Nachhaltige Sicherung von Wasserres-sourcen - das NFP 61 im Spiegel globaler und nationaler Herausforderungen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nachhaltige Sicherung von Wasserres- sourcen – das NFP 61 im Spiegel globaler und nationaler Herausforderungen Christian Leibundgut 1. Einleitung 2. Wasserressourcen Wasser als elementare Lebensgrundlage und Nachhaltigkeit kommt zunehmend unter Druck. Bekannte Nachhaltigkeit als allgemeines Bestreben Einflussgrössen sind der Klimawandel, der kann definiert werden als ein Wirtschaften, Nutzungsdruck und die Belastungen durch das alle einbezogenen Elemente im Gleich- Schadstoffe. Die aktuellen ökonomischen gewicht belässt oder ins Gleichgewicht Entwicklungen bergen die Gefahr, dass selbst bringt. Konkret heisst das, dass ökologische, Grundressourcen wie das Wasser zunehmend ökonomische und soziale Überlegungen in den Strudel des globalisierten Marktes und gleichermassen berücksichtigt und damit der offenbar nicht mehr kontrollierbaren Fi- Voraussetzungen für eine längerfristig trag- nanzmärkte geraten, der aktuell wie ein Sturm fähige Entwicklung von Gesellschaft und über die Erde hinwegfegt. Im Gefolge des Umwelt geschaffen werden. Die Ursprünge Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums dieser Überlegungen gehen auf den Club of hat sich unter anderem ein anthropogen indu- Rome zurück, mit dessen Veröffentlichungen zierter Klimawandel eingestellt, der die Was- zur Umweltentwicklung und zur Zukunft der serressourcen zusätzlich belastet und in sei- Weltwirtschaft vor rund fünfzig Jahren das Bild 1. Schematische Darstellung der nen finalen Auswirkungen noch unübersehbar moderne Umweltdenken und die Umweltfor- Nachhaltigkeit in den überlappenden ist. Anstrengungen zum langfristigen Schutz schung eingeleitet wurden (Meadows 1972, Bereichen der drei Sektoren Ökologie, der Wasserressourcen im globalen und re- Meadows et al. 1974). Gleichgewicht wird hier Ökonomie und Soziales System. gionalen Rahmen sind deshalb unerlässlich nicht verstanden als statischer Zustand, son- und weltweit bereits zahlreich in Ausführung. dern als Fähigkeit des Systems sich in einer Das Integrierte Wasser Ressourcen Dabei gilt das «Integrierte Wasser Ressourcen gewissen Bandbreite in ein neues Gleichge- Management (IWRM) basiert auf den vier Management» als anerkannter und potenziell wicht einzupendeln (Homöostase, Resilienz), 1992-Dublin-Prinzipien: wirkungsvoller Ansatz, um die Probleme der wie dies seitens der Ökologie definiert wird 1. Wasser ist eine endliche und verletz- nachhaltigen Sicherung der Ressource Was- (Folke et al. 2002). Die schematische Darstel- liche Ressource, unentbehrlich für ser und deren Nutzung durch den Menschen lung der Nachhaltigkeit impliziert für die drei Leben, Entwicklung und Umwelt. zu analysieren und Problemlösungen einver- Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales 2. Wassererschliessung und dessen Ma- nehmlich zu erarbeiten. System wechselseitiges Ineinandergreifen nagement basieren auf einem partizi- Wasser ist anerkanntermassen (Bild 1). Der blaue Ring um die drei Sektoren pativen Ansatz, der Nutzer, Planer und ebenso ein Schlüssel für eine prosperierende symbolisiert die Einheit des Gesamtsystems. politische Entscheidungsträger aller Volkswirtschaft als auch für eine stabile und Um Nachhaltigkeit zu verfolgen und schliess- Ebenen einbezieht. innovative Gesellschaftsentwicklung. Wegen lich zu erreichen, müssen die «selbständigen» 3. Frauen spielen eine zentrale Rolle bei des relativen Wasserreichtums wurde dies Einzelbereiche in den Schnittflächen «einver- der Versorgung mit Wasser, seinem hierzulande lange kaum wahrgenommen. nehmliche» Lösungen finden. Am stärksten Management und Schutz. Mit dem Nationalen Forschungsprogramm ist Nachhaltigkeit im zentralen Segment aus- 4. Wasser hat einen wirtschaftlichen Wert NFP 61 «Nachhaltige Wassernutzung» will gebildet. in all seinen konkurrierenden Nut- die Schweiz einen grossen Schritt zur Siche- In der modernen Wasserwirtschaft zungsmöglichkeiten und sollte als wirt- rung der Wasserressourcen des Landes un- wird Nachhaltigkeit unter anderem durch das schaftliches Gut angesehen werden. ternehmen. Eine nachhaltige Wassernutzung Integrierte Wasser Ressourcen Management Der Artikel 4 ist in seinem zweiten Teil als kri- setzt zwingend die langfristige Sicherung der (IWRM) angestrebt. Darunter wird nach Global tisch einzustufen, birgt doch die Behandlung Wasserressourcen voraus, da jede Nutzung Water Partnership (2000) ein Prozess verstan- des Wassers als rein wirtschaftliches Gut von Wasser auf diese Ressource zurückgrei- den, welcher eine koordinierte Entwicklung durchaus Gefahren, wie die Vergangenheit fen muss. Das Nationale Forschungspro- und ein koordiniertes Management der Was- zeigt. Im Sinne der Nachhaltigkeit müsste es gramm «Nachhaltige Wassernutzung» (NFP ser-, der Land- und der weiteren Ressourcen heissen, «…Wasser… sollte nicht nur als wirt- 61) (www.nfp61.ch/D/) will wissenschaftlich beinhaltet. Ziel ist sowohl die Sicherung der schaftliches, sondern auch als kulturelles und fundierte Grundlagen, Methoden und Strate- Wohlstandsfunktionen des Wassers als auch soziales Gut angesehen werden». gien sowie Lösungsansätze für die künftigen der sozialen Gerechtigkeit bei der Wassernut- Der entscheidende Begriff des Inte- Herausforderungen in der Wasserwirtschaft zung ohne dabei die Nachhaltigkeit der vitalen grierten Wasser Ressourcen Managements erarbeiten. Ökosysteme zu gefährden. (IWRM) ist «Integriert». Darunter wird primär 222 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden
oder ganz kollabiert (Mays ed. 2007). Weitere ähnliche Grossprojekte sind in Planung oder wurden kürzlich vollendet, wie das «Drei Schluchten-Projekt» in China. In Brasilien wird derzeit um die Bewilligung für einen neuen, konfliktreichen Riesenstau- damm «Belo Monte» (http://www.amazon- watch.org/amazon/BR/bmd/) gerungen. Eine ganzheitliche Projektplanung im Sinne des IWRM ist nicht zu erkennen. Solche Grosspro- jekte haben auch überregional Auswirkungen und sind deshalb nicht nur nationale Angele- genheiten. Hochproblematisch bezüglich der Wasserressourcen sind weiterhin die grossen Rodungen der tropischen Urwälder in Süda- merika, Asien und Afrika. Sie können, abgese- hen von den regionalen Störungen, im Zusam- menhang mit dem ohnehin laufenden Klima- Bild 2. Schema des «Integrierten Wasser Ressourcen Managements» (IWRM) auf wandel deutliche Änderungen in der globalen Einzugsgebietsbasis. Die klassischen drei Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales Zirkulation hervorrufen. Ein weiteres Negativ- System sind durch die Kultur als wesentliche Grundlage für Zukunftsentscheide (v.a. Beispiel Nicht- Nachhaltiger-Entwicklungen Dritte Welt) ergänzt (aus Leibundgut 2007). ist der weltweite Trend zu Megacities, wie z. B. Mexiko City, mit ihren kaum mehr bewältig- das Zusammenwirken der drei Sektoren mit keit auch gut verstanden werden, wenn man baren Problemen der Wasserversorgung dem Ziel, tragfähige, dynamische Gleichge- Beispiele von Nicht-Nachhaltigkeit analysiert und Entsorgung. Sie stören die Stadt-Um- wichte zu finden, verstanden. Dieses Integral oder auch nur betrachtet, wie dies im näch- land-Beziehung und die Wasserressour- ist mehrdimensional zu verstehen (Grambow sten Kapitel erfolgt. cen einer weiten Umgebung in schwerster 2009). Die Dimensionen sind: Weise. Zusammengefasst muss festgestellt a) die Daseinsfürsorge (transsektoral), 3. Wasserressourcen werden, dass solcherart devastierte Natur- Wasserversorgung in allen Bereichen sind global unter Druck Produktions- und Siedlungsräume keine Vo- und Wasser zur Erhaltung der Ökosys- Theoretische und grundsätzliche Überle- raussetzungen mehr bieten, eine nachhaltige teme gungen, wie mit einem IWRM langfristig eine Nutzung der Wasserressourcen und der Le- b) die Oberlieger-Unterlieger-Problematik Sicherung der Wasserressourcen erreicht wer- bensgrundlagen überhaupt zu ermöglichen. (translokal) den kann, werden in der weltweiten Wasser- Die beiden anderen Bereiche der Nachhaltig- c) die Generationenverantwortung (Zeit- community intensiv erörtert und in Ansätzen keit, das ökonomische und das soziale Sy- dimension) verfolgt. Die Wirklichkeit steht jedoch überall stem (vgl. Bild 1), sind derzeit in einem ver- d) die «Good Governance» (Partizipa- vor dem fundamentalen Problem der Umsetz- gleichbar problematischen Zustand und die tion) barkeit. Nach ISEP 2009 spricht man von vier Aussichten sind schlecht. Die Palette reicht Weiterhin beinhaltet IWRM auch die Abstim- Erdkrisen, in denen wir uns im Gefolge des von unverantwortlicher Staatsführung und mung mit weiteren wasserrelevanten Be- seit Jahrzehnten ungebremsten Wachstums Staatsverschuldungen über unkontrolliertes reichen und Ressourcen wie Landmanage- befinden (Bild 3). Wasser ist dabei in allen vier Wirtschaftswachstum bis zu profitgieriger ment, Landwirtschaft, Raumplanung, Stadt- Bereichen eine entscheidende Grösse. Spekulation mit Ressourcen und Finanzen. Land-Beziehungen und den Einbezug der Obwohl es international gute Beispiele In vielen Ländern sind die sozialen Systeme Industrie vor allem mit den wesentlichen As- regionaler Wassermanagemente gibt, wie (Renten, Gesundheitswesen, Bildung) ma- pekten Abwasser, Wassersparen und Recy- zum Beispiel in den Niederlanden, sind es vor rode oder bereits akut in Gefahr. Damit steigt cling. Hier gilt es die end-of-pipe-Ansätze zu allem die gigantischen Fehlleistung auf die- das Risiko von sozialen Spannungen, deren minimieren. Allen Handlungen im IWRM muss sem Gebiet, die ins Auge stechen. Da sind, um Entladung die Gleichgewichte, die nötig sind Gerechtigkeit (Ressourcengerechtigkeit) zu- Beispiele zu nennen, die Wasser-Grosspro- um Nachhaltigkeit im Wirtschaften und Zu- grunde liegen. Nur bei gerechter Verteilung jekte im Westen der USA, in Israel und am au- sammenleben zu erzielen, weiter labilisieren. der Ressourcen kann langfristig soziale Sta- genfälligsten im Einzugsgebiet des Aralsees In diesem ganzen Kontext sind die bilität und damit das Potenzial und der Wille (Perara, 1993). In allen Projekten wurde der Wasserressourcen nur eine der vielen Res- zur Nachhaltigkeit erwirkt werden. Generell notwendige integrale Ansatz nicht verfolgt. sourcen, die genutzt, vielfach auch ausge- müssen ethische Überlegungen verstärkt ins Vielmehr steht die ökonomische Maximierung beutet werden. Eine nachhaltige Sicherung IWRM eingehen. Die Armutsbekämpfung und als Leitlinie im Vordergrund. Über Bewässe- der Wasserressourcen kann deshalb nur im der Anspruch auf sauberes Wasser sind Bei- rung wurden die landwirtschaftlichen Erträge Verband der Gesamtwirtschaft erreicht wer- spiele dafür. In diesem Zusammenhang wird in Monokulturen (cash crops) hochgetrieben, den. Das heisst jedoch, dass das rezente Wirt- oft ein Menschenrecht auf Wasser gefordert. mit den bekannten Folgen wie Desertifika- schaftssystem, basierend auf der Maxime des Die Implikationen eines solchen Menschen- tion, Grundwasserabsenkung, Versalzung quantitativen Wachstums, überdacht und rechtes werden international seit Jahren und Verseuchung durch Chemikalien und mittelfristig geändert werden muss. Die Wirt- äusserst kontrovers diskutiert (Winkler 2008, Schwermetalle. Die Wasser- und Bodensys- schaft, aber auch die Gesellschaft, muss von Barandat 2008). teme im Westen der USA (Kalifornien) und im «Growth» auf «Degrowth» umgestellt werden Im Umkehrschluss kann Nachhaltig- Einzugsgebiet Aralsee sind bereits teilweise (Latouche 2009). Wachstum ist nicht primär «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden 223
nur als quantitative Grösse, sondern als «Ent- wicklung» zu begreifen, die Werthaftigkeit impliziert. Es gilt vom Überkonsum zu einem quantitativ mässigen Konsum mit dem Ziel der Produktequalität und der Lebensqualität zu kommen. Um weniger die philosophische Seite des Degrowth zu streifen und eine prak- tische Massnahme zu nennen, könnte als Beispiel die Biologische Landwirtschaft auf- geführt werden. Hier ist das Produktionsziel primär die Qualität, es wird ohne (oder mit wenig) chemischen und hormonellen Stoffen und Kunstdünger gearbeitet und das Recy- Bild 3. Die vier Erdkrisen, nach ISEP 2009 (stark verändert und erweitert). cling des organischen Materials steht im Vor- dergrund. Situation durchaus als weniger dramatisch für einen Erfolg ist aber stets der Wille von Po- Damit könnte noch eine Chance be- angesehen werden, auch wenn die externen litik, Gesellschaft und auch der Wissenschaft stehen mit einem dunkelblauen Auge davon- globalen Treiber wie die Finanzmärkte und der selber, Erkenntnisse der Forschung auch um- zukommen. Auch der Weg zurück ist ein Weg Klimawandel nicht negiert werden dürfen. So zusetzen und umsetzbar zu gestalten. – besagt eine alte Weisheit. besteht durchaus die Gefahr, dass auch die Von Global Water Partnership 2000 Der von der Brundtland Kommission Schweizer Volkswirtschaft in absehbarer wird das «Integrated Water Resources Ma- eingeführte Begriff des «Sustainable De- Zeit die nötigen Mittel nicht mehr aufbringen nagement (IWRM)» als ein Prozess definiert: velopment» interferiert mit dem Begriff des kann, um die nötigen Reinvestitionen im Was- «IWRM is a process which promotes the co- Degrowth. Beide wollen Nachhaltigkeit errei- sersektor zur Wahrung der heutigen Qualität ordinated development and management of chen. Sustainable Development ist aber so zu tätigen. Zudem besteht global (und in der water, land and related resources, in order to breit angelegt, dass es zu allem und jedem Schweiz) weiterhin die Gefahr, dass Bestre- maximize the resultant economic and social verwendet werden kann. Die bisherigen Er- bungen nach Privatisierung und Gewinnma- welfare in an equitable manner without com- fahrungen haben denn auch gezeigt, dass ximierung auch in diesem Ressourcenbereich promising the sustainability of vital ecosy- Nachhaltigkeit über diesen Weg nicht funkti- verstärkt Einzug halten und zu grossen Ein- stems». Das ist vielleicht eine nicht vollstän- oniert. Wir brauchen mehr und dieses Mehr ist brüchen führen könnten. dige Definition, aber sie geht in die richtige in Degrowth enthalten. Ein in den Umweltdis- Richtung. Sie bedarf jedoch der Ergänzung kussionen immer wieder übersehener Faktor 4. Lösungsansatz: Integrales der räumlichen Basis, sei es das Einzugsge- ist das fortschreitende Bevölkerungswachs- Wasser Ressourcen Manage- biet (vgl. Bild 2) oder ein «funktionaler Raum» tum mit bereits teilweiser Überbevölkerung ment (IWRM) (Schaffner et al. 2010). Die Definition beinhal- auf der Erde. Es wird zwar Nachhaltigkeit ge- IWRM wird postuliert, um den interdepen- tet implizit die Partizipation und den Willen zur fordert, das Bevölkerungs- und Wirtschafts- denten Zusammenhängen der Wasserwirt- Adaption aller Beteiligten. wachstum jedoch wird nicht einbezogen! schaft mit der Gesamtwirtschaft, der Gesell- Diese allgemeine Definition bedarf – Damit muss hier die einfache These aufge- schaft und den ökologischen Grundlagen wie oben ausgeführt – der Konkretisierung stellt werden, dass allein das Bevölkerungs- Rechnung tragen zu können. Damit verfügt und Aktualisierung. Im realen Einsatz muss wachstum in den nächsten Jahrzehnten alle man aber noch lange nicht über die heilbrin- das Grundanliegen IWRM vom normativen Bemühungen, zu Nachhaltigkeit zu kommen, gende Wunderlösung im Wassersektor. Ei- Konzept zum umsetzbaren Modell umgebaut zunichte machen wird. nerseits stösst IWRM an methodische Gren- werden. Als Vorausetzung müssen in den po- Für die Wassercommunity ist die Si- zen, weil ökologische, ökonomische und so- litischen Strukturen folgende Elemente vor- tuation irgendwie tragisch, wäre sie doch in ziale Prozesse involviert sind, die schon für handen sein (Grambow et al. 2009): der Lage, mit ihrem hohen Know-how und sich sehr komplex sind und die nur schwierig 1. Ein Wassermanagement der strate- mit Ansätzen wie dem IWRM die Probleme in einem umfassend integrierten Manage- gischen Entwicklungen überregionaler der Zukunft auf dem Wassersektor weitge- mentansatz erfasst werden können. Ander- Grossstrukturen hend befriedigend zu lösen. Allerdings bleibt seits stösst IWRM – angesichts der oben be- 2. Ein Wasserrechtsvollzug (Plan- und Anla- IWRM meist ein theoretisches Gebilde, wenn schriebenen, auf die Wasserressourcen ein- gengenehmigung, Benutzungs- rechte) es im realen Kontext, in dem es definitions- wirkenden Kräfte – in manchen Situationen 3. Ein Monitoring, Anlagenüberwachung, gemäss verfolgt werden muss, zur Anwen- an Grenzen der grundsätzlichen Machbarkeit Gewässerschutz dung kommt. Im Kontext der Vernetzung der (Bundi und Truffer, 2001). Das alles soll nicht 4. Wasserversorgung und Abwasserent- Wasserressourcen innerhalb der gesamten gegen Bemühungen um IWRM sprechen. sorgung sind kommunale Aufgaben Ressourcenwirtschaft führt dies dann zur Sorgfältige Analysen sollen die Problem- 5. Hochwasserschutz der grossen Ge- oben beschriebenen pessimistischen Pro- stellungen, Optionen und Grenzen eines wässer sind Staatsaufgaben, da ein- gnose. Die Bemühungen um eine Sicherung nachhaltigen Wassermanagements aufzei- zugsgebietsübergreifend der Wasserressourcen muss – wenn die ab- gen. Sodann müssen pragmatische, wissen- Für die Schweiz mit ihrer speziellen Aufgaben- sehbaren negativen Entwicklungen des Um- schaftlich fundierte Management-Ansätze teilung zwischen Bund, Kantonen und Ge- feldes tatsächlich anhalten – mindestens im für konkrete Problemsituationen entwickelt meinden, müssen diese Postulate überprüft globalen Rahmen scheitern. Die externen Ein- werden, um damit den Postulaten der Nach- und angepasst werden. flüsse und die Verflechtung mit der Gesamt- haltigkeit bestmöglich Rechnung tragen zu Alle diese fünf Bereiche sind hoheit- wirtschaft sind zu übermächtig. Die Lage in können. Die Schweiz ist ein solches Beispiel, liche Aufgaben und dürfen nicht dem freien der Schweiz darf gegenüber der globalen wie dies funktionieren könnte. Voraussetzung Markt überlassen werden. Die schlechten 224 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden
Erfahrungen mit der Privatisierung von Was- düster sind unter den gegenwärtigen Randbe- von gesamtschweizerischer Bedeutung sind serversorgungen im Ausland zeigen, dass dingungen (Umwelt, Wirtschaft, Politik). Der und die weder ausschliesslich der Grundla- es sorgfältiger Überlegungen bedarf, wie mit zwingend notwendige Degrowth wird aber genforschung, der Forschung, der Verwaltung dem Gemeingut Wasser umgegangen wer- kaum in kurzer Zeit realisierbar sein. Das von noch der industrienahen Forschung zugeord- den kann. Privatisierungen eines Gemein- den Technokraten oft angeführte Argument, net werden können. Diese Forschung soll in- gutes per se können nicht im gesellschaft- dass die Lösung über neue Erkenntnisse der nerhalb von fünf Jahren Ergebnisse zeitigen, lichen Grundinteresse liegen. Hingegen kön- Forschung greifen werde, ist vage und viel zu die für die Praxis relevant und verwertbar sind nen durchaus Einzelleistungen durch Dritte, riskant, um sich darauf zu verlassen. (Programmporträt 2010). Die Forschenden normalerweise durch die Privatwirtschaft, Im Wassersektor in der Schweiz werden zusätzlich auch dadurch gefordert, ausgeführt werden, wie dies auch allgemein hingegen sind gute Ansätze und mannig- dass sie neben den hohen Ansprüchen des so gehandhabt wird. Um erfolgreich zu sein, fache Anstrengungen der Wasserwirtschaft, NFP (transdisziplinäre Forschung und Um- muss dabei eine kompetente Kommunikation NGOs und der Behörden (Bsp. Schaffner et setzung) auch dem «Publikationsdruck» der zwischen behördlichen Auftraggebern oder al. 2010) vorhanden. In den Bereichen Was- wissenschaftlichen Institutionen genügen Aufsichtsbehörde und der Privatwirtschaft sernutzung, Gewässerschutz und Schutz müssen. sichergestellt werden. Es ist eine unbedingte vor Hochwassergefahren wurden in den ver- Im Nationalen Forschungsprogramm Voraussetzung, dass der Sachverstand auf gangenen über 100 Jahren grosse Erfolge «Nachhaltige Wassernutzung» (NFP 61) sol- allen Ebenen vorgehalten wird. Nötigenfalls erzielt. Die Entwicklung des Rheins in den len nun – vor dem Hintergrund teilweise un- sind hier neue Strukturen zu schaffen. letzten fünfzig Jahren ist ein Beispiel dafür. kontrollierbarer Einflussfaktoren – die vor- Abschliessend gilt es, sich bewusst zu Zusammen mit den mannigfachen Akteuren handenen wissenschaftlichen Bausteine über sein, dass – konsequent zu Ende gedacht – der Wasserwirtschaft der Schweiz will nun die Forschung weiterentwickelt, strategisch eine nachhaltige Wassernutzung auch grund- das am 1. Januar 2010 gestartete Nationale vernetzt und auf ein gemeinsames Ziel hin legender Änderungen der gesellschaftlichen Forschungsprogramm NFP 61 «Nachhaltige fokussiert werden. Die daraus resultierende Entwicklung bedarf. Die Forderung nach Wassernutzung» von der Forschungsseite Gesamtschau soll erlauben, umsetzbare Lö- Nachhaltigkeit und einem IWRM kann nur er- her einen Beitrag zur Weiterentwicklung der sungen für eine nachhaltige Wassernutzung folgreich sein, wenn die Gesellschaft tatsäch- Schweizerischen Wasserwirtschaft in Rich- und eine nachhaltige Sicherung der Was- lich vom rein quantitativen Wirtschaftswachs- tung einer langfristigen Sicherung der Was- serressourcen zu entwickeln. Lösungen also, tum (Growth) zu einer neuen Entwicklung, die serressourcen und damit einer nachhaltigen welche die verschiedenartigen Wassernut- Qualität im Allgemeinen und Lebensqualität Wassernutzung erbringen. zungen und den Schutz vor Hochwasser dau- im besonderen zum Ziel setzt (Degrowth), Obwohl ein wasserreiches Land, sind erhaft gewährleisten und zugleich die dafür kommt. Die Forderung nach Degrowth gilt auch in der Schweiz mit dem Klimawandel, unabdingbare ökologische Funktionsfähig- selbstverständlich für alle drei Nachhaltig- der Energieverknappung und der Wirtschafts- keit der Gewässer sichern. Schliesslich sollen keitsbereiche, der ökonomische Sektor ist entwicklung (Stichwort Globalisierung) Ein- effektive und effiziente Managementsysteme aber offensichtlich der entscheidende Be- flussfaktoren neu ins Spiel gekommen, die für die nachhaltige Wassernutzung entwickelt reich. Im ökologischen Bereich heisst das, eine schwer prognostizierbare Dynamik auf- werden. Dazu müssen wir jedoch einen Para- Erhaltung der Lebensgrundlagen durch eine weisen und die kaum kontrollierbar erschei- digmenwechsel vornehmen und von der par- wirksame Umweltschutzpolitik zu sichern. Im nen. Durch den Aspekt der noch verblei- tiellen Betrachtung von Wasserproblemen zur sozialen System muss ein geistiges Umden- benden Zeit nimmt die Dramatik zu. In deren ganzheitlichen Betrachtung der Systeme und ken mit Begrenzung, Mässigung und Stär- Gefolge werden Konflikte um Wassernut- Einzugsgebiete (Funktionsräume) übergehen. kung der ethischen und moralischen Werte zungen und damit zwischen verschiedenen In inter- und transdisziplinärer Forschung der Bevölkerung einsetzen. Schliesslich Interessengruppen zunehmend wahrschein- müssen wir die Rückkoppelungen zwischen muss im ökonomischen Sektor kurzfristig die licher. Auch bisher konnten Zielkonflikte nur den Systemen und Prozessen verstehen ler- Begrenzung vor allem der Auswüchse und bedingt austariert werden. Deshalb sind wir nen und ausgewogene Lösungen suchen, die mittelfristig der Degrowth des Wirtschafts- heute mit vielen Problemen der Übernutzung von den Akteuren aus Wirtschaft, Politik und wachstums und damit des Ressourcenver- der Gewässer und der Wasserressourcen Zivilgesellschaft mitgestaltet und mitgetragen brauchs eingeleitet werden. Es mag erschei- allgemein konfrontiert (Verbauungen, Was- werden. Auf diese Weise könnte eine Umset- nen, als solle die Wirtschaft als Sündenbock serkraft, Landwirtschaft, Grundwasserab- zung in die Praxis mit langfristiger Wirkung dargestellt werden. Der wahre Stolperstein im senkungen). Es sind dies Probleme, die nun sichergestellt werden. Verwirklichen des Degrowth wird jedoch das mühsam gelöst werden müssen. Von Seiten Die ganzheitliche Behandlung des Umdenken im Gesellschaftssystem sein. Und der Forschung muss nun eine Gesamtschau Themas hat weiterhin davon auszugehen, ein Umdenken ist ungleich schwieriger als der entwickelt werden, die als Grundlage für um- dass die Wasserressourcen nur im Verband momentane Tanz um das goldene Kalb des setzbare Problemlösungen tauglich ist. mit den übrigen Ressourcen, wie die der En- Konsums und des Geldes. Der NFP 61 ist angewandt und lö- ergieproduktion und der land- und forstwirt- sungsorientiert angelegt. Im Rahmen eines schaftlichen Produktion unter Berücksichti- 5. Der NFP 61 unterstützt die Nationalen Forschungsprogramms (NFP) gung der starken gegenseitigen Rückkoppe- Sicherung von nationalen werden Forschungsprojekte durchgeführt, lungen behandelt werden dürfen. Wasserressourcen die einen Beitrag zur Lösung wichtiger Ge- Im Zuge der knapper werdenden Res- Die grundlegende Definition der Nachhaltig- genwarts- und Zukunftsprobleme leisten, sourcen, extremer Trockenjahre wie 2003 keit kann auch als ein Zielhorizont für das NFP deren Wurzeln oft in der Vergangenheit be- und Hochwasserkatastrophen im Alpenraum gelten. Die globale und allgemeine Betrach- gründet liegen. Es sollen in verschiedenen rückt das Wasser im Wasserschloss Euro- tung der Problematik der langfristigen und Disziplinen und Institutionen koordinierte und pas zunehmend auch in die Betrachtung der damit nachhaltigen Sicherung der Wasserres- auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtete For- Nachbarstaaten. Das Wasserschloss Alpen sourcen zeigt, dass die Zukunftsperspektiven schungsprojekte durchgeführt werden, die versorgt die Vorländer in- und ausserhalb «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden 225
der Schweiz mit der Ressource Wasser. Vor- länder und Gebirgsraum sind hydrologisch über die Lebensadern Flüsse miteinander verbunden. Das Schweizerische Mittelland, aber auch angrenzende Räume in Deutsch- land (Oberrhein), in Italien (Poebene) und in Frankreich (Raum Bugey-Lyon), bieten als bedeutsame Wirtschaftsräume ein hohes Potenzial an Arbeitsplätzen und erholungs- suchenden Touristen. Umgekehrt hängen diese Räume bezüglich wasserbürtiger En- ergie, verfügbarem Wasser für Bewässerung und der Trink- und Brauchwasserversorgung (Industrie) von den Wassern aus den Alpen ab. Beide Räume, der eigentliche Alpenraum und die Vorländer, stehen deshalb in enger Wechselwirkung und hängen voneinander ab. Es ist abzusehen, dass besonders in Trocken- Bild 4. Das holistische theoretische Konzept des Nationalen Forschungsprogramms perioden die Ansprüche an Wasser aus dem NFP 61 in der Schweiz, basierend auf dem Integrierten Wasser Ressourcen Manage- Wasserschloss aus den Nachbarstaaten stei- ment (aus Ausführungsplan NFP 61). gen werden. Neueste Grundlagen und Fakten zu dieser Thematik werden in Wiegandt ed. ten, sondern auch Methoden und Ansätze zu bettet das NFP 61 in den gesamtschwei- (2009) und Bundi ed. (2010) präsentiert. fördern, welche die Praxisakteure von Anfang zerischen politischen und wirtschaftlichen Der Druck auf die Wasserressourcen an in den Forschungsprozess miteinbezie- Kontext der Schweizer Wasserwirtschaft ein. ist bereits hoch und wird mit der wachsenden hen. Mit der Schaffung eines Mandates für die Der Programmbeirat begleitet auch die Um- Wirtschaft und dem Einfluss des Klimawan- Umsetzung soll deren Bedeutung für das NFP setzungs- und Öffentlichkeitsarbeit und soll dels weiter steigen. Bundi ed. 2010 identifi- 61 unterstrichen werden. Die Umsetzungs- bei der Synthese der wissenschaftlichen Er- zieren folgende Einflussgrössen: Wasser- beauftragte richtet den Blick auf die Umset- kenntnisse einbezogen werden. kraftnutzung, Flusskorrektionen und -reha- zungspotenziale aller Projekte, berät die For- Damit die Koordination und der Aus- bilitationen, landwirtschaftliche Produktion, schenden und nimmt an Veranstaltungen teil, tausch unter den Projekten gewährleistet und Siedlungsentwicklung, Tourismus und Er- die aus ihrer Sicht für die Umsetzung der Er- gefördert werden kann, werden zwei Cluster- holung, Chemikalieneinsatz in Haushalt, In- gebnisse relevant sind. Mit der Umsetzung ist gruppen gebildet: Eine Gruppe zum Kontext dustrie und Landwirtschaft, internationale der Wissens- und Technologietransfer (WTT) «Hydrologie» und eine Gruppe zum Kontext Verpflichtungen. Der Klimawandel verschärft angesprochen, unter dem hier ein gegensei- «Wassermanagement». Beide Gruppen ar- einzelne dieser Aspekte. tiger Austausch zwischen den relevanten Ak- beiten eng mit der Leitungsgruppe zusam- Das für das NFP 61 vorgegebene teurgruppen verstanden wird. Dieser ist mit men. Die Begleitgruppen auf Projektebene Konzept beruht auf den Grundgedanken der Hilfe einer geeigneten Prozessgestaltung so bilden den Kern der Umsetzung. In diesen Nachhaltigkeit und des Integrierten Was- zu fördern, dass daraus Handlungen für eine Gruppen können die für das jeweilige Thema serressourcen Managements. Das Konzept nachhaltige Wassernutzung resultieren. Als wichtigen Akteure direkt in den Forschungs- ist auf die speziellen Bedürfnisse der Schweiz neues Instrument wird im NFP 61 die Vide- prozess einbezogen werden und so die For- fokussiert und adaptiert. (Bild 4). otechnik angewendet. Videos machen die schung mit Praxisanliegen und Umsetzungs- Kontexte, die Handlungsoptionen, die Argu- fragen vernetzen. Mit diesen Begleitgruppen 6. Transdisziplinäre Forschungs- mente und Lernprozesse usw. der verschie- werden sowohl der Austausch innerhalb der ansätze und Umsetzung denen Akteure sicht- und erlebbar. Damit sol- Projekte als auch die Umsetzung der Projek- werden gross geschrieben len bereits während des Programms Lernpro- tresultate gefördert. Um zukunftsweisende Strategien für einen zesse auf allen Ebenen und bei allen Akteuren Eingeschlossen ist in der Umsetzung nachhaltigen Umgang mit den Wasserres- ausgelöst werden. auch die spezifische Öffentlichkeitsarbeit, sourcen zu erarbeiten, müssen Akteure aus Um eine transdisziplinäre Forschung also Aktivitäten, die zum Ziel haben, Anwen- Forschung, Verwaltung und Praxis eng zu- und praxisrelevante Umsetzung zu unter- der oder betroffene Kreise für das Thema zu sammenarbeiten. Das NFP 61 legt deshalb stützen, werden auf verschiedenen Ebenen sensibilisieren, ein spezifisches wissenschaft- grossen Wert auf transdisziplinäre Ansätze Begleitgruppen eingerichtet: Ein Programm- liches Thema unter Interessenten zu «positi- und Forschungsprojekte, welche die gesell- beirat auf nationaler Ebene, je eine Koordinati- onieren» oder eine Zusammenarbeit für die schaftlich relevanten Probleme einer nach- onsgruppe auf der Ebene der Projektgruppen konkrete Anwendung einer neuen Techno- haltigen Wassernutzung identifizieren, analy- (Cluster) sowie thematisch ausgerichtete Be- logie und des neuen Wissens zu fördern. Als sieren und praktische, am Gemeinwohl orien- gleitgruppen auf Projektebene. Produkte sind beispielsweise auch Flyer und tierte Lösungen erarbeiten. Diese Lösungen Der Programmbeirat – gebildet aus der im Web verfügbare Newsletter sowie das sind dann umgesetzt, wenn in der Praxis wichtigen nationalen Wasserakteuren – berät Programmportrait zu nennen. Handlungen ausgelöst werden. Deshalb ist die Leitungsgruppe und bringt dabei die An- es wichtig, neben dem System- und Zielwis- liegen der Politik, Behörden, Wirtschaft und 7. Programmstruktur sen auch das Handlungswissen zu erforschen der Zivilgesellschaft ein. Damit bildet der Pro- Das Programm enthält zwei Forschungsach- und zu fördern. Zu diesem Zweck sind nicht grammbeirat einen nationalen Resonanzbo- sen, einerseits das Natursystem und ande- nur wissenschaftliche Grundlagen zu erarbei- den für Probleme zum Thema Wasser und rerseits das Gesellschaftssystem (vgl. Bild 4). 226 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden
Die Forschungsachse «Natursystem» widmet 10. Auswahl der Projekte beläuft (Tabelle 1). Die Forschungsprojekte sich den Veränderungen des Wasserhaus- Nach der Ausschreibung des NFP 61 am 20. sind zunächst auf die Dauer von höchstens haltes, des Wasserregimes, der Wasserqua- Oktober 2008 wurden 70 Projektskizzen über 36 Monaten beschränkt. Die Leitungsgruppe lität und der Gewässerökosysteme, welche einen Betrag von CHF 35.8 Mio. eingereicht. wird im Laufe des Programms entscheiden, sich infolge von Klimawandel, Landnutzungs- Die Projektskizzen wurden durch fachlich ob einzelne Projekte um weitere 12 Monate änderungen und anderer anthropogener Ak- ausgewiesene, ausländische Expertinnen verlängert werden sollen. Die Forschungs- tivitäten ergeben. Daraus leiten sich die An- und Experten und die Mitglieder der Leitungs- phase dauert vier Jahre, von Anfang 2010 bis forderungen an einen nachhaltigen Umgang gruppe hinsichtlich der wissenschaftlichen Ende Dezember 2013. Insgesamt verfügt das mit den Wasserressourcen ab. Die Projekte Qualität und verschiedener Relevanzkriterien Programm über 12 Millionen CHF. dieser Forschungsachse sind im Cluster «Hy- beurteilt. Gestützt auf die beinahe 200 schrift- drolgie» zusammengefasst. Die Forschungs- lichen Gutachten hat die Leitungsgruppe die 11. Programmablauf achse «Gesellschaftssystem» befasst sich mit Projekte eingehend behandelt und 19 Pro- Die Gesamtverantwortung für die Nationalen dem sozioökonomischen Wandel und den jektleitende eingeladen, ein detailliertes For- Forschungsprogramme trägt innerhalb des sektorübergreifenden Strategien für die nach- schungsgesuch einzureichen. Schweizerischen Nationalfonds die Abtei- haltige Wassernutzung sowohl hinsichtlich Auf diese Einladung hin gingen 18 lung IV (Orientierte Forschung). Für jedes NFP der Bewirtschaftung als auch des Schutzes Anträge ein, die wiederum durch internatio- konstituiert der Nationale Forschungsrat eine des Wassers. Dabei werden die Entwicklung nale Expertinnen und Experten und durch die Leitungsgruppe, deren Mitglieder für die je- und die Umsetzung neuer angemessener Leitungsgruppenmitglieder evaluiert wurden. weiligen Programme hauptsächlich aufgrund Managementsysteme angestrebt. Die Pro- Auf Empfehlung der Leitungsgruppe hat der ihrer wissenschaftlichen Kompetenz und ihrer jekte dieser Forschungsachse sind im Cluster Forschungsrat 16 Projekte bewilligt, deren Erfahrung mit anwendungsorientierter For- «Wassermanagement» zusammengefasst. Finanzumfang sich auf CHF 8.1 Millionen schung ernannt werden. Die Leitungsgruppe Die beiden Forschungscluster «Hydrologie» und «Wassermanagement» kommunizieren Cluster Hydrologie – Gletscher, Grundwasser, Extremereignisse: miteinander hauptsächlich über das Wasser- · Gletscherrückgang – noch genügend Wasser für die Wasserkraftproduktion? Nutzungssystem. Prof. Dr. Martin Funk, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich 8. Cluster Hydrologie – · Seen als Folge schmelzender Gletscher: Chancen und Risiken Gletscher, Grundwasser Prof. Dr. Wilfried Haeberli, Geographisches Institut, Universität Zürich-Irchel und Extremereignisse · Grundwasserknappheit durch Klimawandel? Hier soll untersucht werden, welche Aus- Prof. Dr. Daniel Hunkeler, Centre d’Hydrogéologie, Université de Neuchâtel wirkungen der Klimawandel, anthropogene · Karstwasser, eine Wasserressource für die Zukunft? Eingriffe und steigender Nutzungsdruck auf Dr. Pierre-Yves Jeannin, Institut Suisse de Spéléologie et de Karstologie die Wasserressourcen haben. Hauptfragen · Einfluss des Klimawandels auf das Grundwasser sind: Wie verläuft der Gletscherrückgang und Dr. David M. Livingstone, Wasserressourcen und Trinkwasser, Eawag wie wirkt er sich aus? Inwiefern werden das · Wie verändert sich die Hochwassergefahr in den Alpen? Grundwasser und damit die Wasserversor- Dr. Felix Naef, Institut für Umweltingenieurwissenschaften, ETH Zürich gung beeinflusst und allenfalls beeinträchtigt? · Sind wir auf Trockenperioden vorbereitet? Mit welchen Extremereignissen wie Hoch- Prof. Dr. Sonia Seneviratne, Institut für Atmosphäre und Klima, ETH Zürich wasser und Dürren ist in Zukunft zu rechnen? · Von Flüssen gespiesenes Trinkwasser: Noch sauber genug? Welche Anforderungen ergeben sich aus den Prof. Dr. Urs von Gunten, Wasserressourcen und Trinkwasser, Eawag diversen Auswirkungen für die künftige Was- Cluster Wassermanagement: serbewirtschaftung? · Wasser wird auch für die Schweizer Landwirtschaft knapp Prof. Dr. Jürg Fuhrer, Forschungsanstalt Agroscope, Reckenholz-Tänikon ART 9. Cluster Wassermanagement · Nachhaltige Sicherung von Wasserressourcen Hier sind folgende Hauptfragen gestellt: Mit Prof. Dr. Adrienne Grêt-Regamey, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung, welchen Auswirkungen des Klima- und so- ETH Zürich zioökonomischen Wandels auf die hydrolo- · Auf dem Weg zu einer integrativen Wasserpolitik gischen Dienstleistungen (Wasserversorgung Dr. Andreas Klinke, Cirus, Sozialwissenschaftliche Abteilung, Eawag usw.) ist zu rechnen? Wie wirkt sich der glo- · Langfristige Planung nachhaltiger Wasserinfrastrukturen bale Wandel auf die Ökosysteme der Fliess- Dr. Judit Lienert, Systemanalyse und Modellierung, Eawag gewässer aus und welcher Handlungsbedarf · Mehr Hochwasser – mehr Sedimenttransport – weniger Fische? ergibt sich daraus? Wie lassen sich die Was- Dr. Dieter Rickenmann, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Land- sernutzung, der Schutz des Wassers und der schaft WSL Schutz vor dem Wasser ganzheitlich planen? · Bewässerungskanäle für die Artenvielfalt und den Tourismus Wie können Interessenskonflikte vermieden Dr. Raimund Rodewald, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz werden und wie ist mit unvermeidbaren Inte- · Integriertes Management der Wasserqualität von Fliessgewässern ressenskonflikten umzugehen? Wie kann die Dr. Christian Stamm, Umweltchemie, Eawag langfristige Planung zur Erneuerung und Si- · Wasserbewirtschaftung in Zeiten von Knappheit und globalem Wandel cherung der Wasserinfrastrukturen gestaltet Prof. Dr. Rolf Weingartner, Geographisches Institut, Universität Bern werden? Wie kann sich die Landwirtschaft an neue Rahmenbedingungen anpassen? Tabelle 1. Forschungsprojekte des NFP61. «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden 227
Meadows D. L., (1972): The Limits of Growth, Re- Mitglieder der Leitungsgruppe des NFP 61: port Club of Rome. · Prof. em. Christian Leibundgut (Präsident), Institut für Hydrologie IHF, Univer- Meadows D.H., D. L. Meadows, J. Randers and sität Freiburg i.Br. W.W. Behrens, III Limits to Growth, Report for the · Prof. Günter Blöschl, Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie, Tech- Club of Rome’s Project on the Predictament of Man- nische Universität Wien kind, 2nd ed. Universe Books, New York, 1974. · Prof. Dietrich Borchardt, Departement Aquatische Ökosystemanalyse, Helmholtz Perara J., (1993): A Sea turns to Dust, New Zentrum für Umweltforschung UFZ, Leipzig Scientist, New Scientist Publications, London, Vol. · Ing. dipl. ETH Ulrich Bundi, ehemals EAWAG, Dübendorf 140, No 1896, October 23, p. 24–27. · Prof. Bernd Hansjürgens, Fachbereich Sozialwissenschaftliche Umweltforschung, Schaffner M., M. Pfaundler, H. Aschwanden 2010: Departement Ökonomie, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ, Leipzig Stand und Zukunft der Schweizer Wasserwirt- · Prof. Bruno Merz, Direktor Departement Geoengineering, GeoForschungs- schaft. «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, Zentrum, Potsdam 2010, Heft 1. · Prof. Franz Nobilis, Ministerialrat a.D. im Bundesministerium für Land- und Forst- SNF (Schweizerischer Nationalfonds) 2010 wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Wasserhaushalt (Hydro- nachhaltige Wassernutzung. Portrait des Natio- grafisches Zentralbüro) Wien, und Institut für Meteorologie und Geophysik der nalen Forschungsprogramms NFP 61. Universität Wien Wiegandt E., Editor 2009: Mountains: Sources of Delegierte der Abteilung Orientierte Forschung des Forschungsrats des SNF: Water, Sources of Knowledge; Advances in Global · Prof. Nina Buchmann, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich Change Research 31, 376, Springer. Winkler I. T., (2008): Das Menschenrecht auf Was- Umsetzungsbeauftragte: ser – Priorität für die Erfüllung menschlicher Bedürf- · Prof. Dr. Patricia Fry, Wissensmanagement Umwelt GmbH, Zürich nisse. Wasser – Konfliktstoff des 21. Jahrhunderts, Beobachter der Bundesverwaltung: Universitätsverlag Winter, Heidelberg. · PD Dr. Stephan Müller, Direktor der Abteilung Wasser, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern Anmerkung: Der Beitragsteil zum NFP 61 stützt sich Programmkoordinatorin: im Wesentlichen auf das Programm-Porträt unter · Dr. Barbara Flückiger Schwarzenbach, Schweizerischer Nationalfonds SNF, www.nfp61.ch/D/Seiten/publikationen.aspx, dort Bern findet sich auch weitere Information. Es kann beim SNF in gedruckter Form bestellt werden. Tabelle 2. Leitungsgruppe des NFP 61. ist verantwortlich für die Durchführung des fliktstoff des 21. Jahrhunderts, Universitätsverlag Anschrift des Verfassers NFP (Tabelle 2). Sie ist über die ganze Pro- Winter, Heidelberg Christian Leibundgut grammdauer hinweg vornehmlich strategisch Bundi U., Editor 2010: Alpine Waters; the Handbook Prof. em. am Institut für Hydrologie IHF – Universität tätig. Sie verleiht dem Programm sein spezi- of Environmental Chemistry, 278, Springer. Freiburg i. Br., fisches Profil und bietet Gewähr für die nö- Bundi U.& B. Truffer 2001: Integrated Water As- Fahnenbergplatz, D-79098 Freiburg i. Br. tige Kontinuität und Kohärenz. Die Mitglieder sessment and Management. EAWAG News 51 Tel. +49 (0)761 203 3531, der Leitungsgruppe des NFP 61 kommen Folke Carl, Steve Carpenter, Thomas Elmqvist, chris.leibundgut@hydrology.uni-freiburg.de aus verschiedenen Disziplinen und Nationen. Lance Gunderson, C.S. Holling and Brian Walker http://www.hydro.uni-freiburg.de Sie decken unterschiedliche Teilgebiete der (2002): «Resilience and Sustainable Development: persönlich: http://www.hydro.uni-freiburg.de/ Forschung zur nachhaltigen Wassernutzung Building Adaptive Capacity in a World of Transfor- mitarb/lg.html ab. Die Hauptaufgaben der Leitungsgruppe mations» AMBIO: A Journal of the Human Environ- sind die Projektauswahl zur Weitergabe an ment (31), S. 437–440. den Forschungsrat, die Organisation der wis- Grambow M., Meng W., Weiler R., Wilderer P., senschaftlichen Koordination, die Projekt- (2009) «Verantwortung für globale Herausforde- begleitung, die Überwachung der National- rungen übernehmen – Ergebnisse und Interpreta- fonds-Qualitätsstandards, die Sicherung der tion des ‹Earth System Engineering› Kongresses wissenschaftlichen Qualität und die Einhal- September 2008 in Wildbad Kreuth», KW (Korre- tung der Zielkonformität, die Bewertung der spondenz Wasser). Zwischen- und Schlussberichte der Projekte Grambow M. 2009: Integriertes Wasser-Resour- und die Erarbeitung der Syntheseberichte und cenmanagment als Antwor t auf drängende Fragen Programmschlussberichte für die Auftragge- – die Nachhaltigkeit als Dreh- und Angelpunkt einer ber (letztlich dem Bundesrat). globalen zukunftsfähigen Entwicklung. Umwelt- wirtschaftsforum, 17:235–242. Latouche S. 2009: Farewell to Growth. Polity Literatur Press, Cambridge. Ausführungsplan NFP 61, 2009: Nationales For- Leibundgut Ch., (2007): Ein Zentrum für Wasser- schungsprogramm NFP 61. Schweizerischer Na- forschung in Freiburg i. Br. (ZWF) – Konzept und tionalfonds, Bern Struktur. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, Barandat J. (2008): Exkurs: «Einführung eines Men- JG. 51, H. 1, 2007, S. 39–40. schenrechts auf Wasser» kommt einer Einladung Mays L. W., ed. 2007: Water Resources Sustaina- zu Humanitären Intervention gleich! Wasser – Kon- bility. McGraw-Hill, New York. 228 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 3, CH-5401 Baden
Sie können auch lesen