Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum

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Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
05/2022
                                                  Pfarrblatt Bistum St. Gallen
                                                       www.pfarreiforum.ch

Mit Geld die Welt verändern
Wo und wie investiere ich mein   Was sagt die Kirche zur
Geld? Welches Wirtschafts­       ­Organspende?
                                 Seite 9
system und welche Zukunft
­unterstütze ich damit?          Wenn ich Bischof wäre, dann …
Seiten 3 – 7                     Seiten 10 – 11
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
Editorial                                                    Inhalt
Der Krieg in der Ukraine zeigt schonungslos auf, dass        THEMA
wir durch unseren Konsum fossiler Rohstoffe auch
Waffen und staatliche Repression ­mitfinanzieren.            Nachhaltigkeit im
In der Debatte um russisches Gas und Öl rückt auch           Sparschwein?
                                                             Seiten 3 – 4
die Frage in den Fokus, wie wir unser Geld ­anlegen:
Investiere ich im schwer durchschaubaren Finanz-             Über den Sinn,
markt beispielsweise unbewusst in schmutzige                 Geld zu verdienen
                                                             Seite 5
­Energiequellen oder sogar in Rüstungsfirmen?
 Oder setze ich bewusst auf nachhaltige Anlagen?             Die Macht des
 Letztere wachsen seit einigen Jahren stark.                 ­Geldes
 So zeigt eine aktuelle Studie der ­Hochschule ­Luzern       Seite 6
 etwa auf, dass sich die Vermögen nach­haltiger
 Publikums­fonds in der Schweiz 2021 mehr als                Die Labels unter
 ­verdoppelt haben. Und immer mehr Fonds, so                 die Lupe nehmen
                                                             Seite 7
  ­schreiben die HSLU-­Forschenden, orientieren sich
   an den Zielen des P  ­ ariser Klimaabkommens.             «Es gibt kein
   Gleichzeitig nimmt das Angebot von Anlage­                ­Zurück»
                                                             Seite 8
   produkten zu, die zwar mit dem ­Trendbegriff
   ­Nachhaltigkeit kommunizieren, deren Handeln              Was die Kirche zur
    aber nicht nach ökologischen oder sozialen ­Werten       Organspende sagt
    ­ausgerichtet ist. Man man spricht dabei vom             Seite 9
     ­«Greenwashing». Das zeigt: Wir alle sind mehr denn
      je gefordert, genau hinzuschauen, was mit unserem      «Was wäre, wenn
      Geld passiert. Das betrifft nicht nur Investitionen,   ich Bischof wär»
                                                             Seiten 10 – 11
      sondern auch unsere täglichen Kaufentscheidungen.

                                                             Leserfrage
                                                             Seite 11

                                                             Kinderseite
                                                             Seite 12

                                                             Nachrichten
                                                             Seite 13

                                                             Medientipps & Agenda
                                                             Seiten 14 – 15
                                                                                    Titelbild: © Benjamin Manser

Nina Rudnicki                                                Meine Sicht
Redaktorin                                                   Seite 15
rudnicki@pfarreiforum.ch

                                                             Zu Besuch in …
                                                             Seite 16

2           P FA R R E I F O RUM
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
ETHISCHE GELDANLAGE

Nachhaltigkeit
im Sparschwein?
 Schon kleine           →
­Kinder lernen,
 Geld zu sparen.
 Doch bei der
­Eröffnung eines
 Sparkontos
 ­s tellen sich viele
  Fragen – etwa
  jene der Nach­
  haltigkeit.

Text: Nina Rudnicki
Bild: Benjamin Manser

Nachhaltige Anlagen boomen. Nur logisch, dass man auch beim Sparkonto für die eigenen
­Kinder, die Enkelkinder oder das Gottikind an ökologische, soziale und ethische Aspekte denkt.
 Doch in der Vielfalt der Angebote und Möglichkeiten können sich Eltern schnell verlieren.

Z
        u meinem ersten Sparkonto kam ich durch      dritten Platz sowie ein Sparkonto mit 150 Fran-   Sinn. Und ich frage mich, wie typisch schweize-
        einen Ballonwettbewerb in meiner Kind-       ken bei der örtlichen Bank ein. Einige Wochen     risch Sparen und Anlegen sein mag. Bei einer On-
        heit. Als in unserem Dorf der Minigolf-      später besass ich auch noch ein buntes, grosses   linerecherche dazu führt mich eines der ersten
platz neu eröffnete, durften wir Schulkinder ei-     Sparschwein. Der passende Schlüssel war in der    Suchresultate auf die Homepage der Thurgauer
nen Luftballon mit einem Namenszettel daran          Bank an einer Schnur befestigt. Fortan schloss    Kantonalbank. Dort heisst es, die Schweiz sei in
fliegen lassen. Einige Tage später erhielt ich ei-   ich dort alle paar Monate mein Sparschwein auf    der Disziplin Sparen Europameisterin. Im welt-
nen Anruf von den Organisatoren des Wettbe-          und bezahlte eifrig mein Erspartes ein.           weiten Vergleich seien nur noch die Chinesinnen
werbs: Mein Ballon sei geflogen und geflogen, am                                                       und Chinesen sparsamer als wir Schweizerinnen
drittweitesten von allen Ballonen. Zudem hätte       Im Sparen Weltmeister                             und Schweizer. Weitere Zahlen finden sich in der
ich das Glück gehabt, dass ein Finder den Zettel     Wenn ich über das Thema Sparen nachdenke,         aktuellen Haushaltsbudgeterhebung des Bundes-
eingeschickt habe. Das Ganze brachte mir den         kommt mir oft dieses Kindheitserlebnis in den     amtes für Statistik aus dem Jahr 2019. So kann

                                                                                                                                                     3
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     Windenergie oder Ölindustrie: Worin wir unser Geld investieren entscheidet mit, welche Energiequellen gefördert werden. (Bilder: pixabay.com)
→

ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt pro        in der Schweiz seit 2015 mehr als verzehnfacht.        dürfen. Sich als Laie einen Überblick zu verschaf-
Monat 1232 Franken sparen. Allerdings heisst es      Dabei ist der Klimawandel bei den nachhaltigen         fen, ist angesichts der zahlreichen verschiedenen
in der Studie auch, dass die Haushalte der unters-   Anlagen das dominierende Thema. Aktivitäten            Angebote und der Informationsflut eine Heraus-
ten Einkommensklasse (mit weniger als 4500           in der Kohleindustrie sind etwa das häufigste          forderung.
Franken Bruttoeinkommen pro Monat) keine             Ausschlusskriterium bei dieser Art von Anlage.
Sparbeiträge zur Seite legen konnten, sondern im     Zeitgleich mit dieser Entwicklung hat aber auch         Ökologische und soziale
Gegenteil sogar oft noch mehr Geld ausgaben als      das Thema Greenwashing an Bedeutung gewon-             ­Projekte fördern
einnahmen. Wie sehr das Thema Geld immer             nen. Dabei versuchen Unternehmen, sich durch            Persönlich führt mich die Suche nach einer sozi-
auch mit Ungerechtigkeit verbunden ist, lässt sich   geschickte Öffentlichkeitsarbeit nachhaltiger er-       al und ökologisch vertretbaren Möglichkeit, Geld
im Alltag nicht ausblenden. Man braucht nur eine     scheinen zu lassen, als sie es in Wirklichkeit sind.    für ein Kind anzulegen, zu einigen Kundenbera-
Zeitung durchzublättern und findet Berichte,                                                                 terinnen und -beratern verschiedener Banken.
etwa darüber wie die Corona-Pandemie die Un-         Informationsflut überfordert                            Darunter sind auch alternative Banken, die als
gleichheit verschärft hat.                           So hat etwa die Umweltschutzorganisation                Ziel nicht die Gewinnmaximierung, sondern die
                                                     Greenpeace Schweiz im vergangenen Jahr die              Förderung von ökologischen und sozialen Projek-
In welche Welt investieren?                          Studie «Greenwashing am Finanzplatz Schweiz»            ten nennen. Noch bin ich nicht sicher, wie meine
Welche Welt wünschen wir uns und wie können          veröffentlicht. Untersucht wurde, ob es als nach-       Entscheidung ausfallen und welches Produkt
wir Geld anlegen, damit sie eine bessere wird?       haltig bezeichneten Anlagefonds tatsächlich ge-         mich überzeugen wird. Geld anzulegen und da-
Vor dieser Frage steht womöglich,                                                                                          mit für einen guten Start eines Kin-
wer Gotte oder Götti, Eltern oder                                                                                          des in die Volljährigkeit zu sorgen,
Grosseltern wird. Denn genauso ty-
                                       «Mit der Zunahme nach­                                                              dazu fühle ich mich aber irgendwie
pisch schweizerisch wie für sich       haltiger Finanzanlagen hat                                                          verpflichtet.
selbst zu sparen und Geld anzulegen
ist es, für ein Kind finanziell vorzu-
                                       auch das Thema Green­                                                             Alternativen zum Geld
sorgen. Doch wie lässt sich verhin-    washing an Bedeutung                                                              anlegen
dern, dass das angelegte Geld in die                                                                                     Daneben überzeugt mich aber auch
Waffen-, Tabak- oder Ölindustrie
                                       ­gewonnen.»                                                                       eine andere Idee immer mehr: Wie-
fliesst? Die Finanzbranche hat den                                                                                       so nicht nebst einem Fondskonto
Trend zur Nachhaltigkeit erkannt und bietet auf      lingt, mehr Kapital in eine nachhaltige und in         eine Patenschaft für gefährdete Nutztiere etwa
diese Fragen viele Antworten. So sind nachhalti-     eine klimafreundliche Wirtschaft zu lenken als         von Pro Specia Rara übernehmen? Gemeinsam
ge Anlagen wie Aktien, Obligationen oder Fonds       konventionellen Fonds. Das Resultat sei ernüch-        mit dem Kind kann man die Tiere teilweise vor
der am schnellsten wachsende Anlagenbereich.         ternd, schreibt Greenpeace Schweiz. Viele der          Ort besuchen. Auch der Erhalt seltener Tiere und
                                                     Produkte seien weder nachhaltiger noch trügen          Pflanzen ist eine Investition in die Zukunft der
 Nachhaltigkeit oder                                 sie zur Lösung der Klimakrise bei. Die Umwelt-         Kinder. Und zumindest im Moment macht das ge-
­Greenwashing                                        schutzorganisation fordert daher, dass sich nach-      meinsame Zeit verbringen glücklicher als das
 Gemäss dem Verband Swiss Sustainable Finan-         haltige Anlagefonds mindestens an den Pariser          Streben nach möglichst viel Geld.
 ce, zu dem viele grosse Finanzdienstleister gehö-   Klimazielen und dem Ziel einer maximalen glo-
 ren, hat sich das Volumen nachhaltiger Anlagen      balen Erderwärmung von 1,5 Grad ausrichten

4            P FA R R E I F O RUM
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ETHISCHE GELDANLAGE

«Geld verdienen ist nur bis zu
einem gewissen Grad sinnvoll»
Der Rorschacher Journalist Urs Fitze widmet sich Themen, die zu wenig Beachtung finden:
Unangenehme Wahrheiten über die finanzielle Ausbeutung von Menschen und Umwelt.
Die Fakten sind teilweise schwer zu ertragen – doch es gibt auch soziale Erfolgsgeschichten.

                                                                                                           Langlebige Unterstützung
                                                                                                           Als Paradebeispiel für nachhaltiges Engagement
                                                                                                           von Oikocredit nennt er eine Kaffee-Kooperati-
                                                                                                           ve in Guatemala. Der Verband mit über
                                                                                                           1300 kleinbäuerlichen Kaffeebetrieben verbes-
                                                                                                           sere die ­Lebensbedingungen der lokalen Land-
                                                                                                           wirte, die hochwertigen Bio-Kaffee verarbeiten
                                                                                                           und exportieren sowie Öko-Tourismus anbieten.
                                                                                                           Besonders sinnvoll ist seiner Meinung nach, dass
                                                                                                           Oikocredit langfristig und nachhaltig investiert
                                                                                                           und somit Unternehmen eine Zukunftsperspek-
                                                                                                           tive über mehrere Generationen ermöglicht.
                                                                                                           «Das bedeutet, dass die Unterstützung weiter-
                                                                                                           läuft, auch wenn es zu einem Misserfolg oder gar
                                                                                                           zum Konkurs kommt.» Fitze hat die Kaffeebau-
                                                                                                           ern selbst zwei Mal vor Ort besucht. Solche Er-
                                                                                                           folgsgeschichten mitzuerleben seien erfüllende
                                                                                                           Momente. Er untermalt dieses gute Gefühl mit
                                                                                                           folgendem Fazit: «Obwohl die weltweite Inves-
     Urs Fitze engagiert sich für eine Alternative zum Gewinnmaximierungs-Denken.
→

                                                                                                           titionssumme* von Oikocredit nur ein kleiner
                                                                                                           Tropfen auf den heissen Stein ist, kann ein ein-
                                                                                                           zelner Kredit für eine Familie, ein Dorf oder gar

F
        ür seine Reportagen und Buchprojekte          sich die Genossenschaft als Geschäftsform an         eine ganze Region eine neue Existenz bedeuten.»
        reist Urs Fitze rund um den Globus. Als       nachhaltigen Zielen orientiert und nicht auf kurz-
        freier Journalist und Autor befasst er sich   fristige Gewinne abzielt. In einem Kapitel port-     Augen öffnen
nebst Umweltschutzthemen vertieft mit der so-         rätiert er die genossenschaftlich organisierte In-   In seinem neuen Buch «Entmenschlicht», das
zialen Gerechtigkeit in Bezug auf den Kapitalis-      stitution Oikocredit, eine Pionierin des ethischen   Ende Mai erscheint, beschreiben Urs Fitze und
mus. Firmen, die sich ausschliesslich an der Ge-      Investments. Sie wurde 1975 im Umfeld des Welt-      Martin Arnold die Sklaverei des 21. Jahrhun-
winn-Maximierung orientieren, steht Fitze genau       kirchenrats gegründet. Fitze war                                  derts. Es handelt von geraubter
so kritisch gegenüber wie grossen Finanzinstitu-      von ihrer ursprünglichen Geschäfts-                               Würde und Ausbeutung von Ar-
tionen. Seiner Meinung nach sind klassische Ka-       idee beeindruckt: «Spenden ist zwar                               beitskräften. Die Autoren zeigen
pitalanlagen praktisch unkontrollierbar, auch         schön, aber letztlich sollte man mit                               auf, wie die moderne Sklaverei un-
wenn sie als ethische Investitionen angepriesen       diesem Geld einen Kreislauf zu Stan-                               seren Alltag durchdringt und in die
werden. Er bezeichnet seine Haltung diesbezüg-        de bringen». Die internationale Ge-                                globalen Wertschöpfungsketten
lich als radikal: «Geld zu verdienen, finde ich nur   nossenschaft Oikocredit wurde in                                   verstrickt ist. Geschätzt 40 Millio-
bis zu einem gewissen Grad okay. Ab einem be-         diesem Sinne in Holland gegründet.                                  nen Menschen, darunter meist
stimmten Punkt ist es nur noch fragwürdig. Ein        Sie vergab Kredite – primär in Dritt-                               Frauen und Kinder, verdingen sich
Gewinnüberschuss sollte prinzipiell in die Wei-       weltländer – die zurückbezahlt wer-                                 als Sklavinnen und Sklaven. Fitze
terentwicklung der eigenen Firma, deren Mitar-        den mussten. Gleichzeitig ermöglicht                                 weiss, die Sklaverei ist ein rentab-
beiter und in die Gesellschaft investiert werden».    Oikocredit Privatpersonen, ihr Geld in                               les Geschäft: «Sie verursacht un-
Auf die Frage nach seinen ethischen Grundsätzen       Form von Genossenschaftsanteilen an-                                 endlich viel Leid und aus diesem
seines privaten Portfolios erwidert er: «Ich habe     zulegen. «Ähnlich wie der Grundgedanke der           Leid wird ein enormer Gewinn erzielt, der jegli-
keine nennenswerten Kapitalanlagen, mein Inte-        Raiffeisenbanken baute Oikocredit eine Geldin-       che Vorstellungskraft sprengt.»
resse für ethische Investitionen ist hauptsächlich    frastruktur für mittellose Bauern auf dem Land
beruflicher Natur.»                                   auf.» Später wurde Fitze von Oikocredit ange-        * Anmerkung Redaktion: Die Entwicklungsfinan-
                                                      fragt, ob er sich im Vorstand von Oikocredit         zierungen entsprechen 875,8 Millionen Euro
Sinnvoller Geldkreislauf                              Deutschschweiz engagieren würde. Da ihm die          (Stand 30. September 2021)
Vor rund zehn Jahren ist das Buch «Genossen-          Organisation durch seine journalistische Arbeit
schaften: Gemeinsam erfolgreich» entstanden,          vertraut war, hat er sich dazu bereit erklärt und    Text: Katja Hongler
das Fitze als Co-Autor schrieb. Es zeigt auf, dass    dieses Ehrenamt von 2012 bis 2019 ausgeübt.          Bild: zVg.

                                                                                                                                                             5
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
ETHISCHE GELDANLAGE

Mit der Macht des Geldes
etwas bewirken
2020 entschied die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen,
ihre Gelder künftig nachhaltig anzulegen. «Dieser Entscheid hat im kirchlichen Umfeld
ein grosses Echo ausgelöst», sagt Heiner Graf, Kirchenrat und Finanzverantwortlicher der
­Kantonalkirche. Auf Nachhaltigkeit setzt auch der Katholische Konfessionsteil.

D
         ie Frage ethischer und nachhaltiger Geld-
         anlage ist in der Synode spontan zum
         Thema geworden», erzählt Heiner Graf
im Gespräch mit dem Pfarreiforum. «Als es dar-
um ging, sich für eine neue Geldanlage zu ent-
scheiden und das Geld neu auch in Aktien anzu-
legen, kam von mehreren Synodalen die Frage
nach ethischen und nachhaltigen Kriterien auf.»
Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich
auf die Suche nach Anbietern von nachhaltigen
Geldanlagen machte. In einem Pitch-Verfahren
präsentierten zwei Banken und zwei auf nachhal-
tige Vermögensverwaltungen spezialisierte Fir-
men sich und ihre Produkte. «Wir haben uns für
zwei professionelle und erfahrene Firmen ent-
schieden, die zeigen, dass nachhaltiges Anlegen                        Die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen entschied,
                                                                 →

genauso rentabel sein kann wie konventionelles»,                       ihre Gelder künftig nachhaltig anzulegen.

sagt Graf. «Mitentscheidend war für uns: Die Fir-
ma, für die wir uns entschieden haben, analysiert
nicht nur finanzstrategisch. Sie untersucht mit
anderen Experten, etwa Biologen und Physikern        der Geldanlage eine Vorbildfunktion», sagt er ge-    terien entsprechen, sind oft auch innovative Fir-
die Einhaltung von Umweltkriterien, Menschen-        genüber dem Pfarreiforum. Ziel einer nachhalti-      men. Deshalb ist die Chance gross, dass sie auch
rechten usw.»                                        gen Geldanlage sei kein schneller Kursgewinn,        langfristig Erfolg haben.»
                                                     sondern ein konstanter Dividendenertrag. «Da-
ESG-Kriterien                                        mit dies gelingt, muss ein langer Anlagezeitraum     Interesse nimmt zu
Im Kollegium des Katholischen Konfessionsteils       gewählt werden, mindestens zehn Jahre», so           Auf oeku.ch, dem Portal der Fachstelle Kirche
des Kantons St. Gallen gab es laut Thomas Franck,    Graf. Die reformierte Kantonalkirche hat vor         und Ökologie, sind im Bereich «Finanzen»
Verwaltungsdirektor des Konfessi-                                                                                       schweizweit erst drei Institutionen
onsteils, schon 2008 eine Interpel-                                                                                     gelistet, die sich für eine ethische
lation zur nachhaltigen Geldanlage.
                                       «Wir können einen Beitrag                                                        und nachhaltige Finanzanlage ent-
«Der Administrationsrat ist sich die-  leisten, dass das Thema mehr                                                     schieden haben. Laut Heiner Graf
ser Thematik bewusst. Geht es dar-                                                                                      wurde der Entscheid der St. Galler
um, sich für eine neue Anlage zu
                                       ins Bewusstsein g ­ erät.»                                                       Synode im kirchlichen Umfeld auf-
entscheiden, wird zum Beispiel auf                                                                                      merksam verfolgt. «Man kann da
ESG-Kriterien geachtet.» ESG steht für Umwelt-       knapp einem Jahr mit der nachhaltigen Geldan-        schon von einem zunehmenden Interesse spre-
schutz (E – environment), soziale Verantwortung      lage gestartet – bisher sehr erfolgreich: 2021       chen.» Inzwischen werden auch Veranstaltungen
(S – social) und verantwortungsvolle Unterneh-       konnte laut Heiner Graf eine Rendite von 12 bis      speziell für kirchliche Finanzverantwortliche an-
mensführung (G – governance). Dies sei auch im       18 Prozent erwirtschaftet werden. Doch das ver-      geboten. Heiner Graf hält fest: «Doch bei der gan-
Anlagereglement festgehalten. So habe man sich       gangene Jahr ging auch als ausserordentlich er-      zen Diskussion dürfen wir nicht vergessen: Das
damals auch von einigen Aktien getrennt, hinter      folgreiches Börsenjahr in die Geschichte ein – das   Thema Finanzen macht nur etwa ein Prozent der
deren Werte die Kirche nicht stehen könne.           kann sich jederzeit ändern: «Durch Ereignisse        kirchlichen Arbeit aus, es geht vergleichsweise
                                                     wie der Ukraine-Krieg ist plötzlich die Rüstungs-    um kleine Beträge. Mit unseren Anlagen können
Innovative Firmen                                    industrie wieder mehr gefragt. Bei diesen Firmen     wir die Welt nicht verändern. Aber wir können
Für Martin Schmidt, reformierter Pfarrer und         sind unsere Gelder nicht mehr investiert. Nach-      einen Beitrag leisten, dass das Thema mehr ins
Ratspräsident der Evangelisch-reformierten Kan-      haltige Anlagen sind nicht immer rentabler als       Bewusstsein ­gerät.»
tonalkirche St. Gallen, gehört zu einem verant-      traditionelle», so Heiner Graf. «Aber wir können
wortungsvollen Umgang mit Ressourcen auch            mit der Macht des Geldes zeigen, welche Welt uns     Text: Stephan Sigg
eine umsichtige Geldpolitik. «Die Kirche hat bei     wichtig ist. Firmen, die den Nachhaltigkeitskri-     Bild: zVg.

6            P FA R R E I F O RUM
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
ETHISCHE GELDANLAGE

Die Labels genau unter
die Lupe nehmen
Kaum eine Bank ohne nachhaltige Anlageprodukte. Doch auf den zweiten Blick sind
diese manchmal doch nicht so ethisch oder nachhaltig wie sie beworben werden.
Worauf ist zu achten?

1
       Was macht Ihr Geld genau jetzt? Wo und         gen im Falschen», schreibt Public Eye auf ihrer      niert und sich für Anliegen wie Ökologie,
       wie hat es Ihre Bank investiert? Welche        Website. Das ist kein Grund, um den Kopf in den      Ressourcenverantwortung oder Engagement ge-
       Zukunft fördern Sie damit? Gerade jetzt        Sand zu stecken: Wenn Sie sich für Produkte ent-     gen die weltweite Armut stark gemacht. Auf ih-
angesichts des Ukraine-Krieges ist es ein guter       scheiden, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne      ren Websites bieten sie zahlreiche Orientierungs-
Zeitpunkt, aktiv zu werden. Sprechen Sie mit Ih-      schreiben, unterstützen Sie den Wandel – die Fir-    hilfen. Auch diese Anbieterinnen können das
rer Bank über Nachhaltigkeit: Fragen Sie kritisch     men und Geschäftsmodelle mögen momentan              Nachhaltigkeitsversprechen nicht zu hundert
nach und fordern Sie Antworten im Detail. Je          noch nicht perfekt sein, aber Sie helfen mit Ihrer   Prozent einlösen, doch machen sie auch noch auf
mehr Kunden nachfragen, umso mehr gerät das           Investition, sich in diese Richtung zu entwickeln.   eine andere Möglichkeit aufmerksam: Mit einem
Thema in das Bewusstsein – und die Banken er-         Genauso falsch wie nachhaltigen Anlagen blind        Teil der Gewinne der Bank und Anlegerinnen und
kennen, dass immer mehr Menschen Wert dar-            zu vertrauen, wäre es, sie als sinnloses Green-      Anleger werden Projekte in Entwicklungsländern
auf legen. Falls Ihre Bank aus Ihrer Sicht das The-   washing abzutun.                                     unterstützt.
ma zu wenig ernst nimmt, wechseln Sie zu einer

                                                      5                                                    6
anderen Anbieterin und teilen Sie Ihrer bisheri-             Im Unterschied zur Schweiz gibt es in            Eine grosse Rolle bei der Geldanlage spie-
gen Bank die Gründe für den Wechsel mit.                     Deutschland einige kirchliche Banken –           len in der Schweiz die Pensionskassen:
                                                             Institute, die von katholischen Ordens­          Wissen Sie, wie Ihre Pensionskasse ihre

2
         Lassen Sie sich nicht von Labels blenden:    gemeinschaften (z. B. Steyler-Bank oder die Bank Gelder investiert? Informieren Sie sich auf den
         Auf den Werbeprospekten und Websites         für Orden und Mission) gegründet wurden:­ Websites oder fragen Sie nach.
         schmeissen Finanz-Institute mit Labels       Diese Banken haben sich

                                                                                                                          7
um sich. Auch hier gilt: Fragen Sie kritisch nach     schon früh als Alter-                                                    Machen Sie es ganz an-
und nehmen Sie die Label kritisch unter die Lupe.     nativen zu den gros-                                                     ders: Wer sich an einem
Eines der bekanntesten ist das ESG-Label. Es          sen Playern positio-                                                     Crowdinvesting betei-
setzt sich zusammen aus Umwelt (Environment),                                                                         ligt, kann zusammen mit ande-
Soziales (Social) und verantwortungsvolle Un-                                                                         ren Anlegerinnen und Anlegern
ternehmensführung (Governance). Anlagen mit                                                                           in ein konkretes Projekt investie-
diesem Label schliessen z. B. die Produktion und                                                                       ren. Solche Anlagen sind riskant,
den Handel von Waffen, Menschenrechts- und Ar-                                                                         doch lässt sich so gezielt ein
beitsrechtsverletzungen, Glücksspiel, Korrupti-                                                                       ­Herzensanliegen fördern.
on und Bestechung, Tabak, Alkohol, Kernenergie

                                                                                                                             8
und Umweltzerstörung aus. Kritische Stimmen                                                                                          Informieren Sie sich in
werfen vor, dass auch Firmen ESG-tauglich sind,                                                                                      Broschüren von NGOs
die nur im geringen Mass die Kriterien erfüllen.                                                                                     wie Greenpeace oder
                                                                                                                              Public Eye. Links finden Sie

3
        Viele denken bei ihren Geldanlagen an                                                                                 auf www.pfarreiforum.ch/­
        schnelle Profite. Doch oft setzen Anlage-                                                                            geldanlage-orientierung
        produkte, die Nachhaltigkeit und eine ge-
rechtere Welt im Blick haben, auf Langfristig-                                                                                 Text: Stephan Sigg
keit – und liefern auf kurze Sicht nicht so grosse                                                                               Bild: pixabay.com
Gewinne. Investieren Sie langfristig und nehmen
Sie Durststrecken in Kauf.

4
        Weniger ist mehr: Seien Sie kritisch,
        wenn ein Anlageprodukt in Sachen
        Nachhaltigkeit, Ökologie und Gerech-
tigkeit zu viel verspricht. Wie Public Eye
und andere NGOs aufzeigen, gibt es gegen-
wärtig kaum eine Anlagemöglichkeit,
die komplett «anders» ist. «Die
                                                                                                                        →    Wer das Geld konsequent
­Suche nach nachhaltigen Geld-                                                                                               ethisch korrekt und nachhaltig
                                                                                                                             investieren will, sollte nicht
 anlagen ist also immer die                                                                                                  nur schnelle Rendite im Blick
 Suche nach dem Richti-                                                                                                      haben.

                                                                                                                                                          7
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
AKTUELL

«Es gibt kein Zurück»
Was macht das Bistum St. Gallen mit den Ergebnissen der synodalen Umfrage?
Nachgefragt bei Dominik Michel-Loher (39), dem neuen Leiter der Abteilung Pastorale
­Entwicklung und Beratung.

                                                                                                             nommene Berufsbezeichnung Pastoralassistent
                                                                                                             zu verzichten und stattdessen konsequent von
                                                                                                             Seelsorgerin, Seelsorger zu sprechen. Aus seiner
                                                                                                             Sicht brauche es viel mehr Bewusstsein, was vor
                                                                                                             Ort alles möglich sei: «Viele jammern, dass die
                                                                                                             Reformen in Rom ausbleiben. Dabei geht verges-
                                                                                                             sen, wie gross der Spielraum vor Ort ist. Seelsor-
                                                                                                             gerinnen und Seelsorger und Freiwillige haben
                                                                                                             vor Ort so viele Möglichkeiten. Das ist noch lan-
                                                                                                             ge nicht ausgeschöpft.»

                                                                                                             Von Zukunft überzeugt
                                                                                                             Trotz Reformbedarf ist Dominik Michel über-
                                                                                                             zeugt, dass die Kirche Zukunft hat. Sehr deutlich
                                                                                                             bewusst geworden sei ihm das im Zürcher
                                                                                                             Kreis 5 – einem Zürcher Stadtteil, wo Kirche so
                                                                                                             gut wie keine Rolle spielt. Dort leitete Dominik
                                                                                                             Michel das «Jenseits im Viadukt» – ein urbanes
                                                                                                             Projekt, mit dem die Katholische Kirche im Kan-
                                                                                                             ton Zürich kirchenferne Menschen erreichen
     Dominik Michel-Loher will sich für eine Kirche einsetzen, die nah bei den Menschen ist.                 möchte. «Dort habe ich neu erlebt, wie viele su-
→

                                                                                                             chende Menschen es gibt. Dass diese nichts mit
                                                                                                             Kirche zu tun haben, liegt oft nicht an negativen
                                                                                                             Erfahrungen – sie haben noch gar keine Erfah-

D
                                                                                                             rungen mit Kirche gemacht.»
           ie Gläubigen, die sich an der Umfrage be-   Sprachregionale Lösungen
           teiligt haben, erwarten, dass es nicht      Zusätzlich zu den Ergebnissen die im Februar prä-
                                                                                                             Text: Stephan Sigg
           beim Fragen bleibt, sondern Antworten       sentiert wurden (siehe Kasten) hat das Bistum
                                                                                                             Bild: Ana Kontoulis
und Entscheidungen folgen», sagt Dominik Mi-           von gfs.Bern vierzig Seiten mit Antworten be-
chel-Loher beim Gespräch mit dem Pfarreiforum.         kommen: Zahlreiche Gläubige nutzten in der Um-
Das sei auch seine persönliche Haltung. «Der           frage die Möglichkeit, am Schluss des Fragebo-
Papst hat die Gläubigen aufgerufen, sich einzu-        gens eigene Anliegen kundzutun. «Wirkliche                         SYNODE 2023
bringen. Wenn man so einen Prozess startet,            Überraschungen waren nicht dabei», berichtet
dann gibt es kein Zurück mehr. Auch ich habe           Dominik Michel. «Die Anliegen sind mehrheitlich          Im Februar präsentierte das Befragungs-
jetzt klare Erwartungen.» Die Ergebnissen zei-         sehr konstruktiv, Themen und Tenor sind mehr             institut gfs.Bern in Wil die St. Galler Um-
gen laut Dominik Michel sehr deutlich die Ent-         oder weniger deckungsgleich mit den veröffent-           frageergebnisse. Rund 1100 Gläubige ha-
wicklung der Gesellschaft in den letzten               lichten Ergebnissen.» Wie viel dürfen sich               ben sich im Bistum St. Gallen an der
­Jahrzehnten: «Scheidung, Umgang mit Wieder-           Schweizer Katholikinnen und Katholiken von               Umfrage beteiligt. Die Projektgruppe be-
 verheirateten, die Akzeptanz von LGTBIQ-­             Rom für ihre Anliegen erhoffen – sie sind nur ein        stehend aus Franz Kreissl (Pastoralamt),
 Personen … die Kirche muss sich dieser Realität       kleiner Teil der Weltkirche? «Manche Themen              Dominik Michel-Loher und Sabine Rüthe-
 stellen.»                                             könnten sprachregional angegangen werden.                mann (Infobeauftragte des Bistums) er-
                                                       Eine Stossrichtung könnte sein, sprachregionale          stellte einen neunseitigen Bericht für die
Kultur der Mitarbeit                                   Lösungen zu finden», so Dominik Michel.                  Schweizer Bischofskonferenz. Dieser Be-
Das Bistum St. Gallen will mit den Umfrage­                                                                     richt – er ist online einsehbar (siehe Link
ergebnissen arbeiten. «Papst Franziskus hat zur        Die Möglichkeiten nutzen                                 unten) – enthält zahlreiche Aufgaben, die
aktiven Umsetzung der Synodalität aufgerufen.          Der gebürtige St. Galler Dominik Michel war als          aus den Ergebnissen abgeleitet wurden.
Im Bistum St. Gallen ist eine Kultur und Praxis        Religionspädagoge im Sarganserland und Wer-              Der Bericht wird zusammen mit den Be-
der synodalen Gremienarbeit schon seit vielen          denberg tätig, ehe es ihn für mehrere Jahre in die       richten der anderen Schweizer Diözesen
Jahren etabliert.» Die Gläubigen vor Ort sollen        Bistümer Basel und Chur verschlug. «Da habe ich          an den Vatikan geschickt. Sie dienen der
erfahren, dass sie ernst genommen werden. «Wir         mitbekommen, dass man anderswo oft ein biss-             Vorbereitung der Bischofssynode, die
wollen zum einen mit den Ergebnissen in den ver-       chen neidisch auf das Bistum St. Gallen schaut.          2023 in Rom stattfindet.
schiedenen Räten und Gremien arbeiten. Zum an-         Bei uns ist in der pastoralen Praxis vieles selbst-
                                                                                                                →  Der Bericht zu den Ergebnissen
deren wollen wir den Seelsorgeeinheiten einen          verständlich, das an anderen Orten erst ange-            sowie Umfrage-Ergebnisse:
monatlichen Impuls zu einer konkreten Frage            dacht wird.» Als Beispiel nennt er den Entscheid         www.pfarreiforum.ch/synode
­geben.»                                               des Bistums, auf die als despektierlich wahrge-

8            P FA R R E I F O RUM
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
AKTUELL

Was die Kirche zur
­Organspende sagt
In der Schweiz fehlen jährlich hunderte lebensrettende Spenderorgane. Am 15. Mai
stimmt das Schweizer Volk darüber ab, ob grundsätzlich alle zu Organspendern werden.
In der politischen Diskussion haben sich auch kirchliche Kreise geäussert.

                                                                                                          führt. Heute müssten oft stellvertretend die
                                                                               →     Ende vergange­
                                                                                     nen Jahres           Angehörigen entscheiden, da die Ansicht der
                                                                                     ­warteten in der
                                                                                      Schweiz über        Sterbenden nicht bekannt ist. Die Angehörigen
                                                                                      1400 Personen       seien meist nicht in der Lage, die Angelegenheit
                                                                                      auf eine Organ­     klar zu beurteilen. Viele Angehörige, die Nein sa-
                                                                                      spende. Nur
                                                                                      450 Personen        gen, würden später ihre Haltung ändern. In der
                                                                                    ­erhielten eine       Schweiz würden jede Woche zwei Personen ster-
                                                                                      Spende.             ben, die auf ein Organ warten.

                                                                                                          Über den Tod sprechen
                                                                                                          Weitere Hintergründe und Infos liefert das aktu-
                                                                                                          elle Magazin zur Organspende von ethik22.ch,
                                                                                                          dem katholischen Zürcher Institut für Sozialethik.
                                                                                                          In diesem werden unter anderem Spendenmodel-
                                                                                                          le vorgestellt, der Ablauf einer Transplantation er-
                                                                                                          klärt und eine Spitalseelsorgerin interviewt. Im
                                                                                                          Heft gehe es um die Organspende als Ganzes und
                                                                                                          weniger um ein Pro oder Contra zur Abstimmung,
                                                                                                          sagt Institutsleiter, Theologe und Sozialethiker

U
          numstritten in der Diskussion um die      Organspenden ab», «Ich äussere mich nicht» und        Thomas Wallimann. In seinem Editorial denkt er
          Organspende ist: In der Schweiz gibt es   «Ich delegiere meine Entscheidung an eine Per-        darüber nach, wieso die Schweiz eine der niedrigs-
          zu wenig Spendeorgane. Durch die Ein-     son meines Vertrauens».                               ten Spenderaten Europas hat, obwohl die Öffent-
führung der Widerspruchslösung (siehe Kasten)                                                             lichkeit die Organspende für gut befindet. «Spre-
soll die Chance für kranke Personen erhöht wer-     Zahlreiche Debatten                                   chen Sie gern über das Sterben, über den Tod und
den, ein gesundes Organ zu erhalten. Gemäss         Die Art, wie die Zahl der Organspenden erhöht         dann Organspende?», fragt er. «Oder verdrängen
dem Bundesamt für Gesundheit warteten Ende          werden soll, ist derzeit auch Thema zahlreicher       Sie dieses Thema erfolgreich aus I­ hrem Alltag?»
vergangenen Jahres über 1400 Personen auf eine      Podien und Tagungen. «Organspende ohne oder
Organspende. Nur 450 Personen erhielten ein Or-     mit ausdrücklicher Zustimmung» hiess es etwa          Text: Nina Rudnicki
gan. Die Schweiz hat eine der niedrigsten Spen-     am vierten «Ethik-Talk in der Stadt» in St. Gallen,   Bild: zVg. / swisstransplant.org
derquoten Europas.                                  über den das katholische Medienzentrum kath.
                                                    ch berichtete. Als Referenten eingeladen waren
Kritik am «Automatismus»                            Daniel Gregorowius, Leiter Forschung bei der                   ABSTIMMUNG ZUR
Die Kritik an der Vorlage – etwa aus kirchlichen    Stiftung Dialog-Ethik Zürich, sowie Franz Im-
Kreisen – richtet sich nicht gegen das Organspen-   mer, CEO Swisstransplant. Gregorowius wies da-
                                                                                                                    ­O RGANSPENDE
den an und für sich, sondern gegen den «Automa-     rauf hin, dass bei der Organspende der Schutz
                                                                                                             Bundesrat und Parlament wollen bei der
tismus in der Organspende» und die «Bevormun-       der Menschenwürde, der Persönlichkeit, der Ge-
                                                                                                             Organspende die Widerspruchslösung
dung», die dadurch entstehe. So hat auch die        sundheit und der Wille des Verstorbenen auch
                                                                                                             einführen. Das bedeutet: Wer nach sei-
Schweizer Bischofskonferenz (SBK) die vom Bun-      über den Hirntod hinaus gelten müsse. Eine ethi-
                                                                                                             nem Tod keine Organe spenden möchte,
desrat vorgeschlagene Widerspruchslösung zur        sche Frage sei vor allem die der Würde und Au-
                                                                                                             soll dies neu festhalten müssen. Geregelt
Ablehnung empfohlen und bereits zu einem frü-       tonomie des Spenders. Um die Menschenwürde
                                                                                                             werden mit der Vorlage auch die Rechte
heren Zeitpunkt eine Alternativlösung vorge-        über den Tod hinaus zu achten, bedürfe es der
                                                                                                             der Angehörigen. Sie können eine Organ-
schlagen. Gemäss dieser sollen die Patientinnen     Willensäusserung zur Organentnahme. Das Ei-
                                                                                                             spende ablehnen, wenn sie wissen oder
und Patienten volle Freiheit haben und die Mei-     gentumsrecht am eigenen Körper könne als Frei-
                                                                                                             vermuten, dass die betroffene Person sich
nung der Familie solle berücksichtigt werden. Die   heitsrecht angesehen werden.
                                                                                                             dagegen entschieden hätte. Am 15. Mai
vorgeschlagene «Erklärungsregelung» sieht vor,
                                                                                                             2022 stimmt das Volk über diesen Vor-
dass jede und jeder regelmässig nach der eigenen    Die Rolle der Angehörigen
                                                                                                             schlag ab. Bisher gilt das Umgekehrte:
Meinung gefragt wird, zum Beispiel bei einem        Franz Immer von Swisstransplant sprach über
                                                                                                             Eine Spende ist nur möglich, wenn eine
Arzttermin oder bei der Erneuerung der Kran-        Organspende ohne oder mit ausdrücklicher Zu-
                                                                                                             Zustimmung vorliegt.
kenversicherung. Vier Optionen stehen dabei zur     stimmung. Er hat 14 Jahre als Herzchirurg gear-
Verfügung: «Ich bin Organspender», «Ich lehne       beitet und viele Herztransplantationen durchge-

                                                                                                                                                            9
Mit Geld die Welt verändern - Pfarrei Forum
AKTUELL

«Was wäre, wenn ich der
­Bischof wär …»
Zum Jubiläum 175 Jahre Bistum St. Gallen will die Seelsorgeeinheit ­Blattenberg im Oberen
Rheintal die Menschen zum Mitmachen animieren und sammelt Statements: Was wäre, wenn
du Bischöfin / Bischof wärst?

F
       ür viele spielt die Bistumszugehörigkeit,     Das Projekt soll zeigen, was unter den Nägeln          Ceric. Dieses Projekt soll das Kirchenverständnis
       oft auch die Pfarreiangehörigkeit keine       brennt, was den Katholikinnen und Katholiken           des Zweiten Vatikanischen Konzils bewusst ma-
       Rolle mehr», sagt Gabi Ceric, Pfarreibeauf-   wichtig ist und wo sie Handlungsbedarf sehen.          chen: «Wir sind miteinander Kirche und tragen
tragte von Oberriet und Patin dieses Projekts.       «Auch wenn Weltkirchliches nicht von St. Gallen        auch miteinander Verantwortung dafür, wie die
Man freue sich oder ärgere sich über den Bischof     aus geändert werden kann, ist das Projekt eine         Botschaft Jesu heute in Kirche und Welt gelebt
oder dessen Äusserungen, weil er die Leit- und       Möglichkeit, den vielleicht vorhandenen Unmut          wird.» Es sei aber zugleich auch eine kreative Zu-
Identifikationsfigur für das Bistum ist. «Deshalb    kundzutun oder aber auch jenen, die derzeit für        kunftswerkstatt, die zeigen kann, wie etwas ent-
möchten wir zu einer Art Rollentausch einladen.»     die Kirche stehen, Mut zuzusprechen», so Gabi          stehen könnte.

                                             Gabi Ceric, Pfarreibeauftragte von Oberriet, und Pius Calzaferri,
                                         →

                                             ­P farreiratspräsident von Kriessern, mit der lebensgrossen Fototafel.

           Pius Calzaferri,                                                                                                    Thomas Ammann, Rüthi
        Pfarreiratspräsident,                                                                                               … dann würde ich mich auf allen
              Kriessern                                                                                                     Ebenen entschlossen dafür ein-
      … dann stünde bei mir die                                                                                          bringen, dass die Pfarreibeauftragte
  ­ erkündigung des Evangeliums
  V                                                                                                                          Gabi Ceric und andere Frauen
  mit Wort und Tat an erster Stelle,                                                                                     Pfarrerinnen werden könnten. Das ist
 denn die Menschen und die Kirche                                                                                        die Zukunft unserer Kirche und diese
   brauchen Jesus und Vorbilder,                                                                                           soll in der Gemeinschaft aller und
    die ihm wirklich nachfolgen.                                                                                                     mit allen dienen.

          Brigitte Hutter,                                                                                                        Armin Scheuter,
      Präsidentin Pastoralrat,                                                                                                  Seelsorger, ­Kobelwald
            Kobelwald
                                                                                                                             … dann würde ich mich dafür
 … dann wäre ich wohl ­überfordert.                                                                                        einsetzen, dass in unserer Kirche
   Auf alle Fälle wäre ich auf gute                                Barbara Ballmer, Rüthi                                niemand ausgegrenzt wird oder sich
Mitarbeitende, die mich u­ nterstützen                                                                                       so fühlen muss – sei es in der
und auf die ich mich verlassen kann,         … dann wäre ich froh um Seelsorgende, die offen und verständnis-
                                              voll gegenüber den Gläubigen sind und ihnen die vielen Möglich-            Ortskirche oder in der Weltkirche, ob
             angewiesen.                                                                                                           Mann oder Frau.
                                             keiten der Teilnahme in den Seelsorge-Einheiten näherbringen und
                                             die Gleichberechtigung in der Kirche fördern. Ich würde denselben
                                             Wahlspruch wie Bischof Markus wählen «in Freude und Hoffnung».
                                               Es gilt aber auch die Trauer und Angst der Menschen von heute
                                                     mit ihnen zu teilen und sie im Glauben zu bestärken.

10           P FA R R E I F O RUM
LESERFRAGE

                                                      Weshalb ­werden
                                                      die Schweizer­
                                                      gardisten immer
                                                      am 6. Mai
                                                      ­vereidigt?

Viele Statements                                      Die päpstliche Schweizergarde kann auf eine über
Der St. Galler Bischof Markus Büchel stammt aus       ­500-jährige Vergangenheit zurückblicken. Seit 1506 ist sie
Rüthi – und deshalb hat die Seelsorgeeinheit ei-       für den Schutz des Papstes und seiner Residenz verant­
nen besonderen Bezug zum Bischof und zum Bis-          wortlich. Das ist eine ehrenvolle und eine unspektakuläre
tumsjubiläum. Und der Blick in die Geschichte          Aufgabe – abgesehen von der imposanten Kulisse, den
des Bistums zeigt, dass sogar aus einem Land-          Heerscharen von Touristen und Pilgern sowie den
pfarrer ein Bischof werden kann. Bereits 1882          ­namhaften Persönlichkeiten aus aller Welt, die beim
wurde der ehemalige Pfarrer von Oberriet, Au-           ­Heiligen Vater zu Gast sind.
gustin Egger, zum Bischof von St. Gallen gewählt.
Um möglichst viele Meinungen zu hören, startet        Im Jahr 1527 war alles anders. Nachdem deutsche, spanische und italienische Söldner von
im April in allen Pfarrkirchen der Seelsorgeein-      Kaiser Karl V. in Norditalien die Verbündeten des Papstes geschlagen hatten, zogen sie ge-
heit eine Wanderausstellung mit einer lebens-         gen Süden. Ausbleibende Soldzahlungen und ungenügende Nahrungsmittelversorgung
grossen Fototafel mit einem Guckloch, durch das       machten die Truppen zügellos, die Stadt Rom bot ihnen Aussicht auf fette Beute.
man den Kopf durchstecken kann. Natürlich ent-
spricht das Bild darauf dem eines Bischofs, ge-       Der «Sacco di Roma»
kleidet mit einer Soutane, einer Mitra und dem        Komplett versammelten sich die 189 Schweizergardisten am Morgen des 6. Mai 1527 zur
Bischofsstab in der Hand. Die Kirchenbesucher         Verteidigung. Trotz aussichtsloser Lage leisteten sie erbitterten Widerstand. 42 Gardisten
können sich hinter die Fototafel stellen und so       gelang es, den Papst über einen geheimen Mauergang in die Engelsburg zu retten.
ein ganz persönliches Foto machen. Das Ziel ist       147 Schweizergardisten haben an jenem Tag ihren Treueeid auf den Papst mit dem Leben
aber, möglichst viele Statements zu erhalten und      bezahlt. Zu ihren Ehren findet noch heute die jährliche Vereidigung der neuen Rekruten
die Frage «Was wäre, wenn ich Bischöfin/Bischof       am 6. Mai statt.
von St. Gallen wäre…?» zu beantworten. Den Zet-
tel kann man dann an die Pinwand stecken, wo          Der Höhepunkt in meinem Gardeleben
er für alle sichtbar ist, oder in eine Urne, um an-   Am Morgen des 6. Mai 2008 ertönen Trommelwirbel vor der Zimmertür. Auf die Heilige
onym zu bleiben.                                      Messe im Petersdom folgt die Kranzniederlegung im Ehrenhof. Nach dem Mittag stehen
                                                      letzte Vorbereitungen und das Anziehen der «Gran-Gala-Uniform» mit Brustpanzer und
Auch im Religionsunterricht                           Helm an. Schlag 17 Uhr marschiere ich im Vereidigungspikett in den Damasushof, wo die
Nach der Sammelphase werden die Pfarreiräte           Vereidigung stattfindet. Die Eidesformel selbst wird vom Kaplan verlesen und feierlich
der einzelnen Seelsorgegemeinden die Aussagen         ­ertönen jene Worte, die unweigerlich an die Ereignisse vor bald 500 Jahren erinnern:
auswerten und darüber diskutieren. Zu Pfings-          «… ­bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben.»
ten wird das Projekt zudem Thema in vielen Got-
tesdiensten sein. Den Abschluss des Projekts bil-     Gelebte Tradition und ein faszinierender Dienst
det der gemeinsame Sonntagsgottesdienst der           Die Vereidigung erfüllte mich damals und noch heute mit Stolz. Doch ist dieser Stolz nicht
Seelsorgeeinheit am 21. August um 10 Uhr in           einfach im «Sacco di Roma» begründet. Denn seither hat die Schweizergarde während bald
Montlingen. Dort wird das Ergebnis präsentiert        500 Jahren ihren Auftrag befolgt, ohne dass Krieg und Brandschatzung drohten. Und ich
und dem Pastoralamtsleiter des Bistums, Franz         hatte, als ich an der Fahne die drei Schwurfinger emporhob, nicht Kampf und Heldentod
Kreissl, überreicht. Ausserdem soll das Thema         vor Augen, sondern den loyalen Dienst für Papst und Kirche heute. Dessen Faszination
auch im Religionsunterricht aufgegriffen wer-         geht von der gelebten Tradition aus und vom alltäglichen Dienst inmitten einer imposan-
den. «Natürlich hoffen wir auch auf ganz viele        ten Kulisse, im Kontakt mit Heerscharen von Touristen und Pilgern sowie im Empfang von
Statements unserer jüngsten Gläubigen», sagt          namhaften Persönlichkeiten aus aller Welt.
Gabi Ceric.
Das Projekt, initiiert von Gabi Ceric, wurde von
allen Pfarreien und Kirchenräten der Seelsorge-       Clemens Fässler
einheit Blattenberg getragen. Insgesamt 30 Per-       Schweizergardist 2007–2010
sonen waren bis zur Realisierung insgesamt neun
Monate involviert.

Text und Bilder: Susi Miara

                                                      Illustration: art of line / Shutterstock.com

                                                                                                                                              11
Den Menschen aus
der Ukraine helfen
           Ronja, 1. Klasse, St
                               . Gallen                                                 In viele
           Wir haben an unse                                                         und Pfa n Schulen
                                                                                   Kinder rreien starten
                               rer Schule einen Sp
           um Geflüchteten                          endenlauf gemacht
                             aus der Ukraine zu                            ,
                                                                                            A
                                                                                  ukraini ktionen, um d
           Flüchtlingslagern                      he lfen. Sie leben in
                             an der Grenze zu
                                                Ungarn und Rumän
           Wir sind vor unse                                                              s
                                                                                 zu helfe chen Bevölker er
                             rer Schule Runden                        ien.
          für jede Runde Ge                       gerannt und habe
                                                                      n
                             ld bekommen. Ich                                            n.            un
                                                                                  gegen d Sie wollen etw g
          weil mir die Mensc                     bin mitgerannt,
                              hen im Krieg leid tu
                                                   n. Auch meine
          Freundinnen und                                                                  en K         as
                                                                                     damit v rieg und das
                            meine beiden Brüd
          das fand ich beso                      er haben mitgemacht
                           nders schön. Fünf                             ,
                                                                                             e
                                                                                    Leid de rbundene
         rennen, aber ich ha                    Runden wollte ich
                              be sogar zehn Rund
         Ich habe 510 Fran                         en geschafft.
                                                                                            rM
                                                                                      untern enschen
                           ken gesammelt. Da
                                                rauf bin ich stolz.
                                                                                              ehmen.

  Nik, 11 Jahre, 4. Klasse,
  Steinegg AI
                             sjährige
  Wir haben uns für die die
                            sondere
  Schul-Lesenacht eine be
                        edac ht.
  Spende-Aktion ausg
                            n wir zehn
  Pro gelesene Seite habe
                            kasse an
  Rappen aus der Klassen
                               die Ukraine
  eine Hilfsorganisation für
                               gesamt                   Natascha, 6. Klass
   gespendet. Wir haben ins                                                e,    Gossau SG
                              ha be das
   7340 Seiten gelesen. Ich
                                                                                                                      Text: Nina Rudnicki, Katja Hongler, Bilder: zVg.

                             der Schule                 Wir haben uns viel
   sehr gerne gemacht. In                                                  mit der Kriegs­situ
                                                                                                 ation für die
                             Krieg                     Kinder befasst. Im
   haben wir viel über den                                                 Religions­unterric
                                                                                               ht haben wir
                         be n wir auch ein             Friedenskraniche
    gesprochen. Nun ha                                                    gebastelt und ansc
                                                                                                hliessend im
                              Es ist ein               Friedens­gebet in
    Zeichen setzen können.                                               der Kirche an die
                              r mit unserer           Besucher verteilt.                    Besucherinnen un
    schönes Gefühl, dass wi                                               Ich habe mit zwei
                                                                                               Freundinnen Anin
                                                                                                                 d
                                Menschen              und Frederica beim
    Aktion den notleidenden                                                 Friedensgebet mitg                    a
                              nnen.                   es schlimm finden,                           emacht, weil wir
     in der Ukraine helfen kö                                             dass Krieg in der
                                                                                              Ukraine ist. Uns
                                                      hat die schlichte Fe
                                                                          ier gefallen, weil es
                                                     hatte und das schö                          so viele Kraniche
                                                                          n aussah. Die Gott
                                                     haben sich auch üb                         es dienst­besucher
                                                                          er die vielen Kran
                                                     sagten, das sei ein                      iche gefreut und
                                                                         wunderbares Hof
                                                                                             fnungszeichen.
NACHRICHTEN

             Luterbacher leitet neu Amt für S
                                            ­ oziales
             St. Gallen. Die St. Galler Regierung hat Claudius Luterbacher zum neuen Leiter des Amtes für Soziales
             (AfSO) im Departement des Innern gewählt. Der 42-Jährige ist derzeit Kanzler des Bistums St. Gal-
             len und Präsident von Caritas Schweiz. Er tritt voraussichtlich im September die Nachfolge von Chris-
             tina Manser an, die in Pension geht. Luterbacher hat in Fribourg Theologie und an der Universität
             St. Gallen Betriebswirtschafts studiert. Nach einer Dissertation in Sozial- und Wirtschaftsethik folg-
             ten ein Zusatzstudium und diverse Weiterbildungen in mehreren Rechtsgebieten. Luterbacher zeich-
             net sich gemäss Medienmitteilung der Staatskanzlei durch vielfältige Kenntnisse gesellschaftlicher
             Fragestellungen aus, die im AfSO wichtig sind. Dazu gehören etwa die Themen Armut, Alter, Familie
             und interkultureller Dialog. (red./nar)

                                                                BISTUM
                                                               ST. GALLEN
                                                                                 St.Gallen

                                                                                  Appenzell
                                                                Wattwil
B-Treff in Wattwil
­eröffnet
Wattwil. Der B-Treff Wattwil hat im ehemaligen
Café Brugger an der Alten Bahnhofstrasse 10 seinen
Betrieb aufgenommen. Dieser schafft gemäss Medi-
                                                                                                              Neues Tool für
enmitteilung für sozial benachteiligte Menschen ei-                                                           ­Kirchensteuer
nen Ort der Begegnung, Teilhabe und der Akzep-
tanz. Er steht allen Menschen, unabhängig von                                                                 Region. Ob in die Bildung, soziale Projekte, loka-
kulturellem und religiösem Hintergrund offen. Der                                                             le Vereine oder in die Seelsorge: Dank einem neu-
B-Treff-Betrieb startet mit Dienstleistungen wie der                                                          en Tool auf der Webseite www.kirchensteuern-
Lebensmittelabgabe «Tischlein deck dich», Deutsch-                                                            sei-dank.ch können alle Steuerzahlenden
unterricht und einer Strickgruppe. Zudem wird ein                                                             nachschauen, wofür ihre Gelder eingesetzt wer-
«Schreibservice“ aufgebaut, in dem Menschen Un-                                                               den. Das funktioniert wie folgt: Wird auf der
terstützung bei der Kommunikation insbesondere                                                                Webseite der persönliche Gesamtsteuerbeitrag
mit Ämtern bekommen. Für den Start des B-Treff                                                                und die Postleitzahl des Wohnorts eingegeben,
Wattwil sei eine anderthalbjährige Vorarbeit im                                                               zeigt eine Grafik an, wie sich die Kirchensteuern
Konzept- und Finanzbereich notwendig gewesen,                                                                 auf die einzelnen Bereiche aufteilen und was mit
heisst es weiter. Diese habe die reformierte Kirch-                                                           den Steuern unterstützt wird. Das Berechnungs-
gemeinde Mittleres Toggenburg, die katholischen                                                               instrument ist Teil der Informationskampagne
Pfarreien Lichtensteig und Wattwil sowie die Cari-                                                            «kirchensteuern-sei-dank.ch». Mit dieser zeigt
tas geleistet. B-Treffs gibt es an verschiedenen Or-                                                          der Katholische Konfessionsteil des Kantons
ten, alle sind ein Unterstützungsort für sozial be-                                                           St. Gallen seit 2019 auf, wie die Kirchensteuern
nachteiligte Menschen. (red./nar)                                                                             verwendet werden. (red./nar)

                                                Was ESC-Teilnehmer Marius Bear mit
                                                 ­Religion verbindet
                                                      Appenzell. Marius Bear vertritt die Schweiz beim Eurovision Song Contest am 10. Mai in Turin. Der
                                                      28-jährige Musiker aus Enggenhütten geht mit dem Lied «Boys Do Cry» ins Rennen. 2019 wurde er
                                                      ­bei den Swiss Music Awards als «Best Talent» ausgezeichnet. Mit Religion verbindet ihn eine Art
                                                      Hassliebe, wie er gegenüber reformiert.info sagte. Er habe die Messebesuche als Kind nicht gemocht.
                                                     Da sei aber auch die Erinnerung an die Pilgerfahrt nach Lourdes, wo er eine wunderbare Gemein-
                                                    schaft erlebte. «Der Deal mit meiner Mutter damals war, dass ich sie begleiten würde, wenn ich mei-
                                                  ne Gitarre mitnehmen dürfte. Eines Tages kam dort der Vater eines schwer behinderten Jungen zu mir.
                                               Er bat mich, für seinen Sohn ein Stück von dessen Lieblingsgruppe AC/DC zu spielen», sagt er. «Nie ver-
                                           gesse ich die leuchtenden Augen des Jungen, als ich vor ihm «TNT» in Lourdes rockte.» (red./nar)

Bilder: Luterbacher, Kirchensteuer, zVg.; B-Treff: zVg./ Tischlein deck dich/ Fabio Baranzini; Marius Bear: zVg./ srf.ch                                     13
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                                                           Zuversicht
                                                           Was hilft, die Zuversicht nicht zu verlieren? ­Warum
                                                           ­gelingt es Menschen, nach schweren Schicksals­
                                                            schlägen nicht zu verzweifeln? Wie bewahren Men-
                                                            schen in schwierigen Zeiten, in denen man vielleicht
                                                            nur noch Gründe zur Hoffnungslosigkeit ­wahrnehmen
                                                            kann, ­ihren Glauben an Lebensmut und ­Zuversicht?
                                                            Verschiedene Menschen aus dem persönlichen ­Umfeld
                                                            des Regisseurs Thomas Lüchinger in der Region
                                                            St. Gallen und Appenzellerland erzählen während des
                                                            ­Corona-bedingten zweiten Shutdowns, was für sie
                                                             ­Zuversicht bedeutet und wie sie auch in aussichtslos
                                                              scheinenden Momenten ihren Lebensmut bewahren.
                                                           Sonntag, 8. Mai, SRF1, 23.45 Uhr

Fernsehen                                                                          Radio
                 Christine Hug: Wenn Mann Frau ist                                 Jüdische und muslimische
                 Christine Hug wurde vor 41 Jahren als Knabe geboren               ­Militär-Seelsorger
                 und erzogen. Doch weder die wohlbehütete Kindheit, die             Im April 2022 werden die ersten jüdischen und
                 ­Karriere im Militär noch eine eigene Familie vermochten           ­muslimischen Seelsorger der Schweizer Armee ausgebildet.
                  das Leben zu erfüllen. Vor vier Jahren entschied sie sich,         Bisher waren alle christlich. Was erhoffen sich die neuen
                  als Frau zu leben.                                                 Seelsorger? Was müssen sie mitbringen? Und welche
                 →   Donnerstag, 5. Mai, SRF1, 20.05 Uhr                             Werte will die Armeeseelsorge künftig vermitteln?
                                                                                     Ein Besuch beim Ausbildungslehrgang.
                 Entdeckungen im Bibelgarten Gossau                                →   Sonntag, 15. Mai, SRF2Kultur, 8.30 Uhr
                 Über 100 Pflanzen im Bibelgarten Gossau SG lassen die
                 ­biblische Welt mit allen Sinnen erfahren. Sie veranschau­         Willkommenskultur für ukrainische
                  lichen Gottes Botschaft, wie sie in der Bibel nieder­            ­Geflüchtete
                  geschrieben ist und laden zum besinnlichen Verweilen ein.         Die Hilfsbereitschaft für geflüchtete Menschen aus der
                  Norbert Bischofberger besucht mit Pater Andy Givel den            ­U kraine ist riesig. Neben Privatpersonen öffnen auch
                  ­Bibelgarten – die Sendung folgt auf den TV-Gottesdienst,          ­K löster und Pfarrhäuser ihre Türen für Frauen, Kinder und
                   der ab 10 Uhr auch aus Gossau übertragen wird.                     ältere Menschen auf der Flucht. Die jüdischen Fürsorge­
                 →   Sonntag, 8. Mai, SRF1, 10.50 Uhr                                 einrichtungen der Schweiz arbeiten auf Hochtouren.
                                                                                      ­I nterreligiösen Gebets- und Spendenaufrufen wird rege
                  Parasite                                                             ­gefolgt. Wie geht es den Geflüchteten jetzt, nach den
                  Familie Kim lebt in einer Kellerwohnung in der schillernden           ersten Monaten in der Schweiz?
                  Metropole Seoul. Als der Sohn Ki Woo einen Job als               →   Sonntag, 22. Mai, SRF2Kultur, 8.30 Uhr
                  ­Nachhilfelehrer bei der wohlhabenden Unternehmerfamilie
                   Park antritt, beginnt er, dort seine Angehörigen einzu-
                   schleusen: die Schwester als Kunstpädagogin, den Vater als
                   Chauffeur und die Mutter als Haushälterin. Herr Park und
                   seine Frau ahnen nicht, dass sich ihr neues Personal in ihrer
                   Villa einnisten möchte. Das raffiniert aufgebaute Meister-
                   werk verbindet Elemente aus Drama, Horror, Thriller,
                   ­Ganovenfilm und Tragikomödie zu einer bitterbösen
                 ­Gesellschaftssatire.
                 →   Sonntag, 15. Mai, Arte, 22.30 Uhr                             Bilder: Roses for you productions (oben),
                                                                                   SRF, Kath Gossau, Arte

14   P FA R R E I F O RUM
MEINE SICHT

Agenda                                                                      Das Richtige
                                                                            im Falschen
Angekommen! Und jetzt?
Mittwoch, 11. Mai 2022, 13.30 bis 17.00 Uhr
                                                                            suchen
«Interkulturelle Kompetenzen kennen lernen» nennt sich das Weiterbil-       Auch wenn die Bombeneinschläge
dungsangebot der Ökumenischen Kommission für Asyl- und Flüchtlings-         ­weiterhin weit weg sind. Das kriegerische
fragen. Welche interkulturellen/transkulturellen Kompetenzen sind            Grundrauschen kann auch im Alltag
­gefragt, damit ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher             kaum ignoriert werden. Gar Kinderzimmer
 ­kultureller Herkunft möglichst gut funktioniert? Wie kann man diese        rätseln inzwischen über die Stimmigkeit
  Kompetenzen trainieren? Es werden konkrete Ideen besprochen, wie wir       der atomaren Abschreckungsstrategie.
  diesen Herausforderungen begegnen und Menschen darin unterstützen
  können. Die Teilnehmer*innenzahl ist begrenzt.                            Erwachsene streiten derweil über den sinnvollsten Weg, wie
  Anmeldung: www.caritas-stgallen.ch (Rubrik «Agenda»)                      Flüchtende in der Schweiz integriert werden sollen, andere über
→   Katholisches Pfarreiheim, Kirchstrasse 7 in Heerbrugg SG                den richtigen Weg der Hilfe: Kleider sammeln oder Geld spen-
                                                                            den? Eigenhändig Rettungsaktionen fahren oder doch abwarten?
                                                                            Waffen liefern oder «Neutralität» wahren?
Klangfestival Toggenburg
Donnerstag, 2. Juni bis Montag, 6. Juni 2022                                Engagieren bis zum Umfallen
                                                                            Dies alles weckt die Faszination am Heldentum, an einem David,
                                                                            der sich dem Goliath entschlossen entgegenstellt, komme was
Das Klangfestival lebt wieder auf, zusammen mit dem ersten internatio-
                                                                            wolle. Aber nicht nur das Politische, auch solidarisches Handeln
nalen Naturton und Oberton Symposium. Zusätzlich zum klassischen
                                                                            macht sich seine Helden. Die Märtyrererzählung zieht auch in
Konzertraum der Propstei steht ein grosses Zirkuszelt und einer zusätzli-
                                                                            kirchenfernen Kreisen: Engagier dich bis zum Umfallen, lautet
chen Bühne bereit. Ausgesuchte Gratis­konzerte werden hier Jung und
                                                                            das erste Gebot. Eine Aktivistin kommentierte hierzu sinnge-
Alt begeistern und ein k
                       ­ ulinarisches Angebot machen das Klangfestival
                                                                            mäss: Der Sache helfen beide nicht, weder der Märtyrer noch Da-
Toggenburg zu einem w ­ irklichen Fest. Infos: www.klangwelt.swiss
                                                                            vid. Probleme lösen nicht selbstgewisse Helden, sondern soziale
→   Propstei, Alt St. Johann, Toggenburg
                                                                            Bewegungen und Koalitionen.

                                                                            Vermeintliche Helden
Kriminell: Gefängnisse in                                                   Und tatsächlich erscheinen weder das gewaltlose Opfer noch die
St. Gallen                                                                  heroische Gewalttat wünschenswert. Bei näherem Hinsehen zei-
                                                                            gen sich die vermeintlichen Helden ohnehin als ziemlich mensch-
Dienstag, 3. Mai 2022, 17.30 Uhr                                            lich, keineswegs nur tugendhaft und selbstgewiss. Eher äussern
                                                                            sie auch Zweifel, zeigen ihre Verletzlichkeit und führen sich die
Bei der Stadtführung geht es um Schuld und Sühne, Strafe und Vergel-
                                                                            unbeabsichtigten Folgen ihres Tuns immer wieder vor Augen. So
tung in St. Gallen im Laufe der Geschichte. Wer hat wen wofür bestraft?
                                                                            lassen sie sich von der komplexen Lage nicht abhalten und ver-
Von der Selbstjustiz über die Justiz der Mächtigen bis zur Justiz der
                                                                            suchen, das Richtige im Falschen zu tun.
­Gemeinschaft. Wie viele Menschen wurden hingerichtet? Warum und
 wann wurde die Todesstrafe abgeschafft? Wo waren und sind die
 ­Gefängnisse damals und heute? Und wie stehe ich zur Frage von Sühne
  und Versöhnung – Strafe und Vergeltung?
  Infos und Anmeldung: Kerstin Stahlberger,
  kerstin.stahlberger@tablat.ch, Telefon 071 244 93 83
→   Start bei der Talstation Mühleggbähnli, St. Gallen

Leben mit Demenz – Seminar
für An- und Zugehörige
Samstag, 14. Mai 2022, 13.30 bis 18.30 Uhr
Dieses Halbtagesseminar unterstützt An- und Zugehörige im Umgang
mit von Demenz betroffenen Menschen. Wie geht Kommunikation
(mit allen Sinnen) und Interaktion bei Demenz? Wie gelingt es wertfrei
                                                                                            Gregor Scherzinger
                                                                                              Caritas St. Gallen-Appenzell
zu reagieren? Sie besprechen notwendige Rahmenbedingungen für
­Menschen mit Demenz selbst sowie für die An- und Zugehörigen.
 Mit dem Demenz-Balance-Model lernen sie Ressourcen sowie Verluste
 der Menschen mit Demenz kennen. Referentin: Rosmarie Fink, Wien,
 VTI Validation-Lehrerin und Coach für Pflegepersonal, Leitung:
 Sr. Monja Schnider. Infos und Anmeldung: www.neuschoenstatt.ch
→   Zentrum Neu-Schönstatt, Quarten

                                                                              Bild: zVg.                                                  15
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