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ethischer Konsum Verantwortung Zukunft Bio ökologisch Klimaschutz Nachhaltigkeit Fairtrade Umwelt natürlich LOHAS Gesundheit
Impressum Herausgeber SevenOne Media GmbH, Unterföhring Autoren Silva Ranalli [silva.ranalli@sevenonemedia.de]: Lebensmittel, Technik & Energie Simone Reitbauer [simone.reitbauer@sevenonemedia.de]: Einleitung, Körperpflege, Reinigung Dagmar Ziegler [dagmar.ziegler@sevenonemedia.de]: Finanzen, Handel, Tourismus Grafik Lena Kuisle Produktion Manuela Bach Druck BluePrint AG, München Redaktionsschluss 30.11.2009 Auflage 1.450
Inhalt Einleitung Handel 04 16 Lebensmittel 20 Körperpflege 28 Reinigung 36 Finanzen 42 Tourismus 50 Technik und Energie 56 03
Nachhaltig leben Zwischen grüner Konsumlust und sozialer Verantwortung Auf dem Weg zum Green Common Sense Als der Niederländer Jakob Roggeveen am Ostersonntag „Haben Sie den Begriff Nachhaltigkeit 1722 die neu entdeckte Pazifik-Insel als erster Europäer schon einmal gehört?“ Angaben in % betritt, findet er eine kahle, lebensfeindliche Welt vor. Die wenigen Ureinwohner der abgeschiedenen Osterinsel leben in Armut. Vor Hunderten von Jahren zerstörten ihre Vorfahren 23,6 mit der Abholzung der einstmals dicht bewaldeten Insel die ökonomische und ökologische Grundlage ihrer Kultur. Es gibt viele Beispiele in der Geschichte, die davon erzählen, wie sich Völker durch Übernutzung ihres natürlichen Reich- tums beraubten – wenn auch wenige so drastisch sind wie 76,4 das der Osterinsel. In einer globalisierten Welt entspricht der Planet Erde den Osterinseln. Der Menschheit muss es gelingen, ihr Handeln endlich so zu lenken, dass es die Lebens- grundlage heutiger und künftiger Generationen nicht be- schädigt – nachhaltig also. Inzwischen hat das Thema Einzug in die alltägliche Lebens- Ja Nein welt erhalten: Klimaschutzbemühungen der Politik, Ressour- Basis: Deutsche Online-Haushalte [25,76 Mio.] cenknappheit, Umweltverschmutzung – der gesellschaft- Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews Homescan [November 2009] liche Diskurs dreht sich inzwischen fast schon routiniert um Themen der Nachhaltigkeit. Inzwischen hat der Trend auch die Wirtschaft mit voller Wucht erfasst. Bio-Lebensmittel, Fair Trade, Öko-Strom, grünes Firmenimage – kaum ein Un- ternehmen kann das Thema ignorieren, ohne ins Abseits zu geraten. Selbst Konzerne, die vor einem Jahrzehnt kaum jemand mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht hätte, haben sich dem Trend angeschlossen. Die Post „geht grün“, Einleitung Fairtrade- und Bio-Produkte gibt es bei Aldi zu kaufen, BMW investiert mehrere Milliarden in spritsparende Antriebe und McDonald’s ändert sogar sein berühmtes Logo: Das gelbe M soll künftig vor grünem statt rotem Hintergrund prangen. Es gibt Hunderte von weiteren Beispielen. 04 05
Aus selbstlos ethischem Antrieb dürften die Firmen kaum heute zu einem der weltweit größten Gesellschaftstrends wie Energieeinsparung, biologischer Anbau oder Emissions- Da gibt es zunächst technologische Innovationen, die eine diesen Kurs eingeschlagen haben – sondern die Verbraucher avanciert, den kein Unternehmen ignorieren kann, ohne reduzierung sind also auch soziale Verantwortungsbereiche nachhaltige Produktionsweise stützen – wie der Fortschritt fordern und belohnen die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. In massive Wettbewerbsnachteile fürchten zu müssen. gemeint. Hierunter fallen zum Beispiel gerechte Löhne und bei der Solar- oder Windkrafttechnologie. Ebenso hat die Deutschland macht sich derzeit eine geradezu grüne Kon- Handelsbeziehungen, Chancengleichheit, der Verzicht auf Politik einen großen Anteil daran, nachhaltiges Verhalten sumlust breit. Ökologisch bewusster Konsum, aber auch Was ist Nachhaltigkeit? Kinder- und Zwangsarbeit oder Tierschutz. Hinzu kommt die gesellschaftlich zu fördern. Mit Regulierungen zum Schad- soziale Verantwortung gewinnen für breite Bevölkerungs- Versuchen wir uns zunächst an einer Begriffsdefinition. ökonomische Nachhaltigkeit im Sinne einer langfristig er- stoffausstoß beispielsweise oder der Einführung des Allge- schichten immer mehr an Bedeutung. Die Wirtschaftskrise Nachhaltigkeit – über drei Viertel der befragten Haushalte folgreichen Wirtschaftsweise. meinen Gleichbehandlungsgesetzes. Auch ist die Wahl von hat diesen Trend keineswegs gestoppt, sondern vermutlich geben an, den Begriff schon einmal gehört zu haben. Doch Barack Obama ein sehr gutes Beispiel dafür, wie politische noch verstärkt. Denn angesichts des schwindenden Vertrauens eine genaue Definition? Für viele Menschen ist Nachhaltigkeit Zum heute international anerkannten Drei-Säulen-Modell Figuren Umwelt- und Sozialthemen auf die weltpolitische in das Mantra des ewigen, rücksichtslosen Wachstums sind ein positiver, aber recht unklarer Begriff. Die meisten verbin- der Enquete-Kommission heißt es 1998: „Nachhaltigkeit ist Agenda heben können. neue, stabilere Perspektiven gefragt. den damit energiesparendes Wirtschaften, Klimaschutz und die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung Bio-Landwirtschaft – ökologische Themen also. Das kommt der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension Doch es sind vor allem Unternehmen und Konsumenten So allumfassend das Schlagwort Nachhaltigkeit ist, so un- nicht von ungefähr. Seinen Ursprung hat der Nachhaltig- menschlicher Existenz. Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit selbst, die aktiv eine ökologisch nachhaltige und sozial scharf und schwammig wird es zuweilen verwendet. Deshalb keitsbegriff in der Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts und stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfris- verantwortungsvolle Gesellschaft vorantreiben können. ist zunächst eine klare Definition notwendig. Also: Was ver- beschrieb zunächst das Ziel, nur so viel Wald für wirtschaft- tig einer ausgewogenen Koordination.“ Viele Hersteller zeigen sich der Öffentlichkeit heute in ver- steht man eigentlich genau unter Nachhaltigkeit? Dann gilt liche Zwecke abzuholzen, wie auch wieder nachwachsen Egal welche Facetten der Begriff auch mit sich bringt – Nach- antwortungsvoller Manier. Die Verbraucher setzen wiederum es, die Dimension dieses Trends abzuschätzen. Wer sind die kann. 1987 hieß es im Nachhaltigkeitskonzept der UN-Kom- haltigkeit hat immer ein Ziel: Etwas zum Wohl nachfolgender Zeichen, indem sie verstärkt „ethisch“ konsumieren. Mittler- neuen ethischen Konsumenten? Und was tun Branchen und mission, dem sogenannten Brundtland-Bericht, „dass die Generationen zu bewahren und Generationengerechtigkeit weile hat fast jeder hierzulande schon einmal ein Produkt Unternehmen heute, um sich der Forderung zur Nachhaltig- gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne herzustellen. gekauft, das biologisch oder klimafreundlich hergestellt, keit zu stellen? Nielsen befragte im Auftrag der SevenOne die Fähigkeit der zukünftigeren Generationen zu gefährden, regional produziert oder fair gehandelt wurde. Lediglich Media 10.000 deutsche Online-Haushalte zu diesem Thema. ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Klingt immer noch Treiber von Nachhaltigkeit sechs Prozent der Erwachsenen geben laut Otto Group Die Ergebnisse fließen in diesen Report ebenso ein wie eine nach ökologischer Ausrichtung, spielt jedoch bereits auf die Kaum jemand bezweifelt heute, dass nachhaltiges Wirt- Trendstudie an, noch nie ein nachhaltiges Produkt gekauft Vielzahl weiterer Studien. Sie stützen die Diagnose, die sich Pflicht zur sozialen Verantwortung an. schaften das Ziel einer gerechten und zukunftsorientieren zu haben. aufgrund des massiven Trends zu Nachhaltigkeit auch ohne Heute fußt Nachhaltigkeit gleichmäßig auf drei Säulen: Um- Gesellschaft sein sollte. Doch wer ist dafür verantwortlich? empirischen Nachweis bereits aufdrängt: Nachhaltigkeit ist welt, Soziales und Wirtschaft. Neben ökologischen Themen Wer schiebt diese Entwicklung an? Was ist Nachhaltigkeit? Drei Säulen der Nachhaltigkeit Kaufhäufigkeit „ethisch korrekter“ Angaben in % Produkte Angaben in % Frage: „Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit? Wir nennen Ihnen dazu einige Stichworte. Kreuzen Sie bitte maximal drei Aspekte an, die Sie am ehesten mit ‚Nachhaltigkeit‘ verbinden.“ Frage: „Wie häufig kaufen Sie Produkte, die ‚ethisch korrekt‘ hergestellt sind, also Nachhaltigkeit biologisch hergestellte, regional produzierte, fair gehandelte oder klimafreundlich Verantwortliches Handeln für folgende Generationen 75,0 hergestellte Produkte etc?“ Ressourcensparendes Wirtschaften [Energie, Wasser, Holz] 71,0 Umweltthemen Wirtschaftliche Themen Soziale Themen 6 43,1 27 Klimaschutz Energieeinsparung Verbandskollaboration Gesundheit/Sicherheit Bio-/Ökolandwirtschaft 29,5 14,8 Biologischer Anbau Kommunikation Kinder-/Zwangsarbeit Faire Bezahlung/Soziale Absicherung Schadstofffreie Produkte [z. B . Lebensmittel, Spielzeug, Textilien] 11,2 Emissionsreduzierung Anreize und Diskriminierung 5,7 Zertifizierung Gleichberechtigung/Chancengleichheit 26 Verpackungseinsparung Vergütung Regionalität/regionale Produkte 5,1 Transparenz Optimierter Wasser- Tierversuche Verzicht auf Kinderarbeit 3,5 verbrauch Ausbildung 41 Tierschutz 3,0 Arbeitszeit Optimiertes „Kundenzwang“ zur Anderes 4,5 Flottenmanagement Nachhaltigkeit Wohltätigkeit 20 40 60 Abfallreduzierung Verbandsfreiheit 0 80 Häufig Ab und zu Selten Nie Basis: Online-Haushalte, die schon einmal vom Begriff Nachhaltigkeit gehört haben [19,68 Mio. HH] Quelle: A.T. Kearney [2008]: „Zwischen Öko-Labels, grüner Logistik Basis: Erwachsene 16-74 Jahre [1.000 Fälle] Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews HomeScan [November 2009] und fairem Handel“ Quelle: Otto Group Trendstudie | Trendbüro 2009 06 07
Trendsetter LOHAS … Es ist genau dieser Vorwurf der Bigotterie, dem sich LOHAS- Die Zielgruppe, die besonders häufig im Zusammenhang LOHAS-Anteil in Deutschland Anhänger gelegentlich aussetzen müssen. Darf es der Angaben in % mit Nachhaltigkeit genannt wird, ist die sogenannte LOHAS- Bio-Joghurt aus dem Supermarkt sein, der zuletzt durch Zielgruppe. LOHAS steht für „Lifestyle of Health and Sustain- Dumping-Löhne auffiel? Fairtrade-Kaffee kaufen und nach ability“ und meint einen ethischen Konsum- und Lebensstil, Kolumbien fliegen – ist das ethisch korrekt? Doch mal ganz der an Gesundheit und Nachhaltigkeit orientiert ist. ehrlich: Zum Verzicht auf die Annehmlichkeiten des Lebens LOHASianer stürmten 2007 an die Spitze der Trendziel- ist heute kaum jemand bereit. Weder ein echter LOHASianer gruppen-Charts – die Kombination aus urbanen, konsumo- 7,5 18,0% noch Otto Normalverbraucher. Das ist auch richtig, denn der rientierten Neo-Ökos und einem einprägsamen Akronym [Basis-LOHAS- private Konsum ist eine wesentliche Stütze der deutschen Zielgruppe] schien attraktiv. Zwischen fünf und 30 Prozent liegt der LO- Wirtschaft. Konsumenten können jedoch mit verantwor- HAS-Anteil in der deutschen Bevölkerung. Je nachdem, wie tungsbewusstem Einkauf das nachhaltige Engagement der konsequent „grüne“ Einstellungen zu Ernährung, Umwelt Unternehmen fördern. Ethischer Konsum ist also, wie das oder Ethik in die Zielgruppe einfließen. Trendbüro beschreibt, die „positive Alternative zum Ver- zicht, der den meisten Konsumenten schwerfällt“. Diese po- Was LOHASianer dabei deutlich von den „Ökos“ der 80er sitive Alternative ist heute viele Milliarden Euro schwer: Laut Jahre unterscheidet, ist ihre starke Konsum- und Genussori- dem Umweltökonomen Prof. Dr. Werner Schulz konsumiert entierung. Eine nachhaltige Wirtschaft unterstützen – ja. Für LOHAS [Kernzielgruppe] Sonstige die LOHAS-Zielgruppe im Jahr für rund 200 Milliarden Euro. umwelt- und sozialfreundliche Produkte sind sie auch gerne Zielgruppendefinition laut VerbraucherAnalyse 2009 bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Aber bitte ohne [Kernzielgruppe LOHAS 4,9 Mio., Basis-Zielgruppe LOHAS 11,7 Mio.] Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 31.179 Fälle [64,82 Mio.] Verzicht. Denn der LOHAS-Lebensstil ist keine selbstlose, Quelle: VA 2009 Klassik womöglich asketische Haltung. Das Motto heißt: ohne Ein- schränkung konsumieren und sich dabei sogar besser fühlen. „Nachhaltige“ Einstellungen Angaben in % … als Spitze des Eisbergs LOHAS sind Trendsetter und medienstarke Zielgruppe zu- Ich kaufe sehr häufig ökologische Produkte, die mit anerkannten Prüfsiegeln 9,9 gleich. Durch sie wurde ökologisch-ethischer Konsum noch Entwicklung der Verbraucher-Einstellung 36,9 Angaben in % [z.B. Bioland, Bio-Siegel, Demeter] gekennzeichnet sind stärker ins Blickfeld einer breiten Öffentlichkeit gerückt. 20,8 So sind heute neun von zehn Erwachsenen an ethischem Für umweltfreundliche Produkte bin ich bereit, mehr auszugeben 67,9 12,9 Konsum interessiert – viele setzen sich also beim Einkauf mit 42,0 Ich bevorzuge Ich ernähre mich bewusster als andere, wenn es um die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln geht Nachhaltigkeit auseinander. In der LOHAS-Studie von Sinus 63,8 schadstoffarme und Ich lege sehr viel Wert darauf, dass Produkte, die ich kaufe, von Tieren aus artgerechter 26,2 76,7 Sociovision und KarmaKonsum wird treffend formuliert: naturnah hergestellte 64,2 Haltung stammen Produkte 28,8 „LOHAS sind der sichtbare Teil eines viel weitreichenderen Produkte mit aufwendiger Verpackung kaufe ich möglichst nicht 68,2 Wertewandelprozesses, der inzwischen das Zentrum der 14,1 Von Unternehmen, die gegen 59,8 29,6 Gesellschaft erreicht hat.“ Es kommt bei mir häufig vor, dass ich mich in wichtigen Fragen der Gesellschaft stark engagiere den Umweltschutz verstoßen, 61,3 38,4 kaufe ich keine Produkte Es ist mir sehr wichtig, etwas für mein körperliches und seelisches Wohlbefinden zu tun 68,4 Der Wandel vollzieht sich langsam, aber kontinuierlich. So Beim Einkauf von Produkten 32,4 achten 61,1 Prozent der Verbraucher darauf, dass weder achte ich darauf, dass bei Ich bevorzuge nach Möglichkeit Produkte hier aus der Region 52,1 60,2 deren Herstellung weder 38,2 Menschen noch Tiere ausgebeutet werden – ein Jahr zuvor Menschen noch Tiere aus- 61,1 Ich übernehme gerne Verantwortung 60,8 gebeutet werden waren es noch 60,2 Prozent. Naturnahe und schadstoffarm hergestellte Produkte bevorzugen 64,2 Prozent, was laut 0 20 40 60 80 56 58 60 62 64 TdW ebenfalls einer Steigerung entspricht. Deutlich gestiegen Gesamtbevölkerung LOHAS-Zielgruppe ist auch das Bewusstsein in der Bevölkerung, durch gezielten TdW 2009 TdW 2010 LOHAS-Zielgruppendefinition laut TdW [10,72 Mio.] Konsum Macht auf Unternehmen ausüben zu können. Verstöße Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 20.154 Fälle [64,82 Mio.]; Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 20.154 Fälle [64,82 Mio.] gegen den Umweltschutz werden heute klar sanktioniert – Antwortkategorien: Trifft voll und ganz zu/trifft eher zu Quelle: TdW 2010 Quelle: TdW 2009-2010 die Produkte bleiben einfach in den Regalen liegen. 08 09
Strukturanalyse des nachhaltigen Konsumenten* Nachhaltige Zielgruppen: weiblich, gebildet, solvent Indexangabe Die internationale Studie „Green Appetites“ von RSA beleuchtete kürzlich in neun Ländern jeweils 1.000 Personen hinsichtlich ihrer Ein- Männlich 77 Weiblich 122 stellung zur Nachhaltigkeit. Ergebnis: Frauen sind dem Thema gegenüber prinzipiell aufge- 14 - 19 Jahre 45 20 - 29 Jahre 83 schlossener. Auch in Deutschland ist das so. 30 - 39 Jahre 112 Nachhaltige Zielgruppen bestehen hierzulande 40 - 49 Jahre 107 50 - 59 Jahre 112 zu rund zwei Dritteln aus Frauen. Männer hinken 60 Jahre und älter 105 dem Trend also noch ein wenig hinterher. Haupt-/Volksschule 77 Weiterführende Schule ohne Abitur, Mittlere Reife 107 Die ethische Konsumgruppe besticht durch Fach-/Hochschulreife ohne Studium 121 Fach-/Hochschulreife mit Studium 175 eine hohe formale Bildung und ein über- durchschnittliches Einkommen. Doch HHNE bis unter 1.000€ 64 1.000 bis unter 2.000€ 91 bei Affinität und Konsumintensität 2.000 bis unter 3.000€ 96 gibt es Generationenunterschiede. 3.000 bis unter 4.000€ 119 4.000€ und mehr 148 So sind junge Verbraucher sicht- lich weniger an ethisch korrek- 50 75 100 125 150 175 tem Konsum interessiert als Durchschnittsbevölkerung ältere. Das Hamburger Trendbüro *Zustimmung zu folgenden Aussagen: „Ich kaufe gezielt Natur- und Bioprodukte, auch wenn sie teurer sind.“ UND „Wenn möglich, kaufe ich Produkte, die aus fairem stellte in dem Zusammenhang fest, Handel stammen.“ UND „Bei Anschaffungen ist für mich die Nachhaltigkeit von Produkten [Umweltverträglichkeit usw.] von ganz besonderer Bedeutung“ [9,30 Mio.] dass Zielgruppen bis 27 Jahren die Verantwor- Basis: Erwachsene 14+ Jahre Quelle: VA 2009 Klassik tung lieber an Unternehmen und Politik dele- gieren als selbst aktiv zu werden. Auch das US- Institut Grail Research bestätigt: „Dark Greens“, also Verbraucher, die fast ausschließlich nachhaltige Produkte kaufen, findet man eher in älteren Altersklassen. Nachhaltiges Verhalten in deutschen Haushalten Diese Gruppe ist mit acht Prozent recht klein. Der Großteil der Angaben in % Verbraucher kauft heute nur einen Teil der Produkte seines täglichen Bedarfs anhand nachhaltiger Kriterien. 82,1 Wie viel grün steckt in Dir? Besitz von Haushaltsgeräten der Energieeffizienzklasse A 78,9 Ja, man sollte eigentlich viel mehr tun. Nicht selten wird es gerade „in“ ist? Tatsächlich bescheinigen die meisten Kauf/Konsum regional hergestellter Produkte nachhaltiges Engagement mit einem großen Konjunktiv Menschen den Verbrauchern durchaus edle Motive. 82,4 Kauf/Konsum von Bio-Lebensmitteln 54,4 geschmückt. Spannend ist aber der Blick auf tatsächliche Prozent der Befragten glauben, dass Verbraucher mit dem Verwendung von Öko-Haushaltsreinigern 54,2 Taten. Die Online-Umfrage der SevenOne Media zeigt, dass Kauf nachhaltiger Produkte einen persönlichen Beitrag zum Berücksichtigung von Umweltaspekten beim Möbelkauf [z. B. kein Tropenholz] 45,6 Nachhaltigkeit in vielen Bereichen bereits in die deutschen Umwelt- und Klimaschutz leisten möchten. Gut die Hälfte Verwendung von Naturkosmetik 33,5 Haushalte eingezogen ist. Gut für die Umwelt: In über acht [55,2%] hält die persönliche Gesundheit für ein wesent- Berücksichtigung weniger belasteter Materielien beim Kleiderkauf [z. B. Bio-Baumwolle] 32,8 von zehn Haushalten werden energieeffiziente Geräte ge- liches Kaufmotiv, 47 Prozent das bessere Gewissen. Egois- Nutzung klimaschonenderer Verkehrsmittel bewusst aus Umweltgründen [z. B. Bahn statt Auto] 25,9 nutzt. Fast ebenso viele [78,9 %] kaufen Produkte aus der tische Gründe für ethischen Konsum – ein häufiger Vorwurf Nutzung von Öko-Strom 13,6 Region — das reduziert Transportwege und erhält Arbeits- an die LOHAS-Zielgruppe – geben also bei Weitem nicht den Besitz/Nutzung nachhaltiger Finanzprodukte [z. B. Konto bei Ethik-Bank, Öko-Fonds] 3,3 plätze. 54 Prozent der Haushalte kaufen regelmäßig Bio- primären Kaufanreiz. Nutzung eines besonders energiesparenden Autos [z. B. Hybrid, Elektro] 3,0 Lebensmittel oder nutzen Öko-Reiniger. Und über ein Viertel 0 20 40 60 80 der Haushalte [25,9 %] gibt an, bewusst aus Umweltgründen klimaschonendere Verkehrsmittel zu nutzen. Basis: Online-Haushalte, die schon einmal vom Begriff Nachhaltigkeit gehört haben [19,68 Mio. HH] Alles aus purem Nachhaltigkeitsgedanken? Oder legt mancher Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews HomeScan [November 2009] den Fairtrade-Kaffee vielleicht in den Einkaufskorb, weil 10 11
Grünes Gewissen kostet Ergebnis: Bis zu fünf Prozent mehr zahlt man gerne, etwas für ethische Produkte und Dienstleistungen mehr Geld aus- Neben mehr oder weniger altruistischen Motiven gilt aber Zahlbereitschaft für Nachhaltigkeit mehr kommt für viele auch noch in Frage. Jeder fünfte zugeben als 2009. Lediglich sechs Prozent wollen ihren Angaben in % auch ein ganz pragmatischer Grund für den verstärkten Deutsche ist zum Beispiel bereit, für Produkte aus der Region ethischen Konsum künftig einschränken. Das offizielle Ende Öko-Konsum: die Verbreiterung der Vertriebswege. Bio- oder unbehandeltes Obst zehn Prozent mehr zu bezahlen. der Rezession wird den ethischen Konsum dabei sicherlich Supermärkte sprießen aus dem Boden, im Discounter liegen Auch energiesparende Produkte, Fairtrade-Labels oder der weiter beflügeln. Aus der Region 21,3 18,7 5,9 Naturkosmetik und Bio-Bananen in den Regalen, die „grüne“ Verzicht auf Tierversuche und Gentechnik haben in der Ver- Energiesparend 19,6 16,6 8,2 Verkaufsecke im Supermarkt hat plötzlich ein paar Quadrat- Unbehandelt [Obst, Gemüse] 18,0 18,4 7,8 braucherwahrnehmung einen klaren Mehrwert. Zu einem Orientierung im grünen Dschungel meter mehr. Nachhaltige Produkte sind heute also deutlich Umwelt-/Öko-Label 16,7 13,8 15-prozentigen Preisaufschlag ist jedoch kaum jemand mehr Nachhaltigkeit spielt heute eine große Rolle bei Kaufent- mehr verfügbar und werden damit für eine breitere Bevöl- Made in Germany 15,3 11,5 5,4 zu bewegen. scheidungen, auch das zeigt die Befragung von SevenOne kerungsschicht zur Konsumalternative. Bio 15,0 11,9 4,6 Media und Nielsen. Demnach informieren sich neun von zehn Sicherheitssiegel [z. B. TÜV] 15,0 10,6 5,4 Ethikkonsum – vor und nach der Krise befragen Haushalten generell über die Nachhaltigkeit von Doch zu welchem Preis? Denn sobald es ans eigene Porte- Direkt vom Erzeuger/Bauernhof 13,8 14,3 8,0 Auch während der weltweiten Rezession hat das Thema Produkten. 62 Prozent beziehen ihre Informationen dabei monnaie geht, ist das grüne Gewissen häufig nicht mehr Ohne Gentechnik 12,5 14,7 4,7 Nachhaltigkeit seinen hohen Stellenwert behalten. Die Wirt- hauptsächlich über Qualitätssiegel wie das Fairtrade- oder ganz so groß. Nachhaltige Produkte verlangen fast immer Sauberer Strom 11,8 5,9 schaftskrise hat sogar dafür gesorgt, dass die Bevölkerung EU-Bio-Siegel. Diese Labels haben sich beim Verbraucher Ohne Tierversuche 11,0 14,0 7,4 6,0 einen Preisaufschlag, auch wenn durch den Einstieg von Dis- heute deutlich stärker auf Unternehmenspraktiken und soziale als unabhängige Gütekriterien und verlässliche Wegweiser Fair-Trade-Label 10,3 14,6 countern und Eigenmarken das Preisniveau gefallen ist. Der Verantwortung achtet. In Krisen wird zwar gespart – aber etabliert. Auch Informationen direkt vom Hersteller – zum Aus nachhaltigem Anbau 7,8 8,1 Studie „Green Appetites“ zufolge ist jedoch ein Drittel der eher an Dingen, die einem persönlich weniger wichtig sind. Beispiel auf der Verpackung oder auf der unternehmens- Nach traditionellem Rezept 7,3 3,6 deutschen Bevölkerung nicht dazu bereit, einen Aufschlag Der ethische Einkauf hat sich hingegen bei drei Viertel der eigenen Homepage – dienen vielen Konsumenten als Infor- CO2-Label 6,7 4,2 für Umwelt und Soziales zu zahlen. Das sind deutlich mehr 6,0 Bevölkerung überhaupt nicht verändert. Sieben Prozent mationsquelle. Atmosfair [bei Flugreisen] Menschen als in Ländern wie China, Kanada oder Schweden. gaben laut Otto-Trendstudie sogar mehr aus als vor der Doch formulieren wir es positiv: Zwei Drittel der Verbraucher 0 10 20 30 40 Wirtschaftskrise. Immerhin zehn Prozent der Haushalte geben an, Hinweise halten einen Preisaufschlag für angemessen. zur Nachhaltigkeit aus der Werbung zu erhalten. Viele 5% mehr 10% mehr 15% mehr 20% und mehr Gute Aussichten auch für das kommende Jahr: Das grüne Branchen haben bereits begonnen, den Trend kreativ in ihren Bei der Frage, wie weit der Verbraucher dann seinen Geldbeutel Quelle: GfK ConsumerScope [2008] „Mehr“ wird sich 2010 voraussichtlich weiter fortsetzen. Anzeigen und TV-Spots umzusetzen – vor allem rund um das öffnet, zeigen fast alle Studien länderübergreifend dasselbe Laut Green Brands-Studie plant ein Drittel der Deutschen, Thema Klimaschutz. Gründe für den Kauf nachhaltiger Produkte Nachhaltige Unternehmen als Gewinner Informationsquellen zu Nachhaltigkeit Angaben in % der Wirtschaftskrise Angaben in % Anteil in % Frage: „Was glauben Sie: Warum kaufen Menschen überhaupt nachhaltige Produkte? Nennen Sie bitte maximal drei Gründe, die Ihrer Meinung nach am ehesten den „Grüne, klimafreundliche und verantwortungsvoll handelnde Unternehmen werden Frage: „Woher beziehen Sie hauptsächlich Informationen über die Nachhaltigkeit Kauf beeinflussen.“ die Gewinner der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sein.“ eines Produktes?“ Unabhängige Siegel [z. B. EU-Bio-Siegel, Fairtrade] 61,6 Um einen persönlichen Beitrag zum Umwelt-/Klimaschutz zu leisten 82,4 Herstellerinformationen [Verpackung, Homepage] 41,0 Um gesünder zu leben 55,2 38,0 42 33 Berichte im Fernsehen Für ein besseres Gewissen 46,8 Artikel in Zeitungen 37,4 Weil immer mehr entsprechende Produkte in den Läden verfügbar sind 23,9 Internet [Blogs, Foren, Suchmaschine] 26,7 7 21,6 Austausch mit Freunden 23,9 Weil es momentan „in“ ist [Fach-]Beratung im Geschäft 22,6 Um sich für gerechtere Arbeitsbedingungen einzusetzen 19,4 Verbände 16,3 Um „grüne“ Unternehmen zu unterstützen 13,6 Werbung 11,7 Um sozial anerkannt zu werden 4,4 18 Sonstiges 5,1 Anderes 2,3 Ich informiere mich nicht über Nachhaltigkeit 11,0 Weiß nicht 1,9 Stimme voll und ganz zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu 0 20 40 60 0 20 40 60 80 Stimme überhaupt nicht zu Basis: Online-Haushalte, die schon einmal vom Begriff Nachhaltigkeit Basis: Online-Haushalte, die schon einmal vom Begriff Nachhaltigkeit gehört haben [19,68 Mio. HH] Basis: Erwachsene 16-74 Jahre [1.000 Fälle] gehört haben [19,68 Mio. HH] Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews HomeScan [November 2009] Quelle: Otto Group Trendstudie | Trendbüro 2009 Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews HomeScan [November 2009] 12 13
Die Konsumenten honorieren diese Ambitionen zur Verbrau- erstellt wurden. Die Liste lässt sich fortsetzen. TerraChoice laut Europäischer Kommission ein Konzept, „das den Un- Der ethische Markenwert hat laut Ethical Brand Monitor cheraufklärung, erwarten aber von den Unternehmen noch untersuchte dazu in den USA und Kanada über 2.000 Pro- ternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale wesentlichen Einfluss auf das Markenimage und das Verbrau- deutlich mehr. So wünschen sich 84 Prozent der Befragten, dukte, die sich als „grün“ ausgaben. Ergebnis: 98 Prozent Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit chervertrauen. Heute zählen nicht mehr nur Geschmack, dass Hersteller in der Werbung verstärkt über die Nachhal- waren mit bedeutungslosen, irreführenden oder sogar falschen und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu inte- technische Eigenschaften oder das Preis-Leistungs-Verhältnis. tigkeit ihrer Produkte informieren. Claims geschmückt. Nur 25 Produkte waren völlig frei von grieren.“ Freiwillig wohlgemerkt. Doch einige Unternehmen, Heute ist es wichtig, dem Kunden das Gefühl zu geben, mit Greenwashing-Techniken. darunter Otto, Tegut und Bionade, gehen jetzt über diese dem Markenkauf die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Achtung, Greenwashing! Freiwilligkeit hinaus. Mit dem jüngst vorgestellten „Change- Wer mit echtem grünen Marketing in den Markt geht und seine Es ist nichts Neues: Sobald sich mit einem Trend Geld ver- Authentizität und Leistungsbeweise entscheiden maker Manifest“ verpflichten sich neben Initiator Utopia.de ethischen Unternehmensleitlinien mit Leistungsbeweisen dienen lässt, möchten möglichst viele Unternehmen auf der Unternehmen muss klar sein, dass Konsumenten, aber auch acht Unternehmen zu konkreten Schritten: Ob Senkung des untermauert, hat den Konsumenten auf seiner Seite. Martin Welle mitschwimmen. Beim Nachhaltigkeitstrend ist das Arbeitnehmer, Behörden oder Nachbarn von ihnen echtes ökologischen Fußabdrucks oder Verbesserung der Arbeits- Blumberg, Geschäftsführer von brands & values, formuliert nicht anders. Das US-amerikanische Institut TerraChoice nachhaltiges Engagement erwarten. Nachhaltigkeit muss bedingungen bei Zulieferern – in zehn Bereichen formulieren treffend: „Nur wer Gutes richtig tut, verkauft seine Produkte verzeichnete zwischen 2007 und 2009 einen Anstieg grüner auf lange Sicht in der Unternehmensstrategie verankert die Unternehmen jetzt messbare Ziele. Diese werden sogar und Dienstleistungen besser.“ Produkte um satte 79 Prozent. Solange dabei edle Prinzipien sein. Wer da mit grüner Mogelpackung kurzfristig ein posi- teilweise in Managerverträge integriert und sind damit Be- nicht verletzt werden, ist dies durchaus im Sinne ökono- tives Firmenimage aufbauen will, wird schnell scheitern. standteil von Vergütung und Bonusregelungen. Mit diesen Lesen Sie nun, wie sich dieses „Gute“ heute in den ver- mischer Nachhaltigkeit. verbindlichen Maßnahmen gehen die Firmen einen deutlich schiedenen Branchen zeigt und wie Konsumenten dort auf Doch was tun, wenn gerade kein Öko-Produkt zur Hand ist? Ihre edlen Ambitionen veröffentlichen heute viele Unter- ambitionierten Schritt in Richtung einer nachhaltigen Unter- den Nachhaltigkeitstrend reagieren. Eines ist dabei sicher: Dann verpasst man dem Produkt einfach einen grünen An- nehmen in Berichten zur unternehmerischen Gesellschafts- nehmenskultur. Nachhaltigkeit wird in allen Märkten weite Kreise ziehen. Zu strich. „Greenwashing“ nennt man das, Marketingaktivitäten verantwortung, sogenannten CSR-Reports. Dass diese wichtig ist das Ziel, verantwortungsvoll mit der Umwelt um- also, die den Verbrauchern mit irreführenden Informationen öffentliche Positionierung zur ökologischen und sozialen Und wofür das alles? Ist es die reine Menschenliebe, die Un- zugehen und künftigen Generationen eine lebenswerte Welt ein umwelt- und sozialverantwortliches Unternehmensbild Verantwortung zunehmend gefordert wird, zeigt der massive ternehmen dazu antreibt, umweltfreundlich zu produzieren zu hinterlassen. „Non mihi sed posteris“ heißt es in einer suggerieren. Dekorative, aber bedeutungslose Produkt- Anstieg publizierter Berichte in den letzten Jahren. und Sozial- oder Kulturprojekte zu fördern? Echtes Nachhal- lateinischen Redewendung: Nicht für mich, sondern für die labels wie „ökofreundlich“ oder „natürlich“ sind noch die So haben 2008 von den weltweit 250 führenden Unter- tigkeitsbestreben macht nicht nur einen guten Namen. Es Nachfolgenden. harmlosere Variante. Einige Unternehmen zeigen besonders nehmen fast 80 Prozent einen Report veröffentlicht. Drei Jah- ist bares Geld wert. Denn das Maß gesellschaftlicher Verant- großen Erfindergeist und schmücken ihre Produkte mit „un- re zuvor war es gerade einmal die Hälfte. CSR steht für den wortung, das der Konsument mit Unternehmen und Marke abhängigen“ Labels, die vorher in der eigenen Grafikabteilung englischen Begriff Corporate Social Responsibility und ist verbindet, ist kaufentscheidend. Wunsch nach mehr Information in der Firmen mit CSR-Report Gründe für nachhaltiges Engagement Werbung? aus Unternehmersicht Authentizität Anteil unter 250 weltweit größten Unternehmen in % Angaben in % Indexangabe Green Frage: „Sollten Hersteller in der Werbung verstärkt über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte informieren?“ Ethische Gründe 100 Differenzierung gegenüber Wettbewerb 74 3,7 Imageverbesserung 72 12,4 79 Heutiger Standard 71 washing Einsparung knapper Ressourcen 56 Vermeidung negativer Publizität 30 83,9 52 Reaktion der Maßnahmen auf Wettbewerber 30 Kosteneinsparung/Gewinnsteigerung 26 Einhalten gesetzlicher Vorschriften 19 Sonstiges 10 Ja Nein Weiß nicht Basis: Online-Haushalte, die schon einmal vom Begriff Nachhaltigkeit 2005 2008 Top 250 laut Fortune; CSR-Report alleinstehend, d. h. nicht eingebettet 0 Gewichtet nach Bedeutung, höchste = Index 100 20 40 Basis: 40 umsatzstärkste Lebensmitteleinzelhändler und Drogerien 60 80 100 Markenimage gehört haben [19,68 Mio. HH] in Jahresbericht in Deutschland, Österreich und der Schweiz Quelle: SevenOne Media | Nielsen PanelViews HomeScan [November 2009] Quelle: KPMG Global Sustainability Services 2008 Quelle: A.T. Kearney 2008 14 15
Bewusster einkaufen – für sich und für andere Nachhaltig handeln! allerdings die Zuwachsraten: 38 Prozent mehr als im Vorjahr, Der Einzelhandel hat bei der Verbreitung nachhaltiger Pro- das ist schon was! Besonders üppig fiel das Plus bei Fairtrade- dukte und Lebensstile eine ganz entscheidende Mittlerposition. gesiegelten Produkten aus. Dort lag der Umsatz 2008 bei Denn wo sonst sollten die Konsumenten ihre Bio-Lebensmittel, 213 Millionen Euro. Gegenüber 2007 bedeutet das eine Stei- Öko-Textilien, giftfreien Farben oder Naturkosmetika kaufen, gerung von 50 Prozent. Das Siegel wird in Deutschland von wenn nicht im Laden bzw. beim Versandhandel. Laut HDE TransFair vergeben, einem gemeinnützigen Verein, der von [Hauptverband des Deutschen Einzelhandels] lag der Gesamt- Organisationen aus den Bereichen Entwicklungspolitik, Kirche, umsatz in Deutschland – ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe Verbraucherschutz, Frauen, Bildung und Soziales getragen und Apotheken – im Jahr 2008 bei beachtlichen 399 Milliar- wird. In Deutschland bieten derzeit 150 Partnerfirmen rund den Euro. 1.000 gesiegelte Produkte an, die in über 30.000 Geschäften, Nahrungsmittel und Getränke bildeten mit rund 161 Mrd. Euro Welt- und Bio-Läden erhältlich sind. Transfair wiederum gehört [etwa 40 % ] dabei das weitaus größte Segment. Die Idee zum internationalen Verbund der Fairtrade Labelling Organiza- nachhaltigen Wirtschaftens ist dort in erster Linie mit den tions [FLO], im dem 20 nationale Siegelinitiativen zusammen- Begriffen „Bio/Öko“ sowie Fairtrade verbunden. Obwohl beide geschlossen sind. Damit Fairtrade-gesiegelte Produkte weltweit Konzepte vielen Verbrauchern mittlerweile bekannt sind, wir- den gleichen Standards entsprechen, werden alle beteiligten ken die Umsatzzahlen im Vergleich mit dem Gesamtvolumen Akteure regelmäßig kontrolliert. Diese Aufgabe erfüllt die bescheiden. Der in den letzten Jahren stark wachsende Bio- FLO CERT GmbH in Bonn. Markt soll es laut Schätzungen 2008 auf etwas 5,7 bis 5,9 Jedes Fairtrade-Produkt muss eine ganze Reihe spezieller Milliarden Euro Umsatz bringen, also weniger als vier Prozent Standards erfüllen. Die wichtigsten sind unter anderem der Marktanteil. direkte Handel mit Produzentengruppen unter Ausschluss Die Ausgaben im ethisch korrekten Handel liegen noch weit von Zwischenhändlern, Zahlung von Mindestpreisen über darunter. Im Jahr 2008 haben Verbraucher in Deutschland für dem Weltmarktniveau, Zahlung von Prämien, Vorfinanzierung 266 Millionen Euro entsprechende Produkte gekauft [Forum sowie langfristige Lieferbeziehungen. Ebenfalls im Fokus: fairer Handel]. Das entspricht nicht einmal 0,1 Prozent Anteil Frauenförderung, Schutz von Kindern, und biologische Land- am Gesamtumsatz des Einzelhandels. Vielversprechend sind wirtschaft. Umsatzentwicklung Einzelhandel*, Umsatzentwicklung Fairtrade, Deutschland Deutschland Handel Angaben in Mrd. € Angaben in Mio. € 250 400 398,5 389,7 392,0 394,2 390,5 213 200 +50% 150 142 300 110 100 50 200 2005 2006 2007 2008 2009** 0 *Einzelhandel im engeren Sinn ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe, 2006 2007 2008 Apotheken, **HDE-Prognose Quelle: Destatis, HDE Quelle: TransFair in „Fairer Handel“, Ausgabe 2009 16 17
Von guten Vorsätzen und echten Taten 1.000 gesiegelte Produkte, das hört sich viel an, ist aber im In einer von der SevenOne Media beauftragten Internetbe- Grundsätzlich ist das Thema Nachhaltigkeit im Handel Fair gehandelte Produkte scheinen bei deutschen Konsumenten Vergleich mit 55.671 zertifizierten Bio-Angeboten [Stand fragung meinten über zwei Drittel aller Befragten, dass die angekommen. Laut einer A.T.Kearny-Studie engagieren eine relativ hohe Akzeptanz zu besitzen. Laut aktueller Ver- 09/09] vergleichsweise überschaubar. hohen Preise sogar das Haupthindernis für den Kauf von sich rund 80 Prozent der Lebensmitteleinzelhändler braucheranalyse kaufen rund neun Prozent, wenn möglich, Nachhaltigkeitsprodukten darstellten. Zur Reduktion solcher schon heute in entsprechenden Projekten. An der konse- derartige Angebote. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Große Chancen bietet die Kooperation mit konventionellen Le- Preishürden ist die Zusammenarbeit mit hochprofessionellen quenten Umsetzung hapert es allerdings noch. Ein spe- Befragung des Forums Fairer Handel aus dem Frühjahr 2009. bensmittelhändlern und Discountern. Neben Lidl [Fairglobe] Einzelhändlern wie eben Discountern wohl unumgänglich, Be- zielles Budget gibt es beispielsweise nur in 23 Prozent der Ebenfalls neun Prozent bezeichnen sich hier als regelmäßige, bieten inzwischen auch Aldi, Penny, Netto und Norma fair denken hin oder her. befragten deutschen Unternehmen. Auch bei der Außen- weitere 22 Prozent als gelegentliche Käufer. gehandelte Produkte an. Hier werden neue Käuferschichten kommunikation ist noch Verbesserungspotenzial vorhanden. Angesichts dieser Angaben sind die niedrigen Umsatzzahlen erschlossen, die einen Naturkost- oder Weltladen in der Regel Nur ein Anfang So glauben die Unternehmen, dass einigermaßen überraschend. Mit Sicherheit kommt hier soziale nicht aufsuchen würden. Gerade solche Kooperationen haben Lebensmittel sind zwar die größte, aber bei Weitem nicht die jeder vierte Kunde über ihre Erwünschtheit zum Tragen. Dieser Begriff umschreibt, dass dem Bio-Markt den Sprung aus der Müsli-Nische ermöglicht. einzige Produktgruppe im Einzelhandel. Auch für Textilien, Aktivitäten im Bereich Befragte gerne Antworten geben, die gesellschaftlich akzep- Allerdings werden auch Befürchtungen laut, dass damit der Heimwerkermaterialien, Computer, Möbel oder Spielzeug- Emissionsreduktion „Es ist die tiert sind. Betrachtet man die freien Assoziationen, die im ursprüngliche Charakter der Fairtrade-Idee aufgeweicht und und Freizeitartikel geben deutsche Konsumenten jährlich und Energiespa- Zusammenhang mit dem Konzept „Fairer Handel“ genannt dem eigentlich kritisierten Kommerzdenken geopfert werden zweistellige Milliardenbeträge aus. Überall gibt es nachhaltige ren informiert Verantwortung werden, stehen Begriffe wie „faire Bezahlung“, „Handel mit könnte. Produkte, die mit einer Vielzahl unterschiedlicher Siegel ge- ist, tatsächlich Entwicklungsländern“, „keine Ausbeutung“ oder „keine Kin- kennzeichnet sind. Sie alle darzustellen würde den Rahmen sind es aber der Unternehmen, nicht derarbeit“ ganz oben. Wer würde da nicht zustimmen! Gefühlt Die Bewegung steckt in einem Dilemma: Die Beachtung von So- sprengen. Daher sei hier nur auf das zweitwichtigste Handels- lediglich drei sind wir doch alle Fairtrade-Käufer, oder? zialstandards und Mindestlöhnen führt notwendigerweise zu segment, den Verkauf von Textilien und Schuhen verwiesen. bis acht Pro- der Kunden, für Umwelt- Ungerecht wäre es allerdings, die hohen Zustimmungswerte einer Verteuerung der Produkte. Nicht ganz zufällig sind Fair- zent. als reines Wunschdenken abzutun. Selbst wenn sie die „wah- trade- und Nachhaltigkeitssympathisanten tendenziell älter, In der SevenOne Media Online-Befragung gab rund ein schutz zu sorgen.“ ren“ Marktverhältnisse nicht ganz sauber abbilden, verweisen gebildeter und besser verdienend als der Bevölkerungs- Drittel der Befragten an, beim Kleiderkauf auf weniger be- [Michael Otto, Otto-Konzern] sie dennoch auf ein beträchtliches Potenzial. Vielleicht haben schnitt. lastete Materialien zu achten. Dies ist gut für sie, aber auch viele Menschen durchaus den Willen, aber keine Gelegenheit, für die Umwelt. Kaum eine Kulturpflanze wird so intensiv mit ihre Einstellungen in Taten umzusetzen. Schließlich ist das Spritzmitteln behandelt wie die Baumwolle. Sie wird weltweit Käufer von „fairen“ Produkten, Struktur Sortiment bislang noch relativ beschränkt. auf 2,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche angebaut, be- kommt aber 16 Prozent aller Insektizide ab! Da auch die Le- bens- und Arbeitsbedingungen vieler Baumwollarbeiter mehr Basis Kaufbereitschaft Kaufneigung Fairtrade* in % Index als bedenklich stimmen, können die beiden Aspekte Bio und Umsatz Bio-Baumwollprodukte, weltweit Angaben in % Geschlecht Angaben in Mrd. US$ Fairtrade für echte Verbesserungen sorgen. Bislang hat Bio- Männer 48,6 85 Baumwolle zwar noch nicht einmal ein ganzes Prozent Anteil Frauen 51,4 114 an der Gesamtproduktion, befindet sich aber eindeutig im Auf- 8 33,6 Alter wärtstrend. Zwischen 2001 und 2007 hat sich der Umsatz von 14-29 Jahre 20,9 90 Bio-Baumwollprodukten weltweit um das achtfache vergrößert. 6,77 30-39 Jahre 14,2 98 40-49 Jahre Schätzungen gehen davon aus, dass der Wert bis 2010 sogar 6 19,2 111 50-59 Jahre um das 27-fache zunehmen wird. Auch Mainstream-Textilher- 15,6 111 5,02 21,1 60-69 Jahre 14,2 102 steller haben längst erkannt, welches Potenzial der Markt hat. 70 Jahre und älter 15,9 89 Zu den größten Anbietern zählen Wal-Mart, C&A oder Nike. 4 36,4 HH-Nettoeinkommen Die Umweltfreundlichkeit verursacht nur geringe Mehrkosten 3,45 8,9 bis unter 1.000€ 8,6 71 – der Baumwollpreis macht nur etwa zwei bis fünf Prozent am 1.000 bis unter 2.000€ 34,9 97 Endpreis eines Kleidungsstücks aus – bringt aber eine riesigen 2 1,97 2.000 bis unter 3.000€ 31,2 92 Imagegewinn! Kunden müssen unter Umständen noch nicht 3.000€ und mehr 1,08 25,3 125 einmal mehr zahlen. C&A beispielsweise bietet zertifizierte 0,58 Index > 110 0,25 Stimme voll und ganz zu Stimme weitgehend zu Produkte ohne Preisaufschlag an. Damit lässt es der niederlän- 0 Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu dische Textilhändler aber noch nicht bewenden. Seine Filiale *Statement: Wenn möglich, kaufe ich Produkte, die aus fairem Handel 2001 2005 2006 2007 2008* 2009* 2010* *Statement: Kaufe möglichst Produkte aus „fairem Handel“ stammen, „stimme voll und ganz zu“. in Mainz wurde nach umfangreichen Umbauarbeiten 2008 als Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 31.179 Fälle [64,82 Mio.] Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 31.179 Fälle [64,82 Mio.] *Ab 2008 geschätzt Quelle: VA 2009 Klassik „Eco store“ wiedereröffnet. Jetzt verbraucht sie 50 Prozent Quelle: VA 2009 Klassik Quellen: Organic Cotton Market Report 2007, Helvetas weniger Strom und 70 Prozent weniger Heizenergie als früher. 18 19
Bio & fair Zwischen gesunder Ernährung und gutem Gewissen Nachhaltigkeit: vom Nischen- zum Massenmarkt Das Bio-Land Deutschland Von der grünen Nische der Jesuslatschen-Träger in den 80er Der deutsche Bio-Lebensmittelmarkt verzeichnete innerhalb Jahren zum Massenmarkt im 21. Jahrhundert: Der Trend zu der letzten Dekade ein starkes Wachstum. Jedes Jahr glänzte nachhaltigen Lebensmitteln hat mittlerweile eine Demokra- er mit einer zweistelligen Steigerungsrate. Für 2008 wird mit tisierung erlebt. einem Plus zwischen acht und zwölf Prozent gerechnet. Die Schwierig, wenn nicht unmöglich, ist es, das ideale nachhal- erhöhte Sensibilisierung für Umwelt- sowie Gesundheitsthemen, tige Lebensmittel zu finden, das allen Aspekten der Gesund- aber auch die Verbreitung über Discounter und Supermärkte, heitsförderlichkeit, Umwelt- und Sozialverträglichkeit sowie trugen zu diesem enormen Erfolg bei. Wirtschaftlichkeit gerecht wird. Zur Analyse der einzelnen Mit 5,3 Milliarden Euro war Deutschland schon 2007 mit Nachhaltigkeitsaspekte müsste das komplexe Ernährungs- Abstand der größte Bio-Markt Europas. Großbritannien lag system näher betrachtet werden: von der Vorproduktion mit 2,6 Milliarden Euro an zweiter Stelle. Frankreich und Italien [z. B. gentechnisch unverändertes Saatgut], Verarbeitung mit etwa 1,9 Milliarden an dritter bzw. vierter Stelle. [nährstoffschonende Methoden], Vermarktung [regional und daher frischere Lebensmittel sowie kürzere Transportwege], Nach Pro-Kopf-Verbrauch sind allerdings die Dänen mit 107 Verzehr [ausgewogene Ernährung, ohne Exzesse an Fleisch, Euro jährlichen Ausgaben die Nummer eins in Europa. Die dessen Produktion hohe Ausstöße an CH4- und CO2-Emissionen Deutschen belegen mit 64 Euro Platz vier nach Österreichern verursacht], bis zur Entsorgung [z. B. umweltfreundliche Ver- und Luxemburgern. packungsarten]. Auch in der Anbaufläche liegt die „grüne“ Bundesrepublik mit Da also sehr viele Faktoren bei Lebensmitteln eine Rolle etwa fünf Prozent Bio-Flächenanteil nur im Mittelfeld, weit spielen, versteht unter Nachhaltigkeit jeder etwas anderes. entfernt zum Beispiel von seinen Nachbarn Österreich [11,7%] Die individuelle Weltanschauung prägt die Wahrnehmung. und Italien [9,0 %]. Beim Thema nachhaltige Ernährung denken die meisten an den ökologischen Aspekt sowie den fairen Handel. Der erste Der Blick auf den Bio-Anteil am Gesamtumsatz 2007 ent- steht eher für die Gesundheits- und Umweltkomponente, der täuscht zunächst: Gerade einmal 3,2 Prozent – so die Zentrale andere für die soziale und wirtschaftliche Dimension. Markt- und Preisberichtsstelle ZMP. Nachhaltigkeit in der Ernährungsbranche Umsatzentwicklung der Bio-Lebensmittel* Angaben in Mrd. € Lebensmittel Die Kriterien Gesundheitsförderlichkeit Umweltfreundlichkeit Sozialverträglichkeit Der Ernährungsprozess Vorproduktion Erzeugung Verarbeitung Die Lebensmittel- eigenschaften Frisch Regional Saisonal Ökologisch 6 5 4 3 +11% +3% +13% +11% 3,5 +18% 3,9 +15% 4,6 +8-12% 5,3 5,7- 5,9 3,0 3,1 Vermarktung Aus artgerechter +32% 2,7 Wirtschaftlichkeit Tierhaltung Einkauf und Lagerung 2 2,1 Gentechnisch unverändert Zubereitung und Verzehr 1 Aus fairem Handel Entsorgung Mit gerechten Preisen 0 ... 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008* Quelle: „Kriterien für Nachhaltige Ernährung auf Konsumentenebene” *Ohne Genuss und Außer-Haus-Verzehr [Herde] | eigene Darstellung Quelle: Hamm, Universität Kassel, ZMP in BÖLW 20 21
Ist Bio doch noch ein Nischenmarkt? Bei der Analyse der ein- Bio-Obst aus China oder Bio-Fertiggerichte zu finden. Pro- Bio für alle: der Discountertrend Der massive Ausbau der Eigenmarken setzt die Markenanbieter zelnen Produktgruppen wird aber klar, wie selbstverständlich dukte also, die eine neue und breitere Zielgruppe von Bio- Die Zeiten, in denen biologische Lebensmittel nur per Ver- im Bio-Segment eindeutig unter Druck. Eine Konsolidierung Bio bei vielen Verbrauchern doch ist. Über ein Viertel der Käufern ansprechen, in der Nachhaltigkeitsskala aber nicht sand über die Ökokiste, auf dem kleinen Wochenmarkt oder ist demnächst zu erwarten. verkauften Möhren und Zitronen kommen mittlerweile aus so stark punkten wie die Kartoffel vom benachbarten Biobau- im Reformhaus gekauft wurden, sind vorbei. Vollsortimenter biologischem Anbau. Der Anteil bei Frischmilch, Eiern, Natur- ern. und insbesondere Discounter entdeckten vor ein paar Jahren Ist die Bio-Branche krisenresistent? joghurt macht schon über ein Zehntel des Marktes aus. den Bio-Trend und machten diesen zu ihrem eigenen. Innerhalb Die Branchenentwicklung in der aktuellen Krise wird – je nach von vier Jahren stieg der Anteil der Discounter am Bio-Ein- Datenquelle – unterschiedlich dargestellt. Laut GfK verlor der Bio ist nicht gleich Bio kaufswert laut GfK von 12,5 auf 26,9 Prozent — und das auf LEH bei Bio im ersten Halbjahr 2009 wertmäßig 6,3 Prozent. Ökologische Lebensmittel sind auf europäischer Ebene ge- Kosten des Fachhandels. Dennoch ist der Fachhandel hier- Der Direktvertrieb büßte sogar 13,3 Prozent ein. Der Fachhandel setzlich definiert und geregelt. Um als ökologisch zu gelten, zulande noch sehr wichtig. Anders als beispielsweise in den kam dagegen mit einem leichten Verlust von 0,1 Prozent davon. müssen Lebensmittel zum Beispiel genetisch unverändert skandinavischen Ländern, wo der LEH-Anteil bei 75 Prozent Das hat er seiner von finanziellen Ängsten weniger betroffenen sein. Konventionelle Pestizide sind verboten, Tieren dürfen liegt, in Schweden sogar bei 90 Prozent. Dort wurden auch Kundschaft sowie stabileren Preise zu verdanken. keine Hormone und Antibiotika verabreicht werden. Das Bio- die stärksten Umsatzsteigerungen verzeichnet. Siegel nach der EG-Verordnung hat in den acht Jahren seit Laut Nielsen-Handelspanel konnte das Bio-Segment dagegen seiner Einführung im September 2001 einen regelrechten Dass Bio Geld bringt, haben mittlerweile viele mitbekommen. um ein Prozent wachsen. Hier werden allerdings nur EAN- Boom erlebt. Mittlerweile sind über 55.000 Produkte mit Während zum Beispiel die Milchpreise in den letzten zwei codierte Warengruppen des Trockensortiments erfasst [kein dem grünen Sechseck gekennzeichnet, 3.355 Unternehmen Jahren sehr volatil waren, konnte sich Biomilch besser be- Naturkostfachhandel sowie kein Obst und Gemüse]. nutzen es [Stand: 30. September 2009]. So gekennzeichne- haupten — das reizt. Discounter und Vollsortimenter erhöhen Eine ähnliche Entwicklung sieht der Bundesverband Naturkost te Bio-Lebensmittel bieten mit ihrer niedrigeren chemischen weiter ihr Bio-Angebot, Nachzügler gibt es reichlich. So stieg Naturwaren [BNN] mit einem Plus von 1,5 Prozent für den Natur- Belastung und ihrer Natürlichkeit durchaus einen „Zusatz- Kaufland 2009 mit seiner Eigenmarke Bio-K verspätet in den kostmarkt. nutzen“. Allerdings definiert die EG lediglich Mindestanfor- Markt ein. Von BioBio, Marke des Discounters Plus, der zuletzt derungen. Bio war lange ein Synonym für regional, saisonal, von Netto übernommen wurde, werden mittlerweile sogar 94 Eines steht jedoch fest: Die Bio-Branche hat sich weniger frisch und gesund. Bei der Wandlung zum Massenmarkt wur- Produkte angeboten. Damit liegt Plus im Bio-Angebot an der krisenanfällig als andere gezeigt. Die Branche wird sogar de diese ursprüngliche Bedeutung ein wenig verwässert. In Spitze. weiter wachsen, wenn auch nicht mehr mit zweistelligen der Vielfalt des angeboten Bio-Sortiments sind mittlerweile Wachstumsraten wie in der Vergangenheit. Bio-Umsatzanteile ausgewählter Produkte Anteile nach Vertriebsschienen Filialenanzahl, Top-Fünf-Bio-Supermärkte, an der Lebensmittelvermarktung [Einkaufswert, Bio-Produkte im LEH] [2008] Angaben in % Angaben in % Angaben in Einheiten [Umsatz in Mio. €] 2007 Jan.–Sept. 2008 60 Eier 11,2 11,5 45 [304*] 80,6 58,8 Frischgemüse gesamt 6,9 6,9 Alnatura Möhren 27,0 25,3 Zucchini 15,1 14,0 28 [40] 40 44,1 Frischkartoffeln 8,1 8,0 Denn's Bio Brot 7,1 7,1 Frischobst gesamt 6,0 5,7 22 [94] 28,6 29,1 Zitronen 29,1 25,6 26,9 Basic Bananen 13,6 13,5 20 Kiwi 10,5 10,8 15 [k. A.] Milch gesamt* 5,6 5,8 12,5 Ebl Frischmilch* 12,3 13,9 Joghurt gesamt* 3,4 3,6 0 14 [23] Naturjoghurt* 10,6 10,9 Fachhandel SuperBioMarkt Fleisch gesamt** 1,2 1,3 [inkl. Drogeriemärkte] Vollsortiment Discount * Nur LEH inkl. Drogeriemärkte ohne Naturkosthandel und Direktverkauf; 0 10 20 30 40 50 ** Ohne Großteile und Großeinkauf 2004 2008 Quelle: ZMP-Analysen auf Basis GfK-Haushaltspanel und ACNielsen *Geschäftsjahr 2007/2008, inkl. Lieferumsatz Handelspanel 2008 Quelle: GfK Panel Service in Lebensmittelzeitung, 27.02.09 Quelle: EHI Retail Institute in Handelsblatt, 27.05.2009 22 23
Fairtrade: altruistische Gedanken beim Einkaufen von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Absatz stieg Frauen sind die Zielgruppe Nachhaltigkeit ist mehr als Bio. Während bei Bio die Rücksicht um elf Prozent auf 26.000 Tonnen – er verdreifachte sich im Aspekte beim Kauf von Bio-Produkten Viele Konsumenten behaupten, dass sie beim Lebensmittel- Angaben in % auf Umwelt, Klima oder Tiere dominiert, denkt man beim Vergleich zu 2003! Dank der Verbreitung durch Discounter, kauf der Produktnachhaltigkeit hohe Bedeutung einräumen. fairen Handel hauptsächlich an die Sozialverträglichkeit der die wie Lidl sogar mit Eigenmarken wie Fairglobe vertreten Ob sie dafür aber tatsächlich mehr Geld ausgeben, steht auf gekauften Produkte. Menschen- sowie Arbeitsrechte stehen sind, ist Fairtrade nun in den Massenmarkt eingedrungen. einem anderen Blatt. Gesundheit 33,5 im Vordergrund, zum Beispiel geregelte Arbeitszeiten, Ge- Insbesondere Kaffee und Kakao sind wichtige Segmente. Anders als bei Produkten des fairen Handels sehen Käufer sundheitsschutz, faire Löhne, Verzicht auf Kinderarbeit oder Immer mehr im Kommen: Wein, Fruchtsaft, Zucker. Und trotz Besserer Geschmack 28,2 bei Bio-Lebensmitteln immerhin einen persönlichen Mehr- faire Preise. Die wohlhabende deutsche Gesellschaft kann es Finanzkrise wird der TransFair-Markt auch 2009 wachsen. Tierschutz 26,3 wert: die Gesundheit. Obwohl umstritten ist, ob Bio gesünder sich nun leisten — für ein gutes Gewissen — auch an andere Umweltschutz 25,9 ist, steht fest: Gerade saisonale und regionale Produkte, die zu denken. Nämlich an diejenigen, die hinter den gekauften Verantwortung länger reifen können und damit reicher an Nährstoffen sind, gegenüber der Natur 29,5 Produkten stehen. Durch die Globalisierung ist das Thema können in puncto Gesundheit die Verbraucher überzeugen. Sicherheit 23,5 dringlicher denn je geworden. Gerade in Ländern, in denen Ebenso wie gentechnikfreie Lebensmittel oder Fleisch von billig produziert wird, herrschen oft soziale und rechtliche Fitness 16,0 nicht mit Antibiotika behandelten Tieren. Laut Typologie der Rahmenbedingungen, die an die Anfänge der industriellen Für meine Kinder 14,4 Wünsche kaufen mittlerweile etwa acht Prozent der Befragten Revolution erinnern. mindestens einmal in der Woche Bio-Produkte. Allerdings gab Gehört dazu 13,0 fast die Hälfte an, gar keine Bio-Produkte zu kaufen. Ist im Trend/modern 10,2 Fairtrade ist das international anerkannte Siegel für fair Generell gilt: Interessiert an nachhaltigen Lebensmitteln sind gehandelte Produkte. Es wird in Deutschland von TransFair 0 10 20 30 40 überdurchschnittlich häufig Frauen ab 30, mit besserer Aus- vergeben, einem zu den Fairtrade Labelling Organizations bildung und höherem Haushaltsnettoeinkommen. Mit der Ent- Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 20.154 Fälle [64,82 Mio.] International [FLO] gehörender Verein. Die Geschichte von Quelle: TdW 2010 wicklung der Branche zum Massenmarkt ist diese Zielgruppe TransFair beginnt schon 1992. 2003 wurde das TransFair- allerdings sehr heterogen geworden. Gerade in Deutschland Logo durch das internationale Fairtrade-Siegel ersetzt. scheinen die Ur-Bio-Käufer noch nicht „ausgestorben“ zu sein. Käufer also, für die Bio auch eine ideologische Kompo- Fairtrade-zertifizierte Waren erreichten 2008 in Deutschland nente hat oder die allergisch reagieren, wenn Lidl Basic über- ein Umsatzvolumen von 213 Millionen Euro. Das ist ein Plus nimmt. Diese Verbraucher gucken zweimal auf das Etikett, um auszuschließen, dass die Möhre aus China kommt. Für diese Zielgruppe sind Regionalität und Saisonalität wichtige Absatzentwicklung Fairtrade, Kaufhäufigkeit Bio-Produkte Hauptsächlich gekaufte Marken Komponenten für ein nachhaltiges Lebensmittel. Sie sind die größten Zuwächse [Deutschland] Angaben in % Angaben in % weiterhin Hauptzielgruppe des Fachhandels und der Wochen- Angaben in % märkte, hoch gebildet, gut verdienend und dem Sinus-Milieu der Postmateriellen besonders nah. Sie sind eher die Demeter- 150 BioBio 10,4 1,5 Zielgruppe. Mehrmals in der Woche EDEKA Bio 9,8 138 Stammkäufer Bioland 8,5 6,4 Aber es gibt auch die Bio-Käufer, die es nicht so eng sehen. Etwa 1-mal in der Woche REWE Bio 6,7 2,8 Die „moderneren Ökos“ bzw. diejenigen, die in die preis- 100 ALNATURA 11,7 FÜLLHORN 2,8 günstigere Variante einsteigen: die Eigenmarke. Die neuen Etwa 2- bis 3-mal im Monat 91 demeter 2,7 Bio-Käufer sind die Vertreter der Entideologisierung dieses 80 Trends. Sie kaufen ökologische sowie fair gehandelte Lebens- 8,1 NATURKIND 2,2 72 Etwa 1-mal im Monat 50 BIONESS 1,9 mittel auch im Supermarkt oder beim Discounter. Bionade hat 23,9 GRÜNES LAND 1,5 diese Zielgruppe rechtzeitig entdeckt. Seltener Naturland 0,7 47,9 ECOVIN 0,6 14 Nie ANDECHSER MOLKEREI 0,5 0 0 10 20 30 40 50 0 2 4 6 8 10 12 Kaffee Wein Fruchtsaft Zucker Rosen Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 20.154 Fälle [64,82 Mio.] Basis: Erwachsene 14+ Jahre, 20.154 Fälle [64,82 Mio.] Quelle: Transfair in Fairer Handel, Ausgabe 2009 Quelle: TdW 2010 Quelle: TdW 2010 24 25
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