Musculus - Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest - Steirische Gesellschaft für Muskelkranke

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Musculus - Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest - Steirische Gesellschaft für Muskelkranke
Steirische Gesellschaft für Muskelkranke

musculus
Dezember / 2016                   Nr. 56 / 14. Jahrgang

 Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern
     ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest
             und ein gutes Neues Jahr.
  musculus – Dezember 2016                         1
Musculus - Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest - Steirische Gesellschaft für Muskelkranke
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ................................................................................................................................... 3
Hex Hex – Mutter sein mit Behinderung........................................................................... 4
Wie und warum strebt der Mensch nach Optimierung seiner selbst?........................... 7
Bündnis fordert Menschenrecht auf inklusive Bildung für alle...................................... 9
Sterbehilfe – Ein Update..................................................................................................... 14
Die verschwiegenen und vergessenen Probleme der Mindestsicherung.................... 16
Das Recht zu wählen und die Pflicht, dies zu unterstützen.......................................... 19
Die Welt hält den Atem an: Donald Trump ist neuer US-Präsident............................. 21
Meine Reise nach Amsterdam............................................................................................ 22
Steiermark: Bescheide sollen verständlicher werden!.................................................... 24
Parlament spricht sich für selbstbestimmtes Wohnen für
Menschen mit Behinderung aus........................................................................................ 25
Persönliche Assistenz muss ebenso im Pflegefonds integriert sein.............................. 26
Erfahrungsaustausch mit Selbstbestimmt Leben Steiermark........................................ 27
Benefiz-Basar „Bunter Herbst“.......................................................................................... 28
Tipps und Hinweise............................................................................................................. 29
Nützliche Adressen.............................................................................................................. 30
Ausstellung im GrazMuseum............................................................................................ 32
Gedicht................................................................................................................................... 32

            Unsere Termine
               für 2017:
             Stehen noch nicht fest.

                                                                              Schwarz
      Wir möchten unsere Gruppentreffen

                                                                              Schwarz
      auf samstags verlegen, damit auch
          die berufstätigen Mitglieder
       Gelegenheit haben zu kommen.                                                      wie die Nacht und unsere
            Außerdem möchten wir                                                    Liebewie
                                                                                          zurdie
                                                                                              „Schwarzen
                                                                                                 Nacht undKunst“
                                                                                                           unsere
              regional abwechseln.                                                  Liebe zur „Schwarzen Kunst“
        Termin und Ort werden jeweils
         rechtzeitig bekannt gegeben.

                 22. Juni 2017:
           Sommerfest im Gansrieglhof ?
                 4. November:                                                          www.rehadruck.at
              2017: Benefiz-Basar ?                                                    www.rehadruck.at
Musculus - Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest - Steirische Gesellschaft für Muskelkranke
Vorwort
Liebe Freundinnen und Freunde,             „Auf dem Bundeskongress „Eine für alle
Weihnachten steht vor der Tür; das Jahr    – die inklusive Schule für die Demokra-
neigt sich dem Ende zu.                    tie“ am 26./27.9. in Frankfurt hat ein
Wir planen Neues: Vielleicht halten Sie    Bündnis aus sieben Veranstaltern die
den musculus in dieser Form als Druck-     politische Verwirklichung eines men-
ausgabe zum letzten Mal in Ihren           schenrechtsbasierten und demokrati-
Händen, vielleicht gibt es ihn im näch-    schen Schulsystems gefordert“, berichtet
sten Jahr nur noch als PDF-Datei und       Brigitte Schumann. Es geht den Veran-
wird Ihnen per E-Mail zugeschickt.         staltern um einen Paradigmenwechsel
Auch für unsere Gruppentreffen su-         in der Bildungstheorie, um Inklusion als
chen wir nach einer neuen Struktur,        „Vielfalt in der Einheit“ zu ermöglichen.
damit mehr Mitglieder die Möglichkeit      Marianne Karner schreibt über besorg-
haben zu kommen.                           niserregende neue Entwicklungen in der
Ein Experiment ist schon geglückt: Der     Sterbehilfe in Belgien und den Nieder-
traditionelle Weihnachtsbasar wurde in     landen wie auch in der Schweiz.
einen Benefiz-Basar „Bunter Herbst“        Katharina Müllebner macht sich Gedan-
verwandelt und fand mit großem Er-         ken darüber, was die Wahl Donald
folg am 5. November statt. Werner          Trumps für Minderheitenrechte in den
Kleinschuster berichtet und bedankt        USA bedeuten könnte; und Harald
sich bei allen, die zum Gelingen dieses    Schmerlaib lässt uns an seiner Reise
Festes beigetragen haben. Der Basar im     nach Amsterdam teilnehmen.
Herbst und das Sommerfest Ende Juni        Die Forderung nach selbstbestimmtem
sollen auch im nächsten Jahr Fixpunkte     Wohnen für Menschen mit Behinder-
bleiben. Ungewiss ist noch, wie wir des    ung sowie die Verankerung der PA im
30jährigen Jubiläums unseres Vereins       Pflegefonds sind weitere Themen in
gedenken werden.                           diesem Heft.
Mutter sein mit Behinderung: Dazu          Mit einem herzlichen Dank an alle, die
gehört viel Mut, wie uns Elisabeth Löff-   zum Gelingen des musculus beigetragen
ler in ihrem Artikel vermittelt.           haben, wünsche ich
Das menschliche Streben nach Optimie-      uns eine besinn-
rung war Thema der 5. Internationalen      liche Adventszeit,
Hartheimkonferenz in Schloss Hart-         frohe Weihnachten
heim. Zur Sprache kam dabei auch „die      und ein gutes
riskante Allianz von Technik und Disa-     Neues Jahr.
bility“ sowie die „Verwendung von PID
als Ausleseinstrument“, wie im Bericht       Barbara Streitfeld
von Angela Wegscheider zu lesen ist.                Redaktion

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Hex Hex –
Mutter sein mit Behinderung
„Ja, ich will“, antwortete ich schnip-    derung. Vielleicht wird daraus auch ein
pisch, um die eigene Unsicherheit und     Persönliches Budget, natürlich.
Angst nicht hochkommen zu lassen und      Die unterstützte Entscheidungsfindung
der Frage meiner Mutter, warum ich mir    löst die Sachwalterschaft ab und auch
das auch noch antun möchte, keine         Frauen mit Lernschwierigkeiten kön-
weitere folgen zu lassen. Die Reaktion    nen sich für eine Mutterschaft entschei-
meiner Mutter hat mich weder verwun-      den. Und bevor ich als unrealistische
dert noch kam sie unerwartet.             Träumerin abgestempelt werde, möch-
Ich war damals 39, körperlich behindert   te ich auf die UN-Behindertenrechts-
ohne Aussicht auf eine längerfristige     konvention, Artikel 23 verweisen, die
Partnerschaft oder Alimente und           Sozialminister Dr. Erwin Buchinger im
außerdem gewollt, geplant und glück-      März 2007 unterzeichnet hat.
lich schwanger.                           Der Artikel 23 der UN-Behinderten-
Seit vielen Jahren wünschte ich mir ein   rechtskonvention verpflichtet die Ver-
Kind und als sich bis Ende 30, keine      tragsstaaten wirksame und geeignete
Beziehung ergeben hatte, in der ein       Maßnahmen zu treffen, um die Diskri-
Kind auch seinen Platz finden konnte,     minierungen von Menschen mit Behin-
entschied ich mich für einen eher un-     derungen auf der Grundlage der
konventionellen Weg, und mit einiger      Gleichberechtigung mit anderen in
Planung und viel Glück konnte ich mir     Fragen der Ehe, Familie, Elternschaft
den Wunsch nach einem Kind erfüllen.      und Partnerschaft zu beseitigen.
Meine Tochter ist mittlerweile 6 ½ Jah-   Die rechtliche Lage ist klar – es geht
re alt und weiß, was Barrierefreiheit     jetzt nur noch darum, diese Rechte auch
bedeutet, besonders wenn diese nicht      umzusetzen.
gegeben ist. Denn dann müssen wir
warten, bis eine „richtige U-Bahn         „Wer ist für Sie zuständig?“
kommt“ – eine, wo die Mama auch           In Internetforen finden sich einige we-
hinein kann. Dann zaubern wir ge-         nige Artikel von Müttern mit Behinde-
meinsam wie Bibi Blocksberg, aber das     rung. Auffallend ist dabei, dass diese
funktioniert nicht immer.                 oft einem bestimmten Schema folgen.
                                          Am Beginn der Kinderwunsch der
HEX, HEX möchte ich sagen                 Frauen, die Kraft dieser Frauen, sich
Dann gibt es sie, die bedarfsgerechte,    diesen Wunsch, trotz mehr oder weni-
bundesweit einheitliche Persönliche       ger offener Widerstände zu erfüllen.
Assistenz für alle Menschen mit Behin-    Dann eine kurze Beschreibung der an-

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fänglichen Schwierigkeiten – wobei es     rer zu erfüllen, rückte erst durch das
weniger um die persönlichen als um        Leben mit Persönlicher Assistenz in
bauliche und Unsicherheiten sowie Un-     greifbare Nähe.
wissenheit der nichtbehinderten Mehr-     Meine praktische, jahrelange Erfahrung
heit geht – und wie sie und ihre Kinder   mit selbstbestimmtem Leben mit Persön-
diesen im Kindergarten- und Schulalltag   licher Assistenz, sowie die Bestärkung
mit Wort und Tat entgegen wirken.         durch einzelne Personen in meinem
Schließlich das HAPPY END: Glück-         privaten Umfeld gaben für mich letztlich
liche Mutter, glückliches Kind und ein    den Ausschlag, diesen Weg zu wagen.
verständnisvolles Umfeld.                 Auch gegen den Widerstand von ande-
Dabei wird in Wirklichkeit das Wohl       ren, weit weniger unterstützenden
des Kindes gern vorgeschoben, um die      Personen, gegen die meist von Geher-
Rechte der Mutter mit Behinderung zu      Innen ausgedrückte „Skepsis“.
ignorieren.                               Verwandte, beste FreundInnen, aber
Eine meiner größten Ängste war, dass      auch entferntere Bekannte, bis hin zu
mir das Spital oder das Jugendamt das     Unbekannten auf der Straße – alle fühl-
Kind wegnehmen wird. Daraus folgte        ten sich berufen, mir zu erklären, wie
der innere Druck, die beste, perfektes-   schwierig es doch sein würde, und
te Mutter mit dem gesündesten Kind        immer wieder die Frage: „Wieso willst
sein zu müssen, sonst passiert das        du dir das auch noch antun?“
Befürchtete.                              Ja, der Alltag mit Kind und mit der
Und tatsächlich war gleich die erste      eigenen Behinderung kann schwer
Frage der Sozialarbeiterin, als ich we-   sein – und ja, selbstverständlich sind
gen Komplikationen früher als geplant,    solche Schwierigkeiten zu bewältigen.
ins Spital musste: „Wer denn für mich     Passende Unterstützung ist dafür ein
zuständig sei und sich um das Kind        Schlüsselelement – Persönliche Assi-
kümmern würde, wenn wir wieder zu         stenz das praktische Modell dazu.
Hause sind“.
So landete ich wieder einmal in der       Die Fragen bleiben –
Rolle der „Lehrbeauftragten“, die         der Rechtfertigungsdruck auch
über Selbstbestimmt Leben, Persön-        „Bist du sicher, dass du das schaffst?“
liche Assistenz und Menschenrechte        „Wer soll sich wirklich um das Kind
referiert.                                kümmern?“ „Hat er dich verlassen?“
                                          „Bist du vergewaltigt worden?“ „Willst
Doch zurück zum Wunsch,                   du das Kind behalten?“- all diesen
der Mutter der Tat!                       Fragen wollen wir Einhalt gebieten,
Mein Kinderwunsch stand schon in          und treten deshalb öffentlich so auf, als
sehr jungen Jahren fest, die reale Mög-   würden wir alles schaffen.
lichkeit, ihn mir auch unabhängig vom     Wir können das, und wir sind auch
Einverständnis oder Wohlwollen ande-      immer glücklich dabei. Zweifel können

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da keinen Platz finden, nicht zuletzt,     Möglichkeit oder gar das Recht auf
weil es ja nicht mehr nur um uns geht:     Elternschaft damit noch weiter in die
Spielplätze, Kindergärten und Schulen,     Ferne rückt.
die nicht barrierefrei sind, zeigen auch   Inklusion ist definiert als gleichberech-
unseren Kindern: Da passt was nicht.       tigte Teilhabe von Frauen und Männern
Sie hören: „Deine Mama ist arm, die ist    mit Behinderung. Der Begriff ist inzwi-
im Rollstuhl.“ Ich helfe dir gern in der   schen in aller Munde, die Behinderten-
Sandkiste, deine arme Mama kann ja         rechtskonvention ist unterschrieben,
nicht dazu.“ Ganz ehrlich, welches         nur: Papier ist geduldig.
Kind hat gern eine arme Mama?
Inklusion heißt auch, dass meine Toch-     Wir Betroffenen waren es lange genug.
ter nicht erklärt bekommt, dass ihre       Keine Spenden, keine Modellprojekte,
Mama arm sei, sondern dass die Er-         kein Warten mehr. Wir fordern die
wachsenen ihre eigenen Bilder von          Umsetzung unserer Rechte. Jetzt!
Glück und Unglück beiseite stellen und
sich von ihr und anderen Kindern von                                Elisabeth Löffler
Müttern mit Behinderung erklären
lassen, wie cool es sein kann, mit einer
Mama im Rollstuhl an all den anderen
vorbei zu flitzen.
Inklusion heißt auch, dass das Konzept
der Gleichberechtigung von Menschen
mit Behinderungen konkreten Nieder-
schlag in den Ausbildungen von Kin-
dergartenpädagogInnen, LehrerInnen,
Gesundheitspersonal, Sozialarbeiter-
Innen, MedizinerInnen etc. findet.

Wir wollen nicht mehr
hexen müssen                               Elisabeth LÖFFLER:
Meine Tochter hext, und ich versuche,      Performancekünstlerin und Lebens-
die Zauberkraft in die politischen         und Sexualberaterin in Wien. Hat die
Kämpfe mitzunehmen. Ich fordere,           Peer-Beratungsstelle Zeitlupe von
gemeinsam mit anderen AktivistInnen        Ninlil mit aufgebaut und war die erste
der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung,         Leiterin. Sie ist Vorstandsmitglied bei
Persönliche Assistenz.                     BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimm-
Kann nicht fassen, dass Menschen mit       tes Leben.
Lernschwierigkeiten noch immer von
dieser Unterstützungsform ausge-           (Quelle: Elisabeth Löffler in BIZEPS
schlossen sind, und dass für sie die       vom 29.09.2016)

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Wie und warum strebt der Mensch
nach Optimierung seiner selbst?

Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

Die 5. Internationale Hartheimkonfe-   Jahrhunderte alter Diskurs über
renz setzte sich am 18. und 19. No-    die „Verbesserung“ des Menschen
vember 2016 unter dem Titel „Die       In ihrem Eröffnungsvortrag verwie-
Optimierung des Menschen“ mit          sen der Schriftsteller und begnadete
einem alten Traum der Menschheit       Geschichtenerzähler Michael Köhl-
auseinander – der „Verbesserung“       meier und sein philosophischer Ge-
bzw. „Vervollkommnung“ des Men-        fährte Konrad Paul Liessmann auf die
schen.                                 uralte Vision des Menschen, Makel zu
                                       überwinden.
In der Moderne wurden die theore-
tischen Grundlagen der „Selbstevo-     Sie erörterten Grundfragen der Thema-
lution“ des Menschen, ihrer Möglich-   tik der Konferenz mit Hilfe der Inter-
keit und Notwendigkeit, geschaffen.    pretation von Geschichten aus der Bibel
Die neuen wissenschaftlichen und       und der Antike, welche vor allem durch
technischen Möglichkeiten des späten   Optimierungsübungen sowie bereits
20. und des 21. Jahrhunderts be-       den Einsatz von Technik den Menschen
schleunigen diese Entwicklung. Sie     verbessern wollten.
liefern die Werkzeuge auf diesem,
scheinbar so vielversprechenden und    Nachzulesen sind ihre Ausführungen,
heilsbringenden Pfad zur „Optimie-     die das breite Themenfeld in allge-
rung“ des Menschen.                    meinverständlicher und dennoch

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tiefgehender Weise eröffneten, in ihrer       Warum dieses Thema an
jüngsten Publikation „Wer hat dir             diesem Ort?
gesagt, dass du nackt bist, Adam?“            Die insgesamt vier Panels der zweitä-
(2016).                                       gigen Veranstaltung zeigten auch, dass
                                              das Projekt der „Verbesserung“ des
Riskante Problemlagen für                     Menschen im 21. Jahrhundert nicht
Menschen mit Behinderungen                    mehr hauptsächlich durch den Staat
Am zweiten Tag der Konferenz ging             oder eine übergeordnete Instanz, son-
Karin Harrasser von der Kunstuniver-          dern durch das Individuum betrieben
sität Linz auf die riskante Allianz von       werden soll. Anders als in früheren
Technik und Disability ein, insbeson-         Zeiten stehen nicht mehr Zwangsmaß-
dere auf die Inszenierung von Prothe-         nahmen im Vordergrund.
sen und deren VerwenderInnen.
                                              Optimierungskonzepte begegnen uns
Sie beschäftigte sich mit der weit verbrei-   heute vor allem als individuelle Ver-
teten Vorstellung, dass Technik die Lö-       pflichtungen, „das Beste aus sich zu
sung zur Überwindung von Nachteilen           machen.“ Der Einzelne ist dazu ver-
und vermeintlichen Defiziten sei – um         pflichtet, sich fit, gesund und leistungs-
alles andere brauche man sich dann nicht      fähig zu halten – und dies solle natür-
mehr zu kümmern. Interessant waren            lich auch für seine (potentiellen)
ihre Ausführungen über die Inszenie-          Nachkommen gelten.
rung von behinderten Sportler/innen als
„super humans“ oder als „human 2.0“.          Das Publikum und auch die Vortra-
                                              genden waren von ihrem beruflichen
Auf großes Interesse stieß weiters auch       Background sowie im Hinblick auf das
Eva-Maria Bachingers Vortrag „Wahl-           Alter sehr bunt gemischt. Bis auf weni-
kind durch PID“. Die Autorin und              ge Ausnahmen waren die Vorträge in
Journalistin verwies eindrücklich auf         gut verständlicher Sprache gehalten.
die Verwendung von PID als Auslese-
instrument. Der Begriff „Diagnostik“          Zahlreiche Fragen und Wortmeldungen
verschleiere, dass die Folge nicht The-       aus dem Publikum zeigten, dass die
rapie sondern Auslese sei.                    Thematik große Relevanz besitzt und
                                              Diskussionsbedarf aufzeigt. Im Jahr 2017
Es sei auch nicht wahr, dass Embryonen        soll auch ein Tagungsband erscheinen, in
ausgesiebt würden, die sonst nicht le-        dem die Vorträge bzw. Inhalte der Kon-
bensfähig seien – es leben ja sehr viele      ferenz nachgelesen werden können.
Menschen, deren Behinderung oder
chronische Erkrankung einen Indikator         Mit dieser Veranstaltung wurde der
für eine etwaige Aussortierung hätte          Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
darstellen können.                            seinem Anspruch gerecht, sich nicht nur

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dem Gedenken an die Opfer der NS-
Euthanasiemorde zu widmen, sondern
auch als Ort der Reflexion und Diskus-
sion gegenwärtiger Entwicklungen in
den Bereichen Ethik, Biotechnologie
oder Disability zu fungieren – Entwick-
lungen, die menschliches Leben einer
Bewertung unterziehen und in ein enges
Raster von Normalität, Konformität und
Leistungsfähigkeit pressen wollen.
                                              Phänomen Behinderung/en. Ihre Ar-
                      Angela Wegscheider      beitsthemen sind Disability Studies, Hi-
                                              story & Research, Gesundheit- und Sozi-
Dr.in Angela WEGSCHEIDER:                     alpolitik. Sie fühlt sich der Selbstbestimmt
Sie arbeitet am Institut für Gesellschafts-   Leben Bewegung sehr verbunden.
und Sozialpolitik an der Johannes Kepler
Universität Linz. Sie beschäftigt sich aus    (Quelle: Dr.in Angela Wegscheider in
verschiedenen Perspektiven mit dem            BIZEPS vom 25.11.2016)

Bündnis fordert Menschenrecht auf
inklusive Bildung für alle
Auf dem Bundeskongress „Eine für alle         len des gemeinsamen Lernens (GGG),
– die inklusive Schule für die Demokra-       die Gewerkschaft Erziehung und
tie“ am 26./27.9. in Frankfurt hat ein        Wissenschaft (GEW), das NRW-Bünd-
Bündnis aus sieben Veranstaltern die          nis „Eine Schule für alle“, der Verein
politische Verwirklichung eines men-          „Politik gegen Aussonderung – Koali-
schenrechtsbasierten und demokrati-           tion für Integration und Inklusion“
schen Schulsystems gefordert.                 (PogA) und das Erziehungswissen-
In ihrer Erklärung verpflichten sich die      schaftliche Institut der Frankfurter
sieben Mitglieder, „an der Überwin-           Goethe-Universität.
dung des gegliederten Schulwesens             Ausgangspunkt für die gemeinsame
mitzuarbeiten und dafür gesellschaft-         Selbstverpflichtung ist die grundsätz-
liche Mehrheiten zu gewinnen“.                liche Unvereinbarkeit des selektiven
Zum Bündnis gehören die Aktion Hu-            allgemeinen Schulwesens und des
mane Schule (AHS), der Grundschul-            Sonderschulwesens mit dem Gleich-
verband (GSV), der Verband für Schu-          heitsgebot des Grundgesetzes, der

musculus – Dezember 2016                                                                9
Kinderrechtskonvention und der Be-        vor gut 100 Jahren begonnenen Grund-
hindertenrechtskonvention.                schulreform werden, heißt es in der
                                          Erklärung. Die „vielen positiven Bei-
Mit inklusiver Bildung gegen              spiele gemeinsamen Lernens in inte-
gesellschaftliche Spaltung                grativ und inklusiv arbeitenden Schu-
Für das Bündnis ist nur ein inklusives    len“ sind dem Bündnis „eine Ermuti-
Schulsystem demokratietauglich und        gung auf dem Weg zur Überwindung
zukunftsfähig, weil es der zuneh-         selektiver Strukturen“.
menden gesellschaftlichen Spaltung
entgegenwirkt und auf gleichberech-       Recht auf inklusive Bildung für
tigte soziale Teilhabe und Chancen-       alle
gleichheit zielt.                         Einer der wichtigen Mahner für einen
In der Erklärung heißt es: „Das gemein-   Systemwechsel war Prof. Vernor Mu-
same Leben und Lernen in einer Schu-      noz, ehemaliger Sonderberichterstatter
le für alle fördert das Verständnis und   der Vereinten Nationen für das Recht
die Verantwortungsbereitschaft fürei-     auf Bildung. In seiner Eröffnungsrede
nander, das friedliche Zusammenleben      stellte er vor mehr als 400 Teilneh-
innerhalb der Gesellschaft und die        menden u.a. heraus, dass die vor gut
Kultur einer demokratischen Teilhabe.“    zehn Jahren von ihm festgestellten
Es passt sich den Erfordernissen einer    Defizite des deutschen Schulsystems
demokratisch gestalteten Migrations-      nach wie vor bestehen.
gesellschaft an, die „gegenwärtig und     Die Leistungsverbesserung bei PISA
zukünftig herausgefordert ist, geflüch-   könne nicht über die andauernde sozi-
tete Menschen aufzunehmen und zu          ale Ungleichheit und die hohe Abhän-
integrieren“.                             gigkeit der Bildungschancen von der
Dagegen befördert „das auf Sortie-        sozialen Herkunft hinwegtäuschen.
rung und soziale Auslese hin ausge-       Inklusive Bildung als Menschenrechts-
richtete“ Schulsystem „die sozial,        modell sei kein beliebiger Modetrend
kulturell und regional bedingten          oder eine bloße Organisationsform, die
Unterschiede in der Bildungsteilhabe      man dem bestehenden System einfach
von Kindern und Jugendlichen“.            hinzufüge. Sie könne nicht in einem
„Junge Menschen mit Beeinträchti-         selektiven System erfüllt werden, das
gung und Behinderung werden durch         den Wettbewerb höher bewerte als
strukturelle Segregation diskriminiert    Gleichheit und Zusammenhalt, be-
und nachhaltig beschädigt.“               tonte Munoz.
„Es bedarf einer Schule für alle – ohne   Als Menschenrecht für alle, auch für
äußere Gliederung und Auslese.“ Das       Schülerinnen und Schüler des Gymna-
gemeinsame Lernen aller Kinder bis        siums, erfordere Inklusion einen Para-
zum Ende der Schulpflicht muss des-       digmenwechsel in der Bildungstheorie,
halb die konsequente Fortsetzung der      der Bildungspolitik und der Bildungs-

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praxis. Dies sei die politisch einzufor-   Elternwahlrecht – eine Barriere für
dernde Staatenverpflichtung, die auch      inklusive Bildung
für Deutschland gelte. Würde er heute      Das war das Resümee von Prof. Ewald
gefragt werden, was verändert werden       Feyerer, vom Institut Inklusive Pädago-
müsste, sagte Munoz, dann wäre die         gik an der Pädagogischen Hochschule
Antwort: „Nur ein bisschen, nämlich        in Linz. In seinem Vortrag, der die Ent-
alles. Todo.“                              wicklung des österreichischen Schulsy-
                                           stems eingehend nachzeichnete und
Inklusive Bildung für die Demo-            analysierte, stellte er eines heraus: Das
kratie                                     Elternwahlrecht habe in einem zweig-
Mit einem Blick über die Grenzen nach      liedrigen allgemeinen Schulsystem mit
Norwegen zeigte die Stellvertretende       einem ausdifferenzierten Sonderschul-
Generalsekretärin der Bildungsinter-       system lediglich zu weniger Segregation
nationale, Haldis Holst, den Zusam-        geführt. Inklusion sei das aber nicht.
menhang zwischen Demokratie,               Die notwendige äußere Schulreform zu
Menschenrechten und inklusiver Bil-        einer „Schule für alle“ werde mit dem
dung auf. Miteinander leben zu kön-        Elternwahlrecht verhindert. Die zweite
nen, das sei Auftrag und Ziel für eine     Säule der Hauptschule müsse Kinder mit
demokratische Gesellschaft und müs-        Behinderungen fördern, während die
se unbedingt gelernt werden. Deshalb       Allgemeine Höhere Schule, das österrei-
müsse die Schule die Unterschiedlich-      chische Gymnasium, sich davon befreien
keit der Kinder in der Gesellschaft        dürfe. Die defizitorientierte pädago-
vollständig abbilden und das Men-          gische Praxis mit der Einteilung der
schenrecht auf inklusive Bildung in        Schülerschaft in behindert und nichtbe-
einer Schule für alle erfüllen.            hindert und dem Gebrauch der äußeren
Holst verwies auf OECD-Studien, die        Differenzierung ist laut Feyerer vorherr-
zeigten, dass Gleichheit und Qualität      schend. Im Bewusstsein der Lehrerinnen
im Bildungswesen keine Gegensätze          und Lehrer werde Inklusion als zusätz-
seien. Das norwegische Schulsystem,        liche Belastung wahrgenommen.
ein Gesamtschulsystem von Klasse 1         Den deutschen Teilnehmerinnen und
bis 10 ohne Sonderschulen, sei zwar        Teilnehmern des Kongresses kam die
nicht perfekt, es habe jedoch ein hohes    Beschreibung des Ist-Zustands in Ös-
Maß an Gleichheit verwirklicht und         terreich mehr als bekannt vor.
läge in der PISA-Wertung für den Kom-
petenzerwerb nur geringfügig hinter        Blockade durch Bildungspolitik
Deutschland, das hingegen eine auffäl-     In einer Podiumsdiskussion mit Ralph
lig große Leistungsspreizung zwischen      Fleischhauer, Vorsitzender des Schulaus-
den leistungsstärksten und leistungs-      schusses der Kultusministerkonferenz
schwächsten Schülerinnen und Schü-         und Abteilungsleiter im nordrhein-
lern aufweise.                             westfälischen Schulministerium, zeigte

musculus – Dezember 2016                                                         11
sich deutlich, dass die Bildungspolitik auf   bemerkte der Schülervertreter im Po-
der Bremse steht und die Entwicklung zu       dium, Andre Ponzi von der Landes-
einem inklusiven Schulsystem blockiert.       schülerInnenvertretung Hessen, tro-
Es gibt in der KMK keine gemeinsame           cken: Hier werde ein typisch deutsches
Vorstellung von Inklusion und erst recht      Problem verhandelt, das niemand von
keine, die sich an dem Menschenrechts-        seinen Freunden in Italien nachvollzie-
modell einer Schule für alle orientiert.      hen könne. Dort habe man schon lange
Der Vertreter der KMK empfahl, die            ein inklusives Schulsystem ohne Son-
Zunahme des gemeinsamen Lernens               derschulen. Mit dem Schulabschluss
durch weniger Mehrgliedrigkeit und            würden die Schülerinnen und Schüler
die Inklusion von Kindern mit Behin-          selber entscheiden, welchen Ausbil-
derungen in allgemeinen Schulen, auch         dungsweg sie gehen wollten.
in Gymnasien, als wichtige Entwick-
lungsschritte nicht kleinzureden: gera-       Wichtige Klarstellung und berech-
de vor dem Hintergrund des Hambur-            tigte Empörung
ger Volksentscheids, der die Verlänge-        Eine Klarstellung aus rechtlicher Sicht
rung der Grundschulzeit um zwei               nahm am Ende der Veranstaltung Dr.
Jahre zu Fall gebracht habe.                  Reinald Eichholz vor, ehemaliger Kin-
Dieser Argumentation mochten weder            derbeauftragter des Landes NRW und
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des            Mitglied der National Coalition für die
Podiums noch des Plenums folgen. Dr.          Umsetzung der Kinderrechtskonventi-
Sigrid Arnade, Geschäftsführerin der          on in Deutschland. Er schickte seinen
Interessenvertretung „Selbstbestimmt          Ausführungen die Bemerkung voraus,
Leben e.V.“, hielt mit der Staatenver-        dass es ersichtlich die Wut über Unge-
pflichtung Deutschlands dagegen und           rechtigkeit sei, die in Teilen der Bevöl-
erinnerte an die Empfehlungen des UN-         kerung zur Ablehnung des demokrati-
Fachausschusses im Zusammenhang mit           schen Systems führe. Insofern habe der
der Staatenprüfung Deutschlands. Thi-         Kampf um Demokratie begonnen, wie
mo Witting, Leiter der Hamburger Stadt-       eine Zeitschrift getitelt habe. Er emp-
teilschule Bergedorf, konnte anhand der       fahl, anstelle von Wut Empörung zu
Schulentwicklung in Hamburg verdeut-          kultivieren, um positive gesellschaft-
lichen, dass die innere Schulreform in den    liche Kräfte zu entfalten.
Stadtteilschulen durch die äußere Reform      Es sei durchaus gerechtfertigt, sich
zu einer „Schule für alle“ ergänzt werden     darüber zu empören, wie die KMK und
muss, wenn Inklusion gewollt ist.             die Politik den Gedanken der Inklusion
Als die Podiumsdiskussion zu der              zur Unkenntlichkeit zerlege, betonte
Frage abdriftete, ob die Schule darauf        Eichholz. Beispielsweise durch die
verzichten könne, über vergleichbare          Reduktion des Inklusionsanspruchs auf
Abschlüsse Berechtigungen für die             Menschen mit Behinderungen, obwohl
weiteren Bildungswege zu verteilen,           dies ein Menschenrecht für alle sei. Das

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Schulsystem müsse die Vielfalt in der       und Veranstaltern mit auf den Weg, das
Einheit ermöglichen statt in vielfältigen   gemeinsame Lernen nicht auf die
segregierten Schulformen.                   schmale Basis des gemeinsamen Unter-
Die menschenrechtliche Inklusionsver-       richts einzuengen. Es käme darauf an,
pflichtung erfordere einen Systemwech-      Lern-und Lebenszusammenhänge in der
sel, der nicht nur die Abschaffung des      Schule zu schaffen, die das subjektive
Sonderschulsystems, sondern auch die        Gefühl der Zugehörigkeit auf vielfältige
Abschaffung des Regelschulsystems mit       Weise erfahrbar machten.
seinem „verkorksten“ Leistungsbegriff
erforderlich mache. Leistung zu stan-                             Brigitte Schumann
dardisieren würde verhindern, dass
Leistung sich aus der individuellen Bi-                           Dr.in Brigitte
ografie des Kindes entwickeln kann.                               SCHUMANN:
Scheitern und Verlust von mensch-                                 „Ich wurde 1946 in
lichem Entwicklungspotenzial seien                                Westdeutschland
häufige Folgen.                                                   geboren, war 16
                                                                  Jahre Lehrerin am
Inklusion über den Unterricht                                     Gymnasium und 10
hinaus                                                            Jahre Mitglied des
Eichholz widersprach mit dem Hinweis        Landtags von Nordrhein-Westfalen,
auf den allgemeinen Kommentar des           arbeite heute als freie Bildungsjournali-
UN-Fachausschusses der KMK-Vorstel-         stin. Meine Dissertation ist 2007 unter
lung, es gäbe ein Recht auf elterliche      dem Titel „Ich schäme mich ja so! Die
Schulwahl. Nur in der Übergangszeit         Sonderschule für Lernbehinderte als
mit parallelen Angeboten existiere eine     Schonraumfalle“ veröffentlicht worden.
„unfreie“ Elternwahl, in der sie sich
entscheiden müssten.                        (Quelle: Dr. Brigitte Schumann in
Als wichtigen Hinweis gab er Plenum         BIZEPS vom 02.10.2016)

musculus – Dezember 2016                                                          13
Sterbehilfe – Ein Update
Es hat sich in der letzten Zeit so einiges   recht: „Wo blieben die Proteste? Was
getan in Sachen „Sterbehilfe“. Aufhor-       kommt als Nächstes? Das Töten von
chen ließen etwa internationale Schlag-      Behinderten? Wird das bald zur Norma-
zeilen über neue Entwicklungen in            lität in Europa?“
Belgien und den Niederlanden.                Auch Eugen Brysch (Vorstand der Deut-
Andererseits gab es aber auch von der        schen Stiftung Patientenschutz) äußerte
Öffentlichkeit weniger wahrgenom-            sich in der Sächsischen Zeitung folgen-
mene Vorgänge und Diskussionen in            dermaßen: „Die Tötung auf Verlangen
Österreich. Und schließlich zeigt auch       von Kindern hat nichts mit würdigem
ein kurzer Blick in die Schweiz, dass        Sterben zu tun“ und: „Damit verlässt
„aktive Sterbehilfe“ alles andere als eine   der Beneluxstaat die menschenrecht-
Randerscheinung ist.                         lichen Standards der EU. Aber die euro-
                                             päischen Institutionen schweigen.“
Belgien: Erster Fall „von aktiver            Alternative Antworten zu „Tötung auf
Sterbehilfe“ für einen minderjäh-            Verlangen“ und „assistiertem Suizid“
rigen Jugendlichen                           auch bei extremen Schmerzen und
In Belgien gibt es bereits seit dem Jahr     scheinbar unbeherrschbaren Sym-
2002 ein Sterbehilfe-Gesetz für tod-         ptomen findet die Palliativmedizin. Das
kranke, aber auch chronisch schwer           Buch „Leben bis zuletzt“ von Sven
kranke Menschen, die „anhaltend,             Gottschling (Zentrum für Palliativme-
unerträglich und unlinderbar“ leiden.        dizin und Kinderschmerztherapie am
Seit 2014 ist die aktive Sterbehilfe auch    Uniklinikum des Saarlands) bzw. ein
bei Minderjährigen (mit Zustimmung           Artikel über die Arbeit des Arztes in der
der Eltern) legal.                           „Welt“ geben Einblicke.
Im September 2016 starb nun ein 17jäh-
riger Jugendlicher auf diesem Weg.           Niederlande: Sterbehilfe für alte
Details zur Erkrankung und zu den            Menschen?
Lebensumständen des Jugendlichen             Brandaktuell sind die Medienberichte
wurden nicht veröffentlicht. Belgien ist     über das Vorhaben der niederlän-
das einzige Land weltweit, dass bei der      dischen Regierung, aktive Sterbehilfe
„aktiven Sterbehilfe“ keine Altersbe-        auch für alte Menschen – man beachte:
schränkung hat.                              auch ohne Vorliegen einer schweren
Proteste kamen in erster Linie vom Va-       Erkrankung – zu ermöglichen. So be-
tikan bzw. der katholischen Kirche. So       richtet etwa N-TV: „Auch ohne eine
zeigte sich in Österreich Kardinal Chri-     schwere Krankheit könnten Menschen
stoph Schönborn in seiner „Heute“-           ‚unerträglich und aussichtslos leiden‘,
Kolumne „erschüttert“ und fragt zu           erklärte die Regierung in Den Haag.“

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„Dutchnews“ schreibt dazu: „People           korrespondenz hat dazu mehrmals
who feel their ‘life has been completed’     kurz informiert.
should get the legal right to die with       Der Petitionsausschuss hat vom Justiz-
the help of a specialist care worker,        ministerium und Gesundheitsministe-
health minister Edith Schippers and          rium Stellungnahmen eingefordert.
justice minister Ard van de Steur have       Diese fallen zurückhaltend aus. Im
told MPs in a briefing.“ Strenge Krite-      Petitionsausschuss wurde nach wei-
rien, eine gründliche Überprüfung und        terer Diskussion beschlossen, die Cau-
entsprechende Rahmenbedingungen              sa an den parlamentarischen Justiz-
sollen Missbräuche ausschließen.             Ausschuss zuzuweisen. In der Parla-
Es soll ein Gesetzesentwurf ausgearbei-      mentskorrespondenz vom 12. 10. 2016
tet und in der Gesellschaft breit disku-     wird die Kritik von Wolfgang Gerstl
tiert werden. Alte Menschen, die den         (ÖVP) wiedergegeben: „Für eine Ge-
Wunsch äußern, sterben zu wollen und         setzesänderung sieht er keinen Bedarf.
dies „gut“ überlegt hätten, könnten z.B.     Anhand aktueller Zahlen aus den Nie-
eine „Pille“ von ihrem Hausarzt ver-         derlanden, wo Töten auf Verlangen
schrieben bekommen.                          erlaubt ist, warnte er vor Fehlentwick-
In den Niederlanden ist die aktive Ster-     lungen. Dort würden täglich durch-
behilfe seit 2002 legal. Auch für Kinder     schnittlich 14 Personen mit fremder
ab dem 12. Lebensjahr.                       Hilfe getötet.“
                                             In der juristischen Fachwelt geht die
Österreich: Entkriminalisierung              Auseinandersetzung freilich weiter. Die
des assistierten Suizids?                    Zeitschrift „Recht der Medizin“ hat im
Über die Arbeit der Parlamentarischen        Frühjahr 2016 einen ausführlichen Arti-
Enquete-Kommission zum Thema                 kel von Dr. Alois Birklbauer unter dem
„ W ü rd e a m E n d e d e s L e b e n s “   Titel „Die Kriminalisierung des assistier-
(2014/2015) hat BIZEPS wiederholt            ten Suizids (§ 78 StGB): Eine (un)not-
berichtet. Die Empfehlungen der Kom-         wendige Strafbestimmung zum Schutz
mission, allen voran der Ausbau im           des Lebens?“ veröffentlicht.
Palliativbereich, wurden bis dato mehr
ignoriert als weiterverfolgt.                Schweiz: Besorgniserregender
Stattdessen wurde eine Petition an das       Boom
Parlament gerichtet, und zwar unter          Unter dem Titel „Sterbehilfe – eine pro-
dem Titel „Prüfung der Möglichkeit           blematische Erfolgsgeschichte“ infor-
und Konsequenzen der Entkriminali-           miert „Der Bund“ über aktuelle Zahlen
sierung von assistiertem Suizid“. An-        und Trends. Im Jahr 2014 haben 742
hand eines tragischen Einzelschicksals       Menschen Sterbehilfe in Anspruch ge-
hat Wolfgang Obermüller (Mitglied des        nommen. Die Sterbeorganisation „Exit“
Vereins DIGNITAS) diese Petition über        hat an die 100.000 Mitglieder und nimmt
die NEOS eingebracht. Die Parlaments-        eine entsprechend hohe Summe an

musculus – Dezember 2016                                                            15
Mitgliedsbeiträgen ein. Sterbehilfe kön-   werten Option. Es ist ein längerfristiger
nen auch Menschen mit psychischen          Prozess, der aber immer problemati-
Erkrankungen in Anspruch nehmen.           schere Züge annimmt.
Der Autor, Daniel Foppa, kritisiert:       Daniel Foppa spricht schließlich noch
„Gerade die Sterbebegleitung depres-       von einem „subtilen Druck“ auf alte
siver Menschen ist problematisch, kann     und kranke Menschen in unserer Lei-
doch der Sterbewunsch bei einer psy-       stungsgesellschaft. „Und der wird zu-
chischen Erkrankung temporär sein.“        nehmen, je stärker die Pflegekosten
Auch in der Schweiz läuft eine Diskus-     steigen, die Rationierungsdiskussionen
sion über mögliche Sterbehilfe für alte,   zunehmen und die Sterbehilfe zur
„lebensmüde“ Menschen.                     Normalität wird.“
Der Suizid entwickelt sich immer mehr
von einer Ausnahme zur überlegens-                                Marianne Karner

Mag.a Marianne                             gung. Diverse ehrenamtliche Tätig-
KARNER:                                    keiten im Behindertenbereich, zum
Studium der                                Beispiel: Sensibilisierungsworkshops
Evangelischen                              in Schulen zum Thema „Behinderung“.
Theologie. Beruf-                          Einer meiner Schwerpunkte: Themen
liche Tätigkeiten                          der medizinischen Ethik (z.B.
auf Uni Wien,                              Sterbe„hilfe“diskussion – betreibt den
Schule, im Jugendarbeit- und im Sozi-      Blog uebersleben.net), Multiple Sklerose
albereich, Übertritt zum Buddhismus.       und Medizin, „der selbstbestimmte
Im Laufe des Berufslebens: Diagnose        Patient / die selbstbestimmte Patientin“.
Multiple Sklerose.                         Seit 2014 Mitarbeiterin bei BIZEPS –
Seit vielen Jahren im Rollstuhl mobil.     Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.
Mit Persönlicher Assistenz lebend.
Ausbildung im Peer-Counseling für          (Quelle: Mag.a Marianne Karner in BI-
behinderte Menschen nach Grundsät-         ZEPS vom 16.10.2016)
zen der Selbstbestimmt-Leben-Bewe-

Die verschwiegenen und vergessenen
Probleme in der Mindestsicherung
Reformbedarf bei Mindestsicherung:         „Wer sieht unsere Ängste und Sorgen?“,
Prävention, Behinderung, fehlende          fragen Menschen, die von Armut betrof-
Soforthilfe, Gesundheit, Vollzug, leist-   fen sind. Es gibt zahlreiche Probleme in
bares Wohnen, Unterhalt neu.               der Mindestsicherung, die sich nicht nach

16                                                       musculus – Dezember 2016
den Kampagnen der Parteibüros richten:         zungen in der Wohnung – Alltagserle-
Fehlende Soforthilfe, Aufwand bei Men-         digungen, für die ein Mensch mit Beein-
schen mit Behinderungen, veralteter            trächtigungen vielfach externe Unter-
Unterhalt, schlechter Vollzug, mangelnde       stützung benötigt.
Hilfe bei Gesundheitsproblemen, nicht
leistbares Wohnen. Nach einem Jahr             Fehlende Soforthilfe
Debatte wäre es jetzt Zeit, sie in den Blick   Wann immer es keine effektive Sofort-
zu nehmen“.                                    hilfe gibt, ist das dramatisch. In exis-
                                               tenziellen Notlagen sind drei Monate
Reform bei Menschen mit erheb-                 Warten auf eine Entscheidung auch zu
licher Behinderung                             lange: wovon in der Zwischenzeit
Was in der Diskussion oft untergeht:           gleichzeitig die Miete zahlen und Nah-
In den meisten Bundesländern kommt             rungsmittel und vieles andere Notwen-
der Mindestsicherung auch die Rolle            dige kaufen? Diese Bestimmungen sind
zu, ein finanzielles Existenzmini-             im konkreten Vollzug aber häufig keine
mum für Menschen mit so genannter              gelebte Praxis. „Überbrückungshilfen“
erheblicher Behinderung, wenn sie in           sind vielerorts eher die Ausnahme
Privathaushalten leben, sicherzustel-          denn die Regel. Sofern sie gewährt
len. Auf deren besondere Bedürfnisse           werden, ist die Form und oder Höhe
– wie z.B. ein gegenüber anderen               oft völlig unzureichend.
Personen erhöhter Regelbedarf – hat
die Mindestsicherung derzeit keine             Mangelnde Hilfe bei Gesundheits-
Antwort. Menschen mit Beeinträchti-            problemen
gungen haben höhere Lebenshaltungs-            Gibt es seitens der Unterstützungs-
kosten, erhalten aber im Rahmen der            fonds der Krankenkassen keine oder
BMS in der Regel keine zusätzlichen            nur bescheidene Unterstützung, sind
Hilfestellungen.                               etwa Therapien, Brillen, Schuheinlagen
                                               oder Hörgeräte nicht finanzierbar. Sel-
Für die benötigte Unterstützung bei der        biges gilt für Zahnersatz und andere
Besorgung von Einkäufen, der Reini-            notwendige Zahnbehandlungen. Diät-
gung der Wohnung, der persönlichen             kost bei Diabetes wird zum unleist-
Unterstützung bei Körperpflege und             baren „Luxus“.
Ernährung etc. werden Soziale Dienste
benötigt, ebenso für die persönliche           Werden BMS-BezieherInnen über die
Begleitung und Unterstützung.                  BMS in die Krankenversicherung einbe-
                                               zogen, müssen sie zwar keine Kosten-
Darüberhinausgehende Hilfeleistungen           anteile selbst tragen, sehr wohl aber
können nicht zugekauft werden: bei-            Selbstbehalte für Heilbehelfe und Hilfs-
spielsweise für kleine Reparaturarbeiten       mittel. Auch die Befreiung vom Kosten-
im Haushalt, laufende Instandset-              beitrag für Anstaltspflege gilt zwar für

musculus – Dezember 2016                                                            17
die regulär Versicherten, nicht aber für    als geprüft“, so die Armutskonferenz.
mitversicherte Angehörige – und damit       Viele der Klagsaufforderungen der
in aller Regel nicht für die Kinder in      Ämter sind rechtlich äußerst fragwür-
BMS-Haushalten. Eine Nicht-Inan-            dig. Hier braucht es eine zeitgemäße
spruchnahme kann wiederum dazu              Definition der „vorrangigen Leistun-
führen, dass notwendige Behandlungen        gen Dritter“:
oder Untersuchungen nicht durchge-
führt werden und sich gesundheitliche       Unterhaltsverpflichtungen zwischen
Probleme dadurch verschärfen.               erwachsenen Kindern und ihren Eltern
                                            bzw. sogar zwischen Enkeln und ihren
Sonderbedarf: Wohn-                         Großeltern. Die derzeitigen Regel-
und Lebensbedarf                            ungen sind mit einem modernen So-
Das wären Sonderbedarf -Kosten für          zialstaatsverständnis nicht zu verein-
Bedarfe, die nicht als Kosten des täg-      baren.
lichen Lebens gewertet werden können.
Stichwörter sind: Geburt eines Kindes,      Mehr Prävention
Reparaturen, Kautionen für Wohnungs-        Wenn die Mindestsicherung steigt,
anmietungen, etc. Auch die Delogie-         stimmt in anderen Bereichen der Gesell-
rungsprävention ist in einigen Bundes-      schaft etwas nicht. Erwerbsarbeit und
ländern als Zusatzleistung geregelt und     Versicherungsleistungen können Ein-
sollte jedenfalls verbindlich österreich-   kommensarmut zunehmend weniger
weit als verpflichtendes Leistungsange-     verhindern. Es genügt also nicht, über
bot aufgenommen werden.                     die Mindestsicherung allein zu sprechen
                                            – die Vermeidung von Einkommensar-
Neu-Regelung bei                            mut wäre zentrale Aufgabe.
Unterhaltspflichten
Sozialämter fordern Antragstelle-           „Die Mindestsicherung kann nicht der
rInnen pauschal dazu auf, ihre Eltern       „Staubsauger“ für alle strukturellen
bzw. volljährigen Kinder auf Unterhalt      Probleme sein, die in der Mitte der
zu klagen. Auch dann, wenn es keiner-       Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslo-
lei Hinweise darauf gibt, dass die          sigkeit, Pflegenotstand, prekäre Jobs,
Selbsterhaltungsfähigkeit (noch) nicht      nicht leistbares Wohnen, mangelnde
erlangt worden bzw. verloren gegan-         soziale Aufstiegschancen im Bildungs-
gen wäre.                                   system.“, macht die Armutskonferenz
                                            aufmerksam. Besser ist es präventiv zu
Was viele Betroffene nicht wissen:          verhindern, dass Leute in die Mindest-
Zwischen Eltern und ihren erwachse-         sicherung fallen.
nen Kindern bestehen nur im Ausnah-
mefall tatsächlich auch Unterhalts-         (Quelle: Armutskonferenz in BIZEPS
pflichten. „Hier wird mehr behauptet        vom 29.08.2016)

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Das Recht zu wählen und die Pflicht,
dies zu unterstützen
Die Aufregungen rund um die Wieder-        österreichischen Gesetzen, noch mit
holung der Bundespräsidenten-Stich-        wichtigen Menschenrechtsaspekten.
wahl dominierten einen Großteil der
medialen Innenpolitik-Debatte und der      Mit Ausgrenzung Politik gemacht
juristischen Fachdiskussion der letzten    Ohne konkret zu werden, wird diffus
Monate.                                    eine Wahlrechtsänderung als notwen-
                                           diges politisches Anliegen in den Raum
Die Anfechtungsgründe für die Stich-       gestellt. So wird mit Ausgrenzung wie-
wahl waren verschiedenste vermutete        der Politik gemacht.
Rechtswidrigkeiten, denen der Verfas-
sungsgerichtshof (VfGH) in zumindest       In Österreich ist das Wahlrecht für Men-
zwei Bereichen folgte und die viel kri-    schen mit Beeinträchtigungen nicht
tisierte Wiederholung der Stichwahl        eingeschränkt. Das hat uns international
anordnete.                                 bei der letzten Staatenüberprüfung des
                                           Kontrollmechanismus der UN-Behin-
Unregelmäßigkeiten wurden bei Wahl-        dertenrechtskonvention (UN-BRK)
karten-Stimmen von Menschen, für die       großes Lob eingebracht.
vom Gericht ein Sachwalter bestellt ist,
ebenso vermutet, wie bei Wahlkarten in     Denn auch die gerichtliche Bestellung
Seniorenheimen. In beiden Fällen blieb     eines Sachwalters, schränkt das Wahl-
es bei unbelegten Vermutungen und          recht nicht ein. Diese Klarheit verdanken
damit bei Unterstellungen, die der         wir einer VfGH-Entscheidung aus dem
VfGH nicht näher beurteilen musste.        Jahr 1987, mit der das Höchstgericht den
Der VfGH hat aber sehr wohl eine Klar-     Ausschluss aus der Wählerevidenz we-
stellung über die Anforderung der          gen Gleichheitswidrigkeit aufhob.
Wahlkarten für nötig erachtet, die alle
Wählerinnen und Wähler an das Prinzip      Das Wahlrecht und das Recht der Teil-
der persönlichen Ausübung des Wahl-        habe am politischen und öffentlichen
rechts erinnert. Dies beginnt bei der      Leben werden auch durch Artikel 29
Anforderung einer Wahlkarte und um-        der UN-BRK abgesichert. Dieser legt
fasst insbesondere die Stimmabgabe.        fest, dass der Zugang zur Wahl zu ge-
Höchst problematisch ist das von der       währleisten ist. Dazu sind entspre-
Wahlkarten-Debatte ausgehende In-          chende Vorkehrungen zu treffen. Diese
fragestellen des Wahlrechtes für Men-      reichen von barrierefreien Informatio-
schen mit Behinderungen. Das steht         nen und Wahllokalen bis zu entspre-
weder im Einklang mit bestehenden          chenden Hilfsmitteln.

musculus – Dezember 2016                                                         19
Auch das Wahlverfahren und die Wahl-      Subtile Unterstellung der Unfähig-
materialen sind in geeigneter Weise       keit zur richtigen Anwendung des
barrierefrei zu gestalten. Sie müssen     Wahlrechts
leicht zu verstehen und zu handhaben      Durch die UN-BRK wird die Weiterent-
sein. Österreich wird diesen Anforde-     wicklung des barrierefreien Zugangs als
rungen der UN-BRK noch nicht voll-        gesellschaftliches Ziel definiert. Was
ständig gerecht, wie die komplexen        durch die aktuelle Diskussion des In-
Bestimmungen zur Wahl mittels Wahl-       fragestellens vorerst bleibt, ist die subtile
karte belegen.                            Unterstellung der Unfähigkeit zur rich-
                                          tigen Anwendung des Wahlrechts. Die-
Ziel: Menschenrechte und Grund-           sem Vorwurf muss mit Transparenz und
rechte abzusichern und zu fördern         Aufklärung entgegen getreten werden.
Die UN-BRK setzt sich zum Ziel, für       Es ist nicht die Frage, ob jemand seinen
Menschen mit Behinderungen Men-           Namen aussprechen kann oder formale
schenrechte und Grundrechte abzusi-       Bildung besitzt. Entscheidend ist der
chern und zu fördern. Bei der Definiti-   persönliche Entschluss des Menschen mit
on des Personenkreises wird eine sehr     Beeinträchtigung, sein Wahlrecht ausü-
weite Auslegung gewählt: Umfasst          ben zu wollen. Und dieser Entschluss ist
sind Menschen, die langfristig körper-    durch die in der UN-BRK vorgesehenen
liche, psychische, intellektuelle oder    Maßnahmen zu unterstützen.
Sinnesbeeinträchtigungen haben. Dass      Doch der notwendige Perspektivwech-
damit auch Seniorinnen und Senioren       sel ist noch nicht weit verbreitet. Das hat
vom Schutz umfasst sind, wird oft nicht   die aktuelle Debatte zur Bundespräsi-
bedacht.                                  dentschaftswahl deutlich gezeigt.

Der bei der Wahlanfechtung formu-                                  Norbert Krammer
lierte Verdacht, dass bei Seniorenein-
richtungen Sammelbestellungen von                             Mag. Norbert
Wahlkarten erfolgten, wurde als un-                           KRAMMER:
zulässig vom VfGH gerügt. Jetzt be-                           Hauptberuflich tätig
steht die Gefahr, dass durch eine re-                         bei Vertretungsnetz
striktive Auslegung die benötigte                             Sachwalterschaft und
Unterstützung nicht mehr gewährlei-                           als Bereichsleiter zu-
stet und so der Zugang zum Wahlrecht                          ständig für Standorte
erschwert wird.                           in Salzburg und Oberösterreich. Diplo-
Derzeit ist das formale Wahlrecht für     mierter Sozialarbeiter und Studium Po-
alle österreichischen Staatsbürgerinnen   litikwissenschaft, Soziologie, Pädagogik.
und Staatsbürger, also auch für alle
Menschen mit Beeinträchtigungen,          (Quelle: Mag. Norbert Krammer in BI-
rechtlich abgesichert.                    ZEPS vom 05.11.2016)

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Die Welt hält den Atem an:
Donald Trump ist neuer US-Präsident
Viele hätten es nicht für möglich gehal-   denen er sich alles erlauben könne, weil
ten, doch seit 9. November 2016 ist es     er ein Star sei, schockierten die Öffent-
amtlich: Der Republikaner Donald           lichkeit. Trump scheint alles und jeden
Trump ist neuer Präsident der USA.         anzugreifen, auch vor Menschen mit
Kaum ein anderer Präsidentschaftskan-      Behinderung hat er keinen Respekt.
didat hat so irritiert und die Wähler-     Im November 2015 machte sich Trump
schaft so gespalten wie er. Sogar in       bei einem öffentlichen Auftritt über einen
seiner eigenen Partei gab es Leute, die    Journalisten mit Behinderung lustig, in-
ihn nicht gewählt haben. Doch trotz-       dem er seine Körperbewegungen nach-
dem hat er gewonnen.                       äffte. Es steht für behinderte Menschen
In Amerika wählt man den Präsidenten       einiges auf dem Spiel und es ist zu be-
nicht direkt, sondern über die sogenann-   zweifeln, ob die Antidiskriminierungsre-
ten Wahlmänner. Die Zahl der Wahl-         gelungen in den USA so weiter Bestand
männer hängt von der Bevölkerungs-         haben werden, äußerte sich Ottmar Mi-
dichte des Bundesstaates und den Sitzen    les-Paul noch gestern besorgt in einem
im Kongress ab. In diesem Jahr waren       Artikel der kobinet-Nachrichten.
es 538 Wahlmänner. Ein Kandidat
braucht mindestens 270 Wahlmänner,         Die Weltöffentlichkeit ist schockiert
um zu gewinnen. Donald Trump konn-         Wirft man einen Blick in die Medien,
te diese Marke deutlich überspringen.      so herrscht bei vielen Unglauben und
                                           Schockzustand. „Wer kann Trump jetzt
Brechen dunkle Zeiten für Min-             noch stoppen?“, so titelt ZEIT Online,
derheiten an?                              „Sieg des Zerstörers“, heißt es in einem
Viele waren heute nicht nur über-          Kommentar von Spiegel Online, „The
rascht, sondern auch ratlos. Man fragt     US has elected its most dangerous
sich, wie es vor allem für Minderheiten    leader. We all have plenty to fear“,
in Amerika weitergeht, denn immer          schreibt der Guardian.
wieder schockierte Trump mit An-           Doch es gibt nicht nur Gegenstimmen,
sichten wie zum Beispiel, eine Mauer       sondern sogar Gratulanten. Der rus-
an der Grenze zu Mexiko bauen zu           sische Staatschef, Wladimir Putin,
wollen. Mexikaner bezeichnete er als       gratuliert Trump zu seinem Sieg, auch
Vergewaltiger und Verbrecher.              die Chefin des Front National, Marine
Aber er hetzt nicht nur gegen Immi-        Le Pen, übersandte Glückwünsche.
granten und Minderheiten, seine zutiefst   Rechtsdenkende Politiker scheinen
sexistischen Aussagen über Frauen, bei     sich also die Hände zu reiben.

musculus – Dezember 2016                                                          21
Angela Merkel hingegen erinnert                                psychoanalytische Pä-
Trump an demokratische Grundwerte                              dagogik. Bisherige be-
wie Freiheit und den Respekt vor dem                           rufliche Tätigkeiten:
Recht und der Würde des Menschen,                              Mitarbeiterin im Be-
diese macht sie zu einer Bedingung für                         reich Öffentlichkeitsar-
die Zusammenarbeit.                                            beit der Bibliothek der
Die spannendste und längste Wahl-            WU und diverse freischaffende, jour-
nacht ist jetzt zu Ende, man fragt sich:     nalistische Tätigkeiten.
Wird es für Amerika und den Rest der         Seit 2013 bin ich außerdem ehrenamtliche
Welt ein böses Erwachen geben? Was           Redakteurin für den inklusiven Online-
wird er tun, der neue Präsident? Welche      Radiosender Freak Radio und moderiere
Auswirkungen wird seine Präsident-           dort u.a. das Radiokultur Café. Ich bin
schaft für uns alle haben?                   Rollstuhlfahrerin und meistere meinen
                                             Alltag seit 2012 mit Unterstützung mei-
                    Katharina Müllebner      ner persönlichen Assistentinnen. Seit
                                             April 2016 bin ich für BIZEPS – Zentrum
Mag.a Katharina MÜLLEBNER:                   für Selbstbestimmtes Leben tätig.
Seit 2012 bin ich ausgebildete Heil- und
integrative Pädagogin mit Schwer-            (Quelle: Mag.a Katharina Müllebner in
punktsetzung auf Gender Studies und          BIZEPS vom 09.11.2016)

Meine Reise nach Amsterdam
Ende August unternahm ich mit meinem         lichkeiten in die Innenstadt zu gelan-
Assistenten Gerhard eine Reise nach          gen. Taxi: Ist bei mir die letzte Wahl. Da
Amsterdam. Die Reise war auf drei volle      lernt man eine Stadt nicht richtig ken-
Tage ausgelegt. Wir starteten schon um       nen. Bus: Normalerweise benutze ich
3 Uhr morgens in Leoben, da der Flug in      ihn sehr oft. Die Endstation lag für mein
Wien-Schwechat ca. um 7 Uhr war. Wie         gewähltes Hotel aber nicht so ideal.
gewohnt stellten wir das Auto am Park-       Ich nahm den Zug. Dieser fuhr bis zur
platz C ab. Das Parken am Flughafen ist      Zentralstation in der Innenstadt. Was ich
in der Regel recht teuer, für Rolli Fahrer   nicht einkalkulierte, war, dass man die
gibt es aber eine 50% Ermäßigung.            Fahrt voranmelden muss. Das kostete
Der Check-In und die Sicherheitskon-         mich fast eine Stunde Zeit. Der Einstiegs-
trolle am Flughafen verliefen problem-       service war pünktlich und legte klapp-
los. Nach dem planmäßigen Start um 7         bare, bewegliche Rampen aus. Schaut
Uhr landeten wir 2 Stunden später am         zwar ungewöhnlich aus ist aber variabel
Amsterdamer Flughafen Schipol. Vom           einsetzbar und funktionierte gut. Beim
dortigen Flughafen hat man drei Mög-         Aussteigen in Central Station wartete

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