Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid - HMD Wirtschaftsinformatik

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Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid - HMD Wirtschaftsinformatik
Praxis der
HMD                 Wirtschaftsinformatik
  Heft 291
Sonderdruck

Anna Hoberg · Christian Piele · Jörg Veit

Mobiles Lernen für
Smart Home/Smart Grid

Elektronischer Sonderdruck

dpunkt.verlag        D 12952   •   ISSN 1436-3011   •   ISBN 978-3-86490-059-4
Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid - HMD Wirtschaftsinformatik
Elektronischer Sonderdruck
aus:

HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik

Carsten Felden · Josephine Hofmann (Hrsg.)
IT für Smart Grids

50. Jahrgang – Heft 291 – Juni 2013
Seiten 80-94

© dpunkt.verlag GmbH
ISSN 1436-3011
ISBN 978-3-86490-059-4
Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid - HMD Wirtschaftsinformatik
Anna Hoberg, Christian Piele, Jörg Veit
Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid

Smart-Home-/Smart-Grid-Komponenten und               1   Akteure und ihr Lernbedarf im
deren Verwendung in energieeffizienten Elektro-          Bereich smarter Technologien
installationen sind nicht zuletzt angesichts der
                                                     Den Begriff »Internet der Dinge« prägte Kevin
Energiewende ein Wachstumsmarkt. Diese kom-
                                                     Ashton, Pionier am Massachusetts Institute of
plexen und neuartigen Produkte verlangen gut
                                                     Technology (MIT), 1999 zum ersten Mal [Ashton
geschulte Fachkräfte. Im Berufsalltag wird be-
                                                     2009]. Damit verbunden war seine Vision, phy-
troffenen Elektro-Planern, Vertriebsmitarbeitern
                                                     sische Dinge mit dem Internet zu verschmelzen.
sowie Handwerkern und Technikern immer wie-
                                                     Zehn Jahre später ist diese Vision näher gerückt.
der zurückgespiegelt, wo Wissenslücken beste-
                                                     Das Internet ist dank WLAN und dLAN vollflä-
hen. Die Herausforderung liegt darin, dieses Wis-
                                                     chig im Haus verfügbar und die komplette
sen schnell und anwendungsorientiert aufzu-
                                                     Haustechnik (Heizung, Klima, Lüftung) inklusi-
bauen und unterschiedlich große Lücken eines
                                                     ve »autonomer« Haushaltsgeräte wird mehr
differenzierten Anwenderkreises möglichst be-        und mehr über das Internet angebunden und
darfsgerecht zu schließen. Eine individualisierba-   vernetzt. Mit Smart Home oder Ambient Intelli-
re Weiterbildung und arbeitsplatznahes Lernen        gence sollen Kunden in eine neue Dimension
ist daher unabdingbar. Das dargestellte Konzept      des Wohnens vordringen und dabei spielen das
zeigt Lösungsansätze auf, wie speziell mittels       Smartphone und ausgeklügelte Smart-Home-
mobilen Lernens Produkt-, Vertriebs- und Arbeits-    Technologien eine wesentliche Schlüsselrolle.
prozesswissen schneller und erfolgreicher vermit-    Am Markt entstehen Angebote, die Geräte nach
telt werden kann.                                    Energieangebot und Wetterprognose selbsttä-
                                                     tig ein- oder ausschalten und dabei das Smart-
Inhaltsübersicht                                     phone zum Steuern und Überwachen des Ge-
1 Akteure und ihr Lernbedarf im Bereich              bäudes nutzen. Mittlerweile kann mit dem
  smarter Technologien                               Smartphone das komplette Haus und dessen
2 Nutzertypen und Angebotsformate                    gesamte technische Ausstattung bedient und
3 Unterstützungsbedarfe im Arbeitsumfeld             überwacht werden. Smart-Home-Technik wird
  und Voraussetzungen potenzieller                   zum Ausdruck eines modernen Lebensstils und
  Teilnehmer                                         hilft, das Leben und Arbeiten in Wohn- und Ge-
4 Technische Anforderungen an eine mobile            schäftsgebäuden angenehmer, effizienter und
  Lernanwendung                                      behaglicher zu gestalten. Dabei sorgt das Smart
5 Neuartige technische Trends für die                Grid für eine umfassende kommunikative Ver-
  Umsetzung                                          netzung und Steuerung von Stromerzeugern,
6 Organisatorische Ausgestaltung mobilen             Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netz-
  Lernens                                            betriebsmitteln in Energieübertragungs- und
7 Fazit: Potenziale mobilen Lernens im Smart         -verteilungsnetzen der Elektrizitätsversorgung.
  Home/Smart Grid                                    So produziert die Photovoltaik-(PV-)Anlage
8 Literatur                                          Strom vom eigenen Dach und das gebäudeinte-
                                                     grierte Energiemanagement sorgt dafür, dass

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der Eigenverbrauch durch das Hybridspeicher-             Smart Home und Smart Grid muss bezahlbar
system stets auf optimalem Level arbeitet.               sein, wenn Deutschland sich zu einem Leit-
Die Klima- oder Wärmepumpenanlage sowie                  markt entwickeln soll.
Wasch- und Spülmaschine warten darauf, bis          4.   Bildungseinrichtungen: Sie sorgen dafür,
ausreichend PV-Strom zur Verfügung steht.                dass Planer und Handwerk das notwendige
Mangelt es an eigenem PV-Strom, sorgt Smart              Know-how erwerben können, damit die Pro-
Metering und Smart Grid dafür, dass günstiger            dukte und Technologien funktionssicher in-
Strom für energieintensive Verbraucher ausrei-           stalliert werden.
chend zur Verfügung steht, ohne dass der Kom-       5.   Planer und Systemintegratoren: Sie stellen si-
fort darunter leidet und der Kunde etwas davon           cher, dass die Systeme kundengerecht und
bemerkt.                                                 nach normativen Vorgaben geplant und rea-
     Der Endkunde spielt in der Nutzung von in-          lisiert werden.
telligenter Gebäude- und Haustechnik sowie          6.   Elektro- und IT-Handwerk: Gut ausgebildete
Mediensteuerung eine ganz wesentliche Rolle.             Elektro- und IT-Handwerker sind für den
Er entscheidet letztlich mit Kauf und Einsatz, ob        fachgerechten und sicheren Einbau der In-
die neuen Technologien sich auf dem Markt zu             frastruktur sowie deren Programmierung er-
einer breiten Innovation entwickeln. Technikaf-          forderlich, um neben Sicherheit und Komfort
fine Konsumenten werden zu Innovationsmul-               auch Effizienz- und Ressourcenschutz sicher-
tiplikatoren und Wachstumstreibern [TNS Infra-           zustellen.
test 2012]. Sie zu erreichen und zu begeistern      7.   Handel und Industrie-Vertrieb: Er gewährleis-
liegt in der Hand vieler verschiedener Akteure,          tet, dass technische Lösungen und Produkte
die entlang der gesamten Wertschöpfungsket-              der Industrie eine angemessene Verbreitung
te einzubeziehen sind (vgl. auch Tab. 1):                erfahren, und klärt das Handwerk und nicht
                                                         zuletzt auch den Endkunden über die Pro-
1. Energieversorger: Als wichtige Akteure der
                                                         duktvielfalt und die Funktionen auf.
   Energiewende integrieren sie erneuerbare
                                                    8.   Politik: Sie schafft die notwendigen Rahmen-
   Energien in die vorhandene Stromerzeuger-
                                                         bedingungen und Anreize, dass »smarte«
   struktur und stellen durch überregionale
                                                         Lösungen hinsichtlich Energieeffizienz und
   Steuerzentralen die Versorgungssicherheit
                                                         Ressourcenschutz auch ihren Platz in der Ge-
   im Smart Grid her.
                                                         sellschaft finden.
2. Versorgungs- und IKT-Netzbetreiber: Sie ver-
   sorgen nachfolgende Marktakteure hinrei-         Alle involvierten Akteure tragen im stark
   chend gut mit Zugang zu Energie- und Da-         wachsenden Technologiefeld intelligenter Ener-
   tennetzen, um effiziente Prozessabläufe          giesysteme Verantwortung, dass Energie-
   über alle Wertschöpfungsstufen zu ermögli-       ströme und Informationstechnik miteinander
   chen, damit die Versorgungssicherheit des        technologisch verschmelzen. Technologien wie
   gesamten Energiesystems wirtschaftlich           Smart Home, Smart Meter und Smart Grid
   und umweltverträglich gewährleistet wer-         sind für viele Marktplayer ein komplett neues
   den kann.                                        Themenfeld und mit hohem Wissenserwerb
3. Hersteller/Industriebetriebe: Sie entwickeln     verbunden. Zur erfolgreichen Verbreitung und
   und stellen intelligente Haustechnik und         Etablierung von neuen Technologien sind ein
   -geräte her und haben die Herausforderung,       breit gefächertes Know-how und ein intensi-
   die Interoperabilität der technischen Lösung     ver Austausch beginnend bei der Entwicklung
   und der damit verbundenen Angebotsviel-          über Vertrieb bis hin zur Planung und Installa-
   falt in allen Preisklassen zu gewährleisten.     tion erforderlich.

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Akteure                 Politik sorgt für Rahmenbedingungen
                        Energiewirtschaft (Energieversorger/Versorgungsnetzbetreiber)
                        stellt Versorgung sicher und IKT-Netzbetreiber stellt IT-Infrastruktur
                        (IT-Vernetzung)
                        Bildungseinrichtungen unterstützt Know-how-Erwerb der weiteren
                        Marktakteure
                        Hersteller/         Großhandel     System-            Elektro- und
                        Industrie                          integratoren       IT-Handwerk
Wertschöpfungs-         Entwicklung/        Vertrieb       Planung;           Installation/Service,
stufe                   Herstellung/                       Programmie-        Konfiguration,
                        Vertrieb                           rung               Programmierung
Reichweite in           7-10 große          1.200          100                45.000 Handwerks-
Deutschland             Hersteller                                            betriebe,
                                                                              350.000 Mitarbeiter

Tab. 1: Akteure im Themenfeld Smart Home, Smart Meter, Smart Grid
Hier setzt das im Folgenden dargestellte mobile       Grundzüge des Konzepts für das Technologie-
Lern- und Wissensmanagementkonzept an. Es             feld Smart Home und Smart Grid vorgestellt.
begegnet gezielt der Herausforderung neuer
Technologiefelder, die Renkel wie folgt be-           2    Nutzertypen und Angebotsformate
schreibt: »Technolgy is not like water; it does
                                                      Das Technologiefeld Smart Home, Smart Meter
not flow effortlessly from high levels to low le-
                                                      und Smart Grid ist sehr umfassend, sodass die
vels until the levels are equalized« [Renkel 1985].
                                                      im ersten Abschnitt aufgeführten Akteursgrup-
Deshalb werden organisatorische Rahmenpro-
                                                      pen differenzierte Wissensspektren für ihre Ar-
zesse geschaffen, über die medial aufbereitete
                                                      beit beherrschen müssen. Beispielsweise muss
Lerninhalte mittels innovativer mobiler Ver-
                                                      Erfahrungswissen bei Auszubildenden und Be-
mittlungsformen Wissen in den Akteursmarkt
                                                      schäftigten erst aufgebaut werden, sie benöti-
flächendeckend diffundieren können. Mobiles
                                                      gen eine Qualifikation, die von Grund auf in das
Lernen unterstützt die Verbreitung des notwen-
                                                      Themenfeld einführt. Auch bei erfahrenen Be-
digen Wissens über die technologischen Neue-
                                                      schäftigten sind Erweiterungen und Modifika-
rungen durch Hersteller- und Wiederverkäufer.
                                                      tionen im Wissensspektrum zu den neuartigen
Gleichzeitig ermöglicht der Einsatz mobiler
                                                      Smart-Home-/Smart-Grid-Technologien sehr wahr-
Endgeräte arbeitsprozessnahes und kollaborati-
                                                      scheinlich. Auch die Gruppe der Erfahrenen
ves Lernen und unterstützt damit problemlö-
                                                      muss sich von Zeit zu Zeit auf einen aktuellen
sungsorientiert die Arbeitserfüllung für Mitar-
                                                      Stand bringen.
beiter aus Industrie und Handwerk. Außerdem
                                                          Ein Lernangebot zur Smart-Home- und
können auftretende Wissenslücken bedarfsge-
                                                      Smart-Grid-Thematik bietet optimalerweise für
recht, zeitnah und unter Verwendung von Er-
                                                      jede Zielgruppe einen dem jeweiligen Wissens-
fahrungswissen geschlossen werden. Eine
                                                      stand entsprechenden Einstieg und individuell
schnelle Ausbreitung des notwendigen Wissens
                                                      angepasste Angebotsformate. Drei idealtypi-
wird beispielsweise mit der Möglichkeit unter-
stützt, konkrete Installations- und Einsatzerfah-
rungen sowie Kundenbedürfnisse jederzeit zu           1. Im Elektro Technologie Zentrum Stuttgart in Ko-
erfassen und unmittelbar zu teilen. Anhand               operation mit dem Institut für Arbeitswissen-
                                                         schaft und Technologiemanagement (IAT) der
eines Anwendungsbeispiels zum mobilen Ler-
                                                         Universität Stuttgart und der Hager Vertriebsge-
nen in einer Bildungseinrichtung1 werden die             sellschaft mbH & Co. KG.

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Mobile Learning

sche Fallbeispiele sollen anschaulich die unter-     schon Aufträge in diesem Bereich für seine Fir-
schiedlichen Nutzertypen mit den damit ver-          ma durchgeführt. Leider besitzt er keine Kennt-
bundenen Lern- und Unterstützungsbedarfen            nisse in der Systemintegration und hat keine Er-
aufzeigen.                                           fahrung im Aufbau von Visualisierungssyste-
    Beispiel 1: Ein 50-jähriger Elektroinstalla-     men für Touchpanels oder Smartphones. Er
teurmeister möchte in das Themenfeld Smart           wählt daher aus dem Kursangebot nur die
Home einsteigen und für sein Unternehmen             Module 4 und 5 aus, für die in seiner Arbeit kon-
dieses Marktsegment erschließen. Er besitzt          kreter Qualifikationsbedarf besteht. Um den
keinerlei Kenntnisse, seine Meisterfortbildung       Stoff in seinem Zusammenhang erfassen zu
liegt 15 Jahre zurück und seither hat er die Firma   können, besteht innerhalb der von ihm besuch-
ausschließlich mit Standardaufträgen versorgt.       ten Kursmodule noch ein methodisch-didakti-
Doch die Anforderungen der Kunden hinsicht-          scher Verbund (roter Faden). Lernende, die be-
lich Komfort und Sicherheit steigen und ihm          reits über Basis- oder Fachkenntnisse verfügen,
fehlt das notwendige Firmen-Know-how. Er be-         gehören zum Nutzertyp »Modul-Lerner«.
nötigt ein komplettes Weiterbildungsangebot              Beispiel 3: Ein 30-jähriger Techniker aus der
im Themengebiet Smart Home. Die ihm ange-            Industrie verfügt durch seine bisherige Tätigkeit
botenen Kurse sind in Lernmodule strukturiert        bereits über Spezialistenwissen zu Smart Home/
und setzen sich aus drei Lernformen zusam-           Smart Grid. Doch er wechselt jetzt in den Ver-
men: Selbstlerneinheiten für die Nutzung auf         trieb und muss sich stärker mit Kundenanfra-
mobilen Endgeräten, tutorielle Begleitung via        gen zu Projektierung und Planung beschäfti-
Onlinekonferenz (ebenfalls mobil nutzbar) und        gen. Die eingesetzten Produkte sind ihm ver-
Praxistrainings in Präsenz (Blended Learning).       traut, doch aus konkreten Kundenbeschreibun-
Er bucht die kompletten Weiterbildungsmodule         gen eine fachgerechte und normkonforme
zu den Themenbereichen:                              Ausführungsplanung abzuleiten, fällt ihm
                                                     schwer. Zudem benötigt er Grundwissen über
! Modul 1: Infrastruktursysteme für Smart-
                                                     konkurrierende Systeme am Markt, damit er
  Home-Technologien
                                                     seine Beratungskompetenz weiter ausbauen
! Modul 2: Planung und Projektierung von
                                                     kann. Er nutzt über eine Onlinebibliothek Lern-
  Smart-Home-Technologien
                                                     granulate aus dem Modul 1 und 2 zum Schlie-
! Modul 3: Netzwerke und Systeme für Smart-
                                                     ßen diverser Wissenslücken. Eine Kursstruktur
  Home-Technologien
                                                     ist nicht mehr vorhanden und wird durch sein
! Modul 4: Systemintegration im Smart Home
                                                     Erfahrungswissen auch nicht mehr benötigt. Er
! Modul 5: Visualisierungssysteme für Smart-
                                                     kann durch die Wissensnuggets und sein Vor-
  Home-Technologien
                                                     wissen selbst Zusammenhänge im Wissensge-
Mit diesen Fachkenntnissen ausgestattet ist der      biet herstellen. Dieser Nutzertyp besitzt wert-
Meister in der Lage, die ersten Aufträge im          volles technisches Erfahrungswissen – ein Ge-
Smart Home zur Zufriedenheit seiner Kunden           winn für die Community. Aus seinen Beiträgen
auszuführen. Lernende mit einem so umfassen-         können zusätzliche Lerngranulate für andere
den Bildungsbedarf werden dem Nutzertyp              Nutzer entstehen. So wie der vorgestellte Tech-
»Kurs-Lerner« zugeordnet.                            niker werden Nutzer mit teilweise bestehen-
    Beispiel 2: Ein junger Informationselektroni-    dem Expertenwissen dem Nutzertyp »Granulat-
ker hat durch seine Ausbildung in der Bildungs-      Lerner« zugeordnet.
einrichtung bereits ausreichend Kenntnisse im            Um den individuellen Lern- und Unterstüt-
Bereich Modul 1, 2 und 3. Er kann diese sogar        zungsbedarfen gerecht zu werden, sind bei der
durch Zertifikate nachweisen. Außerdem hat er        Bildungseinrichtung drei in den Nutzertyp-

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Mobile Learning

Bezeichnungen bereits erwähnte Angebotsfor-           kreten Arbeitsherausforderungen erkennbar
mate realisiert. Hierbei können die kleineren         sind. Drei konkrete Arbeitsbeispiele erläutern
Formate in ein größeres Format integriert oder        auszugsweise die Anforderungen, die sich aus
– mit entsprechendem Aufwand – zu einem               diesen Situationen an die notwendige techno-
größeren Format aggregiert werden.                    logische Unterstützung ergeben:
     Den Lernern werden als kleinstes Lernfor-
                                                      ! In ein Badezimmer soll ein Touchpanel einge-
mat sogenannte Lerngranulate angeboten.
                                                        baut und mit einer Netz- sowie Kommunika-
Hierbei handelt es sich um kleine unabhängige
                                                        tionsleitung versorgt werden. Der Elektroni-
Wissensbausteine, die keine Verbindung zu
                                                        ker muss wissen, ob an der vom Architekt
weiteren Lernmaterialien aufweisen müssen.
                                                        ausgewählten Stelle dieses Touchpanel mon-
So können sie ein Bestandteil von Lernmodulen
                                                        tiert werden darf und in welcher Installa-
darstellen oder vom Nutzertyp »Granulat-Ler-
                                                        tionszone die erforderlichen Leitungen verlegt
ner« als Ergänzungswissen konsumiert werden.
Das nächstgrößere Format sind die sogenann-             werden dürfen. Der Elektroniker soll mobil
ten Lernmodule. Sie charakterisieren sich da-           gezielt auf Lerneinheiten und Normen zugrei-
durch, dass Lerninhalte mit Aufgaben und Kom-           fen können, damit er die Anlage betriebssi-
munikationsmaßnahmen kombiniert werden                  cher aufbauen kann.
und so für den Lerner ein roter didaktischer Fa-      ! Ein 10 Jahre alter defekter Bus-Ankoppler
den erkennbar wird. Die Lerner, die sich das            (Sensor) muss ausgetauscht werden. Das
komplette Themenspektrum erschließen wol-               Austauschgerät hat neue Applikationen und
len, können den kompletten Kurs besuchen. Da-           ist für den Systemintegrator völlig neu. Der
bei bilden dann die zusammengestellten Mo-              Elektroniker soll den QR-Code (QR – Quick
dule den Blended-Learning-Kurs.                         Response) am Gerät scannen können und da-
     Für individuell und effizient geschnürte Lern-     durch Zugang zu Datenblättern und zu einer
angebotspakete bedeutet das für die Aufberei-           Lernsequenz erhalten, wie er dieses Gerät zu
tung von Lerninhalten: Granulierung und Se-             programmieren hat.
quenzierung. Durch die Granulierung ist zum ei-       ! Ein neuer Vertriebsmitarbeiter muss für den
nen die Aufbereitung zur mobilen Rezipierbarkeit        Außendienst geschult werden. Sein erster
und zum anderen das Schnüren eines individuel-          Probeeinsatz steht bevor. Er soll mobil einen
len Lernangebotspakets möglich. Die Sequenzie-          Gesprächsleitfaden (Modul Planung und Pro-
rung von Lerninhalten ist für die Sicherstellung        jektierung) nutzen können, um sich auf das
eines roten Fadens im Gesamtzusammenhang                Kunden-/Verkaufsgespräch vorzubereiten. Er
notwendig. Die technische und organisatorische          kann Checks und Funktionslisten wählen, um
Tragweite dieser Angebotsformate wird in den            den Kundenbedarf vor Ort aufzunehmen und
folgenden Abschnitten dargestellt.                      in Funktionserfordernisse zu übertragen
                                                        (Funktionsmatrix). Gleichzeitig soll diese Do-
3    Unterstützungsbedarfe im                           kumentation beim Kunden als beispielhaftes
     Arbeitsumfeld und Voraussetzungen                  Dokument (User Generated Content) für die
     potenzieller Teilnehmer                            Lern-Community dienen. Über seinen Tablet-
                                                        PC soll er zudem Videos oder Charts einspie-
Die Erfordernis und Nützlichkeit eines mobilen,
                                                        len können, die den Verkaufsprozess unter-
technisch-unterstützten Zugriffs auf Wissen
                                                        stützen.
und zum Wissensaustausch im Arbeitsalltag
lässt sich an Anwendergeschichten veran-              Anhand der beispielhaft aufgezeigten Anwen-
schaulichen, in denen die Bezüge zu den kon-          dergeschichten werden die vielfältigen Einsatz-

84                                                                                          HMD 291
Mobile Learning

möglichkeiten mobiler Endgeräte deutlich. Das       ge geht hervor, dass Anfang 2012 89% der
dabei stattfindende mobile Lernen erfüllt           Zielgruppe bereits mobilen Zugriff aufs Internet
längst nicht mehr nur die Erwartung, sich Lern-     haben und nutzen. Bei den Smartphone-Besit-
materialien anzuschauen und durchzulesen. Es        zern verfügen bereits 96% über mobiles Inter-
umfasst ein modernes Lernverständnis [Hoberg        net. Darüber hinaus ist auch WLAN zu Hause
& Gohlke 2011], das Lernformen mit einschließt,     ein etablierter Standard bei der Zielgruppe.
bei denen der Lernende Wissen direkt anwen-         90% der Befragten nutzen WLAN von zu Hause
det und Wissen zu Kollegen und Mitlernenden         und/oder auf der Arbeit.
transferiert.                                           Außerdem belegt die Studie eine rasante
                                                    Verbreitung mobiler Endgeräte in der berufli-
Technologisch gegebene Strukturen auf der           chen Praxis. Bereits 82% der Zielgruppe nutzen
Anwenderseite                                       beruflich mobile Endgeräte. Smartphones, Lap-
Bei dem anvisierten, technisch-unterstützen-        top und Tablets etablieren sich zusehends auch
den Lösungsansatz ist der gegebene technische       als Arbeitsgeräte. Die Zielgruppe der Handwer-
Zugang der Zielgruppe mit zu berücksichtigen.       ker und Techniker gehört im Anwendervergleich
Mit dem Zugang sind Verfügbarkeit von mobi-         zu den Early Adopters in Sachen Ausstattung und
len Endgeräten, eingesetzte Betriebssysteme         Nutzung mobiler Endgeräte [Bitkom 2011]. Das
und mobile Zugriffsmöglichkeiten aufs Internet      belegen auch die genutzten Funktionalitäten auf
gemeint. Eine Kenntnis, welche Ausstattung bei      Handys und Smartphones. In Abbildung 1 sind
Lernenden üblicherweise vorausgesetzt werden        die Ergebnisse der Befragung dargestellt, welche
kann, ist unerlässlich, da dieses Wissen eine       Funktionalitäten zum Zeitpunkt der Umfrage
Grundlage und den Ausgangspunkt bei der             mobil genutzt werden. Kurze Informationshap-
Ausgestaltung der Medienaufbereitung und            pen sind in der Nutzung »en vogue«. Bisherige
-bereitstellung darstellt.                          Nutzungsmuster bieten gute Anschlussmöglich-
     Eine Grundvoraussetzung bei der Umset-         keiten für mobile Lernangebote.
zung mobiler Lernlösungen ist eine gute Ab-             Auch die Markentwicklungen hinsichtlich
deckung der Zielgruppe mit mobilen Endgeräten.      Netzausbau und Preisentwicklung von Endge-
Aus eigenen Analysen2 [Hoberg & Fischbein           räten und Mobilfunktarifen werden den zu-
2012] unter potenziellen Teilnehmern geht her-      künftigen Anstieg mobiler Internetzugänge be-
vor, dass jeder Befragte mindestens ein mobiles     fördern. Die Voraussetzungen auf Anwender-
Endgerät besitzt. Nur 3% der Befragten haben        seite sind geschaffen, um zukünftig mobile
zum Zeitpunkt der Umfrage lediglich ein Handy.      Weiterbildung und mobiles Wissensmanage-
Anfang 2012 benutzen bereits 84% der Zielgrup-
                                                    ment anbieten zu können. Die Rahmenbedin-
pe ein Smartphone. 75% der Befragten besitzen
                                                    gungen entwickeln sich rasant und mit ihnen
neben einem Smartphone noch ein weiteres
                                                    die technischen Anforderungen an die mobile
mobiles Endgerät mit einem größeren Display
                                                    Lernanwendung.
(Tablet-PC oder Laptop).
     Ein weiteres Erfordernis für die örtlich un-
gebundene Nutzung von Lernangeboten stel-
                                                    4   Technische Anforderungen an eine
len Mobilfunktarife dar, die eine Internetnut-          mobile Lernanwendung
zung erlauben. Aus der durchgeführten Umfra-        Ausschlaggebend für die technischen Anforde-
                                                    rungen sind dabei sowohl gesellschaftliche als
2. Zugriff auf die Ergebnisse der Absatzmarktana-   auch technologische Treiber. Aus den heutigen
   lyse über: http://blog.iao.fraunhofer.de/home/   Nutzungsgewohnheiten ergibt sich ein hoher
   archives/1471.html. Abgerufen am 29.04.2013.     technischer Anspruch:

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Mobile Learning

                                                   0%       25%      50%         75%      100%

                                      E-Mails                                             88%

                          Suche/Recherche                                              78%

                                           SMS                                      75%

                                      Videos                                  56%

                         Soziale Netzwerke                                 53%

                                   Wikipedia                               52%

               Nachrichten bzw. RSS-Feeds                                49%

                                          Spiele                        43%

                                           Chat                    33%

                                Foren/Blogs                       28%

                          Bücher (E-Books)                     24%

                  Video-/Audiokonferenzen                      23%

                  Hörbücher/Audiopodcasts                    19%

                                   eLearning               12%
                                                        Anteil der Befragten            n = 155

Abb. 1: Mobil genutzte Funktionalitäten

! Der unkomplizierte Download von Applika-                  Lernapplikation zu überführen. Vor allem des-
  tionen und der allgegenwärtige Medienkon-                 halb, weil es für den Nutzer sehr einfach ge-
  sum (vom E-Book bis zum Video) werden zur                 worden ist, Informationen über mobile End-
  Selbstverständlichkeit und damit impliziert               geräte – just in time – zu beziehen oder neue
  sich der Anspruch auch auf mobile Lernum-                 Informationen zu generieren, und das mög-
  gebungen, möglichst schnell und unkompli-                 lichst ohne Einbußen bei der Usability.
  ziert auf Content zugreifen zu können.                  ! Die Nutzer mobiler Endgeräte haben täglichen
! Mobile Anwendungen wie E-Mail, Suchma-                    und – je nach Datentarif – unlimitierten Zu-
  schinen, SMS, Video-Streaming, soziale Netz-              gang zum digitalen Datenstrom. Neben den
  werke, Wikipedia und RSS-Feeds spielen heu-               angeführten Anwendungen können Lerncon-
  te schon eine ausgeprägte Rolle in der                    tents komfortabel transportiert werden, sie
  Nutzung von Tablets oder Smartphones.                     müssen aber inhaltlich und grafisch entspre-
  Durch zusätzliche Widgets, die als Helfer in              chend den zur Verfügung stehenden Datenra-
  der grafischen Oberfläche eingebunden sind                ten und dem Betriebssystem des Endgeräts
  (z.B. zur integrierten Nutzung der Kamera),               aufbereitet sein. Lernumgebungen und Con-
  kann der Nutzer selbst Beiträge posten und                tent sind auf die eingeschränkte Bedienbarkeit
  zum Content-Produzenten werden, es entste-                der Endgeräte hin auszulegen. Damit die Ler-
  hen interessante Mehrwerte für Endkunden,                 ner nicht die Lust am Lernen verlieren, muss
  die zusätzlich auch ihren Niederschlag im Bil-            die Usability und Haptik der Lernoberfläche
  dungskontext finden. Die technische Heraus-               den Anforderungen mobilen Lernens ange-
  forderung besteht darin, die unterschied-                 passt sein. Dabei kommt es vor allem auf
  lichen Anwendungen in eine sinnvolle                      schnelle und unkomplizierte Zugriffe an.

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Mobile Learning

! Die neu zu entwickelnde Technik und der auf-      dass sie speziell für eine gewünschte Plattform
    bereitete Content müssen so ausgestaltet        in der jeweiligen Programmiersprache ent-
    werden, dass Lernangebote ohne weiteren         wickelt worden sind. Dies bedeutet im Um-
    Entwicklungs- und Implementierungsauf-          kehrschluss, dass Anwendungen, die für eine
    wand immer wieder aktualisiert und zu neu-      weitere Plattform verfügbar gemacht werden
    en Lernarrangements zusammengestellt            sollen, zumeist von Grund auf neu erstellt wer-
    werden können. Ungeachtet dessen müssen         den müssen. Web-Apps dagegen sind univer-
    dazu noch spezifische Anforderungen von         selle Entwicklungen auf Basis von HTML, CSS
    Lernplattformen wie z.B. Nutzerauthentifi-      und JavaScript, die über den Browser des Geräts
    zierung, Datenverschlüsselung sowie die Do-     aufgerufen werden. Web-Apps zeichnen sich
    kumentation des Lernfortschritts etc. bei der   durch die folgenden Vor- und Nachteile aus:
    Neuentwicklung Berücksichtigung finden.
                                                    ! In der Regel einfacher zu realisieren, da Web-
                                                      technologien verwendet werden.
5     Neuartige technische Trends für die
                                                    ! Plattformunabhängig, einzige Vorausset-
      Umsetzung
                                                      zung ist ein Webbrowser.
Diese Aspekte sind Treiber und technische Heraus-   ! Zugriff auch von Desktop-Rechnern möglich.
forderung zugleich. Sie haben die neuartige tech-   ! Durch HTML5 und CSS3 viele neue Funktionen
nische Entwicklung der Lernanwendung nachhal-         und Gestaltungsmöglichkeiten.
tig geprägt. Dabei haben im Bildungsmarkt ins-      ! Keine Bereitstellung im Marktplatz der Gerä-
besondere die nachfolgend aufgeführten                teplattform, Zugriff oft nur über eine URL,
technischen Trends Einzug in die Ausgestaltung        Vorteil jedoch: Updates sofort für alle Nutzer
von Lernanwendungen gehalten [Zillner 2012].          verfügbar.
                                                    ! Kostenpflichtige Apps nur schwer umsetzbar.
Entwicklung interoperabler mobiler                  ! Quellcode ist sehr leicht einsehbar, dadurch
Lernanwendungen                                       evtl. Nachahmer.
Für die Entwicklung mobiler Anwendungen             ! Nur rudimentäre Unterstützung von Geräte-
sind die bei den Lernenden vorherrschenden Be-        funktionen durch HTML5.
triebssysteme ihrer mobilen Endgeräte zu be-        Bei der Umsetzung einer Lernanwendung als
rücksichtigen. Aktuelle Betriebssysteme unter-      Web-App kann ein möglichst einheitlicher Pro-
scheiden sich in Programmiersprachen (zu-           zess der Softwareentwicklung realisiert und
meist C++, Objective-C, C, Java oder Visual         Schnittstellen an bestehende Plattformen (z.B.
Basic), in den Distributionskanälen für native      Learning Management System – LMS) genutzt
Apps, in unterschiedlichen Bestimmungen für         werden. Dieses Vorgehen ermöglicht zudem
Softwareentwickler hinsichtlich der jeweiligen      auch noch zu einem späteren Zeitpunkt eine
Hardware der Geräte und der Gebühren, die für       Umsetzung als hybride App. Dazu kann je nach
die Bereitstellung der Programme fällig werden.     gewünschtem Betriebssystem die bestehende
    Bei homogenen bzw. heterogenen Voraus-          Web-App anschließend in eine entsprechende
setzungen kommen jeweils unterschiedliche           native App transformiert werden.
Umsetzungsvarianten infrage. Für die Entwick-           Auf Basis der Entwicklungsphilosophie
lung von mobilen Anwendungen lassen sich            »Web-App« kommen für die mobil nutzbaren
grundsätzlich native Apps, Web-Apps und hyb-        Lernmaterialien folgende neue Softwareprodukte
ride Apps unterscheiden. Native Apps eignen         zum Einsatz und es werden weitere unumgäng-
sich vornehmlich für homogene technische Vo-        liche Entwicklungs- und Implementierungsar-
raussetzungen und zeichnen sich dadurch aus,        beiten realisiert.

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Mobile Learning

Produktion der Lerninhalte mit einfachen            größe bzw. die Wünsche des Lesers, damit Usa-
Autorentools                                        bility-Probleme, wie sie von PDF-Dokumenten
Der Lernende soll und möchte mit vielfältigen       bekannt sind, vermieden werden. Anwendun-
modernen Lernmaterialien unterstützt wer-           gen zur Darstellung solcher E-Books existieren
den, wobei diese sowohl Audio- und Videose-         für alle gängigen Mobilplattformen, die oftmals
quenzen als auch Animationen oder Software-         noch nützliche Zusatzfeatures wie Synchronisa-
                                                    tion der Lesezeichen über mehrere Geräte hin-
demonstrationen beinhalten können. Um Auto-
                                                    weg unterstützen. E-Books bieten über das
ren und Dozenten eine rasche Entwicklung von
                                                    EPUB-Format eine Lösung, wie beispielsweise
Lernmaterialien zu ermöglichen, bieten sich
                                                    Skripte, die den Lernenden bisher als Ausdruck
einfache Autorentools (Powerpoint, Captivate
                                                    oder digital als PDF zur Verfügung gestellt wor-
und Presenter) an, die eine intuitive und einfa-
                                                    den sind, in ein mobil konsumierbares Format
che Nutzung ermöglichen. Daraus lassen sich
                                                    umgesetzt werden können.
als Basismaterial viele andere Medien wie z.B.
E-Books, PDF, Audio-/Videosequenzen, klassi-        Transcodierung von Audio- und Videodateien
sches Web Based Training (WBT), Quiz, Multiple-     Des Weiteren können multimediale Inhalte, die
Choice-/Single-Choice-Fragen usw. generieren.       stellenweise sehr bandbreiten- und volumenin-
Eine große Herausforderung stellt jedoch der        tensiv sind, für die Bedürfnisse mobiler Nutzer
schnelle Fortschritt von Betriebssystemen mo-       ohne größere Qualitätsverluste komprimiert
biler Endgeräte dar. Jährliche Updates unter-       werden. Dies steigert nicht nur die Geschwin-
schiedlicher Betriebssysteme verursachen eine       digkeit des mobilen Seitenabrufs, sondern
ständige Anpassung in der Aufbereitung von          schont auch die oftmals volumenbeschränkten
Medien und deren Formate. Um diesen schnel-         Datentarife, sodass nur in seltenen Fällen mit
len Entwicklungen Rechnung zu tragen, ist ein       Mehrkosten durch eine erhöhte Mobilfunkrech-
CMS/LMS-gestütztes Angebot unumgänglich.            nung zu rechnen ist. Ziel ist es, den Teilnehmern
Neben den Anpassungen von Transcodierung            eine für ihr Gerät optimierte Version der Seite
und diverser Austauschformate erschließt der        anzuzeigen. Dies betrifft nicht nur die Schrift-
Einsatz von CMS/LMS auch die Steuerung von          größe der Textinhalte oder etwa die Abmessun-
Inhalten nach Nutzergruppen und vieles andere       gen von Bildern, sondern auch die zugrunde ge-
mehr.                                               legten Formate und Qualitätsstufen.
                                                        Definitionen aus Style-Guide und techni-
Ausgabe von E-Books statt PDF                       sche Spezifikationen bestimmen dabei die Art
Das PDF-Format hat sich als plattformübergrei-      und Weise, wie und in welchem Umfang Rohda-
fendes Austauschformat für Dokumente etab-          ten abgespeichert werden, aus denen im Ein-
liert, um diese exakt so darstellen und drucken     satz befindliche Content-Management-Systeme
zu können, wie dies der Autor vorsah. Zwar gibt     (CMS) selbstständig optimierte Medien erzeu-
es für mobile Endgeräte viele Anwendungen,          gen können. Hierzu bietet es sich an, vor allem
die PDF-Dokumente anzeigen können, doch hat         Videosequenzen vollautomatisch in mehreren
dies zur Folge, dass auf kleinen Bildschirmen oft   üblichen Formaten und Auflösungen zu über-
mehr Zeit mit Scrollen und Zoomen verbracht         tragen, sodass einerseits ein schnell startendes
wird als mit dem eigentlichen Lesen. Unter an-      Abspielen auf verschiedenen Endgeräten er-
derem führten diese Umstände im Markt zur           möglicht wird, andererseits die Qualität nicht
Entwicklung des EPUB-Formats (EPUB – Electronic     zu sehr unter der Transcodierung leidet. Ein Ein-
Publication). Dieses Format erlaubt eine dyna-      führungsvideo in ein neues Lernthema kann
mische Anpassung des Texts an die Bildschirm-       beispielsweise mithilfe des frei erhältlichen

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Mobile Learning

Pakets »FFmpeg/avconv« automatisch in ver-            allen Zimmern, der Lernende mit bestehenden
schiedene Zielformate transcodiert werden.            Basiskenntnissen (Nutzertyp »Modul-Lerner«)
Nach eigenen Erfahrungen können Videos mit            erhält seinem Qualifikationsbedarf entspre-
einer Laufzeit von ca. zwei Minuten, die mit          chende Module im Zugriff. Für den Lernenden,
Adobe Presenter in HD-Qualität erstellt worden        der nur mit spezifischen Granulaten lernen
sind, von über 90 MB auf ca. 11 MB komprimiert        möchte (Nutzertyp »Granulat-Lerner«), ist ein
werden, ohne dass es auf dem Gerät zu signifi-        weiteres Klassenzimmer angelegt, das quasi als
kanten Einbußen kommt. Im Workflow können             Onlinebibliothek dient. Die dort eingestellten
Autoren ihre Inhalte auf ein Content-Manage-          Materialien bauen wie oben beschrieben nicht
ment-System laden, das im Hintergrund auto-           didaktisch aufeinander auf, sind aber besser
matisch den Konvertierungsvorgang durch-              durchsuchbar.
führt. Da vor allem die Videokonvertierung ein
sehr zeitintensiver Vorgang ist, der nur schlecht     6       Organisatorische Ausgestaltung
in Echtzeit erledigt werden kann, werden im Be-               mobilen Lernens
trieb Videosequenzen in den gängigen HTML5-
Videoformaten (MP4, WebM und Ogg) vorge-              In diesem Abschnitt stehen die notwendigen
halten. Im Anschluss daran wird ein Code er-          organisatorischen Prozesse für die Entwicklung
zeugt, der den gerätespezifischen Abruf von In-       und Umsetzung mobilen Lernens im Fokus. Da
halten erlaubt.                                       Referenzmodelle zum mobilen Lernen bis dato
                                                      nicht existieren, seien hier Prozesse in Anleh-
Nutzertypgerechter Zugriff auf Lernmaterialien        nung an ein bestehendes Modell aus dem
über Lernmanagementsystem                             eLearning-Kontext (Rostocker Modell zur syste-
Um den Anspruch der unterschiedlichen Nut-            matischen Entwicklung von eLearning-Angebo-
zertypen gerecht zu werden, lassen sich auf           ten [Hambach 2008]) vorgestellt. Die folgende
gängigen Lernmanagementsystemen (im An-               Prozesskette in Abbildung 2 beinhaltet von der
                                                      Produktidee bis zur konkreten Leistungserbrin-
wendungsbeispiel ist die Lernplattform Moodle
                                                      gung acht Teilprozesse.
im Einsatz) sogenannte Klassenzimmer anle-
                                                          In der Umsetzung mobilen Lernens ergeben
gen, über die ein lernerspezifischer Zugriff auf
                                                      sich diverse neue Prozesse im Vergleich zum
Lernmaterialien und -aufgaben geregelt wer-
                                                      herkömmlichen eLearning, die entweder we-
den kann. Das modularisierte und granulierte
                                                      sentlich wichtiger sowie umfangreicher werden
Lernangebot erfordert dabei eine differenzierte
                                                      oder die speziell gemanagt werden müssen.
Nutzung. Für jedes angebotene Blended-
Learning-Modul wird ein eigenes Klassenzim-           Zielgruppen- und Inhaltsanalyse (1): Die starke
mer angelegt. Der Komplettpaket-Lernende              Individualisierung des Lernangebots macht es
(Nutzertyp »Kurs-Lerner«) erhält so Zugriff zu        notwendig, die Bedürfnisse der potenziellen

    1) Zielgruppen-                         3) Curriculum-,         4) Bereitstel-
          und               2) Kurs-         Lernkonzept-          lung, Wartung      5) Medien-
    Inhaltsanalyse        entwicklung        Entwicklung             Lerninfra-       produktion
                                                                       struktur

    6) Zusammen-           7) Kurs-                                                  8) Personal-
        stellung         management                                                 entwicklung
     Kursangebot          & -betrieb                                                 (fortlaufend)

Abb. 2: Wertschöpfungskette zu mobilem Lernen

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Mobile Learning

Kunden sowie die technischen Rahmenbedin-           können und somit Mehrwert durch eine mobile
gungen präzise zu erheben und zu analysieren.       Konsumierbarkeit bieten, wird an diesem Bei-
Um eine möglichst optimale Kundenorientie-          spiel im nachfolgenden Abschnitt aufgezeigt.
rung zu erreichen, kommt insbesondere der
                                                    Kursentwicklung (2): Bei der Kursentwicklung
Identifikation und Priorisierung der Lerneran-
                                                    werden die nutzerfreundliche mobile Vermitt-
forderungen eine Schlüsselrolle zu [Baier 2009].
                                                    lung von Lerninhalten, das problembezogene
Da im konkreten Fall unterschiedlichste Akteure
                                                    Ad-hoc-Lernen und die Individualisierung des
aus differenzierten Aufgabenfeldern mit unter-
                                                    Angebots vorgedacht und verankert. Um Lern-
schiedlich großem Vorwissen in unterschiedli-
                                                    inhalte in den situativen Arbeitskontext zu inte-
chen Lernszenarien ein individuell zugeschnit-
                                                    grieren, sind geeignete Lernszenarien zu identi-
tenes Lernangebot rezipieren sollen, ist die Eru-
                                                    fizieren und Aufgaben zu entwickeln. Für den
ierung der jeweiligen Belange von nicht nur
                                                    Lerninhalt der »Planung und Projektierung von
inhaltlichen, sondern auch funktionalen Anfor-
                                                    Smart-Home-Systemen« sind diese beispielhaft
derungen an ein mobiles Lernangebot sowie
                                                    in Tabelle 2 aufgeführt.
diesbezügliche Mehrwerteinschätzung gegen-
über einem konventionellen Lernangebot von          Curriculum- und Lernkonzept-Entwicklung (3):
hohem Interesse. So sprachen sich z.B. laut der     Durch die knappe, aber prägnante Form der In-
durchgeführten Zielgruppen- und Inhaltsanaly-       haltsvermittlung über Lerngranulate ist ein spe-
se über 88% für das Thema »Planung und Pro-         zifisches Detailkonzept für Lerninhalte zu er-
jektierung von Smart-Home-Systemen« aus             stellen und ein Lernkonzept zu entwickeln. So
[Hoberg & Fischbein 2012]. Inwiefern diese Lern-    beinhaltet dieser Schritt die Zerlegung der Lern-
inhalte im Arbeitskontext unterstützend wirken      inhalte auf eine granulare Ebene, die in sich ab-

      Lernszenario                  Aufgaben
 1    Auf aktuelle Nachrichten und Neue fachliche und inhaltliche Contents des Kurses wie
      Informationen zugreifen      Normänderungen, Vorschriften, Gesetzeslagen

 2    QR-Code über neues            Anleitungen im Video veranschaulichen wie z.B.
      Produkt scannen und           Programmieranleitung bei der Umsetzung abfilmen:
      darüber lernen                Energiedaten-Gateway in die Automation einbinden, sodass ein
                                    Gerät in Bus-Hierarchie aufgenommen und logisch verknüpft
                                    wird.
 3    Komplexe Arbeitshilfen in     Anforderungslisten wären denkbar, um Kundenbedarfe
      der Arbeit nutzen             aufzunehmen und in Funktionserfordernisse zu übertragen
                                    (Funktionsmatrix). Zudem können mobile Funktionalitäten auch
                                    gleichzeitig zur Dokumentation beim Kunden genutzt werden.
                                    Beispiel: Lösungsberatung zur Systemtechnik »Smart Home«,
                                    dort bestehen komplexe Anforderungen zur Energieeffizienz
                                    gemäß DIN 15232: Übertragung der Funktionen (z.B. Belüftung,
                                    Beleuchtung, Automation...) in Ampelsystematik. Mehrwert ist die
                                    sofortige Transparenz für den Kunden: »Wenn wir hier sparen,
                                    dann kollidieren sie mit gesetzlichen Anforderungen im Rahmen
                                    der Energieeinsparverordnung.«
 4    Mobile/Smarte Lerninhalte     Mobiler Zugriff auf Smart-Home-WBT-Trainings
      konsumieren

Tab. 2: Verknüpfung mobiler Lernszenarien mit Aufgaben im Modul »Planung und Projektierung von
        Smart-Home-Systemen«

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Mobile Learning

geschlossene sinnvolle Lernsequenzen bilden        4. Nachdem die Gruppenarbeiten vorliegen
und zeitgleich untereinander möglichst unab-          und durch den Dozenten kommentiert wur-
hängig und überschneidungsfrei sind. Ein be-          den, schaltet dieser ein E-Books zu den
sonderer Charme mobilen Lernens ist es, unter-        »Assistenzfunktionen nach VDI 3812« im
schiedliche Formen von User Generated Con-            Smart Home frei. In einer etwa 30-minüti-
tent (UGC) in den Lernablauf zu integrieren. Das      gen Lernsequenz lernt der Teilnehmer den
aktiviert die Lernenden und intensiviert die          Zusammenhang von Nutzen und Funktio-
Lernprozesse. Damit dies gut gelingt, sind im         nen aus der Gruppenarbeit mit den normati-
untenstehenden Fenster mobile Lernsequenzen           ven Anforderungen der VDI 3812 zu verbin-
skizziert, um einen konkreten Einblick in den         den und kann dadurch Praxisbezüge
Ablauf des mobilen Lernens der unterschiedli-         herstellen. Es folgen weitere Lernimpulse ge-
chen Nutzertypen »Kurs-Lerner« oder »Modul-           mäß den Punkten 1-4 mit der Hinführung zu
Lerner« zu erhalten. Solche Lernsequenzen wer-        weiteren Normen wie z.B. DIN EN 15232 [DIN
den in einem Leitfaden mit konkreten Hinweisen        EN 15232:2012-09] oder DIN V 18 599 Teil 11
zur Methodik und Didaktik sowie Handreichun-          [DIN V 18599-11:2011-12]. Nebenbei zeigt hier
gen für Dozenten und Lerner dokumentiert.             UGC aus Foren oder Tutorien auch neue in-
                                                      haltliche Teilnehmerbedarfe auf, die durch
Lernsequenz aus einem Didaktik-Leitfaden:
                                                      ein erweitertes oder neues Lernangebot ge-
1. In einem 8-minütigen WBT-Training werden           zielt bedient werden können.
   erste Grundlagen zu dem Nutzen und den          5. In einer nachgelagerten Praxisphase lernen
   Funktionen von Assistenzfunktionen gemäß           die Teilnehmer, wie man Assistenzfunktio-
   VDI 3812 im Kontext Smart Home vermittelt.         nen gemäß VDI 3812 in einem Smart Home
2. Darauf aufbauend analysiert der Lerner             normkonform programmiert und dabei auch
   durch eine Aufgabenstellung Problemfelder          gesetzliche Vorgaben zur Energieeinsparung
   (Budget, mangelnde Beratungskompetenz,             und -effizienz erfüllt.
   Baufortschritt, Normenkenntnisse …), die
   gegen den Einsatz im Smart Home sprechen.       Bereitstellung und Wartung der Lerninfrastruk-
   Im Forum werden diese Problemfelder auf-        tur (4): Bei der Konzeption eines mobilen Lern-
   gedeckt und diskutiert. Die Teilnehmer re-      angebots ist im Vorfeld zu eruieren, ob das An-
   flektieren eigene Erfahrungen, die in der       gebot auf unterschiedlichen Endgeräten mit
   Praxis zu einem Scheitern von Automations-      verschiedenen Displaygrößen und Betriebssys-
   projekten im Smart Home geführt haben.          temen zu konzipieren ist (vgl. Abschnitt 3). Dies
3. In einem Tutorium teilt der Tutor drei Grup-    bedeutet einen erheblich größeren program-
   pen jeweils eine Aufgabe in Form einer Funk-    miertechnischen Arbeitsumfang. Dieser betrifft
   tionsmatrix zu, die mittels Gruppenarbeit       sowohl die Implementierung als auch die
   bearbeitet werden soll. Dabei entwickeln die    durchzuführenden Tests der Funktionalitäten
   Teilnehmer Lösungen, indem sie den Nutzen       der Lerninfrastruktur. Aufgrund der Heterogeni-
   und die Funktionen der Gebäudeautomation        tät von Geräten und Betriebssystemen sowie
   im Smart Home herausarbeiten. Dadurch           der schnellen Veränderungen von Anforderun-
   wird ein Gegengewicht zu den Problemfel-        gen und Möglichkeiten durch neue Hard- und
   dern aufgebaut und die Beratungskompe-          Software im mobilen Bereich potenzieren sich
   tenz der Teilnehmer erweitert. Nach Ab-         auch Fehlerquellen und Möglichkeiten zur Ver-
   schluss des Tutoriums wird die Session als      besserung der Lerninfrastruktur. Dazu kommt,
   Mitschnitt in der Lernanwendung einge-          dass die Anwender oftmals selbst keine hilfrei-
   stellt.                                         che Fehlerbeschreibung liefern. Daher ist der

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Mobile Learning

Wartungsprozess stärker als bisher zu systema-       technischer Support für den laufenden Betrieb
tisieren und zu formalisieren.                       unterstützt die Lernenden und Dozenten.
Medienproduktion (5): Die Überführung von Lern-      Personalentwicklung (8): Die Personalentwick-
inhalten in ein granulares, für die mobile Nut-      lung läuft parallel zu den übrigen dargestellten
zung aufbereitetes Format ist mit hohem Zeit-        Prozessschritten (deshalb gestrichelt darge-
aufwand bei der Medienproduktion verbunden           stellt) und muss frühzeitig begonnen werden,
(vgl. Abschnitt 3). Durch den hohen Aufwand der      um ein zeitnahes Anlaufen des Lernangebots zu
Erzeugung mobil nutzbarer kleiner Lerneinhei-        gewährleisten. Die Personalentwicklung ist zu
ten ist darauf zu achten, den Aufwand bei der        starten, wenn ein wirtschaftlich tragfähiges
Medienerstellung zu minimieren. Durch die Fest-      Grobkonzept des Angebots erstellt ist (Zeit-
legung einheitlicher Medienarten und -formate        punkt der Curriculum- und Lernkonzeptent-
sowie Gestaltungsrichtlinien zum Content-            wicklung (3)).
Erstellungsprozess und eine gezielte Aufgaben-           Um den organisatorischen Aufwand konti-
zuweisung an die Beteiligten der Lernangebots-       nuierlich zu optimieren, ist es ratsam, eine
konzeption wird der Medienerstellungsprozess         durchgängige Qualitätssicherung in alle Pro-
standardisiert und damit rentabler.                  zessschritte zu integrieren.
Zusammenstellung Kursangebot (6): Entspre-
chend den im Kurs zum Einsatz kommenden              7   Fazit: Potenziale mobilen Lernens im
Lernszenarien sind die benötigten Funktionali-           Smart Home/Smart Grid
täten einzurichten. Dies können z.B. Onlinetu-       Die Untersuchung bisheriger Umsetzungspro-
torien, Chat-Funktionalitäten oder Abstim-           jekte zeigte, dass sich bislang keine mobile Lern-
mungstools sein. Danach sind die Lerngranula-        anwendung als umfassendes Weiterbildungs-
te auf der Plattform zusammenzufügen. Dazu           konzept beweisen konnte. Das vorgestellte An-
werden zunächst die Module innerhalb des             wendungsbeispiel erschließt als erstes Projekt
Klassenzimmers angelegt. Diesen sind dann die        die volle Breite vorhandener Potenziale im mobi-
entsprechenden Lerngranulate in der vorgese-         len Lernen. Durch die granulierten Medien- und
henen Struktur zuzuordnen. In diesem Prozess-        Lerninhalte können kurz- wie langfristige Quali-
schritt ist ebenso die Frage zu klären, ob ein On-   fikationsziele mit passgenauen Weiterbildungs-
line-Assessment zur Eignungsdiagnostik der           formaten bedient werden. Mit dem Lernange-
Teilnehmer eingesetzt werden soll, was bei ei-
                                                     bot kann nicht nur im formalen Rahmen, son-
nem derartigen Lernangebot ratsam ist (siehe
                                                     dern darüber hinaus jederzeit und an jedem Ort
nachfolgend Punkt 7). Nach erfolgter Einstel-
                                                     im irrelevanten Kontext gelernt werden, wobei
lung des Kurses auf dem Lernmanagementsys-
                                                     der physische und sozialisierende Kontext situa-
tem bzw. der Granulate in einer Onlinebiblio-
                                                     tiv erschlossen werden kann (vgl. Tab. 3).
thek ist das gesamte Angebot abschließend
                                                          Einen besonders hohen Stellenwert nimmt
durch Dozenten und IT zu überprüfen.
                                                     der »physische Kontext« beim Thema Smart
Kursmanagement und -betrieb (7): Aus der ange-       Home / Smart Grid ein, da gerade der Umge-
strebten Individualisierung und Flexibilisierung     bungskontext der Arbeit situiertes, problemorien-
des Lernens resultieren erhöhte Aufwände im          tiertes und arbeitsprozessnahes Lernen er-
Bereich Kursmanagement und -betrieb. Es be-          möglicht. Mit Zugriff auf und Suche in der On-
steht die Notwendigkeit einer fundierten Lern-       linebibliothek wird selbstgesteuertes Lernen im
begleitung. Diese kann teilweise durch ein           Arbeitsprozess praktikabel. Im Anwendungsbei-
Online-Assessment unterstützt werden. Ein            spiel stößt die Erschließung des physischen

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Mobile Learning

                  Irrelevanter         Formalisierter Physischer                 Sozialisierender
                  Kontext              Kontext        Kontext                    Kontext
Kategorie         Keine                Organisatorische Kognitive Funktion       Sozialisierende
Funktion des                           Funktion                                  Funktion
Umgebungs-
kontextes
Typisierter       Schreibtisch, Bus,   Klassenraum       Museum, Zoo,            Community, Peers
Kontext           Baggersee                              Stadtführung, Arbeit
Lernformen        Selbstgesteuertes, Kollektives         Situiertes, problem-    Soziales
                  individuelles      Lernen              orientiertes und        Lernen
                  Lernen                                 arbeitsprozessnahes
                                                         Lernen
Ziel von          Zugang zu Daten,     Aktivierung       Kontextanreicherung,    Zugang zu
mobilem           Inhaltsvermittlung   Lernender         Moderation              Personen,
Lernen                                                                           Moderation,
                                                                                 Awareness
Relativer     Sehr gering              Gering            Hoch                    Sehr hoch
Komplexitäts-
grad in der
didaktischen
Gestaltung

Tab. 3: Übersicht über die Kategorien mobilen Lernens [Frohberg 2008, S.42]

Kontexts bei der Durchführung von Modulen            binden und den Austausch zwischen Anwen-
und Kursen jedoch an Grenzen. Denn nicht im-         dern und Herstellern zu befördern.
mer sind Arbeitszusammenhänge zu Lernzwe-                Während mobiles Lernen als »Lern«-
cken geeignet. Teilweise lassen sich durch Auf-      Konzept für einen formal gegebenen Rahmen
gaben didaktisch geplante mobile Lernszenarien       durchaus Grenzen in der Erschließung des
erschließen. Häufig aber bietet die aktuelle         Arbeitskontexts aufgezeigt hat, bietet es als
Arbeitssituation der Teilnehmenden keine fach-       »Wissensmanagement«-Konzept Potenzial. Zum
lich adäquaten Lernchancen. Manchmal ist es          Beispiel kann eine echte Arbeitsprozessintegra-
aus Haftungsgründen fraglich, zu gefährlich          tion einer mobilen Anwendung für eine lücken-
oder auch zu kostspielig, direkt im Arbeitspro-      lose Dokumentation von Störungen gelingen.
zess zu lernen. Deshalb kann es für formales         So müssen vorgenommene Wartungsarbeiten
arbeitsprozessorientiertes Lernen notwendig          gesetzlich durchgeführt und durch Dokumen-
sein, die Arbeitswirklichkeit durch handlungs-       tation belegt werden. Bei regelmäßiger Pflege
orientierte Lernsituationen in Praxispräsenzen       lässt sich per Knopfdruck dem Kunden eine Be-
zu ersetzen und so ein situatives und systemati-     scheinigung zu Einhaltung der DIN EN 15232
sches Lernen miteinander zu verbinden, was           oder DIN V 18 599 Teil 11 erzeugen. Damit be-
gleichzeitig auch einen schonenden Umgang            kommt z.B. der Endkunde ein wichtiges Doku-
der zeitlichen Ressourcen der Lernenden er-          ment in die Hand, das die Einhaltung der EnEV
möglicht [Meyser 2009].                              (Energie-Einspar-Verordnung) bestätigt.
    Die kollaborativen Funktionalitäten der              Insgesamt lässt sich über das Anwendungs-
Lernanwendung (sozialisierender Kontext) tra-        beispiel hinaus formulieren, dass »die Verbrei-
gen dazu bei, gezielt alle Interessengruppen         tung und Übernahme von Innovationen ein kol-
(Kurs-, Modul- und Granulat-Lernende) zu ver-        lektiver Lernprozess ist, der an die Beteiligten

HMD 291                                                                                            93
Mobile Learning

kaum geringere Anforderungen stellt als die ei-              [Hambach 2008] Hambach, S.: Systematische Ent-
gentliche Schaffung der zu verbreitenden Neue-                   wicklung von E-Learning-Angeboten. Vorge-
rung« [Durth 2000]. Mobiles Lernen kann ins-                     hensmodell und Entwicklungsumgebung. IRB
besondere im physischen und sozialen Umge-                       Verlag, Stuttgart, 2008.
bungskontext einen hohen Wertbeitrag für die                 [Hoberg & Fischbein 2012] Hoberg, A.; Fischbein, E.:
Diffusion des Technologiewissens leisten. Her-                   Absatzmarktanalyse im Projekt SMARTMOBILE.
                                                                 Institut für Arbeitswissenschaft und Technolo-
steller und Installationsunternehmen können
                                                                 giemanagement, Stuttgart, 2012.
die Wissensdiffusion in ähnlicher Weise umset-
                                                             [Hoberg & Gohlke 2011] Hoberg, A.; Gohlke P.: Selbst-
zen und über Kommunikationskanäle zu eige-                       organisiertes Lernen 2.0. HMD – Praxis der Wirt-
nen Mitarbeitern und Kunden einen Beitrag                        schaftsinformatik 48 (2011), 277, S.63-72.
zum kollektiven Lernprozess leisten.                         [Meyser 2009] Meyser, J.: Handlungsorientiertes
                                                                 Lernen in der beruflichen Bildung. Berlin, 2009.
8    Literatur                                               [Renkel 1985] Renkel, H.-P.: Technologietransfer-
                                                                 Management in Japan. Bergisch Gladbach,
[Ashton 2009] Ashton, K.: That 'Internet of Things'
                                                                 Köln, 1985, S. 2.
    Thing. RFID Journal, 22. Juli 2009. www.rfid-
                                                             [TNS Infratest 2012] TNS Infratest: Trendbüro: GO
    journal.com/articles/view?4986; Zugriff am
                                                                 SMART 2012: Always-in-touch. Studie zur
    29.04.2013.
                                                                 Smartphone-Nutzung 2012. In Auftrag gege-
[Baier 2009] Baier, D.: Conjointanalyse. Methoden,
                                                                 ben durch Otto Group und Google, 2012.
    Anwendungen, Praxisbeispiele. Springer-Verlag,
                                                             [Zillner 2012] Zillner, F.: Konzeption und Entwick-
    Berlin, Heidelberg, 2009, S. 115.
                                                                 lung eines Mobile Learning Systems für die
[Bitkom 2011] Bundesverband Informationswirt-
                                                                 Technologiebereiche Smart Home und Smart
    schaft,Telekommunikation und neue Medien e.V.:
                                                                 Grid. Stuttgart, Bachelorarbeit, 2012.
    Mobile Kommunikation – Daten und Trends. Pres-
    sebeitrag Friedrich Joussen, BITKOM-Präsidiums-
    mitglied. Berlin,15. Februar 2012, www.bitkom.org/                      Anna Hoberg
    files/documents/BITKOM-Praesentation_PK_Mobile_                         Christian Piele M.A.
    World_15_02_2012.pdfPraesentation_PK_Mobile_                            Fraunhofer-Institut für
    World_15_02_2012.pdf; Zugriff am 29.04.2013.                            Arbeitswirtschaft und Organisation
[DIN EN 15232:2012-09] DIN EN 15232:2012-09: Ener-                          Business Performance Management
    gieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäu-                         Nobelstr. 12
    deautomation und Gebäudemanagement, 2012.                               70569 Stuttgart
[DIN V 18599-11:2011-12] DIN V 18599-11:2011-12:                            {anna.hoberg, christian.piele}@
    Energetische Bewertung von Gebäuden – Be-                               iao.fraunhofer.de
    rechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebe-                           www.iao.fraunhofer.de
    darfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trink-
    warmwasser und Beleuchtung – Teil 11:                                   Jörg Veit
    Gebäudeautomation, 2011.                                                Elektro Technologie Zentrum (etz)
[Durth 2000] Durth, R.: Die Ausbreitung von Inno-                           Stuttgart
    vationen. Wissenschaft für die Praxis. Wissen-                          Krefelder Str. 12
    schaftsdienst 2000/X, 2000, S. 633-640.                                 70376 Stuttgart
[Frohberg 2008] Frohberg, D.: Mobile Learning.                              veit@etz-stuttgart.de
    Dissertation, Zürich, 2008, S. 42.                                      www.etz-stuttgart.de

Hoberg, A.; Piele, C.; Veit, J.: Mobiles Lernen für Smart Home/Smart Grid. HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik
50 (2013), 291, S. 80-94.

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