Mehr soziale Teilhabe durch geförderte Beschäftigung?
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IAB Kurzbericht Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 3/2015 In aller Kürze Ein-Euro-Jobs und Beschäftigungszuschuss Rund die Hälfte der im Juni 2014 als arbeitslos erfassten Grundsiche rungsempfänger war bereits ein Jahr Mehr soziale Teilhabe durch oder länger ohne Beschäftigung. Lang dauernde Erwerbslosigkeit geförderte Beschäftigung? und Leistungsbezug beeinträchti gen nicht nur die materiellen Le von Bernhard Christoph, Stefanie Gundert, Andreas Hirseland, bensbedingungen, sondern auch die Christian Hohendanner, Katrin Hohmeyer und Philipp Ramos Lobato soziale Einbindung der Betroffenen. Im Kontext der Debatte zu einem sogenannten sozialen Arbeitsmarkt Im Juni 2014 waren knapp zwei Millio- von Arbeitslosen Beschäftigungsperspekti- steht die soziale Teilhabe von ar nen Leistungsberechtigte in der Grund- ven eröffnen möchte. Dabei soll zwar eine beitsmarktfernen Langzeitarbeits sicherung für Arbeitsuchende als ar- mögliche spätere Integration in den ersten losen momentan im besonderen beitslos registriert. Rund die Hälfte von Arbeitsmarkt nicht aus dem Blick geraten, Fokus politischer Bemühungen. ihnen (47,4 %) war langzeitarbeitslos. im Vordergrund steht jedoch – angesichts Hier wird am Beispiel der Ein- Schätzungen des IAB zufolge haben rund des Fokus auf Langzeitarbeitslose mit sehr Euro-Jobs und des Beschäftigungs 100.000 bis 200.000 der Langzeitarbeits- geringen Arbeitsmarktchancen – die Milde- zuschusses untersucht, ob geför losen im SGB II kaum mehr realistische rung von Teilhabedefiziten, die durch den derte Beschäftigung dazu beitragen Chancen am ersten Arbeitsmarkt. Eine langfristigen Wegfall von Erwerbsarbeit kann, die soziale Teilhabe von Lang zeitarbeitslosen zu verbessern. solche Verfestigung von Arbeitslosigkeit entstehen können (Kupka/Wolff 2013: 71). birgt ein hohes Risiko sozialer Teilhabe- Vor diesem Hintergrund geht der Kurzbe- Öffentlich geförderte Beschäfti defizite. richt der Frage nach, wie durch geförderte gung unterscheidet sich teilweise deutlich von regulärer Erwerbsarbeit. Beschäftigung die soziale Teilhabe von Lang- Dennoch kann sie zur Verbesserung Mit Blick auf besonders arbeitsmarktfer- zeitarbeitslosen verbessert werden kann. Zu sozialer Teilhabe beitragen. Das gilt ne Langzeitarbeitslose wird im politischen diesem Zweck werden zwei Beschäftigungs- vor allem dann, wenn die Maßnah Raum seit einiger Zeit intensiv und kontro- maßnahmen des SGB II untersucht, die sich me freiwillig aufgenommen wird, vers über die Einrichtung eines sogenann- in Zielsetzung wie Ausgestaltung deutlich einen vergleichsweise hohen Stun ten sozialen Arbeitsmarkts (vgl. Infokasten voneinander unterscheiden und folglich denumfang aufweist und insgesamt auf Seite 2) diskutiert. Dabei stehen die be- auch jeweils spezifische Voraussetzungen einer regulären Erwerbstätigkeit möglichst ähnlich ist. troffenen Langzeitarbeitslosen momentan für die Verbesserung sozialer Teilhabe auf- besonders im Fokus der politischen Bemü- weisen dürften. Mit dem Beschäftigungs- Nicht zuletzt deshalb schätzen hungen (BMAS 2014). Hinter dem Begriff zuschuss, der auch als „JobPerspektive“ be- die durch den Beschäftigungszu schuss geförderten Personen ihre des sozialen Arbeitsmarkts verbirgt sich ein zeichnet wird und in seiner bisherigen Form Teilhabe höher ein als Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischer Ansatz, der mithilfe mittlerweile abgeschafft wurde, findet eine Ein-Euro-Jobs. des längerfristigen Einsatzes öffentlich ge- Fördermaßnahme Berücksichtigung, die der förderter Beschäftigung auch dieser Gruppe Idee eines sozialen Arbeitsmarkts recht nahe
kam. Diesem werden die als „Ein-Euro-Jobs“ bekann- Langzeiterwerbslosigkeit ten Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvari- als Teilhaberisiko ante gegenübergestellt. Hierbei handelt es sich um ein Instrument, das zumindest in der Vergangenheit Die Chancen bestimmter Gruppen von Leistungs- auch der Verbesserung sozialer Teilhabe dienen soll- empfängern, eine dauerhafte und bedarfsdeckende te (Bundesagentur für Arbeit 2009), obwohl es auch Beschäftigung zu finden, sind trotz der zuletzt po- andere Ziele verfolgt und sich an eine im Vergleich sitiven Arbeitsmarktentwicklung weiterhin als eher deutlich größere Zielgruppe richtet. gering einzustufen. Das hat vielfältige Gründe. Ne- Der Kurzbericht soll erstens Auskunft darüber ge- ben einer begrenzten Aufnahmefähigkeit der regio- ben, ob geförderte Beschäftigung – angesichts der nalen Arbeitsmärkte spielen auch individuelle Ver- Rahmenbedingungen, die von regulärer Erwerbsar- mittlungshemmnisse eine Rolle. Darunter versteht beit mitunter deutlich abweichen – überhaupt dazu man persönliche Merkmale der Arbeitslosen, die ihr geeignet ist, Teilhabedefizite zu reduzieren. Zweitens Risiko erhöhen, keine neue Beschäftigung zu finden. soll er zeigen, unter welchen Voraussetzungen ge- Dazu zählen beispielsweise fehlende Bildungs- bzw. förderte Beschäftigung die soziale Teilhabe der Ge- Ausbildungsabschlüsse, gesundheitliche Einschrän- förderten verbessern kann. Dazu bündelt der Bericht kungen, ein Alter von über 50 Jahren oder ein bereits die Kernbefunde mehrerer Studien (vgl. Infokasten sehr lange bestehender Leistungsbezug. auf Seite 6). Analysen auf Basis der IAB-Studie Panel „Arbeits- markt und soziale Sicherung“ (PASS) zeigen, dass die Arbeitsmarktchancen deutlich sinken, wenn Personen mehrere solcher Vermittlungshemmnisse aufweisen (Achatz/Trappmann 2011). Dies stellt ein nicht unerhebliches Problem dar: In der ersten Erhe- bungswelle des PASS, die zwischen Ende 2006 und i Sozialer Arbeitsmarkt Mitte 2007 durchgeführt wurde, wiesen z. B. mehr Mit dem Begriff des sozialen Arbeitsmarkts wird ein arbeitsmarktpolitischer als zwei Drittel aller erwerbsfähigen Leistungsbe- Ansatz bezeichnet, der mithilfe des langfristigen Einsatzes öffentlich geför- rechtigten mehrere Vermittlungshemmnisse auf. derter Beschäftigung auch jenen Leistungsempfängern der Grundsicherung Mit einer solchen Verfestigung von Arbeitslosig- eine Beschäftigungsperspektive eröffnen möchte, die kaum mehr realistische keit und Leistungsbezug ist ein hohes Risiko mate- Arbeitsmarktchancen aufweisen (Cremer 2007). Während mit dem Beschäfti- gungszuschuss bis 2012 ein Instrument im SGB II existierte, das der Idee eines rieller, sozialer und kultureller Teilhabedefizite ver- sozialen Arbeitsmarkts denkbar nahe kam, gilt dies für die derzeit vorhandenen bunden, da Erwerbsarbeit in Arbeitsgesellschaften Instrumente nach § 16d und § 16e SGB II nur bedingt. Im November 2014 hat eine herausgehobene Bedeutung bei der Vermitt- das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter dem Titel „Soziale Teilhabe lung gesellschaftlicher Teilhabe hat. Dabei spielt vor am Arbeitsmarkt“ ein Programm ins Leben gerufen, das im Sommer 2015 star- allem das so erzielte Erwerbseinkommen eine Rolle, ten und geförderte Arbeitsplätze für bis zu 10.000 „besonders arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose“ schaffen soll (BMAS 2014). weil gesellschaftlicher Status und Anerkennung, die Teilnahme am sozialen Leben sowie materielle Teil- Der Idee nach richtet sich der soziale Arbeitsmarkt ausdrücklich an einen Kreis von arbeitslosen Hilfeempfängern im SGB II, die wegen gesundheitlichen Ein- habe eng mit diesem verknüpft sind. schränkungen, fehlenden Berufsabschlüssen oder sonstigen Einschränkungen Studien zeigen, dass auch das Gefühl gesell- ihrer Arbeits- und Leistungsfähigkeit auch zukünftig kein ungefördertes Be- schaftlicher Zugehörigkeit mit dem Erwerbsstatus schäftigungsverhältnis finden dürften. Schätzungen des IAB zufolge trifft dies zusammenhängt: Erwerbstätige – insbesondere in auf zwischen 100.000 und 200.000 Leistungsberechtigte der Grundsicherung zu „regulären“, unbefristeten Beschäftigungsverhält- (Koch/Kupka 2012: 30). Konsequenterweise gehört die Wiedereingliederung der nissen – fühlen sich besser in die Gesellschaft inte- Geförderten in den ersten Arbeitsmarkt daher nicht zur primären Zielsetzung des sozialen Arbeitsmarkts, wenngleich der Übergang in reguläre Beschäftigung griert als Arbeitslose (Gundert/Hohendanner 2014a). weiterhin möglich bleiben soll. Im Vordergrund steht vielmehr die Verbesserung Hingegen kann Langzeitarbeitslosigkeit das Gefühl sozialer Teilhabe, die gerade durch langandauernde Arbeitslosigkeit beeinträch- sozialer Zugehörigkeit beeinträchtigen, wozu auch tigt werden kann (Kupka/Wolff 2013: 71). Bei der Ausgestaltung eines sozia- Stigmatisierungserfahrungen der Betroffenen bei- len Arbeitsmarkts sollte Wert auf die strenge Einhaltung der Zielgruppe gelegt tragen können (Hirseland/Ramos Lobato 2014). werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass auch solche Personen gefördert werden, die noch Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Dies versperrt Der Blick auf die Situation in der Grundsicherung den Betroffenen nicht nur den Übergang in reguläre Beschäftigung, sondern ist unterstreicht zudem, dass die Leistungsempfänger zugleich mit hohen gesamtgesellschaftlichen Kosten verbunden. mitunter von erheblichen Versorgungsdefiziten be- troffen sind, die bei längeren Bezugsdauern tenden- 2 IAB-Kurzbericht 3/2015
ziell höher ausfallen (Christoph/Lietzmann 2013). Die Tabelle 1 durch den Wegfall der Erwerbsarbeit ausgelösten ma- Rahmenbedingungen von Ein-Euro-Jobs und Beschäftigungszuschuss teriellen Probleme können eng mit Einschränkungen der sozialen Teilhabe verbunden sein. Diese schlagen Ein-Euro-Jobs Beschäftigungszuschuss sich im Rückgang sozialer Aktivitäten bzw. Kontakte, Rechtliche Sozialrechtsverhältnis Arbeitsverhältnis etwa zu Kollegen, nieder (Marquardsen 2012). Zu- Grundlage (§ 16d SGB II, in der Fassung (§ 16a SGB II, in der Fassung vom Januar 2009) vom Oktober 2007)* dem trägt Arbeitslosigkeit zur Destrukturierung des Form und Höhe Mehraufwandsentschädigung; Arbeitsentgelt; Höhe orientiert Alltags bei und begünstigt die Entstehung bzw. Ver- der Vergütung Höhe orientiert sich am sich an tariflicher oder stärkung gesundheitlicher Probleme (Eggs 2013). anfallenden Aufwand, kann ortsüblicher Entlohnung; bis zu pauschaliert erbracht werden 75 % öffentlich bezuschusst Laufzeit Gesetzlich nicht geregelt, Zunächst auf bis zu zwei Jahre Rahmenbedingungen von Ein-Euro- i.d.R. bis sechs Monate befristet, anschließend auch Jobs und Beschäftigungszuschuss unbefristet Soziale Sicherung Im Rahmen der Grundsicherung Sozialversicherungspflichtig Dass geförderte Beschäftigung den genannten Teil- (ohne Beitrag zur habedefiziten entgegenwirken kann, ist keineswegs Arbeitslosenversicherung) selbstverständlich. Schließlich unterscheiden sich Arbeitgeber/ Beschränkt auf zusätzliche, im Gemeinnützige, ab April 2008 Einsatzfelder öffentlichen Interesse liegende auch privatwirtschaftliche die verschiedenen Varianten geförderter Beschäfti- und wettbewerbsneutrale Arbeitgeber gung in ihren Rahmenbedingungen nicht nur von re- Arbeiten gulären Arbeitsplätzen, sondern auch untereinander Die Übersicht gibt die Rahmenbedingungen wieder, die im Untersuchungszeitraum galten. recht deutlich. Dies zeigt die Gegenüberstellung der * Ab 2010 fanden sich die Regelungen zum Beschäftigungszuschuss in § 16e SGB II. Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2007, 2009). © IAB Rahmenbedingungen von Ein-Euro-Jobs (Arbeitsge- legenheiten in der Mehraufwandsvariante) und Be- schäftigungszuschuss (vgl. Tabelle 1). zesänderungen wurden die Zielsetzungen gestrafft, Bei den Ein-Euro-Jobs handelt es sich um eine sodass nur das erste der genannten Ziele weiterhin sozialrechtliche Fördermaßnahme, die in den ersten besteht. Jahren nach Einführung des SGB II in großem Um- Demgegenüber verfolgte der 2007 eingeführte fang zum Einsatz kam. So waren zwischen 2006 und und im Frühjahr 2012 in die „Förderung von Arbeits- 2010 noch deutlich über eine halbe Million Zugänge verhältnissen“ überführte Beschäftigungszuschuss jährlich zu verzeichnen. Bis zum Jahr 2013 ist diese ein anderes Ziel. Konzipiert für langzeitarbeitslose Zahl auf rund 280.000 gesunken (StatBA 2014). Die Leistungsberechtigte ohne realistische Chancen Teilnehmer erhalten neben den ALG-II-Leistungen auf dem ersten Arbeitsmarkt, sollte er „dauerhafte, eine Aufwandsentschädigung, die in der Regel ei- sinnvolle und gesellschaftlich anerkannte Beschäf- nen bis zwei Euro pro Stunde beträgt. Berücksichtigt tigungsmöglichkeiten“ (Brandner 2007) eröffnen. man den Stundenumfang von üblicherweise bis zu Dazu wurden die Rahmenbedingungen des Be- 30 Stunden pro Woche, ergibt sich eine monatliche schäftigungszuschusses am Modell des „Normal Mehraufwandsentschädigung von durchschnittlich arbeitsverhältnisses“ ausgerichtet: Gefördert wur- 150 Euro (StatBA 2014). Auch wenn diesen Mehrein- den Arbeitsverhältnisse bei gemeinnützigen wie nahmen erhöhte Ausgaben gegenüberstehen (z. B. privatwirtschaftlichen Arbeitgebern, die – mit Aus Fahrtkosten oder Ausgaben für Arbeitskleidung), ist nahme des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung – davon auszugehen, dass sie die finanzielle Situation sozialversicherungspflichtig waren, häufig in Voll- der Maßnahmeteilnehmer insgesamt verbessern. Die zeit ausgeübt und tariflich bzw. ortsüblich entlohnt im Rahmen der Ein-Euro-Jobs verrichteten Arbeiten werden sollten. Zumindest Alleinstehenden sollte sollen zusätzlich und wettbewerbsneutral sein sowie dies für den Zeitraum der Förderung ein Leben im öffentlichen Interesse liegen. Auch in dieser Hin- ohne Bezug von SGB-II-Leistungen ermöglichen sicht weichen die Ein-Euro-Jobs deutlich von regu- (ebd.). Nach einer zunächst zweijährigen Befristung lärer Beschäftigung ab. Die arbeitsmarktpolitischen konnte die Förderung unbefristet fortgesetzt wer- Zielsetzungen dieses Instruments umfassten anfäng- den, sofern die Aufnahme regulärer Beschäftigung lich sowohl die Erhöhung der Arbeitsmarktchancen weiterhin ausgeschlossen war – ein Novum in der als auch die Überprüfung der Arbeitsbereitschaft der deutschen Arbeitsmarktpolitik. In den beiden Jahren Leistungsempfänger sowie die Verbesserung ihrer 2008 und 2009 waren jährlich über 25.000 Zugänge sozialen Teilhabe. Mit den 2012 erfolgten Geset- in so geförderte Arbeitsverhältnisse zu verzeichnen IAB-Kurzbericht 3/2015 3
(StatBA 2013). Insgesamt belief sich die Zahl der Empfinden, eine sinnvolle Aufgabe zu haben sowie Förderfälle auf etwa 64.000 (StatBA 2013). die infolge der Aufwandsentschädigungen verbes- serte materielle Versorgungslage. Hingegen sind die Erwartungen der Befragten bezüglich der Beschäf- Teilhabe durch geförderte tigungschancen im ersten Arbeitsmarkt eher gering. Beschäftigung Da Ein-Euro-Jobs im Untersuchungszeitraum auch Im Folgenden werden Kernbefunde mehrerer Stu- zur sanktionsbewehrten Überprüfung der Arbeitsbe- dien vorgestellt, die sich am Beispiel von Ein-Euro- reitschaft eingesetzt werden konnten, werden sie in Jobs und Beschäftigungszuschuss mit dem Beitrag der Fachöffentlichkeit durchaus kontrovers disku- geförderter Beschäftigung zur Verbesserung sozialer tiert. Bei der durchschnittlichen Bewertung durch Teilhabe befasst haben (vgl. Infokasten auf Seite 6). die Teilnehmenden selbst spielt dies jedoch nur eine Methodisch unterscheiden sich diese Studien da- untergeordnete Rolle. Die Teilnahme wurde nur in durch, dass sie teils auf quantitativen Befragungs- geringem Maße als „entwürdigend“ empfunden und daten, teils auf qualitativen Interviews basieren. die Vermeidung von Sanktionen eher selten als Aus- Während erstere statistisch repräsentativ sind, er- schlag gebendes Teilnahmemotiv genannt. möglichen letztere einen vertieften Einblick in die Dennoch zeigt sich, dass der Zugangsweg in die Lebenswirklichkeiten der Geförderten. Maßnahme eine große Bedeutung hat. Erwartungs- gemäß sehen Teilnehmende, die nach eigenen An- Ein-Euro-Jobs gaben lediglich aufgrund einer expliziten Anordnung Auf Basis des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Si- des Jobcenters die Maßnahme aufgenommen haben, cherheit“ (PASS) aus den Jahren 2006 bis 2009 diese insgesamt negativer als Befragte, die auf ei- haben Christoph/Hohmeyer (2012) untersucht, wie genen Wunsch oder im gegenseitigen Einvernehmen Personen, die in einem Ein-Euro-Job beschäftigt daran teilnehmen. Dies trifft in gleicher Weise auf sind, diesen bewerten. Abbildung 1 zeigt, dass die ihre Bewertung der sozialintegrativen Wirkungen der Teilnehmenden im Durchschnitt vor allem die teil- Maßnahme zu. Ist die Teilnahme nicht freiwillig, be- habeförderlichen Aspekte der Ein-Euro-Jobs beto- trachten die Geförderten selbst die objektiv mit der nen – z. B. gestiegene Kontaktmöglichkeiten, das Maßnahme einhergehende Verbesserung der finanzi- ellen Situation in einem deutlich ungünstigeren Licht. Ein zweiter wichtiger Aspekt für die Bewertung Abbildung 1 der Maßnahme ist die Art der ausgeübten Tätigkeit. Wie die Teilnehmenden einzelne Aspekte der Ein-Euro-Jobs So werden Ein-Euro-Jobs deutlich positiver beurteilt, im Zeitraum 2006 bis 2009 bewertet haben wenn diese aus Sicht der befragten Teilnehmer einen trifft trifft überhaupt trifft eher trifft eher voll und qualifizierten Berufsabschluss erfordern. nicht zu nicht zu zu ganz zu Dass einzelne Aspekte der Ein-Euro-Jobs von den 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 Positive Aspekte Teilnehmenden positiv beurteilt werden, sagt aller- Das Programm ist gut, um wieder unter 3,49 dings noch nichts darüber aus, ob sie ihre gesell- Menschen zu kommen. schaftliche Teilhabe im Zuge der Teilnahme auch Das Programm gibt mir das Gefühl, etwas 3,24 insgesamt besser einschätzen. Gundert/Hohendan- Sinnvolles zu tun. Das Programm trägt zur Verbesserung ner (2014b) haben mithilfe des PASS untersucht, ob 3,05 meiner finanziellen Situation bei. es Indizien für eine positive Wirkung der Ein-Euro- Das Programm entspricht meinen Job-Teilnahme auf die wahrgenommene gesell- 2,91 persönlichen Fähigkeiten. schaftliche Integration der Teilnehmenden gibt. Das Programm verbessert meine Chancen, Betrachtet man alle Teilnehmer an Ein-Euro-Jobs, 2,21 eine richtige Beschäftigung zu finden. lässt sich im Durchschnitt kein verbessertes Gefühl Negative Aspekte gesellschaftlicher Zugehörigkeit durch die Teilnah- Das Programm mache ich nur, weil mir 2,05 sonst das Geld gekürzt wird. me feststellen. Eine Steigerung des sozialen Integra- Das Programm empfinde ich als tionsempfindens kann jedoch bei Teilnehmern beob- 1,80 entwürdigend. achtet werden, die angeben, die Arbeitsgelegenheit freiwillig, das heißt nicht bloß aus Angst vor finan- Quelle: Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit“ (PASS) 2006 bis 2009. Gepoolte Daten, arithmetisches Mittel, eigene Berechnungen, gewichtete Ergebnisse; N=720-726. ziellen Sanktionen, aufgenommen zu haben. Dieser © IAB Befund bestätigt die bereits oben betonte Relevanz 4 IAB-Kurzbericht 3/2015
des Zugangswegs in die Maßnahme. Darüber hinaus Tabelle 2 verweist er auf die Bedeutung, die der Qualität des Auswirkungen des Beschäftigungszuschusses auf die gesellschaftliche Betreuungsverhältnisses zwischen Fachkräften und Teilhabe der Teilnehmer Arbeitsuchenden zukommt. Wenn sich die Teilnehmenden vom Jobcenter nicht Frageformulierung: „Man kann das Gefühl haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und unterstützt fühlen, geht die Teilnahme an Ein-Euro- dazuzugehören oder sich eher ausgeschlossen fühlen. Inwieweit fühlen Sie sich eher dazugehörig oder ausgeschlossen?“ Kodierung der Variablen von „0 = ausgeschlossen“ bis „10 = dazugehörig“. Jobs nicht mit einem höheren gesellschaftlichen Integrationsempfinden einher. Bei Teilnehmern hin- Variable Effekt Mittelwert gegen, die den Eindruck haben, dass die Fachkräfte Wirkung auf das Gefühl der gesellschaftlichen 1,166 *** 6,79 Zugehörigkeit ihnen „wirklich helfen wollen”, zeigt sich ein Anstieg des Zugehörigkeitsgefühls. Auch das Empfinden, Signifikanzniveau: *** = p< 0,01. durch den Ein-Euro-Job „wieder unter Menschen zu Lesehinweis: Die durchschnittliche gesellschaftliche Zugehörigkeit der Teilnehmer am Beschäfti- gungszuschuss in der Teilnehmergruppe 2008 hat einen Wert von 6,79 auf der 11-stufigen kommen“ und „etwas Sinnvolles zu tun“ sowie die Antwortskala und liegt 1,166 höher als die gesellschaftliche Zugehörigkeit von vergleichbaren subjektive Einschätzung, dass sich durch den Ein- Personen, die in dem Zeitraum keine Teilnahme am Beschäftigungszuschuss begonnen haben. Euro-Job die finanzielle Situation und die Beschäf- Quelle: Entnommen aus ISG/IAB/RWI 2011; Ergebnisse eines statistischen Matching-Verfahrens für Personen, die im zweiten Halbjahr 2008 die Teilnahme an einem Beschäftigungszuschuss tigungschancen verbessert haben, geht mit einer begonnen haben. © IAB höheren wahrgenommenen gesellschaftlichen Inte- gration einher. Über die genannten Aspekte hinaus können die le Teilhabe im Verlauf der Förderung etwas abnimmt formellen Rahmenbedingungen der Arbeitsgelegen- (ISG/IAB/RWI 2011: 214). heit einen Einfluss auf das Integrationsempfinden Weitergehende Analysen der Studie weisen darauf haben. So fällt dieses bei einer wöchentlichen Ar- hin, dass sich eine Verbesserung der sozialen Teilha- beitszeit von mehr als 20 Stunden höher aus. Au- be auch im Vergleich zu Teilnehmern an Ein-Euro- ßerdem spielt die Gesamtdauer der Beschäftigung Jobs ergibt. Die Autoren der Studie sprechen daher in einer Arbeitsgelegenheit eine wesentliche Rolle von einem „spezifischen Effekt“ (ebd.: 225) des Be- für das Teilhabegefühl: Eine Verbesserung zeigt sich schäftigungszuschusses, der in der konkreten Aus- eher bei Personen, deren aktuelle Maßnahme bereits gestaltung dieser Maßnahme begründet sein dürfte. länger als ein halbes Jahr andauert. Die subjektiv Eine qualitative Fallanalyse, die im Rahmen der empfundene gesellschaftliche Teilhabe verbessert genannten Evaluationsstudie durchgeführt wurde, sich also erst, wenn die Maßnahme in dieser Hin- hat sich näher mit der Frage der sozialen Teilha- sicht mit regulärer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäfti- be beschäftigt (Hirseland et al. 2012). Über einen gung vergleichbar ist. Zeitraum von 18 Monaten hinweg wurden die Ge- förderten mehrfach zu ihrer Lebenssituation, ihrem Beschäftigungszuschuss geförderten Arbeitsverhältnis sowie dessen Folgen Die teilhabefördernden Effekte des Beschäftigungs- für die materielle und soziale Teilhabe befragt. Dabei zuschusses wurden im Rahmen einer vom Bundes- handelt es sich bei den Befragten um Personen, die ministerium für Arbeit und Soziales finanzierten aufgrund unterschiedlicher Vermittlungshemmnis- Evaluationsstudie untersucht (ISG/IAB/RWI 2011). se teils über Jahre hinweg arbeitslos und daher auf Verglichen mit den Ein-Euro-Jobs wiesen die mit staatliche Unterstützung angewiesen waren. Ihre dem Beschäftigungszuschuss geförderten Arbeits- lang andauernde Arbeitslosigkeit und den Grundsi- verhältnisse eine höhere Ähnlichkeit zu regulärer cherungsbezug erlebten sie als eine mit vielfältigen Erwerbsarbeit auf – auch weil sie nicht dazu dien- Schwierigkeiten verbundene Zeit. Diese war z. B. ten, die Arbeitsbereitschaft der Leistungsempfänger durch teils massive Einschränkungen der materiellen zu überprüfen. Diese Studie zeigt auf Basis einer Versorgung sowie durch einen Rückgang oder gar repräsentativen Panelerhebung, dass Personen, die den Verlust persönlicher Kontakte und Beziehun- mit dem Beschäftigungszuschuss gefördert werden, gen gekennzeichnet. Hinzu kam, dass die Zeit im ihre gesellschaftliche Teilhabe deutlich besser be- Grundsicherungsbezug als fremdbestimmt wahrge- werten als eine Kontrollgruppe erwerbsfähiger Grund- nommen wurde – nicht zuletzt wegen der von den sicherungsbezieher, die keine derartige Förderung Betroffenen als unberechenbar empfundenen Zu- erhalten (vgl. Tabelle 2). Allerdings zeigt die Längs- weisung in Maßnahmen durch die Jobcenter und der schnittanalyse, dass der positive Effekt auf die sozia- relativ kurzen Dauer dieser Maßnahmen. IAB-Kurzbericht 3/2015 5
Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen erlebten terung materieller Teilhabespielräume ein weiterer die Befragten die Aufnahme der geförderten Be- Aspekt in den Vordergrund: Weil sie ihr Geld in Form schäftigung als grundlegende Verbesserung ihrer einer Lohnzahlung direkt von ihrem Arbeitgeber er- materiellen wie sozialen Teilhabemöglichkeiten. Die hielten, sahen sich die Befragten – trotz der hohen Verbesserung hängt den Interviews zufolge wesent staatlichen Subvention – nicht länger als „Almosen lich davon ab, ob und in welchem Ausmaß die Ge- empfänger”. Sie empfanden sich nunmehr – wie es förderten ihre Lebenssituation als vergleichbar mit eine der Befragten formulierte – als eigenständige der des „Normalbürgers” wahrnehmen konnten. Im „Verdiener“. Dieser Umstand wurde als Statusauf- Rahmen der Analysen wurden im Wesentlichen wertung erlebt und war mit einem Zugewinn an drei Bedingungen identifiziert, die einer solchen Selbstbewusstsein verbunden. Auf dieser Grundlage wahrgenom menen „Normalisierung” der persönli- konnten auch Kontakte und Aktivitäten mit Nicht- chen Lebensumstände entgegenkommen können: Leistungsbeziehern intensiviert werden, die zuvor die Überwindung des Leistungsbezugs, das Gefühl, teils aus Scham eingestellt wurden. Entsprechend über selbstverdientes Geld zu verfügen sowie die ließ sich eine stärkere Teilhabe am gesellschaftlichen vergleichsweise lange Förderdauer (zur Bedeutung Leben und an sozialen Aktivitäten – z. B. gemeinsa- der Arbeitstätigkeit für gefördert Beschäftigte vgl. mes Ausgehen – beobachten, als dies während der Bauer et al. 2013). Arbeitslosigkeit der Fall war. Teil der positiv wahrgenommenen Normalisierung Daneben war der zeitliche Rahmen der Förderung war, dass der Lebensunterhalt nunmehr mit selbst wichtig für die wahrgenommene Normalisierung. Da verdientem Geld bestritten werden kann statt mit dieser in den untersuchten Fällen meist zwei Jahre Transferleistungen. Damit rückt neben der Erwei- betrug, nahm die neue Lebenssituation für die Teil- nehmer in der Mitte der Förderphase den Charakter i Datenbasis des Alltäglichen an. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass die Befragten in der Beschäftigungspha- Die Befunde zu den Ein-Euro-Jobs von Christoph/Hohmeyer (2012) und Gundert/Hohendanner (2014b) stützen sich auf Daten der seit 2006 jährlich se kaum Kontakt zu den Jobcentern haben müssen. durchgeführten IAB-Studie Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS). Gegen Ende der Vertragsdauer wurde in den Inter- Zum Themenspektrum der kombinierten Haushalts- und Personenbefragung views entsprechend verstärkt die Sorge vor erneuter zählen unter anderem die materielle und soziale Lage der Haushalte und Personen, Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Abhän- Informationen zum Bezug von SGB-II-Leistungen sowie subjektive Einstellungen. gigkeit von Grundsicherungsleistungen geäußert. Die Analysen von Christoph/Hohmeyer basieren auf den ersten drei Wellen dieser Studie, die zwischen 2006 und 2009 erhoben wurden. Die Analysen von Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich bei Gundert/Hohendanner beziehen sich auf arbeitslose ALG-II-Empfänger, die den Geförderten, die während der Beschäftigung auf an den ersten sieben Wellen (2006-2013) der PASS-Befragung teilgenommen ergänzendes Arbeitslosengeld II angewiesen waren, haben. Gegenstand der Untersuchung ist deren subjektiv wahrgenommene kein vergleichbar stark ausgeprägtes Gefühl verbes- Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Dabei werden ALG-II-Empfänger, die zum jewei serter Teilhabe einstellte. Die Notwendigkeit, ergän- ligen Befragungszeitpunkt an einer Arbeitsgelegenheit teilgenommen haben, mit Nicht-Teilnehmern verglichen, und zwar im Hinblick auf das Ausmaß ihrer zend zum geförderten Lohn weiterhin Leistungen subjektiven Integration. des Jobcenters beziehen zu müssen, wird von Teilen Die quantitativen und qualitativen Untersuchungsergebnisse zum Beschäfti der Betroffenen als ungerecht empfunden. gungszuschuss beruhen auf der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebenen bundesweiten Evaluation der Beschäfti gungsförderung nach § 16a SGB II bzw. ab 2010 § 16e SGB II (ISG/IAB/RWI Fazit 2011). Eine repräsentative Wiederholungsbefragung (zwei Wellen) von Personen, die mit dem Beschäfti gungszuschuss gefördert wurden, und von einer aus Die präsentierten Befunde zeigen, dass die beiden vergleichbaren Leistungsberechtigten der Grundsicherung zusammengesetzten hier betrachteten Formen geförderter Beschäftigung Kontrollgruppe liefern die quantitativen Ergebnisse. Die qualitativen Fallstudien – trotz aller Unterschiede zu einer regulären Er- zur Beschäftigungsförderung wurden im Rahmen der dritten und vierten Welle werbstätigkeit – unter bestimmten Umständen ei- des qualitativen IAB-Panels „Armutsdynamik und Arbeitsmarkt“ erhoben. Das Aufstockungssample umfasst 20 geförderte Personen. Zum Einsatz kamen nen Beitrag zur Verbesserung der sozialen Teilhabe zunächst biografische Interviews, die Folgebefragung in Welle 4 war stärker an der Maßnahmeteilnehmer leisten können. In Hin- problemzentrierten Erhebungsverfahren orientiert. In 14 der 20 Fälle wurden blick auf eine solche Verbesserung können die Ergeb- zusätzlich alle sechs bis acht Wochen telefonische Kurzinterviews durchgeführt, nisse unseres Erachtens Hinweise für eine möglichst um Ent wicklungen und Ereignisse im Arbeitsumfeld der Befragten sowie zielführende Ausgestaltung derartiger Maßnahmen deren aktuelle persönliche Situation erfassen zu können. Die Erhebungen zum qualitativen Teil der Untersuchung erfolgten unter Beteiligung des Instituts für geben. Es wird deutlich, dass eine geförderte Be- sozialwissenschaftliche Forschung München e.V. schäftigung die soziale Integration der Teilnehmer 6 IAB-Kurzbericht 3/2015
insbesondere dann begünstigt, wenn sie sich – wie schuss als relevant erachtet. Als weitere teilhabe- beim früheren Beschäftigungszuschuss der Fall – an fördernde Aspekte kommen hier Form und Höhe der regulärer Erwerbsarbeit orientiert und eine flankie- Vergütung sowie die zumindest temporäre Über- rende Unterstützung durch die Jobcenter aufweist. windung des ALG-II-Bezugs hinzu. So geht aus den Ein zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang Interviews mit den Geförderten hervor, dass sie ihre die Freiwilligkeit der Teilnahme. Am Beispiel der Ein- eigene Lebenssituation als zumindest annährend mit Euro-Jobs konnte gezeigt werden, dass der Zugangs- der des „Normalbürgers“ vergleichbar erleben. Sie weg zur Förderung nicht nur in Zusammenhang mit gehen einer regelmäßigen Arbeit nach und erhalten der subjektiven Bewertung der Maßnahme steht, dafür einen vom Arbeitgeber ausbezahlten Lohn, den sondern auch mit dem Erleben gesellschaftlicher sie – und das ist besonders bedeutsam – trotz der Teilhabe insgesamt: Ein-Euro-Jobs gehen vor allem hohen staatlichen Subvention als „selbstverdient“ dann mit einem höheren Teilhabeempfinden einher, begreifen können. wenn die Geförderten freiwillig, also nicht bloß zur Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ge- Vermeidung von Sanktionen des Jobcenters, an der förderte Beschäftigung das Potenzial besitzt, Teilha- Maßnahme teilnehmen und wenn sie sich von den bedefizite gerade jener Leistungsempfänger zu mil- Mitarbeitern der Jobcenter unterstützt fühlen. Daher dern, die kaum realistische Beschäftigungschancen kann es im Sinne der sozialen Teilhabe problematisch auf dem ersten Arbeitsmarkt aufweisen. Allerdings sein, wenn eine Maßnahme wie die Ein-Euro-Jobs ist zu betonen, dass es sich hierbei um eine sehr spe- gleichzeitig zur Überprüfung der Arbeitsbereitschaft zifische und zahlenmäßig eng begrenzte Teilgruppe eingesetzt wird. der SGB-II-Leistungsempfänger handelt. Betrachtet Darüber hinaus spielt die formale Ausgestaltung man die Leistungsempfänger insgesamt, sollte wei- der Maßnahme eine zentrale Rolle. Bei den Ein- terhin der Übergang in ein existenzsicherndes Ar- Euro-Jobs wurde auch deutlich, dass eine Erhöhung beitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt im Vor- des Teilhabeerlebens insbesondere dann festgestellt dergrund der Bemühungen stehen. Dies sollte auch werden kann, wenn die Maßnahme länger dauert bei Personen mit geringen Beschäftigungschancen oder eine höhere Wochenarbeitszeit aufweist. nicht aus dem Blick verloren werden, da ungeför- Die längere Förderdauer wird im Hinblick auf die derter Erwerbsarbeit eine hohe Bedeutung für eine soziale Integration auch beim Beschäftigungszu- gelungene soziale Integration zukommt. Bernhard Christoph Dr. Stefanie Gundert Dr. Andreas Hirseland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungs- ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungs- ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungs- bereich „Bildungs- und Erwerbsverläufe“ im IAB. bereich „Panel ‚Arbeitsmarkt und soziale Siche- bereich „Ewerbslosigkeit und Teilhabe“ im IAB. bernhard.christoph@iab.de rung‘“ im IAB. andreas.hirseland@iab.de stefanie.gundert@iab.de Dr. Christian Hohendanner Dr. Katrin Hohmeyer Philipp Ramos Lobato ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungs ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungs ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Stabsstelle bereich „Betriebe und Beschäftigung“ im IAB. bereich „Grundsicherung und Aktivierung“ im IAB. „Forschungskoordination“ im IAB. christian.hohendanner@iab.de katrin.hohmeyer@iab.de philipp.ramos-lobato@iab.de. IAB-Kurzbericht 3/2015 7
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