Nachbarschaftswerkstatt - Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros
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Nachbarschaftswerkstatt Fortbildungsprogramm für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Seniorenbüros zur Förderung des Aufbaus zeitgemäßer nachbarschaftlicher Strukturen in Quartieren des langen Lebens Ein Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e. V. im Rahmen des Programms „Nachbarschaftshilfe und soziale Dienstleistungen“ des BMFSFJ
INHALTSVERZEICHNIS Inhalt EINFÜHRUNG 03 DIE BAS-NACHBARSCHAFTSWERKSTATT 04 KONZEPTIONSWORKSHOP 05 ONLINE-PLATTFORM 06 COACHING 07 BAUSTEIN I 08 BAUSTEIN II 14 BAUSTEIN III 21 THEATER 25 BAUSTEIN IV 25 FAZIT 28 AUSWERTUNG – RÜCKMELDUNGEN DER TEILNEHMENDEN 29 PROJEKTE 30 Speyer 30 Regensburg 31 Gelsenkirchen 32 Meckenheim 33 Celle 34 Ahlen 35 Bad Ems 36 Limburg-Weilburg 37 Wendelstein 38 Dreieich 39 Idstein 40 Ingolstadt 41 Taunusstein 42 ZUM WEITERLESEN 43 IMPRESSUM 43 2 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | EINFÜHRUNG Einführung D as Thema Nachbarschaft ist hochaktuell hilfe und soziale Dienstleistungen“ des BMFSFJ und wird künftig noch an Bedeutung ge- konnte die Nachbarschaftswerkstatt 2013 bis winnen. Bereits jetzt ist der demografische 2014 verwirklicht werden. Die BaS kooperierte Wandel in den Quartieren spürbar. Neue soziale dabei mit dem Evangelischen Erwachsenenbil- Netzwerke werden immer wichtiger für eine Per- dungswerk Nordrhein, der ProjektWerkstatt Seni- spektive, die auch im Alter ein selbständiges Le- orenbildung, dem Kuratorium Deutsche Altershilfe ben ermöglicht – im Haus, im Stadtquartier oder und der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. in der Dorfgemeinschaft. Während dieser zwei Jahre lernten 20 haupt- und Viele der rund 350 Seniorenbüros bundesweit ehrenamtlich Aktive aus Seniorenbüros beteili- gestalten Nachbarschaftsprojekte mit vielfältigen gungsorientierte Ansätze, kreative Methoden und Angeboten. Diese reichen von der Beratung im zukunftsweisende Ideen kennen. Begleitet durch Einzelfall über Angebote zur Kontaktpflege bis hin den Fachaustausch auf der kurseigenen On- zur Übernahme von Aufgaben der Sozialplanung line-Plattform und regionale Coachings, setzten für die Kommune. Seniorenbüros tragen damit diese Multiplikatorinnen und Multiplikatoren an entscheidend dazu bei, dass ältere Menschen so vielen Orten Impulse aus der Nachbarschafts- lange wie möglich am Leben in der Gemeinschaft werkstatt, um bestehende Projekte weiter zu ent- teilhaben können. wickeln und neue Nachbarschaftsaktivitäten zu initiieren. Gerade weil das Thema Nachbarschaften so viele gesellschaftliche Aspekte berührt, sind die Die Erfahrungen aus der Nachbarschaftswerk- Akteure vor Ort im Alltag mit vielfältigen Anforde- statt sind eine Fundgrube für Haupt- und Ehren- rungen konfrontiert. Seniorenbüros sind gefor- amtliche in Nachbarschaftsprojekten. Sie zeigen: dert, flexibel auf hochkomplexe Entwicklungen zu Bürgerschaftliches Engagement macht Spaß, reagieren und Methoden, Beteiligungsprozesse, knüpft Kontakte und schafft das Quäntchen an Netzwerke etc. laufend neu zu gestalten. Mit dem Bedeutung für andere, das laut Prof. Dr. Klaus Fortbildungsprogramm Nachbarschaftswerkstatt Dörner1 jeder Mensch in jedem Alter braucht. kam die Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbü- Sie machen Lust darauf, zu experimentieren und ros (BaS) einem vielfach geäußerten Bedarf ent- mit ungewöhnlichen Methoden zum Engagement gegen. für sich und andere anzustecken. Mit dieser Do- kumentation wollen wir die Inhalte auch anderen Durch eine Förderung im Bundesprogramm Interessierten in Nachbarschaftsprojekten zur Ver- „Zuhause im Alter“ im Bereich „Nachbarschafts- fügung stellen. 1 Klaus Dörner, Leben und Sterben, wo ich hingehöre. Dritter Sozialraum und neues Hilfesystem, Neumünster 2012 BaS | 3
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT Die BaS-Nachbarschaftswerkstatt Ziele Projektleitung • Blick in die Zukunft Agnes Boeßner, Bundesarbeitsgemeinschaft • beteiligungsorientierte Haltung Seniorenbüros e. V. • innovative Methoden und Impulse • Projektentwicklung Projektidee • Netzwerk der Seniorenbüros Stefanie Adler, Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e. V. Bausteine: Präsenztage – Online-Phasen – Regionales Coaching • 4 Präsenz-Seminare (je 2-3 Tage) in Düsseldorf Die Bundesarbeitsgemeinschaft und Frankfurt/Main Seniorenbüros (BaS) • Zwischen den Präsenz-Seminaren mehrwöchige moderierte Online-Phasen Die BaS ist seit 1995 als Expertin für das • Regionale Coachings in 4 Gruppen á 2 Termine bürgerschaftliche Engagement älterer Men- schen und als Impulsgeberin für eine inno- Teilnehmende vative Seniorenarbeit tätig. 20 ehren- und hauptamtliche Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus 13 Seniorenbüros bun- Für die rund 350 Seniorenbüros bundesweit desweit (Ahlen, Celle, Bad Ems, Dreieich, Gel- bietet sie Fachberatung und Vernetzung auf senkirchen, Idstein, Ingolstadt, Limburg-Weilburg, Landes- und Bundesebene, Qualifizierung Meckenheim, Regensburg, Speyer, Taunusstein, und Qualitätssicherung, Projektentwicklung Wendelstein) und -steuerung sowie Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Referierende Karin Nell, Ev. Erwachsenenbildungswerk In der Nachbarschaftswerkstatt hat die BaS Nordrhein (eeb) folgende Leistungen übernommen: Susanne Konzet, ProjektWerkstatt Seniorenbildung • Projektentwicklung und -steuerung • Konzeption in Abstimmung mit den Daniel Hoffmann, Kuratorium Deutsche Kooperationspartnern Altershilfe (KDA) • Koordination, Durchführung und Christiane Grabe, Diakonie Organisation des Fortbildungsprogramms Rheinland-Westfalen-Lippe • Förderung der Vernetzung, Netzwerktreffen • Öffentlichkeitsarbeit Mit innovativen Projekten wie der Nachbar- schaftswerkstatt fördert die BaS die Wei- terentwicklung von zukunftsweisenden En- gagementfeldern für Ältere und trägt dazu bei, den demografischen Wandel konstruk- tiv zu gestalten. 4 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | KONZEPTIONSWORKSHOP Konzeptionsworkshop U m das Konzept der Nachbarschafts- werkstatt mit den Beteiligten zusammen zu entwickeln und die Vorstellungen der Kooperationspartner abzustimmen, lud die BaS die Partner, Haupt- und Ehrenamtliche aus Se- niorenbüros sowie Interessierte aus Nachbar- schafts-Projekten zu einem Konzeptions-Work- shop am 13. und 14. September 2012 ein. Elemente des Konzeptions-Workshops, die in das Konzept der Nachbarschaftswerkstatt aufge- nommen wurden: • Kreatives Arbeiten: Gestalten mit sinnlich er- fahrbaren Materialien, Einbeziehen von Anre- gungen aus Kunst und Kultur, Erproben innova- tiver Methoden • Blick in die Zukunft: Bewusstsein für gesell- schaftliche Entwicklungen, aus der Zukunft heraus die Gegenwart betrachten, Visionen für Nachbarschaften entwickeln Nachbarschaft der Zukunft: Modellbau • Neue Kommunikations- und Lernformen: On- line-Lernraum (moodle-Plattform), Rolle neuer • Praxisorientiertes Vorgehen: Erfahrungen Medien, Erkunden von Möglichkeiten „Virtueller aus Seniorenbüros austauschen, Good-prac- Nachbarschaften“ tice-Beispiele kennen lernen, Netzwerk der Se- • Neuer Profi-Laien-Mix: Wandel der Haltung zwi- niorenbüros knüpfen schen Haupt- und Ehrenamt: Menschen unter- • Neues Lernverständnis: Alle sind Lernende stützen, für ihre eigenen Anliegen aktiv zu werden und Lehrende zugleich Kommunikation der Zukunft: „Nachbarschafts-Apps“ BaS | 5
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | ONLINE-PLATTFORM Online-Plattform D ie Online-Plattform für die Nachbarschafts- werkstatt basiert auf einer moodle-Platt- form. Diese wurde vom Kooperationspart- ner KDA zur Verfügung gestellt und gepflegt. Einführung in die Technik Für die Einführung in die Arbeit mit der On- line-Plattform wurde innerhalb des ersten Bau- steins ein Tag reserviert, an dem sich die Gruppe in einem externen PC-Raum traf. Daniel Hoffmann vom KDA leitete die Einführung und unterstützte die Teilnehmenden bei den ersten Schritten in der Online-Zusammenarbeit. Bis auf eine Teilneh- merin hatte niemand aus der Gruppe Erfahrung Während das „Forum Nachbarschaftsarbeit“ mit moodle gemacht und kaum jemand zuvor On- für fachliche Themen wie Projektvorstellungen, line-Foren genutzt. Informationen, Inklusion, Öffentlichkeitsarbeit oder Fundraising genutzt wurde, tauschten die Teilneh- Wie deutlich wurde, war die schwierigste Übung menden in der „Cafeteria“ Ideen aus und trafen das Anmelden und der Zugang zur Plattform. Auch Verabredungen, z.B. für die Theateraufführungen, im Laufe des Fortbildungsprogramms scheiterten das Netzwerktreffen oder Projektbesuche. Zwei- immer wieder einzelne Teilnehmende, weil sie mal während der Laufzeit der NBW wurde ein Passwort oder Anmeldenamen vergessen hatten Chat angeboten, in dem sich die Teilnehmenden oder den Weg zur Online-Plattform nicht mehr in einem vereinbarten Zeitfenster zu den ge- nachvollziehen konnten. Sowohl die Projektleite- wünschten Themen für den nächsten Baustein rin als auch der Kollege des KDA standen jedoch austauschen konnten. jederzeit für technischen Support zur Verfügung. In einem Dokumentenordner wurden Materialien Moderation aus dem gesamten Fortbildungsprogramm abge- Während der Online-Phasen stellten die Mode- legt, so dass alle Vorträge, Texte, Checklisten etc. ratorinnen bzw. der Moderator thematische Auf- während der gesamten Laufzeit zugänglich wa- gaben und moderierten den Diskussionsprozess. ren. In die Mediathek konnten die Teilnehmenden Das Spektrum reichte von der Auswertung der hilfreiche Links, Literatur- und Filmtipps einstellen Bausteine über einzelne Themen aus den Bau- und kommentieren. steinen bis hin zu fachlichen Fragen aus den Pro- jekten. Außerhalb der Online-Phasen wurde die „Die Online-Arbeit fällt mir nicht so leicht, aber es Diskussion von der Projektleiterin moderiert. ist eine Chance, sich in neue Kommunikations- formen einzuarbeiten.“ (Teilnehmerin) Elemente der Plattform: Im Bereich „Mitteilungen der KursleiterInnen“ stellten die Referentinnen bzw. Referenten Pro- gramme, Aufgaben oder Anleitungen ein. Im Ge- gensatz zu diesem Bereich hatten zu den Foren auch alle Teilnehmenden sowie Referentinnen und Referenten Zugang. 6 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | COACHING Coaching Gestaltung des Coaching Jeweils drei bis vier Seniorenbüros bildeten eine Coachinggruppe, die sich während der Laufzeit des Fortbildungsprogramms wechselweise an einem der Standorte traf. Eine Referentin leitete das Coaching, das in einer Kombination aus kol- legialer und fachlicher Beratung gestaltet wurde. Das Mitdenken und Mitexperimentieren aller Teil- nehmenden war gefragt, alle Anwesenden waren gleichzeitig Lernende und Lehrende. Im Sinne des prozessorientierten Arbeitens konn- Coaching in Gelsenkirchen ten vorab Themenwünsche geäußert werden, ak- tuelle Fragen oder Probleme hatten jedoch jeder- zeit ihren Platz. Die Themen aus den Coachings flossen wiederum in die Programmplanung ein. Themen der Coachings Darüber hinaus konnten die Coaching-Treffen mit Durch die Arbeit an konkreten Fragen, Situationen Projektbesichtigungen der verschiedenen Senio- und Fallbeispielen wurden viele in den Präsenzta- renbüros verbunden werden und förderten somit gen vorgestellte Themen intensiviert. Wiederkeh- den Projekttransfer. rende Themen waren beispielsweise: Konkrete Schritte bei der Projektumsetzung, Umgang mit Methoden Konflikten, Aufbau von Mitwirkungsstrukturen im Auch innerhalb der Coachings wurde mit krea- Stadtteil, Zusammenarbeit mit Kooperationspart- tiven Methoden gearbeitet. Genannt seien bei- nern sowie Politik und Verwaltung, Anregungen spielhaft: „Streichholzmethode“ (Szenenbild aus für die Verankerung innovativer Ideen vor Ort. Wie Zündhölzern wird jeweils nur um ein Hölzchen die Qualität der Arbeit trotz struktureller Heraus- verändert und neu interpretiert), Arbeit mit dem forderungen gewährleistet werden kann, wurde Medizinrad, Themenfindung anhand von Bildkar- ebenso diskutiert wie Probleme aufgrund feh- ten, ganzheitliche Übungen zur Haltung und zu lender Finanzmittel zur Weiterführung erfolgreicher Veränderungen, Biografie-Arbeit, sowie Fallarbeit Projekte sowie Chancen und Grenzen von ehren- mit Kartenabfrage und Zurufmethode. amtlichem Engagement. BaS | 7
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I Baustein I Thema: Lebendige Nachbarschaft Seminartage 18. – 20. 02. 2013, Düsseldorf / Online-Phase 21. 02. – 22. 03. 2013 B austein I von IV war der Einstieg in ein Kon- sen Räumen Unterstützung an. Insofern sind die zept, das unterschiedliche, bundesweit in- Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Nachbar- novative und interdisziplinäre Ansätze inte- schaftswerkstatt aus 13 Seniorenbüros hier ge- grativ zusammenführt – im Sinne von „Das Ganze nau richtig. ist mehr als die Summe seiner Teile“. Lebendige Nachbarschaften – Ungewöhnlicher Ort was heißt das für mich? Ungewöhnlich war schon der Ort: „WERKSET- Das Anknüpfen an persönliche Erfahrungen er- ZEN“, ein Künstleratelier in einer Wohn- und möglichte einen intensiven Einstieg ins Thema Geschäftsstraße in Düsseldorf. Das Atelier ist of- Nachbarschaft. Aus vielfältigem Material gestal- fen für Schülerinnen und Schüler, die dort erste teten die Teilnehmenden ihre Antworten zu drei Kunstwerke kreieren, für Seniorinnen und Seni- Einstiegsfragen: oren mit kreativen Ideen und für Demenzkranke als Raum, um die eigenen Kräfte mit allen Sinnen Was ist meine Herzenssache (wieder) zu erspüren. (persönlich / bei Arbeit oder Engagement)? Aus farbigem Papier gestalteten die Teilneh- Drei Künstlerinnen arbeiten bei „WERKSETZEN“, menden Herzen mit Anliegen, die ihnen persön- das gleichzeitig „keywork-Atelier“ ist. Für Men- lich und beruflich oder ehrenamtlich am Herzen schen, die aktiv werden und Projekte gestalten liegen. Das Fazit: „In unseren Herzensangelegen- wollen, bietet Bildungsreferentin Karin Nell in die- heiten sind wir einfach richtig gut!“ 8 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I In die Arbeit der Nachbarschaftsprojekte lässt sich dies übertragen: Menschen blühen auf, wenn sie sich für ihre Herzensangelegenheiten einsetzen können. Wie möchte ich persönlich im Alter leben? • im gewohnten Umfeld, in der eigenen Wohnung • möglichst lange eigenständig, unabhängig, selbstbestimmt • nicht alleine, mit anderen Generationen, inter- kulturell • Versorgung in der Nähe, mobil • am gesellschaftlichen, kulturellen Leben teilneh- men • Verantwortung übernehmen, gebraucht werden • Garten mit Gartenbank, Jahreslauf beobachten • in Würde Welche Schätze möchte ich hier in der Nachbarschaftswerkstatt entdecken? • Wie fördern wir das Bewusstsein für Nachbar- schaft? • Wie gewinnen wir Ehrenamtliche für das Projekt? Wie motiviere ich Menschen, sich zu engagie- ren, ohne sich zu überlasten? • Wie können wir einsame, kranke, alte Menschen erreichen? BaS | 9
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I daraus ein Nachbarschaftsmodell der Zukunft!“ lautet die Aufgabe für die Teilnehmenden der „Nachbarschaftswerkstatt“. Die 20 Haupt- und Ehrenamtlichen stutzen zunächst, dann wird ge- schnippelt, geklebt und gebaut. Nach einer Stunde sind drei Modelle fertig, die ungeahnte Ideen und Anregungen für die realen Projekte in der Senioren-Quartiersarbeit bergen. Ein Modell stellt die Mobilität in den Vordergrund, ein anderes zeigt, wie wichtig die Versorgung in der Nähe ist, und im dritten ist die Vision eines Ortes zu erkennen, an dem Inklusion gelebt wird. Das Interessante an dieser Übung ist nicht nur das fertige Modell, sondern auch der Weg dort- hin: Wie verständigten sich die Beteiligten? Wie wurden sie sich über die Ziele des Modells einig? Wer baute was und warum? • Wie mache ich „mein Angebot“ bekannt? Der Modellbau symbolisiert damit die vielfältigen • Finanzierung und Förderungsmöglichkeiten für Verständigungsprozesse, die auch in der Nach- Nachbarschaftsprojekte barschaftsarbeit stattfinden. • Welche Chancen haben virtuelle Online-Nach- barschaften? Impuls: Lebendige Nachbarschaftsarbeit • Neue kreative Impulse und Methoden kennen Susanne Konzet von der ProjektWerkstatt Seni- lernen, auch zum Weitergeben orenbildung stellte das Konzept der „Lebendigen • Neue Sichtweisen, neue Anstöße zur Projekt- Nachbarschaftsarbeit“ vor, das in Zusammenar- entwicklung beit mit Annette Scholl vom Kuratorium Deutsche • Netzwerk der Seniorenbüros nutzen, voneinan- Altershilfe (KDA) entwickelt wurde. Das Konzept der lernen! definiert vier Tätigkeitsfelder (Kontakt und Begeg- nung; Vernetzung; Bürgerschaftliches Engage- Kreativwerkstatt „Nachbarschafts-Modell ment und die Beteiligung Älterer; gegenseitige der Zukunft“ Unterstützung und Hilfe). In allen Bereichen gilt: Papier, Schere, Kleber, sonst nichts. „Bauen Sie Gut funktionierende Nachbarschaften entstehen nicht von allein. Konzets Konzept empfiehlt unter anderem folgende Elemente: • Selbstorganisation unterstützen, damit Ältere eigene Aktivitäten und Angebote gestalten können • Akteure fördern, gemeinsame Ziele und Anlie- gen zu definieren • Kümmerer gewinnen und unterstützen • Zeit geben für die Entwicklung nachbarschaft- licher Beziehungen • Räume schaffen für Begegnung und gemein- same Aktivitäten 10 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I Impuls: Theorie U Erfolge vorweisen müssen, gehen beteiligungs- „Zeit geben“ war ein Stichwort, das bei den Teil- orientierte Prozesse den umgekehrten Weg: Die nehmenden auf Widerspruch stieß: Der Alltag vie- Akteure nehmen sich Zeit, ihre eigenen Ideen zu ler Seniorenbüros ist geprägt vom Druck, in mög- reflektieren und auf die Bewohner zu hören. Sie lichst vielen Projekten möglichst schnell Erfolge bestärken diese, ihre eigenen Herzenssachen zu vorstellen zu können. Als Gegenpol dazu stellte realisieren. Das heißt: Beteiligungsprozesse brau- Karin Nell die „Theorie U“ von Otto Scharmer vor, chen Zeit – und Menschen, die die Leidenschaft die insbesondere in Nachbarschaftsprojekten von für Neues vor Ort weitertragen. Bedeutung ist, soll nicht Aktionismus vor Beteili- gung gehen: Sozialraumanalyse – Stadtteilspaziergang Trotz Nieselregens machten sich die Teilneh- • Kläre deinen Ausgangspunkt und deine Motiva- menden auf, das Düsseldorfer Viertel, in dem tion! auch das Atelier liegt, zu Fuß zu erkunden. Nicht, • Unterbrich die Routine deines Handelns! Begib um etwas zu erreichen: Langsames Gehen – Fla- dich an Orte, an denen du Aspekte der Zukunft nieren – wurde hier vorgestellt als eine Methode, anschauen kannst. Gehe zu Menschen, die für um den eigenen Stadtteil, das bekannte Dorf wie- das Thema brennen! der ganz neu zu entdecken. • Meditiere! Geh‘ zu einem Ort der Stille und lass‘ das innere Wissen entstehen. Weitergeführt wurde die Anregung als Aufgabe in • Integriere das Neue! Überprüfe die praktischen der Online-Phase: Erfahrungen! Sichere die (Weiter)-Entwicklung und die Nachhaltigkeit durch helfende institutio- „In der Onlinephase möchten wir Euch einladen, nelle Infrastrukturen. das Quartier, in dem Ihr arbeitet oder Euch en- • Starte ein kleines Modellprojekt! gagiert, durch die „Schuhsohlen“ wahrzunehmen. Ziel ist es, das Quartier noch einmal mit neuen Bezogen auf Nachbarschaftsprojekte bedeutet Augen zu sehen und sich für die Lebenssituati- dies: Statt in kurzfristige Projekte zu investieren, onen der potentiellen Zielgruppen zu sensibilisie- die nach einer festgelegten Zeit zuvor definierte ren. Dazu kann es hilfreich sein, die Perspektive BaS | 11
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I zu wechseln und mit den Augen einer anderen spiel des innovativen Pilotprojektes „Wohnquar- Person, einer anderen Zielgruppe den Lokalraum tier4“ Erfolgskriterien für inklusive Quartiersent- auf sich wirken zu lassen.“ wicklung auf: Diese Aufgabe griffen die Teilnehmenden in un- • Perspektivwechsel und Horizonterweiterungen terschiedlicher Weise auf: Einige erstellten ein Fo- anregen toprotokoll ihres „Flanierens“, andere beschrieben • „Einschließen statt Ausgrenzen“: Modelle für ihre Erfahrungen beim Rundgang als „Seniorin solidarische Wohn- und Lebensformen oder Senior“ durch ihren Ort. Eine Ehrenamtliche • „Barrierefrei“ planen und (um)bauen schrieb sogar eine kurze Geschichte, in der sie • Selbstwirksamkeit ermöglichen „Anna K.“ durch Namedy flanieren lässt und zum • Vielfalt und Anderssein positiv erlebbar machen Ergebnis kommt, dass dies kein Ort ist, wo sie alt • Lust machen auf die Gestaltung der Zukunft werden möchte. Hilfreich sind dabei Methoden, die die Sinne an- Impuls: „Wohnquartier4“ – die Zukunft sprechen durch Kunst und Kultur die Bewohne- inklusiver Wohnquartiere rinnen und Bewohner einbeziehen und Kontakte Die Stadtplanerin Christiane Grabe zeigte am Bei- untereinander fördern. Pralinenschachtel: Die Sinne ansprechen! Eine Pralinenschachtel, aus der sich reihum jeder bedienen durfte, wurde zum Symbol für Metho- den, die die Sinne ansprechen. Als Beispiel für eine mit Erfolg bereits häufig verwirklichte Mit- mach-Aktion stellte Karin Nell die Planung einer Woche zum Thema „Schokolade“ vor, zu der eine Gruppe in einem Brainstorming Ideen sam- melt. Wie viele Ideen dabei in kurzer Zeit zusammen- getragen wurden, war beeindruckend: Biogra- fiearbeit, generationsübergreifende Kontakte und gemeinsame Aktivitäten – wenn jeder einen kleinen Teil der Organisation übernimmt, entsteht nicht viel Arbeit für den Einzelnen. Eine solche Themenwoche spricht auch Menschen an, die sich vom klassischen „Suchen nach (Nachbar- schafts-)Helfern“ nicht hinter dem Ofen hervorlo- cken lassen. Sind sie jedoch mit Spaß bei einer solchen Aktion dabei, engagieren sie sich gern auch wieder bei ähnlichen Aktivitäten im Stadtteil, so der Ansatz. Austausch von guten Projektbeispielen: „Rezeptbuch Nachbarschaft“ Aus der Arbeit der Seniorenbüros gibt es bereits bisher unzählige gute Beispiele, wie Aktionen in der Nachbarschaftsarbeit gelingen. Im Austausch 12 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN I zu zweit sammelten die Teilnehmenden ihre gu- ten Beispiele und stellten diese der Gruppe vor. (Auswahl): Zusammenfassung: Die Teilnehmenden bekamen viele Im- • Konzert am Nachmittag bei Menschen am pulse, sich auf Neues einzulassen, Be- Lebensende (Speyer) • Rudelsingen (Taunusstein) teiligung zu fördern, das Quartier neu zu • Mittagstisch „Jung und Alt gemeinsam“ (Ahlen) erkunden, und lernten konkrete Ideen • Mobiles Kaffeekränzchen (Gelsenkirchen) kennen. Es fand ein lebendiger Informa- • Wunschgroßeltern (Bad Ems) tions- und Ideenaustausch statt. Sowohl in den Präsenz-Tagen als auch auf der Online-Plattform war die Beteiligung der Online-Phase Teilnehmer sehr rege. Zur Einführung in die moodle-Plattform lernten die Teilnehmenden an einem Nachmittag den Auf- Die Verzahnung von realen und virtuellen bau und die Funktionsweise des Online-Raums Begegnungsräumen als zukunftswei- kennen (s. „Online-Phase“). Die vierwöchige On- sende Methode bot einen Mehrwert, der line-Phase im Anschluss an die Präsenzeinheit den Aufbau eines Netzwerkes der Senio- war geprägt von einer lebendigen Diskussion um renbüros in Nachbarschaftsprojekten för- viele Themen, die während der Seminartage zur dert. Die meisten Teilnehmenden kannten Sprache kamen. sich vorher nicht und können jetzt Erfah- rungen und Informationen aus Nachbar- Zukunftswerkstatt, Pflegekonferenz und Bürger- schaftsprojekten austauschen. beteiligung waren einige Stichworte, zu denen die Teilnehmenden Ideen und Erfahrungen aus- tauschten. Die Sammlung der Projektbeispiele wurde in einem „Rezeptbuch Nachbarschaft“ ver- öffentlicht. Im Forum der moodle-plattform konn- ten die Teilnehmenden nähere Informationen zum konkreten „Rezept“ erfragen und Materialien ein- stellen. Ein Chat zum Abschluss der Online-Pha- se fragte die Themenwünsche für den nächsten Baustein ab. BaS | 13
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II Baustein II Thema: Projektwerkstatt Seminartage 05. – 06. 06. 2013, Frankfurt/M. / Online-Phase 07. 06. – 05. 07. 2013 / regionale Coachings im Zeitraum 07. 06. – 17. 09. 2013 D er zweite Baustein der Nachbarschafts- Durch die vielen Symbole wurde die Vielfalt des werkstatt widmete sich dem Thema „Pro- Alters deutlich: Die Zeit des Älterwerdens ist nicht jektentwicklung“. Nachdem die Haupt- und nur geprägt durch Rückzug und zunehmende Lei- Ehrenamtlichen im ersten Baustein eine neue Hal- den, sondern auch von den gesammelten Erfah- tung zur Arbeit in Nachbarschaftsprojekten kennen rungen eines langen Lebens, von Schätzen zum lernen konnten, ging es diesmal um die konkrete Weitergeben und von Aktivitäten zusammen mit Umsetzung in den Projekten vor Ort. Die Projektar- anderen. Alter hat vielfältige Facetten, jeder altert beit wurde dann sowohl in der Online-Phase als anders. Auch dies spiegelt sich bei der Arbeit in auch in den Coachings weiter entwickelt. Nachbarschaftsprojekten wider. Symbole zum Thema Alter Projektentwicklung: Blick in die Zukunft Die Teilnehmenden waren eingeladen, Gegen- Seniorenbüros bei der Entwicklung zukunftsfä- stände mitzubringen: Was verbinde ich mit dem higer Projekte unterstützen, das heißt: Akteure in Alter(n)? Welcher Gegenstand symbolisiert für der sozialen Arbeit müssen von der Zukunft her mich das Alter(n)? Die Sammlung ergab einen denken! Doch wie sieht die Zukunft aus? Wie ent- Fundus an persönlichen Schätzen (Auswahl): • Sofa – weniger mobil, angewiesen auf Besuche • Schultertuch – Erinnerung an die Oma • Buch „Oma, erzähl mal!“ – Anlass für Gespräche über vergangene Zeiten • Ge-nior – Senioren-Zeitschrift aus Gelsenkir- chen von und für Senioren • „Omas großes Buch der Hausmittel“ – Weisheit und Wissen der Älteren • CD „Buena Vista Social Club“ – Musiker in hohem Alter verbreiten Lebensfreude pur 14 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II wickeln sich Städte, Dörfer und Quartiere in den Wohnung ist nicht mehr bezahlbar, die Gentrifizie- nächsten Jahren? Welche Herausforderungen rung hat das Quartier total verändert. Die Folgen kommen auf die Seniorenbüros zu? sind erhöhter Alkoholkonsum und egozentrisches Verhalten, Jüngere und Ältere bezichtigen sich Die Aufgabe für die Teilnehmenden lautete: „Ver- gegenseitig der mangelnden Solidarität. Ältere, setzen Sie sich ins Jahr 2030. Wie sieht das Le- die Geld haben, flüchten sich in Luxus-Reisen, ben im Quartier aus? In welcher Situation befinden z.B. auf dem Kreuzfahrtschiff ‚AIDA‘.“ sich alte Menschen?“ In drei Kleingruppen mach- ten sich die Teilnehmenden daran, Zukunftssze- narien zu entwickeln und diese in Form von The- ater, Nachrichten und Pantomime darzustellen. Angesichts der gelungenen Zuspitzung blieb den Zuschauern manchmal das Lachen im Hals ste- cken... „Tagesschau 2030 – Horrornachrichten“ „Senioren ab 60 erhalten statt eines Personalaus- weises einen QR-Code auf den Hals tätowiert. – Drohne statt Telefonkette: In einem Modellprojekt wurde die tägliche Seniorentelefonkette durch Drohnen ersetzt, die bei Tageslicht alle 3 Stun- „Altenpflege im Jahr 2030“ den fliegen. – Der Innenminister hat die Krimina- „Die Altenpflege im Jahr 2030 ist geprägt von litätsstatistik 2029 veröffentlicht. Auffällig ist die Personalknappheit und Massenabfertigung. Ein dramatische Zunahme von Eigentumsdelikten in großer Teil der Versorgung erfolgt über Ambi- der Altersgruppe ab 80; als Täter, nicht als Opfer. ent-Assisted-Living (AAL)-Systeme, bis hin zum – ‚Rolla‘, der Wettbewerb der getunten Rollatoren, Roboter-Kuscheltier. Die Kommunikation über ist Volkssport Nummer 1.“ computergesteuerte Leitsysteme – gepaart mit Zynismus („Schönen Tag noch!“) – führt zu le- bensbedrohlichen Missverständnissen. Die Hil- fe ist nicht an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, aus Kostengründen wird auf Gemein- schaftsräume verzichtet. Einsamkeit und Resigna- tion sind die Folge.“ Auswertung: Blick in die Zukunft – Gegenkonzepte Der Blick in die Zukunft öffnete die Augen für ge- sellschaftliche Entwicklungen und weckte den Im- puls zu fragen: „Was muss passieren, damit es anders wird?“ Nach Auswertung der „Horrorvisi- „Quartier 2030 – Auf der AIDA: Passagiere onen“ sammelte die Gruppe, was erforderlich ist, erzählen vom Leben zu Hause“ um die Quartiere auch in Zukunft für ältere Men- „Im Quartier der Zukunft leben Pflegebedürftige schen lebenswert zu machen: isoliert und ausgegrenzt; weil es sich nicht mehr lohnt, bekommen sie keine Medikamente. Zu es- Teilhabe und Mitbestimmung, wertschätzende sen gibt es „Hipp“-Gläschen, für die unter 80jäh- Kommunikation, Ehrenamt nicht als Ersatz für Ar- rigen „mit Stückchen“. Als „freiwilliges Muss“ ist beitsplätze waren nur einige der als dringend not- das Ehrenamt bis 85 verpflichtend. Die ehemalige wendig erachteten Forderungen der Gruppe. Die- BaS | 15
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II se Forderungen stellen sich die Teilnehmenden steht ich? Welches sind die nächsten Schritte, selbst - als Leitlinien bei der Entwicklung von was ist in der nächsten Phase Nachbarschaftsprojekten in Stadtteilen, Quartie- ren und Dörfern. erforderlich?“ Für die Teilnehmenden erleichterte das Medizinrad als Orientierung die Arbeit an den Projektentwicklung – das Medizinrad eigenen Projekten. „Projektplanung mit allen Sinnen“ lautet das Cre- do von Susanne Konzet. In ihrer Beratung für Pro- Es ist inspiriert vom Symbol des Kreises, da Pro- jektentwicklung in der Seniorenarbeit stellte sie jekte sich nicht linear oder in Stufen, sondern in immer wieder fest, dass Projekte verschiedene Kreisläufen entwickeln, sowie von den Himmels- Phasen durchlaufen und es hilft, diese zu kennen richtungen und den Jahreszeiten: und bereits bei der Planung zu berücksichtigen. „Bei der Entwicklung der ‚Projektplanung mit allen • Osten / Frühling: Sehen – Seele – Visionsphase Sinnen‘ habe ich mich von den Medizinrädern der • Süden / Sommer: Urteilen/ Auswählen – Herz – nordamerikanischen Indianer inspirieren lassen“, Konzeptionsphase erklärt Konzet. • Westen / Herbst: Handeln – Körper – Umset- zungsphase Das Medizinrad – auf dem Boden des Tagungs- • Norden / Winter: Reflektieren / Abschließen – raumes ausgelegt – diente als begehbarer Kom- Kopf – Evaluationsphase pass für die Projektentwicklung der Teilneh- • Nordosten / „Zwischen den Jahren“: Ort der un- menden: „An welcher Stelle in meinem Projekt geborenen Ideen „Das Medizinrad hilft, Struktur in die oft unsortierten Gedanken zur Projektentwicklung zu bekommen“ (Teilnehmerin) 16 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II Arbeit an den eigenen Projekten Werkzeugkasten – was ist mein Das Medizinrad war der Ausgangspunkt für die Lieblingswerkzeug in der Projektarbeit? Arbeit der Teilnehmenden an einem eigenen Pro- Neben dem Grundgerüst für die Projektentwick- jekt im Rahmen der Nachbarschaftswerkstatt. Die lung ist auch das Wie entscheidend: Wie gehe Haupt- bzw. Ehrenamtlichen jedes Seniorenbü- ich vor, was sind meine Stärken, wozu brauche ros wählten ein Projekt: ein bestehendes, das sie ich noch Unterstützung im Projekt? Die Teilneh- weiterentwickeln oder ein neues, das sie initiie- menden wählten ihr „Lieblingswerkzeug“ aus: ren und an dem sie in der kollegialen Beratung, im Coaching und in der Fachberatung der On- Handbohrer: line-Phase arbeiten wollten. dicke Löcher bohren, eigene Kraft nutzen Wasserwaage: Leitfragen zur Projektentwicklung für Balance sorgen, unterschiedliche Positionen in Einige Leitfragen zur Projektentwicklung dienten den Blick nehmen und für Ausgleich sorgen als Unterstützung beim Strukturieren des Kon- zeptes (Auswahl): Zollstock: das rechte Maß finden Hammer: Nägel mit Köpfen machen, woran das • Welche Ziele hat das Projekt? Projekt aufgehängt werden kann • Wen müssen wir unbedingt einbeziehen, mit wem sollten wir kooperieren? Kleber: verlässliche Verbindungen • Wie gewinnen wir Mitstreiterinnen und Mitstreiter? Werkzeugkoffer: viele verschiedene Methoden • Wer übernimmt welche Aufgaben? für viele unterschiedliche Situationen • Wen könnten wir zur Unterstützung gewinnen? Online-Phase: In der Online-Phase im Anschluss an den zwei- ten Seminarblock konnte jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer fachliche und kollegiale Beratung zu einem konkreten Projekt erhalten. Einige Teil- nehmende wünschten sich Rückmeldungen zu ihren Projekt-Konzepten, andere hatten Fragen zu konkreten Vorhaben, mehrere suchten Rat in kritischen Situationen oder festgefahrenen Struk- turen. Die Fachberatung von Susanne Konzet und Karin Nell wurde ergänzt durch die kollegiale Beratung im Online-Forum. Fundiert wurden hier Konzepte überprüft, Anregungen weitergegeben und Erfah- rungen ausgetauscht. Coaching: Zum ersten von zwei regionalen Coaching-Termi- nen trafen sich zwischen den Bausteinen II und III jeweils drei oder vier Teilnehmende in einem der Seniorenbüros. Schwerpunkt war der Transfer der Impulse aus der Nachbarschaftswerkstatt in die Praxis vor Ort. Moderiert wurde der fachliche und kollegiale Austausch von einer Referentin als Coach. BaS | 17
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II Die regionalen Coaching-Treffen knüpften an die und Ehrenamtlichen, Überzeugungsarbeit vor Ort, Arbeit zur Projektentwicklung an. Schwerpunkte Mittel gegen die Überlastung in der täglichen Ar- waren Fragen zur konkreten Arbeit in den Pro- beit, Umsetzen des neuen Projekt-Konzeptes im jekten und zur Balance zwischen neuen Ideen Stadtteil, und die Zusammenarbeit mit Kooperati- und alten Rahmenbedingungen, z.B. neue Struk- onspartnern. turen in der Zusammenarbeit zwischen Haupt- Zusammenfassung: Der zweite Baustein der „Nachbarschaftswerkstatt“ machte mit dem eindrucksvollen Blick in die Zukunft Mut, Visionen zu entwickeln und diese in die Nachbarschaftsarbeit einzubringen. Die im Seminar verwendeten Methoden (z.B. „Horrornachrichten“, Stegreif-Theater) wurden zum Teil in der Arbeit vor Ort verwendet, beispielsweise in der Qualifizierung von Ehrenamtlichen oder bei der Zukunftsplanung für ein Quartier. Die vorgestellten Aspekte zur Projektentwicklung (Medizinrad, Leitfragen, Werkzeuge) empfan- den die Teilnehmenden als sehr hilfreich für die konkrete Arbeit in ihren Nachbarschaftsprojekten. In der Online-Phase wurde die bundesweite Zusammenarbeit der Seniorenbüros weiter vertieft – durch die kollegiale Beratung der anderen Werkstatt-Teilnehmenden, die Fachberatung und den Austausch von Tipps und Erfahrungen. Die regionalen Coachings boten fachliche Unterstützung und förderten den Erfahrungs- und Modelltransfer. Zur Attraktivität und Aktualität von Nachbarschaft und Quartier von Christiane Grabe W ir leben in einer in hohem Maße indi- und er ertönt gleich aus mehreren Richtungen. vidualisierten, globalisierten und spe- Stellvertretend für einen ganzen Chor unter- zialisierten Gesellschaft – wie ist der schiedlicher Institutionen und Akteure seien hier sprunghafte Bedeutungszuwachs von Quartier zwei Stimmen genannt, die sich auf die aktuellen und Nachbarschaft zu erklären? Hat diesen nicht gesellschaftspolitischen Herausforderungen be- lange eine Aura von Spießigkeit und Miefigkeit an- ziehen: gehaftet, der man glücklicherweise entwachsen ist? Wozu braucht man das oft unbequeme Gebil- „Quartiersbezogene, integrierte Versorgungsmo- de „Nachbarschaft“, wo es Spezialisten gibt, de- delle sind Elemente einer neuen sozialen Archi- nen man alle personen- und haushaltsbezogenen tektur ( ). Sie erfüllen die Anforderungen nach Aufgaben übertragen kann? Ebenso ist die Ge- Bürgerbeteiligung und Mitverantwortung durch staltung des Wohnumfeldes in die Hand von Spe- Kirchengemeinden, Vereine und Organisationen zialisten gelegt worden, für die die Organisation auf lokaler Ebene, sie entsprechen dem Leitbild der Mitwirkung von Bürgern oft lästige Pflichtauf- der sorgenden Gemeinde.“ (Jürgen Gohde, 2013) gabe ist – zum Preis eines verloren gegangenen Verantwortungsgefühls für den ja eigentlich kollek- „Bei den gesellschaftlichen Herausforderungen tiv-eigenen „öffentlichen“ Raum. unserer Zeit – Wirtschaftswandel, Klimawandel, demografischer Wandel und soziale Integration Doch seit einigen Jahren wird der Ruf nach eben – stoßen viele Städte aufgrund der Anhängig- diesen abgelegten Verantwortungsrollen lauter, keit von Kassenkrediten, Haushaltskommissaren 18 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II oder Ressortlogiken an die Grenzen ihrer Prob- wenn es hierfür anderen Akteuren am Willen und lemlösungsfähigkeit. ( ) Wir brauchen (daher) in der Politik an Visionen, Durchsetzungskraft und Zukunft einen besonderen integrierten Ansatz der Gestaltungsinstrumenten fehlt. Quartiersentwicklung, der die Ressourcen unter- schiedlichster AkteurInnen vom Staat über private So darf die Lösung der aktuellen gesellschaft- Unternehmen und Stiftungen bis hin zur Zivilge- lichen Probleme und Schieflagen weder auf die sellschaft systematisch einbezieht.“ (Uwe Altrock, neu entdeckte „Bürgergesellschaft“ abgewälzt, 2013). noch primär auf die Quartiersebene verlagert wer- den. Faktisch jedoch wächst aus vielen Quartie- Zu den immensen globalen Herausforderungen ren, aus sich selbst stärkenden Nachbarschaften kommen also die zunehmende Bedürftigkeit einer heraus, eine Kraft, die wichtige Impulse für einen alternden und inklusiv zu gestaltenden Gesell- gesellschaftlichen Umbau geben kann – vielleicht schaft und die durch systematische Ökonomi- nehmen wir gerade Teil am Entstehen einer neuen sierungs- und Umverteilungsprozesse chronisch Bewegung, der „Nachbarschaftsbewegung“. angelegte Unterfinanzierung gemeinwesenorien- tierter, sozialer und gesundheitlicher Aufgaben. Denn die Strategie „Think global, act local“ ist heute aktueller denn je. Vielen Akteuren in den Dass die Zivilgesellschaft in den Fokus rückt und Stadtteilen und Quartieren geht es vor allem um das neue Leitbild der „Caring Community – Sor- ein sozialeres Miteinander. So werden die ge- genden Gemeinschaft“ von der Bertelsmann-Stif- sellschaftlichen Auswirkungen der konsequenten tung über die Fachwelt bis zur Politik gepredigt Individualisierung und Ökonomisierung auch wird, muss eher beunruhigen als verwundern. Be- bezogen auf die individuelle Bedürfnisebene unruhigen immer dann, wenn die lang überfällige schmerzhaft spürbar: Partizipation von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Bürgerschaft als Sparmodell missbraucht • Individualität, Wettbewerb und Konkurrenz als wird. „Caring Community“ ja – aber nicht im Dien- Leitmotive gesellschaftlichen Handelns bedin- ste der Ideologie des „schlanken Staates“ zum gen einen Verlust von Verbundenheit, Vertrauen Wohle weniger, sondern als Chance zur Rückge- und Verbindlichkeit, winnung des Sozialen durch die Zivilgesellschaft, • in einer Gesellschaft, die mehr und mehr in Ge- BaS | 19
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN II winner und Verlierer auseinanderdriftet, werden 1990er Jahren in einer Rede zu den Perspektiven die Bedürfnisse nach Gemeinschaft, Solidarität der europäischen Stadt konstatiert. und Gerechtigkeit systematisch übergangen, • wachsende Komplexität, Spezialisierung, unglei- Programme zur Gewinnung und Stärkung neuer che Machtverteilung sowie das Herausfallen aus Nachbarschaften im Sinne lokaler Verantwor- gesellschaftlich anerkannten Betätigungsfeldern tungsgemeinschaften sind hierfür ein wichtiger durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit schränken Baustein. Sie können zur Öffnung interessierter die Erfahrbarkeit von Sinnhaftigkeit und Selbst- Bürgerinnen und Bürger für neue Denkweisen wirksamkeit erheblich ein, und zur gemeinsamen Entwicklung alternativer • die Flexibilisierung und Mobilisierung des Le- Strategien, Konzepte und Projekte zur Stärkung bens lässt den Einzelnen in der Welt zuhause, von Sinnhaftigkeit, Verbundenheit und Solida- aber häufig nicht mehr im ursprünglichen Sinne rität beitragen. Denn zuerst hat Veränderung beheimatet sein und bedingt eine Grundstim- immer auch mit dem eigenen Bedürfnis nach mung der „Rastlosigkeit“, individuellem und gesellschaftlichem Wandel zu • ständig „auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ tun. zu sein, ist angesichts der Beschleunigung aller Lebensabläufe, deren Taktung der ökonomische Nachbarschaft, Gemeinschaft, „Commoning“ Wettbewerb vorgibt, zum dominierenden Le- sind nicht nur Konzepte für das Alter, sondern bensgefühl vieler Menschen geworden. auch attraktiv für junge Menschen. So kann Nach- barschaftsarbeit im dargestellten Sinne zu einem „Wir können uns noch so anstrengen und uns guten Miteinander der Generationen in schwie- bemühen, die besten städtebaulichen Voraus- rigen Zeiten beitragen. Sie wird besonders dann setzungen für das Zusammenleben zu schaf- an Gestaltungskraft gewinnen, wenn sie sich mit fen. Wenn uns die Fähigkeit des friedlichen und den vielen anderen Initiativen für eine soziale und nachbarschaftlichen konstruktiven Zusammenle- nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft bens…verloren geht, dann nützt auch die phy- verbündet und in „Laboren der Zivilgesellschaft“ sische Qualität der Stadt letztlich nichts.“ hat (Hartmut Welzer) ein anderes Miteinander entwi- der Stadtplaner Gerhard Curdes schon in den ckelt und erprobt. Christiane Grabe, Dipl.-Ing. Raumplanung, Coach DGfC, Referentin für Psychiatrie und inklusive Quartiersentwick- lung, Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. / Ev. Zentrum für Quartiersentwicklung 20 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN III Baustein III Thema: Vertiefung innovative Nachbarschaftsarbeit, Beteiligung und Kooperation Seminartage 18. – 19. 09. 2013 in Frankfurt/M., Online-Phase 20. – 29. 09. und 04. – 24. 11. 2013, Coachings im Zeitraum 20. 09. 2013 – 28. 01. 2014 I n Baustein III arbeiteten die Teilnehmenden am nach Schlüsselpersonen, die sich für ihre Her- Themenfeld „Innovative Nachbarschaftsarbeit – zenssachen, ihre eigenen Anliegen, einsetzen Partizipation, Kooperation“ vor dem Hintergrund und auch andere zum Mitmachen begeistern der Projektentwicklung vor Ort. Darüber hinaus können. Sie verstehen sich nicht als Helfer eines warf die Gruppe wieder einen Blick in die Zukunft von Profis entwickelten Projektes, sondern defi- – diesmal mit der Frage, was neue Medien für die nieren ihre Rolle selbst und entwickeln eigene Nachbarschaftsarbeit bringen können. Projektideen. Partizipation und Keywork Übung: Wie gewinne ich Leute, die mitmachen? Wie „Meine Haltung zu Partizipation/Beteiligung“ fördere ich die Beteiligung der Bewohner? Wie Entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz der setze ich Projektideen in Kooperation mit ande- „Nachbarschaftswerkstatt“ spürten die Teilneh- ren Akteuren um? Dies ist die Frage in vielen menden in einer Körperübung nach, welche Hal- Projekten, der die „Nachbarschaftswerkstatt“ tung für sie Partizipation und Beteiligung fördern mit einem neuen Ansatz begegnete. kann. Über konkrete Aktivitäten hinaus zeigt eine offene Haltung den neuen Ansatz im Bürgerschaft- Karin Nell stellte das „Keywork“-Konzept vor, lichen Engagement: Akteure unterstützen Men- das aus einem europäischen Modellprojekt im schen selbst aktiv zu werden und laden sie ein, sich Kulturbereich stammt. „Keyworker“ sind dem- für ihre eigenen Herzenssachen zu engagieren. BaS | 21
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN III Wie unterstützt man Menschen, ihre Herzenssachen (wieder) zu finden? Um zu erleben, wie das Entdecken von Her- zenssachen gelingen kann, wurden die Teilneh- menden gebeten, ihre Wünsche und Träume für den Ruhestand auf je drei Karten zu schreiben. Aus den Karten, die die Teilnehmenden dann zu- einander passend auf dem Boden legen, entsteht ein „Mosaik“, das Menschen mit ähnlichen Anlie- gen zusammenbringt. Die Erfahrung in bestehenden Nachbar- schaftsprojekten zeigt: Menschen, die sich aus eigenem Interesse einem Thema widmen, sind gern bereit, zugunsten eines „guten Zweckes“ ak- tiv zu werden. Auf Bitten wie „Wir brauchen Leute, die eine Fotoausstellung im Altenheim organisie- ren“ kommt oft wenig Resonanz. Doch wenn das Seniorenbüro Menschen unterstützt, sich zu ihren eigenen Interessen (z.B. Fotografieren) zu treffen, Doris Blum – oder eine alltägliche Geschichte sind Dinge wie eine Ausstellung im Altenheim oft- über das Verschwinden sozialer Netze mals Selbstläufer. Die fiktive Geschichte nach einer Idee von Karin Nell zeigt am Beispiel einer Frau, „Doris Blum“, wie Kopfstand: wie verhindere ich Mitarbeit sich soziale Netze im Laufe des Lebens verändern von Ehrenamtlichen? und mit dem Älterwerden immer mehr verkleinern. Im Gegenteil wird oft die Wahrheit sichtbar – nach Mit 89 Jahren ist Doris Blum eine einsame Frau. diesem Motto sammelte die Gruppe auf Flip- „Soziale Netze fallen nicht vom Himmel“, mahnt Karin Nell. Für eine gute soziale Einbindung muss jede und jeder einzelne rechtzeitig selbst aktiv wer- den, Leistungen erbringen und sich für sich selbst und andere engagieren, sich mit Gleichgesinnten in der Nachbarschaft zusammenschließen. Dies bildet soziale Netze „für sich und andere“, die im Alter tragen können - so die These von Karin Nell. 22 | BaS
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN III Charts Methoden, wie man Ehrenamtliche am nach seinem Tod 40.000 € und vermacht diese wirkungsvollsten abschrecken könnte. Die Teil- seinem Wohnort mit der Auflage, damit älteren nehmenden konnten dabei aus einem reichen Langzeitarbeitslosen zu helfen. Die Kommune Erfahrungsschatz schöpfen – sei es aus eigener fordert daraufhin vier Träger in einem Wettbewerb ehrenamtlicher Tätigkeit oder aus Berichten von auf, die besten Ideen zu kreieren. Engagierten in der sozialen Arbeit. Interessant war, dass die Frage nach Kooperati- An „erster Stelle“ stand die Abwertung von eige- onsmöglichkeiten in diesem Szenariospiel völlig nen Ideen Ehrenamtlicher, dicht gefolgt von man- unterging. Obwohl das Thema mit „Kooperation gelndem Interesse an deren Engagement sowie und Vernetzung“ überschrieben war, präsentierten Zweifel an deren Fähigkeiten. Die mangelnde die vier Gruppen vier eigene Konzepte. Dies Anerkennung lag also weit vor dem „Abschre- führte zu einer interessanten Diskussion darüber, ckungsgrund“ fehlender Kostenerstattung, der was Kooperationen hindert – und was passieren jedoch auch Interessierte verprellen kann. muss, damit Zusammenarbeit für alle Beteiligten gewinnbringend wird. Im Umkehrschluss wurden die Ideen wieder „vom Kopf auf die Füße“ gestellt und die wichtigsten Kooperation am Beispiel eines Gugelhupfs Merkmale unterstützender Arbeit mit ehrenamtlich Als Rezeptur für gelingende Kooperationen zog Engagierten zusammengetragen. Karin Nell Parallelen zum Kuchenbacken (Gugel- hupf): Jedes Projekt ist ein WIR-Projekt, d.h. das Kooperation und Vernetzung gemeinsame Ziel ist, einen Gugelhupf zu kreieren. Mit der Übung „Mein Lieblings-Kooperationspart- Der Kuchen braucht unterschiedliche Zutaten, je- ner“ machten sich die Teilnehmenden ihre eige- der der Beteiligten trägt etwas anderes zum Ge- nen Erfahrungen mit gelingenden Kooperationen lingen bei. Wenn sich die Beteiligten nicht einig bewusst und nannten je drei Gründe, die die Zu- sind, welche Zutaten in welcher Reihenfolge dran sammenarbeit angenehm und fruchtbar machen. sind, kann professionelle Moderation helfen, sich Auf die Frage „Welche Merkmale haben die „Lieb- darüber zu verständigen. lings-Kooperationspartner“ gemeinsam?“ tauch- ten am häufigsten Eigenschaften wie Zuverläs- sigkeit, gleiches Ziel, Arbeiten auf Augenhöhe, Kritikfähigkeit, und ergänzende Fähigkeiten auf. Szenario-Spiel „Wettbewerb“ Zum Thema „Kooperation und Vernetzung“ nahm die Gruppe teil an einem Szenariospiel. Das Sze- nario: Ein vermögender Einwohner hinterlässt Zukunftsmusik digitale Nachbarschafts-Netzwerke Blick in die Zukunft - meine Apps im Jahr 2030: Die Teilnehmenden wählten je drei Karten eines Memory-Spiels, um ihre „drei wichtigsten Apps“ für das Leben als älterer und mobilitätseinge- schränkter Mensch in der Nachbarschaft zu sym- bolisieren. BaS | 23
NACHBARSCHAFTSWERKSTATT | BAUSTEIN III (s. folgendes Kapitel). Dies trug entscheidend dazu bei, das Netzwerk der Gruppe zu stärken und die Kontakte unter den Beteiligten zu fördern. Die Mediathek wurde erst im Laufe der folgenden Monate etwas erweitert. Coaching Die vier Coaching-Gruppen trafen sich zwischen September 2013 und Januar 2014 zu ihren zwei- ten Coaching-Terminen mit den jeweiligen Refe- rentinnen. Da die Gruppe sich nun noch besser kannte, konnten auch schwierige Situationen auf einer fundierten Vertrauensbasis beraten werden. In der anschließenden Diskussion ging es um die Die Coaching-Treffen fanden in den einzelnen Se- Frage: „Wie wird die Kommunikation unter Nach- niorenbüros statt und wurden mit einer Projektbe- barn in Zukunft funktionieren?“ Können digitale sichtigung vor Ort verbunden. Medien dazu beitragen, Kontakte zu fördern – und was muss passieren, damit ältere Menschen die- se auch nutzen können? Zusammenfassung: Vortrag „Lokale-Online-Gemeinschaften“ Aus der Weiterentwicklung der Projekte wur- Daniel Hoffmann vom KDA stellte Beispiele vor, de deutlich, dass viele Anregungen, Ideen wie digitale Medien die Beteiligung von Älteren vor und Impulse aus der Nachbarschaftswerk- Ort fördern können. In regelmäßig angebotenen statt bereits Eingang fanden in die praktische Fortbildungen des KDA können Interessierte bei- Arbeit der Seniorenbüros vor Ort. Immer spielsweise einfache Handgriffe für das Erstellen wieder berichteten Teilnehmer, dass sie Ele- eines Online-Blogs erlernen und erproben. Auf der mente aus der Nachbarschaftswerkstatt „zu Plattform www.unser-quartier.de finden sich Links Hause“ umgesetzt hatten, wo diese zum Teil zu Seiten, die Seniorinnen und Senioren rund um ganz anders abliefen als im Fortbildungsse- ihre Nachbarschaft erstellt haben. minar, doch immer als Bereicherung erlebt wurden. Online-Phase Der Paradigmenwechsel bei der Gewin- Das geplante Thema der anschließenden On- nung von Ehrenamtlichen hin zu einer sehr line-Phase war die Arbeit an der Mediathek. In beteiligungsorientierten Haltung war spürbar einem Chat verständigten sich die Teilnehmenden und wurde zunehmend selbstverständlicher. über die Stichworte, zu denen sie Materialien Innovative, die Sinnen ansprechende, teils veröffentlichen und kommentieren wollten. Damit „verrückte“ Ideen wurden aufgegriffen und sollte die Mediathek zu einer kommentierten Fach- für die eigene Situation weiter entwickelt. Die bibliothek rund um das Thema Nachbarschaft Nachbarschaftswerkstatt weitete den Blick werden. Gefragt waren die Themen Finanzierung, weg von der traditionellen Projektplanung Wohnen, Bürgerbeteiligung sowie Netzwerkarbeit „wir planen, ihr macht mit“ hin zu einer neuen und Salutogenese. Kultur der Beteiligung von Laien und Profis, ohne deren Rollen zu verwischen. Die Online-Phase war dann allerdings für eine Überraschung gut: die Teilnehmenden beteiligten Auch außerhalb der Seminar- und On- sich weniger an der Bereicherung der Mediathek line-Phasen pflegten viele Teilnehmenden als an den Online-Absprachen zum Theater- den Kontakt untereinander, die Netzwerkbil- stück der Nachbarschaftswerkstatt, das bei der dung wurde zunehmend vertieft. BaS-Jahresfachtagung uraufgeführt werden sollte 24 | BaS
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