NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU

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NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
NATURSCHUTZ
Nordrhein-Westfalen

                      in NRW  1/2019

NATUR ERLEBEN         TROCKEN UND HEISS   ARTPORTRÄT
Tierspuren            Der Sommer in NRW   Der Feldhamster
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Inhalt
                                                                                   Editorial

                                                                                                                              B. Schaller
                          2          Editorial
                                                                                   Liebe Leserinnen
                          3          Nachrichten aus NRW                           und Leser,
                          4–7        Natur erleben
                                                                                   auch wenn viele von uns am endlosen        dungen entweder an Kommissionen
                          	Tierspuren lesen und                                   Sommer des vergangenen Jahres ihre         delegiert und damit auf die lange Bank
                                     verstehen                                     Freude gehabt haben dürften – wer          geschoben, oder die zugrunde liegenden
                                                                                   angesichts der anhaltenden Hitze und       Probleme werden aus Rücksicht auf eine
                          8–9        Spendenaufruf                                 Trockenheit immer noch glaubt, der         starke Industrielobby einfach ignoriert.
                                     Wildnis kehrt zurück                        menschengemachte Klimawandel sei           Der Fortschritt ist eine Schnecke.
                                                                                   eine Erfindung vom Hysterikern und
                          10–11 	Thema                                            Forschungsgeldern hinterherjagenden        Das gilt leider auch für NRW. Bis heute
                          	Der Klimawandel in NRW                                 Wissenschaftlern, dem ist wohl nicht       vermissen wir schlüssige Konzepte zur
                          	Amphibien im trockenen                                 mehr zu helfen. Klimaschutz ist ein        klimafreundlichen Transformation des
                            Sommer 2018                                            Thema, das uns alle betrifft – auch und    Energiesektors oder zum umwelt- und
                                                                                   vor allem im alten Kohleland Nord-         menschenfreundlichen Umbau unseres
                          12–15 NABU vor Ort                                       rhein-Westfalen (mehr dazu auf den         Verkehrssystems. Ministerpräsident La-
                          	Europäische Politik und Natur-                         Seiten 10 und 11).                         schet eint das Land nicht beim Klima-
                            schutz vor Ort                                                                                    schutz, er spaltet. Der NABU will das
                                                                                   Deshalb war unser Blick Anfang De-         klassische Industrieland NRW erhalten.
                          	Auszeichnungen im Kreis
                            Minden-Lübbecke
                                                                                   zember des vergangenen Jahres ins pol-     Es muss sich aber zukunftsfähig aufstel-
                                                                                   nische Kattowitz gerichtet, wo die Dele-   len, was keine leichte Aufgabe ist. Ent-
                          	Schwarzstorch legt Wind­
                                                                                   gierten der 24. Weltklimakonferenz ein     schlossen angepackt werden muss diese
                            energieanlage lahm
                                                                                   umfassendes Regelbuch zur Umsetzung        Aufgabe dennoch – dafür stehen auch
                          	Der Obstsortengarten in                                des Pariser Klimaabkommens von 2015        die mehr als 36.000 Menschen, die am
                            Wassenberg
                                                                                   verabschiedet haben. Die vielfach posi-    1. Dezember 2018 in Berlin und an der
                                                                                   tiven Bewertungen der Beschlüsse von       Deutzer Werft in Köln für einen schnel-
                          16–17 NATZ, die jungen Seiten                            Kattowitz kann der NABU leider nicht       len und sozialverträglichen Kohleaus-
                                                                                   teilen: Das vereinbarte Regelwerk ist      stieg und eine saubere Energiezukunft
                          18         Artporträt                                    lückenhaft und bestenfalls der kleinste    demonstriert haben.
                                     Der Feldhamster                               gemeinsame Nenner, so wird sich der
                                                                                   globale Temperaturanstieg nicht stop-      2019 stehen wichtige Weichenstellun-
                          19         Querbeet                                      pen lassen.                                gen an, unter anderem die Wahlen zum
                                                                                                                              EU-Parlament. Immer mehr Entschei-
                          20         Zu guter Letzt
                                                                                   Es fehlt der politische Wille, richti-     dungen, die uns alle betreffen, werden in
                                                                                   ge Einsichten auch konsequent um-          Europa gefällt. Der NABU kämpft dafür,
    IMPRESSUM:
    Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Nordrhein-             zusetzen. Deutschland ist dafür ein        dass diese Entscheidungen im Interesse
    Westfalen, ­Völklinger Straße 7-9, 40219 Düsseldorf, Tel. 0211 / 1­ 59251-0,   gutes Beispiel. Während die deutsche       von Mensch und Natur getroffen werden
    Fax 0211 / 159251-15
    Vorsitzender: Josef Tumbrinck; Geschäftsführer: Bernhard Kamp                  Delegation in Kattowitz als Mitglied       (mehr dazu auf der Seite 12). In diesem
    Redaktion: Bernd Pieper, Birgit Königs; Mail: b.koenigs@nabu-nrw.de            der „High Ambition Koalition“ den          Sinne wünsche ich Ihnen und uns –
    Redaktionsbeirat: Monika Hachtel, Bernhard Kamp, Heinz Kowalski,
    Stefan Wenzel                                                                  Verhandlungen wichtige Impulse ge-         leicht verspätet – ein gutes neues Jahr.
    V.i.S.d.P.: Birgit Königs, Katharina Glaum (NATZ – die jungen Seiten)
    Anzeigen: Anne Schönhofen, Tel. 0228-7667211,                                  geben hat, sieht es mit den Ambitio-
    Mail: media.agentur@nabu.de                                                    nen daheim eher dürftig aus. Die selbst    Ihr Josef Tumbrinck
    Layout, Satz: Demmedia GmbH, 46414 Rhede
    Druck: Dierichs Druck + Media GmbH, Kassel; Auflage: 61.273 Ex.                gesetzten Klimaschutzziele bis 2020
    Titel: Hasenspur im Schnee, Foto: Naturfoto Frank Hecker                       werden verfehlt, verantwortlich dafür
    Redaktionsschluss für Ausgabe 2/19: 15.3.2019
    Gedruckt auf 100% Recyclingpapier                                              sind insbesondere Kohle und Verkehr.
                                                                                   Hier werden notwendige Entschei-
2
      NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Nachrichten aus NRW
                                                                         WÖLFE IN NRW

                                                                         Mehr Sachlichkeit und besserer
                                                                         Herdenschutz
                                                                         Der NABU NRW hat die Aus-              NRW Umweltministerin Ursula
                                                                         weisung des zweiten nordrhein-         Heinen-Esser ein Forderungs-
                                                                         westfälischen Wolfsgebietes in         papier zur Verbesserung des
 K. Karkow

                                                                         der Senne begrüßt. Damit be-           Herdenschutzes überreicht. Ne-
                                                                         stehe die Chance, hier frühzei-        ben finanzieller Entschädigung
                                                 Intakter Buchenwald     tig präventive Maßnahmen zu            seien verbesserte rechtliche
NRW-WALDBAUKONZEPT                                                       fördern. Am Niederrhein ist das        Rahmenbedingungen für einen
                                                                         nach Ansicht des NABU NRW              effektiven Herdenschutz von
Falsche Weichenstellung
                                                                         zu spät erfolgt.                       essentieller Bedeutung, um die
Weitgehend unbeobachtet von          tausch einzelner Baumarten die      Da aufgrund der bundesweiten           Akzeptanz für den Rückkehrer
der Öffentlichkeit wird derzeit in   Anpassung an den Klimawandel        Populationsentwicklung      mit        Wolf in unsere Kulturlandschaft
NRW ein Waldbaukonzept erar-         und gleichzeitig die Versorgung     weiteren Tieren in NRW zu              zu steigern. Damit dies gelingen
beitet, das die Anpassung unse-      mit Rohholz zu gewährleisten.       rechnen ist, fordert der NABU          kann, müsse die Förderung von
rer Wälder an den Klimawandel        „Wer glaubt, dass man den Wald      von der Landesregierung die            Präventionsmaßnahmen auf alle
gewährleisten soll. Der NABU         für den Klimawandel vorberei-       Finanzierung einer flächende-          Weidetiere erweitert und lan-
NRW sieht in diesem Konzept          tet, indem man die Fichte durch     ckenden Prävention.                    desweit angeboten werden.
eine falsche Weichenstellung         andere Nadelhölzer aus Übersee      Bereits im Novem-
und hat das Land zur Revision        ersetzt, sucht eine zu einfache     ber 2018 haben der
aufgefordert: „Das Waldbau-          Lösung für ein vielschichtiges      Bundesverband
konzept für Nordrhein-Westfa-        Problem“, so Tumbrinck. Der         Berufsschäfer, der
len berücksichtigt einseitig die     Wald sei ein komplexes Ökosys-      S chafzuchtver-
Profitinteressen der Forstwirt-      tem, das sich in seiner Zusam-      band NRW, die
schaft, negiert damit weitere        mensetzung über mehrere hun-        Gesellschaft zum
Waldfunktionen und ig­    noriert    derttausend Jahre entwickelt        Schutz der Wöl-
sämtliche Erkenntnisse der Bio-      hat. Die so entstandenen Wald-      fe und der NABU
                                                                                             NABU/S. Hennigs

diversitätsforschung bezüglich       gesellschaften stockten jedoch
der Anpassungsfähigkeit eines        nur noch auf etwa 7,5 Prozent       Herdenschutz-
intakten Waldöko­systems“, sag-      der Waldfläche in NRW. Für den      hund bewacht
                                                                         Ziegen
te der NABU-Landesvorsitzen-         NABU ist die Stärkung dieser
de Josef Tumbrinck.                  naturnahen Waldgesellschaften
Die deutsche Forstwirtschaft         die beste Anpassung an den Kli-
verfolge derzeit in erster Linie     mawandel.                           KOKEREI HASSEL
die Strategie, durch den Aus-
                                                                         Artenschutz statt Abriss
                                                                         Das ehemalige Stellwerk auf der        das Gebäude kümmern.
                                                                         Kokerei Hassel in Gelsenkirchen        Angrenzend an den geplanten
                                                                         wird zu einem Artenschutzge-           überregionalen Radweg „Al-
                                                                         bäude umgestaltet. 20.000 Euro         lee des Wandels“ sollen künftig
                                                                         gibt die NRW-Stiftung, weite-          insbesondere die so genannten
                                                                         re Zuschüsse kommen von der            Kulturfolger aus Flora und Fauna
                                                                         RAG Montan Immobilien, um-             ein geeignetes Zuhause finden:
                                                                         gesetzt wird das Projekt durch         Dazu zählen Gebäudenutzer wie
                                                                         die Landschafts­agentur Plus und       Fledermäuse, Schwalben, Falken
                                                                         den NABU NRW. Im Rahmen                und Eulen ebenso wie Wildbie-
                                                                         der Planungen für den neuen            nen, Käfer oder Spinnen. Dafür
 B. Hegert/NRW-Stiftung

                                                                         Stadtteilpark auf dem rund 33          wird das Gebäude entkernt und
                                                                         Hektar großen Gelände verkauf-         die Fenster werden vermauert,
                                                                         te die RAG Montan Immobilien           um ein feucht-kühles Klima zu
                                                                         das schon zum Abriss vorgesehe-        schaffen. Es wird Luken, Nistkäs-
                                                                         ne Gebäude zum symbolischen            ten und Hängemöglichkeiten ge-
Sie freuen sich auf das künftige Artenschutzgebäude (v.l.n.r.:) Nicole   Preis von einem Euro an die Vo-        ben, der Boden erhält eine feuch-
Büsing (Landschaftsagentur Plus), Josef Tumbrinck (NABU NRW),            gelsang Stiftung. Die wird sich        te Sandschicht und Kalkmörtel
Dr. Ute Röder (NRW-Stiftung), Dr. Thomas Bernhard (Leiter Umwelt-
amt Gelsenkirchen), Markus Masuth (RAG Montan Immobilien), Ewald         künftig mit dem NABU NRW               an den Außenfassaden soll Wild-
Steinmann (Vors. Vogelsang Stiftung)                                     und der Stadt Gelsenkirchen um         bienen locken.               BKö
                                                                                                                                                   3
 Weitere ausführliche Nachrichten gibt es unter www.nrw.nabu.de                                                NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Natur erleben

                                                                                                                              Fotos: Frank Hecker
    Entenspuren an einem stillen Gewässer

    Verräterische Zeichen
    Tierspuren lesen und verstehen

    G
               eheimnisvolle Trittspuren im tie-   Spurensuche in der Natur. Aber zum einen
               fen Schnee gehören zu den schö-     werden solche Tage immer seltener – da ist
               nen Begleiterscheinungen einer      es gut, dass sich Fährten auch im Matsch, in
    ausgedehnten Winterwanderung. Sie regen        feuchter Erde oder im Sand finden lassen.
    unsere Phantasie an und zeigen, dass auch      Zum anderen sind Tierspuren nicht nur
    in der kalten Jahreszeit Leben im Wald         Fußabdrücke und Fährten. Auch darüber
    oder auf den verschneiten Wiesen herrscht.     hinaus gibt es viel zu entdecken.
    War hier ein Fuchs unterwegs, vielleicht
    auf der Suche nach einem Hasen, dessen         Fraßspuren, Gewölle und Nester
    Spur dort hinten verläuft? Sind dort Mäuse     Eine Tierspur kann etwas ganz anderes als
    unter der dichten Schneedecke herumge-         ein Trittsiegel sein. Eine Suhle im Wald
    flitzt, suchten Schutz vor einem Mäuse-        deutet darauf hin, dass hier regelmäßig
    bussard, der auf der Jagd ein paar Federn      Wildschweine vorbeischauen. Vor allem
    verloren hat?                                  in der kalten Jahreszeit, wenn Kräuter und
                                                   Gräser fehlen, lassen sich oft Fraßspuren
    Experten können anhand der Trittsiegel viel    in der Rinde von Bäumen beobachten – die
    über das Tier erfahren. War es ein Sohlen-     Höhe des Verbisses lässt Rückschlüsse auf
    gänger (wie der Dachs), ein Zehengänger        die Tierart zu, die sich hier bedient hat.
    (wie der Fuchs) oder ein Paarhufer (wie das    Oder hat sich ein Wildschwein die Schwar-
    Reh), in welcher Richtung und mit welcher      te geschubbert? Liegende Baumstämme mit
    Geschwindigkeit war es unterwegs? Win-         starken Nagespuren deuten darauf hin, dass
    tertage mit Neuschnee sind ideal für die       in der Nähe Biber leben.                       Trittsiegel eines Dachses
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      NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
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                                                                                                       die längst in den Süden gezogen sind. Die
                                                                                                       gut gepolsterten Nester der Amseln oder die
                                                                                                       der Singdrossel, die im Innenraum so robust
                                                                                                       gebaut sind, dass sie allen Stürmen trotzen
                                                                                                       können.
                                                                                                       Garten- oder Balkonbesitzer ärgern sich oft
                                                                                                       über Erde, die wie von Zauberhand rund
                                                                                                       um Töpfe oder Kübel verteilt wurde. Das
                                                                                                       dürften Eichhörnchen gewesen sein auf der
                                                                                                       Suche nach ihren im Sommer versteckten
                                                                                                       Vorräten. Leider ist die Suche nach den Ei-
                                                                                                       cheln oder Nüssen nicht immer erfolgreich,
Familie Rotfuchs vor ihrem Bau                                                                         auch Eichhörnchen haben anscheinend kein
                                                                                                       gusseisernes Gedächtnis. Wir sollten ihnen
Bauten und Nester sind ebenfalls verräte-            chung von Kot oder Gewölle kann wichtige          die kleinen Verwüstungen nachsehen – und
risch. Kein Tier kommt ohne ein solches              Aufschlüsse über die Tierart und die Zu-          uns darüber freuen, dass sie uns regelmäßig
„Zuhause“ aus, wo es schläft, sich vor Fein-         sammensetzung ihrer Nahrung geben. Im             besuchen.
den versteckt oder vor schlechtem Wetter             Fall der zur letzten Jahrtausendwende nach        Der Naturfotograf und Buchautor Frank
schützt, seine Jungen aufzieht und in man-           Deutschland eingewanderten Wölfe hat eine         Hecker hat mit „Tierspuren – lebensgroß“
chen Fällen sogar überwintert. Die Unter-            umfassende Studie der Senckenberg Ge-             ein Buch veröffentlicht, das als idealer
scheidung zwischen dem Heim von Vogel                sellschaft für Naturforschung Erkenntnisse        Helfer bei der Entschlüsselung der vielen
und Säugetier dürfte selbst Laien leicht fal-        geliefert, die – kurzfristig – zur Versachli-     Zeichen dienen kann, die uns in der Natur
len – aber wer von uns kann schon auf den            chung der Debatte um die Gefahren durch           begegnen. Naturschutz in NRW hat sich mit
ersten Blick erkennen, ob es sich um einen           Wölfe beigetragen hatten.                         Frank Hecker über die Spurensuche und an-
Fuchs- oder Dachsbau handelt und wel-                   Die Görlitzer Wissenschaftler haben im         dere Themen unterhalten.
che Vogelart hier ihr Nest gebaut                             Jahr 2012 in der Lausitz rund 3.000      Bernd Pieper
hat?                                                              Kotproben von Wölfen gesam-
Auch Tiere müssen unverdau-                                          melt und auf unverdaute Hin-
liche Nahrungsbestandteile                                            terlassenschaften, wie Haare,
ausscheiden – als Kot, die                                             Knochen, Hufe oder Zähne
sogenannte Losung, oder als                                            der Beutetiere untersucht.
ausgewürgte Speiballen, das                                            Zusammen mit den Resten
Gewölle. Letzteres wird vor                                           erlegter Beutetiere ergab sich
allem von Vogelarten ausge-                                         ein klares Bild: Wilde Huf-
stoßen, die Fell, Knochen oder                                    tiere stellten laut der Auswer-
den Chitinpanzer dicker Käfer        Trittsiegel eines Wolfes     tung mehr als 96 Prozent der
nicht bei sich behalten wollen. Da Illustration: Kai Elzner       Beutetiere. Dabei dominierten
Vögel im Gegensatz zu Säugetie-                                   Rehe (55,3 Prozent), gefolgt von
ren keine unterschiedlichen Ausgänge für             Rotwild (20, Prozent) und Wildschweinen
Kot und Urin haben, sondern mit der „Klo-            (17,7 Prozent). Einen eher geringen Anteil
ake“ nur einen, haftet auf Vogelkot oft ein          am Speiseplan hatten Hasen mit knapp 3
heller und zäher Überzug.                            Prozent. Der Anteil von Nutztieren auf dem
                                                     Speiseplan lag bei unter einem Prozent.
Speiseplan der Lausitzer Wölfe
Es ist sicher eher eine Beschäftigung für           Verlassene Nester
Spezialisten, aber die eingehende Untersu-          Nicht nur in der „freien Wildbahn“, auch
                                                    in Parks oder im heimischen Garten zei-
                                                    gen sich verräterische Zeugnisse tierischen
                                                    Treibens. Fraßspuren an Früchten, die wir
                                                    im Herbst auf dem Boden unter dem Baum
                                                    vergessen haben, verlassene Nester in der
                                                    Hecke. Später im Jahr, wenn Sträucher und
                                                    Bäume keine Blätter mehr tragen, zeigen
                                                    sich leere Vogelnester, die im Sommer gut
                                                    verborgen waren: Etwa die bodennah ange-
                                                    legten und kunstvoll aus Grashalmen zu-
Gewölle eines Waldkauzes                            sammengesteckten Nester von Grasmücken,            Wolf im Schnee
                                                                                                                                                     5
                                                                                                                        NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Natur erleben

    „Eine ganze Geschichte“
    Interview mit dem Naturfotografen und Buchautoren Frank Hecker
                                                                                                                                     Frank Hecker

    Naturschutz in NRW: Herr Hecker, was ist                                                        cke am Erdboden findet man kaum, dafür
    an Tierspuren faszinierend?                                                                     sind Igel einfach zu leicht. Erfolg hätte man
    Hecker: Tierspuren sind mehr als nur die                                                        vermutlich bei einer dünnen Pulverschnee-
    Trittsiegel, also Fußspuren eines Tieres, son-                                                  decke, bloß zu dieser Zeit halten Igel einen
    dern auch Losung, Fraß- und Kratzspuren,                                                        Winterschlaf. Gerade hier erweist es sich als
    Nester und Baue. Diese Hinterlassenschaf-                                                       nützlich, dass auch andere Spuren auf die
    ten verraten mir nicht nur, welche Tierarten                                                    Anwesenheit einer Tierart hindeuten. Die
    sich am Ort des Geschehens eingefunden                                                          Losung lässt sich einigermaßen gut finden
    haben. Oft erzählen sie auch, was die Tiere                                                     und sicher erkennen.
    dort gemacht haben. Das finde ich insbeson-
    dere bei scheueren Tierarten sehr faszinie-      Dem Luchs ist nicht leicht auf die Spur zu     Haben Sie „Lieblingsspuren“?
                                                     kommen.
    rend, die man nicht so ohne Weiteres zu                                                         Besonders faszinierend finde ich es, wenn
    Gesicht bekommt.                                                                                Tierspuren eine ganze Geschichte erzäh-
                                                     fassen. Aber gerade bei dieser Tiergruppe      len können. So
    Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Buch         begegnen wir in freier Wildbahn viel eher      hatte ich einmal
    gekommen?                                        den Tierspuren als den Tieren selbst. So       die Trittsiegel von
    Ursprünglich hatte ich die Idee, einen Na-       entstand die Idee, ein Buch über Tierspuren    Wildschweinen
    turführer „Heimische Säugetiere“ zu ver-         zu machen, in dem neben dem Beschreiben        in einem kleinen
                                                     der Spuren auch die jeweiligen Verursacher     Wäldchen gefun-
                                                     vorgestellt werden.                            den. Die unter-
    Tierspuren – lebensgroß                                                                         schiedliche Größe
    Wenn der Mensch die Natur betritt, gehen         Was ist das Besondere an diesem                der Spuren hat mir
    die Tiere meist in Deckung – aber ihre Spu-      Spurenbuch?                                    zunächst verraten,
    ren sind überall zu finden. Frank Heckers        Ganz neu ist, dass wir neben Fotos von         dass es mehrere     Hier hat sich ein Wild-
                                                                                                                        schwein „geschubbert“.
    Life-Size-Naturführer macht das Erkennen         Spuren in freier Natur nun auch lebensgro-     Tiere unterschied-
    und Zuordnen der verschiedenen Arten jetzt       ße Zeichnungen der einzelnen Trittsiegel       lichen Alters gewesen sind. Ich bin diesen
    noch einfacher. Jede Tierspur wird in ihrer      zeigen. Das ist zum Bestimmen natürlich        Spuren gefolgt und habe eine typische Suhle
    tatsächlichen Größe abgebildet. Daneben          enorm hilfreich. Denn in freier Natur findet   gefunden. In deren Nähe befand sich ein so
    sieht man jeweils den Spurenverlauf und an-      man wirklich selten einen richtig „per-        genannter Malbaum: Hier haben sich die
    dere Lebenszeichen wie Fraßspuren, Losun-        fekten“ Abdruck: Im nassen oder tauen-         Schweine nach dem Schlammbad geschub-
    gen oder Abriebe an Bäumen. Fotos zeigen         den Schnee verschwimmen die Konturen           bert. Auf dem Weg aus dem Wäldchen habe
    jedes Tier im Porträt und in seinem Lebens-      und auf härterem Boden drücken die Füße        ich dann noch vereinzelt Losung gefunden.
    raum. Ein praktischer Naturführer für alle,      oftmals nicht vollständig ab. Die Kombi-       Und die angrenzende Wiese war an mehre-
    die mehr über das geheime Leben unserer          nation aus lebensgroßen Zeichnungen und        ren Stellen „aufgebrochen“, das heißt, hier
    Wildtiere wissen möchten.                        Originalfotos nebeneinander machen das         haben die Wildschweine mit ihren kräfti-
    Frank Hecker ist Diplom-Biologe mit den          Bestimmen auch für Einsteiger ohne weite-      gen Schnauzen den Boden nach Fressbarem
    Schwerpunkten Zoologie, Botanik und Mee-         res möglich.                                   durchwühlt. All diese Spuren verraten mir
    resbiologie. Er hat sich als Naturfotograf                                                      den Tagesablauf einer Wildschweinrotte,
    einen Namen gemacht. Seit vielen Jahren          Bei welchen Tierarten war es beson-            ohne dass ich ein einziges Tier zu Gesicht
    veröffentlicht er Reportagen zu naturkund-       ders kompliziert, ihnen auf die Spur zu        bekommen hätte.
                             lichen Themen in        kommen?
                             namhaften Zeit-         Dies sind natürlich zuallererst mal die sel-   Welche Eigenschaften muss ein guter Na-
                             schriften und Zei-      tenen oder sehr scheuen Arten: Wildkat-        turfotograf haben?
                             tungen und ist Autor    ze, Wolf, Luchs oder Braunbär, um einige       Für meine Art der Naturfotografie sind es
                             mehrerer Bücher.        Beispiele zu nennen. Problematisch sind        Artenkenntnis und biologisches Wissen
                                                     aber auch Arten, die aufgrund ihres gerin-     über das Verhalten der Tiere oder auch das
                           Frank Hecker: Tier-       gen Gewichts kaum einen Abdruck auf dem        Typische einer Pflanzenart. Dazu kommen
                           spuren – lebensgroß.
                           KOSMOS-Verlag,
                                                     Untergrund hinterlassen und auch ansons-       dann noch eine gute Portion Geduld, eine
                           12,99 Euro                ten eine eher versteckte Lebensweise haben.    vielfältige Fotoausrüstung und nicht zu ver-
                                                     Der Igel wäre hier ein Beispiel: Fußabdrü-     gessen: Glück.
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      NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Thema

                                                                                                  Überzogen
                                                                                                  Immer mehr Menschen beschweren sich
                                                                                                  über die radikalen Baumschnittarbeiten an
                                                                                                  Landes- und Bundesstraßen sowie an Auto-
                                                                                                  bahnen. Sie halten die Baumfällungen und
                                                                                                  das Beseitigen der Sträucher für völlig über-
                                                                                                  zogen. Viele dieser Beschwerden landen auch
                                                                                                  beim NABU NRW. Aus eigener Beobachtung
                                                                                                  können wir bestätigen, dass oftmals mehr
C. Weimann

                                                                                                  getan wird, als zur sogenannten Gefahren-
                                                                                                  abwehr nötig wäre. Deshalb waren wir im
                                                                                                  Herbst bei „Straßen.NRW“ in Gelsenkir-
Natternkopf vor Zeche Ewald in Herten                                                             chen. Die Direktorin des Landesbetriebs,
                                                                                                  Elfriede Sauerwein-Braksiep, hält allerdings
                                                                                                  sämtliche Baumschnittarbeiten an den Stra-
Meine Meinung
                                                                                                  ßen aus Gründen eben dieser Gefahrenab-

Naturschutz im                                                                                    wehr für unverzichtbar.
                                                                                                  Dabei gilt nach wie vor der gemeinsame Er-
                                                                                                  lass der NRW-Minister für Umwelt und für

Industrieland NRW                                                                                 Verkehr von 2013: Hinweise für die Gehölz-
                                                                                                  pflege an Bundesfern- und Landesstraßen in

kann gelingen
                                                                                                  NRW (www.vm.nrw.de/verkehr/_pdf_con-
                                                                                                  tainer/richtlinien_zur_gehoelzpflege.pdf).
                                                                                                  Darin wird ausdrücklich auch die arten-
                                                                                                  schutzfachliche Funktion des Straßenbegleit-
                        Wir alle leben, woh-    sogar mit Beratung des NABU. Aber es kom-         grüns hervorgehoben und Rücksicht auf den
                        nen und arbeiten in     men immer neue Probleme hinzu, zum Bei-           Artenschutz verlangt. Die Praxis der Pflege-
                        NRW, einem Indus-       spiel Mikroplastik in den Gewässern und den       kolonnen hat sich offensichtlich vielfach von
                        trieland mit langer     Mägen der Fische oder neue Pestizide in der       diesen verbindlichen Hinweisen der beiden
                        Tradition. Hier wur-    Landwirtschaft.                                   Ministerien weit entfernt.
                        den Natur, Umwelt       Dem steht eine immer sensibler werdende           Als positives Ergebnis des Gesprächs bleibt
                        und Gesundheit über     Bevölkerung gegenüber, die millionenfach          festzuhalten, dass eklatante Fälle an „Stra-
                        Jahrzehnte vielerorts   Wald-Bücher von Peter Wohlleben liest, für        ßen.NRW“ gemeldet werden sollen, und
stark belastet. Aus diesem Grund gab es im-     den Erhalt des „Hambi“ auf die Straße geht        zwar an Dr. Frank Eilermann, Tel. 0209-
mer wieder Gespräche zwischen Industrie-        und gegen Stickoxide und CO2-Belastungen          3808352, frank.eilermann@strassen.nrw.
vertretern und dem NABU, um darüber zu          in den Städten protestiert. Das ist die Bevöl-    de. Wir empfehlen den NABU-Mitgliedern
reden, was uns trennt, wo man sich annä-        kerung, die in NRW und in einer intakten          vor Ort, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu
hern kann, wo es gemeinsame Interessen gibt     Natur leben und arbeiten will und mit mehr        machen.
und an welchen Stellen wir nicht zueinander-    als 90.000 Mitgliedern den NABU NRW               Heinz Kowalski
kommen. Dieser Gesprächsfaden ist im ver-       unterstützt. Also: Vieles hat sich getan und
gangenen Herbst neu belebt worden.              zum Guten gewendet, aber die Versöhnung
Es geht um das Ziel, das der langjährige        ist noch nicht gelungen. Das sollte uns he-
Ministerpräsident von NRW, Johannes Rau,        rausfordern, gemeinsam an konstruktiven
einst vorgegeben hat: „Die Versöhnung von       und realistischen Lösungen zu arbeiten. Wir
Ökonomie und Ökologie.“ Ein großes Vorha-       hoffen, dass der Gesprächsfaden stabil wird
ben, das noch längst nicht realisiert wurde –   und am Ende viel Positives für eine vielfältige
man denke nur an Klimawandel, CO2-Emis-         Natur, eine gesunde Umwelt, eine natur-
sionen, Braunkohle, Insektensterben, Land-      verträgliche Politik und gleichzeitig auch
schaftsverbrauch, industrielle Landwirtschaft   für die Menschen in den Unternehmen, im
oder Rückgang der Vögel. Charles Darwin         Handwerk und im Handel von NRW her-
hat einmal gesagt: „Alles was gegen die Na-     auskommt. Ziehen wir an einem Strang: Wir
tur ist, hat auf Dauer keinen Bestand“. Das     leben im gleichen Land, in der gleichen Um-
                                                                                                  B. Königs

muss auch die Industrie verinnerlichen. Viele   welt und in der gleichen Natur.
Unternehmen haben sich Nachhaltigkeit,          Heinz Kowalski, stellv. Landesvorsitzender des
Regionalität, Umwelt- und Klimaverträg-         NABU NRW                                          Hier wurde heftig gefällt.
lichkeit auf die Fahnen geschrieben, manche
                                                                                                                                                  7
                                                                                                                   NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Ein Stück Wildnis kehrt zurück
Ihre Spende für die Rückkehr des Wolfes und den
Erhalt einer vielfältigen Kulturlandschaft in Nordrhein-
Westfalen!

                                     Liebe Naturfreundin,
                                     lieber Naturfreund!
  Der Wolf ist zurück in Nordrhein-Westfalen. Immer wieder gab es in den vergan-
  genen Jahren einzelne Tiere, die als Durchzügler unser Bundesland durchstreif-
  ten. Im Herbst bestätigten sich dann die Beobachtungen, dass sich eine Wölfin
  die Landschaft im Bereich Schermbeck, Kreis Wesel, als ihren neuen Standort
  ausgewählt hat. Das Land hat folgerichtig im Oktober 2018 diesen Landstrich als
  „Wolfsgebiet“ ausgewiesen – NRW ist nicht mehr Wolfserwartungsland, sondern
  Lebensraum dieser seltenen Wildtiere.

  Auch wenn der NABU NRW schon seit einigen Jahren intensive Aufklärungsar-
  beit bei den Menschen im Land leistet und den Dialog mit Landwirten, Wei-
  detierhaltern und Jägern gesucht und intensiviert hat: Der Umgang mit dem
  Wildtier Wolf muss nach über 150 Jahren Abwesenheit in unserer Region erst
  wieder erlernt und entwickelt werden.

  Lassen Sie uns gemeinsam diese spannende Entwicklung zum Wohle von natür-
  licher Vielfalt und mehr Wildnis in unserem Bundesland aktiv begleiten. Ihre
  Spende wirkt hier nachhaltig. Neben der Aufklärungsarbeit und der Unterstüt-
  zung von Schafs- und Weidetierhaltern wird der NABU zusammen mit Schäfern
  den Einsatz von Herdenschutzzäunen an ausgewählten Stellen im Land vorbild-
  haft demonstrieren. Dort können sich Viehhalter praxisnah informieren und
  vorbereiten auf den Rückkehrer Wolf.
  Herzlichen Dank!

  Katharina Stenglein & Thomas Pusch

                      Weitere Informationen unter www.NABU-NRW.de/willkommenwolf
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Wolf und Weidetiere
Naturschützer freuen sich über die Rückkehr des Wolfes nach Nordrhein-Westfalen. Er schließt als
großer Beutegreifer wieder die nach seiner Ausrottung entstandene Lücke im natürlichen Gefüge.
Auch wenn sich wildlebende Wölfe hauptsächlich von Rehen, Rotwild und Wildschweinen ernähren
und nur ein sehr geringer Anteil ihrer Beute Nutztiere sind, gibt es hier einen Konflikt. Auch wir
Naturschützer haben ein großes Interesse daran, dass Weidetierhalter ihre Schafe, Rinder und Pferde
weiterhin auf die Weiden zwischen Eifel und Weserbergland schicken. Sie leisten einen wichtigen
Beitrag für den Erhalt einer vielfältigen Naturlandschaft. Nicht zuletzt setzt der NABU selbst eigene
Schafe, Konik-Pferde, Heckrinder und andere Weidetiere als vierbeinige Landschaftspfleger in
Naturschutzprojekten ein. Ein Miteinander ist möglich, den Umgang müssen wir alle wieder lernen.

                                                    er Kita-
                           a 25 Euro können wir ein
Aufklärungsarbeit: Für etw                       um das
                         ormationsmaterial rund
gruppe interessantes Inf
                         ung stellen.
Wildtier Wolf zur Verfüg
                                                                                            Herdenschutzhunde: Mit rund 1000
                                                                                                                               Euro kann ein Schäfer
                                                                                            bei den laufenden Kosten für die Halt
                                                                                                                                  ung eines besonderen
                                                                                            Herdenschutzhundes unterstützt werd
                                                                                                                                   en.

                                                                                               Unser Spendenkonto finden Sie bei
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                                                            enen
                                200 Euro können wir betroff
     Herdenschutzzäune: Für und                          ide zaun
                               ein Stromgerät für den We
     Schäferinnen und Schäfern
     zur Verfügung stellen.

            Fotos: Thomas Becker, Roman Hövel, Jan Preller, Katharina Stenglein, Nicole Stock, Conny Türk
NATURSCHUTZ in NRW - TROCKEN UND HEISS Der Sommer in NRW - NABU
Thema
NABU Naturschutzstation Niederrhein

                                      So sah es am Rhein bis in den Herbst über weite Strecken aus.

                                                                                                                                           um 1,4 Grad Celsius zwischen 1974 und

                                      Heißer Sommer                                                                                        2016.
                                                                                                                                           In den Ballungsräumen Nordrhein-Westfa-
                                                                                                                                           lens sind bereits heute insgesamt 5,3 Millio-
                                      Der Klimawandel in NRW                                                                               nen Menschen von Hitzebelastung betroffen,
                                                                                                                                           bis zum Jahr 2050 dürften es laut Klimaana-

                                      D
                                                                                                                                           lyse des LANUV voraussichtlich bis zu neun
                                                er Sommer war sehr groß … Lieb-            sicht- und spürbar sind. „Viele dachten lange   Millionen Menschen werden. 2018 haben vor
                                                haber von Rilke und des medi-              Zeit, Klimawandel betreffe nur Inseln im Pa-    allem die Bauern gelitten, in NRW und an-
                                                terranen Klimas dürfen das so              zifik. Dem ist aber nicht so. Wir werden uns    derswo. Betroffen waren insbesondere die-
                                      sehen, vor allem aber war er sehr heiß und           an Extremwettereignisse wie Hitzewellen,        jenigen, die Vieh halten oder Getreide und
                                      trocken. Und er hat früh begonnen: Schon             lange Trockenperioden, Hagel, Starkregen        Gemüse anbauen. Bereits im Sommer hatte
                                      April und Mai brachten neue Tempera-                 und dadurch Überschwemmungen auch bei           das Land NRW kurzfristige Maßnahmen
                                      turrekorde in Deutschland, aber vor allem            uns gewöhnen müssen“, so Landesumwelt-          ergriffen, um den von der Dürre betroffenen
                                      kaum Regen. Die Häufung zu warmer und                ministerin Ursula Heinen-Esser.                 Landwirten zu helfen. So wurden als ökolo-
                                      zu trockener Monate macht das Jahr 2018                                                              gische Vorrangflächen deklarierte Brachen
                                      zu einer Ausnahmeerscheinung in der Ge-              Eindeutige Zahlen                               für Futterzwecke landesweit zugelassen, um
                                      schichte der Wetteraufzeichnung. Zwar                Nach Angaben des Deutschen Wetterdiens-         der dürrebedingten Verknappung von Vieh-
                                      warnen die meisten Wissenschaftler vor               tes fielen in Nordrhein-Westfalen in diesem     futter entgegenzuwirken.
                                      allzu flotten Schlüssen vom Wetter aufs              Sommer mit rund 115 Litern pro Quad-
                                      Klima, doch grundsätzlich herrscht Ei-               ratmeter weniger als die Hälfte des durch-      Anpassung
                                      nigkeit darüber, dass die zu beobachtende            schnittlichen Niederschlags von 240 Litern      „Ein Jahr wie dieses mit heftigen Stürmen zu
                                      Häufung von Rekordsommern und ande-                  pro Quadratmeter. Die vom Landesamt             Jahresbeginn und der anhaltenden Trocken-
                                      ren Wetterextremen durchaus Prognosen                für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz         heit wird immer weniger zum Ausreißer
                                      für die langfristige Entwicklung erlaubt.            (LANUV) ausgewerteten Daten zeigen eine         werden“, warnt Ministerin Heinen-Esser.
                                                                                           Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur in      Keine gute Nachricht, auch nicht für die
                                      Für die nordrhein-westfälische Landesregie-          Nordrhein-Westfalen um 1,5 Grad Celsius         Bäume in NRW, wie der aktuelle Waldscha-
                                      rung steht der Klimawandel nicht in Frage.           im Zeitraum 1881–2017, eine signifikante        densbericht befürchten lässt. „Unsere Wäl-
                                      Ein am 31. Oktober 2018 vom Umwelt- und              Zunahme der heißen Tage und eine Abnah-         der sind in einem besorgniserregenden Zu-
                                      Landwirtschaftsministerium vorgelegter Be-           me der Frost- und Eistage sowie einen An-       stand“, so die Umweltministerin. Durch das
                                      richt bestätigt, dass dessen Folgen in NRW           stieg der Gewässertemperaturen im Rhein         Zusammenwirken von Sturm im Frühjahr,
                     10
                                        NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
Thema
gefolgt von extremer Sommertrockenheit
und anschließend starkem Borkenkäferbe-
fall in den Nadelwäldern seien die Schäden
in diesem Jahr erheblich. Um die Wälder
im Klimawandel stabiler und widerstands-
                                               Kurze Saison
fähiger zu machen, entwickelt das Umwelt-      Amphibien im trockenen Sommer 2018
ministerium derzeit ein neues Waldbau-

                                               B
konzept für Nordrhein-Westfalen – dessen
Stoßrichtung vom NABU NRW kritisiert                   is Ende Mai war es eine gute Saison
wird (mehr dazu auf Seite 3).                          für Amphibien. Nach einer ersten        Jahrestreffen Amphibien-
Dieses Konzept wird Bestandteil der bereits            großen Wanderwelle Anfang März          und Reptilienschutz
2009 skizzierten Klimaanpassungstrate-         stoppten die früh laichenden Amphibien          3. Februar, NABU-Landesgeschäftsstelle
gie des Landes NRW. Zumindest kurzfris-        wie Erdkröte, Molche, Gras- und Spring-         Vorträge und Diskussionen zu aktuellen
tig machtlos dürften Anpassungsstrategien      frosch mit dem Abfallen der Temperaturen        Themen des Amphibien- und Reptilien-
gegen das 2018 erlebte anhaltende Niedrig-     bis auf unter 0°C in vielen Teilen von NRW      schutzes in NRW
wasser in Flüssen, Seen und Talsperren sein.   fast komplett. Erst Ende März liefen noch       Infos und Anmeldung: NABU-Landesge-
Spürbar waren die Folgen vor allem an der      einmal Tiere und bis Ende April war die         schäftsstelle, Tel. 0211-159251-0 (Fax: -15),
großen Wasserstraße Rhein: Schiffe durf-       Wanderung der „Frühlaicher“ beendet.            info@nabu-nrw.de

ten maximal mit halber Ladung fahren, an
vielen Tankstellen wurde wegen der redu-       Auch die später im Jahr ablaichenden Am-       in Kies-und Tongruben trockneten nahezu
zierten Transportkapazitäten der Treibstoff    phibien, wie Gelbbauchunke, Kammmolch,         vollständig aus.
knapp. Vielerorts legte der Rhein lange ver-   Wechsel- und Kreuzkröte, waren früh aktiv,     Im Wald war die Situation insgesamt etwas
borgene Geheimnisse frei, darunter auch ge-    so dass die erste Generation Jungtiere sich    gemäßigter. Hier hielten viele der größeren
fährliche wie etwa Fliegerbomben aus dem       gut umwandeln konnte und die Fortpflan-        Gewässer das Wasser. So fielen zum Beispiel
2. Weltkrieg.                                  zung erfolgreich war. Ab Ende Juni aller-      im Kottenforst bei Bonn einige größere
Was unsere Infrastruktur auf die Probe         dings kamen die Aktivitäten der Amphibien      Teiche zum ersten Mal seit vielen Jahren
stellt, ist für die Natur grundsätzlich kein   mit den hohen Temperaturen und der an-         trocken, aber weit mehr als die Hälfte der
Problem. „Natürlich hat der niedrige Was-      haltenden Trockenheit fast vollständig zum     größeren Gewässer hatte noch Wasser. In
serstand Auswirkungen auf Pflanzen und         Erliegen.                                      den verbliebenen Wasserstellen konzentrier-
Tiere, insgesamt sind diese aber für die we-   Arten, die ihre Eier auch noch später im       ten sich die Amphibien, besonders gut war
nigsten Arten bedrohlich“, so der NABU-        Jahr legen, hatten keine Chance mehr auf       dies bei den Wasserfröschen zu sehen: Selbst
Landesvorsitzende Josef Tumbrinck. Natur-      Fortpflanzung. Die erwachsenen Tiere           in kleinsten Pfützen konnte man Dutzende
nahe oder naturnah renaturierte Flüsse mit     zogen sich in feuchte Gebiete wie Bachtä-      Frösche finden.
funktional miteinander verbundenen Fluss-,     ler, größere Stillgewässer und in den Wald     Zweifel haben die Experten, ob die Am-
Ufer- und Auenbereichen böten den dort le-     zurück und legten keine Eier mehr ab. Et-      phibien, insbesondere die winzigen Jung-
benden Tier- und Pflanzenarten Spielräume,     liche Larven starben, weil die Gewässer zu     frösche, Minikröten und kleinen Molche,
solche Extremereignisse ohne großen Scha-      früh austrockneten und sich die Tiere nicht    genug feuchte Stellen finden konnten, um
den zu überstehen. Deshalb sei es so wich-     mehr rechtzeitig umwandeln konnten. Die        den trockenen Sommer zu überstehen. Viele
tig, heimische Fließgewässer im Sinne der      Reproduktionsperiode von Gelbbauchunke,        Tiere könnten ausgetrocknet und gestorben
EU-Wasserrahmenrichtlinie in einen guten       Kreuz- und Wechselkröte beschränkte sich       sein, da sie mit ihrer feuchten, durchlässi-
ökologischen Zustand zu bringen.               damit auf ein Drittel der normalen Zeit. Die   gen Haut kaum vor Trockenheit geschützt
Bernd Pieper                                   Offenbiotope im Grünland, auf Äckern oder      sind. Die Auswirkungen werden sich aber
                                                                                              erst 2019 und den darauf folgenden Jahren
                                                                                              zeigen, wenn der Nachwuchs aus 2018 ge-
                                                                                              schlechtsreif ist und erstmals für die Eiabla-
                                                                                              ge zu den Gewässern wandert.
                                                                                              Ein Gutes hatte die Trockenheit: Einige Am-
                                                                                              phibienarten, wie etwa der Kammmolch,
                                                                                              sind darauf angewiesen, dass ihre Laichge-
                                                                                              wässer alle paar Jahre vollständig austrock-
                                                                                              nen und dadurch ihre Fressfeinde wie Fische
                                                                                              oder Libellenlarven sterben. Wenn die Tei-
                                                                                              che im Frühjahr wieder Wasser haben, sind
                                                                                              sie frei von „Räubern“, so dass weniger Eier
                                                                                              und Larven gefressen werden und damit die
                                                                                              Fortpflanzung deutlich verbessert wird.
M. Hachtel

                                                                                              Monika Hachtel,
                                                                                              Landesfachausschuss Amphibien- und Reptilien-
                                                                                              schutz im NABU NRW
Kreuzkröte in trockener Kiesgrube
                                                                                                                                               11
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NABU vor Ort
     S. Strumann

     Der Europaabgeordnete Peter Liese (2. v. r.) besuchte den NABU Siegen-Wittgenstein. U. a. mit im Bild: Eva Lisges (r.), Thomas Müsse (l.) und der stellvertretende
     NABU-Landesvorsitzende Heinz Kowalski (3. v. r.)

     Kooperation und Engagement
     Europäische Politik und Naturschutz vor Ort

     G
              uter Naturschutz braucht vor al-              stimmungen ihre spektakulären Comebacks                 nur an minimalste Anforderungen geknüpft
              lem eines – engagierte Menschen,              in Deutschland.                                         – eine naturverträgliche Landbewirtschaf-
              die ihn vor Ort umsetzen. Funk-               In der Landwirtschaft zeichnet sich jedoch              tung ist damit nicht gesichert. Tatsächlich
     tionieren kann Naturschutzschutz jedoch                ein anderes Bild ab. Durch die Gemeinsame               wird das Artensterben in der Landwirt-
     nur, wenn von der Politik die richtigen                Agrarpolitik (GAP) werden jedes Jahr etwa               schaft durch die Subventionen nicht ge-
     Rahmenbedingungen geschaffen werden.                   58 Milliarden Euro – knapp 40 Prozent des               stoppt, sondern noch befeuert. Derzeit wird
     Und das betrifft vor allem und immer mehr              gesamten EU-Haushalts – als Subventionen                im Europäischen Parlament die Reform der
     die europäische Politik. Die hat längst                verteilt. Ein ineffizientes und zu einem gro-           GAP für die Finanzierungsperiode 2021–
     einen massiven Einfluss auf die Art und                ßen Teil umweltschädliches System. Denn                 2027 verhandelt. Dabei geht es um nicht we-
     Weise, wie wir in Deutschland Naturschutz              die überwiegend nach dem „Gießkannen-                   niger als die letzte Chance, die Biodiversität
     betreiben können. Etwa 80 Prozent aller                prinzip“ ausgezahlten Subventionen sind                 in der Landwirtschaft zu erhalten.
     deutschen Natur- und Umweltschutzge-
     setze basieren auf Richtlinien und Verord-                                                                     Anschaulich
     nungen der Europäischen Union.                                                                                 Aus diesem Grund haben sich der NABU-
                                                                                                                    Landesfachausschuss Landwirtschaft und
     Und das ist gut so. Schließlich kümmern                                                                        Vertreter des NABU Siegen-Wittgenstein im
     sich die meisten Herausforderungen und                                                                         vergangenen Spätsommer mit dem CDU-
     Probleme im Natur- und Umweltschutz                                                                            Europaabgeordneten (MdEP) Dr. Peter
     nicht um Grenzen, sondern lassen sich nur                                                                      Liese getroffen, um ihm die wichtige Arbeit
     durch gemeinsame, kooperative Anstren-                                                                         des NABU vor Ort zu zeigen und gleichzei-
     gungen lösen. Die Fauna-Flora-Habitat                                                                          tig zu erläutern, mit welchen Problemen in
     (FFH)-Richtlinie ist das beste Beispiel für                                                                    der Landwirtschaft und Hindernissen aus
     gelingenden europäischen Naturschutz.                                                                          der Politik Naturschützerinnen und Natur-
     Inzwischen haben die EU-Mitgliedstaaten                                                                        schützer zu kämpfen haben. Treffpunkt war
     knapp ein Fünftel der EU-Landfläche als                                                                        das Naturschutzgebiet „Gernsdorfer Wei-
     Natura-2000-Flächen deklariert. Insgesamt                                                                      dekämpe“, wo durch jahrelange extensive
                                                            R. Stankewitz

     sind es über 27.000, in Deutschland über                                                                       Landwirtschaft ein artenreiches Biotop ent-
     5.000 Gebiete. Einige Tierarten, darunter                                                                      standen ist. Zu den bemerkenswerten Arten
     Kranich, Seeadler, Biber oder Wolf, verdan-                                                                    zählen hier zehntausende Orchideen, vor
     ken dem europäischen Schutzgebietsnetz                 Auch das Gefleckte Knabenkraut wächst in der
                                                                                                                    allem das Gefleckte Knabenkraut und die
     Natura 2000 und strengen Artenschutzbe-                „Gernsdorfer Weidekämpe“.                               Grünliche Waldhyazinthe. Auch stark be-
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              NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NABU vor Ort
                                                                                                Aktiv für eine zukunfts­
                                                                                                fähige Agrarpolitik!

                                                                                                Jeder EU-Bürger zahlt im Jahr 114 Euro
                                                                                                für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
                                                                                                der Europäischen Union. Eine Menge
                                                                                                Geld – aber nur ein Bruchteil wird für
                                                                                                den Naturschutz in der Landwirtschaft
                                                                                                ausgegeben. Das muss sich ändern mit
                                                                                                einer grundlegenden Reform der GAP!
                                                                                                Die anstehenden Neuverhandlungen
                                                                                                zwischen nationalen Regierungen und
                                                                                                EU-Parlament über die Agrarsubventio-
                                                                                                nen der nächsten sieben Jahre bieten die
                                                                                                letzte Chance, die Kehrtwende einzu-
                                                                                                leiten.
drohte Vogelarten wie Braunkehlchen und         stellvertretenden NABU-Landesvorsitzen-         Werden auch Sie aktiv und kämpfen
Wiesenpieper finden in der „Gernsdorfer         den Heinz Kowalski. Dabei zeigten sie Peter     mit für eine bessere Agrarpolitik. Es gibt
Weidekämpe“ noch Brutmöglichkeiten.             Liese, wo im Frühling der Wiesenpieper          viele Möglichkeiten:
Um dem Europaparlamentarier diese Na-           brütet oder warum Vögel wie der Neuntöter       • Unterschreiben Sie die Aktionspost-
turschätze näher zu bringen hatten Eva          Landschaftselemente wie Dornhecken zum             karte des NABU mit einem Wunsch,
­Lisges und Thomas Müsse vom NABU               Überleben brauchen.                                wofür Ihre 114 Euro verwendet wer-
 Siegen-Wittgenstein eine umfassende Füh-                                                          den sollen.
 rung durch die Wiesen des Gebiets vorbe-       Beeindruckt                                     • Machen Sie bei sich vor Ort eine
 reitet vorbereitet, fachlich unterstützt vom   In der „Gernsdorfer Weidekämpe“ ist die            ­Aktion zur Agrarpolitik.
                                                Welt noch halbwegs in Ordnung. Durch            • Laden Sie Ihren Europaabgeordneten
                                                erfolgreichen Vertragsnaturschutz der               in Ihre Region ein und zeigen Sie ihm
 Weitere Beispiele                              Landwirte und ehrenamtliches Engagement             live vor Ort, wo die Probleme liegen.
 Auch andere NABU-Gruppen zeigten sich          des NABU vor Ort kann hier noch vielen
                                                Arten ein Lebensraum geboten werden. In         Wichtige Hinweise sowie alle Informati-
 im vergangenen Jahr als gute Gast­geber.                                                       onen rund um die GAP und die Europa­
 In Aachen hat die NABU-Ortsgruppe              anderen Teilen des gleichen Kreises – wie       abgeordneten gibt es unter
 dem SPD-Abgeordneten Arndt Kohn die            auch im ganzen Land – hat die Intensiv-         https://mitmachen.nabu.de/
 wertvolle Arbeit auf der eigenen Streu-        landwirtschaft durch übermäßige Düngung,        meine114euro?werbecode=rubrik
                                                                                                und bei Sebastian.Strumann@NABU.de.
 obstwiese vorgestellt – verbunden mit dem      Zerstörung wichtiger Landschaftselemente
 Aufruf, die GAP naturschutzfreundlich zu       und jährlich mehrfache Mahd auf Grünland
 reformieren.                                   bereits zu den bekannten ausgeräumten
 In Essen lud der NABU Ruhr zusammen            Landschaften geführt.                         den GAP-Reform dafür stark machen, dass
 mit der NAJU Essen/Mühlheim seinen             Anhand vieler konkreter Beispiele konn-       besonders beim Grünland die Hürden für
 Europaabgeordneten Jens Geier zu einem         ten Eva Lisges und Thomas Müsse dem           den Naturschutz und für die Landwirte ab-
 Rundgang durch das Natur- und Jugend-          Europaab­geordneten Peter Liese die Pro-      gebaut werden, sodass wir unsere Artenviel-
 zentrum Vossgätters Mühle ein.                 bleme erklären. Dieser zeigte sich beein-     falt erhalten können.“
                                                druckt: „Ich werde mich bei der anstehen-     Sebastian Strumann

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NABU vor Ort
                                                                                                       Erfolg vor
                                                                                                       Gericht
                                                                                                       Wegweisendes Urteil für
                                                                                                       den Naturschutz

                                                                                                       E
                                                                                                              nde September hat das Verwal-
                                                                                                              tungsgericht Aachen der Klage des
                                                                                                              NABU gegen die Genehmigung des
                                                                                                       Kreises Euskirchen zur Errichtung und
                                                                                                       zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen
                                                                                                       (Dahlem IV) stattgegeben und den Geneh-
                                                                                                       migungsbescheid aufgehoben. Die 6. Kam-
                                                                                                       mer des Gerichts monierte insbesondere,
     H. Hemann

                                                                                                       dass „die Prüfung erheblicher nachteiliger
                                                                                                       Umweltauswirkungen auf den Schwarz-
                                                                                                       storch fehlerhaft erfolgt“ sei.
     Gemeinsame Freude über die Auszeichnung: Familie Winkelmann und Hermann Nagel (r.)
                                                                                                       Eine Raumnutzungsanalye für den
                                                                                                       Schwarzstorch hätte ergeben, dass der Luft-

     Schwalbenfreundlich                                                                               raum in der Nähe des nur 500 Meter von
                                                                                                       einer geplanten Anlage entfernten Horstes
                                                                                                       intensiv vom Schwarzstorch genutzt wor-
     Auszeichnungen im Kreis Minden-Lübbecke                                                           den sei. Nach dem Ergebnis dieser Un-
                                                                                                       tersuchung sei nicht auszuschließen, dass

     H
                                                                                                       diese Fortpflanzungsstätte bei Errichtung
                ermann Nagel staunte mit Blick         spielsweise nicht deren Nester entfernen.“      und Inbetriebnahme der Anlagen aufgege-
                nach oben nicht schlecht. Wo er        Der trockene Sommer ohne Kälteeinbrüche         ben werde. Außerdem würde voraussicht-
                auch hinsah, flogen unzählige          habe dazu geführt, dass meist zwei Bru-         lich ein signifikant höheres Kollisionsrisiko
     Rauch- und Mehlschwalben über seinen              ten erfolgreich gewesen seien. Vereinzelt       entstehen.
     Kopf. „Das ist hier schon sehr gut“, at-          sei es, wie im Falle des Hofes der Winkel-
     testierte der stellvertretende Vorsitzende        manns, sogar zu Drittbruten gekommen.
     des NABU Minden-Lübbecke dem Hof                  Über 50 schwalbenfreundliche Häuser
     der NRW-Landtagsabgeordneten Bian-                konnten die ehrenamtlichen Mitarbeiter des
     ca Winkelmann und zückte daraufhin die            NABU-Kreisverbandes Minden-Lübbecke
     NABU-Plakette.                                    auszeichnen.
                                                       So soll es 2019 weitergehen. Das freut auch
     „Hier sind Schwalben willkommen“, steht           Bianca Winkelmann: „Der NABU leistet in
     darauf. Damit hat der NABU den landwirt-          diesem Bereich tolle Arbeit und ich würde
     schaftlichen Betrieb der Winkelmanns als          es als Umweltpolitikerin natürlich begrü-
     schwalbenfreundliches Haus zertifiziert.          ßen, wenn sich mehr Menschen Gedanken
     Zwischen 50 und 60 Paare hat Hofbesitzer          um die Artenvielfalt vor der eigenen Haus-
     Hartmut Winkelmann in den vergangenen             tür machen. Das fängt bei Schwalben an
     Wochen gezählt. „Die Vögel finden in den          und endet noch lange nicht bei Bienen und
     Ställen sehr gute Voraussetzungen vor“, er-       Insekten.“
     klärte sich der Landwirt und Ehemann von          Hermann Nagel
     Bianca Winkelmann die große Zahl. Die
     Familie freue sich sehr über die tierischen       Weitere Informationen unter https://nrw.nabu.
     Besucher, so die die agrar- und umweltpoli-       de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/
                                                       schwalbenschutz/index.html
     tische Sprecherin der CDU-Landtagsfrakti-
     on: „Bauernhöfe und Schwalben gehören für
                                                                                                       C. Rapp-Lange

     mich einfach zusammen.“
     Hermann Nagel zeigte sich angesichts sol-
     cher Aussagen zufrieden: „Uns geht es mit
     der Plakette darum, solche Häuser auszu-                                                           Schwarzstorch vor der geplanten Anlage
     zeichnen, die Schwalben dulden und bei-                                                           ­Dahlem IV
14
            NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NABU vor Ort
Erstes NABU-
Obstsortenparadies
Der Obstsortengarten in Wassenberg

A
         ls erster seiner Art hat der Obst-      auch nach der dreijährigen Förderphase des

                                                                                                  T. Wiegers
         sortengarten in Wassenberg              Projekts eine finanzielle Basis für die Pflege
         die bundesweite Auszeichnung            der Obstbäume und der Flächen zur Verfü-
„­NABU-Obstsortenparadies“ erhalten. ­           gung steht. „Mit Freude stelle ich fest, dass    Begeistert von der Vielfalt im Obstsortengarten
                                                                                                  Wassenberg: Josef Tumbrinck, Anke Valentin,
„54 der über 80 Obstsorten sind auf min-         sich weitere Interessentinnen und Interes-       ­Katharina Tumbrinck, Markus Rösler, Manfred
destens zwei Hochstämmen gesichert. Da-          senten gemeldet haben, denn ein Großteil          Winkens und Michael Luwe (v. l.)
mit erfüllt der Wassenberger Obstsorten-         der Apfel-, Birnen oder Pflaumensorten
garten das Kriterium für die Auszeichnung.       kann noch an Paten vergeben werden“, so          Wassenbergs Bürgermeister Manfred Win-
Auch andere Anforderungen, wie etwa die          Valentin.                                        kens wird es mit Freude vernommen haben
Zugänglichkeit der Bäume und deren Be-           Die finanzielle Unterstützung durch den          – schließlich hofft er, dass der Obstsorten-
schilderung, erfüllt der Wassenberger Obst-      Fonds alleine reiche nicht aus für den Erhalt    garten zu einem „Anziehungspunkt fürs
sortengarten vorbildlich“, sagte Dr. Markus      alter und regionaler Sorten im Obstsorten-       ganze Rheinland“ wird. Auch Michael Luwe
Rösler, Sprecher des NABU-Bundesfachaus-         garten, betonte Katharina Tumbrinck, Vor-        vom NRW-Umweltministerium gratulier-
schusses Streuobst.                              sitzende des Fördervereins Obstsortenviel-       te allen Beteiligten zur Auszeichnung: „Der
                                                 falt, der sich seit Anfang 2017 um die Pflege    Erhalt der alten und regionalen Obstsorten
Dr. Anke Valentin, Vorsitzende der               und die Betreuung des rheinischen Obstsor-       hat eine große Bedeutung für die biologi-
­NABU-Stiftung Naturerbe NRW, dankte den         tengartens in Wassenberg kümmert: „Ich           sche Vielfalt.“
 Sortenpaten. Sie ermöglichen es mit ihrer       freue mich, dass wir für die verschiedenen       Thorsten Wiegers
 Zu­stiftung in den vor neun Jahren für dieses   Aufgaben hier vor Ort so verlässliche ehren-     Mehr Informationen zum Projekt unter
 Gebiet eingerichteten Stiftungsfonds, dass      amtliche Kräfte haben.“                          www.obstsortengarten.de

Ein Juwel
2. Tag der Biologischen Vielfalt in Siegen-Wittgenstein

A
         m 7. Oktober 2018 fand der 2. Tag       Vorkommen in NRW. Die besonderen Be-
         der Biologischen Vielfalt in Siegen-    wirtschaftungsformen bewahren den au-
         Wittgenstein statt, diesmal im Na-      ßergewöhnlichen Artenreichtum in diesem
turschutzgebiet Wetterbachtal bei Burbach-       Gebiet. Der Wetterbach wurde über mehrere
Holzhausen. Die Besucher konnten entlang         Jahrzehnte renaturiert und bietet wieder Le-
eines drei Kilometer langen Wanderweges          bensraum für anspruchsvolle Makroinverte-
die vielfältigen Lebensräume und Struktu-        braten und Fischarten.
                                                                                                  H. Pollin

ren des Wetterbachtals erkunden und sich         Initiiert wurde diese Veranstaltung von Prof.
an Infoständen über die dort vorkommen-          Dr. Klaudia Witte und ihrem Team vom
den Tiere und Pflanzen, den Naturschutz          Institut für Biologie der Universität Siegen.    Im Wetterbachtal gibt es das größte Braun­
                                                                                                  kehlchen-Vorkommen in NRW
und Pflegemaßnahmen informieren. Für             Kooperationspartner waren der Heimatver-
Kinder wurde wieder eine Rallye angebo-          ein Holzhausen, die Gemeinde Burbach, der
ten. Die jungen Naturforscher erhielten eine     Kreis Siegen-Wittgenstein, die NRW-Stiftung      Euro für den Tag der Biologischen Vielfalt
Urkunde und konnten über eine Verlosung          Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege,           entgegen. Die Untere Naturschutzbehörde
einen Buchpreis gewinnen.                        der BUND, die Biologische Station Siegen-        des Kreises Siegen-Wittgenstein förderte 60
                                                 Wittgenstein, der Pomologen-Verein e.V., der     Insektennisthilfen der Arbeiterwohlfahrt.
Das Wetterbachtal ist ein „Juwel“ unter den      Kreisimkerverein Siegerland e.V. sowie der       Klaudia Witte
Naturschutzgebieten in Siegen-Wittgenstein.      NABU Siegen-Wittgenstein.
                                                                                                  Der nächste Tag der Biologischen Vielfalt in
Es bietet vielseitige Wiesenbiotope inklusi-     Eva Lisges nahm stellvertretend für den
                                                                                                  Siegen-Wittgenstein findet am 14. Juli 2019 statt.
ve Streuobstwiesen und (noch) ausreichend        NABU Siegen-Wittgenstein eine Förderung          Weitere Informationen gibt es unter
Lebensraum für das größte Braunkehlchen-         der NRW-Stiftung in Höhe von gut 2.500           https://biovielfalter.wixsite.com/biovielfalt-siwi.
                                                                                                                                                        15
                                                                                                                     NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
NATZ, die jungen Seiten

     Umweltbildung in
     geballter Form
           Tatendrang und Raus statt Zuhaus 2019

     M
                 it dem Tatendrang und dem         Landeszeltlager der NAJU Wesel. Kin-             um die Ostsee“ ist eine naturkundliche Rei-
                 NAJU NRW Jahresprogramm           der- und Jugendliche sowie Leiter- und           se durch Litauen, Lettland, Schweden und
                 Raus statt Zuhaus haben die Ju-   Teamer*innen aus ganz NRW sind hier              Dänemark. Neben besonderen Naturzie-
     gendumweltverbände in NRW ein großar-         herzlich willkommen. Die Voßgätters Müh-         len wie die Kurische Nehrung werden die
     tiges Angebot an Naturveranstaltungen.        le in Essen bietet verschiedene interessante     Hauptstädte Stockholm und Riga und urige
     Aktive und Interessierte haben zahlreiche     Workshops an, wie etwa „Naturnahes Gärt-         Hafenstädtchen besucht. Zum Jahreswech-
     Möglichkeiten, auf spannenden Freizei-        nern in der Stadt“ oder der „Faire Genuss“,      sel geht es mit der Tour „Wilde Bergwel-
     ten, kreativen Workshops und Fortbildun-      wo das eigene Konsumverhalten überdacht          ten in Weiß“ nach Tschechien. Die bizar-
     gen für Gruppenleiter- und Teamer*innen       werden kann. Mit der NABU-Naturschutz-           ren Winterlandschaften des Nationalparks
     Neues zu erlernen, sich zu vergnügen, neue    station Niederrhein können Kinder das            Böhmische Schweiz und des Riesengebirges
     Kontakte zu knüpfen und ganz nebenbei         Neandertal erkunden und wie Indianer auf         werden mit Langlaufski oder Schneeschu-
     auch noch die Welt zu retten!                 Spurensuche gehen. Aufmerksam machen             hen erobert. Von romantisch verschneiten
                                                   möchten wir auch auf die Veranstaltungen         Wäldern über Tierspuren im Schnee bis zur
     Aber warum gibt es zwei verschie-             des NAJU-Bundesverbandes. Auf dessen             tschechischen Hauptstadt Prag mit ihrer
     dene Veranstaltungshefte?                     Aktionsplattform können politisch enga-          historischen Altstadt wartet ein kontrastrei-
     Seit Jahren bringen die Jugendumwelt-         gierte Jugendliche zu aktuellen Themen           ches Programm auf Euch.
     verbände BUNDJugend, Waldjugend und           Stellung beziehen.                               Bei unserer traditionellen „Kanutour durch
     NAJU NRW gemeinsam den Tatendrang             Neben der Möglichkeit, sich beim Or-             Schweden“ erkunden Naturinteressierte den
     heraus. Im letzten Jahr entschied sich die    nithologiekurs in Vogelkunde fortzubil-          See Stråken und den Fluss Tidan in Små-
     NAJU NRW, erstmals zusätzlich ein eige-       den und die Juleica bei uns zu erwerben          land an der Grenze zu Västergötland. Euch
     nes Jahresprogramm Raus statt Zuhaus auf      oder aufzufrischen, könnt Ihr auch beim          erwartet eine abwechslungsreiche Land-
     die Beine zu stellen. Dieses Programm legt    Schnitzkurs den Umgang mit dem Messer            schaft mit offenen Seen, verschlungenen
     den Schwerpunkt auf die Veranstaltun-         erlernen. Erstmals beteiligt sich die NAJU       Flüssen und Stromschnellen.
     gen der NAJU NRW. Deren Fortbildungen,        NRW mit ihrem Jugendumweltmobil am               Ob in Schweden auf dem Kanu nette Leute
     Workshops und Seminare sind in beiden         Beach-CleanUp-Day. Am Rhein könnt Ihr            kennenlernen, mit dem Plattbodenschiff
     Programmen zu finden. Darüber hinaus          gemeinsam mit anderen Engagierten etwas          durch Hollands Wattenmeer schippern
     möchten wir aber auch besondere Veranstal-    Gutes für Gewässer tun. Mit dem Motor-           oder die langen Strände auf Juist genießen
     tungen aus unseren Orts- und Kreisgruppen     sägen-Freischneiderschein erhaltet Ihr           – kommt mit auf große Entdeckungstour.
     in Raus statt Zuhaus hervorheben. NAJU-       wichtige Grundlagen für den praktischen          Euch erwartet Natur pur!
     Mitglieder und Interessierte haben dadurch    Naturschutz.                                     Sandra Jedamski
     die Möglichkeit, auch an Angeboten anderer    Bei unseren Freizeiten gibt es auch in die-      Download und Anmeldung unter
     NAJU-Gruppen teilzunehmen.                    sem Jahr wieder ein paar besondere High-         www.naju-nrw.de/tatendrang/seminaranmeldung
     Besonders ans Herz legen möchten wir das      lights! Die 4-Länder-Tour „Einmal fast rund

                                                   Gewinn weiter. Auch Direktspenden sind           sind über 1.700 Onlinehändler und 11.000
       Bildungsspender                             über die Seite möglich. Für alle Aktivitäten
                                                   auf der Internetplattform ist keine Registrie-
                                                                                                    gemeinnützige Organisationen Partner des
                                                                                                    Bildungsspenders, bis heute wurden schon
                                                   rung der Käufer notwendig, sie kann jedoch       mehr als 7,7 Millionen Euro an Spenden ge-
       Online einkaufen, Gutes tun                 erfolgen, wenn man als Kunde bestimmte           sammelt. Bei regelmäßiger Nutzung erlöst
                                                   Vorteile genießen möchte. Doch auch dafür        ein durchschnittlicher Privathaushalt rund
       Nutzerinnen und Nutzer von www.Bil-         werden nur ein Name und eine E-Mail-Ad-          100 bis 150 Euro im Jahr. Auch die NAJU
       dungsspender.de können mit jedem On-        resse benötigt.                                  NRW hat sich beim Bildungsspender an-
       line-Einkauf eine Spende für eine gemein-   Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft        gemeldet. Wir würden uns darüber freuen,
       nützige Organisation ihrer Wahl leisten.    Bildungsspender erfährt nur den Namen            wenn auch Ihr beim nächsten Online-Ein-
       Der Shop oder Dienstleister gibt etwas      der Einrichtung, bei der eingekauft wurde,       kauf den Bildungsspender nutzt.
       von seinem durch den Verkauf erzielten      und die Höhe der Gutschrift. Insgesamt           Jana Lork
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       NATURSCHUTZ in NRW 1/2019
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