Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020

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Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
Landesverband Berlin

Natur in Berlin
Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020

                                 Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
LIEBE MITGLIEDER,
LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE DES NABU,
                                                                                                        AKTUELLES
                                                                                                        Waschbär contra Waldkauz                                    3

                                                                                                        NABU und Corona
                                                     dieser tagaktive, kolibriähnliche
                                                                                                        SCHWERPUNKT KLIMAWANDEL

                                                                                                        Moorrenaturierung                                           8

                                                                                                                                                                    11

                                                                                                        SPEKTRUM

tige CO2

                                                                                                        NABU VOR ORT

                                                                                                        BERLINER MITBEWOHNER

                                                                                                        TERMINE, RÄTSEL, KONTAKTE                                   17

                                                                                                                         Neu: Broschüren unserer
                                                                                                                 Projekte "Artenschutz am Gebäude" und
                                                                                                                          "Hymenopterendienst"

                                                                                                                                                IMPRESSUM

                               Redaktion:                                            Text und Layout                  Redaktionelle Beiträge Rainer Altenkamp,
                                                                                                  Anzeigendaten: NABU Berlin e.V., Wollankstraße 4, 13187 Berlin,
                                      Mediadaten                        ; Erscheinungsweise             Nächster Redaktionsschluss 03.08.20, nächster Veran-
staltungszeitraum                    Papier 100% Recycling,    13.700, Druck                                  Bildnachweis: Titel: Taubenschwänzchen: Roger

Hinweise der Redaktion:

der Genehmigung. Bankverbindung Spendenkonto

NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
AKTUELLES | 3

Neulich am Hermsdorfer See                                                           Vier Eier hatte das Waldkauz-Weib-
                                                                                     chen gelegt und bebrütet. Die Be-
                                                                                     obachter*innen der Waldkauz-Livecam
Waschbär vertilgt Waldkauz-Gelege                                                    des NABU Berlin warteten Ende März
                                                                                     gespannt auf das erste Küken, dessen
                                                                                     Schlupf kurz bevorstand. Doch da durch-
                                                                                     kreuzte ein Waschbär die Familiengrün-
                                                                                     dung am Hermsdorfer See: Trotz Rutsch-
                                                                                     folie um den Stamm gelang es dem Tier,
                                                                                     den Baum zu erklettern und sich durch
                                                                                     das Loch des Nistkastens zu zwängen, als
                                                                                     beide Eltern gerade abwesend waren.
                                                                                     Nach der Eiermahlzeit schaffte er es
                                                                                     nicht sofort, sich wieder hinauszuwin-
                                                                                     den, und blieb zwei Tage lang im Nist-
                                                                                     kasten. Erfreulicherweise und durchaus
                                                                                     überraschend starteten die Käuze Ende
                                                                                     April einen zweiten Brutversuch. Die
                                                                                     Bezirksgruppe Reinickendorf hat den
                                                                                     Baumstamm zusätzlich mit einer Plexi-
                                                                                     glashülle gesichert, so dass die Vögel doch
                                                                                     noch eine Chance auf Nachwuchs haben.

Wichtige Mitteilung                                                                                         Kohlmeise. Der
                                                                                                            Mauersegler ist
                                                                                                            damit der gro-
                                                                                                            ße Gewinner in
                                                                                                            diesem Jahr, al-
                                                                                                            lerdings dürfte
                                                                                                            dem     Zugvogel
Da nach der zum Zeitpunkt der Druckle-                                                                      der relativ späte
gung geltenden Berliner Corona-Verord-                                                                      Zähltermin ge-
nung größere Versammlungen immer                                                                            holfen     haben.
noch verboten sind, kann die jährliche                                                                      Anfang Mai keh-
Mitgliederversammlung des NABU-Lan-                                                                         ren schließlich
desverbands Berlin leider nicht wie in                                                                      von Tag zu Tag
der letzten Ausgabe angekündigt am 10.                                                                      mehr Vögel aus
                                                                                                            ihren afrikani-
Da nicht alle unsere Mitglieder über                                                                        schen    Winter-
die technischen Voraussetzungen für                                                                         quartieren zu-
eine Video-Konferenz verfügen und zu-
dem Abstimmungen online schwierig
                                           Mehr Mauersegler,                         rück. Trotzdem hat Berlin seinen Status
                                                                                     als „Mauersegler-Hauptstadt“ wieder ein-
durchzuführen sind, haben wir uns
entschieden, die diesjährige Mitglieder-
                                           weniger Blaumeisen                        mal deutlich gemacht.
                                                                                     Mit ein wenig Bangen erwartete der
versammlung auf den 21. September                                                    NABU die Zahlen zur Blaumeise. Schließ-
2020 zu verschieben. Zeit und Ort blei-                                              lich waren in diesem Frühjahr, kurz vor
ben gleich, nämlich 18 bis 21 Uhr im                                                 der Aktion, ungewöhnlich viele tote Vö-
Versammlungsraum "Storch" des NABU-        Wie in ganze Deutschand war auch in       gel dieser Art aufgefunden worden. Als
Bundesverbands, Charitéstraße 3, 10117     Berlin die „Stunde der Gartenvögel“       Auslöser des Blaumeisensterbens gilt
Berlin. Auf der Agenda stehen unter an-    Anfang Mai, die dieses Jahr bereits zum   eine Bakterieninfektion.
derem die Entlastung des Vorstands, die    16. Mal stattfand, ein überwältigender
Neuwahl des/der 2. Vorsitzenden und die    Erfolg: Mit fast 5.000 Teilnehmer*innen   Blaumeisensterben auch in Berlin
Wahl der Delegierten für die Bundesver-    (Zwischenstand vom 13. Mai, es konnte     Ihren Schwerpunkt hatte die Krankheit
treterversammlung. Die vollständige Ta-    noch bis zum 18. Mai nachgemeldet wer-    im Westen und Nordwesten, Berlin war
gesordnung ist in der "Natur in Berlin"    den) hat sich die Resonanz im Vergleich   eher wenig betroffen. Aber auch hier
Heft 1/2020 einzusehen.                    zu 2019 nahezu verdoppelt.                wurde die Blaumeise seltener festgestellt
Sollten die weiteren Entwicklungen in      Wie üblich in Berlin und bundesweit       als in den Jahren zuvor. Nahm sie 2019
der Corona-Krise neue Änderungen erfor-    steht der Haussperling unangefochten                                              -
derlich machen, informieren wir unsere     an der Spitze der gemeldeten Arten, ge-   gels ein, so lag sie 2020 bei Drucklegung
Mitglieder in der nächsten Ausgabe.        folgt von Star, Mauersegler, Amsel und    nur noch auf Platz 8.                  ap

                                                                                                               NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
4 | AKTUELLES / MEINUNG

                                                                 Wohnraum unter Brücken
                                                                 NABU-Klage erfolgreich
                                                                 Im Oktober 2019 hatte der NABU Berlin gegen die Ausnah-

                                                                 Ruhestätten von Fledermäusen beim Bau des Freiheits- und
                                                                 Einheitsdenkmals (FED) geklagt. Anfang März 2020 stellte der
                                                                 Bauherr nun einen neuen Ausnahmeantrag und legte zugleich
                                                                                                                            -
                                                                 maus vor. Der Bauherr hat darin praktisch alle vom NABU be-
                                                                 mängelten Punkte des ersten Konzepts korrigiert und die von
                                                                 uns geforderten Maßnahmen übernommen.
                                                                                                                            -
                                                                 struierte Großraumquartiere an zwei benachbarten Brücken
                                                                 montiert. Sie ersetzen das mindestens temporär wegfallende
                                                                 Wochenstubenquartier im Sockelgewölbe des FED. Nach den
                                                                 Bauarbeiten wird dann auch das Quartier im Sockel wieder op-
                                                                 timiert. Der Erfolg der Maßnahmen wird über einen Zeitraum
                                                                 von mindestens fünf Jahren kontrolliert. Zudem wird ab 2020

                                                                 im Sommer aufhalten und wo ihre Quartiere sind. Falls not-
                                                                 wendig, kann dann mit weiteren Maßnahmen nachgesteuert
                                                                 werden, um Quartiere neu zu schaffen oder zu verbessern.
                                                                 Die beklagte Senatsverwaltung (SenUVK) hat in einer neuen
                                                                 Ausnahmegenehmigung alle Punkte des veränderten Konzepts
                                                                 übernommen und die alte Genehmigung zurückgezogen. Da-
                                                                 mit ist unser Klagegrund nun entfallen. Natürlich kann man
                                                                 erst dann ein wirklich positives Fazit ziehen, wenn die Wasser-

                                                                 aber ein erster großer Schritt dahin ist gemacht!                ra

                      Seit Anfang April Berger        studierte                          Ab sofort ist eine Stelle im Rahmen des
                      unterstützt Anna Biologie und pro-                                 Bundesfreiwilligendienstes in der NABU-
                      Hannappel      als movierte in der                                 Wildvogelstation zu besetzen. Zu den Auf-
                                           Wildtierforschung                             gaben gehören sowohl die Versorgung der
                      Team der NABU- Last, but not least                                 Vögel als auch Bürgerberatung und organi-
                      Wildvogelstation. hat       auch         die                       satorische Aufgaben.
                      Anna ist Biologin G e s c h ä f t s s t e l l e                    Die Wildvogelstation in Marzahn-Hellers-
                      und hat schon als Verstärkung be-                                  dorf ist die einzige Einrichtung in Berlin,
                      Kind – ihr Vater kommen: Seit Mai               Nina Baudis        die sich um verletzte und kranke Wildvö-
                      ist Hobbyornitho- ist Nina Baudis als                              gel kümmert. Mauersegler, Amseln und
loge und NABU-Mitglied – ihre Liebe zur Nachfolgerin von Alexander Gürtler für           Rabenvögel, aber auch Ringeltauben und
Natur entdeckt. Als wissenschaftliche Ehrenamtskoordination und Fundraising
Mitarbeiterin der Auwaldstation Leipzig verantwortlich. Nina hat einen Master in         in Aufzuchträumen und Volieren fachge-
sowie bei Praktika, unter anderem in ei- Wirtschaftswissenschaften und zuletzt           recht versorgt und optimal auf die Wie-
nem Vogelprojekt im Fernen                               in einer Kinderrechtsorga-      derauswilderung vorbereitet. Mehr als 80
Osten Russlands und in einer                             nisation gearbeitet. In ihrer   Prozent der aufgenommenen Vögel können
Seehundaufzuchtstation, hat                              Freizeit beobachtet sie gerne   wieder in die Natur entlassen werden.
sie vielfältige Erfahrungen                              Vögel und kann nun auch im      Im Frühjahr gilt es zudem immer wieder
im praktischen Naturschutz                                                           -   Stockenten, die in Balkonkästen oder an
gesammelt.                                               teressen nachgehen. Sie freut   ähnlich ungeeigneten Orten ihr Nest ge-
Eine neue, ebenfalls wis-                                sich schon auf die Zusammen-    baut haben, mitsamt ihrer Brut vorsichtig
senschaftlich   hoch     qua-                            arbeit und den Austausch mit    umzusetzen.
                                                         den Ehrenamtlichen und Mit-     Interessent*innen melden sich bitte bei
                                Anne Berger
FG Säugetierschutz: Anne                                 gliedern des NABU.olf           Sonja Javernik (sjavernik@nabu-berlin.de).

NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
AKTUELLES | 5

                              Charta Stadtgrün enttäuscht Naturfreunde
                              Von Flächensicherungen ist kaum noch die Rede
                                                                                                                                     programm zurück, das einen Biotopver-
                                                                                                                                     bund auf mindestens zehn Prozent der
                                                                                                                                                                           -
                                                                                                                                     lungsprogramm sieht hingegen nur
                                                                                                                                     noch ausgewählte Biotopverbundräume
                                                                                                                                     vor, bei denen zuvor obendrein Flächen-
                                                                                                                                     konkurrenzen zu klären sind.

                                                                                                                                     Ungebremster Flächenfraß
                                                                                                                                     Weiter fehlt ein klares Bekenntnis zum
                                                                                                                                                                           -

                                                                                                                                     Wälder und Seen außen vor, war die
                                                                                                                                     Hauptstadt schon 2016 zu 44,8 Prozent
                                                                                                                                     versiegelt, Jeden Tag werden weitere
                                                                                                    immer wieder Begehrlichkeiten.
                                                                                                                                     5.490 Quadratmeter zugebaut.
                                                                                                                                     Um die Lebensqualität für Mensch,

                              Am 21. April beschloss der Senat endlich dung der Charta – und damit den erklär-                       muss der dringend nötige Wohnungs-
                              die „Charta für das Berliner Stadtgrün“, ten politischen Willen, das Stadtgrün zu
                                                                        erhalten. Allerdings bleiben die Charta                      und jede Versiegelung ist durch Entsie-
                                                                      - und das Handlungsprogramm – trotz                            gelung an anderer Stelle auszugleichen.
                              tig vor weiterer Bebauung zu schützen. positiver Ansätze wie etwa der Taskforce                        Mindestens wäre eine jährlich zu über-
                              Das zugehörige „Handlungsprogramm für die beschleunigte Ausweisung von                                 prüfende Zielvorgabe für den Flächen-
                              Berliner Stadtgrün 2030“ benennt kon- Schutzgebieten – deutlich hinter unse-                           verbrauch erforderlich gewesen.
                              krete Projekte, um dieses Ziel zu errei- ren Erwartungen zurück.                                       Leider wurden konkrete Aussagen zur
                              chen. Die Vorlage geht nun an die Bür- Insgesamt wirkt die Charta an entschei-                         Finanzierung des Handlungsprogramms
                              germeister zur Beratung und dann zur denden Stellen unkonkret und unver-                               aus dem Vorentwurf gestrichen. Umso
                              Abstimmung ins Abgeordnetenhaus.          bindlich. Vor allem ist das ursprüngli-                      wichtiger sind die bevorstehenden
                              Vorangegangen war ein jahrelanger Be- che Ziel, ökologisch wertvolle Flächen                           Haushaltsverhandlungen. Wird das Pro-
                              teiligungsprozess, in den sich auch der zu sichern, völlig ins Hintertreffen ge-                       gramm nicht mit genug Geld und Stellen
                              NABU Berlin intensiv einbrachte. Grund- raten. So bleibt die Charta sogar hinter                       für die Bezirke unterfüttert, bleibt die
                              sätzlich begrüßen wir die Verabschie- dem 2016 beschlossenen Landschafts-                                                                      uk

                                                                                                                                     Richtigstellung
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                                Es kommen auch wieder andere Zeiten:

                                Naturerlebnisse 2020/21 - nicht nur für Ornithologen!
                                                                                                                                     In unserem Rück-
                                Von Biologen und Landeskennern geführt, 2 - 10 Teilnehmer; Schwerpunkt Ornithologie (*):
                                                                                                                                     blick auf 30 Jah-
                                                                                                                                     re NABU Berlin
                                                                                                                                     in Heft 1/2020
                                                                                                                                     ist uns leider ein
                                                                                                                                     Fehler unterlau-
                                                                                                                                     fen: Auf Seite 9
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                                                                                                                                     lich     Wolfgang
                                                                                                                                     Steffenhagen als
Foto: Goliath/wikimedia.org

                                                                                                                                     ersten Leiter der
                                                                                                                                     Bezirksgruppe Schöneberg-Steglitz ge-
                                                                                                                                     nannt. Matthias Mundt, heutiger Leiter
                                weitere Informationen bei:
                                                                                                                                     der BG Steglitz, wies uns darauf hin,
                                                                                                                                     dass tatsächlich Ingo Hoepner als erster
                                Reisen in die Natur Stuttgarter Str. 7, D-73630 Remshalden, Tel: 07151 / 99 46 10;
                                                                                                                                     die 1997 gegründete Gruppe leitete. Auf
                                Fax: 99 46 11; Mail: j-griesinger@reisen-in-die-natur.de; www.reisen-in-die-natur.de
                                                                                                                                     ihn folgte dann Wolfgang Steffenhagen,
                                                                                                                                     heute Leiter der FG Umweltbildung.

                                                                                                                                                            NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
6 | SCHWERPUNKT

Neue Bäume braucht
Auf dem Naturschutztag 2020 diskutierte

K
       limaanpassung und Biodiversi-        immerhin 60 Prozent der Linden noch
       tät“ war das Motto des 21. Ber-      gesund sind, steht es vor allem um die
       liner Naturschutztags, der mit       Ahorne schlimm, die zu 62 Prozent
280 Teilnehmer*innen auch in diesem         Schadsymptome zeigen.
Jahr wieder gut besucht war. „Bäume         Viele Bäume leiden an einer nicht-pa-           Quercus
sind die ersten Opfer des Klimawan-         rasitären Komplexkrankheit, kurz: sie           frainetto, die
dels“, mahnte Stefan Tidow von der Se-      mickern, ohne von Schädlingen befallen
natsverwaltung für Umwelt in seinem         zu sein. Die allerdings gibt es ebenfalls
                                            reichlich, vor allem diverse Pilzerkran-
                                            kungen setzen den Bäumen zu. Versu-             Nicolas A. Klöhn, freier Sachverstän-
                                            che, kümmernde Straßenbäume durch               diger für Bäume, wies darauf hin, dass
                                            intensives Wässern und Düngen zu re-            Berlins Straßenbäume zumeist Klone
                                            vitalisieren, zeigten Erfolg, lassen sich       seien, es sich genetisch betrachtet also
                                            auf breiter Front aber schwer umsetzen.         nur um wenige Individuen handele. Nur
                                            Computermodelle sollen künftig helfen,          weil diese Klone nicht mit den veränder-
                                            den richtigen Zeitpunkt für Gießaktio-          ten Bedingungen zurecht kämen, müsse
                                            nen zu finden.                                  dies keinesfalls für alle Angehörigen der
                                            Aus Sicht von Jäckel führt jedoch kein          Art gelten.
                                            Weg daran vorbei, von dem bisherigen            Bäume, eigentlich der Inbegriff des Soli-
                                            Artenmix Abstand zu nehmen und neue             den, sind zudem zu einem globalisierten
       "Wir müssen auf stadttolerante       Bäume zu erproben. Diese müssen drei            Wirtschaftsgut geworden, was ihre Wi-
              Arten setzen!"                Kriterien erfüllen: Streusalz tolerieren,       derstandskraft nicht gerade steigert. Oft
                       Dr. Barbara Jäckel   das immer wärmere Stadtklima ertra-             ist ihre eigentliche Herkunft kaum noch
                                            gen und möglichst einen Lebensraum              nachvollziehbar. Es gibt Betriebe, die auf
                                            für Tiere bieten.                               die Aufzucht von Sämlingen spezialisiert
Grußwort, und um Bäume drehten sich         Ein beliebter Parkbaum wie der Ging-            sind, die dann, häufig in Italien, weiter-
auch die meisten Vorträge. Nachdem          ko bleibt da schon                                                 kultiviert werden und
Vorstandsmitglied Thomas Tennhardt          einmal außen vor:                                                  nur die letzten Jahre
auf 30 Jahre NABU Berlin zurückge-          Bei      Untersuchun-                                              in einer Baumschule
blickt und Horst Korn vom Bundesamt         gen fand sich kein                                                 in Deutschland ver-
für Naturschutz in die Problematik des      einziges Insekt, das                                               bringen.
Klimawandels eingeführt hatte, ging es      an seinen Blättern                                                 Ohne Not, lediglich
durchaus kontrovers zur Sache.              fressen mochte. Hart                                               aus Profitstreben, wer-
Barbara Jäckel vom Berliner Pflanzen-       im Nehmen und zu-                                                  den die meisten Sor-
schutzamt gab einen deprimierenden          gleich recht beliebt                                               ten zudem veredelt,
Überblick über die Situation der Berliner   bei Insekten ist hin-                                              weil sie so schneller
Stadtbäume. Nach einer Reihe überwie-       gegen die Ungarische                                               wachsen und markt-
gend trockener Jahre, in denen es vor       Eiche (Quercus frainet-                                            reif werden. Doch die
allem an Niederschlägen im Frühjahr         to), die Jäckel für ei-         "Grundstücksbesitzer sollten       Pfropfstelle bleibt ein
mangelte, ist fast die Hälfte der Bäume     nen viel versprechen-                                              Schwachpunkt,       der
                                                                                zur Baumpflanzung
geschädigt.                                 den Stadtbaum hält.                                                die Lebensdauer des
Derzeit machen nur vier Gattungen das       Andere Referenten                  verpflichtet werden."           Baumes mindert – und
Gros der Stadtbäume aus: Linde, Ahorn,      teilten ihre Einschät-                           Klaus Koziolek zu gefährlichen Stamm-
Platane und Rosskastanie. Während           zung jedoch nicht.                                                 brüchen führen kann.

NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
SCHWERPUNKT | 7

                                                                                               Gefördert durch:

t die Stadt!?
ten die Experten über das Stadtgrün der

   Auch Jens Esser von                                            destzahl von Bäumen         Um ihr Überleben in einer immer wär-
   der      Entomologi-                                           pro     Grundstücksflä-     meren und trockeneren Zukunft zu
   schen Gesellschaft                                             che     festzuschreiben.    sichern, haben die Berliner Forsten
   Orion hält wenig von                                           Wer dann überzähli-         ein ehrgeiziges Waldumbauprogramm
   der Einführung neu-                                            ge Bäume fälle, müsse       gestartet. In den nächsten Jahren soll
   er Arten. „Fremde                                              keinen Ersatz leisten;      die Hälfte der insgesamt 25.000 Hektar
   Baumarten      bieten                                          Besitzer kahler Flächen
   wenig Lebensraum                                               wären hingegen ver-         dass sie zu mehr als 90 Prozent mit
   für     einheimische                                           pflichtet, Bäume nach-      Laubbäumen bewachsen ist. Derzeit
   Arten“, sagt Esser.                                            zupflanzen.                 bedecken Kiefern fast zwei Drittel der
   Stadtbäume       seien                                         Gute und schlechte          Flächen.
   wichtige     Habitate
                               "Mit neuen Bäumen kommen           Nachrichten gab es aus      Dabei sollten die Förster möglichst auf
   für viele Käfer, auch           auch neue Insekten!"           den Berliner Forsten.       natürliche Verjüngung setzen, da von
   wenn wertvolles Tot-                            Jens Esser     Die schlechte Nachricht:    selbst aufwachsende Bäume optimal an
   holz oft Verkehrssi-                                           Nur acht Prozent der        den Standort angepasst sind. Exotische
   cherungsmaßnahmen zum Opfer falle.           Waldbäume sind ganz gesund. Bäume             Baumarten sind übrigens in den Berli-
   „So genannte Klimabäume bringen zu-          aller Arten und Altersgruppen zeigen          ner Forsten kein Thema: „Wir arbeiten
   dem das Risiko mit sich, neue Insek-         Krankheitssymptome. Zum Glück aber,           mit heimischen Baumarten weiter“,
   tenarten einzuschleppen“, mahnt Es-          beruhigte Dirk Riestenpatt von den Ber-       sagte Riestenpatt.         Alexandra Rigos
   ser. Solche Neozoen gibt es schon viele.     liner Forsten, sterben die Wälder hier im
   So haben in diesem Winter zahlreiche         Gegensatz zu Fichtenmonokulturen an-
   Berliner*innen Bekanntschaft mit der
   massenhaft auftretenden mediterranen
   Lindenwanze geschlossen.
   Andere Sechsbeiner sind weniger harm-
   los. An den hitzeresistenten Gleditschi-
   en etwa treten Samenkäfer auf, die auch
   essbare Hülsenfrüchte befallen. Zudem          Kiebitze und Orchideen statt
   können eingeschleppte Arten einheimi-
   sche Insekten verdrängen.                      Sedumsteppen
   Wichtiger noch als die Frage, welche Ar-
   ten man pflanzen sollte, ist es freilich,       Stadtgrün bedeutet mehr als nur Bäume, und es muss auch nicht immer fest im
   überhaupt Bäume zu pflanzen. Und das            Erdboden verwurzelt sein. Dass Gründächer um ein Vielfaches mehr Biodiversität
   passiert viel zu selten. Klaus Koziolek         beherbergen können als die bei uns üblichen Sedumpflanzungen, zeigte Dr. Ste-
   vom Umweltamt Spandau wies daruf                phan Brenneisen von der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften.
   hin, dass nicht einmal jeder zweite ge-         Bei einer ausreichend dicken und idealerweise abwechslungsreich modellierten
   fällt Baum durch einen neu gepflanzten          Substratschicht – das Mindestmaß für ein ökologisch wertvolles Habitat scheinen
   ersetzt wird.                                   zwölf Zentimeter zu sein – gedeihen auf Dächern artenreiche Wiesen, die trotz
   Ein Grund dafür sind Schwächen der              ihrer Lage in luftiger Höhe viele Insekten anlocken. So wiesen Schweizer Forscher
   Baumschutzverordnung, die Eigentü-              auf Gründächern in Basel bis zu 79 Käferarten nach, darunter Rote-Liste-Arten.
   mer von Grundstücken mit vielen Bäu-            Auf einer älteren Anlage in Wollishofen hat sich auf einer 20 Zentimeter dicken
   men benachteiligt. Deshalb pflanzen             Substratschicht sogar eine Orchideenwiese voller Knabenkräuter entwickelt. Da
   viele Menschen erst gar keine Bäume.            erstaunt es kaum noch, dass auf Schweizer Gründächern immer mehr Kiebitze
   Fairer wäre es, so Koziolek, eine Min-          nisten, die im intensiv genutztem Umland nicht mehr brüten können.

                                                                                                                      NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
8 | SCHWERPUNKT

                                                                                   Nach der Renaturierung

Magie der Moore
Wie aus CO2

M
          aisäcker, Windräder, für      zersetzt sich das organische Material     les Naturerbe bei der Moorsanierung
          Wasserkraftwerke verbau-      allmählich, und die ehemalige Senke       im Biesenthaler Becken nordöstlich
          te Flussläufe – aus Sicht     verwandelt sich in eine kräftig spru-     von Berlin. In der Hauptstadt selbst
der Naturschützer hat die deutsche      delnde CO2-Quelle. Allein in Deutsch-     hat die Stiftung Naturschutz Ber-
Klimapolitik einige fatale Neben-       land stoßen entwässerte Moore jedes       lin die Moore Kleine Pelzlaake und
wirkungen. Doch Klima- und Natur-       Jahr doppelt so viel CO2 aus wie ein      Krumme Laake südlich des Müggel-
schutz müssen nicht zwangsläufig        großes Braunkohlekraftwerk.               sees renaturiert – als Ausgleich für
in einem Zielkonf likt stehen: Zuneh-   „Wer ein Glas Milch von einer entwäs-     Flugreisen Berliner Landesbedienste-
mend setzt sich die Einsicht durch,     serten Moorwiese trinkt, kann genau-      ter. Bislang sind die Projekte insge-
dass natürliche Ökosysteme wie Wäl-     so gut ein Glas Benzin verbrennen“,       samt aber viel zu kleinräumig, um
der, Moore und Graslandschaften         sagt Hans Joosten von der Universität     das Klima nennenswert zu entlasten.
enorme Mengen CO 2 speichern – und      Greifswald. Joosten ist ein lautstarker   Wissenschaftler von der Humboldt-
dass ihr Schutz oder ihre Wiederher-    Verfechter der Moorrestaurierung. Er      Universität haben eine Bestands-
stellung eine wirksame Klimaschutz-     fordert, trocken gelegte Moorböden        aufnahme aller Berliner Moore vor-
maßnahme darstellt.                     in großem Stil wieder zu vernässen,       genommen und für jedes Gebiet
Die wohl größten Kohlenstoffsenken      um die CO2-Quellen wieder in Senken       Entwicklungsziele      vorgeschlagen.
des Planeten sind die Moore. Welt-      zu verwandeln.                            Ihr betrübliches Ergebnis: Von einst
weit enthalten sie doppelt so viel                                                2.900 Hektar Moor, die zu Beginn des
Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde    Win-win-Situation                         20. Jahrhundert existierten, sind nur
zusammen, obwohl diese zehnmal          Eine Win-win-Situation, denn von          noch 740 Hektar übrig – und ein er-
mehr Fläche einnehmen. Leider be-       den großf lächig wiederhergestellten      heblicher Teil davon sitzt mehr oder
finden sich die Feuchtgebiete häufig    Feuchtgebieten würden auch viele          weniger auf dem Trockenen.
in katastrophalem Zustand.              Tierarten und seltene Pf lanzen pro-      Die größte zusammenhängende Flä-
In Deutschland ist nur noch ein Pro-    fitieren – und natürlich menschliche      che sind die Gosener Wiesen in Kö-
zent der ursprünglichen Moorf läche     Naturliebhaber. Da gesunde Moore          penick, weitere bedeutende Areale
wirklich intakt. Wo einst Torfmoos      wie gewaltige Filter wirken, sänke zu-    haben sich im Tegeler Fließtal, im
wuchs und Nebel waberten, bestel-       dem die Nitratbelastung des Grund-        Grunewald und im NSG Bogensee-
len heute Landwirte den Boden.          wassers.                                  kette erhalten. Allein in den Gosener
Mit der Entwässerung geht nicht         Vielerorts haben Naturschützer*innen      Wiesen sind 150.000 Tonnen Koh-
etwa nur die CO2-Speicherfähigkeit      bereits Projekte zur Moorrenaturie-       lenstoff gespeichert, davon drohen
des Moors verloren – im Gegenteil:      rung in Angriff genommen. So enga-        wegen der teilweisen Entwässerung
Im trocken gefallenen Moorboden         giert sich die NABU-Stiftung Nationa-     24.000 Tonnen freigesetzt zu werden.

NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
SCHWERPUNKT | 9

Gegenmaßnahmen wären also drin-         wiederholt unter die kritische Marke
gend angezeigt. Der Managementplan      gesunken. Auch künftig sollen ledig-
des Senats für Moore in FFH-Gebieten    lich übers Jahr gerechnete Förder-
liegt noch immer nicht vor. "Moorre-    mengen verbindlich vorgeschrieben           Klimanotlage: Gute
naturierung auf größeren Flächen ist    werden. Damit verstößt Berlin ge-
in einer dicht besiedelten Region wie   gen die FFH-Richtlinie der EU, nach
Berlin schwierig", gibt Justus Meiß-    der sich der Erhaltungszustand ge-
ner von der Stiftung Naturschutz        schützter Lebensräume und Arten
Berlin zu bedenken, die derzeit nach    nicht verschlechtern darf.
einem neuen Projektgebiet sucht.        Außerhalb der Berliner Landesgren-
In der Praxis wirft die Moor-Repara-    zen sind es vor allem die Interessen
tur allerlei Probleme auf: Flächen      der Landwirtschaft, die eine Moor-
befinden sich in Streubesitz, so dass   wiedervernässung in größerem Aus-
sich die Eigentümer schwer ermitteln    maß blockieren. Immerhin sieben
lassen; Pferdehalter wollen ihre Wei-   Prozent der deutschen Agrarf läche
den nicht überschwemmt sehen; Bür-      sind entwässerte Moore – die aber
ger protestieren gegen die Rodung       verursachen mehr als ein Drittel der
von Bäumen.                             CO2-Emissionen aus dem gesamten
Tatsächlich kann die Renaturierung      Sektor Landwirtschaft.
zunächst bra-                                                 Ein      Ausweg
chial anmuten.                                                aus dem Di-
Häufig müssen
Bäume entfernt
werden, da ihre
                                                              lemma könnte
                                                              die so genann-
                                                              te Paludikultur
                                                                                    S   eit Ende 2019, noch lange bevor wir
                                                                                        ahnten, dass die Covid-19-Pandemie
                                                                                    unser Leben einmal auf links krempeln
durstigen Wur-                                                sein, die Land-       würde, hat der Berliner Senat die Klima-
zeln den Boden                                                wirtschaft auf        notlage ausgerufen. Alle Beschlüsse des
austrocknen.                                                  nassem Grund.         Senats werden seitdem einem Klima-Check
In der Östli-                                                 Mögliche       Er-    unterzogen, das Energiewendegesetz soll
chen Krummen                                                  zeugnisse sind        novelliert und das Berliner Energie- und
Laake wurden                                                  nachhaltig an-        Klimaschutzprogramm um weitere Maß-
die Stubben so-                                               gebautes Torf-        nahmen angereichert werden.
gar mit einem                                                 moos für die          Das klingt gut, aber bindende Wirkung
Bagger heraus-                                                Gemüsekul-            hat die Klimanotlage nicht. Wie bisher fin-
gezogen, weil                                                 tur, Schilf und       det Klimaschutz nur dann statt, wenn er
sie die natür-                                                Rohrkolben            in die politische Agenda passt. Immerhin
liche Entwick-                                                für Dämmplat-         muss sich rechtfertigen, wer Klimaschutz
lung des Moors                                                ten und Bio-          nicht ernst nimmt. Wenn wir die Erderhit-
behinderten.                                                  masse, Erle als       zung auf 1,5 Grad begrenzen wollen, wer-
In der Kleinen                                                Holzlieferant.        den wir mehr als bisher alle Entscheidun-
Pelzlaake wie-                                                Derart genutzte       gen, die wir treffen, hinterfragen müssen.
derum war es nötig, einen artenar-      Moore sind für Artenschützer zwar           Den nötigen Mentalitätswandel hat die
men Bestand aus Pfeifengrashorsten      weniger attraktiv als nährstoffarme         Klimanotlage hoffentlich angestoßen.
abzuplaggen. Das Ergebnis solcher       Hochmoore mit ihrer einzigartigen           Natürlich kann man die Klimanotlage
Eingriffe sieht zunächst nicht hübsch   Flora und Fauna, allemal jedoch             als Symbolpolitik ohne konkrete Wirkung
aus, doch schnell erobern Torfmoos,     wertvollere Habitate als intensiv be-       verspotten. Aber ist nicht die stetige Erin-
Wollgras und Sonnentau die entblöß-     wirtschaftete Äcker und Wiesen.             nerung daran, dass die Klimakrise nicht
ten Flächen zurück.                     Um die Klimaziele von Paris einzu-          wartet, genau das, was wir jetzt brau-
Die momentan größten Feinde der         halten, rechnet Joosten vor, müssten        chen? Während aktuell die Hauptstadt
Berliner Moore sind die Trockenheit     bis 2050 weltweit 500.000 Quadrat-          nahezu still steht, werden Maßnahmen
der letzten Jahre und der Durst der     kilometer Moor wieder vernässt wer-         diskutiert, wie nach dem Lockdown das
Großstadt. Noch immer entnehmen         den. Deutschland kommt dabei eine           Leben und die Wirtschaft wieder Fahrt
die Wasserwerke stellenweise mehr       Schlüsselrolle zu: Nach Indonesien          aufnehmen. Das ist gut und richtig. Aber
Grundwasser, als es den verbliebenen    hat kein Staat mehr Moore entwäs-           nachhaltig können nur Maßnahmen sein,
Mooren gut tut. Paradoxe Folge: Statt   sert als die EU – und innerhalb der         die nicht nur die Folgen der Corona-Kri-
dass trocken gelegte Flächen wieder     EU ist Deutschland Moorsünder Nr. 1.        se lindern, sondern auch die Klimakrise
vernässt werden, drohen die verblie-    Ausgerechnet Indonesien geht nun            adressieren. Ein aktuelles gutes Beispiel
benen Moore weiter auszutrocknen.       mit gutem Beispiel voran: Nach den          auf Bezirksebene sind die Pop-Up-Radwe-
Zwar gelten in den FFH-Gebieten         verheerenden Torfbränden der Ver-           ge. Wenn die Klimanotlage hilft, künftig
Mindestwasserstände, die nicht un-      gangenheit hat das Land seit 2017 be-       noch mehr solche Entscheidungen zu tref-
terschritten werden sollten, dennoch    achtliche 800.000 Hektar Moor wie-          fen, dann sollten wir froh sein, dass wir
ist der Pegel in den letzten Sommern    der vernässt.             Alexandra Rigos   sie haben!

                                                                                                             NATUR IN BERLIN 2/20
Natur in Berlin Naturerlebnis und Naturschutz in Berlin, Ausgabe 2/2020 - Exkursionsprogramm von Juni bis September 2020
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Naturschutz in der Zwickmühle

E
       norme 239 Meter Rotorhöhe           im Wald nur ausnahmsweise gebaut          zehn Prozent der Landesf läche Mais-
       wird Berlins sechstes Windrad       werden darf. Doch nun werden massiv       äcker in Grünland umwandeln.
       messen, das derzeit im Norden       Flächen gerodet und der Lebensraum        Erfolgreich hat uns die Windkraftlobby
Pankows montiert wird – ausgerechnet       Wald drastisch beeinträchtigt.            den Ausbau der Windenergie als alter-
in der Nachbarschaft von Flächen, die      Die Windkraftvertreter fordern, dass      nativlos verkauft. Selbst viele Umwelt-
als Ausgleich für Eingriffe in die Na-     die Gefährdung von Individuen ge-         schützer und grüne Politiker sind über-
tur vorgesehen waren. Dagegen ist der      schützter Arten bei Genehmigungen         zeugt, dass der Bau von WEA immer
147 Meter hohe Funkturm ein Zwerg.         kein Ablehnungsgrund mehr sein darf.      und überall im öffentlichen Interesse
Das Riesenrad am ländlichen Stadtrand      Es soll genügen, wenn die Population      liegt. Aber wenn man – neben zahllosen
liefert ein abschreckendes Beispiel für    der Art erhalten bleibt. Das wäre de      anderen Vögeln und Fledermäusen –
die Industrialisierung der Landschaft      facto eine Abschaffung des Tötungsver-    den Rotmilan als Art nicht opfern will,
durch die Windkraft.                       botes nach §44 BNatschG, das einer der    dessen Gesamtbestand zur Hälfte in
Wer etwa durch Brandenburg fährt,          großen Erfolge des Artenschutzes war.     Deutschland lebt, muss man sich wohl
kann die Anti-Windkraft-Plakate in vie-    Bei den besonders durch WEA gefähr-       oder übel eingestehen, dass der Ausbau
len Dörfern kaum übersehen. Wo neue        deten Greifvögeln ergibt der Begriff      der Windkraft Grenzen hat.
Windenergieanlagen (WEA) errichtet         „Population“ zudem wenig Sinn, da
werden sollen, kommt es regelmäßig         er auf einer Kontinentalmasse kaum        Ausbau stößt an Grenzen
zu Protesten, oft zu Prozessen. Weil       definierbar ist. Welche Population        Dass sich Deutschlands Gerichte mit so
Anwohner dabei häufig auch Arten-          soll gemeint sein: Die in Mitteleuropa,   vielen Windkraft-Prozessen befassen,
schutzargumente anführen, entsteht         in Deutschland, im Stadtgebiet von        liegt nicht zuletzt daran, dass praktisch
in der Öffentlichkeit der Eindruck eines   Schwedt? Jede Abgrenzung wäre will-       alle wenig problematischen Standorte
Konf likts zwischen Natur- und Klima-      kürlich. Der Nachweis, dass ein Wind-     bereits für Windkraft genutzt werden.
schützern. Tatsächlich wird das Thema      rad die ganze mitteleuropäische Popu-     Es ist daher Zeit, das Dogma „wer gegen
zwischen den Umweltverbänden und           lation des Rotmilans gefährdet, ließe     den Bau von WEA ist, fördert die Klima-
auch im NABU kontrovers diskutiert.        sich schlicht nicht erbringen. Den „Po-   krise“ zu hinterfragen.
                                           pulationsschutz“ zum alleinigen Krite-    Klimaschutz bedeutet schließlich nicht,
Die Mär vom naiven Artenschützer           rium zu machen, könnte daher einem        möglichst viele WEA zu bauen, sondern
Allerdings entspricht die Mär von den      Freibrief für WEA gleichkommen.           möglichst viel CO2 zu vermeiden. Der
weltfremden Artenschützern als Wind-       Trotzdem wird auch im NABU bereits        Beitrag der Windkraft zum Klimaschutz
kraftverhinderern nicht der Fakten-        über „populationswirksame Maßnah-         ist wichtig, kann aber nicht unbegrenzt
lage: In Brandenburg etwa klagt der        men“ als Ausgleich für den Bau von        sein, sonst nehmen die Schäden für Na-
NABU aktuell nur gegen zwei Projekte.      Windrädern diskutiert. Bei konse-         tur und Artenvielfalt überhand.
In den letzten Jahren ist als zusätzlich   quenter Anwendung könnte das aller-       Andere Optionen, CO2 zu vermeiden,
verschärfendes Problem die Freigabe        dings sehr teuer für die Windbranche      sei es durch Energiesparen, weniger
der Wälder für den Bau von WEA zu          werden: Um etwa die Population des        Fleischkonsum oder Moorrenaturie-
verzeichnen. Jahrzehntelang herrsch-       Rotmilans in Brandenburg wirksam zu       rung, sind hingegen noch lange nicht
te in Deutschland der Konsens, dass        fördern, müsste man schon auf fünf bis    ausgereizt.                 Rainer Altenkamp

NATUR
NATUR IN
      IN BERLIN
         BERLIN 2/20
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Asiatische Hornisse
Gefahr für Honigbienen
Nachdem Vespa velutina 2004 erstmals in Frankreich gesichtet
                                                                    Lindenwanze
wurde, hat sie sich in den westlichen Nachbarländern ausge-
breitet und lässt sich auch in Deutschland vermehrt blicken.        Schwarz-rotes Gewimmel
In Hamburg wurde kürzlich sogar ein Nest entdeckt. Damit            Noch vor kurzem war Oxycare-
ist klar, dass sich die Hautflügler auch im kühleren Norden         nus lavaterae kaum einem Berliner ein Begriff, doch
etablieren werden. Für Menschen sind sie keine Bedrohung,           im milden Winter 2019/20 trat die im Mittelmeeraum
da sie hoch in Bäumen nisten und Süßspeisen verschmähen.            heimische Lindenwanze mancherorts in Massen auf.
Sie ernähren sich vor allem von Honigbienen, was sie bei Im-        Wie die verwandte Feuerwanze überwintert sie dicht
kern unbeliebt macht. Deshalb stehen sie auf der EU-Liste in-       gedrängt in den Ritzen alter Baumstämme, meist Win-
vasiver Arten, der Fund von Nestern ist meldepflichtig.             terlinden. Bei schönem Wetter sitzen sie dann oft zu
                                                                    Tausenden auf der Rinde. Über sonnige Hauswände
                                                                    können sie schon einmal in Wohnräume gelangen,
                                                                    sind jedoch für Menschen vollkommen harmlos.

The winner takes it all ...

                                                                                                Esskastanienbohrer
                                                                                                Mini-Elefant auf Expansionskurs
                                                                                                Curculio elephas trägt seinen Na-
                                                                                                men zu Recht, verleiht ihm
                                                                                                doch der bis zu einem Zenti-
Grashummel                                            Große Moosjungfer                         meter lange Rüssel ein elefan-
                                                                                                tenähnliches Aussehen. Der
Fataler Pelzmantel                                    Mag frische Sommer
                                                                                                aus Südeuropa stammende
Die Grashummel (Bombus                                Als Bewohnerin kühler, feuchter           Rüsselkäfer legt seine Eier in
ruderarius) ist nur eine von                          Moore zählt Leucorrhinia pectoralis       Esskastanien und Eicheln. Da-
vielen Vertretern ihrer Gattung, denen das wär-       zu den Opfern des Klimawandels.           mit macht er einheimischen
mere Klima zum Verhängnis werden könnte. Mit          Bereits heute kommt sie in Süd-           Eichelbohrern Konkurrenz, die
ihrem kräftigen, bepelzten Körper sind Hummeln        deutschland nur noch in Mittelgebir-      – vermutlich, aber nicht erwie-
gut an kühles Wetter angepasst und kommen da-         gen vor. In einem immer heißeren          senermaßen seinetwegen – auf
her hauptsächlich in gemäßigten und kalten Re-        Klima wird ihr ohnehin bedrohter          dem Rückzug sind.
gionen vor. Eine Studie ergab kürzlich, dass die      Lebensraum weiter schwinden.
Wahrscheinlichkeit, dass eine Gegend in Europa
von Hummeln besiedelt ist, in den letzten 40 Jah-
ren um 17 Prozent gesunken ist. Offenbar sind                   Große Holzbiene
die wichtigen Bestäuber nicht so gut wie andere
                                                                Blauschwarzer Brummer
Insekten in der Lage, ihren Lebensraum in kühle-
re Regionen zu verlagern. Die Klimaerwärmung                    Während manch sechsbeiniger Neuzu-
verstärkt somit den Druck auf Hummelpopula-                     gang misstrauisch beäugt wird, dürf-
tionen, die wegen der intensiven Landwirtschaft                 ten Insektenfans die Xylocopa violacea
ohnehin dezimiert sind. Grashummeln, die sich                   uneingeschränkt willkommen heißen. Die einst seltene, auf-
vorwiegend von Wildkräutern ernähren, gelten                    fallend große und schillernde Biene ist inzwischen in Berlin
als besonders gefährdet.                                        häufig zu sehen und früh im Jahr unterwegs. Sie nistet in
                                                                morschen Stämmen, manchmal auch in Kaminholzstapeln.

                                                                                                               NATUR IN BERLIN 2/20
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                                                                                                                                      Foto: Jens Beyer
E
       igentum verpf lichtet. Sein Ge-      lins ein solches „Ökotop“ geschaffen      über 10.000 Bilder und versuchten, die
       brauch soll zugleich dem Wohle       hat. Bei ihm wohnen Blattschneider-       Wildbienen anhand der Fotos zumindest
       der Allgemeinheit dienen“ heißt      bienen im Blumenkasten, und sogar         bis auf Gattungsebene zu bestimmen.
es unter § 14 (2) im Grundgesetz. Übli-     der Segelfalter (Iphiclides podalirius)   Übers Jahr hat das Familienprojekt so
cherweise wird unter „Allgemeinheit“        kam schon zur Eiablage vorbei.            eine teilweise überraschende Sammlung
die menschliche Gesellschaft verstan-       Einen etwas anderen Weg beschritt         bienenfreundlicher Pf lanzen zusammen-
den – nicht aber unsere tierischen Mit-     Familie Komischke, die in ihrem           getragen und die Ergebnisse digital auf-
bewohner, obwohl sie unverzichtbar          rund 750 Quadratmeter großen Gar-         bereitet (www.susanna-komischke.de/bienen).
für unser Wohlergehen sind. Gerade In-      ten in Spandau rund 600 Pf lanzenar-      Den Spitzenplatz nahm eine eher aus der
sekten bilden – als Bestäuber oder Fut-     ten angesiedelt hat. Um zu ermitteln,     Küche vertraute Pf lanze ein: Die wilde
ter für andere Tiere – die Basis unserer    welche Pf lanzen besonders attraktiv      Rauke oder der Rucola (Diplotaxis tenuifolia)
Nahrungskette. Doch wer Lebensmittel        für die Bienen in ihrer Gegend sind,      wurde wie auch der Natternkopf (Echium
vornehmlich aus dem Supermarkt be-          wurde empirisch dokumentiert und          vulgare) von 17 respektive zwölf Bienenar-
zieht, sieht in den Helfern zunehmend       ausgewertet.                              ten besucht.
„eklige“ Schädlinge. Vorgärten voller                                                 Beide Pf lanzen sind nicht nur Dauerblü-
Granitbruch, in denen ein einzelner         Studie im Spandauer Garten                her, sondern zudem besonders anspruchs-
Olivenbaum im Topf sein Dasein fristet,     Ein Jahr lang legten sich die Komisch-    los in Bezug auf Standort und Pf lege.
sind das deprimierende Resultat dieser      kes im Garten wöchentlich auf die         Trockenheit – wie in Balkonkästen eher
Einstellung.                                Lauer: Mit verschiedenen Kameras          die Regel – macht diesen Rekordblühern
Im Sinne des Allgemeinwohls sollte          fotografierten sie alle blühenden         nicht viel aus. Interessant ist der Nattern-
jeder bei der Gestaltung von Gärten,        Pf lanzen und ihre Besucher, die sich     kopf auch, weil er seine eigene Biene hat:
Terrassen und Balkonen den tierischen       innerhalb einer Stunde einstellten.       Die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adun-
Mikro- und Makrokosmos berücksich-          Mit fünf bis acht Kameras gleichzei-      ca) verproviantiert ihre Brutnester nur mit
tigen. „Nur eine angefressene Pf lanze      tig dokumentierten sie die Insekten       dem Pollen dieser zweijährigen Pf lanze.
ist eine gute Pf lanze!“, sagt der Berli-   und bewerteten die Pf lanzen nach         Futterpf lanzen für solche "oligolekti-
ner Biologie Christoph Bayer, der mit       Blühdauer und Anzahl unterschied-         schen" Bienen sind besonders wichtig –
seinem rund 300 Quadratmeter großen         licher Bienenarten. Zwischen Mitte        ohne sie können diese Arten nicht exis-
„Biodiversitätsgarten“ im Norden Ber-       März und Mitte Oktober machten sie        tieren. Daher sollten etwa Zaunrüben

NATUR IN BERLIN 2/20
SPEKTRUM | 13

(Bryonia spec., davon die männliche
Pf lanze), Frühlings-Platterbse (Lathyrus
vernus), Wiesen-Margeriten (Leucanthe-
mum vulgare), Resede (Reseda spec.) und
Glockenblumen (Campanula spec.) Platz
im Garten finden.

Beliebte Küchenkräuter
Mit Oregano hat Familie Komischke
ein weiteres Küchenkraut als Wildbie-
nenbuffet identifiziert. Ohnehin macht
man mit Kräutern nichts falsch: Rosma-
rin, Oregano, Ysop, Thymian, Lavendel
und – für feuchtere Böden – Pfeffer-
minze und Basilikum locken zahlreiche
Bienen, Schwebf liegen und Schmetter-
linge an.
Bei den Gehölzen in der Bestenliste von
Familie Komischke fallen zwei eher
exotische Pf lanzen auf: Der „Sieben-
Söhne-des-Himmels-Strauch“ (Heptaco-        von Baumärkten zieren. Vor diesem          Bienen legen. Insbesondere Schwebf lie-
dium miconioides) und das früh blühen-      Hintergrund ist das Beobachten mit         gen, Falter und Käfer können und soll-
de Wintergeißblatt (Lonicera purpusii).     der Kamera, wie es Familie Komischke       ten mit in die Bewertung einf ließen,
Sie zeigen, dass auch nicht-heimische       praktiziert hat, ein guter und einfach     um das Bild eines vielfältigen und dem
Pf lanzen für unsere Bienen wertvoll        durchzuführender Ansatz, den man           Allgemeinwohl dienlichen Gartens zu
sein können – gerade in Zeiten des Kli-     auch als Laie ausprobieren kann. So las-   vervollständigen.
mawandels interessant. Leider trifft        sen sich regional geeignete Garten- und                                   Melanie von Orlow
das jedoch nur für einen Teil dieser        Balkonbepf lanzungen ermitteln. Dabei      Mehr über den insektenfreundlichen Garten unter
Exoten zu, die häufig die Auslagen          sollte man den Fokus nicht „nur“ auf       www.hymenopterendienst.de.

                                                                                                                                          Anzeige

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Flughafensee unter Druck

                                                                                      „Der Park wird so groß sein wie 200
                                                                                      Fußballfelder und lädt die Berlinerin-
                                                                                      nen und Berliner dazu ein, die Natur
                                                                                      zu genießen und sich zu entspannen",
                                                                                      heißt es auf der Webseite der Senats-
                                                                                      verwaltung für Stadtentwicklung und
                                                                                      Wohnen.
                                                                                      Mit dem Naturgenuss ist es allerdings
                                                                                      so eine Sache: Genussmittel haben
                                                                                      die Eigenschaft, durch ihren Konsum
                                                                                      verbraucht zu werden. So steht zu be-
                                                                                      fürchten, dass eine uneingeschränkte
                                                                                      Erholungsnutzung das Gelände rund
                                                                                      um den Flughafensee als Rückzugsort
                                                                                      für im Stadtgebiet selten gewordene
                                                                                      Tier- und Pf lanzenarten stark beein-
                                                                                      trächtigen wird.

                                                                                      Eisvögel und Zwergdommeln
                                                                                      Der ungestörte Lebensraum, in dem
                                                                                      Arten wie Zwergdommel und Eisvogel,
                                                                                      Sandlaufkäfer, Heidenelke und Stroh-
                                                                                      blume zu Hause sind, würde wieder zu
                                                                                      einer artenarmen Ruderalf läche wie
                                                                                      in Zeiten des Kiesabbaus, aufgewertet

D
        ie Fertigstellung des BER steht    eine Badestelle von den sensiblen Berei-   allenfalls durch ein paar angepf lanzte
        bevor – und damit die Schlie-      chen des Sees. Seit 1983 betreut die AG    Ziergehölze. Dabei stehen genügend
        ßung des Flughafens Tegel.         Flughafensee des NABU Berlin im Auf-       Flächen auf dem riesigen Flughafenge-
Nach den jahrelangen Verzögerungen         trag der Stadt dieses Schutzgebiet.        lände zur Verfügung, die das berechtig-
in Schönefeld wird plötzlich die Frage     Im Zuge der Entwicklung der Flugha-        te Erholungsbedürfnis der Anwohner
der Nachnutzung von Tegel aktuell. Da-     fenf läche zu einem neuen Wohn- und        *innen decken könnten.
mit rückt eine kleine Perle der Berliner   Gewerbestandort drängt sich die Frage      „Der zu erwartende erhöhte Nutzungs-
Stadtnatur in den Fokus unterschied-       auf, welche Rolle der Flughafensee in      druck erfordert intelligente Lösungen,
lichster Interessen: der Flughafensee      diesen Plänen spielt. Wird das bislang     um Naherholung und Naturschutz
mit seinem Vogelschutzgebiet.              größtenteils funktionierende Nebenei-      auch künftig in Einklang zu bringen",
Dieses Gewässer entstand in einer ehe-     nander von Naturschutz und Badespaß        schreibt die Senatsverwaltung für
maligen Kiesgrube, die von 1953 bis        beibehalten, oder soll er intensiver als   Stadtentwicklung weiter.
1978 ausgebaggert wurde. Nach dem          Naherholungsgebiet genutzt werden?         Voraussetzung dafür ist aus Sicht des
Ende der Abbauarbeiten füllten sich die                                               NABU Berlin die Ausweisung des Vogel-
Senken mit Grundwasser, und es entwi-      Große Wohnquartiere entstehen              reservats Flughafensee als Naturschutz-
ckelten sich zum Teil dichte Röhricht-     Rund um den Kurt-Schumacher-Platz          gebiet (NSG). Diesen Schritt fordert der
und Schilfbestände sowie eine Vielfalt     im Osten des Flughafengeländes, an der     NABU Berlin seit langem. Er wurde
weiterer kleinräumiger Biotope wie Tro-    Cité Pasteur im Süden sowie im Nord-       auch schon politisch diskutiert, ist aber
ckenrasen, Heiden und Eichenwälder.        osten des Areals sind große Wohnquar-      aus den aktuellen Planungen des Senats
1982 besetzten Naturschützer*innen         tiere geplant, während in den und um       wieder verschwunden.
den noch jungen See und die Biotope        die Flughafengebäude herum Gewerbe-        Intelligente Lösungen, wie Menschen
ringsum in einer Aufsehen erregenden       f lächen und eine Hochschule entstehen     Natur hautnah erleben können, ohne
Aktion – mit Erfolg: Weite Teile des Ge-   sollen. Der Flughafensee wird in diesen    ihr zu schaden, gibt es übrigens zuhauf:
wässers samt Uferzone wurden als Vo-       Plänen als Naherholungsgebiet ausge-       Als Beispiel seien Aussichtsplattfor-
gelschutzgebiet ausgewiesen. Seitdem       wiesen und bisweilen schon schlicht als    men oder aufgeständerte Bohlenwege
trennen ein Zaun und eine Bojenkette       „Park“ bezeichnet.                         genannt.                     Ansgar Poloczek

NATUR IN BERLIN 2/20
NABU VOR ORT | 15

Naturnahe Ufer schützen
Die AG Rummelsburger Bucht

K
        ormorane sitzen auf den Pa-        men und führen regelmäßige Pf lege-        am Stralauer Ufer noch gibt, geschützt
        lisaden vor dem Schilfgürtel,      einsätze durch. Dabei geht es unter        bleiben.
        manchmal ist auch ein Graurei-     anderem um die Bekämpfung schnell          Sogar am trubeligen Nordwestufer exis-
her zu sehen. Aus dem Röhricht tönt        wachsender Neophyten. So entfernen         tiert noch ein kleiner naturnaher Ufer-
der Ruf einer Teichralle, am naturbe-      wir auf einem Stück Trockenrasen ge-       abschnitt, der jedoch bedauerlicher-
lassenen Ufer liegen Bäume, gefällt von    genüber dem 22-Stunden-Anleger beim        weise als Anleger für die Zubringer der
der ansässigen Biberfamilie.               „After Work Rupfing“ dominante Ru-         Hausboote und als wilde Toilette dient.
So idyllisch kann ein Spaziergang an       deralpf lanzen wie Luzerne, Ambrosia       Unsere AG hatte sich bemüht, den Be-
der Rummelsburger Bucht unter der          und Rainfarn, die den seltenen, konkur-    zirk zum Einzäunen dieses Kleinods
Woche sein. Am Wochenende herrscht         renzschwachen Trockenrasenpf lanzen        zu bewegen. Leider hat sich diese Ini-
jedoch Trubel. Erholungssuchende be-       Licht und Nährstoffe nehmen.               tiative mittlerweile erledigt, weil die
völkern die Wege und Wiesen, Radfah-       Gemeinsam mit Anwohner*innen aus           Senatsverwaltung hier im Februar dut-
rer klingeln, um sich Platz zu verschaf-   dem Kiez und auch auf den Hausbooten       zende Bäume fällen ließ. Wohl noch in
fen, Hunde ohne Leine spielen Fangen.      (Spree:publik) führen wir Müllsammel-      diesem Jahr soll entlang der Uferkante
Derweil rast ein Motorboot über den        aktionen durch, zählen mit den Kin-        eine temporäre Spundwand für die an-
See, die Wellen schwappen noch Minu-       dern Insekten auf dem Trockenrasen         stehende Seesanierung entstehen.
ten später über die schützenden Pali-      oder halten Infoveranstaltungen ab.
saden vor dem Röhricht. Das Nest der       Anfang des Jahres ging es zum Beispiel     Altlasten am Seegrund
Blässralle schaukelt vor sich hin.         um Wildbienen und die drei von der         Dass die Kommunikation zwischen der
                                           Wildtier-Stiftung angelegten neuen         Senatsverwaltung, den Bezirken und
Trampelpfade im Biotop                     Blühstreifen.                              unserer NABU-AG hier etwas zu wün-
Auf der Wiese vor dem Bootsanleger         In den letzten Jahren ist die Rummels-     schen übrig ließ, bedauern wir. Trotz-
sitzen junge Leute auf Picknickdecken.     burger Bucht in den Fokus der Me-          dem ist die Sanierung wichtig für einen
Trampelpfade bahnen sich in das Bio-       dien gerückt: Man liest vom größten        guten ökologischen Zustand des Ge-
top nebenan. Taschentücher liegen he-      Obdachlosencamp Berlins und immer          wässrs gemäß Wasserrahmenrichtlinie.
rum, obwohl direkt am Steg eine vom        mehr Hausbooten auf dem See. Vor al-       Denn am Grund der Rummelsburger
Bezirk Lichtenberg finanzierte Ökotoi-     lem die umstrittenen Bebauungspläne        Bucht liegen noch immer mit Schwer-
lette steht. Für ihre Aufstellung hatte    zwischen der Bucht und dem Bahnhof         metallen und Mineralölen belastete
sich die AG Rummelsburger Bucht ge-        Ostkreuz mit teuren Apartments und         Schlämme aus Zeiten der industriellen
meinsam mit Anwohner*innen einge-          der „Coral World“ machten Schlagzei-       Nutzung der Ufer, die von Motorbooten
setzt, um dem Missbrauch des Biotops       len. Diese Meldungen betreffen jedoch      und Ankern aufgewirbelt werden.
als wilde Toilette entgegenzuwirken.       vor allem das Nordwestufer. Über die       Die Seesanierung wird abschnittswei-
Einst Teil der Bezirksgruppe Friedrichs-   Natur und den Naturschutz an der           se vorangehen und die Bucht über die
hain-Kreuzberg, arbeitet unsere AG seit    Rummelsburger Bucht berichten die          nächsten Jahre begleiten, ebenso wie
Mitte 2019 eigenständig. Wir kartieren     Medien hingegen so gut wie nie.            die Bauvorhaben im Nordwesten. Der-
Vögel, Amphibien und Pf lanzen, ar-        Aber vielleicht ist das ganz gut so, da-   weil kümmern wir uns weiter um die
beiten bei der Pf lege und Entwicklung     mit die wertvollen naturnahen Uferbe-      naturnahen Ufer und versuchen, zwi-
der Gebiete eng mit den Bezirksämtern      reiche, die es vor allem am Lichtenber-    schen Mensch und Natur zu vermitteln.
Lichtenberg und Friedrichshain zusam-      ger Nordostufer und stellenweise auch                                 Susann Ullrich

                                                                                                            NATUR IN BERLIN 2/20
16 | MITBEWOHNER

Die Kreuzkröte
Berliner Mitbewohner

W
            er bei einem nächtlichen        sandige Fluss- und Bachauen. Bedingt      und damit streng geschützt. In der Ro-
            Spaziergang nach einem re-      durch den nahezu kompletten Verlust       ten Liste Berlins ist sie als „vom Aus-
            genreich-warmen Sommertag       ihrer Primärhabitate in Deutschland,      sterben bedroht“ eingestuft.
laut knarrende Chöre hört, die dem Zir-     insbesondere durch die Befestigung der    In der Hauptstadt existiert aktuell nur
pen der Maulwurfsgrille ähneln, der hat     Fließgewässer, kommt die Kreuzkröte       noch ein Vorkommen am ehemaligen
das heutzutage selten gewordene Ver-        heute vorwiegend in Sekundärlebens-       Rangierbahnhof Pankow-Heinersdorf.
gnügen, einem Rufkonzert der Kreuz-         raumen vor. Dabei handelt es sich um      Aufgrund eines Bauvorhabens, das ne-
kröte Epidalea calamita beizuwohnen.        extensiv genutztes, strukturreiches Of-   ben einem Wohnquartier einen Möbel-
Ihren Namen verdankt sie dem charak-        fenland mit temporären Tümpeln, etwa      markt mit 450 Parkplätzen vorsieht, ist
teristischen gelben Längsstrich auf ih-     Sand- und Kiesgruben, Bahn- und Bau-      diese Population akut bedroht.
rem Rücken (Kreuz), und sie ist bekannt     gelände oder suburbane Brachf lächen.     Der NABU Berlin fordert daher eine
für ihre für Amphibien untypische                                                     fünf Hektar große Reservatsf läche,
mäuseartige Fortbewegung.                   Durch Bauvorhaben bedroht                 um wenigstens einen Teil der Heiners-
Die Kaulquappen dieser Pionierart sind      Diese Sekundärhabitate sind jedoch        dorfer Population vor Ort zu erhalten.
konkurrenzschwach und prädations-           ebenfalls bedroht, da etwa Kiesgruben     Derzeit verschlechtern sich die Lebens-
anfällig. Dies gleicht sie aus, indem sie   zu intensiv genutzt oder rekultiviert     raumbedingungen zunehmend, so dass
keine permanenten Laichgewässer auf-        werden. Häufig wird auch die Nutzung      der Bestand bereits zurückgegangen ist.
sucht wie etwa die Erdkröte, sondern        aufgegeben, so dass die Flächen zu-       Auch darüber hinaus setzt sich der
vegetationslose, f lache Temporärgewäs-     wachsen.                                  NABU Berlin intensiv für die Erhaltung
ser bevorzugt, wo es kaum Prädatoren        Zudem können die Tiere neue Lebens-       dieser Kreuzkröten-Population ein. Im
gibt und die vielen anderen Amphibien       räume kaum mehr besiedeln, da durch       Rahmen eines von der Stiftung Natur-
nicht behagen. Ihre Fortpf lanzungszeit     die zunehmende Habitatfragmentie-         schutz Berlin geförderten Projekts hat
dauert von April bis August. Um die Ge-     rung zu große Entfernungen oder           er 2019 ein Monitoring durchgeführt
fahr des Austrocknens zu senken, ent-       unüberwindbare Barrieren zwischen         und mit seinem Projektpartner Amphi
wickeln sich die Larven schneller als bei   Kreuzkröten-Vorkommen liegen.             International eine Erhaltungszucht
allen anderen heimischen Amphibien.         Deshalb steht es schlecht um die Art.     etabliert, um den spezifischen Genpool
Der ursprüngliche Lebensraum der            Die Kreuzkröte ist im Anhang IV der       der letzten Berliner Kreuzkröten zu si-
Kreuzkröte umfasste in erster Linie         Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gelistet   chern.                    Mirjam Nadjafzadeh

NATUR IN BERLIN 2/20
VERANSTALTUNGSPROGRAMM | JUNI | JULI | AUGUST | 17

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entwickeln wird und welche Kontaktbeschrän

                                                                                                   Samstag, 25.07.2020, 10.00 Uhr
                                                  Exkursionen und Vorträge                         Feuchtwiesen um Lübars

                                                  Sonntag, 14.06.20, 09.00 Uhr
                                                  Vogelwelt des Lübarser Fließtals
weise nicht statt.

                                         sich
                                                                                                   Samstag, 08.08.20, 11.00 Uhr
                                                  Dauer: ca. 3 Std.                                Zählaktion zum Insektensommer
bis spätestens einen Tag vor dem Termin unter
                                                  Sonntag, 28.06.2020, 9.00 Uhr
                 anzumelden
                                                  Die
                                                  Botanikexkursion

regelungen einzuhalten.
                                                                                                   Sonntag, 13.09.20, 09.00 Uhr
                                                                                                   Neue Wildnis nach der Kohle – Wanderung
                                                                                                   durch das Naturparadies Grünhaus
AG Rummelsburger Bucht
                                                  Samstag, 27.06.2020, 10.00 Uhr
Mittwoch, 24.06.20, 18.30 Uhr
                                                  Um´s Moor im ehemaligen Großen Hermsdorfer See
Mittwoch, 08.07.20, 18.30 Uhr
Mittwoch, 22.07.20, 18.30 Uhr
Mittwoch, 05.08.20, 18.30 Uhr
Mittwoch, 19.08.20, 18.30 Uhr
Mittwoch, 02.09.20, 18.30 Uhr
Mittwoch, 16.09.20, 18.30 Uhr

Trockenrasen an der Rummelsburger Bucht
                                                    Termine in der Storchenschmiede Linum
                                                    Jeden Freitag vom 27.06. bis zum
                                                    08.08.2020, 12.00 Uhr
                                                    Ferienprogramm für Kinder von 6 bis 12 Jahre

Bezirksgruppe Mitte, Tiergarten, Wedding
Sonntag, 12.07.20, 14.00 Uhr                        chenschmiede.
Sonntag, 09.08.20, 14.00 Uhr
Sonntag, 13.09.20, 14.00 Uhr
Arbeitseinsatz auf der Düne Wedding
                                                    Sonntag 21.06.2020, 9.00 Uhr
                                                    Samstag 04.07.2020, 18.00 Uhr
                                                    Sonntag 05.07.2020, 9.00 Uhr
                                                    Sonntag 12.07.2020, 13.00 Uhr
                                                    Vogelkundliche Wanderung durch das Stor-
                                                    chendorf und die Linumer Teiche
                                                                                                   Sonntag 09.08.2020, 13.00 Uhr
Jeden 2. Sonntag von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr                                                       Sonntag 22.08.2020, 16.00 Uhr
                                                                                                   Auf der Suche nach dem Eisvogel

                                                    Sonntag 26.07.2020, 13.00 Uhr
                                                    Samstag 01.08.2020, 13.00 Uhr
                                                    Verabschiedung der Linumer Störche
Bezirksgruppe Reinickendorf
                                                    versuche und werden in den nächsten Wochen
                                                    in ihre Überwinterungsgebiete abziehen. Wir

                                                                                                   Weitere Exkursionstermine werden auf www.
                                                                                                   storchenschmiede.de bekanntgegeben oder
                                                                                                   können auf Anfrage individuell vereinbart
                                 bitte einsehen                                                    werden.
                                                                                                   dung.
        /reinickendorf

                                                                                                                             NATUR IN BERLIN 2/20
18 | RÄTSEL

Kreuzworträtsel
                                                 1. Was sollte man trotz Glätte im Winter lieber

                                                 2. Welcher Vogel baut kunstvolle, halbkugelige,   12. Tierischer Mitbewohner unter Berliner

praktischen Tipps und interessanten

                       berlin.nabu.de auch

                                                 7. Welchen Ökosystem speichert am meisten CO2

                                                 ihren Wurzeln                                     22. Wie heißt die zweitkleinste heimische

verlosen wir drei unserer

                                                                                                                                        5

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