Zukunft gestalten - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
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› im oldenburger land 2 › 2020 magazin evangelisch ehrenamtlich engagiert mit der agazin Das M n D Zukunft gestalten Warum Veränderungen auch eine Chance für die Kirche im Oldenburger Land bedeuten eh r e na mt j u g en d k r i mi Vom Geben Konfi-Camp Von der Lust und Beschenkt werden an der Küste am Bösen
Gott und die Welt editorial Wandelt auf dem Weg, den euch euer Gott geboten Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Pandemie zwingt uns als Gesellschaft dazu, neue Wege zu gehen. Und das ist großartig. Schon jetzt sind dadurch viele kreative Ideen entstanden hat, damit es – auch innerhalb der Kirche. Sei es beim Konfir- mandenunterricht, im Gemeindeleben oder bei der Gestaltung von Gottesdiensten (Seite 12 und Seite 21). Diese unkonventionellen Formen und Impulse machen Mut, weil auch die Kirche die euch wohlgeht. Notwendigkeit begreift, neue Wege einzuschlagen, um weiterhin eine wichtige Funktion in unserer Gesellschaft einzunehmen. Dabei muss sie Altes kritisch hinterfragen, abwägen, was sie beibehal- ten und was sie hinter sich lassen will. Dies gilt sowohl für die einzelnen Gemeinden als auch für die Kirche insgesamt. Denn wie bedeutsam sie im Leben von Menschen sein kann, davon erzählt manche Biographie. Einige ermutigende Beispiele finden Sie ab Seite 10. Auch wir sind mit horizont e neue Wege gegan- gen und haben das Magazin im Sommer gründ- lich überarbeitet. Im Namen des Redaktionsteams bedanke ich mich herzlich für die zahlreichen Rückmeldungen auf die erste Ausgabe. Ihre Anregungen haben wir gerne aufgenommen und freuen uns sehr, wenn Sie uns weiterhin mit Lob und Kritik begleiten. Im Namen des Redak- tionsteams wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre. Bleiben Sie behütet. Ihr Pfarrer Hans-Werner Kögel Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Psalm 5 . Mos e 5 ,3 3 presse@kirche-oldenburg.de Septembermorgen am Wildenloh, foto: Tobias Frick einem kleinen Wäldchen im Ammerland bei Friedrichsfehn, fotografiert von Tobias Frick horizont e 3
umfrage inhalt Was bedeutet Kirche G e ro l d B ü se m an n Rentner, 13 Menschen ehrenamtlich engagiert 2 gott u n d d i e we lt 3 e d ito r i a l für mich? Delmenhorst 4 umf r age ›Ich gehe gern zur Kirche. Das war allerdings nicht 5 i n ha lt immer so. Vor etwa zwölf Jahren hatte ich eine 6 ki rc h e R eg i na von d e r D e e ke n schwere Krankheit, darüber habe ich wieder zur 6 Zurück in die Zukunft Selbständige, Kirche gefunden. Mir ist die Gemeinschaft dort sehr wichtig. Außerdem 9 komme nta r Eine Liebeserklärung von Annie Heger Oldenburg liebe ich Orgelmusik. Gesang und Gebet sind für mich im Gottesdienst 10 umf r age Irgendwann habe ich alles angezweifelt etwas ganz Wesentliches. Außerdem finde ich gut, was die Kirche für ›Ich bin christlich aufgewachsen 12 Bitte nachmachen! alte Menschen tut. Die Kirchensteuer habe ich deshalb schon immer und teile die Werte der Kirche. als notweniges Übel akzeptiert.‹ 1 3 Me n s c h e n e h r e n a mtli c h e n gagi ert Aber ich habe mich von der Kirche abgewandt. Ausschlaggebend waren die Finanzen: Ste fan i e S i e m e r 17 Vor dem Sterben kommt das Leben Als mein Mann mit Mitte 50 arbeitslos wurde und wir Mutter von drei Töchtern, 1 8 j uge n d nicht wussten, wie es weitergehen sollte, musste er Westerstede 18 Konfi-Camp an der Küste von der Abfindung einen großen Batzen Kirchensteuer 21 r atge b e r Alles auf Anfang bezahlen. Doch für mein Leben sind Werte wie die zehn ›Ich bin getauft und konfirmiert, 2 2 kr i mi Gebote wichtig, deshalb waren unsere Kinder auch in aber keine große Kirchgänge- konfessionellen Kindergärten. Aber ich bezweifele, dass rin, nur bei Familienfeiern, die 22 Von der Lust am Bösen es heute noch einen Unterschied macht, ob man in ein besuchen wir gemeinsam. Über einen Austritt habe 24 Mord ist sein Geschäft konfessionelles Krankenhaus oder Altenheim geht oder ich noch nie nachgedacht, es gehört doch irgend- 26 le s e ti pps Tatort: Kirche in ein staatliches. Zeit für Nächstenliebe ist weder hier wie dazu, oder? Außerdem finde ich vieles gut, was 27 f r age b o ge n noch dort.‹ die Kirche so macht. Zum Beispiel das Schiff, das die evangelische Kirche gekauft hat, um in Seenot Ja n B u nte geratene Flüchtlinge im Mittelmeer zu retten. Des- 24 Mord ist sein Geschäft Musiker, halb ist auch die Kirchensteuer wichtig: Die Kirche Oldenburg braucht Unterstützung für ihre Arbeit. Außerdem möchte ich meine Kinder taufen lassen.‹ ›Ich stamme aus einem sehr christlichen Elternhaus und habe mich eigentlich in der Kirche wohlgefühlt: Ich bin gern in Gottes- L ar issa Wi l h e l m dienste gegangen, war im Posaunenchor und habe auch Orgel Angestellte, gespielt. Dennoch bin ich vor einigen Jahren ausgetreten – für die Westerstede Kirchensteuer war ich einfach zu geizig. Heute zahlen wir als Ehe- und Elternpaar gern das freiwillige Kirchgeld, weil wir die Arbeit ›Bislang habe ich wenig Kon- der Kirche unterstützen wollen. Denn da gibt es viel, was uns takt zur Kirche. Ich komme gefällt, vor allem im Jugendbereich. Und dass manche Kirchen aus einem Dorf in Kasachstan, offen für andere Konzerte als die typische Kirchenmusik sind, die nächste evangelische Kirche war in der Stadt, gefällt mir natürlich auch. Außerdem wünsche ich mir, die Kirche 30 Kilometer entfernt. Dort gab es keinen Religions- wäre experimentierfreudiger, etwa bei den Gottesdienstformen, unterricht für mich. Mein Mann und ich haben uns den Inhalten und Uhrzeiten. Bei Kirchentagen habe ich so viel kirchlich trauen lassen, das war uns wichtig. Auch Positives erlebt, diese Vielfalt wünschte ich mir auch in den unsere Kinder sind hier getauft und konfirmiert wor- Gemeinden.‹ den. Aber in unserem Alltag spielt die Kirche noch keine große Rolle. Vielleicht später mal. Aber es ist gut, An d r ea R ü d e b us c h dass die Kirche in der Gesellschaft noch so präsent Verkäuferin, ist, wegen der Werte, die sie vermittelt. Darum ist es 6 Zurück in die Zukunft Ganderkesee für mich auch in Ordnung, Kirchensteuer zu bezahlen.‹ ›Ich bin ausgetreten, obwohl ich gläubig bin. Die Amtskirche betreibt P h i l i pp L ak e n meiner Meinung nach Abzockerei! Soldat, Westerstede impr essum Und die Gemeinden sind meist ziemlich verschnarcht. Da ist nichts, was mich anspricht. Als ich zuletzt an Weih- horizont e ist das Magazin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Es erscheint dieses Jahr dreimal im Einzugsgebiet der oldenburgischen Kirche. ›Na klar bin ich konfirmiert. Früher bin ich auch an H erausgeber: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Anschrift: horizont e Philosophenweg 1, 26121 Oldenburg, Telefon 0441/7701-193, nachten in Oldenburg in der Kirche war, wurden wir nicht Weihnachten in die Kirche gegangen. Und vermut- presse@kirche-oldenburg.de, www. kirche-oldenburg.de redaktionsleitung: Hans-Werner Kögel, Dirk-Michael Grötzsch (V.i.S.d.P.) einmal begrüßt. Das hat mich geärgert. Ich wünschte fotos: und texte: Michael Eberstein lich würde ich auch kirchlich heiraten, wenn es ein- textch efi n: Gunthild Kupitz, Hamburg art di rektion / Produktion: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt, Bremen beratung: Ulf Grüner, Hamburg mir, dass es in unseren Kirchen eine persönliche Art der redaktion elle beiträge: Barbara Bockentin, Anke Brockmeyer, Beate Bühler-Egdorf, Robin Christen, Monika Dobler, Matthias Drobinski, Michael Eberstein, fotos: Tobias Frick, Uwe Haring mal soweit ist. Aber irgendwie ist die Kirche nicht so meine Welt. Ich kann Ansprache gäbe. So wie Joyce Meyer [eine US-amerikani- Uwe Haring, Annie Heger, Matthias Hempel, Annette Kellin, Thomas Klaus, Hans-Werner Kögel, Christoph Martsch-Grunau, Susanne Niemeyer, Robert Otto-Moog mir nicht vorstellen, zwei Stunden in der Kirche zu sitzen und über Gott sche evangelikale Predigerin, Anm. der Red.] es im Fern- Bi ldnachweise: Titel: Jan Jagusch // Christian Becker/Rasta Vechta, Anke Brockmeyer, Beate Bühler-Egdorf, Rainer Claus, Monika Dobler, Michael Eberstein, und den Glauben zu reden. Ich will nicht sagen, dass ich nicht gläubig bin, sehen auf Tele5 macht. Und sie kann biblische Beispiele Evangelische Jugend Oldenburg (ejo)/Uwe Martens, Tobias Frick, Uwe Haring, Bastian Heinrich, Jan Jagusch, Hans-Werner Kögel, Christoph Martsch- aber dafür brauche ich die Kirche nicht. Außerdem plane ich Berufssol- Grunau, Gina Pape, Alessandra Schellnegger, Peter Schinzler, Nele Schomakers Druck: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Scheideweg 25–29, 26121 Oldenburg auf eine besonders plastische und nachvollziehbare dat zu werden, da passt das meines Erachtens nicht so richtig. Aber die papi er: Recycling aus 100 % Altpapier mit Umweltzeichen ›Blauer Engel‹ Feedback: Bei Rückfragen und Anregungen schreiben Sie uns unter Weise erzählen.‹ Kirchensteuer stört mich nicht, das ist schon okay.‹ presse@kirche-oldenburg.de oder nutzen Sie unseren Newsletter unter www. kirche-oldenburg.de/horizonte. Dort erhalten Sie auch Informationen zu den folgenden Ausgaben und Themen. 4 horizont e horizont e 5
Zurück KIRCHE ki rc h e Die Kirchen werden in den nächsten Jahren viel verlieren: Mitglieder, Geld, Einfluss. Doch sie werden in die Zukunft mächtige Minderheiten bleiben. Wenn sie es wollen. Und wenn sie es schaffen, engagierte Christinnen und Christen als Ehrenamtliche noch stärker als bisher einzu- binden. Eine Chance, gerade für die evangelische Kirche. W Ein Standpunkt von M atth ias Drob i nski Fotos Tob ias Fr ic k enn man derzeit in Deutsch- Was die Frauen und Männer der Kirchenleitung lands Kirchen schaut, dann sagten, wurde offenbar über den Kreis der dezi- sind sie leer: Ende März und diert Interessierten hinaus kaum noch wahr- im April, weil die evangeli- genommen. Und obwohl die Pandemie genuin schen Landeskirchen und theologische Fragen in den Mittelpunkt des öffent- die katholischen Diözesen die Gottesdienste lichen Interesses rückte – das Verhältnis zu Krank- angesichts der exponentiell steigenden Covid- heit und Tod, von Freiheit und Verantwortung, 19-Fallzahlen selbst absagten. Und in diesem zu den Grenzen des Wissens – mussten sich die Herbst, weil die Hygienekonzepte nur wenige Kirchenvertreter, wenn es um deren Deutung Kirchgänger überhaupt erlauben. Die Corona- ging, hinter den Virologen und Medizinern, den zeit lässt die Kirchen in ihre eigene Zukunft Psychologen, Philosophen, Soziologen, sogar den schauen: So leer werden die Gotteshäuser ver- Freizeitforschern anstellen. Wenn es dann aber mutlich bald auch ohne Virus sein; die Seuche Erwartungen gab, waren sie bis ins Magische hin- beschleunigt den Prozess der Säkularisierung in ein überspannt: Die alles erklärende Deutung, der Deutschland nur. ultimative Trost, das heilbringende Ritual sollte Denn das Beten und Hoffen und Sorgen von den Kirchen kommen, als könnten sie alle ging in den vergangenen Monaten offenbar Angst und Unsicherheit, am Ende gar das Virus auch ohne Institution und Kirchenraum. Und wegbeten. wenn das Geld knapp wird – was spart sich leich- Die Zahl der Kirchenmitglieder wird sich in ter als die Kirchensteuer? Deutschland bis zum Jahr 2060 halbieren, ebenso Dass die Kirchen in der Pandemie stumm die Finanzkraft der Landeskirchen und Bistümer, gewesen seien, als es um die Deutung und den so hat es 2019 eine Studie im Auftrag der Kirchen tieferen Sinn der Krise ging – diese Erzählung prognostiziert. Noch gehört eine knappe Mehrheit ist ungerecht. Es gab kluge und treffende Sätze, der Bundesbürger einer der beiden großen Volks- es gab Gemeinden, deren Herzen und Sinne in kirchen an, in wenigen Jahren aber werden die der Krise nahe zusammenrückten, es gab Pfar- Christen eine Minderheit sein im Land. Sie wer- rerinnen und Pfarrer, die da waren und schlicht den längst nicht jede Kirche und auch nicht ihre fragten: Wie geht’s? und einfach zuhörten. Und gewachsene Gemeindestruktur halten können. was hätten die Kritiker geschrieben, wenn es Ihre Sozialträger werden weniger Kindergärten nach einem masken- und abstandslosen Got- und Schulen, Krankenhäuser und Beratungsein- tesdienst mit dem ekd-Ratsvorsitzenden zwei richtungen betreiben können. Und sie werden Dutzend Ansteckungen gegeben hätte, mit drei nicht mehr selbstverständlich mit ihrem Glauben, Menschen auf der Intensivstation? ihren Grundsätzen, Wert- und Normvorstellungen Das Narrativ von der angepassten und stum- in den öffentlichen Debatten, den politischen Ent- men Kirche zeigt jedoch, wie viel die Kirchen, scheidungen, den Urteilen der obersten Gerichte evangelisch wie katholisch, von ihrer einst eine Rolle spielen. ››› selbstverständlichen gesellschaftlichen Deu- tungs- und Durchdringungskraft verloren haben. 6 horizont e horizont e 7
KIRCHE kommentar glauben und wofür sie stehen; sie müssen, jede ›Würde ich die Kirche aufgeben, und jeder Einzelne, zu kleinen Propheten der Sa- wäre es, als hätte ich die Hoffnung che Jesu werden. Sie werden von ihrer mal ver- in die Menschen aufgegeben.‹ ständnislosen, mal neugierigen Umwelt daran gemessen werden, ob sie ihrer Botschaft auch Ta- ten folgen lassen, welchen Lebensstil sie pflegen, wie es in ihrer Gemeinschaft zugeht. Je weni- ger die Institution das kirchliche Leben flächen- deckend organisieren und am Laufen halten D kann, umso mehr wird es auf das Engagement der einzelnen Christinnen und Christen ankom- Trotzdem! men. Gerade die evangelische Kirche, die davon er Weg dorthin wird schmerzhaft und ausgeht, dass alle Gläubigen Anteil am Priester- schwierig sein – auch weil die Kirchen amt Jesu haben, könnte hier ein klares Profil sich nicht einfach selbst marginalisieren gewinnen. Eine Liebeserklärung der Oldenburgerin Sängerin Maike Schöfer, Vikarin, Feministin und als @ können, sich nicht bequem zurückziehen Und je weniger die Kirchen im traditionel- und Moderatorin Annie Heger an die Kirche. ja.und.amen auf Instagram unterwegs, hat dort un- können in den kirchlichen Binnenraum. len Sinne staatstragend sein können, umso mehr ter dem Hashtag #glaubeteilen dazu aufgerufen, Auch mit nur noch der Hälfte der Mitglie- können sie Anwälte des Zweifels und des fairen über Glauben ins Gespräch zu kommen, unter an- der werden sie die größten Gemeinschaften Diskurses werden in einer Gesellschaft, in der Ich bin oft enttäuscht von Kirche. Sie scheint derem mit diesem Satzanfang ›Ich träume von ei- der Zivilgesellschaft bleiben, auch mit halbier- die Zahl derer arg gewachsen ist, die ohne je- nicht zu erkennen, dass sie in Teilen rassistisch ner Kirche ...‹. Mein Post dazu lautete: ›Ich träume ter Finanzkraft ein wichtiger und mächtiger Ar- den Zweifel dem Anderen die eigene Wahrheit und sexistisch ist. Dass sie diskriminiert, weil für von einer Kirche, die groß ist. Die für alle Platz beitgeber, auch als Minderheit werden sie eine wie nasse Waschlappen um die Ohren hauen. Kirche – übrigens eine der größten Arbeit geben- hat. Auch für die, die sich von ihr abwenden, die wichtige Stimme im Land sein, dessen Kultur Stimmen die Maßstäbe, mit denen wir Politik den Institutionen des Landes – das Allgemeine sie kritisieren. Eine Kirche, die ernst nimmt, jeden von christlichen Traditionen und Vorstellun- betreiben, wirtschaften, die Umwelt behandeln, Gleichbehandlungsgesetz nur eingeschränkt gilt. Einzelnen. Eine Kirche, die versucht, zu gesunden. gen geprägt bleiben wird. Die Kirchen werden Kinder bilden? Was bedeuten Liebe und Part- Dass ihre hierarchischen Machtstrukturen Miss- Eine Kirche, die Botschaften hinausschreit voller mächtige Minderheiten sein, die mit hohen Er- nerschaft, Freiheit und Verantwortung, Hoff- brauch begünstigen, sie sich jedoch gleichzeitig Inbrunst, mit einem anderen neuen Bewusstsein wartungen konfrontiert werden, auch wenn es nung und Zuversicht in einer auf Effizienz hin als Moralagentur aufspielt. und bedingungsloser Nächstenliebe.‹ Viele schrie- weniger Pfarrerinnen und Pfarrer gibt und an- ausgerichteten Welt? Die Christen müssen die Ich kann deshalb jeden verstehen, der Kirche ben darunter ›Träum weiter!‹ und ›Nächstenliebe? dere Hauptamtliche, die heute gute und wichtige Gottesrede wachhalten, die heißt: Es gibt eine aus diesen Gründen ablehnt. Vielleicht bei Christen, aber kaum in einer Kirche.‹ Arbeit leisten. Sie werden Menschen beim Leben Wirklichkeit, die über die Menschenwirklichkeit Und trotzdem. Trotz all der harten Kritik, die Würde ich jedoch die Kirche aufgeben, wäre und beim Sterben beistehen müssen, die ansons- hinausgeht, die die Grenzen aller Menschheits- ich selbst an ihr als Institution habe, bleibe ich es, als hätte ich die Hoffnung in die Menschen ten in diesem Leben mit den Kirchen nichts zu erlösungskonzepte aufzeigt und jeder mensch- Mitglied der evangelischen Kirche. Der Grund da- aufgegeben. Schließlich besteht Kirche aus eben tun hatten. Sie werden öffentlich Jesu Botschaft lichen Allmachtsvorstellung. Es kann sein, dass für ist meine eigene, ganz persönlichen Erfahrung diesen Menschen und ihrer Fehlerhaftigkeit. verkünden und für die unveräußerliche Würde sie als Kirche im Volk da freier sind, als sie es mit Kirche und der Gemeinschaft, die sie (er)füllt. Ich fühle den klaren Auftrag, die Revolu- des Menschen eintreten müssen, auch wenn sie als Volkskirche waren. Es kann sein, dass eine Ich habe mich immer von ihr und in ihr willkom- tion von innen zu pushen – als Teil des Ganzen überstimmt werden, ihre Positionen ignoriert, Kirche, die, statt ängstlich und unsicher in zu men, aufgehoben und ernst genommen gefühlt. und nicht von außen. Ich versuche, mit mei- bestenfalls als ehrenhaft, aber irrelevant ange- groß gewordenen Schuhen zu schlurfen, das Diese Erfahrungen haben meine Zuversicht ge- ner Stimme die Gemeinschaft und das Miteinan- sehen werden. fröhliche Verarmen lernt, den Vorstellungen ih- stärkt, dass diese Kirche sich wandeln kann. der zu gestalten. Organisiere Gottesdienste zum Nein, es wird nicht einfach sein, Abschied res Gründers näherkommt. Sicher ist das nicht. Unsere Kirche kann Aufbruch und Verände- Christopher Street Day und ertrage Gegenwind. von der alten Mehrheitsposition zu nehmen. Es Möglich aber schon. e rung, das hat sie bewiesen. Seien es einstimmige Ich streite öffentlich über Luther, moderiere Podi- wird manchen verletzen, der überzeugt ist, dass Synodenbeschlüsse der meisten Landeskirchen, umsdiskussionen, poste meine Gedanken im Netz die Christen eine gute Botschaft zu verkünden wenn es um die Gleichstellung gleichgeschlecht- und stelle mich Anfeindungen. Ich möchte miten- fotos: Alessandra Schellnegger, Tobias Frick haben. Es wird den Alles-geht-den-Bach-Hinun- licher Ehen geht (und das noch vor dem legen- tscheiden, wer in der Kirche entscheidet, wer Ent- M at t h i a s D ro bi n s k i ter-Propheten Auftrieb geben und den Predi- 56, ist Korrespondent der Süddeutschen dären Bundestagsbeschluss in 2017) oder, wie im scheidungen über das Gesicht unserer Kirche und gern wider die böse Welt, wird die Resignierten Zeitung in Frankfurt am Main. Er hat u.a. vergangenen August, als wir ein Rettungsschiff ihre Zukunft trifft. Ich will nicht darauf warten, bestärken. katholische Theologie in Gießen und Mainz ins Mittelmeer schickten. In solchen Momenten dass sich Kirche ohne mein Zutun verändert. studiert. ›Geprägt hat mich die kirchliche Und trotzdem liegt im Abschied von der bin ich sogar richtig stolz auf meine Kirche. Und Anpacken, Ansprechen, Teil der Veränderung Jugendverbandsarbeit, die ich als so fromm foto: Jan Jagusch Mehrheit eine Chance. Das Ende des Selbst- wie menschennah wie politisch engagiert glaube daran, dass Kirche es noch weiter schaffen sein, Wind sein und nicht Fähnchen – das ist verständlichen bedeutet: Die Christinnen und erlebt habe, als Ort der Freiheit in der nicht kann: Sie ist bereits unterwegs. mein Plan. e Christen müssen klarer als bisher sagen, was sie immer so freien katholischen Kirche.‹ 8 horizont e horizont e 9
umfrage ki rc h e Annika Markgraf ›Irgendwann habe ich 2017. ›Ich wollte das einfach gern 40 Ja hre , Wilhe lmshave n nachholen‹, sagt sie. Ab dem Winter- Annika Markgraf hat sich gleich semester will die 20-Jährige in Olden- alles angezweifelt‹ zweimal für die Kirche entschieden: einmal als Jugendliche und einmal burg Pädagogik studieren. Auch das hat sie der Kirche zu verdanken: Im vergangenen Jahr trat mehr als eine viertel Million Menschen aus als Erwachsene. ›Meine Eltern woll- ›Ich habe dort gemerkt, wie viel Spaß den evangelischen Kirchen in Deutschland aus. Ihre Gründe sind viel- ten, dass meine Geschwister und mir die Arbeit mit Kindern und fältig. Was bewegt Menschen dazu, in der Kirche zu bleiben, zurückzu- ich uns selbst entscheiden‹, sagt die Jugend-lichen macht.‹ kehren oder ganz neu einzutreten? Sieben Kirchenmitglieder erzählen. 40-Jährige. Sie ließ sich konfirmie- Text Robert Otto-Moog Fotos Tobias Frick ren – aus Überzeugung. Nur drei Holger Trempeck-Wilken Jahre später verließ sie die Kirche 51 J ahre, Wi l hel m shaven kirchenrat sitzt. Sein Wiedereintritt wieder. Der Grund: Nach einem Gemeinden in Wilhelmshaven in Es gab eine Zeit, in der Holger Trem- gestaltete sich dabei aufwendiger als Schicksalsschlag hatte sie Unterstüt- Kontakt kam: ›Da habe ich gemerkt, peck-Wilken Pastor werden wollte. der Austritt. ›Ich musste sogar zwei- zung bei ihrem Pastor gesucht. ›Ich wie eng diese Kirche inzwischen an ›Ich war extrem fundimäßig.‹ Und es mal im Kirchenbüro anrufen, damit wurde schwer enttäuscht‹, erinnert den Menschen dran ist.‹ Parallel da- gab die Zeit, in der der Musiker die die merken, dass ich es ernst meine.‹ sie sich. Markgraf war so getroffen, zu engagierten sich seine Söhne in Kirche fast verlassen hätte. ›Inner- dass sie aus der Kirche austrat. ›Ich der kirchlichen Jugendarbeit. ›Mein lich‹, sagt der heute 51-Jährige, ›war Fatemeh Dehbozorgi Bettina Lippa habe die Institution verlassen, aber Wiedereintritt war ein Prozess‹, sagt ich längst ausgetreten.‹ Das Extrem- 28 J ahre, Wi l hel ms h aven 5 1 Ja hre , B utja dinge n nie meinen Glauben verloren.‹ Das Feist. ›Irgendwann wollte ich wieder Fundimäßige sei auch eine Flucht vor Es war ein weiter Weg für Fatehmeh Grund zum Zweifeln hatte Bettina sei auch ein Grund gewesen, warum dazugehören – und zwar ganz.‹ der eigenen Homosexualität gewesen. Dehbozorgi, der sie bis nach Wil- Lippa in ihrem Leben schon genug. sie die Kirche nicht vermisst habe. ›Ich wusste, dass ich anders bin. Die- helmshaven geführt hat. Seit fünf Zwei Freundinnen starben an Krebs, ›Zwölf Jahre später bin ich in eine ser Konflikt hat mich immer weiter Jahren lebt die 28-jährige Iranerin in eine weitere verlor ihr Kind. Auf richtige Lebenskrise geraten‹, sagt von der Kirche entfernt‹, sagt der Deutschland, im Frühjahr 2016 ließ dem Schreibtisch der Verwaltungs- Markgraf. Doch diesmal habe ihr ein Wilhelmshavener. ›Irgendwann habe sie sich hier taufen. Hergekommen angestellten bei der Polizei landen Pastor geholfen. ›Obwohl ich nicht in ich alles angezweifelt – auch Gott.‹ ist sie wegen des Glaubens. ›Wenn Ralf Hesse Verkehrsunfälle und Anzeigen wegen der Kirche war, war er für mich da – Trempeck-Wilken spielte Orgel. Weil jemand im Iran seine Religion wech- 57 J ahre , B lexe n Kindesmissbrauchs. ›Da fragt man so wie ich es mit 17 auch gebraucht er nicht wollte, dass man ihn raus- selt und Christ wird, wird er verfolgt, Wenn Ralf Hesse aus Blexen heute sich immer wieder, warum niemand hätte.‹ Markgraf bekam die Krise in wirft, schwieg er. Irgendwann aber erhängt oder muss ins Gefängnis‹, über seinen Kirchenaustritt spricht, aufpasst.‹ Lippa hadert mit Gott, den Griff und trat zum zweiten Mal hörte er auf, in der Kirche zu spie- sagt Dehbozorgi, die als Muslima ge- klingt es fast wie ein Unfall. ›Das trotzdem glaubt sie. ›Er gibt mir Trost in die Kirche ein. len – bis er gefragt wurde, ob er eine boren wurde. Schon im Iran brachte ist einfach so passiert‹, sagt er. ›Ich und Kraft‹, sagt die 51-Jährige aus Predigtreihe in Heppens begleiten eine Freundin ihr das Christentum habe damals überhaupt nicht nach- Butjadingen. ›Ohne Kirche würde mir Carsten Feist wolle. ›Die Pastoren hatten eine ganz näher. ›Besonders war für mich, dass gedacht.‹ Hesse, 57 Jahre alt, verließ etwas fehlen.‹ Nach dem Tod ihres 50 Ja hre , Wilhe lmshave n andere Sichtweise, auch auf meine ich Gott Vater nennen kann‹, erinnert die Kirche Ende der 1980er-Jahre. Vaters sei sie beispielsweise immer Es war ein Streit mit dem Pastor, der Lebensweise‹, sagt er. Heute spielt er sie sich. Ihre Eltern hatte sie früh ver- Der Grund war profan: ›Ich habe auf wieder in die Kirche gegangen, um Carsten Feist Ende der 1980er-Jahre wieder regelmäßig in Heppens und loren. ›Ich hatte das Gefühl, dass ich meine Lohnzettel geschaut und mich zu trauern. ›Das ist für mich auch ein aus der Kirche trieb. ›Ein Familienan- Janna Heidemann in der Garnisonskirche. ›Und ich wieder einen Vater habe.‹ Für ihren gefragt, warum ich Kirchensteuer Zufluchtsort‹, erklärt Lippa. So kommt gehöriger hat damals Trost in der Kir- 20 J ahre, Wi l hel m shaven genieße es.‹ Glauben ließ sie viel zurück – auch zahle und nichts davon habe.‹ Also für sie ein Austritt aus der Kirche che gesucht‹, erinnert sich Wilhelms- Die meisten Menschen werden in ihre Geschwister und Verwandten. meldete er sich ab – einfach so. nicht infrage – trotz aller Zweifel. havens Oberbürgermeister. Doch da ihre Glaubensgemeinschaft hinein- Die hätten ihren neuen Glauben zwar Für den Wiedereintritt habe es dann die Kirche geschlossen war, habe der geboren. Janna Heidemann aus Wil- abgelehnt, angesichts der drohenden allerdings auch nur eines kleinen Pastor den Verwandten rausgeworfen. helmshaven ist in die Kirche ›rein- Todesstrafe aber bei der Ausreise ge- Anstoßes bedurft. ›Ich habe mich mit ›Ich war 18 und wollte das klären‹, gerutscht‹, denn aus einer religiösen holfen. ›In Deutschland hatte ich mit einem Bekannten über Gott und die erinnert sich Feist. Doch er sei schroff Familie stammt die 20-Jährige nicht. der Kirche sofort einen Ort, an dem Welt unterhalten‹, erinnert er sich. abgebügelt worden. ›Das war nicht Als Kind war sie bei vielen Aktionen ich willkommen war.‹ Bald möchte Irgendwann sprachen sie auch über die Kirche, mit der ich etwas zu tun der Gemeinde dabei, später war sie sie in ihrer Kirche eine Ausbildung die Kirche. ›Vergiss die Kirche in dei- haben wollte‹, sagt Feist. Aus Wut aktiv in der Jugendarbeit. ›Ich habe zur Lektorin machen, beruflich hofft nem Dorf‹, sagte Hesses Bekannter. ging er, der Glaube aber blieb. ›Nur viel Zeit dort verbracht und meine sie auf einen Ausbildungsplatz als ›Denk an das, was die Institution alles eben nicht mehr in der Kirche‹, sagt besten Freunde kennengelernt‹, erin- Friseurin. ›Ich kann hier einfach zur leistet: Kindergärten, Krankenhäuser, der heute 50-Jährige. Sein Sinnes- nert sie sich. ›Irgendwann wollte ich Kirche gehen und mich Christin nen- Pflegeheime.‹ Das habe er gebraucht, wandel begann 2004, als Feist Leiter ganz dabei sein.‹ Denn getauft war nen‹, sagt Dehbozorgi. ›Die Leute im sagt Hesse, der heute im Gemeinde- des Jugendamtes wurde und mit den Heidemann nicht – bis zum Sommer Iran haben diese Freiheit nicht.‹ 10 horizont e horizont e 11
k i rc h e menschen Bitte nachmachen! eh r ena mtlic h engagi ert Die Pandemie wird das Kirchen- und Gemeindeleben noch einige Zeit bestimmen. Einige Pfarrerinnen und Pfarrer haben deshalb auch schon ein ›Wer in anderen etwas entzünden will, paar besondere Ideen entwickelt, um trotz aller Beschränkungen Gott muss selbst lichterloh brennen.‹ und einander nah zu sein. Hier sind drei. Und bei den Gospel-Kirchentagen, die norma- lerweise alle zwei Jahre in wechselnden deut- Espresso-Gottesdienste Der Kasten und die CDs ergänzen unse- schen Städten stattfinden, singt der Chor vor Sonntag für Sonntag re Arbeit perfekt. Denn auf diese Weise mehreren tausend Zuhörern – und das Konzert feiern meine Kollegin Nele können sich Neugierige etwas von ›ihrer wird zum gemeinsamen Fest. Schomakers und ich in Kirche‹ mitnehmen und auch unter der ›Ohne Musik geht in meinem Leben gar St. Stephanus in Delmen- Woche Andacht feiern. Positiver Neben- nichts‹, sagt Kaiser, der im Hauptberuf eine horst einen maximal effekt: Durch das CD-Projekt arbeiten zwei Bankfiliale leitet. Schon mit drei saß er am 30-minütigen Gottesdienst Gemeinden enger zusammen und der Klavier. ›Mein Vater fand immer wieder gute unter freiem Himmel – Zusatzaufwand ist gering. Argumente zum Durchhalten.‹ Außerdem: Espresso-Gottesdienste p far r e r C h r isto p h M artsc h -G ru n au ›Wer Klavier oder Gitarre konnte, der hatte eben. Idee und Namen Heilig-Geist-Kirche in Delmenhorst auch bessere Chancen bei den Mädchen.‹ Und haben wir vom Michaelis- dann erzählt er vom Gymnasium, vom Leis- kloster in Hildesheim übernommen. Was tungskurs Musik und der Bigband an der Schu- das bedeutet? Dass die Predigt konzent- Kindergottesdienst le. Und davon, dass der Pastor der Nachbarge- riert ist wie ein Espresso: stark, schnell, in Tüten meinde ihn mit 15 fragt, ob er den Organisten- intensiv – und nur 90 bis 360 Sekunden Was hilft Kindern bei dienst übernehmen könne. Auch wenn Kaiser kurz. Gerade weil in der Mini-Predigt Langeweile und Traurigkeit damals keinen Draht zur Kirche hat, sagt er zu. nichts zu Ende gedacht, sondern besten- im Krankenhaus? Genau: ›Ich liebe Herausforderungen – und das war falls angerissen werden kann, schätzen Spielen, Basteln und Ge- eine. Beim ersten Gottesdienst lagen meine Halleluja die Besucherinnen und Besucher die schichten zum Lesen oder Nerven allerdings blank.‹ foto: privat Möglichkeit, selbst weiterzudenken. Vorlesen. Als Kindergottes- Vier Jahre später trifft Kaiser als Organist Und so steht auch schon fest, dass wir in dienst in Tüten verschenken bei einer Konfirmation eine Handvoll begabter St. Stephanus noch weit in den Herbst wir kleine Lesehefte mit Jon as K aiser 36 JAhr e Sängerinnen und Sänger, die ein A-Cappella- oder Winter hinein draußen Espresso- weltlichen oder biblischen Erzählungen, Leiter des Gospelchors ›Amatöne‹ in Varel Programm einstudiert hatten. ›Sie suchten Gottesdienste feiern werden – unabhängig Malbücher, Stifte, Segenszeichen sowie jemanden, der mit ihnen arbeitet. Und weil G vom Wetter. eine Überraschung – immer liebevoll ich Gospel liebe, habe sie kurzerhand auf Pfar r er i n Ba r ba r a B o c ke nti n verpackt in Papiertüten, die unter ande- ospel ist Gottesdienst. Gospel feiert den good Gospelmusik umgepolt.‹ Und die zelebrieren St. Stephanus in Delmenhorst rem mit Schutzengelflügeln oder Blumen spell, die ›Frohe Botschaft‹, kurz: das Evange- die mittlerweile rund 50 Frauen und Männer bemalt wurden. Darüber freuen sich alle, lium. Er berührt die Menschen in ihrem mit großer Begeisterung zusammen mit ihrem auch die, die noch nicht selbst lesen kön- Innersten. Er schenkt Hoffnung, und er stärkt Chorleiter. 10 bis 15 Stunden investiert Kaiser Kirche zum Mitnehmen nen oder eine andere Sprache sprechen. die Zuversicht. So sieht das zumindest Jonas pro Woche in die Musik. Er arrangiert viele fotos: Beate Bühler-Egdorf, Christoph Martsch-Grunau, Nele Schomakers Neben dem Schaukasten Auf diese Weise erleben Kinder und ihre Kaiser. Er leitet den Gospelchor Die Amatöne Stücke selbst und erhält dafür eine Aufwands- der Heilig-Geist-Gemeinde Familien: Gott hat mich nicht vergessen. und ist zutiefst überzeugt: ›Gospel erreicht entschädigung. Seine Frau Nathalie, die er Delmenhorst haben wir Bis wir wieder zusammenkommen dürfen, direkt die Seele.‹ Und während Kaiser beginnt, beim Gospelchor kennengelernt hat und mit einen Kasten montiert. werden wir deshalb weiter ›eintüten‹. von Proben und Konzerten mit den Amatönen der er einen achtjährigen Sohn hat, kümmert In dem liegen in regelmä- Übrigens: Einige Gemeinden verteilen zu erzählen, tanzen seine Hände wie bei einem sich um Organisatorisches. Normalerweise. ßigen Abständen kleine oder verschicken solche Tüten. Dirigat, und seine Augen strahlen. Denn Corona hat die Amatöne seit März ver- Überraschungen für Interessierte. Beson- P far r e r i n B eate B ü h l e r-E g d o r f ›Wer in anderen etwas entzünden will, stummen lassen. Eine Probe im Freien sei gut, ders beliebt sind die Gottesdienst-CDs, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin muss selbst lichterloh brennen‹, sagt der um sich mal wiederzusehen, sagt Kaiser, in Oldenburg die Pastor Robert Vetter (Stuhr) und ich 36-Jährige. Und er gibt zu, hohe Ansprüche aber nichts zum Arbeiten. Also nimmt er zu gemeinsam mit den Kirchenmusikern zu haben. ›Wer zu den Amatönen kommt, der Hause in seinem Mini-Studio Lieder auf, produzieren. Jeden Sonntag erscheint eine kann schon singen.‹ Entsprechend groß ist die er den Sängerinnen und Sängern schickt – neue CD mit Predigt, Gebeten, Liedern der Erfolg. Immer wieder sind die Kirchen bei Chorprobe im Homeoffice sozusagen. und Musik. ihren Konzerten bis zum letzten Platz besetzt. Vorerst. A nn e tte K e llin 12 horizont e horizont e 13
eh r en a mtli c h e ngag i e rt eh r en a mtlic h engagi ert I nge Tönjes ist das, was man eine Macherin nennt. Seit mehr als 25 Jahren ist die Erziehe- rin Teil des vierköpfigen Teams, das den öku- eingeladen, die über Homöopathie informie- ren, Entspannungsübungen anbieten oder zu Frauen in der Bibel referieren – ›Hauptsache, ›Wir reden nicht nur miteinander, wir sind auch füreinander da.‹ menischen Frauentreff in Burhave/Waddens es geht unterhaltsam und informativ zu‹, sagt organisiert. Etwa einmal im Monat kommen Tönjes. ›Uns ist bei allem auch der Spaß am die rund 15 aktiven Mitglieder im Gemeinde- Miteinander wichtig. Denn wir möchten den haus zusammen – und das Programm dafür Frauen eine kleine Auszeit abseits des Alltags ten, konnte er sich nicht identifizieren. Damals, stellt die heute 59-Jährige mit auf die Beine. bieten.‹ Dass Männer an diesen Abenden nicht Ende der 1970-er, zu Zeiten der Debatte um Mal werden Kirchen und Kunstmuseen in der anwesend sind, erleichtere ihrer Erfahrung den Nato-Doppelbeschluss. Umgebung besichtigt, mal geht’s gemeinsam nach den Austausch untereinander. Schließlich Lange her. Längst sind Claus Schlaack und auf eine Radtour, mal vergnügt man sich bei gehe es nicht um passive Teilnahme, sondern seine Frau Ulla in Lohne heimisch – und in der Spieleabenden mit Bingo und dem Stuhrer um ›Mitwirken, Ausprobieren, Diskutieren‹. Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Michael. Dort Eselspiel. Dann wieder werden Referentinnen Tönjes ist in Burhave aufgewachsen. trat er auch wieder in die Kirche ein, gründete Bereits ihre Eltern und Großeltern lebten ihr 2004 den Männergesprächskreis. Heute zählt I nge Tö n j e s 59 JA hr e vor, wie wichtig und wertvoll ehrenamtliches die Gruppe gut 30 Mitglieder. Ob Hausmeister Organisatorin des Ökumenischen Frauentreffs Burhave/Waddens Engagement in der Kirche und darüber hinaus oder Lehrer, ob Kaufmann oder Tierarzt: Beruf, Auszeit ist. So arbeitete ihre Mutter unter anderem Parteibuch und Nationalität spielen keine Rolle. im Sportverein und im Gemeindekirchenrat Die meisten von ihnen sind älter als 60, einige vom Alltag foto:Tobias Frick mit, Vater und Großvater waren in der Kom- schon über 80. munalpolitik tätig. ›Was soll denn aus unserer Normalerweise treffen sich die Männer Gesellschaft werden, wenn sich keiner mehr jeden Monat, sprechen im wahrsten Wortsinn in Gruppen, Vereinen und Kirchengemeinden über Gott und die Welt: mal über das Männer- einbringt?‹ bild im Alten Testament, mal mit dem Bürger- foto:Uwe Haring Ihr ehrenamtliches Engagement versteht meister über die Entwicklung der Stadt. Denn Tönjes im ursprünglichen Sinne des Wortes: als Ehre. ›Dass Frauen die Angebote unseres Gespräche über Gott. Impulse für den Gesprächskreis kommen auch von externen Referenten, doch im Mittelpunkt Und die Welt. Frauentreffs nutzen und ihre Zeit miteinander sieht Schlaack die Gemeinschaft: ›Wir reden verbringen wollen, ist mir eine Ehre.‹ Aber nicht nur miteinander, wir sind auch füreinan- da ist noch mehr: ›Es bereichert auch mich der da.‹ Auch und gerade in Zeiten von Corona. als Ehrenämtlerin enorm. Ich bin durch die C l aus Sc h l a ac k 76 JAhr e Zwar sind keine regulären Treffen im Gemein- Aufgabe selbstbewusster geworden und habe leitet den Männergesprächskreis der dehaus möglich, aber Krankenbesuche inner- viele interessante Dinge erfahren, die meinen Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Michael in Lohne halb der Gruppe. Alle duzen sich inzwischen, Horizont wunderbar erweiterten.‹ es sind Freundschaften entstanden. V Trotzdem: In den 25 Jahren Engagement ›Ehrenamt ist eine tragende Säule von Ge- für den Frauentreff kam ab und zu auch mal eränderung ist die eine Konstante im Leben sellschaft und Kirche‹, sagt der 76-Jährige. Und der Gedanke auf, kürzer zu treten – vor allem, von Claus Schlaack. Verantwortung die andere. was ist es für ihn? ›Ein gutes Gefühl, etwas zu als die beiden Kinder noch klein waren, die Kindheit und frühe Jugend in der DDR, Abitur tun, das für andere gut ist.‹ Wie religiös ist der inzwischen jedoch längst aus dem Haus sind. im Saarland. Später dann, als Berufsoffizier Männerkreis? ›Oft beginnen unsere Treffen In diesen Momenten bewährte sich allerdings der Bundeswehr, viele Wohnortwechsel – was mit Losung und Lehrtext, immer enden sie mit der ›besondere Teamgeist‹ unter den vier blieb war als Oberst in der Personalabteilung unserem Lied Nehmt Abschied, Brüder.‹ Unter Hauptorganisatorinnen – und ihre gemeinsa- immer die innere Verpflichtung den Menschen den Männern sind viele Kirchgänger, Jahr für me Freude, auch in den weltlichen Themen- gegenüber. Dann der letzte Neustart in Lohne Jahr gestaltet der Gesprächskreis eine Passions- abenden den Bezug zu Gott und dem christ- die Suche nach neuen Kontakten, nach einem andacht. lichen Glauben zu finden. Tönjes einziger Ehrenamt. Claus Schlaack hat Kontakt gesucht und Kummer: ›Der Anteil der Katholikinnen ist Verein? Sport? Kommunalpolitik? Kam Engagement geboten. Und es blieb nicht bei gering. Leider.‹ Thomas Klaus für Schlaack alles nicht infrage. Stattdessen: einem Amt. Er war jahrelang Mitglied des Kirche. ›Kirche passt zu mir, mit Kirche bin Gemeindekirchenrats, des Diakonie-Vorstands ›Dass Frauen die Angebote ich aufgewachsen.‹ Wobei er seit jeher auch im Kirchenkreis, der Landessynode. Verant- unseres Frauentreffs nutzen und kritisch auf die Institution blickt. Zwischenzeit- wortung übernehmen und Veränderung ihre Zeit miteinander verbringen lich war er sogar ausgetreten. Denn mit einer mitgestalten – das mag er, das kann er, das wollen, ist mir eine Ehre.‹ Kirche, deren Pfarrer Soldaten Mörder nann- motiviert ihn. Uw e H aring 14 horizont e horizont e 15
eh r en a mtli c h e ngag i e rt kolumn e ›Ich behandle die Menschen so, wie auch ich in ihrer Situation gern Vor dem Sterben kommt das Leben behandelt werden würde.‹ … und das verläuft manchmal anders als beabsichtigt. Aber das muss nicht schlecht sein, findet unsere Kolumnistin Susanne Niemeyer. Im Gegenteil. sieht mit ihnen alte Fotoalben an oder begleitet Und weitergeht es auch so. sie zum Arzt oder zum Gemeindenachmittag. Es sind Menschen mit und ohne Demenz, H die sie regelmäßig besucht. ›Die Chemie muss natürlich stimmen‹, sagt die 56-Jährige, och lebe Plan B! Er führte viel zu lange ein was Schönes. Und dann muss man eben gucken, ›aber entscheidend ist, jeden Menschen so zu Schattendasein. Plan B, das sind Patchwork- wo was Schönes ist. nehmen, wie er ist.‹ familien. Camping in den Alpen statt Trekking Die halbe Bibel ist ein Plan B. Ich weiß, der Und das kann – insbesondere bei den an in Mexiko. Balkon statt Garten, Ole statt Martin, Satz ist gewagt. Aber nehmen wir das Paradies. Demenz Erkrankten – immer wieder neu und Gummistiefel statt Flip-Flops. Schuldnerberater Das hatte Gott sich wahrscheinlich auch ganz anders sein. ›Meine Besuche lassen sich nicht statt Wirtschaftsanwalt. Kaiserschmarrn statt anders vorgestellt. Alles war just fertig und bis ins Detail planen, sondern sind abhängig Pfannkuchen. roch noch nach Farbe, dann kamen die Men- davon, in welcher Stimmung ich die Senioren Plan B ist die Antwort des Lebens, wenn das schen, plünderten den Apfelbaum, und vorbei antreffe‹, erzählt sie. Ein respektvoller Umgang Leben nicht so spielt, wie ich es geplant hatte. war’s mit dem schönen Plan. Doch was dann ist ihr immens wichtig. ›Ich behandle die Schokoladeneis ist aus, nehmen Sie Maracuja. folgte, war gar nicht so schlecht. Auch vor der Menschen so, wie auch ich in ihrer Situation Muss nicht schlechter sein, ist nur anders. Tür lässt sich’s ganz gut leben. Oder die Sintflut. gern behandelt werden würde.‹ Auf Augen- Mir waren schon immer diese Coaches sus- Die ganze Menschheit wollte Gott vernichten. höhe und immer dem Moment angemessen zu pekt, die fragten, was ich in zehn Jahren tun will. Im größten Zorn versteigt man sich schon mal reagieren, das ist ihr wichtig. Gerade bei Woher soll ich wissen, was das Leben so vorhat? ein bisschen und verliert jedes Maß. Wir kön- foto: Anke Brockmeyer Demenz sei es entscheidend, das Gegenüber Ich schmiede gern Pläne. Das liegt daran, dass nen nachlesen, wie selbst Gott seine Meinung ernst zu nehmen und entsprechend zu reagie- ich viele Ideen habe. Es gibt einfach eine Menge änderte und versprach: Das mache ich nicht wie- ren, ist ihre Erfahrung. Und weil Verlässlich- interessanter Sachen auf der Welt. Aber dann be- der. Hier habt ihr einen Regenbogen, der ist das keit wesentlich ist, hat sie während des Corona- ginnt es plötzlich zu regnen oder die Kündigung Siegel. Und schließlich Jesus: Dessen Laufbahn Mit allen Sinnen Lockdowns – natürlich unter den Hygiene- liegt auf dem Tisch und ich kann mich darüber auf Erden war schnell beendet. Mag sein, dass regeln – die ganze Zeit den Kontakt gehalten grämen oder etwas anderes machen. Meistens er’s geahnt hat, weil man als Aufwiegler immer und bei Bedarf auch für die Senioren einge- mache ich was anderes. Manche sagen: ›Du gefährlich lebt. Aber geplant hatte er sein Ende Dagm a r vo n E lm 56 JA hr e kauft. Die Osternburgerin baut ein Verhältnis musst mal was durchhalten. Wer A sagt, muss am Kreuz doch bestimmt nicht. Wer will schon Alltagsbegleiterin der Kirchengemeinde zu ihnen auf, das tief geht. ›Wenn jemand auch B sagen.‹ Erstens frage ich: Warum eigent- so sterben? Oldenburg-Osternburg stirbt, ist das sehr hart‹, sagt sie. ›Damit muss lich? Und zweitens glaube ich, dass man lernen Manche sagen: doch. Gott habe das alles ge- man erstmal abschließen, bevor man sich auf kann zu erkennen, wann eine Abzweigung die nau so gewollt und vorherbestimmt. Glaube ich I jemand Neues einlässt.‹ Manchmal bleibt bessere Wahl ist. nicht. Ich glaube, all diese Geschichten zeigen, › ch habe jeden von ihnen ins Herz geschlossen‹, der Kontakt zu den Familienangehörigen auch Das Leben ist auf Lücke gebaut. Damit muss dass Gott ein Meister des Plan B ist. Er kann aus sagt Dagmar von Elm über die vier Seniorin- über den Tod des Vaters oder der Mutter man klarkommen, und es ist sicher nicht die ein- dem größten Mist Gutes machen. Hoff- nen und Senioren, die sie betreut. Seit 2018 ist hinaus bestehen. fachste Übung. Wenn etwas nicht so klappt, wie nung siegt über Resignation. Mit Plan sie ehrenamtliche Alltagsbegleiterin der Kir- Die Alltagsbegleiterinnen und -begleiter man es sich gewünscht hat, kommt die Enttäu- B kommt man durchs Leben. Weil es chengemeinde Oldenburg-Osternburg. ›Schon sind kein Ersatz für Angehörige, sondern im schung um die Ecke, und sie ist ziemlich hart- immer weitergeht. Weil es Verwand- während ich mich um meine Eltern geküm- besten Fall eine Entlastung. Ihre Arbeit sieht näckig. Am besten man streichelt ihr ein paar- lung gibt. mert habe, habe ich schnell gemerkt, dass ich Dagmar von Elm als einen Baustein, damit die mal über den Kopf und sagt: Komm, ich zeig dir Manche nennen das Auferstehung. eine Antenne für diese Arbeit habe‹, erzählt sie. älteren Menschen so lange wie möglich ein Etwa fünf bis sechs Stunden pro Woche in- selbstbestimmtes Leben führen können. Und vestiert Dagmar von Elm in das Ehrenamt, für auch sie selbst profitiert von diesem Ehrenamt das sie lediglich eine Aufwandsentschädigung – etwa, wenn sie auf einem gemeinsamen bekommt – und jede Menge Dankbarkeit. Spaziergang die Natur mit neuen Augen sieht. S usa n n e N i em eyer ›Ihre‹ Senioren freuen sich, wenn sie zu Besuch ›Gerade Menschen mit Demenz nehmen die 48, ist freie Autorin, Kolumnistin und Bloggerin kommt, und würden sie gern öfter als einmal Umgebung – etwa ein Vogelzwitschern oder (www.freudenwort.de). Von ihr erschien im in der Woche sehen. Denn die Alltagsbeglei- den Duft einer Blume – viel intensiver wahr‹, Herder-Verlag ›Mut ist … Kaffeetrinken mit der terin bringt Abwechslung in ihr Leben. Sie sagt sie. ›Das sind Erfahrungen, die auch mich Angst‹ (16 Euro), aus dem diese Geschichte stammt. foto: privat singt mit ihnen, lauscht ihren Erinnerungen, bereichern.‹ Anke B ro ckmeyer 16 horizont e horizont e 17
j ug e n d j ugen d Konfi-Camp Len nart S c h i l l i g , 16 J ahre, Team er Nach Wildflecken zu fah- an der Küste ren, gehörte für mich immer zum Sommer dazu. Deshalb waren meine Erwartungen an Wildflecken@home nicht besonders hoch. Doch nach Corona – was sonst?! Die Pandemie hat die traditionelle Reise der den zwei Wochen muss ich Konfis nach Wildflecken leider unmöglich gemacht. Deshalb organi- sagen: Es hat Mega-Spaß ge- sierten die Wilhelmshavener Kirchengemeinden ein Alternativ- macht. Außer der Stadtpark- programm. Und das kam bei den Kindern und Jugendlichen prima an. J Rallye hat mir besonders die Wildflecken@hom Auftaktveranstaltung im Stadion gefallen. Durch die vie- VO N th om as K l au s len Menschen kam dort eine ganz spezielle Stimmung annis keucht. Gerade ist die Drei-Fragezeichen- Jannis gehört zu den gut 200 Kindern und Ju- nungen im Glauben, auch das natürlich. Doch auf, die mich sehr an das Wildflecken-Original erinnerte. Stadtrallye zu Ende gegangen. Zusammen mit 44 gendlichen, die in Wilhelmshaven an dem Som- 2020 ist alles anders: 2020 ist Corona. Übrigens: In Bayern hockt man tagelang sehr eng aufei- anderen Kindern und in Begleitung einiger El- merferienprogramm Wildflecken@home der ›Die Absage der Reise haben wir so lange nander. Das ist oft schön, aber eben nicht immer. Inso- tern hat der Zehnjährige den Bösewicht gejagt, evangelischen Kirchengemeinden teilnahmen. wie möglich hinausgezögert‹, sagt Pastor Rai- fern war Wildflecken@home eine tolle Alternative, auch der den Wildflecken-Kiosk ausgeraubt hatte. In Eigentlich hätten sie den Fall im echten, unter- ner Claus von der Heppenser Kirchengemeinde. wenn es ruhig noch ein paar mehr Aktionen hätten sein fünf Kirchen haben sie Hinweise auf den Täter fränkischen Wildflecken aufklären sollen. Denn ›Aber irgendwann mussten wir es doch tun.‹ können.‹ gefunden und konnten ihn so noch rechtzeitig seit 1960 fahren jedes Jahr etwa 350 Kinder, Kon- Claus gehört zu den Organisatoren der Wild- vor der abendlichen Abschlussrunde überfüh- firmanden und Teamer in das knapp 500 Kilo- flecken-Camps. Einen Sommer ohne das Feri- Lena Li n db ergh, ren. ›Es war anstrengend‹, erzählt Jannis und meter entfernte CVJM-Feriendorf in Bayern. enlager – das wollte und konnte der 54-Jährige 17 J ahre, Team eri n ist noch immer außer Atem. ›Wir sind viel ge- Und so hätte es auch in diesem Jahr sein sollen sich nicht vorstellen. Also hat er gemeinsam mit Wildflecken kann man nur rannt und mussten uns sehr konzentrieren. Aber – mit Wohnen in Blockhütten, mit jeder Menge zahlreichen Haupt- und Ehrenamtlichen aus der in Wildflecken haben, habe es hat totalen Spaß gemacht.‹ Spaß und Spielen, mit Lagerfeuern und Begeg- eigenen Kirchenemeinde so wie aus den benach- ich gedacht, als ich von der barten Gemeinden Christus-Garnison, Luther, Absage erfuhr. Ich war darum Neuende und Cäciliengroden ein Alternativ- ziemlich enttäuscht. Doch bei programm auf die Beine gestellt – eben Wildfle- Wildflecken@home waren alle cken@home. Nordseeküste statt Unterfranken. richtig gut drauf. Es hat mir 13 Tage lang wurden nun Tontöpfe und Sam- super viel Freude gemacht, melmappen gestaltet, Aufgaben für Oberpirat mit ihnen etwas zu unterneh- Klaus Störtebeker erledigt und beim Bibelflitzer- men. Und die Konflikte, wie Spiel als Team zusammengearbeitet. Die ganze es sie manchmal bei Jugendfreizeiten mit Kindern und Stadt war Schauplatz von Wildflecken@home Jugendlichen oder auch zwischen ihnen gibt, die fanden – sogar das Jade-Stadion, in dem Auftakt- und diesmal nicht statt.‹ Abschlussveranstaltung stattfanden. Ein Unter- schied in Corona-Zeiten: Die Gruppen mussten Alex Buss, 14 J ah re, klein sein, Abstands- und Hygieneregeln einge- Team er i n Au s b ild u n g halten werden. ›Das war nicht schlimm‹, findet Ich fand es total super, dass Jannis. ›Den Spaß hat das nicht verhindert.‹ für die Wildflecken-Leute Einige Aktionen wie etwa das Bibelflitzer- der Störtebeker-Park geöff- Spiel und die Drei-Fragezeichen-Stadtrallye net wurde, obwohl er ja zur- fotos: Bastian Heinrich, Rainer Claus, Tobias Frick waren aus dem Wildflecken-Original bestens zeit eigentlich geschlossen bekannt; andere wie beispielsweise die Stadt- ist. Dort mussten wir den park-Rallye und der Störtebeker-Bootsbau-Wett- Teich mit Hilfe eines Floßes kampf wurden eigens für Wildflecken@home überqueren. An drei Statio- entwickelt. Vermutlich werden sie auch bei den nen gab es für uns Aufgaben. nächsten Camps eine Rolle spielen. Denn die Eine war zum Beispiel, sich Hoffnung ist groß, dass die im kommenden Jahr einen Schlachtruf auszudenken. Nur wer alle Aufgaben wieder in Bayern stattfinden können. Weil Wild- lösen konnte, wurde von Klaus Störtebeker wieder an flecken@home zwar nah dran ist am Original, es Land gelassen. Diese Aktion war mein Highlight.‹ aber nicht ersetzen kann. e 18 horizont e e horizont 19
ratgeber Smi ll a Dar de m an n, Alles auf Anfang L au fen de Kon fi ku r se Einige Konfi-Gruppen hatten sich bereits vor 1 4 Ja hre , Noch immer bestimmt Corona, wie viele Menschen den Sommerferien in kleinen Gruppen getroffen. Konf ir ma ndin sich wie lange in welcher Art von Räumen treffen dür- Mit viel kommunikativem Einfallsreichtum und Ich war schon vier- fen. Und das wird auch weit über den Herbst hinaus digitalen Tools wie beispielsweise Mentimeter, mal in Wildflecken so sein. Trotzdem: Die Konfi-Treffen finden inzwischen KonApp oder Discord gelang es allen, über die und hoffe sehr, dass wieder wie früher ganz analog im Hier und Jetzt statt. Sommermonate in gutem Kontakt miteinander ich nächstes Jahr Jedenfalls bis auf Weiteres. zu bleiben. Denn auch unter schwierigen Bedin- wieder dorthin kann. gungen soll die Konfizeit den Beteiligten ja vor In Wildflecken ist es allem Spaß machen. zwar schöner. Aber Klar, dass einige der digitalen Kommunika- Wildflecken@home tionsplattformen auch künftig genutzt werden. hat mir trotzdem viel Spaß gemacht. Die Stim- Doch nun freuen sich die Konfis und ihre Teame- mung war richtig klasse. Alle waren begeis- rinnen und Teamer erst einmal wieder auf tert und gut drauf. Wir haben viel zusammen analoge Begegnungen. Wir entwickeln gegen- gelacht und auch einiges über Bibel-Inhalte wärtig überall eine neue Normalität, die unter M i ek e L i ppi ls, 1 3 Ja hre , gelernt.‹ anderem von den Erfahrungen des Schulalltags a ng e he nd e Konf i r m a nd in und den kreativen Aktionen der Evangelischen Ich war schon bei mehreren R ai n e r C l aus, Jugend in den Sommerferien profitiert. Über- Camps in Wildflecken da- 54 Ja hre , Pa sto r haupt ist das Miteinander von Jugendarbeit und bei und hatte mich so sehr Ich hatte Zweifel, Konfizeit ein großer Schatz. auf diesen Sommer dort ge- ob es uns gelingen N eu e Kon fi ku r se freut. Ich war sehr traurig, als würde, das Wild- Weil derzeit so vieles anders gedacht und das Camp abgesagt werden flecken-Original auf ausprobiert werden muss, lassen zahlreiche musste. Aber ich habe natür- Wilhelmshavener Gemeinden ihre neuen Konfikurse erst deut- en@home lich verstanden, dass das we- Verhältnisse zu Seit August erlaubt Niedersachsen, dass sich unter lich später beginnen, zum Teil erst Anfang 2021. gen Corona nicht anders ging. übertragen. Denn bestimmten Voraussetzungen bis zu 50 Personen Und obwohl große Starter-Events mit vielen Aber jetzt, zum Abschluss Wildflecken ist Nähe. ohne 1,50 Meter Abstand und Maske treffen dürfen Konfis im Moment nicht angesagt sind – gegen von Wildflecken@home, kann ich nur sagen: Es war sehr, Aber wir haben das – und das gilt für feste Jugendgruppen ebenso wie eine Fahrradtour durch die Gemeinde mit klei- sehr schön. Am besten hat mir das Bibelflitzer-Spiel ge- Beste aus diesem für Freizeiten. nem Rahmenprogramm spricht nichts. Ohne- fallen, bei dem sich die ganze Gruppe anstrengen musste. Corona-Sommer gemacht – und so waren wir Kon fiz eit als P r äsenzver anstaltu n g hin geht in diesen Zeiten Beziehungs-Qualität vor Witzig, dass es das schon seit 19 Jahren gibt!‹ uns mit Abstand nahe. Von den Teilnehmenden, Natürlich bedeutet die Organisation und Bildungs-Quantität. den Teamern und Eltern gab es nur positive Veranstaltung der Konfizeit unter den aktuellen Kon fi fr eiz eiten N eel e S i em en s, 14 Ja hre, Rückmeldungen. Es war also die richtige Ent- Bedingungen einen höheren Planungsaufwand. Nachdem im Frühjahr alle Konfifreizeiten ab- Ko nf i r m a nd i n scheidung. Und im nächsten Sommer geht es Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Pfarrerin- gesagt werden mussten, kann nun wieder in Grup- Dass sich die Aktionen über hoffentlich wieder weiter mit unseren richtigen nen und Pfarrer und ihre Konfizeit-Teams beim pen weggefahren werden. Doch aufgrund der vie- die ganze Stadt verteilten, hat Camps.‹ Neustart von Gemeindekirchenräten und anderen len Unsicherheiten und Ängste planen die meisten mir gut gefallen. Da hat man Ehrenamtlichen unterstützt werden. ihre Fahrten ohnehin erst für das kommende Jahr. e Wilhelmshaven gleich noch Kon fi r m ation en fei er n ein bisschen besser kennen- Die meisten Gemeinden haben die Konfir- Weitere Informationen und Beratung gelernt. Ich mochte auch die mationen auf den Herbst verschoben, einige Pfarrer Matthias Hempel, Pfarrstelle für Konfizeit: Mischung aus dem Alten, was sogar bis ins nächste Frühjahr hinein. Weil Telefon 0441-7701-421, konfizeit@kirche-oldenburg.de seit Jahren in Wildflecken Gottesdienste mittelfristig nur in Klein- oder www.kajak-ol.de, www.arp-ol.de üblich ist, und dem Neuem, Familiengruppen möglich sein werden, finden das sich die Teamer mit den mancherorts über mehrere Wochenenden ver- M atth i a s H em p el fotos: Tobias Frick, Rainer Claus Ehren- und Hauptamtlichen ausgedacht hatten. In Wild- teilt bis zu 15 kleine Konfirmationen statt; fotos: Gina Pape, Uwe Martens 56, ist seit Dezember 2014 Pfarrer für flecken ist es ja besonders schön, wenn man am Lager- für einzelne Konfis teilweise sogar im eigenen Konfirmandenarbeit der Ev.-Luth. Kirche feuer zusammensitzt, Musik macht, miteinander redet Garten. Das hat natürlich einen erhöhten in Oldenburg. Im Internet schreibt er unter dem Titel Kajak Oldenburg regel- und lacht. Das war dieses Jahr nicht möglich, aber ich Planungs- und Abstimmungsbedarf mit allen mäßig einen Blog zum Thema Konfirman- habe Wildflecken@home trotzdem genossen.‹ Beteiligten zur Folge. denzeit und Jugendarbeit. 20 horizont e horizont e 21
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