren                  sumentenstimmung jedoch noch stärker mit den realen Detailhandelsumsätzen korrelieren. Da-
             Teilindizes der Konsumenten-   bei erweist sich die Einschätzung der Sicherheit der Arbeitsplätze als bester Indikator für die
             stimmung im Fokus (S. 8−10)    Nachfrageentwicklung im Detailhandel. Auch die Einschätzung der Wirtschaftslage in den letz-
                                            ten zwölf Monaten, die erwartete Arbeitslosenzahl und die Einschätzung der eigenen finanziellen
                                            Lage der letzten zwölf Monate sind verlässlichere Nachfrageindikatoren als die Konsumenten-
                                            stimmung insgesamt.

             Einkaufstourismus: 2014        Der stationäre Einkaufstourismus dürfte sich 2014 auf hohem Niveau stabilisiert haben. Die
             und 2015 in etwa stabil        Mehrwertsteuereinnahmen aus dem privaten Reiseverkehr in die Schweiz stagnierten bereits
             auf hohem Niveau               das dritte Jahr in Folge. Auch verringerte sich 2014 die Differenz zwischen dem Preisniveau in
             Einkaufstourismus (S. 12−13)   der Schweiz und jenen in den Nachbarländern erneut und der Schweizer Franken wertete sich
                                            gegenüber dem Euro nur geringfügig auf. Einzig die Zahl der Ausfuhrbescheinigungen zur
                                            Rückforderung der Mehrwertsteuer, die sich die Schweizerinnen und Schweizer an der deut-
                                            schen Grenze abstempeln liessen, wuchs gegenüber dem Vorjahr deutlich. Vor dem Hinter-
                                            grund der stabilen Mehrwertsteuereinnahmen an der gesamten Schweizer Grenze dürfte dieser
                                            Anstieg auf die intensivere Nutzung der Mehrwertsteuerrückerstattung hinweisen. Die Online-
                                            version des Einkaufstourismus zeichnete 2014 ein etwas anderes Bild. Der Onlineeinkauf im
                                            Ausland dürfte aus strukturellen Gründen gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen haben.
                                            Angesichts des geringen Anteils am Gesamtumsatz im Detailhandel (2014 ungefähr 1%) fiel
                                            das relativ starke Wachstum jedoch kaum ins Gewicht. Wir erwarten, dass der stationäre Ein-
                                            kaufstourismus 2015 weiterhin relativ stabil auf hohem Niveau verharren wird. Die Onlineversion
                                            des Einkaufstourismus dürfte 2015 wiederum deutlich wachsen.

                                                                                                                        Swiss Issues Branchen   5

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

             Beim Onlinehandel ist           E-Commerce ist aus dem Schweizer Detailhandel nicht mehr wegzudenken. 2013 erwirtschaf-
             Heimelektronik Vorreiter,       teten die Detailhändler 4.7% des Umsatzes im Business-to-Consumer-Onlinehandel. Dessen
             Food steckt in den              Bedeutung für die verschiedenen Segmente ist jedoch sehr unterschiedlich. Im Bereich Heim-
             Kinderschuhen                   elektronik generierte der Onlinehandel 2013 bereits 23% des Umsatzes. Dieser hohe Anteil
             Onlinehandel – Entwicklung in   beruht hauptsächlich darauf, dass sich die Qualität der Elektronikprodukte in wenigen Kennzah-
             den Segmenten (S. 18−20)        len einfach und verlässlich darstellen lässt. Das Bekleidungssegment wies 2013 einen
                                             E-Commerce-Anteil von 12.4% auf. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass bestellte Kleidungs-
                                             stücke nicht passen und zurückgeschickt werden, in diesem Segment eine Herausforderung für
                                             den Onlinehandel. Das breitere Sortiment im Onlineshop, die stressfreie Anprobe zuhause und
                                             die Vergleichsmöglichkeiten mit der vorhandenen Kleiderausstattung verhelfen dem Beklei-
                                             dungs-E-Commerce jedoch zu grosser Beliebtheit. Im Lebensmitteldetailhandel wurden 2013
                                             1.5% des Umsatzes mit Onlinehandel erwirtschaftet. Das beträchtliche E-Commerce-Potenzial
                                             von ungekühlten Grundnahrungsmitteln mit längerer Haltbarkeit ist schwierig auszuschöpfen.
                                             Denn Grundnahrungsmittel werden häufig zusammen mit Frischeprodukten gekauft, deren Qua-
                                             lität die Konsumenten oft im Rahmen eines stationären Einkaufs eindeutig bestimmen wollen.
                                             Deshalb ist der Anteil des Onlinehandels am Lebensmittelumsatz noch vergleichsweise gering.

             Onlinehandel übt Druck          Das Wachstum des Onlinehandels mischt die bestehenden Strukturen im Detailhandel kräftig
             auf Beschäftigtenzahl           auf. Unsere empirische Analyse ergibt, dass mit wachsendem Anteil des Onlinehandels am De-
             und Preise aus, verstärkt       tailhandelsumsatz die Beschäftigung weniger stark zunimmt. Reine Onlinehändler haben ten-
             hingegen IT-Ausgaben            denziell weniger Personal, da sie in Bereichen wie Sortimentsmanagement, Zahlungsabwicklung
             und Eintrittsrate               und Beratung anstelle von Mitarbeitenden Software einsetzen können. Auch auf das Preis-
             Onlinehandel verändert die      wachstum übt der wachsende Onlineanteil Druck aus. Reine Onlinehändler haben dank Einspa-
             Detailhandelsstrukturen         rungen bei Verkaufsflächenmiete, Ladenausstattungen und Personal bei der Preissetzung unter
             (S. 20−24)                      Umständen mehr Spielraum gegen unten. Ausserdem senkt die zunehmende Verbreitung des
                                             E-Commerce auch die Markteintrittsbarrieren für ausländische Detailhändler, die ihre Produkte
                                             oft zu tieferen Preisen anbieten können. Hingegen verstärkt der steigende Onlineanteil am De-
                                             tailhandelsumsatz das Wachstum der IT-Ausgaben der Detailhändler. Zum einen muss die vor-
                                             handene IT-Infrastruktur beim Einstieg in den Onlinehandel häufig angepasst und erweitert wer-
                                             den. Zum anderen wird die Logistik aufgrund der ständig wechselnden und sehr unterschiedli-
                                             chen Kundenlieferadressen herausfordernder und verlangt ausgeklügelte IT-Lösungen. Ein
                                             ebenfalls positiver Effekt ist bei der Eintrittsrate (neu gegründete Unternehmen dividiert durch
                                             die Anzahl Unternehmen im Handelsregister) zu beobachten. Dieses Resultat stützt das obige
                                             Argument, dass die Verbreitung des E-Commerce den Markteintritt in den Detailhandel erleich-
                                             tert.

             E-Commerce-Durchdring-          Hinsichtlich Marktdurchdringung des E-Commerce befindet sich die Schweiz am unteren Ende
             ung in Schweiz relativ tief     der Liste jener Länder, die vergleichbare Detail- und Onlinehandelsstrukturen haben. Zusam-
             Internationaler Vergleich       men mit Schweden, Frankreich und den Niederlanden weist die Schweiz eine tiefere
             (S. 25−28)                      E-Commerce-Durchdringung als Deutschland, Norwegen, Österreich und vor allem England
                                             auf.

             Onlineanteil am Umsatz          In unserem Zukunftsszenario für den E-Commerce in der Schweiz wird der Anteil des Online-
             dürfte 2020 je nach             handels am gesamten Detailhandelsumsatz von rund 5% heute auf rund 11% im Jahr 2020
             Segment zwischen 3.5%           steigen. Aufgrund von Trends in der Erwerbstätigkeit und der Demografie sowie aufgrund von
             und 38% betragen                Gewöhnung prognostiziert unser Hauptszenario für das Segment Food etwas mehr als eine
             Zukunftsszenario 2020 nach      Verdoppelung des Onlineanteils am Umsatz von heute rund 1.6% auf rund 3.5% im Jahr 2020.
             Segmenten (S. 28−32)            Im Heimelektronikmarkt dürfte der Onlineanteil bis 2020 von rund 26% heute auf rund 38%
                                             ansteigen, wobei das Anteilswachstum an Dynamik verlieren wird. Im Bereich Bekleidung und
                                             Schuhe rechnet unser Hauptszenario aufgrund des bisherigen Erfolgs von Onlinehändlern und
                                             entsprechenden Drucks auf andere Detailhändler mit einer Aufholjagd: 2020 dürfte der Online-
                                             anteil rund 27% betragen.

                                                                                                                         Swiss Issues Branchen   6

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Retail Outlook 2015 Wachsender E-Commerce verändert den Detailhandel
Economic Research

             Branchenkonjunktur 2014: Nachfrageseite

                                        Reale Detailhandelsumsätze

             Verhaltene Nachfrageent-   Der Detailhandel blickt auf ein verhaltenes Jahr 2014 zurück. Die realen Detailhandelsumsätze
             wicklung 2014              wuchsen gegenüber dem Vorjahr um 1.2% und entwickelten sich deutlich schwächer als erwar-
                                        tet. Mitverantwortlich dafür dürften die leicht schwächere Zuwanderung sowie die sich im Jah-
                                        resverlauf klar verschlechternde Konsumentenstimmung sein (vgl. Seite 8). Zudem setzten Wet-
                                        terkapriolen – der Januar war der neuntwärmste seit Messbeginn und der Juli brachte Rekord-
                                        niederschläge – der Nachfrage zu. Die Fussballweltmeisterschaft hingegen brachte im Juni vor-
                                        übergehend etwas Schwung in die reale Umsatzentwicklung. Solche Wachstumsimpulse blieben
                                        im Herbst jedoch aus.

                                          Abbildung 1
                                          Detailhandelsumsätze und Preise
                                          Veränderung zum Vorjahr in Prozent

                                           5%           Preise im Detailhandel
                                                        Detailhandelsumsätze nominal
                                           4%           Detailhandelsumsätze real

                                           3%

                                           2%

                                           1%

                                           0%

                                           -1%

                                           -2%

                                           -3%
                                                   2003       2004    2005      2006     2007      2008     2009      2010     2011   2012   2013    2014*

                                          Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse geschätzt

                                        Einflussfaktoren

                                        Verfügbares Einkommen

             2014 leicht höheres        2014 wuchs das verfügbare Einkommen der Schweizer Haushalte – das Bruttoeinkommen
             verfügbares Einkommen      abzüglich Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Krankenkassenprämien für die Grundversi-
                                        cherung – leicht. Zwar stiegen die Krankenkassenprämien 2014 um 2.2%. Die Zunahme des
                                        Bruttoeinkommens um durchschnittlich 0.8% vermochte – absolut gesehen – diese zusätzliche
                                        Kostenlast bei in etwa gleichbleibender Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge und Steu-
                                        ern jedoch mehr als wettzumachen. Ein bedeutender Teil (durchschnittlich 20%) des verfügba-
                                        ren Einkommens fliesst in den Bereich Wohnen (Miete, Nebenkosten, Hypothekarzinsen). Wäh-
                                        rend die Mieten gegenüber dem Vorjahr insgesamt leicht stiegen, konnten Konsumenten mit
                                        Eigenheim weiterhin von den ausgesprochen tiefen Hypothekarzinsen profitieren. Der Referenz-
                                        zinssatz – der gerundete Durchschnitt über die Zinssätze praktisch aller Hypotheken in der
                                        Schweiz – sank 2014 erneut. Das verfügbare Einkommen nach Abzug der Wohnkosten und die
                                        Konsumkaufkraft stiegen somit insgesamt leicht an, letztere aufgrund der gleichbleibenden
                                        Konsumentenpreise für Güter und Dienstleistungen.

                                                                                                                                        Swiss Issues Branchen   7

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Economic Research

                                      Bevölkerungswachstum

             Abschwächung der         Das Wachstum der Detailhandelsumsätze hängt stark von der Bevölkerungsentwicklung ab, da
             Zuwanderung als Risiko   die realen Konsumausgaben pro Person in der Schweiz in den letzten Jahren kaum zunahmen.
             für Detailhandel         Für das Schweizer Bevölkerungswachstum wiederum ist hauptsächlich die Zuwanderung ver-
                                      antwortlich. 2014 schwächte sich die Nettozuwanderung gegenüber dem Vorjahr leicht ab (rund
                                      -4.5%) und bremste damit die Entwicklung der Detailhandelsumsätze. Die Masseneinwande-
                                      rungsinitiative, die im Februar 2014 angenommen wurde und eine zahlenmässige Einschrän-
                                      kung der Zuwanderung sowie Inländervorrang im Arbeitsmarkt verlangt, stellt für die Detailhänd-
                                      ler in Zukunft ein Risiko dar. Zurzeit ist allerdings noch völlig offen, wie die Masseneinwande-
                                      rungsinitiative umgesetzt wird. Die EU-Kommission schloss Verhandlungen über Kontingente
                                      und Inländervorrang Mitte 2014 aus. Selbst wenn doch noch Verhandlungen zustande kämen,
                                      dürften entsprechende Vorschläge der Schweiz in der EU kaum eine Mehrheit finden. Es bleibt
                                      abzuwarten, welche alternativen Wege die Schweiz einschlagen und wie stark die Zuwanderung
                                      als wichtiger Wachstumstreiber der Detailhandelsumsätze davon betroffen sein wird.

                                      Konsumentenstimmung

             Trendwende bei der       2014 vollzog die Konsumentenstimmung nach einer längeren Erholungsphase eine Trendwende
             Konsumentenstimmung      (vgl. Abb. 2). Zwar war die Stimmung in den ersten drei Quartalen 2014 besser als im langjäh-
             Ende 2014                rigen Durchschnitt, jedoch fiel sie im vierten Quartal deutlich darunter. Die Einschätzung der
                                      Sicherheit der Arbeitsplätze und der zukünftigen Arbeitslosenzahl verschlechterten sich im vier-
                                      ten Quartal 2014 nach einer leichten Entspannung im Frühling und Sommer deutlich. Dies, ob-
                                      wohl die Arbeitslosenrate gegen Ende des Jahres tiefer war als zu Beginn. Der weniger optimis-
                                      tische Blick auf den Arbeitsmarkt passt gut zur Einschätzung der zukünftigen Wirtschaftsent-
                                      wicklung, die sich seit Jahresbeginn kontinuierlich verschlechterte. In beiden Bereichen dürften
                                      vor allem die in Europa stockende und in der Schweiz verhaltene Konjunkturentwicklung, geo-
                                      politische Krisenherde und politische Unsicherheiten auf die Stimmung gedrückt haben.

                                        Abbildung 2

                                        Reale Detailhandelsumsätze und Konsumentenstimmung
                                        Konsumentenstimmung: Index, 0 = langjähriger Durchschnitt; Detailhandelsumsätze: Veränderung zum Vorjahr in Prozent

                                         4          Konsumentenstimmung: alter Index (standardisiert)                                                 7.5%

                                                    Konsumentenstimmung: neuer Index (standardisiert)
                                         3                                                                                                            6%
                                                    Detailhandelsumsätze real (Dreiquartalsdurchschnitt, rechte Achse)
                                         2                                                                                                            4.5%

                                         1                                                                                                            3%

                                         0                                                                                                            1.5%

                                        -1                                                                                                            0%

                                        -2                                                                                                            -1.5%

                                        -3                                                                                                            -3%
                                             2004              2006                2008                 2010               2012         2014

                                        Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse

                                      Teilindizes der Konsumentenstimmung im Fokus

             Konsumentenstimmung      Die Konsumentenstimmung ist grundsätzlich ein guter Indikator für die Entwicklung der realen
             guter Umsatzindikator    Detailhandelsumsätze. Sie wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft aus den Antworten von
                                      über 1000 Haushalten zu neun verschiedenen Fragen berechnet. Die Fragen sind vergangen-

                                                                                                                                       Swiss Issues Branchen   8

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Economic Research

                                                         heits- und zukunftsbezogen und befassen sich mit der Wirtschaftsentwicklung, den Preisen, der
                                                         finanziellen Lage, Sparen und Schulden sowie der Arbeitsmarktsituation.

             Teilindizes womöglich                       Es ist jedoch denkbar, dass die persönliche finanzielle Lage das momentane Einkaufsverhalten
             bessere Indikatoren als                     der Konsumenten stärker beeinflusst als zum Beispiel die Einschätzung der zukünftigen Schwei-
             Gesamtindex                                 zer Wirtschaftsentwicklung. Daraus stellt sich die Frage, ob die Indizes einzelner Fragen bessere
                                                         Indikatoren für die realen Detailhandelsumsätze sind als der Gesamtindex, die Konsumenten-
                                                         stimmung.

             Einschätzung der Sicher-                    Um diese Möglichkeit zu prüfen, berechnen und vergleichen wir die Korrelation zwischen den
             heit der Arbeitsplätze und                  einzelnen Teilindizes und der Wachstumsrate der realen Detailhandelsumsätze (gegenüber dem
             der Wirtschaftslage beste                   Vorjahr).1 Die Resultate unserer Analyse sind eindeutig (vgl. Abb. 3). Der beste Indikator für die
             Umsatzindikatoren                           aktuelle Veränderung der realen Detailhandelsumsätze ist die aktuelle Einschätzung der Sicher-
                                                         heit der Arbeitsplätze. Schätzen Konsumenten die Sicherheit der Arbeitsplätze höher ein, ver-
                                                         stärkt sich das Wachstum der realen Detailhandelsumsätze. Ebenfalls ein guter Indikator ist die
                                                         Einschätzung der Wirtschaftslage der letzten zwölf Monate. Immer noch deutlich stärker als die
                                                         Konsumentenstimmung korrelieren die erwartete Arbeitslosenzahl und die Einschätzung der ei-
                                                         genen finanziellen Lage der letzten zwölf Monate mit den Detailhandelsumsätzen. Dabei schmä-
                                                         lert sich das Wachstum der realen Detailhandelsumsätze, je höher die zukünftige Arbeitslosen-
                                                         zahl eingeschätzt wird. Eine signifikante, aber etwas geringere Korrelation als die Konsumen-
                                                         tenstimmung, zeigt die Einschätzung der zukünftigen finanziellen Lage. Die vergangene und zu-
                                                         künftige Entwicklung der Preise sowie die Einschätzung der Spar- und Verschuldungswahr-
                                                         scheinlichkeit sind hingegen keine zuverlässigen Indikatoren für die Detailhandelsumsätze.

                                                            Abbildung 3

                                                            Korrelationskoeffizienten
                                                            Je höher der absolute Wert des Korrelationskoeffizienten, desto stärker die Korrelation mit dem Wachstum der realen
                                                            Detailhandelsumsätze; negatives Vorzeichen: steigender Teilindex geht mit sinkendem Wachstum der realen Detailhandel-
                                                            sumsätze einher

                                                                                                                                               Korrelationskoeffizient
                                                                              Sicherheit der Arbeitsplätze                                            0.7026
                                                                              Wirtschaftslage in den letzten 12 Monaten                               0.6449
                                                                              Zukünftige Arbeitslosenzahl                                             -0.5579
                                                                              Eigene finanzielle Lage in den letzten 12 Monaten                       0.5146
                                                                              Konsumentenstimmung (Gesamtindex)                                       0.4147
                                                                              Erwartete finanzielle Lage in den nächsten 12 Monaten                   0.3777

                                                            Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

             Sicherheit der Arbeitsplätze                Ab ungefähr Herbst 2010 entwickeln sich die in Abbildung 3 erwähnten Indizes und das
             zwischen Ende 2010 und                      Wachstum der realen Umsätze jedoch deutlich weniger synchron als davor (vgl. Abb. 4). Insbe-
             2014 kein zuverlässiger                     sondere zwischen Mitte 2012 und Mitte 2013 ist die Schere zwischen der Umsatzentwicklung
             Indikator                                   und den einzelnen Indizes gross. Tatsächlich ergibt unsere Analyse, dass für den Zeitraum von
                                                         Ende 2010 bis Mitte 2014 weder die Sicherheit der Arbeitsplätze, die Einschätzung der Wirt-
                                                         schaftslage in den letzten zwölf Monaten, die erwartete Arbeitslosenzahl noch die eigene finan-
                                                         zielle Lage in den letzten zwölf Monaten zuverlässige Indikatoren für die realen Detailhandel-
                                                         sumsätze sind.

             1   Da die standardisierten Werte der einzelnen Indizes und des jährlichen Wachstums der realen Detailhandelsumsätze annähernd normalverteilt sind und ein approximativ
                 linearer Zusammenhang zwischen den Indizes und den Detailhandelsumsätzen vorliegt, verwenden wir die Korrelationskoeffizienten nach Pearson. Die Berechnung der
                 Kreuzkorrelationen ergibt, dass die Korrelation zwischen den untersuchten Zeitreihen ohne Zeitverzögerung jeweils am signifikantesten ist.

                                                                                                                                                                    Swiss Issues Branchen   9

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Economic Research

             Berechnungsmethode                             Ein Grund dafür könnte in der Berechnungsmethode für die realen Detailhandelsumsätze liegen.
             für reale Umsätze führt                        Im Gegensatz zu den nominalen Umsätzen werden die realen Umsätze nicht direkt bei den De-
             bei starken Preisrückgän-                      tailhändlern erhoben. Sie werden mithilfe des Konsumentenpreisindex von den nominalen Um-
             gen zu Überschätzung                           sätzen hergeleitet. Diese Methode führt bei sehr volatilen Preisen und Nachfragesättigung (wie
             der Nachfrage                                  in der Schweiz mehrheitlich vorzufinden) zu einer Überschätzung der tatsächlichen Nachfrage.
                                                            Dies lässt sich folgendermassen illustrieren: Eine Familie kauft jede Woche einen vollen Ein-
                                                            kaufswagen mit allen nötigen Lebensmitteln ein und bezahlt dafür CHF 100. Nun sinken die
                                                            Preise einiger Lebensmittel stark. Aufgrund der gesättigten Nachfrage kauft die Familie noch
                                                            immer einen vollen Einkaufswagen pro Woche ein, muss dafür aber weniger als CHF 100 be-
                                                            zahlen. Das Konzept des Konsumentenpreisindex geht aber davon aus, dass die Familie nicht
                                                            spart, sondern die gesamten CHF 100 ausgibt und mehr als einen vollen Einkaufswagen ein-
                                                            kauft. Bei starken Preisrückgängen kann dies zu einer erheblichen Überschätzung der tatsächli-
                                                            chen Nachfrage führen. Zwischen Mitte 2010 und Mitte 2013 dürfte sich die tatsächliche
                                                            Nachfrage deshalb viel stärker im Einklang mit den Teilindizes der Konsumentenstimmung be-
                                                            wegt haben, als die realen Detailhandelsumsätze suggerieren.

               Abbildung 4
               Korrelation der realen Detailhandelsumsätze mit Teilindizes der Konsumentenstimmung
               Konsumentenstimmung und Teilindizes: standardisierter Index; reale Detailhandelsumsätze: standardisierte Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent

                    3.0        Reale Detailhandelsumsätze      Konsumentenstimmung                   2.5        Reale Detailhandelsumsätze   Sicherheit der Arbeitsplätze
                    2.4                                                                              2.0
                    1.8                                                                              1.5
                    1.2                                                                              1.0
                    0.6                                                                              0.5
                      0                                                                                0
                   -0.6                                                                             -0.5
                   -1.2                                                                             -1.0
                   -1.8                                                                             -1.5
                   -2.4                                                                             -2.0
                   -3.0                                                                             -2.5
                          2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014                           2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

                    2.5       Reale Detailhandelsumsätze     Wirtschaft in den letzten 12 Monaten   2.5         Reale Detailhandelsumsätze   Zukünftige Arbeitslosenzahl (negativ)
                    2.0                                                                             2.0
                    1.5                                                                             1.5
                    1.0                                                                             1.0
                    0.5                                                                             0.5
                      0                                                                               0
                   -0.5                                                                             -0.5
                   -1.0                                                                             -1.0
                   -1.5                                                                             -1.5
                   -2.0                                                                             -2.0
                   -2.5                                                                             -2.5
                          2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014                           2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

               Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse

                                                            Reale Detailhandelsumsätze nach Warengruppen

             Nachfrageboom im                               Ein Blick auf die realen Umsätze zeigt, dass die Entwicklung der Nachfrage in den verschiede-
             Elektroniksegment                              nen Detailhandelssegmenten neben der konjunkturellen Entwicklung auch stark von langfristi-
                                                            gen Trends geprägt ist (vgl. Abb. 5). Einen ausserordentlichen Nachfrageboom erlebte der Be-
                                                            reich Elektronik: Zwischen 2003 und 2014 verdreifachten sich die realen Umsätze. Auslöser
                                                            dieses Nachfrageschubs dürften hauptsächlich technologische Neuheiten wie die Markteinfüh-
                                                            rung von HD TV (High Definition TV) und des iPhone in den Jahren 2007 und 2008 sowie die
                                                            Einführung des iPad 2010 gewesen sein. 2013 und 2014 machte sich eine gewisse Marktsät-

                                                                                                                                                              Swiss Issues Branchen   10

CS-Studie_RetailOutlook_DE.indd 10                                                                                                                                                          19.12.14 15:58
Economic Research

                                                         tigung in Form einer Abschwächung des Nachfragewachstums bemerkbar. Allerdings warten
                                                         bereits neue, innovative Produkte auf ihre Markteinführung (z.B. Smartwatch von Apple), wel-
                                                         che die Elektroniknachfrage wieder etwas beschleunigen dürften.

             Stetig steigende Gesund-                    Ebenfalls eine stetig, wenn auch in geringerem Ausmass, steigende Nachfrage verzeichnete in
             heitsnachfrage                              den letzten Jahren das Segment Gesundheit, Körperpflege und Schönheit. Ein wichtiger Beitrag
                                                         zu dieser Entwicklung dürfte die Nachfrage nach medizinischen Produkten geliefert haben. Der
                                                         Pro-Kopf-Konsum von Medikamenten nahm in den letzten Jahren zu, was neben den Arztpra-
                                                         xen auch den Apotheken und Drogerien zugutekam. Zudem profitierte das Segment vom stei-
                                                         genden Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung.

                                                            Abbildung 5
                                                            Detailhandelsumsätze nach Warengruppen
                                                            Real, Index 2003 = 100

                                                             300          Lebensmittel, Tabak
                                                                          Bekleidung, Schuhe
                                                                          Uhren, Schmuck
                                                             250          Elektronik
                                                                          Gesundheit, Körperpflege, Schönheit
                                                                          Möbel
                                                             200          Kultur
                                                                          Total

                                                             150

                                                             100

                                                              50
                                                                     2003         2004   2005     2006     2007      2008     2009      2010     2011     2012      2013     2014*

                                                            Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse geschätzt

             Nachlassende Nachfrage                      In die entgegengesetzte Richtung bewegte sich hingegen die Nachfrage im Bereich Kultur, der
             bei Büchern, Zeitschriften                  unter anderem Bücher, Zeitschriften und Tonträger umfasst. In diesem Segment fordert der
             und Tonträgern                              starke Trend hin zu kostengünstigen oder teilweise kostenlosen elektronischen Inhalten seit
                                                         längerem seinen Tribut.

             Reale Ausgaben pro                          Die realen Ausgaben pro Haushalt für Bekleidung und Schuhe sind seit Jahren rückläufig.2 Wie
             Haushalt für Bekleidung                     in anderen hochindustrialisierten Ländern ist der «Durchschnittskleiderschrank» der Schweizer
             und Schuhe rückläufig                       Bevölkerung gut gefüllt und optimiert. Bezüglich Inhaltsmenge und Abdeckung der einzelnen
                                                         Preiskategorien dürfte er sich in den letzten Jahren kaum verändert haben.3 Die Nachfrage im
                                                         Segment Bekleidung und Schuhe wächst deshalb hauptsächlich mit der Bevölkerung und be-
                                                         wegte sich über die letzten zehn Jahre vergleichsweise geringfügig.

             WM bei langlebigen Gütern                   2014 war die Fussballweltmeisterschaft, die im Juni und Juli in Brasilien stattfand, ein grosses
             ein Nullsummenspiel                         Thema. Nicht nur die Aussicht auf spannende Spiele, sondern auch landesweite Kampagnen,
                                                         Aktionen und Rabatte kurbelten die Nachfrage nach Fan- und Sportartikeln sowie Elektronikge-
                                                         räten wie Fernseher und Beamer an. Insbesondere bei den Elektronikartikeln dürfte die WM al-
                                                         lerdings ein Nullsummenspiel gewesen sein. Das zweite Halbjahr 2014 dürfte aufgrund der vor-
                                                         gezogenen Käufe vor und während der WM mässig ausgefallen sein.

             2   Diese Entwicklung ist nicht auf die Änderung der durchschnittlichen Haushaltsgrösse (Anzahl Personen pro Haushalt) in der Schweiz zurückzuführen. Diese veränderte sich
                 gemäss dem Bundesamt für Statistik in den letzten zehn Jahren nur geringfügig.
             3   Weidenhausen (2010): Globalisierungsprozesse in der Textilwirtschaft, insbesondere in der ökologisch ausgerichteten Branche. Dissertation, Universität Stuttgart.

                                                                                                                                                            Swiss Issues Branchen    11

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Economic Research

                                                        Einkaufstourismus

             Stabilisierung im stationä-                Der stationäre Einkaufstourismus dürfte sich 2014 auf hohem Niveau stabilisiert haben. Zwar
             ren Einkaufstourismus                      stieg 2014 die Zahl der Ausfuhrbescheinigungen zur Rückforderung der Mehrwertsteuer, die
                                                        sich die Schweizerinnen und Schweizer am deutschen Zoll abstempeln liessen, gegenüber dem
                                                        Vorjahr um schätzungsweise 16% (vgl. Abb. 6). Hingegen stagnierten die Mehrwertsteuerein-
                                                        nahmen aus dem privaten Reiseverkehr in die Schweiz bereits das dritte Jahr in Folge
                                                        (vgl. Abb. 7, Abb. 8 und Abb. 9).4 Weitere Argumente gegen einen erneuten Wachstumsschub
                                                        im Einkaufstourismus liefern die internationalen Preisniveaus und der Wechselkurs. 2014 ver-
                                                        ringerte sich die Differenz zwischen dem Preisniveau in der Schweiz und jenen in den Nachbar-
                                                        ländern erneut und der Schweizer Franken wertete sich gegenüber dem Euro nur geringfügig
                                                        auf.

                                                           Der Franken zwischen zwei Kräften gefangen
                                                           Mit der Einführung der EUR/CHF-Untergrenze hat die Schweizerische Nationalbank (SNB)
                                                           de facto ihre Geldpolitik an diejenige der Europäischen Zentralbank (EZB) gekoppelt. In der
                                                           Eurozone ist die konjunkturelle Erholung nach wie vor äusserst fragil, weshalb die EZB ihre
                                                           Geldpolitik tendenziell lockert. Entsprechend werden die Zinsen in der Eurozone noch lange
                                                           nahe bei null bleiben. Dies bedeutet auch für die Schweiz historisch tiefe Zinsen, zumindest
                                                           solange die EUR/CHF-Untergrenze beibehalten wird. Da hierzulande kein inflationärer
                                                           Druck sichtbar ist, dürfte unserer Meinung nach die SNB noch mindestens bis Ende 2015
                                                           an der Untergrenze festhalten. Der Franken wird sich deshalb gegenüber dem Euro nicht
                                                           unter 1.20 Franken pro Euro aufwerten. Die SNB hat ihre Entschlossenheit, die
                                                           EUR/CHF-Untergrenze konsequent zu verteidigen, wiederholt betont. Gleichzeitig sehen
                                                           wir jedoch kaum Potenzial für eine spürbare Abwertung des Frankens, trotz der jüngsten
                                                           Einführung von Negativzinsen. Gemäss unserer Einschätzung ist erstens der Franken ge-
                                                           genüber dem Euro nicht mehr überbewertet. Das nur schwache Wachstum der Schweizer
                                                           Exporte in die Eurozone ist eher der dortigen konjunkturellen Schwäche geschuldet als
                                                           einer (möglichen) Überbewertung. Gegen eine zu hohe Bewertung spricht auch die gradu-
                                                           elle Abnahme des Handelsdefizits der Schweiz mit der Währungsunion. Zweitens sind die
                                                           Zinsen auf Euroanlagen nur noch marginal höher als auf Frankenanlagen, was die Attrakti-
                                                           vität des Euros reduziert. Nur eine spürbare Aufhellung der wirtschaftlichen Aussichten in
                                                           der Eurozone könnte zu bedeutenden Kapitalabflüssen aus der Schweiz führen, was den
                                                           Franken abschwächen würde. Der Franken dürfte sich demnach, gefangen zwischen der
                                                           Untergrenze und der sehr geringen Zinsdifferenz, seitwärts bewegen.

             Einkäufe im Ausland                        Die unterschiedliche Entwicklung der Ausfuhrbescheinigungen aus Deutschland und der Mehr-
             «professioneller»                          wertsteuereinnahmen an der Schweizer Grenze sprechen für eine gewisse «Professionalisie-
                                                        rung» des stationären Einkaufstourismus. Je bedeutender der Einkaufstourismus für die Grenz-
                                                        regionen im Ausland und je erfahrener die Konsumenten im grenzübergreifenden Einkaufen
                                                        sind, desto routinierter und einfacher dürfte die Rückerstattung der Mehrwertsteuer werden.
                                                        Zum einen dürften die Detaillisten im Ausland die Vereinfachung des Abwicklungsprozesses aus
                                                        Marketinggründen vorantreiben. Auch Behörden können Vereinfachungen anstreben. In
                                                        Deutschland beispielsweise schlägt die Zollverwaltung aufgrund ihrer hohen Auslastung eine
                                                        Chipkarte zur Erfassung der Käufer und Einkäufe vor. Zum anderen dürften die Konsumenten
                                                        mit jedem Einkauf geübter werden. Der Anstieg der Ausfuhrbescheinigungen im Jahr 2014
                                                        dürfte also weniger auf wachsenden Einkaufstourismus, sondern auf die intensivere Nutzung
                                                        der Mehrwertsteuerrückerstattung hinweisen.

             4   Am 1. Juli 2014 traten neue Zollbestimmungen in Kraft, die höhere Zollfreimengen, jedoch weiterhin den Mehrwertsteuer-Freibetrag von CHF 300 vorsehen. Es kann
                 nicht ausgeschlossen werden, dass durch die höheren Zollfreimengen weniger Verzollungen und deshalb – trotz gleichbleibendem Mehrwertsteuer-Freibetrag – weniger
                 Mehrwertsteuerabgaben getätigt wurden. Der Rückgang der Mehrwertsteuereinnahmen aus der Wareneinfuhr 2014 könnte deshalb teilweise auf die neuen Zollbestim-
                 mungen zurückzuführen sein.

                                                                                                                                                         Swiss Issues Branchen      12

CS-Studie_RetailOutlook_DE.indd 12                                                                                                                                                       19.12.14 15:58
Economic Research

               Abbildung 6                                                                         Abbildung 7
               Ausfuhrbescheinigungen Deutschland–Schweiz                                          Mehrwertsteuereinnahmen Wareneinfuhr
               Anzahl abgestempelte Ausfuhrbescheinigungen in Millionen                            Mwst-Einnahmen aus privatem Reiseverkehr in die Schweiz in CHF Mio.;
                                                                                                   Veränderung zum Vorjahr in Prozent

                18    Hauptzollamt Singen (Bad Säckingen bis Konstanz)                             35    Veränderung zum Vorjahr                                           40%
                                                                                                         (rechte Achse)
                16    Hauptzollamt Lörrach (Lörrach bis Rheinfelden)                               33    Mwst-Einnahmen in Mio CHF                                         35%

                14                                                                                 31                                                                      30%
                                                                                                   29                                                                      25%
                12
                                                                                           10.4    27                                                                      20%
                10
                                                                             8.8    9.1            25                                                                      15%
                 8
                                                                       7.1                         23                                                                      10%
                 6
                                                          5.0                                      21                                                                      5%
                                                 4.9
                 4    3.8       4.0     4.1
                                                                                                   19                                                                      0%
                 2                                                           4.7    4.6     5.0
                                                                       3.9                         17                                                                      -5%
                      2.4       2.4     2.3      2.5      3.0
                 0                                                                                 15                                                                      -10%
                     2006       2007   2008     2009     2010      2011      2012   2013   2014*         2008      2009     2010      2011      2012    2013     2014*

               Quelle: Hauptzollämter Singen und Lörrach, Credit Suisse; *Werte 2014 von           Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit
               Credit Suisse mittels der Zahlen zu den ersten drei Quartalen 2014 geschätzt        Suisse geschätzt

             Stabilisierung der                             Die Stabilisierung der Mehrwertsteuereinnahmen ist geografisch breit abgestützt. 2012 bis
             Mehrwertsteuereinnahmen                        2014 stagnierten die Mehrwertsteuereinnahmen in fast allen Grenzwachtregionen. Besonders
             breit abgestützt                               sichtbar ist diese Entwicklung in der Region Basel, welche Grenzübergänge nach Frankreich
                                                            und Deutschland umfasst (vgl. Abb. 8 und Abb. 9). Die Region zeigte 2010 und 2011 bei den
                                                            Mehrwertsteuereinnahmen ein fulminantes jährliches Wachstum von 92% bzw. 33%. 2012 en-
                                                            dete dieses Wachstum jedoch abrupt, und die Mehrwertsteuereinnahmen stagnierten bei
                                                            CHF 8.5 Mio.

               Abbildung 8                                                                         Abbildung 9

               Schweizer Grenzwachtregionen                                                        Mehrwertsteuereinnahmen nach Regionen
               Stand 2014                                                                          Mwst-Einnahmen aus privatem Reiseverkehr in die Schweiz in CHF Mio.
                     Basel
                                                                                                   10      Basel
                     Schaffhausen                                                                          Schaffhausen
                     Chur                                                                           9      Chur
                     Lugano
                     Lausanne                                                                       8      Lugano
                     Genf                                                                                  Lausanne
                     Pruntrut                                                                       7      Genf
                                                                                                           Pruntrut
                                                                                                    6
                                                                                                    5
                                                                                                    4
                                                                                                    3
                                                                                                    2
                                                                                                    1
                                                                                                    0
                                                                                                          2008      2009       2010      2011      2012        2013      2014*

                                                                                                   Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit
               Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Geostat, Credit Suisse                       Suisse geschätzt

             Keine Stabilisierung bei                       Im Vergleich zum stationären Einkaufstourismus dürfte dessen Onlineversion ein leicht anderes
             Onlineeinkäufen im Aus-                        Bild zeichnen. Gemäss einer Umfrage der GfK kauften die Schweizerinnen und Schweizer 2013
             land                                           online Waren in Fremdwährungen im Wert von CHF 0.8–1.2 Mrd. ein. Dies entsprach rund
                                                            einem Zehntel der Gesamtausgaben im Ausland. 2014 dürfte sich der Onlineeinkauf im Aus-
                                                            land nicht stabilisiert haben. In den letzten Jahren wuchs der Einkaufstourismus im Internet ge-
                                                            mäss den Zahlen der GfK stärker als der Onlineumsatz im Schweizer Detailhandel. Gemäss un-
                                                            serem E-Commerce-Szenario, das wir im Kapitel «Strukturveränderungen durch den Onlinehan-
                                                            del» erarbeiten, wuchs der Onlineumsatz in der Schweiz 2014 um über 8% gegenüber dem
                                                            Vorjahr. Der Onlineeinkauf im Ausland dürfte somit aus strukturellen Gründen mindestens so
                                                            stark zugenommen haben.

                                                                                                                                                       Swiss Issues Branchen      13

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Economic Research

             Branchenkonjunktur 2014: Angebotsseite

                                                        Food

             2014 floss 1.5% mehr in                    2014 betrug das Umsatzplus in den Kassen der Lebensmitteldetailhändler gegenüber dem Vor-
             die Kassen der Lebensmit-                  jahr 1.5% (vgl. Abb. 10). Obwohl das nominale Umsatzwachstum damit im langjährigen Durch-
             teldetailhändler als 2013                  schnitt der Jahre 2003–2014 lag, war es dennoch deutlich tiefer als das durchschnittliche
                                                        Wachstum in den Jahren vor der Finanzkrise (2003–2008: 2.0%). Grund für das geringere
                                                        Wachstum in der Nachkrisenzeit ist die schwache Preisentwicklung der Lebensmittel. Immerhin
                                                        konnten die Lebensmittelpreise 2014 mit einem Wachstum von 1.0% gegenüber dem Vorjahr
                                                        im Vergleich zum Konsumentenpreisindex (0.0%) insgesamt stärker zulegen.

               Abbildung 10                                                                    Abbildung 11

               Umsätze und Preise im Food-Segment                                              Firmenumsätze* im Food-Segment
               Veränderung zum Vorjahr in Prozent                                              In CHF Mrd.

                                                                                               14     2005     2013
                 7%       Preise Food     Nominale Umsätze Food      Reale Umsätze Food
                                                                                               12
                 6%
                                                                                               10
                 5%                                                                             8
                 4%                                                                             6
                 3%                                                                             4
                                                                                                2
                 2%
                                                                                                0
                 1%

                                                                                                                                                                                                             Andere selbstständige
                                                                                                               Coop

                                                                                                                                                  Aldi Suisse
                                                                                                                      Denner (inkl. Satelliten)

                                                                                                                                                                                                 PAM/Proxi
                                                                                                                                                                       Lidl Schweiz
                                                                                                      Migros

                                                                                                                                                                Volg

                                                                                                                                                                                        Spar
                 0%

                                                                                                                                                                                                                  Detaillisten
                -1%
                -2%
                -3%
                      2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*

                                                                                               Quelle: GfK, Credit Suisse; *Bei Coop und Migros werden nur die Super- und
               Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse   Verbrauchermärkte für den Lebensmitteldetailhandel berücksichtigt. Warenhäuser
               geschätzt                                                                       und Non-Food-Spezialgeschäfte werden nicht berücksichtigt

             Neues Gleichgewicht                        Im Lebensmitteldetailhandel hat sich ein neues Gleichgewicht zwischen den Grossverteilern und
             bei den grossen Lebensmit-                 den Discountern etabliert. Nachdem die Grossverteiler laufend Marktanteile an die Discounter
             teldetailhändlern                          verloren, konnten Coop und Migros 2013 ihre Anteile im Vorjahresvergleich konstant halten. Die
                                                        Discounter erhöhten ihren Marktanteil zulasten der selbstständigen Detailhändler und Filialbe-
                                                        triebe im Vergleich zu den Vorjahren nur geringfügig (2.4% ggü. Vorjahr). Hingegen beschleu-
                                                        nigte sich der Verlust an Marktanteilen bei den selbstständigen Detaillisten und Filialbetrieben
                                                        deutlich. Dafür verantwortlich sind jedoch hauptsächlich der Konkurs der Group Magro und die
                                                        Lieferschwierigkeiten der Distribution Suisse, die für Umsatzrückgänge bei Pam und Proxi sorg-
                                                        ten. Volg, Denner (Satelliten) und Spar bauten ihre Marktanteile im Vorjahresvergleich jedoch
                                                        leicht aus.

             Grossverteiler konnten                     Das neue Gleichgewicht zeigt sich auch in der sich stabilisierenden Flächenproduktivität der
             Flächenproduktivität halten                Grossverteiler. 2013 konnte Coop seine Flächenproduktivität gegenüber dem Vorjahr konstant
                                                        halten, Migros verzeichnete nur einen leichten Rückgang von 0.6%.

             Coop setzte Akzente                        Beide Grossverteiler setzten auch 2014 Diversifizierungsakzente. Coop übernahm die Marché-
             in Gastronomie, Migros                     Restaurants und gehört seitdem zu den grössten Gastronomiegruppen der Schweiz. Die Anzahl
             im Dorfladenmarkt                          Voi Migros-Partner wuchs 2014 auf 30 und legte somit gegenüber dem Vorjahr um 58% zu.
                                                        Damit weitete die Migros ihre Präsenz im Dorf- und Quartierladenmarkt seit dem Eintritt in die-
                                                        sen Markt im Jahr 2007 aus. Zwar verliert dieses Ladenformat insgesamt an Marktanteilen, ei-
                                                        nige dieser Anbieter können sich jedoch sehr gut halten. Volg steigerte den Umsatz zwischen
                                                        2007 und 2013 um 13% (Food-Detailhandel insgesamt: 10%) und erhöhte die Anzahl Stand-
                                                        orte (ohne Tankstellen) um 11%. Zudem wuchs Volg im Herbst 2014 mit der Belieferung der

                                                                                                                                                                                      Swiss Issues Branchen                          14

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Economic Research

                                                           Pam- und Proxi-Läden in der Westschweiz explosionsartig. Spar steigerte zwischen 2007 und
                                                           2013 den Umsatz um 18% und die Anzahl Standorte um 19%. An guten Lagen dürfte sich das
                                                           Dorfladen-Konzept – kleine Ladenflächen mit Produkten für den täglichen Bedarf – unter ande-
                                                           rem wegen der Nähe zum Kundenwohnort so gut halten. Zudem erlaubt das Konzept eine ge-
                                                           zieltere Ausrichtung auf die spezifischen Bedürfnisse der Kundschaft (z.B. Produkte vom Land-
                                                           wirtschaftsbetrieb im Dorf) und des Standorts (z.B. Kirchweihfest «Chilbi»). Voraussetzung dafür
                                                           sind allerdings Sortimentsvorschriften, die viel unternehmerischen Spielraum lassen. Filialbetrie-
                                                           be bündeln durch den gemeinsamen Einkauf Verhandlungsmacht und können Lagerhaltung,
                                                           Transport sowie Marketing zentral organisieren. Die Beschaffungskosten sind deshalb tiefer als
                                                           jene der selbstständigen Detaillisten mit Einzelbetrieben. Gegenüber den Geschäften in hoch-
                                                           frequentierten Siedlungszentren verfügen die Dorf- und Quartierläden zudem über den Vorteil
                                                           tieferer Mieten.

             Convenience nach wie                          Ein nach wie vor starkes Wachstum verzeichnete das Convenience-Geschäft. Insbesondere die
             vor Wachstumsmarkt                            Tankstellenhops Agrola/Topshop der fenaco-Gruppe (zu welcher auch Landi und Volg gehören)
                                                           legten kräftig zu: Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Verkaufsstellen 2014 um 18.4% auf 103
                                                           Standorte zu. Das vergleichsweise dichte Standortnetz von Coop Pronto wuchs mit 3.0% ge-
                                                           genüber dem Vorjahr ebenfalls, wenn auch weniger stark (2014: 269 Standorte). Migrolino und
                                                           Migrol-Shops erhöhten zusammen die Anzahl Standorte 2014 um 2.0% auf 307.

             Discounter: weniger                           Die vergleichsweise geringe Ausdehnung des Marktanteils von Aldi und Lidl ging mit einem
             Expansion, noch stärkere                      deutlichen Dynamikverlust der Verkaufsstellenexpansion einher. 2014 dehnte Aldi sein Stand-
             Imagepflege                                   ortnetz um 2.4% auf 172 Filialen aus, nachdem die Anzahl Standorte 2012 um 6.6% und
                                                           2013 um 3.7% wuchs. Auch bei Lidl war ein Dynamikverlust sichtbar, wenn auch weniger
                                                           deutlich. 2012 und 2013 nahmen die Verkaufsstellen um 17.3% bzw. 3.4% zu, 2014 um
                                                           7.7% (2014: 98 Standorte). Die beiden Unternehmen scheinen sich zurzeit – zumindest nach
                                                           aussen – auf die Imagepflege und die differenziertere Sortimentsgestaltung zu fokussieren.5 So
                                                           investierten Lidl und Aldi insbesondere im Vorfeld der Abstimmungen über die 1:12- und Min-
                                                           destlohninitiativen viel, um ihr Image als Arbeitgeber aufzubessern. Lidl erhöhte 2013 die Lohn-
                                                           untergrenze im Gesamtarbeitsvertrag um CHF 200 auf CHF 4000, Aldi folgte mit einer Min-
                                                           destlohnerhöhung von 2%. Auch die Sortimentsgestaltung dürfte neben der Kundengewinnung
                                                           zum Ziel haben, die Imagepflege zu unterstützen. Zwar setzten die beiden Unternehmen bei ih-
                                                           ren Produkten von Anfang an auf Swissness, Frische und Nachhaltigkeit. Allerdings bemühte
                                                           sich jüngst insbesondere Aldi, durch bekannte Qualitätssiegel im Schweizer Biomarkt stärker
                                                           Fuss zu fassen. Der Detailhändler suchte die Zusammenarbeit mit Bio Suisse, um das Label
                                                           «Knospe» verwenden zu können. Bisher kam dieser Schulterschluss jedoch nicht zustande.

                                                           Non-Food

             Non-Food: 2014 schwache                       Der Non-Food-Bereich entwickelte sich 2014 deutlich schwächer als das Food-Segment. Die
             Entwicklung                                   nominalen Umsätze blieben gegenüber dem Vorjahr praktisch unverändert (-0.2%). Damit lag
                                                           das nominale Wachstum deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 1.1%. Allerdings
                                                           waren innerhalb der einzelnen Non-Food-Segmente klare Unterschiede in der Dynamik auszu-
                                                           machen.

             Elektronik sowie                              Das Segment Elektronik musste 2014 erneut Federn lassen. Obwohl die Elektroniknachfrage
             Bekleidung und Schuhe                         gegenüber dem Vorjahr um rund 5% zunahm (vgl. Abb. 5), sanken die nominalen Umsätze
             auf Verliererseite                            2014 um rund 1% und lagen nur 7% über dem Niveau von 2003 (vgl. Abb. 12). Für den nomi-
                                                           nalen Rückgang waren die im Segmentsvergleich stärksten Preisrückgänge (vgl. Abb. 13) ver-
                                                           antwortlich, die aufgrund des raschen technologischen Fortschritts chronischen Charakter ha-
                                                           ben. Auch im Bekleidungssegment klingelten die Kassen 2014 trotz der um rund 3% gestiege-
                                                           nen Nachfrage nur verhalten: Der nominale Umsatz wuchs 2014 gegenüber dem Vorjahr um
                                                           0.7%. Grund dafür waren ebenfalls Preisrückgänge, die ihrerseits hauptsächlich durch die Wet-
                                                           terkapriolen im Winter und Sommer sowie den starken Wettbewerb ausgelöst wurden.

             5   Lidl investiert mit dem Bau des neuen Logistikzentrums in Sévaz zurzeit ebenfalls stark in die Logistik.

                                                                                                                                       Swiss Issues Branchen   15

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Economic Research

               Abbildung 12                                                                    Abbildung 13
               Nominale Umsätze im Non-Food-Segment                                            Preise im Non-Food-Segment
               Index 2003 = 100                                                                Ausgewählte Warengruppen; Veränderung in Prozent

                150    Total Non-Food                                                            9%    Total Non-Food                     Bekleidung, Schuhe
                       Bekleidung, Schuhe                                                              Uhren, Schmuck                     Gesundheit, Körperpflege, Schönheit
                                                                                                 6%
                140    Uhren, Schmuck                                                                  Elektronik

                       Gesundheit, Körperpflege, Schönheit                                       3%
                130    Elektronik
                                                                                                 0%

                120                                                                             -3%

                                                                                                -6%
                110
                                                                                                -9%
                100
                                                                                               -12%

                 90                                                                            -15%
                      2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*                     2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*

               Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse   Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse
               geschätzt                                                                       geschätzt

             Uhren und Schmuck                               Eine fulminante längerfristige Entwicklung legte hingegen die Subbranche Uhren und Schmuck
             klare Gewinner                                  hin: Die nominalen Umsätze wuchsen 2014 gegenüber dem Vorjahr zwar nur um 0.8%, lagen
                                                             aber 42% höher als im Jahr 2003. Für grosses Aufsehen sorgte im September 2014 die Prä-
                                                             sentation der Apple Watch. Die Smartwatch dient als Zeitmesser, Kommunikationsmittel und
                                                             Fitnessüberwacher und wird im Verlauf von 2015 in der Schweiz erhältlich sein. Die Divergenz
                                                             der Meinungen zum Effekt der Apple Watch könnte nicht grösser sein: Während die einen den
                                                             Untergang der traditionellen Uhrenindustrie prophezeien, gibt sich ebendiese gelassen. Die
                                                             Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen. Wir erwarten, dass die Apple Watch für das
                                                             Schweizer Luxusuhrensegment keine Gefahr darstellen wird, da Luxusuhren als Statussymbol
                                                             und wegen ihrer Langlebigkeit oder technischen Finessen gekauft werden. Konkurrenzpotenzial
                                                             sehen wir hingegen im mittleren und unteren Preissegment. Der Verkaufsstart der Smartwatch
                                                             dürfte vor allem den Elektronikhändlern zugutekommen. Bei den Uhrenhändlern dürfte die Inno-
                                                             vation mittelfristig zu Sortimentsanpassungen führen.

                                                             Fokus Möbelhandel

             Möbelhandel trotz solider                       Die Nachfrage nach Wohnaccessoires und Möbeln hielt sich seit der Krise relativ gut und war
             Nachfrage unter Druck                           2014 2.7% höher als 2009 (vgl. realer Umsatz in Abb. 14). Die robuste Nachfrage dürfte unter
                                                             anderem auf den Immobilienboom und die starke Zuwanderung zurückzuführen sein. Dennoch
                                                             war der Möbelhandel unter Druck. Aufgrund starker Preisrückgänge lagen die nominalen Um-
                                                             sätze 2014 schätzungsweise 4.5% unter jenen im Jahr 2009. Die Branche litt unter dem star-
                                                             ken Franken, da rund 70% der in der Schweiz verkauften Möbel importiert und Schwankungen
                                                             im Wechselkurs sowie in den ausländischen Produzentenpreisen in der Regel an die Schweizer
                                                             Konsumenten weitergegeben werden. 2014 schwächte sich die Nachfrage im Zuge der leich-
                                                             ten Abkühlung im Immobilienmarkt und der leicht schwächeren Zuwanderung gegenüber dem
                                                             Vorjahr ab. Die Wachstumsrate des Gesamthypothekarvolumens der Schweizer Privathaushalte
                                                             war 2014 tiefer als im Vorjahr. Gründe dafür waren die sich abkühlende Nachfrage nach Hypo-
                                                             theken, die Selbstbeschränkung der Banken bei der Vergabe von Hypotheken, aber auch das
                                                             schwächere Wachstum der Immobilienpreise. Ein tieferes Wachstum des Gesamthypothekarvo-
                                                             lumens ging in den letzten zwölf Jahren in der Regel mit einer Abschwächung des realen Um-
                                                             satzwachstums im Möbelhandel einher, so auch 2014 (vgl. rote Markierungen in Abb. 15). Zu-
                                                             dem überschritt die Zuwanderung 2014 ihren Höhepunkt, was die Anzahl Haushaltsgründungen
                                                             negativ beeinflusste.

                                                                                                                                                    Swiss Issues Branchen       16

CS-Studie_RetailOutlook_DE.indd 16                                                                                                                                                   19.12.14 15:58
Economic Research

                  Abbildung 14                                                                    Abbildung 15
                  Umsätze und Preise im Möbelhandel                                               Hypothekarvolumen und Umsätze im Möbelhandel
                  Umsätze: Index 2003 = 100; Preise: Veränderung zum Vorjahr in Prozent           Reale Umsätze im Möbelhandel und Gesamthypothekarvolumen der Schweizer
                                                                                                  Privathaushalte; Veränderung zum Vorjahr in Prozent

                  125      Preise (rechte Achse)   Realer Umsatz   Nominaler Umsatz      7.5%     14%        Veränderung reale Umsätze      Veränderung Hypothekarvolumen

                                                                                                  12%
                  120                                                                    6.0%
                                                                                                  10%
                  115                                                                    4.5%      8%
                                                                                                   6%
                  110                                                                    3.0%
                                                                                                   4%
                  105                                                                    1.5%
                                                                                                   2%

                  100                                                                    0.0%      0%
                                                                                                  -2%
                   95                                                                    -1.5%
                                                                                                  -4%
                   90                                                                    -3.0%    -6%
                        2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*                     2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*

                  Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse; *Werte 2014 von Credit Suisse   Quelle: Bundesamt für Statistik, Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse;
                  geschätzt                                                                       *Werte 2014 von Credit Suisse geschätzt

             E-Commerce erhält im                           Dynamischer gab sich der Onlinebereich des Möbelhandels. Im Frühling 2014 öffnete der deut-
             Möbelhandel zusätzlichen                       sche Möbelhändler home24 die virtuellen Tore zu seinem Schweizer Onlineshop. Der Online-
             Schwung                                        händler bewegt sich im unteren und mittleren Preissegment und befindet sich damit in direktem
                                                            Wettbewerb mit Möbelhäusern wie IKEA oder Beliani. Als starkes Verkaufsargument bietet
                                                            home24 Gratislieferungen und -rücksendungen an. Zwar verfügten 2014 praktisch alle grossen
                                                            Schweizer Möbelhändler über einen Onlineshop, jedoch boten nur wenige Gratislieferungen an.
                                                            Im Zuge des Markteintritts von home24 senkten einige Händler allerdings ihre Versandkosten.

             Gratislieferungen – bei                        Wie stark home24 den Schweizer Möbelhandel verändern wird, hängt unter anderem davon ab,
             kostenintensivem Transport                     wie profitabel und nachhaltig das Konzept Gratislieferung ist (vgl. auch Kapitel «Strukturverände-
             von Grossmöbeln nachhal-                       rungen durch den Onlinehandel»), denn insbesondere der Transport von Grossmöbeln ist kos-
             tig?                                           tenintensiv. Entsprechend interessant ist das etwas andere Konzept des Marktneulings West-
                                                            wing, zu dessen wichtigsten Investoren − wie bei home24 und Zalando − Rocket Internet ge-
                                                            hört. Westwing ist ein Shopping-Club für Wohnaccessoires und Kleinmöbel. Die Clubmitglieder
                                                            erhalten wöchentlich per Email Angebote, die nur für eine kurze Zeit verfügbar sind. Nach Ab-
                                                            lauf der Kundenbestellfrist gibt Westwing die Zahl der Bestellungen an die Lieferanten weiter.
                                                            So kann die Firma ihre Lagerhaltungskosten auf ein Minimum reduzieren. Westwing liefert die
                                                            Ware kostenpflichtig aus Deutschland in die Schweiz. Die Transportkosten hält das Unterneh-
                                                            men tief, indem es den Sortimentsschwerpunkt auf kleinere Produkte legt.

                                                                                                                                                        Swiss Issues Branchen    17

korr_s17.indd 1                                                                                                                                                                       23.12.14 14:39
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