Meer Wind E&M special - Noch viel Platz auf See - WAB eV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
1. März 2020 E&M special Meer Wind Noch viel Platz auf See Nach wie vor lässt die Bundesregierung eine langfristige Strategie für den Ausbau der Offshore- Windenergie vermissen
Es ist flexibel, sagt die Beständigkeit. Unser Clustermanagement spart Kosten ein. Wir setzen auf Synergien und flexible Teams, die eine Vielzahl von Arbeiten bereits während der Wartungseinsätze erledigen und so den Aufwand minimieren. Allein bei den Logistikkosten sehen wir Einsparpotenziale von bis zu 30 Prozent durch unser windparkübergreifendes Clustermanagement. deutsche-windtechnik.com/offshore-service
ED I TOR I A L Mehr Klimaschutz nur mit mehr Offshore-Windenergie D ie Ursache für den Stillstand beim alle Projekte bis Ende dieser Dekade in Ausbau der Windenergie hat ei Betrieb sein sollten (was einem Wunder nen Namen: Große Koalition. An gleich käme), läge die Gesamtkapazität bei Land gehen kaum noch Wind 20.000 MW – damit 20 % unter dem Ausbau turbinen in Betrieb, auf See überhaupt keine ziel, das die Bundesregierung in einem Stra mehr. Demnächst werden noch die letzten tegiepapier Anfang 2002 (!) festgelegt hatte. Propeller beim Projekt Borkum West in der Bei all den anstehenden Gipfelrunden in Nordsee mit erheblichem Zeitverzug instal der ersten Märzhälfte und der anstehenden liert und mit dem Netz synchronisiert, dann Novelle des Wind-auf-See-Gesetzes reicht es passiert bis weit in das Jahr 2022 hinein erst nicht aus, nur allein die 20.000-MW-Marke mal gar nichts. Nothing. Niente. Rien. Nada. bis 2030 im Blick zu haben. Deutschland Ein Unding im Energiewende-Zeitalter. braucht einen klaren Fahrplan für weit mehr Vor diesem erneuten Fadenriss nach Windenergie auf See, nur mit Zig-Milliarden den Flautejahren 2012 und 2013 hatte die Kilowattstunden Offshore-Windstrom lässt Offshore-Windbranche die Groko und das sich das Ziel einer Klimaneutralität bis 2050 Bundeswirtschaftsministerium mantrahaft RALF KÖPKE erreichen. Dieses Ziel hat die Bundesregie gewarnt. Appelle, Briefe, Gespräche, Flüche E&M-Chefreporter rung in ihrem Ende vergangenen Jahres ver und Gutachten über drastisch gesunkene abschiedeten Klimaschutzgesetz postuliert. Kosten für die Kilowattstunde Offshore- Die Politik muss endlich ein klares Com Windstrom – all das hat nichts bewirkt. mitment für mehr Offshore-Windenergie ab Als Trostpflaster hat die Bundesregierung geben. Das frühere Pionierland der Wind den Meerwind-Protagonisten in ihrem Kli energienutzung auf See verliert sonst in der maschutzpaket einen zusätzlichen Ausbau „Bundesregierung Branche noch mehr an Standing und Repu von 5.000 MW bis 2030 in Aussicht gestellt. bleibt nach wie vor tation – wie der im vergangenen Spät- Die gesetzliche Verankerung fehlt bis heute. herbst veröffentlichte Statusreport von Wind Das bevorstehende Treffen der Ministerprä unter ihrem Aus- Europe eindrucksvoll dokumentiert hat. sidenten mit Kanzlerin Angela Merkel am bauziel aus Selbst Frankreich, wo sich heute noch keine 5. März sowie ein vom Bundeswirtschaftsmi einzige Großwindturbine vor der Küste nisterium anberaumtes Treffen mit der dem Jahr 2002“ dreht, wird eine höhere Offshore-Windleis Offshore-Windbranche am 13. März könnten tung bis 2050 zugetraut als Deutschland. Das dafür aber wichtige Weichenstellungen selbst ernannte Energiewendeland Deutsch leisten. land droht bei der Offshore-Windenergie den Womit schon einiges gewonnen wäre. Anschluss zu verlieren. Doch die in den zurückliegenden Jahren ver Offshore-Windstrom kann viel mehr zum plemperte Zeit beim Offshore-Windkraftaus Klimaschutz beitragen. Mit Unterstützung bau lässt sich nicht aufholen. Bereits heute von gleich fünf Vereinen und Organisatoren ist absehbar, dass die ersten Hochseewind will E&M diese Botschaft mit dieser Beilage parks aus dem „5.000-MW-Paket“ frühestens unterstreichen – einen dritten Fadenriss auf 2027 an den Start gehen. Und selbst wenn See darf es nicht mehr geben. E&M 1. März 2020 | E&M Meer Wind 3
Inhalt Perspektiven 5 Über die Seewind-Situation hierzulande sprach E&M mit dem BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm 10 Steelwind baut Erfolgreiche Mondlandung Das Offshore-Testfeld alpha ventus ist nun zehn Jahre in Betrieb 8 seine Auslands aktivitäten strate- XXL-Fundamente 10 Mit gigantischen Monopile-Röhren ist gisch weiter aus Steelwind zum Technologieführer avanciert Ante Portas 16 Erstmals baut der Übertragungsnetzbetreiber Amprion Netzanbindungssysteme für zwei Offshore-Windparks in der Nordsee Alte Zöpfe 20 Für Martin Neubert vom Oersted-Konzern agiert Deutschland auf See viel zu schwerfällig Kein Automatismus 26 20 Warum Vattenfall-Konzernvorstand Gunnar Groebler Vorteile im Contract-for- Difference-Vergütungsmodell sieht Martin Neubert: Bits und Bytes 28 „Die deutschen Weniger Schiffe, mehr Helikopter – die Betreiber Offshore-Zahlen von Offshore-Windparks wollen mehr fliegen sind schockierend“ Impressum 30 28 Titelbild: TWB2/Matthias Ibeler Wie die Digitalisierung helfen soll, den Service auf See zu verbessern E&M-Verbandspartner Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO) 12 Erneuerbare Energien Hamburg Clusteragentur GmbH (EEHH) 14 Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE 18 Bilder: Georg Schreiber, Oersted, hatotzipka.de wab e.V. Branchennetzwerk für die Windenergie 22 WindEnergy Network e.V. 24 4 E&M Meer Wind | 1. März 2020
Ein Schlepper zieht die Hubinsel Buzzard ins Baufeld Bild: DOTI | Matthias Ibeler „ Jährlicher Zubau von mindestens 2.000 Megawatt“ Über die Situation und Perspektiven der Offshore-Wind energie hierzulande sprach E&M mit Stefan Thimm, dem neuen Geschäftsführer des Bundesverbands Windpark- betreiber Offshore (BWO). V O N R A L F K Ö P K E E&M: Herr Thimm, welchen Anteil wird die teilt. Wenn es die 5.000 Megawatt mehr Windkraft Offshore-Windenergie hierzulande zur Bruttostrom auf See demnächst nicht gäbe, müssten stattdessen erzeugung 2030 beisteuern? Derzeit liegt die Quote allein rund 20.000 Megawatt mehr Photovoltaik in bei gut vier Prozent. Betrieb gehen − und auch die PV-Branche droht an Thimm: Deutlich über zehn Prozent auf jeden den Ausbaudeckel zu stoßen. Fall, wenn es gut läuft, sogar an die 15 Prozent. E&M: Von diesen 5.000 Megawatt plus wird das Hinter den 15 Prozent steht aber ein dickes Frage- Gros der Projekte wohl erst ab 2028 errichtet wer- zeichen. Niemand kann heute sagen, wie sich in den den. Für die deutsche Offshore-Windindustrie sind kommenden zehn Jahren der Stromverbrauch ent- das angesichts des Nullwachstums auf See in den wickelt. beiden kommenden Jahren keine guten Aussichten, E&M: Gehen Sie wirklich davon aus, dass in den oder? deutschen Nord- und Ostseegewässern Ende dieses Thimm: Auch wenn wir wollten, die langen Pla- Jahrzehnts 20.000 Megawatt Windkraftleistung in nungs- und Genehmigungsprozesse für Offshore- Betrieb sind? Windparks werden wir über Nacht nicht ändern, Thimm: In der Tat, davon gehe ich aus. Es ist sprich beschleunigen können. Was wir machen kön- einfach überfällig, dass die Bundesregierung dem- „Wir müssen auf nen und müssen, ist auf flexible Maßnahmen zu set- nächst den bisherigen 2030er-Ausbaudeckel um zen. Dazu zähle ich beispielsweise das Netzanbin- 5.000 auf dann 20.000 Megawatt anheben wird. Um flexible Maßnah- dungssystem Nor-3-3 mit der freien Kapazität von sowohl das Klima- als auch das 65-Prozent-Ziel bis men setzen“ gut 660 Megawatt. Für dieses Vorhaben müssen wir 2030 zu erreichen, wäre mehr sicherlich besser. uns schnell mit dem Übertragungsnetzbetreiber Ten- Ohne zusätzliche Offshore-Kapazitäten sind alle kli- net und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hy- mapolitischen Zielsetzungen zum Scheitern verur- drographie einig werden, ob nicht dort bereits 1. März 2020 | E&M Meer Wind 5
in den frühen 2020er-Jahren ein Offshore-Wind- ZUR PERSON park angeschlossen werden kann. Es wäre wün- schenswert, wenn dieses Projekt bei der 2021 an- Stefan Thimm stehenden ersten Ausschreibung unter der Ägide des Geschäftsführer Bundesver- Zentralen Modells bevorzugt würde. band der Windparkbetreiber E&M: Was heißt das? Offshore Thimm: Es müsste eine optionale Möglichkeit ge- ben, dass dieser Offshore-Windpark nicht erst in fünf Stefan Thimm hat zum Jahren oder später in Betrieb gehen kann, sondern, 1. Januar die Geschäftsfüh- wenn es geht, noch 2023 oder 2024. Wir müssen rung beim Bundesverband uns nichts vormachen: Die Bundesregierung wird der Windparkbetreiber vor 2021 keine zusätzliche Ausschreibung mehr Offshore übernommen. starten, was die Offshore-Windbranche lange Zeit Zuvor war der studierte mit dem sogenannten Sonderbeitrag Offshore aus Politologe 18 Jahre für den dem schwarz-roten Koalitionsvertrag verbunden hat. Branchenverband BDEW Wir müssen deshalb alles daransetzen, Projekte, die tätig, bei dem er über zehn bislang noch nicht in Flächennutzungsplänen vor- Jahre lang das Fachgebiet gesehen sind, schnell anzupacken. Dabei denke ich erneuerbare Energien beispielsweise in der Ostsee an Projekte im Küsten- verantwortete. Thimm löste meer, Stichwort Gennaker, oder eben an den schnel- Uwe Knickrehm (72) ab, der len Anschluss eines Offshore-Windparks an den Kon- die Geschicke des BWO seit verter Nor-3-3. Zusammen könnten so in der ersten dem Jahr 2015 gemanagt Hälfte der 2020er-Jahre rund 2.000 Megawatt auf hat und zum Jahresende See zusätzlich in Betrieb gehen. Bild: BWO 2019 − leicht verspätet − in den Ruhestand gegangen ist. „Vor 2021 wird es wohl keine Ausschreibung mehr geben“ E&M: Diese Zahl tragen die Offshore-Windver- preisen zahlen Anlagenbetreiber Geld an das bände seit Monaten wie ein Mantra vor sich her. EEG-Konto und entlasten so die Letztverbraucher. Thimm: Den Konjunktiv habe ich bewusst ge- Gleichzeitig steigt damit die Investitionssicherheit wählt, weil natürlich auch das Bundesamt für See- der Betreiber vor Veränderungen der regulatori- schifffahrt und Hydrographie sowie die beiden zu- schen Rahmenbedingungen. ständigen Übertragungsnetzbetreiber mitspielen Auf Seiten der Politik in Berlin sehe ich noch kei- müssen. Allerdings kommen von Letzteren bereits ne Bereitschaft, sich ernsthaft mit dem CFD-Modell erste positive Signale. Der Weg ist also frei. zu befassen. Nach wie vor erleben wir leider in Tei- Meines Erachtens müssen wir aus der jetzigen Si- len der Politik Diskussionen, ob das 65-Prozent-Ziel tuation für die Zukunft lernen: Wir dürfen beim überhaupt erreicht werden soll. Offen ist deshalb Offshore-Windkraftausbau nicht länger nur in Deka- die Frage: Wie viel Windkraft an Land und Photo- Arbeiten bei der Montage den denken. Um zu wesentlich mehr Planungs- und voltaik brauchen wir bis 2030? Bevor die nicht ge- eines Rotorsterns auf See Investitionssicherheit zu kommen, brauchen wir klärt sind, sehe ich keinen Spielraum für Diskussio- bald einen Fahrplan, der weit über das Jahr 2030 nen um das CFD-Modell. hinausgeht. E&M: Wie soll dieser Fahrplan nach Ihren Vor- „Jährliche Entlastung in Höhe von stellungen aussehen? 800 Millionen Euro möglich“ Thimm: Wir brauchen einfach einen jährlichen E&M: Glauben Sie wirklich, dem Vater der Strom- Zubau von mindestens 2.000 Megawatt, da müssen preisbremse, dem heutigen Bundeswirtschaftsmi- wir hinkommen. Die Politik muss sich bewegen. nister Peter Altmaier (CDU; d. Red.), solche Vorteile E&M: Muss sich die Politik nach Ihrer Einschät- der CFD-Förderung für den weiteren Ausbau der zung nicht auch bei dem Finanzierungsregime be- Offshore-Windenergie vermitteln zu können? wegen? Eine Reihe Ihrer Mitglieder fordert einen Thimm: Peter Altmaiers Ansatz damals war es, Wechsel zum britischen Contract-for-Difference-Mo- die Belastungen für die Stromverbraucher zu sen- dell (CFD; d. Red.), um künftig Null-Cent-Gebote zu ken. Dieses Ziel teilen wir. Wenn er daran festhält, vermeiden. kommt er − sachlich gesehen − früher oder später Thimm: Die Weiterentwicklung zum CFD-Modell an dem CFD-Modell nicht vorbei. Das Deutsche In- macht Sinn. Im heutigen EEG sichern die Letztver- stitut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass braucher bei niedrigen Strompreisen die Anlagen- der Wechsel zu einer CFD-Refinanzierung zu einer betreiber mit der Marktprämie (EEG; d. Red.) ab, jährlichen Entlastung in Höhe von 800 Millionen um die notwendige Differenz zur Finanzierung von Euro für die Stromverbraucher führt. Erzeugungsanlagen zu decken. Sie partizipieren aber E&M: Sollte die Bundesregierung nicht die anste- nicht von den Mehreinnahmen der EE-Anlagen, hende Novelle des Wind-auf-See-Gesetzes für eine wenn die Strompreise steigen. Das ist kein guter Deal Änderung des Finanzierungsregimes nutzen? für die Stromkunden. Ein CFD schafft hier Abhilfe: Thimm: In der Tat besteht bei der anstehenden Bei niedrigen Strompreisen wird der Erlös der An- Novelle für die Finanzierung Handlungsdruck. Nach lagenbetreiber aufgestockt. Bei steigenden Strom- der aktuellen Gesetzeslage wird der Höchstpreis für Bild: DOTI | Matthias Ibeler 6
die nächste Auktionsrunde auf Basis der niedrigsten E&M: Was noch nicht ist, kann aber noch Zuschlagsgebote bei den bisherigen Ausschreibun- werden. gen ermittelt. Demnach läge der Höchstpreis für die Thimm: Warten wir es ab. Vielleicht werden nächste Auktionsrunde 2021 bei null Cent. Bei den Wasserstofflösungen auf See an Fahrt gewinnen, Null-Cent-Geboten, die wir 2017 und 2018 bei der wenn die bereits für das vergangene Jahr angekün- Offshore-Windenergie gesehen haben, hat es pro- digte Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesre- jektspezifische Besonderheiten gegeben. Aufgrund gierung vorliegt. Der BWO selbst will im ersten Halb- unterschiedlicher Wassertiefen und anderer Rah- jahr mit einem eigenen Papier seine Positionen zu menbedingungen ist eine Finanzierung zu null Cent den Themen grüner Wasserstoff und Power-to-X prä- jedoch nicht immer möglich. sentieren. Um hierzulande auch wirklich große Men- E&M: Wann erwarten Sie die erste Kilowattstun- gen an grünem Wasserstoff herzustellen, führt kein de Wasserstoff, die explizit auf Basis von Offshore- Weg an einem schnellen Ausbau der Offshore-Wind Windstrom hergestellt wird? energie vorbei. Thimm: Voraussichtlich nicht vor Mitte der E&M: Deutschland hat zu Beginn des Jahres den 2020er-Jahre. „2050 soll Vorsitz der Nordsee-Kooperation für Offshore-Wind energie übernommen, zu der sich die Anrainerstaa- „Green Deal ist nur mit mehr Deutschland über ten zusammengeschlossen haben. Ab Sommer Offshore-Windenergie zu schaffen“ eine Offshore- kommt dann noch der Vorsitz der EU-Ratspräsident- E&M: Warum nicht? schaft hinzu. Was erwarten Sie sich davon für die Thimm: Wir haben derzeit folgende Situation: Windleistung von Offshore-Windenergie? Mit dem Energiesammelgesetz ist es seit Anfang mindestens Thimm: Einfach mehr Tempo beim Ausbau auf 2019 möglich, sogenannte besondere Energiegewin- See. Offshore-Windenergie ist ein europäisches The- nungsgebiete auszuweisen: Für diese Flächen ist 50.000 Megawatt ma. Wir brauchen ein vermaschtes europäisches kein Netzanschluss vorgesehen, womit beispielswei- Netz und auch gemeinsame grenzüberschreitende se Wasserstoff direkt im Offshore-Windpark herge- verfügen“ Projekte. Um das zu forcieren, ist die Nordsee-Ko- stellt werden könnte. Aber auch für diese Projekte operation die richtige Plattform. Und dass der Green muss das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydro- Deal der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von graphie Standorte im Flächenentwicklungsplan aus- der Leyen, also die Klimaneutralität Europas bis weisen. Wenn wir keine zusätzliche Ausschreibung 2050, nur mit einem forcierten Ausbau der Offshore- bekommen, gehen wir nicht davon aus, dass das Windenergie zu schaffen ist, steht außer Frage. BSH bei der nächsten Auktion ein Vorhaben für ein Deutschland täte gut daran, den Green Deal wäh- Energiegewinnungsgebiet ausweisen wird − das BSH rend seiner Ratspräsidentschaft zu unterstützen. steht unter dem Druck, alles zu unternehmen, um Dass wir uns davon mehr Tempo bei den Offshore- das Ausbauziel auf See zu schaffen. Problematisch Projekten in der deutschen Nord- und Ostsee ver- sind außerdem die wirtschaftlichen Rahmenbedin- sprechen, liegt auf der Hand. Unsere Zielvorstellung gungen. In der gegenwärtigen Abgaben- und Umla- lässt sich auf die Formel 50:50 bringen. 2050 soll gensystematik ist ein wirtschaftlicher Betrieb von Deutschland über eine Offshore-Windleistung von Elektrolyseuren kaum darstellbar. mindestens 50.000 Megawatt verfügen. E&M 1. März 2020 | E&M Meer Wind 7
ZUR PERSON Andreas Wagner Geschäftsführer Stiftung Offshore-Windenergie Andreas Wagner ist seit Mai 2008 Geschäftsführer Bild: Stiftung Offshore-Windenergie der Stiftung Offshore-Windenergie. Schon zuvor war der gebürtige Österreicher kein Unbekannter: Der studierte Politologe hat unter anderem für die Fördergesellschaft Windenergie und mehrere Jahre lang in verschiedenen Funktionen für die Wind- sparte des GE-Konzerns gearbeitet. „Erfolgreiche Erstmals sind Windenergieanlagen der Fünf-Mega- watt-Klasse, die es vor zehn Jahren nur in ganz ge- ringer Stückzahl gab, rund 60 Kilometer vor der Mondlandung in Nordseeküste in großer Wassertiefe aufgestellt wor- den, die den rauen Bedingungen des Meeres stand- hielten und auch noch Strom produzierten. Europa- weit gab es damals kein vergleichbares Vorhaben. Nord- und Ostsee“ Und noch eine Erkenntnis war wichtig: alpha ventus hat mit teilweise über 4.500 Volllaststunden deut- lich mehr Strom erzeugt als prognostiziert. E&M: Die Bundesregierung hatte bereits Anfang 2002 ihre Offshore-Windstrategie vorgelegt. Warum hat es noch mehr als acht Jahre gedauert, bis es ge- Das Offshore-Testfeld alpha ventus ist zehn lang, die ersten Anlagen in die Nordsee zu setzen? Jahre in Betrieb − ein Projekt der Stiftung „Mit alpha ventus waren wir flott unterwegs“ Offshore-Windenergie. Deren Geschäfts- Wagner: Innovative Infrastrukturvorhaben sind, führer Andreas Wagner blickt zurück und wie wir wissen, grundsätzlich von relativ langen Pla- nungs- und Realisierungszeiträumen geprägt. Die nach vorn. V O N R A L F K Ö P K E Stiftung wurde erst 2005 gegründet, das Betreiber- konsortium für das Testfeld dann im Folgejahr dar- auf. So gesehen waren wir mit alpha ventus bis zum Start im Jahr 2010 flott unterwegs. Für unser Test- D feld fehlte es damals an den gesetzlichen Grundla- as Testfeld alpha ventus, Deutschlands gen, auch die Netzanbindung war Neuland. Das Pro- erster Offshore-Windpark, feiert den jekt ist daher eine echte Pionierleistung gewesen, 10. Geburtstag. Andreas Wagner, Ge- die zudem ohne die im Jahr 2008 verabschiedete schäftsführer der Stiftung Offshore-Win- Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht denergie, zieht Bilanz und blickt nach vorn. Die Stif- möglich gewesen wäre: Darin wurde die Einspeise- tung war maßgeblich an der Entwicklung des vergütung inklusive des Startbonus auf 15 Cent pro Testfeldes bis zu der Inbetriebnahme beteiligt. Kilowattstunde festgelegt, was die betriebswirt- E&M: Herr Wagner, wenn Sie zurückblicken: Hat schaftliche Situation eindeutig verbessert hat. Erst es für den Start der Offshore-Windenergie in deut- diese EEG-Novelle hat die gesetzlichen Grundlagen schen Gewässern wirklich des Testfeldes alpha ven- geschaffen, damit die späteren Offshore-Windparks tus bedurft? auch kommerziell betrieben werden konnten. Wagner: In Deutschland auf alle Fälle. Für die „Ohne alpha E&M: Was waren die wichtigsten technologi- weitere Windkraftnutzung auf See ist alpha ventus schen Erkenntnisse von alpha ventus, das ja bis heu- so etwas wie die Mondlandung in Nord- und Ostsee ventus gäbe es die te noch als Testfeld firmiert? gewesen. heutigen Anlagen Wagner: Bis zur Inbetriebnahme von alpha ven- E&M: Große Worte. tus standen nur zwei Fünf-Megawatt-Anlagen vor der Wagner: Worte unseres Präsidenten Jens Eck- der Zehn-plus- schottischen Küste bei einem semikommerziellen hoff, die die Bedeutung von alpha ventus auf den X-Megawatt- Projekt im Wasser. Die zwölf Anlagen von den da- Punkt bringen! Das Testfeld hat der Politik, der In- maligen Herstellern Repower und Multibrid waren dustrie und der Gesellschaft die Augen geöffnet: Generation nicht“ der erste wirkliche Härtetest weit draußen in der 8 E&M Meer Wind | 1. März 2020
offenen Nordsee, der bewies, dass diese Multimega- Das neue Testfeld ist daher unverzichtbar. Um mit wattanlagen wirklich funktionierten. Das war ein der Offshore-Windtechnik 2.0 auf der sicheren Seite Meilenstein für diese Größenklasse, denn damals zu sein, sind alle Beteiligten gut beraten, wichtige hatten die größten Windturbinen auf See eine Leis- Komponenten langfristig auf See zu erproben. tung zwischen zwei und drei Megawatt. alpha ventus E&M: Ist das Konsens in der Branche? Oder hat hat − bildlich gesprochen − die Windenergieanlagen Ihre Stiftung ein neues Projekt gebraucht? in eine andere Größenklasse gehievt. Ohne alpha Wagner: Über die Notwendigkeit für ein neues ventus gäbe es die heutigen Anlagen der Zehn-plus- Testfeld gibt es in der Offshore-Windbranche einen X-Megawatt-Generation nicht. breiten Konsens. Wir erhoffen uns, so die Techno- Bild: Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, Jan Oelker 2009 E&M: Was hat alpha ventus an weiteren Neue- logieführerschaft deutscher Unternehmen zu erhal- rungen ausgelöst? ten, wenn nicht sogar wieder auszubauen. Deutsch- Wagner: Auf jeden Fall auch eine neue Genera- land braucht auf See ein neues Schaufenster, das tion von Fundamenten, die es damals erstmalig auf weit über die Ostsee hinausstrahlt. Das neue Testfeld ein Eigengewicht von 500 Tonnen und mehr brach- kann überdies ein Signal an die Industrie sein, dass ten. alpha ventus hat zudem den Anstoß für die Ent- es mit der Offshore-Windenergie in Deutschland wei- wicklung neuer Errichterschiffe gegeben, was zur tergeht. Und zwar mit einem neuen Schwerpunkt: späteren Kostendegression beigetragen hat. Von Mit dem ersten Testfeld alpha ventus wollten wir dem Testfeld haben auch die Genehmigungsbehör- zeigen, dass die Offshore-Windenergie unverzichtbar den viel gelernt, Going offshore war für alle Betei- ist für den weiteren effektiven Ökostromausbau. Das Aufbau des Offshore-Windparks ligten in Deutschland damals wirklich absolutes zweite Testfeld kann stärker die Systemintegration alpha ventus Neuland. in den Blick nehmen: Hohe Anteile von Offshore- E&M: Haben sich die Erwartungen der Stiftung Windstrom sind unverzichtbar für die gesamte an das Testfeld erfüllt? Transformation des Energiesystems. E&M Wagner: Auf jeden Fall. Das Projekt war der ent- scheidende Türöffner, der in Deutschland erst die Windkraftnutzung auf See auf die richtige Spur ge- bracht hat. alpha ventus hat die Kostensenkung ein- geleitet, die wir im vergangenen Jahrzehnt bei den Meerwindkraftwerken gesehen haben. Für mich ist auch ein anderer Punkt sehr wichtig: alpha ventus hat am Standort nicht zu einer Beeinträchtigung der MONOPILES Flora und Fauna geführt, was im Vorfeld befürchtet worden ist. Vielmehr haben sich neue maritime Lebensräume gebildet. Die Offshore-Windenergie kann zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beitragen E&M: Inwieweit gab es auch Lerneffekte bei den Nordseeanrainerstaaten? Wagner: alpha ventus war für eine Reihe von eu- JENSEITS XXL ropäischen Ländern so etwas wie eine Blaupause. Deutschland hatte damit eine Pionierrolle in Europa übernommen, die noch heute in der Offshore-Wind- branche europaweit anerkannt wird. Mit dem Test- Schlanke Monopiles für Tiefwasser-Windfarmen feld waren wir der Zeit auch einen Schritt voraus. Zehn Jahre nach dessen Start werden die ersten bri- tischen Offshore-Windparks in etwa der Entfernung vor der Küste gebaut, die wir damals mit alpha ven- Ab sofort tus erstmals gemeistert hatten. Das Testfeld hat tech- lieferbar! nologisch die gesamte Offshore-Windindustrie nach vorn gebracht. Innovationen in solcher Fülle erhof- fen wir uns auch von dem neuen geplanten Testfeld in der Ostsee, das vor Warnemünde entstehen soll. E&M: Worauf setzen Sie konkret? Wagner: Es könnten neue Anlagentypen der Zehn-plus-X-Megawatt-Klasse oder innovative Fun- Für große Turbinen, tiefe See und dament- und Logistikkonzepte getestet werden. harte Umweltanforderungen zu 130 m Auch weitergehende Untersuchungen über die Aus- Länge: bis m r: bis zu 11 Durchmesse zu 2.400 t wirkungen von Offshore-Windparks für die Umwelt • Turbinen bis 15 MW und Rotordurchmesser bis 230 m Gewic ht: bis sowie die Integration von Power-to-Gas und Offsho- (größere Turmhöhen und Turbinengewichte) re-Windenergie wären Optionen. In einem aktuellen • Extreme Windlasten aus Hurikans oder Taifunen vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Pro- • Wellenlasten aus Atlantik oder Pazifik jekt untersuchen wir genauer, welche Testmöglich- keiten sich anbieten. Die Technologienentwicklung A passion for monopiles beyond XXL Steelwind Nordenham GmbH | www.steelwind-nordenham.de auf See ist noch lange nicht zu Ende, im Gegenteil. 1. März 2020 | E&M Meer Wind 9
Die XXL-Fundamente von der Unterweser Mit ihren gigantischen Monopile-Röhren ist die Steelwind Technologieführer. Da der deutsche Offshore- Windmarkt schwächelt, baut das Unternehmen seine Auslandsaktivitäten gezielt aus. V O N R A L F K Ö P K E R alf Hubo wirkt sichtlich zufrieden. Auf Jahr“, hatte Ralf Hubo im vergangenen Frühsommer dem Schwerlastkai, der sich mehrere hun- verkündet. Das mit der Kurzarbeit hätte sich die Dil- dert Meter parallel zur Unterweser hin- linger Hütte nicht in ihren dunkelsten Alpträumen zieht, sind an diesem frühlingshaften Win- vorstellen können, als das Management 2011 die tertag mehr als ein Dutzend mächtige Metallringe Entscheidung für das Werk in Nordenham getroffe- hintereinander aufgebockt. „Das zeigt, dass wir der- nen hatte. „Diese Investition passt in unsere Strate- zeit wirklich gut zu tun haben“, erklärt Hubo beim gie, denn wir wollen unsere Verarbeitungstiefe er- Gang über das Werksgelände. weitern ohne mit unseren Kunden in Wettbewerb Die mehr als 70 Tonnen schweren Metallringe zu treten“, begründete der damalige Vorstandschef (Leute vom Fach sprechen von Mantelschüssen) der Stahlschmelze, Karlheinz Blessing, das positive sind zentrale Bauteile der Monopile-Fundamente für Votum. Die von Blessing angesprochene erweiterte Offshore-Windkraftanlagen, die die Steelwind GmbH „Verarbeitungstiefe“ macht für das Unternehmen in Nordenham zusammenschweißt. Der promovier- wirklich Sinn: Denn das Stahlunternehmen beliefert te Werkstoffexperte Hubo ist seit dem ersten Tag sich quasi selbst. Die für Monopiles unverzichtbaren Steelwind setzt Geschäftsführer dieses 2014 gestarteten Tochterun- Grobbleche werden am Standort Dillingen sowie im ternehmens der Dillinger Hütte, dem hierzulande nordfranzösischen Werk Dünkirchen gefertigt und seit ihrer führenden Grobblechhersteller aus dem Saarland. dann per Schiff nach Nordenham gebracht. Gründung Auf der schnurgeraden Kaje sind nicht nur die Mantelschüsse zwischengeparkt: Auf Höhe von Steel- Verblasste Herrlichkeit auf der erfolgreich auf winds eigener Hafenanlage lagern auch einige der Bremerhavener Weser-Seite riesigen Monopileröhren. „Die gehen alle nach Diese von Dillinger verfolgte „strategische Vorwärts die Monopiles Taiwan“, sagt der Geschäftsführer. Dabei zeigt Hubo integration“ passte vor gut zehn Jahren wie die Faust auf das mit weißer Farbe aufgetragene Kürzel aufs Auge in der Nordwest-Region. Auf der Norden- „Yun52/1353“ auf dem rostigbraunen Grund. ham gegenüberliegenden Weser-Seite, in Bremerha- Übersetzt heißt diese Kombination: Diese Röhre ven, hatte sich mit Beginn der 2000er Jahre so etwas mit einem Gewicht von 1.353 Tonnen ist das wie ein Offshorewind-Cluster gebildet. Den Verant- 52. Fundament für das Yunlin-Projekt vor der West- wortlichen der lange Zeit von der Werften- und küste Taiwans. Fischfangkrise schwer gebeutelten Seehafenstadt Dort beginnt die WPD-Gruppe aus Bremen ab war es gelungen, mehrere Unternehmen aus der April, insgesamt 80 Windturbinen mit jeweils 8 MW Offshore-Windbranche anzusiedeln. „Die Offshore- ins Wasser zu stellen. Yunlin wird der erste richtig Windenergie hat zu unserer Reindustrialisierung bei- große Offshore-Windpark in Asien werden. Für die- getragen“, schwärmte zwischenzeitlich Oberbürger- ses Milliarden-Projekt verschifft Steelwind nicht nur meister Melf Grantz. An die 4.000 Arbeitsplätze in 40 komplette Monopiles Richtung Fernost. Es wer- der Old Economy zählten seine Wirtschaftsförderer den in Nordenham auch 120 sogenannte Sektionen an besten Tagen. gefertigt, die nach dem Schiffstransport auf Taiwan Viel ist von dieser Herrlichkeit nicht geblieben. vor Ort zu weiteren 40 Monopile-Fundamenten zu- Auf Bremerhavener Terrain haben Produktionsfir- sammengebaut werden. men wie Weserwind, Senvion oder Power Blades Seit vergangenem Juli laufen im Steelwind-Werk aufgegeben. Ihnen hat vor allem die unstete Off die Arbeiten für das WPD-Projekt. Mit dem Zuschlag shore-Wind-Energiepolitik aus dem Berliner Regie- Bilder: Georg Schreiber aus Bremen endete eine monatelange Durststrecke rungsviertel in den zurückliegenden Jahren zu schaf- in Nordenham. Acht Monate Kurzarbeit lagen hinter fen gemacht. den rund 300 Beschäftigten von Steelwind: „Der Was auch Steelwind nach ersten erfolgreichen Yunlin-Auftrag sichert uns Vollbeschäftigung für ein Projekten zu spüren bekam. Das Unternehmen ist 10 E&M Meer Wind | 1. März 2020
unter all den einstigen Start-ups aus der Windindus- ALT I G trie so etwas wie der letzte Hoffnungsträger im Nord- westen geblieben. „Man kann sich nicht auf Deutsch- land verlassen“, resümiert Geschäftsführer Hubo. Steelwind hat sozusagen das Glück des Tüchtigen gehabt. Der WPD-Auftrag ist das Ergebnis eines neu eingeschlagenen Internationalisierungskurses. „Die RTE I L Schwäche des deutschen Offshorewind-Marktes kön- nen wir durch unsere Hinwendung zu internationa- len Märkten in Europa und darüber hinaus ausglei- chen. Das ist für uns eine Chance, zeigt aber auch die blamable Situation in Deutschland, weil wir hier den Anschluss verlieren“, sagt Hubo westfälisch nüchtern. Um das internationale Geschäft zu forcie- ren, hatte Steelwind Anfang vergangenen Jahres mit dem Vertriebsprofi Alexander Morber, der zuvor für IM VO mehrere Windturbinenhersteller tätig war, die Ge- N AC H H schäftsführung erweitert. Die nächsten Auslandsaufträge werden derzeit verhandelt, lässt Ralf Hubo durchblicken: „Yunlin hat uns als Referenzprojekt geholfen. Unser Name ist nun auch im asiatisch-pazifischen Raum be- kannt.“ Einzelheiten über die Nachfolgeaufträge will er noch nicht nennen. Der Herr der (Stahl-)Ringe: Dass auf Steelwind auf allen neuen Märkten meist Steelwind- Geschäftsführer sogenannte „Local-Content“-Anforderungen zukom- Ralf Hubo vor mehreren men, weiß Hubo. Local Content heißt, dass die po- Mantelschüssen an der Unterweser tenziellen Betreiber der Seewindkraftwerke gesetz- lich angehalten sind, dafür zu sorgen, dass ein (großer) Teil der industriellen Fertigung in den je- weiligen Ländern stattfindet. „Wir haben in Taiwan gezeigt, wie man es macht und uns frühzeitig einen einheimischen Partner gesucht“, erzählt Hubo. Das Gewicht der neuen Generation: bis zu 2.400 Tonnen Angst, dass irgendwo auf dem Globus ein neues Werk für Monopile-Fundamente hochgezogen wird, hat Ralf Hubo nicht: „Wir zählen zu den weltweit drei wichtigsten Unternehmen in diesem Segment und sehen uns als Technologieführer.“ Und: Ein ähn- liches Werk wie das im Nordenhamer Stadtteil Ble- xen würde leicht an die 250 Millionen Euro kosten. Viel Geld, das ein Newcomer stemmen müsste. Vor allem setzt Steelwind auf ihr Know-how: Das Unternehmen wirbt seit einigen Monaten für Mono- piles vom Typ „Beyond XXL“, zylindrische Stahlröh- ren mit bis zu 130 Metern Länge, elf Metern Durch- messer und bis zu 2.400 Tonnen Gewicht. Wahre Giganten der Unterwasserwelt. „Das sind die Fun- damente, die für die Windturbinen der neuen Ge- neration mit bis zu 15 Megawatt Leistung und 230 Metern Rotordurchmesser ausgelegt sind.“ Wie Steelwind in der über 300 Meter langen Werkshalle die Mantelschüsse in mehreren Produktionsschrit- ten perfekt ohne große Geräuschentwicklung zusam- EINE MARKE FÜR DEN ENERGIE-MIX menschweißt, soll Betriebsgeheimnis bleiben. Dass Steelwind mit der Gründung auf die Mono- piles gesetzt hat, macht sich nach Hubos Worten Lang, länger und noch heute bezahlt: „Schwerlastfundamente, Tripods unvollendet: Ein Monopile- Stahlfundament auf dem oder Jacket-Konstruktionen haben sich am Markt · ressourcenschonend Betriebsgelände der Steelwind GmbH nicht durchgesetzt. Wir haben auf die richtige Fun- dament-Technologie gesetzt und sie in den vergan- · effizient genen Jahren optimiert.“ E&M · serviceorientiert 1. März 2020 | E&M Meer Wind www.addinol.de
Advertorial 20 bis 30 und darüber hinaus Catrin Jung, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO) Bild: BWO/Kevin Winiker POLITIK MUSS HANLDEN - Jahrelang hat nach stellen. Denn der Ausstieg aus der Koh- die Branche vor einer möglichen Ausbaulü- leverstromung muss mit einem verstärkten cke in den kommenden Jahren gewarnt und Einstieg in die Erzeugung von Strom aus er- ist bei der Politik immer wieder auf taube Oh- neuerbaren Quellen einhergehen. Um dies ren gestoßen. Nun werden wir 2020 und zu gewährleisten ist eine rechtzeitige Anpas- den! Zudem wird mit der geplanten Dekar- 2021 keine neuen Offshore-Windparks se- sung der Erneuerbaren-Ausbaupfade uner- bonisierung der Sektoren Wärme und Ver- hen. Nur durch schnelles politisches Handeln lässlich. kehr der Strombedarf zukünftig sicherlich und die Vergabe freier Kapazitäten können Um 2030 das 65-Prozent-Ziel zu errei- nicht zurückgehen. die Folgen teilweise noch abgefedert werden. chen, werden alle Erneuerbaren benötigt. Wir brauchen schon heute von der Politik In den vergangenen zehn Jahren haben Aber nicht nur deshalb ist die Offshore-Wind- klare Signale. Es geht nicht nur um das Errei- wir viel getan und in den letzten Ausschrei- kraft für die Energiewende von Bedeutung. chen der Klimaziele und die Sicherung der bungen eindrucksvoll gezeigt, dass Offshore- Offshore-Windparks können auch dann Stromversorgung, es geht auch um den Aus- Windkraft große Strommengen sicher und Strom erzeugen, wenn an Land kein Lüft- bau der industriellen Wertschöpfung und um kostengünstig bereitstellen kann; bei mehre- chen weht oder die Sonne nicht scheint. Mit wettbewerbsfähige Preise für die Industrie. ren Projekten sogar ohne Förderung. Es ist über 4.000 Volllaststunden pro Jahr leistet Mit Ausbauzielen für das Jahr 2035 von deshalb nur folgerichtig, das Ausbauziel für die Stromerzeugung auf See einen wichtigen 30 bis 35 GW und mindestens 50 GW für das 2030 von 15 auf 20 GW anzuheben. Beitrag zur Versorgungssicherheit. Vor dem Jahr 2050 kann uns all dies gelingen. Aber der Blick auf 2030 greift zu kurz. Wir Hintergrund des Ausstiegs aus Kernenergie müssen heute die Weichen für die Zeit da- und Kohle muss dieses Potenzial genutzt wer- www.bwo-offshorewind.de Bild: Laurence Chaperon Bild: Babet Hogervorst Bild: 50Hertz TIM MEYERJÜRGENS JOCHEN HOMANN DR. HENRICH QUICK COO Tennet Präsident der Bundesnetzagentur Leiter Projekte Offshore bei 50 Hertz Tennet treibt den Netzausbau „Das Erreichen von 20 GW Wir wollen die im NEP konsequent voran und entwickelt Offshore-Windenergie ist vorgesehenen 2,2 GW Offshore-Wind fortlaufend neue innovative Technolo- anspruchsvoll, aber machbar und fristgemäß, zuverlässig und gien, um die Übertragungskapazität notwendig, um das Ziel von 65 Prozent effizient in das Übertragungsnetz im Einklang mit den gesellschaftlichen erneuerbarer Energien zu erreichen. von 50Hertz integrieren und Zielen zu steigern. Zusammen mit Die Perspektive nur bis 2030 reicht sind für einen weiteren Ausbau gut unseren europäischen Partnern jedoch nicht aus. Der Ausbau aufgestellt. Der nächste Step planen wir darüber hinaus sektoren- von Offshore-Windenergie mit ist das Projekt ‚Combined Grid übergreifende Projekte wie Windener- dem daraus resultierenden Solution‘ − die Zusammenführung gieverteilkreuze in Kombination mit Netzausbau ist ein langfristiges der Windparks Kriegers Power-to-Gas-Anlagen, wofür zum Geschäft. Die Bundesregierung muss Flak und Baltic 2 mit dem Teil noch die politischen Rahmen daher auch Ziele für die Zeit nach Interkonnektor zwischen Deutschland bedingungen zu schaffen sind. 2030 definieren.“ und Dänemark. 12 E&M Meer Wind | 1. März 2020
Weiterentwicklung des EEG könnte Verbraucher & Industrie entlasten Stefan Thimm, Geschäftsführer Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO) EINE STROMPREISBREMSE hat unser zu refinanzieren. Dies wird durch die Strom- Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kunden mit der EEG-Umlage getragen. Bei (damals noch Bundesumweltminister) be- hohen Strompreisen verbleiben die hohen reits 2013 gefordert. Neue Untersuchungen Markterlöse jedoch beim Investor. Ein Rück- Bild: BWO zeigen jetzt erhebliche Kostensenkungspo- fluss auf das EEG-Konto ist nicht vorgesehen. tenziale beim Ausbau erneuerbarer Energien Im Ergebnis steht ein Ungleichgewicht von durch eine Anpassung der Fördersystematik. Chance und Risiko. 0 Ct/kWh abgegeben, fehlt es an einem Dif- Die Weiterentwicklung der Marktprämie im Die symmetrische Marktprämie würde ferenzierungskriterium. Durch die Einfüh- EEG zu einer symmetrischen Marktprämie dieses Ungleichgewicht aufheben und im Er- rung einer symmetrischen Marktprämie (auch Differenzvertrag oder Contract for gebnis Stromverbraucher entlasten. Gleich- käme es zu einer Änderung des Gebotsver- Difference) würde bis zu 30 % an Strom zeitig würde mit Einführung einer symme haltens: Statt Nullgeboten bieten Auktions- gestehungskosten einsparen. Im Jahr 2030 trischen Marktprämie ein zentrales Problem teilnehmer in einer beidseitigen Marktprä- entspräche dies einer Entlastung der Strom- der Offshore-Auktionen gelöst. Im derzeiti- mie ihre tatsächlichen Kosten. Dies erhöht verbraucher in Höhe von rund 800 Mio. gen System geben Bieter Nullgebote ab, wenn Realisierungswahrscheinlichkeiten, mindert Euro. Das aktuelle EEG gewährt Investoren sie erwarten, dass der Strompreis für die Re- Risiken und senkt die Lasten für die Kunden eine Marktprämie, wenn die Marktpreise finanzierung ihrer Erzeugungsanlagen aus- − die symmetrische Marktprämie ist eine nicht ausreichen, um die Erzeugungsanlage reicht. Werden jedoch mehrere Gebote zu echte Strompreisbremse! Fünf Gründe für Ausschreibungen von Differenzverträgen für Wind und Solar Prof. Dr. Karsten Neuhoff, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) 1) Finanzierungsmodelle werden einfacher: 4) Stromkunden werden gegen langfristige Projektentwickler können sich wieder darauf Preisrisiken abgesichert: Bei hohen Strom- fokussieren, Akzeptanz für ihre Projekte zu preisen gibt es Rückzahlungen von Wind- Bild: dietlb.de gewinnen. und Solarprojekten. 2) Eigenkapitalanforderungen bei Projektent- 5) In der Ausschreibung können system- wicklern fallen: Mehr Projektentwickler kön- freundliche Standortwahl und Anlagenaus- GÜNSTIG & KLIMANEUTRAL - Klimaneu- nen teilnehmen und den Wettbewerb stei- legung berücksichtigt werden: Damit werden trale Industrieproduktion, Wärmeversorgung gern. sie nicht mehr diskontiert, sondern relevant. und Verkehr brauchen alle viel und kosten- 3) Finanzierungskosten fallen bei Projektent- Weltweit ist effektives Risikomanagement günstigen erneuerbaren Strom. Differenzver- wicklern und den Zeichnern von langfristi- bei den Ausschreibungen auf dem Vor- träge können dazu einen wichtigen Beitrag gen Abnahmeverträgen: Die Stromgeste- marsch. Höchste Zeit für Deutschland, aus leisten: hungskosten reduzieren sich um 30 %. den Startlöchern zu kommen. Bild: vadim_petrakov - stock.adobe.com 1. März 2020 | E&M Meer Wind 13
Bild: EEHH GmbH/Ingo Bölter Advertorial Die Preisträger des German Renewables Awards 2019 Das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg Das Branchennetzwerk für Zukunftsenergien Beim Ausbau der nachhaltigen Stromerzeugung und -übertragung übernimmt Norddeutschland eine zentrale Rolle. Die Metropolregion Hamburg − von Cuxhaven bis German Renewables Award Lübeck und von Neumünster bis Lüneburg − ist das Mit dem German Renew Zentrum der norddeutschen Aktivitäten. ables Award honoriert das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg D herausragende Innovatio nen und persönliches as Branchennetzwerk Erneuerbare Ener- Energien Hamburg gehören das vom Bundesminis- Engagement im Bereich gien Hamburg EEHH bietet seit Herbst terium für Wirtschaft und Energie finanzierte Pro- erneuerbare Energien. 2010 ideale Vernetzungs- und Informati- jekt „Norddeutsche EnergieWende 4.0“ und das Bereits zum neunten onsmöglichkeiten für interessierte Akteu- EU-Interreg-Projekt „Northern Connections“. Mal vergibt die unabhän re, vor allem durch Großveranstaltungen wie die gige Jury 2020 die Hamburg Offshore Wind Conference, die Wind NEW 4.0 − Norddeutsche EnergieWende Auszeichnung in den vier Energy Hamburg, zahlreiche Workshops und Fach- Welche Rolle spielt Norddeutschland für die Ener- Kategorien: gruppen. Neben der Windenergie Onshore wie giewende? Vor welchen Herausforderungen stehen • Produktinnovation des Offshore stellen Wärme, Sektorkopplung und Ener- wir und wie können wir ihnen begegnen? Wie sieht Jahres giespeicherung seit 2016 die Kernsäulen der Clus- die Energieversorgung von morgen aus? Diese Fra- • Projekt des Jahres terarbeit dar. Für herausragende Innovationen gen beantwortet das Verbundprojekt NEW 4.0. • Studentenarbeit des in der Erneuerbare-Energien-Branche verleiht „NEW“ steht für die Norddeutsche EnergieWende Jahres das Netzwerk seit 2012 jährlich den German Renew und „4.0“ beschreibt die Schwelle zur vierten indus- • Lebenswerk ables Award, seit 2018 auch in der Rubrik „Journa- triellen Revolution: Die Digitalisierung, die auch für Zusätzlich wird zum listenpreis“. die Energiewende eine zentrale Rolle spielt. Digita- dritten Mal der Journalis Im Industrienetzwerk Erneuerbare Energien lisierte Prozesse sollen ermöglichen, dass eine teil- tenpreis als eigene Hamburg engagieren sich rund 200 Unternehmen weise Flexibilisierung der industriellen Energienach- Kategorie vergeben. aus der Branche der erneuerbaren Energien für die frage zu einer besseren Synchronisierung mit dem Umsetzung der Energiewende. Zu den wichtigsten Angebot erneuerbarer Energien und zu einer höhe- Projekten mit Beteiligung des Clusters Erneuerbare ren Systemstabilität führt. 14 E&M Meer Wind | 1. März 2020
Das Projekt wird unterstützt von den Landesregie- Connections richtet Göteborg, Schweden, im April rungen Schleswig-Holsteins und Hamburgs und im 2020 aus. Die EU-Fördersumme beträgt 5,3 Millio- Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster intel- nen Euro, von denen 295.000 Euro auf das ligente Energie − Digitale Agenda für die Energie- EEHH-Cluster entfallen. wende“ durch das Bundesministerium für Wirt- schaft und Energie (BMWi) gefördert. Es ist für vier Offshore in der Metropolregion Hamburg Jahre − von Dezember 2016 bis November 2020 − Die Metropolregion Hamburg liegt zentral zwischen angesetzt. Nord- und Ostsee und weist daher bereits seit zwei Ideale Jahrzehnten eine hohe Dichte an Aktivitäten in Ver- EU-Projekt Northern Connections bindung mit Offshore-Windenergie auf. So haben et- Vernetzungs- Die Nordseeregion spielt eine zentrale Rolle für den liche Projektierer, Windparkbetreiber und Dienst- und internationalen Austausch des Clusters, da dort das leister wichtige Niederlassungen in Hamburg. Für Northern-Connections-Projekt (Interreg-Förderpro- viele Offshore-Projekte wurden und werden Leistun- Informations- gramm der EU für den Nordseeraum) beheimatet gen wie Finanzierungen, Versicherungen, Zertifizie- ist, bei dem EEHH als einer von insgesamt 21 Pro- rung in Hamburg und in der Metropolregion Ham- möglichkeiten jektpartnern fungiert. Im Projektzeitraum von 2016 burg erbracht. Nicht zuletzt werden auch zahlreiche bis Ende 2020 sollen Modellregionen im Nord- internationale Offshore-Projekte aus der Region seeraum mit Schwerpunkt auf nachhaltiger Infra- Hamburg heraus koordiniert, da insbesondere Ener- struktur vernetzt sowie kleine und mittlere Unter- gieversorger ihre internationalen Aktivitäten hier ge- nehmen über die Landesgrenzen hinweg gefördert bündelt haben. Seit 2010 hat sich die Stadt Cuxha- werden. Dies geschieht durch regelmäßige Treffen ven mit dem Deutschen Offshore- Industrie-Zentrum in Form von Living Labs und Konferenzen. Im Som- als wichtiger Produktionsstandort und Basishafen mer 2019 lud das EEHH-Cluster zu einem Living Lab für die Offshore-Windindustrie an der Nordseeküste ein, auf dem nachhaltige Stadtentwicklung und etabliert. Viele kleine und mittelständische Unter- Energieversorgung moderner Quartiere im Fokus nehmen aus der gesamten Metropolregion agieren standen. Die Abschlusskonferenz zu Northern als Zulieferer. „Ready for takeoff − The global offshore upswing“ − 17. Hamburg Offshore Wind Conference Die Offshore-Windindustrie setzt sich (HOW) am 7. und 8. April 2020 im Marco Kuijpers, Direktor Offshore- weltweit immer mehr durch − deutsche Empire Riverside Hotel, gemeinsam Projekte Tennet TSO, Prof. Dr. Claudia Unternehmen entdecken zunehmend ausgerichtet vom DNV GL und dem Kemfert, Deutsches Institut für Wirt Märkte in Asien sowie in Nord- und Cluster Erneuerbare Energien Hamburg, schaftsforschung (DIW Berlin), und Südamerika. Industrievertreter betonen steht unter dem Motto „Ready for Windpionier Henrik Stiesdal, der ein die Bedeutung von Offshore als takeoff − The global offshore upswing“. großes Innovationsprojekt mit schwim verlässlichem Pfeiler in einem zuneh Schon jetzt haben hochkarätige menden Offshore-Windanlagen umsetzt. mend von erneuerbaren Energien Referenten zugesagt, beispielsweise Auf dem politischen Podium diskutieren abhängigen Energiesystem. Die Gunnar Groebler, Senior Vice President, mit Moderator Daniel Münter neben 17. Hamburg Offshore Wind Conference Head of Business Area Wind, Vattenfall, Prof. Dr. Claudia Kemfert und Gunnar Groebler auch Prof. Dr. Hermann Held vom Exzellenzcluster Klimaforschung der Universität Hamburg. Außerdem beinhaltet das Konferenzprogramm einen Dialog zum bevorstehenden Übergang vieler deutscher Offshore- Windparks von der hohen zur niedrigen Vergütung des Stauchungsmodells, eine Session zu internationalen Business Cases deutscher Unternehmen, Vorträge zu Offshore und Wasserstoff sowie die Verleihung des zweiten Offshore Innovation Awards. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 15. März 2020. Bild: EEHH GmbH/DNV GL Programm und Anmeldung unter: https://www.dnvgl.com/ events/17th-hamburg-offshore- Die 16. Hamburg Offshore Wind Conference 2019 wind-conference-158227 1. März 2020 | E&M Meer Wind 15
5 5 DÄN EM AR K 13 12 5 11 10 Amprion Gesamtüber- 9 sicht über den 4 8 geplanten Trassenverlauf 7 IV ante Portas V 6 Büsum 1 2 3 III II 0 Cuxhaven I Erstmals baut der Übertragungsnetz betreiber zwei Netzanbindungssysteme 0 Norden für Offshore-Windparks in der Nordsee Wilhelmshaven Bremerhaven − bei Dolwin 4 und Borwin 4 allein soll es Emden nicht bleiben. V O N R A L F K Ö P K E Oldenburg NIEDERLANDE Papenburg Bremen D DEUTSCHLAND ortmund liegt im Binnenland. Viele Bezü- Offshore Windpark Gebiete ge zum Wasser hat die Bier- und einstige Konverterplattform Kohlestadt wahrlich nicht. Dank der un- Meppen DolWin4 mittelbaren Lage am Dortmund-Ems-Ka- Bild: Amprion GmbH BorWin4 nal verfügt sie aber immerhin über einen der größ- Lingen Gates für Seekabel ten Kanalhäfen in Nordrhein-Westfalen. NVP HANEKENFÄHR Netzverknüpfungspunkt Indirekt wird die Revier-Metropole demnächst ei- nen Zugang zur Nordsee haben − und zwar dank der Aktivitäten des Übertragungsnetzbetreibers Am prion, der im Dortmunder Süden seinen Sitz hat. Im vergangenen Jahr hat die Bundesnetzagentur festge- wird Amprion etwa 4 Mrd. Euro investieren, das ist legt, dass Amprion zwei Netzanbindungssysteme mit rund ein Viertel des bis 2030 vorgesehenen Unter- zusammen 1.800 MW Leistung für künftige Offshore- nehmensbudgets für Netzaus- oder -umbau. Windparks planen, bauen und betreiben wird. Nach Auch wenn derzeit noch nicht absehbar ist, wer dem derzeitigen Stand soll „DolWin4“ 2028 und die durch Dolwin 4 und Borwin 4 anzubindenden „BorWin4“ (so die offiziellen Kürzel) im Jahr danach Hochseewindparks konkret betreiben wird (das ent- in Betrieb gehen. scheidet sich nach den nächsten Ausschreibungs- Was nach viel Zeit klingt. Der Eindruck täusche, runden), sind Essentials bereits festgelegt: Von der sagt Peter Barth, der zusammen mit seinem Kolle- Vor der neuen Nordsee wird der Offshore-Windstrom ins südliche gen Carsten Lehmköster den neuen Offshore-Bereich Emsland nach Lingen geleitet, um dort ins Übertra- bei Amprion leitet: „Wir wollen in gut einem Jahr die Offshore- gungsnetz eingespeist zu werden. Und das südliche Ausschreibungen für alle wichtigen Hauptkompo- Windabteilung Emsland ist nun einmal Amprion-Land. Mit Dolwin nenten beginnen, deshalb laufen bei uns die entspre- 4 und Borwin 4 ergibt sich eine neue Konstellation: chenden Vorbereitungen unter Hochdruck.“ liegt ein Erstmals ist ein Übertragungsnetzbetreiber für die Ein Mammutprogramm, das in der Amprion-Zen- Netzanschlüsse und Zuleitungen zuständig, dessen trale eine Reihe von Neueinstellungen notwendig Mammut eigentliches Zuständigkeitsgebiet nicht einen einzi- macht: Das Offshore-Team, das derzeit rund 60 Köp- programm gen Kilometer Küstenlinie umfasst. fe umfasst, soll in den kommenden Monaten auf 100 Mitarbeiter ausgebaut werden. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“ Für die Netzanschlüsse der Seewindturbinen in Dass die von Amprion noch zu bauenden Leitungen der deutschen Nord- und Ostsee waren bislang im- in Lingen mit dem bundesweiten Übertragungsnetz mer Tennet und 50 Hertz zuständig. Eine Aufteilung, verknüpft werden sollen, ist kein Zufall: Netztech- die sich mehr oder weniger automatisch ergeben nisch ist die 55.000-Einwohner-Stadt in der Nähe zu hat, weil die Netzgebiete der beiden Unternehmen den Niederlanden gut ausgebaut und verfügt über bis an die Küsten von Nord- und Ostsee reichen. die nötige Transportkapazität in Richtung der Ver- Dass nun Amprion erstmals die Anbindung zwei- brauchszentren an Rhein und Ruhr. er Offshore-Windparks in der Nordsee übernimmt, „Unter allen technischen und volkswirtschaftli- hat mit einer Regelung im Energiewirtschaftsgesetz chen Gesichtspunkten ist unser Standort Haneken- zu tun: „Dieser Passus besagt, dass immer der Über- fähr in Lingen wirklich gut geeignet“, sagt Ampri- tragungsnetzbetreiber für die Netzanbindung von on-Experte Lehmköster. Für ihn sind die beiden Offshore-Windparks zuständig ist, an dessen Um- Anschlüsse für die Offshore-Windparks „technisch spannanlage die Systeme angebunden werden“, er- schon herausfordernd“. Was ein Blick auf die zu- klärt Barth. Für die beiden Netzanbindungssysteme rückzulegenden Trassenkilometer unterstreicht: Bei 16 E&M Meer Wind | 1. März 2020
Dolwin 4 muss Amprion eine 220 Kilometer lange Erdkabelprojekt betraut ist, dem Projekt A-Nord. Die Verbindung bauen, wovon rund 50 Kilometer auf Leitung, die dort verlegt werden soll, ist eine der See verlaufen. Bei Borwin 4 beträgt die Trassenlän- bislang drei großen HGÜ-Stromautobahnen, mit de- ge sogar etwa 300 Kilometer, von denen 130 Kilo- nen der Transport des Windstroms aus der Nordsee meter Kabel in den Nordseeboden gespült oder mit in die Verbrauchszentren Richtung Rheinland und einem Vibrationsschwert installiert werden müssen. Süddeutschland vorgesehen ist; 2025, so die Hoff- Nach dem derzeitigen Planungsstand sieht das nung des Bundeswirtschaftsministeriums, sollen die Konzept für Borwin 4 eine 220-kV-Standardanbin- ersten Elektronen fließen. dung vor: Zuerst wird der Windstrom in einer park Um auf der rund 100 Kilometer langen Strecke internen Umspannplattform gesammelt, dann zur zwischen Ostfriesland und dem südlichen Emsland Konverterplattform geführt und anschließend Rich- „möglichst viele Synergien zu nutzen“, will Amprion tung Land geschickt. Bei Dolwin 4 ist dagegen eine bei dem Bau der A-Nord-Trasse die notwendigen 66-kV-Direktverbindung von den Windenergieanla- Leerrohre für Dolwin 4 und Borwin 4 gleich mitver- „Der Standort gen in die Konverterplattform vorgesehen. Die par- legen. Die erste Konverterplattform für Dolwin 4 soll Hanekenfähr in kinterne Umspannplattform entfällt. Ob es bei dieser dann möglichst im Jahr 2027 im Wasser sein. Konfiguration bleibt, wird sich noch zeigen. Beide Netzexperten haben nicht den (falschen) Lingen ist wirklich Weitestgehende Einigkeit besteht dagegen schon Ehrgeiz, für Dolwin 4 und Borwin 4 das Rad neu zu gut geeignet“ beim Trassenverlauf: Die Seekabel, die unter ande- erfinden. „Natürlich sprechen wir auch mit den Kol- rem die Insel Norderney unterirdisch durchqueren, legen von Tennet, um Erfahrungen auszutauschen.“ werden durch den Wattboden bis zum sogenannten Klar sei aber auch, dass Amprion mit den ersten bei- Anlandungspunkt im ostfriesischen Hilgenriedersiel den Netzanbindungen für Offshore-Windparks einen verlegt. Sozusagen im zweiten Bauabschnitt werden nachhaltigen Eindruck in Sachen Qualität und Zu- die Erdkabel in Gleichstromtechnik von dort zur verlässigkeit hinterlassen will. Nach dem aktuellen Umspannanlage ins südliche Emsland geführt. Netzentwicklungsplan werden weitere Offshore- Dass Amprion die Kabelverlegung dieses Ab- Netzanbindungssysteme erforderlich. Dolwin 4 und schnitts „möglichst raum- und umweltverträglich“ Borwin 4 seien „nicht unsere letzten Offshore-Wind- vornimmt, so Teamleiter Barth, verstehe sich von projekte“, sind sich Barth und Lehmköster sicher. selbst. Seinem Team kommt entgegen, dass Amprion „Wir sind bei der Offshore-Windenergie angekom- auf weiten Teilen der Strecke mit einem anderen men, um auch zu bleiben.“ E&M
Sie können auch lesen