Magazin für faire Arbeitsbedingungen weltweit - Südwind
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2 /2015 Magazin für faire Arbeitsbedingungen weltweit © Christina Schröder Thema Von guten und bösen Flüchtlingen Interview Hat Solidarität eine Zukunft? Guerilla Aktionsidee Im Dienst der Menschlichkeit: Die Jean-Monnet-Brücke Südwind Aktuell Nr. 4/2015 · Dezember 2015 · Erscheinungsort Wien · Verlagspostamt 1080 Wien · P.b.b. · Zulassungsnr. 02Z031329M
Kampagnen dieser Ausgabe Zur Zeitschrift Clean Clothes Kampagne Weltverbesser n versteht sich als offenes Medium sowohl für die Kampagnen Inhalt für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungs- von Südwind als auch für andere, die sich mit dem Thema faire Arbeits- und Sportartikelproduktion bedingungen beschäftigen (siehe Links). WeltverbesserIn erscheint zwei Mal Editorial 4 www.cleanclothes.at jährlich (Frühling und Herbst) und wird allen InteressentInnen kostenlos per Post Facts 5 zugesendet. Kurzmeldungen 6 Clean-IT Personen und Organisationen, die noch nicht in die Verteilerliste aufgenommen Thema Kampagne zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind und die Zeitschrift beziehen wollen, mögen uns dies unter Angabe der Von guten und bösen Flüchtlingen 8 in der Computerproduktion Postadresse mitteilen. weltverbesserin@suedwind.at Interview www.clean-it.at Hat Solidarität eine Zukunft? 12 „Arbeit, Weisheit und Hingabe“ 16 Verantwortliche öffentliche Beschaffung und Aktionen menschenwürdige Arbeit JETZT! Mit freundlicher Unterstützung von Kampagnen-Aktionen 14 Initiative zu sozial fairer Beschaffung durch die öffentliche Hand Guerilla Aktionsidee: www.fairebeschaffung.at Eine Brücke nach Europa 18 Shopping 19 Make Chocolate Fair! Reise Europäische Kampagne für faire Schokolade Forschungsreise nach Brasilien 20 http://at.makechocolatefair.org Reise ins Ungewisse 22 Zum Weiterlesen 24 MAK E FRUIT FAIR! Make Fruit Fair! Vision Europaweite Kampagne für die Einhaltung von Sozial- und Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Weltverbesserer mit Lebenslust 26 Entwicklungszusammenarbeit erstellt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht der Südwind Umweltstandards im Handel mit tropischen Früchten Agentur wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der FördergeberInnen dar. www.suedwind.at/fruechte Impressum Verlegerin Südwind Herausgeber Südwind Verein für Entwicklungspolitik SUSY Redaktion Christina Schröder und Christina Bell (Chef- Europaweite Initiative für Sozial- und Solidarökonomie als redaktion), Andrea Ben Lassoued, David Horvath, Michaela Königshofer, Sabine Klapf, Kathrin Pelzer, Wegbereiter einer nachhaltigen Entwicklung www.suedwind.at/solidaroekonomie Ihre Spende hilft! Konrad Rehling, Stefan Robrecht-Roller, Bernhard Zeilinger. Layout Julia Löw, www.weiderand.net, Hintergrundmuster www.3achs.net. SupplyChainge - Make Supermarkets Fair! Südwind setzt sich für faire Arbeitsbedingungen ein und unterstützt damit Druck Resch, www.resch-druck.at, gedruckt mit Europäische Kampagne für faire Eigenmarken unzählige Menschen und Organisationen weltweit in ihrem Engagement für Ökostrom auf FSC-zertifiziertem Papier. Anschrift der Redaktion Laudongasse 40, A-1080 Wien www.suedwind.at/supermaerkte ein menschenwürdiges Leben. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung! Bitte Telefon 01 4055515-0, Fax 01 4055519, verwenden Sie den beiliegenden Erlagschein (Rückseite) für Ihre Spende! E-Mail weltverbesserin@suedwind.at.
4 Editorial F acts 5 Liebe Leserin, lieber Leser: Kinderarbeit nimmt zu „Serversklaven“ Wem der Schuh passt… Menschen haben sich schon immer bewegt, auch in Massen. Seit letztem Obwohl sich Schokoladenindustrie 4,27 Milliarden Euro geben Hoch- In Auftrag von Südwind untersuchte Sommer aber bewegen sie sich auch durch Österreich und sind damit in den und Regierungen bereits 2001 und schuleinrichtungen in Westeuropa das Meinungsforschungsinstitut Massenmedien angekommen – um vorerst mal da zu bleiben. Auch uns in neuerlich 2010 verpflichtet haben, jährlich für IT-Hardware, Software Nielsen in 20 EU-Ländern die der WeltverbesserInnen-Redaktion beschäftigt das Thema. So haben wir Maßnahmen zur Reduzierung von und Dienstleistungen aus. Für die Ansprüche von KonsumentInnen für das Titelbild diesmal einen Koffer als Sinnbild für Ortswechsel gewählt Kinderarbeit zu setzen, arbeitet Herstellung der Produkte schuften bezüglich der Herstellung ihrer und mit dem Schild am Henkel die Annahme ausgedrückt, dass das Ziel aller in der Elfenbeinküste und Ghana chinesische Studierende in Fabriken Schuhe. 95 Prozent der 10.000 Menschen auf der ganzen Welt dasselbe ist: ein gutes Leben. jedes dritte Kind zwischen fünf und von IT-Riesen wie HP, Dell und Befragten sahen es als Aufgabe der 17 Jahren im Kakaoanbau. Laut Lenovo. Das dokumentiert der kürz- Europäischen Union, Import und Inhaltlich berichten wir von denen, die dieses Ziel noch nicht erreicht haben, einer aktuellen Studie der Tulane lich erschienene Bericht „Die Ser- Produktion von Schuhen für den von dort, wo Menschen- und Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden, wo Universität aus New Orleans stieg versklaven“. Tausende Studierende Europäischen Markt zu regulieren. Ausbeutung, Krieg und Armut vorherrschen und dieses gute Leben nicht zu die Anzahl der KinderarbeiterInnen werden im Rahmen von „Praktika“ Die Einhaltung von Arbeitsrechten führen ist. Von dort, woher die kommen, die es schaffen, sich aufzumachen, in den beiden Ländern in der Ernte- gezwungen, unter menschenunwür- ist für 76 Prozent der befragten um ein besseres Auskommen zu finden. saison 2013/2014 um rund 443.000 digen Bedingungen, die gegen ÖsterreicherInnen wichtig; dicht Migration von Arm nach Reich, von Krieg nach Frieden sind weder Natur- auf den Höchstwert von 2.26 Milli- chinesische Arbeitsrechtsstandards gefolgt vom Schutz ihrer Rechte als gewalt noch Angstgespenst, sondern eine Folge von menschengemachten onen. Neun von 10 der befragten und die ILO-Konvention gegen KonsumentInnen. 70 Prozent der politischen und wirtschaftlichen Interessen, die wir nicht einfach hinnehmen Kinder gaben zudem an, Arbeiten Zwangsarbeit verstoßen, in Elektro- ÖsterreicherInnen wären bereit, müssen. Wir können gegensteuern, indem wir politisch aktiv werden, das zu verrichten, die laut den Vereinten nikunternehmen zu arbeiten. Ver- 10 Prozent mehr für Schuhe bei vorherrschende Wirtschaftsmodell und unser Konsumverhalten hinterfragen Nationen für Kinder verboten sind: weigern sie das Praktikum, können deren Herstellung ökofaire Krite- und ändern. schwere Säcke schleppen, Arbeiten sie ihr Studium nicht abschließen. rien erfüllt werden zu zahlen. mit Macheten und Hantieren mit Ähnliche Fälle gibt es auf den Phil- Den Wunsch nach vertrauensvoller, Wie das gehen kann, beschreiben wir in dieser Ausgabe, wie auch in den Chemikalien. ippinen und in Thailand. Solange unabhängiger Kennzeichnung, vorhergehenden und den zukünftigen. Seit 35 Jahren machen wir das im Die Lage wurde vor allem durch die IT-Firmen keine Verantwortung über- sowie mehr Information und Trans- Rahmen der Südwind Kampagnenarbeit ohne müde zu werden. Armut der Bäuerinnen und Bauern nehmen und nicht gegen Zwangs- parenz entlang der Produktions- Wir wollen bewegen – auch und erst recht in dieser Ausgabe. und die Ausweitung des Kakaoan- arbeit bei ihren Zulieferern vorzu- kette äußern fast 60 Prozent der baus verschärft. Da die Einkünfte gehen, wird die Ausbeutung der Befragten. Die Kampagne „Change Christina Schröder der Erwachsenen nicht ausreichen, Studierenden für die Elektronikaus- your Shoes“ geht genau in diese Chefredakteurin müssen auch Kinder mitarbeiten. stattung europäischer Hochschulen Richtung. Mehr Infos: weitergehen. www.cleanclothes.at/schuhe
6 Kurzmeldungen 7 Neues aus den Kampagnen © Martin Krennbauer MA KE FRUI T FAIR! Make Fruit Fair! bereits eine Petition mit rund Entschädigung für Opfer gibt es viele, aber sie zu finden Die Banane ist die zweit- 50.000 Unterschriften zur Unterbin- von Rana Plaza oder sich ihnen anzuschließen, © CCC beliebteste Frucht in dung unfairer Handelspraktiken an Beim Einsturz des Rana Plaza-Fab- kann noch mühsam sein. Die neue Österreich, gleich nach EU-Kommissarin Bienkowska über- rikgebäudes in Bangladesch kamen Südwind-Initiative SUSY – Sustain- dem Apfel. Ein Großteil geben. Aktuell untersuchen wir vor heimische Schokoladenhersteller im April 2013 über 1.100 Men- Modemarken beharrlich auf, für able and Solidarity Economy will davon wird in Ländern Ort in Ecuador Arbeits- und haben bereits versprochen, bis schen ums Leben. Zwei Jahre hat es die Entschädigung der Opfer das ändern. Den Anfang macht wie Ecuador für den Export ange- Gesundheitsbedingungen in der 2020 nur mehr nachhaltig produ- gedauert bis die 31 internationalen aufzukommen. Über eine Million Andreas Exner mit einer aktuel- baut und nicht fair gehandelt. Die Bananenproduktion. 2016 starten zierte und fair gehandelte Kakao- Bekleidungsunternehmen, die dort KonsumentInnen in ganz Europa len Feldstudie, die den österrei- Verletzung von Arbeitsrechten von wir mit Politik und Supermarktket- bohnen zu verarbeiten, einiges T-Shirts, Hosen und Jacken nähen haben dieses Anliegen mitgetra- chischen Diskurs auf den Punkt kleinbäuerlichen ProduzentInnen ten konkrete Verhandlungen, um wurde schon umgesetzt: Manner ließen, die erforderlichen 30 Mil- gen. Danke für die Unterstützung, bringt: Neben der Vorstellung eini- und ArbeiterInnen auf Plantagen Verbesserungen für eine faire Lie- stellte 2012 die „Mannerschnitte“ lionen US-Dollar für den Entschä- sie hat geholfen! ger AkteurInnen der Solidarischen und mangelhafter Umweltschutz ferkette zu bewirken. Mehr Infos: auf UTZ und mit April 2015 die digungsfonds aufstellten. Durch www.cleanclothes.at Ökonomie werden Problemfelder stehen an der Tagesordnung. www.suedwind.at/fruechte „Casali-Schokobananen“ auf FAIRT- eine anonyme Einzahlung konnte aufgezeigt und Schlüsse gezogen, Wenige Fruchtkonzerne und Super- RADE um. Hofer produziert seit endlich die Finanzierungslücke von was zu tun ist, um die Solidarische marktketten dominieren den Markt 2012 großteils nach UTZ Standards 2,4 Millionen US-Dollar geschlos- Solidarökonomie in Ökonomie in Österreich zu stärken. und drücken die Preise. Mit der 19.872 Stimmen für faire Schokolade und brachte 2015 mit „Gourmet“ sen werden. Am Tag des Einstur- Österreich In über 55 Beispielen weltweit neuen internationalen Kampagne Fast 20.000 ÖsterreicherInnen haben eine Schokolade mit FAIRTRADE- zes waren die NäherInnen von den Die Wirtschaft ori- werden solidarökonomische Hand- setzt sich Südwind gemeinsam mit die Forderungen der Südwind- Zertifizierung auf den Markt. Seit Fabrikbetreibern unter Entlassungs- entiert sich heute lungsalternativen aufgezeigt und 19 Partnerorganisationen in der EU, Kampagne „Make Chocolate Fair!“ dem Frühjahr 2015 ist das gesamte Drohungen gezwungen worden, zur mehr denn je an den deren entwicklungspolitischer Bei- Lateinamerika und Westafrika für unterstützt und somit für einen Sortiment der Marken „Heindl“ und Arbeit zu erscheinen, obwohl das Bedürfnissen der Unternehmen und trag hervorgehoben. Das alles und faire tropische Früchte ein und for- Großteil der EU-weit gesammelten „Pischinger“ und „Heidi Chocolat“ Gebäude wegen schwerer Baumän- nicht an jenen der Menschen. Als noch viel mehr zum Nachschauen, dert existenzsichernde Löhne und 116.434 Unterschriften gesorgt. mit den „Niemetz Schwedenbom- gel am Vortag behördlich gesperrt Alternative dazu wird immer wieder Nachlesen und Mitmachen gibt es faire Preise, die Einhaltung von Das hat unsere Position gegenüber ben“, „Manja“ und „Swedy“ auf worden war. Die Clean Clothes der Begriff „Solidarische Ökono- auf der Webseite: Arbeitsrechten und den Schutz der europäischen Schokoladeunter- FAIRTRADE-Kakao umgestellt. Kampagne forderte in den letz- mie“ genannt, selten aber genau www.solidaroekonomie.at Umwelt. Anfang November wurde nehmen erheblich gestärkt. Viele http://at.makechocolatefair.org ten zwei Jahren die internationalen definiert. Solidarische Initiativen
8 Thema 9 Von guten und bösen Flüchtlingen Die Diskussion rund um Flüchtlinge ist geprägt von Metaphern, die an Naturereignisse erinnern und zu hinterfragenden Begriffen wie „Wirtschaftsflüchtling“. Beide verschleiern – bewusst oder unbewusst – globale Realitäten. Von Christina Bell Die Bilder dieser Tage lassen niemanden kalt: Männer, Frauen und Kinder, die bei eisigen Temperaturen und Regen im Freien schlafen müssen. Konvois verzweifelter Menschen, die zu Fuß ganze Länder durchqueren, ihre wenigen Habseligkeiten in Plastiksäcken verstaut. Spä- testens seit Sommer ist die so genannte „Flüchtlings- krise” in Mitteleuropa angekommen. Eine Erholung der Situation? Nicht in Sicht. Während die Regierungen der Nationalstaaten und die EU um Lösungen ringen, stemmt die Zivilgesellschaft den neuen Krisen-Alltag, empfängt, versorgt und verpflegt die ankommenden und durchreisenden Menschen. Gleichzeitig nutzen rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien in ganz Europa die Verunsicherung angesichts der unübersicht- lichen Situation, schüren Angst und Vorurteile in der Bevölkerung und tragen zu Hass und Polarisierung bei. Die ankommenden Flüchtlinge werden in Kategorien eingeteilt: „Gute“ Kriegsflüchtlinge auf der einen Seite, „böse“ Wirtschaftsflüchtlinge auf der anderen. Die Unterscheidung benutzen PolitikerInnen wie Journalis- tInnen, sie fällt auf der Straße und am Stammtisch. Der © UNHCR /Achilleas Zavallis scheinbar sachliche Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ wird dabei oft bewusst verwendet, warnt der Sprachphilo- soph Gerhard Posselt in der österreichischen Tageszei- tung „Kurier“ – um einem großen Teil der Flüchtlinge die Notwendigkeit ihrer Flucht abzusprechen.
10 Thema 11 Macht der Sprache Neoliberale Logik Löhne, die im Rahmen des „Living Wage Now Forum“ Die weit verbreitete Kategorisierung provoziert auch Menschenrechtsexperte Manfred Nowak lässt in in Brüssel an PolitikerInnen und VertreterInnen großer Widerspruch. „Die Trennung in Wirtschafts- und seinem neuesten Buch keinen Zweifel daran, wie es Bekleidungsfirmen übergeben wurden. Kriegsflüchtlinge ist falsch“, sagt Kilian Kleinschmidt, dazu kommt: „Die neoliberale Wirtschaftspolitik, Die Verhältnisse in der Textilindustrie sind nur ein Bei- der lange für die Vereinten Nationen tätig war – zuletzt die in den letzten Jahrzehnten die Globalisierung spiel für die Verweigerung von Menschenrechten, die als Leiter des jordanischen Flüchtlingslagers Saatari – bestimmt hat, stellt die Hauptursache für die wach- weltweit zu beobachten ist. Die wachsende Ungleich- und nun das österreichische Innenministerium in Flücht- sende Ungleichheit in der Welt dar“. Die Bekleidungs- heit des Einkommens und Vermögens geht gleich mit lingsfragen berät. Um zu präzisieren: „Auch Armut ist industrie illustriert diese Ungleichheit besonders der Verletzung mehrerer Rechte einher, argumentiert eine Menschenrechtsverletzung.“ drastisch: Die meisten Modekonzerne lagern arbeits- Nowak, etwa auf Gleichheit, auf soziale und persönli- Mehr als 60 Millionen Menschen waren laut UN-Flücht- intensive Produktionsschritte in so genannte Billig- che Sicherheit, Gesundheit und angemessenen Lebens- lingshilfswerk UNHCR Ende 2014 auf der Flucht. 2015 wird lohnländer aus, um ihre Kosten möglichst gering zu standard. Diese Ungleichheit sei kein naturgegebenes diese Zahl weiter steigen – wie und wer welcher Kategorie halten. Die teils großen Gewinne der Branche stehen Phänomen, sondern durch bewusste wirtschaftspoliti- zuzurechnen ist, ist noch ungewiss. Die Menschen fliehen dabei in eklatantem Gegensatz zur Situation der sche Entscheidungen der Staaten verursacht worden, vor Gewalt, Bürgerkrieg, Elend oder Perspektivlosigkeit. ArbeiterInnen. Von den 60 Millionen Menschen, die so der Jurist. Deshalb müsse man auch die Verantwor- Vor menschenunwürdigen Bedingungen, die oft auch mit laut Schätzungen der Weltarbeitsorganisation ILO tung für die Folgen tragen. uns zu tun haben. „Der Kapitalismus produziert Flücht- weltweit in der Schuh- und Textilindustrie arbeiten, linge“, so formulierte es der slowenischstämmige Philo- erhält kaum wer einen existenzsichernden Lohn. Die Nicht isoliert betrachten soph Slavoj Žižek kürzlich im Interview mit der deutschen gesetzlichen Mindestlöhne, egal ob in Asien, Latein- All dies sollte angesichts der Fluchtbewegungen nicht Wochenzeitung „Die Zeit“. Und konkretisiert: „Wir sind amerika, Afrika oder Osteuropa, decken meist nur vergessen werden. Dass Europa und die Welt sich nur mitverantwortlich für die neuen Formen von Sklaverei, die zwischen 15 und 60 Prozent der täglichen Ausgaben. auf die Behandlung von Symptomen konzentrieren statt viele Menschen in die Flucht treiben. Man denke nur an Dies zwingt die ArbeiterInnen vielfach, unmenschliche Lösungen für menschengemachte Ursachen zu suchen die Fabriken, wo unsere Kleidung genäht wird“. und gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen zu greift zu kurz. Die Menschen verlassen ihre Heimat aus akzeptieren, um sich und ihre Familien zumindest mit „existenziellen Gründen“, schreibt Migrationsforscher Theorie und Praxis dem Nötigsten versorgen zu können. Klaus Jürgen Bade in „Zeit Online“. Eine differenzierte Theoretisch sind globale wirtschaftliche Zusammen- Flüchtlingspolitik muss den komplexen Ursachen Rech- hänge bei vielen Menschen angekommen – nicht nur Systematische Ausbeutung nung tragen – Nur „nach akzeptablen und nicht-akzep- bei interessierten IdealistInnen. Selbst der konserva- Dabei geht es bei der Entlohnung nicht etwa um freiwil- tablen Wanderungsmotiven“ zu sortieren sei künftig tive deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller nimmt lige Verpflichtungen oder Ermessenspielraum der Unter- nicht zulässig, so Bade. Auch Kilian Kleinschmidt betont, neuerdings öfters Bezug auf die Beziehung zwischen nehmen. Das Recht auf einen Existenzlohn ist im Artikel die Welt brauche eine neue Ordnung, da die Fluchtbe- westlichem Konsumhunger und den Ressourcen ande- 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ver- wegungen nicht aufhören, sondern – Stichwort Klima- rer Länder, auf Konflikt-Mineralien in unseren Handys, ankert. Demzufolge hat jeder, der arbeitet, ein Recht auf flüchtlinge – eher noch zunehmen werden. Gemeinsam auf von Kindern gepflückte Kakaobohnen und Kleidung gerechte Entlohnung, die eine der Existenz in Würde müssen wir uns dafür einsetzen, dass diese neue Ord- © UNHCR /Achilleas Zavallis aus Bangladesch. Er fordert faire Handelsbeziehungen, sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale nung weltweit bessere Arbeitsbedingungen und die da derzeit der Wohlstand der Industriestaaten auf der Schutzmaßnahmen. „Den Näherinnen und Nähern Einhaltung der Menschenrechte mit sich bringt. Ange- Ausbeutung der Ressourcen anderer, vor allem Afri- wird dieses Menschenrecht systematisch verweigert“, sichts der derzeitigen Situation sollte die Notwendigkeit kas, beruhe. In der Praxis sind wir davon freilich weit hält Michaela Königshofer, Leiterin der österreichischen einleuchtender sein als je zuvor: Wo ein menschenwür- entfernt – nicht zuletzt weil die europäischen Staaten Clean Clothes Kampagne, fest. Europaweit sammelte die diges Leben und soziale Sicherheit gewährleistet sind, kohärentes Handeln vermissen lassen. Initiative kürzlich 150.000 Stimmen für existenzsichernde müssen sich weniger Menschen auf den Weg machen.
12 Interview 13 Hat Solidarität eine Zukunft? Diese Frage stellt sich Paul Singer schon lange. darüber zu publizieren. Danach schufen immer mehr VertreterInnen des Forums machen mehr als die Hälfte Er erzählte COSPE, Südwind-Partner der Initiative Gruppen von Arbeitslosen ihre eigene Kooperative und der Mitglieder des Rates aus. Außerdem wird alle vier „SUSY – Sustainable and Solidarity Economy“ trugen so zur Entstehung der Bewegung der Solidari- Jahre eine Nationale Konferenz für Solidarische Ökono- in Italien, die Erfolgsgeschichte der Solidarischen schen Ökonomie in Brasilien bei. mie veranstaltet. Sie finden an den verschieden Orten Ökonomie in Brasilien. Als brasilianischer des Landes statt, wo das Konzept „Solidarische Öko- Staatssekretär für Solidarökonomie ist er ein Solidarökonomie involviert verschiedene Institutionen nomie“ umgesetzt wird: in Gemeinden, Bezirken, Bun- ganz besonderer Teil dieser Geschichte. und Einzelpersonen: Kooperativen, Universitäten, desstaaten usw. An der letzten Konferenz im Jahr 2014 Konsumentinnen und Konsumenten, etc. Wie können nahmen fast 20.000 Delegierte teil. Was waren die Voraussetzungen für die diese effektiv zusammenarbeiten, um das gegenwär- Entwicklung der Solidarischen Ökonomie tige Sozial- und Wirtschaftssystem zu beeinflussen? Wie beurteilen Sie die momentane Situation der in den 1990ern in Brasilien? 2002 wurde Luis Inácio Lula da Silva von der Arbei- Solidarökonomie in Europa und welche Politik sollte Nach der zweiten Ölkrise war Brasilien stark von der terpartei PT, der bereits die Solidarische Ökonomie ihrer Meinung nach implementiert werden, um das Erhöhung des Ölpreises betroffen. Die brasilianische unterstützte, zum Präsidenten Brasiliens gewählt. Nach Konzept auf die bestmögliche Art umzusetzen? Militärregierung führte damals strikte Sparmaßnahen seinem Amtsantritt schuf er 2003 das Nationale Sekre- Ich weiß nur wenig über die aktuellen Umstände. Aller- ein und kürzte sämtliche öffentlichen Ausgaben, um tariat für Solidarische Ökonomie innerhalb des Ministe- dings scheinen sie mir sehr vielversprechend zu sein, die Zahlungsfristen der Gläubigerbanken einzuhalten. riums für Arbeit und Beschäftigung. Das war das erste weil sie vor allem junge Leute ermutigen, die bekannt- Daraus resultierte eine Wirtschaftskrise: Viele Betriebe Mal, dass sich die Bundesregierung zur Unterstützung lich sehr kreativ sind. Letzten Monat war ich beim Euro- mussten schließen und Millionen Menschen wurden der Solidarischen Ökonomie entschloss. Zu dieser Zeit päischen Kongress für Solidarische Ökonomie in Berlin. arbeitslos. Sie verloren bald ihre Häuser und in den war diese Alternative noch relativ neu und wurde nur Ich habe viel über Innovationen und Ideen aufstreben- Städten schliefen Millionen Familien auf der Straße. in sehr weit entwickelten, städtischen Regionen des der, junger Leute erfahren, die die Mängel des jetzigen Öffentliche Institutionen waren darauf nicht vorberei- Landes angewandt. Durch das rechtzeitige Eingreifen Systems zu beheben versuchen. Man muss bedenken, tet. Wer zur Hilfe kam, waren Gewerkschaften und die von Lulas Regierung wurde die Solidarische Ökonomie dass die jungen Leute am meisten unter der Arbeitslo- Katholische Kirche, etwa durch die Caritas. Mit deren zu einer brasilianischen Bewegung. Bei einem Treffen in sigkeit leiden. Unterstützung bildeten ArbeiterInnen einiger Betriebe, Brasília mit 800 Delegierten wurde entschieden, dass Ich denke sowohl in Brasilien als auch in Europa sollten die geschlossen werden sollten, Kooperativen. Somit für eine Zusammenarbeit mit dem Nationalen Sekre- wir unsere Unterstützung auf die Jugend konzentrieren, konnten sie die Produktionsmaschinen und Produk- tariat und der Regierung ein brasilianisches Forum für die den gegenwärtigen Sozial- und Wirtschaftssystem tionsstätten mieten und den Betrieb fortführen. Der Solidarische Ökonomie geschaffen wird. Darin können kritisch gegenüber stehen. Ich glaube, wonach sich die Erfolg solcher Projekte motivierte wiederum andere Kooperativen, Universitäten, KonsumentInnen, etc. Jugendlichen am meisten sehnen, sind die klassischen dazu, dasselbe zu versuchen. effektiv miteinander arbeiten. Werten der Demokratie: Freiheit, Gleichheit und Brü- Damals unterrichtete ich an der Universität São Paulo, Abgesehen davon wurde auch der Nationalrat für derlichkeit. Das Hauptziel, so denke ich, sollte sein, aber die Medien veröffentlichten nichts über diese Bei- Solidarische Ökonomie, dessen Mitglieder die Zivil- unsere Bewegungen so demokratisch wie möglich zu ©Roberto Barroso spiele. Auf Einladung der Caritas erfuhr ich von der gesellschaft sowie verschiedene Sektoren der Bun- machen. Wenn wir das erreichen, wird Solidarität eine Situation und entschloss mich, einen Zeitungsartikel desregierung repräsentieren, ins Leben gerufen. Die Zukunft haben.
14 Aktionen 15 D AB LE AN Y SU ST AIN ITY ECONOM SOLID AR Kreativ aktiv Ausgepresst! Für Fairen Orangensaft Lade SUSY zu dir ein! Für Transparenz und faire Schuhe! Es gibt viele Wege, um sich für soziale Gerechtigkeit Durch den Verkauf hauseigener Orangensaftmarken Ausbeutung, Umweltverschmutzung und Verarmung in Weißt du, wie deine Schuhe produziert werden? Ob und eine bessere Welt einzusetzen. Am Anfang steht erzielen Supermarktketten in ganz Europa enorme Billiglohnländern, aber auch bei uns, sind Folgen des Gift und ausbeuterische Arbeitsbedingungen an die Information. Dann versuchen wir, eigene Verhal- Gewinne. Die Mehrheit der ArbeiterInnen und BäuerIn- kapitalistischen Wirtschaftssystems. Gleichzeitig ent- deinen Schuhen „kleben“? Am Schuh selber oder auf tensweisen und (Konsum-)Gewohnheiten zu ändern. nen, die die Orangen dafür großteils in Brasilien ernten stehen in den letzten Jahren immer mehr Projekte für der Verpackung sucht man vergeblich nach diesen Wir fragen nach Produktionsbedingungen oder nutzen und verarbeiten, lebt hingegen in bitterer Armut. Darü- einen nachhaltigen und solidarischen Lebensstil: Haus- Informationen. KonsumentInnen haben aber ein Recht Soziale Medien im Internet, um gegen Unrecht zu pro- ber hinaus schädigt die Orangensaftproduktion insbe- und Gartenprojekte, Tauschkreise, Kostnix-Läden, zu wissen, unter welchen Bedingungen das Leder für testieren. Wer noch weiter gehen will, kann sich auch sondere durch den massiven Einsatz von Pestiziden in Open-Source-Projekte oder Reparatur-Cafés sind nur ihre Schuhe produziert wird, welche Giftstoffe darin mit anderen zusammentun und sich an Straßenakti- erheblichem Maße die Umwelt. einige Beispiele dafür, dass alternatives Wirtschaften stecken können und wer unter welchen Bedingungen onen beteiligen oder diese sogar organisieren. Dass Deshalb ist es an der Zeit, dass die Handelskonzerne immer vielfältiger wird. Und genau dafür interessiert die Schuhe genäht hat. Wir fordern daher von der EU, das nicht nur viel bewirken, sondern auch mit viel Spaß Verantwortung für die Arbeitsbedingungen und die sich SUSY, das Maskottchen der neuen Südwind-Initi- dass SchuhherstellerInnen und –HändlerInnen ein- verbunden sein kann, zeigen die Südwind AktivistIn- ökologischen Auswirkungen in sämtlichen Stufen der ative „Sustainable and Solidarity Economy“. Um Ideen fach zugängliche und nachvollziehbare Informationen nen jedes Mal aufs Neue. Aktionen sind ein guter Weg, Lieferkette übernehmen, existenzsichernde Löhne und gute Beispiele zu sammeln, schicken wir SUSY quer über die Produktion der Schuhe zur Verfügung stellen zum Nachdenken anzuregen oder Unterschriften zu zahlen und effiziente Kontrollmechanismen einführen. durch Österreich. müssen. Die gesamte Zulieferkette muss transparent sammeln. Wer mehr darüber wissen möchte, findet Im Rahmen der europaweiten Initiative SUPPLY sein: von der Lederherstellung in den Gerbereien über Berichte und Fotos auf dem AktivistInnen-Blog unter CHA!NGE wurde eine Petition an europäische Super- Du kennst ein Projekt, von dem auf www.soli- die Schuh-Fabriken bis zum Ladentisch. Dafür machen suedwindaktivistinnen.org märkte gestartet. Die gesammelten Unterschriften daroekonomie.at erzählt werden soll? Hol dir wir uns mit unserer App „Change your Shoes“ auf zu Wer selbst Aktionen initiieren möchte, findet einen werden dann zentralen VertreterInnen der Branche die SUSY aus Karton bei der nächst gelegenen einem virtuellen Marsch in Richtung Brüssel. 11 Millio- Leitfaden im neuen Methodenhandbuch zum Globalen überreicht. Südwind Regionalstelle ab. Stell uns das Pro- nen Schritte haben wir bereits alle zusammen gemacht Lernen. In einem eigenen Kapitel steht dort eine einfa- jekt und die Menschen dahinter mit einer kurzen und täglich setzen mehr Menschen starke Zeichen – che Schritt-für-Schritt Anleitung bereit. Nutzt sie und Unterstütze unsere Petition an Europäische Beschreibung vor, mach ein gemeinsames Foto und Schritte. werdet kreativ aktiv! Supermärkte und engagiere Dich für fair und mit SUSY und schick beides an sabine.klapf@ Download unter www.suedwind.at/jugendarbeit nachhaltig produzierten Orangensaft! suedwind.at (max. 1000 Zeichen, plus Adresse, Mach mit und hol dir Die genauen Forderungen und die Petition Kontakt und Weblink). die App im Apple- oder David Horvath findest du unter Mehr Info findest du unter „Googleplay“-Store Südwind AktivistInnen-Koordinator supplychainge.org/ www.solidaroekonomie.at oder auf kampagne-at/ausgepresst –> In deiner Nähe www.cleanclothes.at
16 Interview 17 © Julia Löw zum Einkaufswagen. Die großen Supermarktketten Die Banane war in der Vergangenheit immer haben heute so viel Macht wie nie zuvor. Es wird sich wieder auch Gegenstand von Kämpfen, vor allem nichts ändern, solange diese nicht gebrochen wird, einiger lateinamerikanischer Länder gegen die USA. vor allem auch durch die Konsummacht der Menschen Ist die Banane eine Art Symbol? im Supermarkt! Für uns ist die Banane ein Symbol für permanenten Kampf. Außerdem hängen etwa in Ecuador zweieinhalb Was braucht es, damit sich die Bedingungen Millionen Menschen von der Banane ab, sie ist ein wich- in der Branche bessern? tiger Wirtschaftsfaktor. Wenn wir als kleiner Akteur In Ecuador gibt es eine Absichtserklärung der Regierung durch internationale Politik bedroht werden, müssen für mehr fairen Handel. Das ist ein guter Anfang, aber wir uns wehren, oft wie David gegen Goliath. Aber wir wir bräuchten ein Gesetz. Darüber hinaus ist die öffent- sind viele Davide auf der Welt, die gegen Goliath „In einer Banane steckt © Peter Tuma /FAIRTRADE liche Beschaffung ein großes Thema. Wir hoffen, dass kämpfen. Das darf man nicht vergessen. der Staat künftig den ganzen Bedarf an Bananen für die Arbeit, Weisheit und Hingabe“ Schulen aus fairer und biologischer Produktion deckt. Schon in den 1970ern wurde versucht, Bewusst- International müssen wir uns vor allem auf die Konsu- sein für die Ausbeutung in der Bananenproduktion mentinnen und Konsumenten konzentrieren. Sie zu schaffen. 40 Jahre später hat sich nicht allzu viel müssen ganz klar zwischen den angebotenen Früchten verbessert. Wird man da nicht müde? unterscheiden können, und wissen, dass hinter einer Ja natürlich, aber es geht ums Überleben. Das heißt, Fairtrade-Banane ein sozialeres, humaneres und wir werden weitermachen. Klar wäre es ideal, wenn die Das Geschäft mit Bananen ist hart. Kleinbäuerliche werden, aber die Nachfrage entwickelt sich nicht so umweltfreundlicheres Konzept steht. Sie müssen die ganze Welt fairen Handel betreiben würde – aber das ErzeugerInnen haben es besonders schwer, dem Konkurrenz- schnell. Die größte Herausforderung ist, die Lebensbe- Gewissheit haben, mit diesem Produkt die Lebensbe- ist eine Utopie. Aber wir haben schon viel erreicht, und Preisdruck von Großkonzernen und Supermarktketten dingungen für möglichst viele zu verbessern. dingungen von vielen Familien zu verbessern. Stellen trotz all der Schwierigkeiten. Es geht um Ideale, die standzuhalten. Joaquín Vásquez, Präsident des ecuadoria- Und es geht darum, auf Basis des fairen Handels ein Sie sich vor, was wir weltweit alles erreichen könnten, kann man nicht so einfach aufgeben. nischen Kleinbauern-Dachverbandes UROCAL, sprach mit System nachhaltiger Bananenproduktion aufzubauen – wenn jede Europäerin und jeder Europäer im Jahr 40 Christina Bell über Fortschritte und Rückschläge. in Ecuador und in der ganzen Welt. Das heißt gerechte Euro für Fairtrade-zertifizierte Produkte ausgeben Wenn Sie an alle, die in Österreich eine Banane im Bedingungen für alle in der Produktionskette sowie würde. Allerdings müsste auch die Politik steuernd ein- Supermarkt kaufen, eine Botschaft richten könnten, eine faireres Verhältnis zwischen Produktions- und Ver- greifen, indem sie die Dynamik des fairen Handels wie würde sie lauten? Was sind die größten Herausforderungen für kaufspreis. Hier haben wir noch viel Arbeit vor uns: Der unterstützt. Das ist ein wichtiger Faktor im Kampf Eine Banane ist eigentlich ein sehr komplexes Produkt: Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Ecuador? Verkaufspreis einer Banane in Europa ist niedriger als gegen die Armut. man muss sich vorstellen, was sie alles erlebt von der Die Bedingungen in der Bananenproduktion sind hart. Im er sein sollte. Das verursacht viele Probleme. Jeder will Ernte bis zur Ankunft in Europa. Es steckt viel Arbeit konventionellen Anbau geben viele kleine Produzentin- für sich so viel wie möglich herausholen, dem Arbeiter Kann man in Quito im Supermarkt fair und Weisheit dahinter. Und viel Hingabe. Daran sollte nen und Produzenten auf, da sie nicht mehr davon leben als letztem Glied in der Kette bleibt nur Ausbeutung. gehandelte Produkte kaufen? man denken, wenn man eine Banane kauft und sie ver- können. Fairer Handel verbessert die Situation, ist aber Biologisch angebaute Produkte kann man kaufen, fair antwortungsvoll konsumieren. auch nicht die alleinige Lösung: Von unseren 620 Gesell- Wer steuert die Preise? gehandelte kaum. Es gibt ein paar Heilpflanzen, vielleicht schaftern sind derzeit nur 140 in den Fairen Handel invol- Die Supermärkte. Sie entscheiden, sie kontrollieren noch Schokolade. Ich glaube, die haben Leute aus Europa Weiter Informationen: www.makefruitfair.org viert. Viele Familien wollen Teil des Fairtrade-Systems Einkaufs- und Verkaufspreise, von der Plantage bis mitgebracht. Die Idee muss sich hier erst verbreiten. www.suedwind.at/fruechte
18 Aktionen 19 S hoppin g Guerilla Aktionsidee Im Dienst der Menschlichkeit: Die Jean-Monnet-Brück „Wienwoche“ – beworben. Auch erste bauliche Maß- © ChristophSchnabl „Die Humanität der Europäischen Union ertrinkt in den nahmen wurden verkündet : „Da die Menschheit nicht Opferzahlen des 21. Jahrhunderts.“ So erklärt das Berli- auf die Fertigstellung der Brücke warten kann, hat das ner Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ Zentrum für politische Schönheit die erste von 1.000 seine Aktion, die Ende September in Österreich für Auf- Rettungsplattformen als Ad-hoc-Maßnahme fest im Kraftstoff für Nähideen Taiwishi sehen sorgte. Um „dem sinnlosen Sterben im Mittel- Mittelmeer verankert; ausgestattet mit Notruftelefon, meer ein Ende zu bereiten“ – ließ man österreichische Rettungsringen, Positionslichtern, Photovoltaikanlage Biostoffgeschäft und Nähladen in einem: In Wels, direkt „May the wind always be at your back”, ein keltischer AkteurInnen ein fiktives „Jahrhundertwerk (…).“ Die ins Netz gestellten Bilder tru- an der Westbahnstrecke beim Bahnhof, kann man sich Spruch der Seefahrern auf See mitgegeben wurde, ist der Humanität“ leisten: In einem eigens gen die Botschaft: „Danke, Österreich!“ stundenweise in die Nähwerkstatt einmieten oder einen der Grundstein von Taiwishi. Die Designs für Shirts, produzierten Video erklärt ein angebli- der zahlreichen Näh-Workshops besuchen. Biostoff für Hoodies, Beanies, Taschen, Rucksäcke und Schmuck cher Christian Konrad, Flüchtlingskoor- Das Kollektiv, nennt die Aktion einen die Nähideen gibt es in Hülle und Fülle: Von Jersey, sind allesamt selbst entworfen, inspiriert von meteo- dinator der österreichischen Regierung, „Denkanstoß für das, was möglich Plüsch und Frottee bis zu Leinen, Canvas und Wollstof- rologischen Wind- und Wettersymbolen, produziert als Stimme aus dem Off man wolle eine wäre, wenn wir unsere Kapazitäten in fen ist alles da und fachliche Beratung gibt es noch dazu. ist alles fair und nachhaltig. Der Heimathafen ist in der 230 Kilometer lange Brücke als sicheren den Dienst der Menschlichkeit stellten.“ www.kraftstoff.co.at Wiener Kirchengasse 43: www.dock7.at Fluchtweg von Tunesien bis Sizilien bauen Reaktionen Christian Konrads oder der und beweisen, dass die Alpenrepublik über den Teller- Bundesregierung sind leider keine rand schauen kann. Unterstützt werde man vom Bauun- bekannt. ternehmen STRABAG sowie den Raiffeisenbanken. Das Berliner „Zentrum für Politische Schönheit“, seines Utopie als Realität Zeichens „Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Die Brücke nach Europa wurde mittels Pressearbeit Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Groß- – als Absender diente Christian Konrad, die österrei- gesinntheit“ ist bekannt für politische Aktionskunst. chische Bundesregierung, das ZPS und das Festival www.politicalbeauty.de Spielereien © Think Schuhwerk GmbH Denkbar gute Schuhe Spielzeug „Made in Europe“, zum Beispiel aus Frank- Die „Chilli Schnürer“ des oberösterreichischen Unter- © Alexander Lehmann reich, Holland und Spanien, gibt es seit Juni im ober- nehmens Think! sind die ersten Schuhe, die mit dem österreichischen Ottensheim. Vom zwei Meter langen Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet Puzzle über Spieluhren, die aus Stoff-E-Gitarren wurden. Das Modell besteht aus chromfrei gegerb- tönen, bis zu Kaleidoskopen und temporären Piraten- tem Leder und einer Latexsohle. Darüber hinaus setzt Tattoos reicht das kunterbunte öko-faire Angebot, das Gütesiegel hohe soziale Standards voraus, wie das Kindern und Erwachsenen Freude macht und die die Bezahlung eines existenzsichernden Lohns für die Kreativität anregt. www.spielereien.at NäherInnen. www.thinkshoes.com
20 Reise 21 Forschungsreise nach Brasilien © LeuboltStelczenmayr Von einer Forschungsreise nach Brasilien rund um das Thema „Solidarische Ökonomie“ berichtet Bernhard Leubolt von der Wirtschaftsuniversität Wien. Zwei wissenschaftliche Projekte, eine Freistellung für als Reaktion auf die Schuldenkrisen der 1980er und über elf Millionen Menschen, die täglich etwa 20.000 GesprächspartnerInnen diese. „Es gibt keinen Chef, Forschungszwecke seitens der Wirtschaftsuniversität 1990er Jahre und den daraus resultierenden Anstieg der Tonnen Müll produzieren. Die Stadtverwaltung kann also müssen wir das gemeinsam lösen“, erklärten sie Wien und eine Einladung als Gastwissenschafter an Arbeitslosigkeit. Solidar-ökonomische ‚Kooperativen‘ aktuell nicht einmal zwei Prozent dieses Mülls wieder- uns in Interviews die Wichtigkeit ihres wöchentlichen der renommierten Universität von Campinas führten wurden als Möglichkeit begriffen, gleichzeitig soziale und verwerten. Diese Lücke wird teilweise von den Mate- Plenums. Gleicher Lohn auf Basis der verrichteten Stun- mich im Mai 2015 nach Brasilien. Das von der EU-Kom- ökonomische Exklusion zu bekämpfen. Brasilien gilt als rialsammlerInnen aufgefüllt. Neben dem Beitrag zum den ist auch selbstverständlich in der mehrheitlich aus mission geförderte Projekt „ImPRovE“ untersucht u.a. „Vorreiterin“, 2003 wurde dort sogar ein eigenes „Staats- Umweltschutz ermöglichen sie auch soziale Inklusion. Frauen zusammengesetzten „Coopamare“. den Beitrag von sozialer Innovation zu Armutsbekämp- sekretariat für solidarische Ökonomie“ gegründet, das Trotz der Verbesserungen durch die solidarische Öko- Obwohl es weiter Vorurteile gegen die Materialsamm- fung. Gesucht werden neue Wege der Zusammenarbeit vom in Österreich geborenen emeritierten Universitäts- nomie bleibt die Arbeit relativ prekär und das Einkom- lerInnen gibt, hat sich die gesellschaftliche Wahrneh- von Staat, Unternehmen und Zivilgesellschaft bei der professor Paul Singer (siehe Interview auf Seite 12) men ist trotz Verbesserungen weiterhin relativ niedrig. mung gebessert. Die Kooperativen erhalten auch Lösung gesellschaftlicher Probleme. Das zweite Projekt geleitet wird, der seit 2009 Träger des Großen Ehren- In den Interviews hoben die Beteiligten aber als wich- staatliche Unterstützungen, damit sie ihre Arbeit unter wird auch von der EU-Kommission gefördert und u.a. zeichens für Verdienste um die Republik Österreich ist. tigsten Punkt die Steigerung der Würde hervor. Bei besseren Bedingungen fortsetzen können. Denn ihr von „Südwind“ geleitet. “SUSY – Sustainable and Soli- Als „good practice“ wählten wir die MaterialsammlerIn- einem gemeinsamen Interviewtermin, siehe Foto, bei Beitrag zur Entwicklung ist enorm – verbinden sie doch darity Economy” geht der Frage nach möglichen Wech- nen. Dabei handelt es sich um eine besonders margi- Paul Singer bestätigten das auch die renommierte bra- soziale Inklusion mit einem wichtigen Beitrag zur ökolo- selwirkungen zwischen Entwicklungspolitik und sozialer nalisierte Gruppe von Menschen, die vom Einsammeln silianische Expertin für Mülltrennung und soziale Bewe- gischen Nachhaltigkeit. „Soziale Inklusion + Demokra- und solidarischer Ökonomie nach. In 46 europäischen verwertbarer Materialien aus dem Müll und ihrem Wei- gungen, Elisabeth Grimberg und der „Coopamare“- tisierung + Umweltschutz“, eine „Formel“, die auch für und 9 außereuropäischen Länder werden „Good terverkauf leben. Diese Menschen sind oft besonders Aktivist der ersten Stunden und nationale Vertreter Europa interessant ist. practice“-Modelle gesucht. Mit lokalen PartnerInnen – stigmatisiert, da sie mit Alkohol- und Drogenmissbrauch der MaterialsammlerInnen, Eduardo Ferreira. dem Professor für Politikwissenschaft Wagner Romão und einer besonders schmutzigen Arbeit assoziiert wer- Auch vor Ort, im Umgang mit den MaterialsammlerIn- Weiterführende Infos und der Filmemacherin Florence Rodrigues – durfte ich den. In Brasilien wurden die ersten Kooperativen der nen der „Coopamare“, waren die demokratische Selb- ImPRovE – Forschungsprojekt der Europäischen Brasilien beforschen. MaterialsammlerInnen im Jahr 1989 gegründet. Die Pio- storganisation und das neue Selbstbewusstsein der Kommission zu sozialer Innovation: Die Bewegung der solidarischen Ökonomie setzt auf nierin, „Coopamare“, entstand in São Paulo. lange Zeit marginalisierten Menschen beeindruckend. http://improve-research.eu betriebliche Selbstverwaltung, gegenseitige Unterstüt- Der Beitrag der MaterialsammlerInnen zu nachhaltiger Trotz teilweise fehlender Kenntnisse abstrakter Kon- SUSY – Sustainable and Solidarity Economy: zung und Demokratie. In Brasilien etablierte sie sich Entwicklung ist enorm. In São Paulo leben aktuell etwas zepte wie der solidarischen Ökonomie praktizierten alle www.solidarityeconomy.eu
22 Reise 23 Emmanuel Mbolelas Reise zum Nachlesen Emmanuel Mbolela Mein Weg vom Kongo nach Europa, Zwischen Widerstand, Flucht und Exil Mandelbaum Verlag, 4. überarbeitete Auflage 2015 Reise ins Ungewisse Das Buch von Emmanuel Mbolela soll auch dazu dienen, Debatten Emmanuel Mbolela wurde als politisch aktiver Student in der anzustoßen. Wir freuen uns daher über Rückmeldungen und Einladungen Demokratischen Republik Kongo verfolgt und musste 2002 aus seiner zu Lesungen und Diskussionen mit dem Autor – auch an Schulen und Heimat fliehen. Nachdem er die Sahara durchquert hatte, saß er vier anderen Bildungseinrichtungen. Jahre in Marokko fest. 2008 erhielt er Asyl in den Niederlanden. Hier Bitte wenden Sie sich an den Übersetzer des Buches Dieter Alexander Behr: ein Auszug aus seiner Geschichte: da.behr@reflex.at „Die Reise von Algerien nach Marokko war keines- im Fastenmonat Ramadan befanden. Er forderte uns Zum Glück tauchte schließlich das Auto unseres Fah- heraus, dass es sich bei den jungen Leuten um Sub- wegs so einfach, wie man denken möchte – sie erfor- auf, in einem Hotel zu warten. Meine drei Mitreisen- rers auf. Er hupte, wir eilten zu dem Wagen und stie- saharier handelte. Sie begrüßten uns auf Lingala und derte penibelste Vorbereitungen. Man musste zunächst den hatten dafür aber nicht genug Geld. (…) Schließlich gen ein. (…) Unterwegs erzählte uns unser Fahrer – er begannen uns zu erklären, wie wir die Grenze nach warten, bis der Chairman einen Konvoi zusammenge- brachten wir ihn dazu, uns bis zu einem Wald am Stadt- mochte um die fünfzig sein –, dass er schon seit fünf- Marokko überqueren sollten. Sie wiesen uns darauf stellt hatte. Mindestens vier Personen mussten sich zur rand zu fahren. Dort sollten wir uns verstecken und bis zehn Jahren als Schlepper zwischen Algerien und hin, dass die Straßenlaternen auf der algerischen Seite Reise angemeldet haben. (…) zum Abend auf ihn warten. Der Fahrer bestand darauf, Marokko arbeiten würde (…) Später, als ich in Rabat weiß, auf der marokkanischen Seite hingegen rot seien. Eines Sonntags, gegen 21 Uhr, kam der Chairman, um dass wir uns auf den Boden legen sollten, um nicht von angekommen war, sollte ich feststellen, dass ihn alle Dann gaben sie uns Anweisungen, was wir beim Mar- mich nach Dely Ibrahim mitzunehmen. Von dort sollte den Polizeihelikoptern, die die Region nach Terroris- meine FreundInnen kannten und dass er unter ihnen schieren zu beachten hätten und wie wir uns verhalten die Reise losgehen. Ein Taxi brachte uns um 4.30 Uhr ten absuchten, entdeckt zu werden. Man darf sich den einen guten Ruf genoss. So waren wir unterwegs Rich- sollten, wenn wir von Gewalttätern oder von der Polizei morgens zum Bahnhof von Algier. Wir waren eine Wald, von dem ich hier spreche, nicht wie einen Wald tung Marokko. Wir wurden von unserem Fahrer ange- überrascht würden. So brachen wir Richtung Oujda auf. Gruppe von drei Kongolesen und einem Nigerianer. vorstellen, wie man ihn im holländischen Nunspeet wiesen, seinen Instruktionen punktgenau zu folgen. Wir gingen einer hinter dem anderen. Zwei der Sub- (…) Wir wurden angewiesen, einen Mantel und ein Paar findet, mit hohen Bäumen und dicht bewachsen. Wir Sollte er stehenbleiben und die Worte »Camarade Aya saharier, die uns empfangen hatten, begleiteten uns. Pantoffeln mitzunehmen sowie einen Rucksack, in dem befanden uns praktisch in der Wüste und die Bäume, Aya« aussprechen, so sollten wir, so schnell es ging, Einer ging voran, der zweite ging in der Mitte. Keiner wir Brot, Joghurt und andere Lebensmittel einpacken die uns umgaben, waren klein und boten kaum Schutz. aussteigen und uns verstecken. sprach. Einzig unsere Schritte waren zu hören. Ab und sollten. Zusammen mit unserem Reiseorganisator stie- Über uns kreisten die Hubschrauber. Wir hatten unge- Um 22.30 Uhr hielt der Fahrer plötzlich das Auto an zu fiel einer von uns und richtete sich wieder auf. Auf gen wir in den Zug nach Oran. Die Zugfahrt war auf meine Angst, dazu kamen der Hunger und der Durst. und befahl uns, auszusteigen und uns unverzüglich den rund zwölf Kilometern, die die beiden Grenzstädte acht Stunden angesetzt und verlief reibungslos. Am Obwohl wir in Oran Brot und Saft gekauft hatten, hinter einem Haus zu verstecken. Es war bereits ziem- voneinander trennen, lauert eine Vielzahl an Gefahren: Bahnhof von Oran verließen wir unbehelligt den Zug. wagten wir nicht, zu essen und zu trinken. Drei Stun- lich dunkel und wir sahen das Haus kaum. Wenige Dornen, Steine und Löcher im Weg, jedoch vor allem Unser Chairman rief von Algier aus einen Taxifahrer den lang blieben wir regungslos liegen und warteten. Minuten, nachdem wir uns versteckt hatten, hörten wir, die Wachhunde der umliegenden Bauernhöfe, Banditen an, der uns von Oran nach Maghnia, der Grenzstadt zu Die schmerzlichen Erinnerungen an die Reise durch wie ein paar junge Leute ankamen und mit dem Fahrer oder Polizeieinheiten. Drei Mal griffen uns Hunderudel Marokko, bringen sollte. Der Taxifahrer kam, war aber die Sahara kamen in mir hoch. Erneut waren wir allen zu diskutieren begannen. mit bis zu sieben Tieren an. (…) In dieser Nacht spürte nicht bereit, uns vor 18 Uhr mitzunehmen, da wir uns Gefahren schutzlos ausgeliefert. Kurze Zeit später wurden wir gerufen. Es stellte sich ich den Tod ganz nah.“
24 Infomaterial 25 Zum Weiterschauen Supermarkt-Eigenmarken Billig. Billiger. Banane Folge der Geschichte deiner Schuhe! Menschen am Markt Billig ist in – der Anteil der günsti- Der Dokumentarfilm von Sarah Eine Frau im Schuh-Geschäft: fröh- Menschen wanderten schon immer gen Supermarkt-Eigenmarken am Zierul aus 2012 und ihr gleichna- liche Musik und ein vorfreudiges – die Gründe für Migration sind Umsatz des Lebensmitteleinzel- miges neues Buch (oekom-Verlag, Lächeln ob der neuen Schuhe, die dabei so vielfältig wie sie selbst. handels wird mittlerweile europa- 2015) zeigen, welche Folgen hiesige über den Ladentisch gehen. Aber Weltweit leben über 232 Millionen weit auf rund 40 Prozent geschätzt. Tiefstpreise für Bäuerinnen und dann ist da ein nicht enden wol- Menschen in einem Staat, in dem Ob Orangensaft, Thunfisch oder Bauern sowie Plantagen-Arbeite- lendes Schuhband… Wohin soll sie nicht geboren wurden. Immer Schoko-Müsli, der Trend ist ver- rInnen in Ländern wie Costa Rica das führen? Zu einem weiteren mehr verlassen ihre Heimat und lockend für die KonsumentInnen, haben: nämlich Hungerlöhne und Schnäppchen? Nein, raus geht´s begeben sich auf eine Reise ins und problematisch für ArbeiterIn- Ausbeutung. Die Südwind-Kam- aus dem Geschäft und immer dem Ungewisse. nen und Umwelt. Denn der rück- pagnenpartnerInnen BanaFair und Schuhband nach auf eine fordernde Der animierte Film von weltumspan- sichtslose Kampf um den niedrigs- Oxfam Deutschland liefern darin Reise durch unwegsames Gelände. nend arbeiten und Kronosmedia ten Preis kann meist nur gewonnen Informationen über das Preisdiktat Es gilt Berge zu überwinden und Filmproduktion spielt auf einem werden, wenn Menschenrechte der Supermärkte und die vielfach Insekten abzuwimmeln, um die Marktplatz irgendwo auf dieser und Umweltstandards missachtet unmenschlichen und gesundheits- Wahrheit über die Schuhe zu ent- Welt und beschreibt eindrucksvoll werden. Ein neuer Spot von Süd- gefährdenden Produktionsbedin- decken. Wo wird die Geschichte mit die persönlichen Geschichten von wind und PIPE – Digital Art Studio gungen. Positivbeispiele, mögliche dem Schuhband enden? Finde es fünf Menschen, deren Wege sich zeigt auf, was oft im Supermarkt- politische Rahmenbedingungen heraus auf w ww.cleanclothes.at. dort kreuzen. Die DVD ist kostenlos wagerl steckt, und wie wir für einen und der große Einfluss von Kon- Teile das Video mit FreundInnen zu bestellen: fairen Einkauf in Aktion treten sumentInnen zeigen auf, wie die auf Facebook und erzähle ihnen die www.weltumspannend-arbeiten.at/ können. Zum Ansehen: Negativspirale gestoppt werden wahre Geschichte unserer Schuhe! materialien www.suedwind.at/supermaerkte kann. Buch bzw. Film sind z.B. in der Südwind-Buchwelt und bei baobab erhältlich.
26 Vision © Irmgard Kirchner Weltverbesserer mit Leichtigkeit und Lebenslust Christina Schröder im Namen der Redaktion Für gewöhnlich bringen hier wir hier Visionen für die Zukunft. Diesmal blicken wir hier auf einen ungewöhn- lichen Visionär und Weltverbesserer der ersten Stunde Um fünf Uhr in der Früh war er meist der erste im zurück, der letzten Sommer ganz unerwartet von uns Büro und saß gut gelaunt an seinem Schreibtisch. Das gegangen ist. Seitdem vergeht kein Tag, an dem wir Lächeln ist ihm nur vorübergehend vergangen, zum Werner Hörtner nicht vermissen. Sein Tun war so viel- Beispiel, wenn er uns immer wieder ermahnte, sparsam seitig, dass es unmöglich ist, diesem mit einer Seite mit dem Papier im Drucker umzugehen – grenzenlos gerecht zu werden. Genau aber das hat er uns doch war seine Motivation – im Großen wie im Kleinen und immer gezeigt: – auch als Redakteur auf vielen Seiten Alltäglichen – das Weltverbessern ernst zu nehmen von „WeltverbesserIn“ – dass es mit Einsatz und Viel- und auszuleben. Auch Menschen, die um Asyl war- seitigkeit möglich ist, Dinge zu verändern. In diesem ben, haben bei Werner daheim schon seit langem und Sinne war Werner von Anfang an dabei – ob bei der immer wieder Zuflucht gefunden. Das war für Werner Gründung von Südwind, der Clean Clothes Kampagne viel mehr Selbstverständlichkeit als Ausnahmezustand. oder beim Clean Clothes Rundbrief, aus dem später Werner legte beim Weltverbessern auch immer eine und eben mit seiner Mithilfe „WeltverbesserIn“ hervor- Leichtigkeit und Lebenslust an den Tag, die ihn Feste Ihre Spende schenkt ging. Was Werner schon 1998 zur damals neuen Clean feiern ließen, wann immer sich die Gelegenheit ergab. Straßenkindern ein Zuhause! Clothes Kampagne in Worte fasste, ist heute immer Und so dürfen sich manche von uns an Betriebsaus- noch, das was wir in dieser und den anderen Kampag- flüge erinnern, bei denen wir mit ihm in entlegenen nen tun, um unsere Vision von fairen Arbeitsbedingun- Tanzcafes zu Shakira „shakten“ oder auch ans letzte gen umzusetzen, nämlich „ … die Ausbeutungsmecha- Südwind-Straßenfest in Wien, bei dem viele von uns nismen von der anderen Seite, der Produktionskette, ihn zum letzten Mal trafen … mit einem breiten Lächeln vom Letztverbraucher her, zu ändern.“ im Gesicht und trotz Pensionierung, voller Tatendrang Den Südwind-Kampagnenbereich hat Werner nicht nur und Zukunftspläne. Auch wenn es zu vielem nicht mehr mitbegründet und fortwährend mit seiner Expertise kam, was du dir vorgenommen hast, Werner, vieles, für bereichert, sondern uns alle auch mit seinem Drang tag- das du dich eingesetzt hast, ist fest verankert in unse- Alle Informationen und Materialien: täglich die Welt zu verbessern gelehrt und motiviert. rem Tun und wir werden es in deinem Sinne fortführen. www.tagderstrassenkinder.at
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