NEUANFÄNGE - KINO KULTUR HAUS 09-10/2021 - Filmarchiv Austria
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09–10/2021 S ULTUR HAU KINO K NEUANFÄNGE SPIELFILMDEBÜTS ÖSTERREICHISCHER REGISSEURINNEN HOUCHANG ALLAHYARI | GÖTZ SPIELMANN
INHALT AUSSTELLUNG KINO WELT WIEN | BIS 9.1.2022 04 RETROSPEKTIVEN NEUANFÄNGE | 10.9.–19.10. 08 HOUCHANG ALLAHYARI | 16.9.–13.10. 30 GÖTZ SPIELMANN | 7.10.–20.10. 44 KINOSTARTS GOLI JAN | 9.9.–22.9. 59 1 VERABREDUNG IM HERBST | 5.10.–17.10. 61 REIHEN JÜDISCHER FILMCLUB WIEN | 8.9.–6.10. 62 LIVING COLLECTION | 13.9. 66 SECOND LIFE | 14.9.–12.10. 68 WILD FRIDAY NIGHT | 17.9. 70 KINDER KINO KLASSIKER | 2.10.–17.10. 72 EIN ABEND MIT ELSA KREMSER UND LEVIN PETER | 20.10. 74 SPECIALS LANGE NACHT DER MUSEEN | 2.10. 76 BUCHPRÄSENTATION: DER FÄDENZIEHER | 4.10. 78 IN MEMORIAM INGRID HAMMER | 4.10. 80 FESTIVALS SLASH | 23.9.–3.10. 82 JÜDISCHES FILMFESTIVAL WIEN | 8.10.–12.10. 84 SATYR FILMWELT 88 CLUB 90 SPIELPLAN 92
PROGRAMM 5.9.–20.10.2021 Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher, laufend aktualisierte Informationen zu den geltenden Covid-19-Schutzmaßnahmen finden Sie auf www.filmarchiv.at.
EDITORIAL N eu anfangen. Für viele heute keine Option, sondern ein Muss. Nicht ob, sondern wie sich eine Gesellschaft ver ändert und sich den großen Herausforderungen stellt, ist die Frage. Neuanfänge, die erste Retrospektive nach dem Kino sommer, zeigt die Entwicklung, die für weibliche Filmschaffende in Österreich zum hart erkämpften Aufbruch führte. Eine Rück schau auf das Werk von inzwischen etablierten Regisseurinnen und eine Vorschau auf jenes der Next Generation. Wenn je mand für einen integrativen, sogar therapeutischen Ansatz im sozialen Miteinander steht, dann der Austro-Iraner und gelernte Psychiater Houchang Allahyari, dessen im Februar geplante Schau anlässlich seines 80ers nun endlich im METRO stattfinden kann. Sein Kinostart GOLI JAN feiert ebenfalls im September Premiere. Das Potenzial, das in Scheitern, Schmerz und Brüchen liegt, ist für Götz Spielmann, der sich spätestens mit seiner Auslandsoscarnominierung 2009 auch internatio nal auf die Landkarte setzte, ein kreatives Leitthema. Zu sehen sind erstmals zwei dokumentarische Arbeiten aus der Zeit an der Filmakademie, im Rahmen der Eröffnung wird zudem der neue, ihm gewidmete Band der Edition »Film Geschichte Österreich« präsentiert. Mit dem zweiten Kinostart schafft Sebastian Brauneis jahreszeitliche Fakten: 1 VERABREDUNG IM HERBST widmet sich der Liebe und lädt zum Filmfrühstück. Einen fast intimen Blick in die Vorführkabine des METRO Kinokulturhaus gestattet die Lange Nacht der Museen. Der Film ist eingelegt, wir machen weiter. Ernst Kieninger und das Filmarchiv-Team 3
AUSSTELLUNG BIS 9. JÄNNER 2022 »W ann immer es möglich war, ging ich ins Weltbildkino oder ins Poppenwimmer. Schrecklich war das Jugendverbot. In der nahen Kirche hab’ ich dann ein Gebet ausgestoßen, dass ich in die Filme reinkomme.« So wie Erika Pluhar verbinden viele WienerInnen ganz persönliche Geschichten und Erlebnisse mit »ihrem« Kino. Die aktuelle Ausstellung im METRO Kinokulturhaus erzählt anhand von einzigartigen Schaustücken, Laufbildern und Dokumenten die 125-jährige Geschichte eines magi schen Raumes und seiner zeitlosen Faszination. Von über 200 Lichtspielhäusern, die einst das Stadtbild prägten, existieren heute noch knapp 30. Sie hinterließen und hinterlassen weiter ihre Spuren auch in den Erinnerungen ihres Publikums. Es sind Traumorte der Stadt. Das Filmarchiv Austria freut sich auf Ihre Kinogeschichten: kinoerinnerungen@filmarchiv.at. Kostenloses Digitorial zur Ausstellung auf www.filmarchiv.at.
TH O AVSEN BEEEKST OT TO HANGSUSTAV L M EIN . ÖAWCEHNASTTY GUSTAV MACHATÝ EKSTASE SSSS BLU-RAY/DVD MIT BOOKLET UND BONUSMATERIAL Gustav Machatýs Meisterwerk EKSTASE erregte mit seinen Nackt szenen Skandale. In einem internationalen Restaurierungsprojekt ist es dem Filmarchiv Austria nun gelungen, sämtliche noch existierende Originalquellen in einer Neurekonstruktion zu vereinen, digital zu restaurieren und die Ursprungsfassung wiederherzustellen. Erhältlich in der Satyr Filmwelt im METRO Kinokulturhaus und im Webshop unter www.filmarchiv.at.
KINO WELT WIEN | AUSSTELLUNG KULTURVERMITTLUNG IN DER »KINO WELT WIEN« Das Filmarchiv Austria bietet ein zielgruppenorientiertes Vermittlungsprogramm für Schüler- und Studentengruppen sowie Individualpersonen an. Für Gruppen sind Führungen auch außerhalb der Öffnungszeiten (vormittags) buchbar. Bitte richten Sie Ihre Anfrage an kulturvermittlung@filmarchiv.at. Für alle Führungen gilt eine beschränkte TeilnehmerInnenzahl. Informationen zu den geltenden Covid-19-Schutzmaßnahmen finden Sie auf www.filmarchiv.at. Anmeldung erbeten bis Montag vor dem jeweiligen Führungstermin unter kulturvermittlung@filmarchiv.at. Weitere Informationen auf www.filmarchiv.at/education. MI 15.9., 18:00 | MI 29.9., 18:00 | MI 27.10., 18:00 THEMENFÜHRUNG In unseren Themenführungen durchwandern Sie historische und aktuelle Kinogrätzel, erkunden den Apparat Kino und die wechselvolle Wiener Kinogeschichte. MI 13.10., 18:00 KURATORINNENFÜHRUNG Kuratorin Martina Zerovnik gibt vertiefende Einblicke in die Geschichte und Topografie der Kinostadt Wien. Dauer: jeweils 90 min Kosten: 8,50 | ermäßigt 7,– | FAA-Club 6,– | Uni-Club 5 ,– Alle Angebote können mit dem Kombiticket auch mit einem Kinobesuch verbunden werden. 7
NEUANFÄNGE SPIELFILMDEBÜTS ÖSTERREICHISCHER REGISSEURINNEN 1999–2021 RETROSPEKTIVE VOM 10. SEPTEMBER BIS 19. OKTOBER 2021 A m Anfang steht ein Film wie ein Befreiungsschlag: NORDRAND von Barbara Albert feiert 1999 am Filmfestival von Venedig seine umjubelte Premiere. Und plötzlich ist alles anders. Nicht nur ist dieser erste österreichische Spielfilm einer Regisseurin im Wettbewerb auf einmal in aller Munde, er löst auch eine neue Welle im heimischen Filmschaffen aus – vom »österreichischen Filmwunder« ist die Rede. Darüber hinaus, und das ist wohl sein noch größerer Verdienst, bricht er einen Bann, der bis dahin über den Filmemacherinnen gelegen ist, und sorgt für die breite öffentliche Wahr nehmung ihrer Arbeiten und Anliegen – auch weit über die Landesgrenzen hinaus. Der von Isabella Reicher herausgegebene Band Eine eigene Geschichte. Frauen Film Österreich seit 1999 bildet einen essenziellen Ausgangspunkt für diese Retrospektive und wird im Rahmen der Eröffnung präsentiert. Die Schau findet in Kooperation mit FC Gloria – Frauen Vernetzung Film statt. 8
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NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE ES IST VIEL PASSIERT FLORIAN WIDEGGER M it dem Wind der Veränderung, der um die Jahrtausendwende in der österreichi schen Filmszene weht, werden junge, weibliche Stimmen laut, die auf den großen Festivals Anklang finden und exzellente Kritiken erhalten. Ein enormer Qualitäts schub macht sich bemerkbar und definiert den heimischen Film formal, ästhetisch und inhaltlich neu. Nicht von ungefähr ist Barbara Albert eine der wesentlichen Prot agonistinnen dieser »Nouvelle Vague Viennoise«, deren Ausgangspunkt einige Kurz filme bilden, mit denen sie und ihre MitstudentInnen bereits an der Filmakademie auf sich aufmerksam machen: Albert ist, ebenso wie Jessica Hausner, eine der Mit begründerInnen der Produktionsfirma coop99 und tritt auch als Drehbuchautorin für die ersten Langfilme von Ruth Mader und Nina Kusturica in Erscheinung. Filme macherinnen, deren Blicke das österreichische Kino bis heute prägen. Es ist ein Kino, das vor allem weibliche Figuren ins Zentrum rückt und damit Fragen nach ihrer Identität, ihrem Platz in der Gesellschaft stellt und von Selbstermächtigung, 10
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE Emanzipation und Rebellion gegen männliche dominierte Systeme erzählt. Ein Kino, das auf diesem Weg auch die Situation der Filmemacherinnen selbst reflektiert, die sich im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte nur langsam zum Besseren gewendet hat. Der 2018 von Filminstitut und Bundeskanzleramt veröffentlichte Film Gender Report 2012–2016 erhob zum einen, dass nur 20 Prozent der Herstellungsförderung Projekten mit Frauen in der Funktion Regie, Produktion oder Drehbuch zugesprochen wurden, und zum anderen, dass niedrige Förderbeträge überproportional häufig an Projekte mit hohem Frauenanteil gingen. Seit 1. Juli 2021 ist nun ein Fördermodell in Kraft, das die Budgets in den kommenden Jahren schrittweise angleichen soll, ohne dabei den Fokus auf inhaltliche, künstlerische und wirtschaftliche Qualität aus den Augen zu lassen. Neuanfänge ist als Titel in doppelter Hinsicht programmatisch: Die Zusammenstellung ermöglicht eine umfassende Rückschau auf insgesamt 30 Arbeiten, die eine inzwi schen etablierte und die ihr nachfolgende Generation junger, vielversprechender Filme macherinnen vereint. Und es ist ein hoffnungsvoller Auftakt für ein Kino, das aufräumt mit leeren Bekenntnissen, das weibliche Geschichten, Perspektiven und Ideen ins Zentrum rückt und kompromisslos feiert. Es wird noch viel passieren! 11
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE FR 10.9., 19:00 | SA 25.9., 21:00 NORDRAND Barbara Albert, A/D/CH 1999 BUCH Barbara Albert | KAMERA Christine A. Maier | MIT Nina Proll, Edita Malovčić, Michael Tanczos, Tudor Chirilă, Georg Friedrich, Astrit Alihajdaraj, Margarethe Tiesel 103 min | Farbe, dt. OF, 35mm Wien, im Winter 1995. Jasmin und Tamara kennen sich seit ihrer Schulzeit, nun treffen sie sich in einer Abtreibungsklinik wieder, als der erste Schnee fällt. Jasmin will weg von ihrer Familie, ihrem gewalttätigen Vater, ihrem Chef, der sie geschwängert hat, ihrem Freund Wolfgang, der sie ebenfalls schlägt. Tamara ist unglücklich in ihrer Beziehung mit Roland, einem Grundwehrdiener im Grenzeinsatz. Die beiden jungen Frauen freunden sich wieder miteinander an … NORDRAND ist in vielerlei Hinsicht ein echter Neuanfang und Ausgangspunkt zahlreicher Karrieren vor und hinter der Kamera. »Die wunderbaren Darsteller geben NORDRAND ein Zentrum, ein Herz, das berührt und verletzt, erheitert und irritiert, also Dinge zuwege bringt, die im österreichischen Film seit jeher rar sind.« (Die Presse) (fw) FR 10.9.: In Anwesenheit von Barbara Albert und Edita Malovčić. Buchpräsentation Eine eigene Geschichte. Frauen Film Österreich seit 1999 mit Herausgeberin Isabella Reicher. Freier Eintritt für FAA-Clubmitglieder (mit Begleitung). 12
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE SA 11.9., 17:30 | SO 19.9., 18:00 VOLLGAS Sabine Derflinger, A 2002 BUCH Sabine Derflinger, Maria Scheibelhofer | KAMERA Bernhard Pötscher | MUSIK Johannes Konecny MIT Henriette Heinze, Simon Schwarz, Gregor Bloéb, Philomena Wolflingseder, Carmen Gratl 96 min | Farbe, dt. OF, 35mm Party, Party, Party! Für Kellnerin Evi gibt es in der Wintersaison fast nichts anderes. Im Dauerkampf gegen ihren größten Feind, den Schlaf, sind Wodka, Tschick und One- Night-Stands ihre besten Freunde. Nach langen Arbeitstagen und -nächten hangelt sie sich von Rausch zu Rausch, statt mit ihrer kleinen Tochter Paula, die bei Evis Schwester lebt, Zeit zu verbringen. Irgendwann merkt sie, dass dieses Leben falsch für sie ist, doch der Weg heraus aus der Spirale entpuppt sich als Herausforderung, an der die junge Frau zu zerbrechen droht … Sabine Derflinger erzählt in ihren Filmen immer wieder von weiblichen Kämpfernaturen, die es mit dem männlichen/ kapitalistischen System aufnehmen und dabei zu sich selbst finden. VOLLGAS birgt wegen des kritischen Blicks auf den enthemmten (Après-)Skitourismus zusätzliche Brisanz. (fw) 13
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE SA 11.9., 19:30 HOCHWALD PREVIEW Evi Romen, A/BE 2020 BUCH Evi Romen | KAMERA Martin Gschlacht, Jerzy Palacz | MUSIK Florian Horwath MIT Thomas Prenn, Noah Saavedra, Josef Mohamed, Ursula Scribano-Ofner, Elisabeth Kanettis 108 min | Farbe, dt. OF, DCP Im Südtiroler Bergdorf gilt der 20-jährige Mario als Außenseiter und Paradiesvogel. Als eines Tages sein Schulfreund Lenz auftaucht, sieht er in ihm die Chance auf ein neues Leben abseits der Kleingeistigkeit, die ihn umgibt. Lenz, der Sohn einer wohl habenden Winzerfamilie, nimmt ihn mit nach Rom, wo sich Mario endlich seinen Traum erfüllen will, Tänzer zu werden. Lenz hingegen strebt eine Karriere als Schau spieler an. Doch das Schicksal hat etwas anderes mit den beiden vor, als sie einen Abend in der Disco verbringen … HOCHWALD entpuppt sich als wuchtiger, moderner Anti-Heimatfilm, der mit seiner Themenvielfalt und seinen zahlreichen Wendungen viel riskiert und mit leichter Hand unter einen Hut bringt. Ein Film, nach dem es definitiv viel zu reden gibt! (fw) »FC Gloria Kinosalon on Location« mit Evi Romen, Bady Minck (Produktion), Karina Ressler (Schnitt), Katharina Wöppermann (Szenenbild), Cinzia Cioffi (Kostüm), Moderation: Wilbirg Brainin-Donnenberg. 14
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE SO 12.9., 18:30 | SO 26.9., 21:00 DIE VATERLOSEN Marie Kreutzer, A 2011 BUCH Marie Kreutzer | KAMERA Leena Koppe | MUSIK David Hebenstreit | MIT Johannes Krisch, Andreas Kiendl, Andrea Wenzl, Emily Cox, Philipp Hochmair, Marion Mitterhammer, Sami Loris, Pia Hierzegger 104 min | Farbe, dt. OF, 35mm »Muss doch voll schön gewesen sein hier als Kind.« War es wohl auch, betrachtet man das abenteuerliche Anwesen und die gesellschaftliche Spielwiese der kleinen Kommune. Doch die einstige Unbeschwertheit erscheint in einem ganz anderen Licht, als sich anlässlich des Todes von Häuptling Hans die »Familie« zusammenraufen muss. Niki, Vito, Kyra und Mizzi – nicht alle seine leiblichen Kinder – sind nun einen überpräsen ten, dennoch nie da gewesenen Vater los und im baufälligen Haus ihrer Vergangenheit konfrontiert mit der jeweiligen Gegenwart. Magisch bebilderte Erinnerungsstücke fügen sich langsam zu einer gemeinsamen Geschichte zusammen und offenbaren gleichzeitig ihre Leerstellen, während der Abschied Träume und Traumata wieder belebt. Ein kraftvolles Debüt über Bindung, Freiheit und das große Dazwischen. (sb) SO 12.9.: In Anwesenheit von Marie Kreutzer. 15
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE SO 12.9., 21:00 | FR 1.10., 18:30 VORFILM: FREMDE | Kathrin Resetarits, A 2000 | 29 min | Farbe, dt. OF, DCP STRUGGLE Ruth Mader, A 2003 BUCH Ruth Mader, Martin Leidenfrost, Barbara Albert | KAMERA Bernhard Keller | MIT Aleksandra Justa, Gottfried Breitfuß, Margit Wrobel, Martin Brambach, Rainer Egger 76 min | Farbe, dt. OF, 35mm Zwei Milieustudien über Arbeitswelten, mit starken dokumentarischen Zügen: Zunächst steht eine junge Frau mit Kind zwischen Alltag und Job am Flughafen im Zentrum. STRUGGLE folgt ebenfalls einer Mutter: Ewa muss als Leiharbeiterin schlecht bezahlte Jobs annehmen, ob am Erdbeerfeld oder im Geflügelschlachthof, um für sich und ihre Tochter das Nötigste zu verdienen. Ihrer Geschichte gegenüber steht die eines Immobi lienmaklers, dem finanzielle Nöte fremd sind, der sich aber dafür umso mehr nach menschlicher Nähe sehnt. In ihrem Überlebenskampf gehen beide an körperliche und seelische Grenzen … STRUGGLE verhandelt den Verlust der Menschenwürde in der Wohlstandsgesellschaft anhand präziser Bilder und pointierter Dialoge und war auf über 100 Filmfestivals ein großer internationaler Erfolg. (fw) SO 12.9.: In Anwesenheit von Ruth Mader. Eine Veranstaltung in Kooperation mit ray Filmmagazin. 16
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE MO 13.9., 18:30 | SO 3.10., 18:00 VORFILM: TWINNI ODER SO Lisa Weber, A 2012 12 min | Farbe, dt. OF, DCP TWINNI Ulrike Schweiger, A 2003 BUCH Ulrike Schweiger, Michael Tanczos KAMERA Michi Riebl | MIT Diana Latzko, Maria Hofstätter, Ingrid Burkhard 90 min | Farbe, dt. OF, 35mm Sommer 1980. Die 14-jährige Jana zieht mit Mutter und Schwester zur Oma aufs Land. Im Dorfalltag findet sie sich langsam zurecht, knüpft Freundschaften und verdreht Burschen den Kopf. Vor allem hat sie sich aber ein Ziel gesetzt, das für Aufsehen sorgt: Sie will unbedingt Ministrantin werden … Eine charmante, wieder entdeckenswerte Austro-Variation auf LA BOUM und Co. (fw) MO 13.9.: In Anwesenheit von Ulrike Schweiger. MO 13.9., 21:00 | FR 24.9., 21:00 LOVELY RITA Jessica Hausner, A/D 2001 BUCH Jessica Hausner | KAMERA Martin Gschlacht MIT Barbara Osika, Christoph Bauer, Peter Fiala, Wolfgang Kostal, Karina Brandlmayr 79 min | Farbe, dt. OF, 35mm Rita ist 14 und lebt mit ihren Eltern am Stadtrand. In der Klosterschule will sie nicht so recht dazugehören, Freunde hat sie kaum. Auch zu Hause wird sie nicht gerade mit Liebe überschüttet. Sie ist hin- und hergerissen zwischen Ausbruchsversuchen und Anpassung und scheint dabei zur Passivität verdammt. In langen Einstellungen lenkt Jessica Hausner den Blick auf scheinbar Nebensächliches und entwirft so ein tragisch-ironisches Panoptikum. (fw) MO 13.9.: In Anwesenheit von Jessica Hausner. 17
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE DI 14.9., 18:30 | DI 28.9., 21:00 AUSWEGE Nina Kusturica, A 2003 BUCH Barbara Albert | KAMERA TimTom (i. e. Tim Tomicek) | MIT Liese Lyon, Igor Bararon, Manfred Stella, Mira Miljkovic, Dagmar Schwarz, Kurt Huemer, Kajetan Dick 92 min | Farbe, dt./bosn. OmdU, 35mm Fast 20 Jahre ist Nina Kusturicas Diplomfilm bereits alt und – leider – aktuell wie eh und je: AUSWEGE (Buch: Barbara Albert!) erzählt von drei Frauen, die aus unter schiedlichen Altersstufen, Gesellschaftsschichten und Kulturen kommen, deren Leben aber gleichermaßen von häuslicher Gewalt geprägt ist. Und vermittelt dabei, wie diese Frauen sich langsam aus der Familienhölle zu befreien suchen. (fw) DI 14.9.: In Anwesenheit von Nina Kusturica. DI 14.9., 21:00 | SO 17.10., 20:00 KELLER – TEENAGE WASTELAND Eva Urthaler, A/D/I 2005 BUCH Eva Urthaler | KAMERA Alfio Contini MIT Ludwig Trepte, Sergej Moya, Elisabetta Rocchetti, Georg Friedrich, Birgit Doll 95 min | Farbe, dt. OF, 35mm Zwei 16-Jährige entführen eine Supermarktkassiererin und halten sie in einem Fabriksgebäude gefangen, ohne so recht zu wissen, was sie mit ihr anfangen sollen. Die Lust am Verbotenen wächst immer mehr – und als dann auch noch ihr Freund (wie immer unnachahmlich »sensibel«: Georg Friedrich) auftaucht, droht die maxi male Eskalation ... Ein in stilvolle Bilder getauchter wilder Mix aus Kammerspiel, Coming-of-Age und Psychoterror. (fw) DI 14.9.: In Anwesenheit von Eva Schreiber-Urthaler. 18
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE MI 15.9., 18:30 | MO 27.9., 21:00 SPANIEN Anja Salomonowitz, A 2012 BUCH Dimitré Dinev, Anja Salomonowitz | KAMERA Sebastian Pfaffenbichler | MUSIK Max Richter MIT Tatjana Alexander, Grégoire Colin, Lukas Miko, Cornelius Obonya 102 min | Farbe, dt. OF, 35mm Mitten in der Nacht findet sich Sava nach einem Unfall mit einem Kleinbus auf einer einsam gelegenen Landstraße in Österreich wieder. Dabei hatte er viel Geld bezahlt, um von Moldawien nach Spanien geschmuggelt zu werden. Er kommt in einer nahege legenen Kirche unter, wo er auf Magdalena trifft, die dort tagsüber als Restaurateurin arbeitet und nachts Ikonen malt. Ihr Ex-Mann ist Fremdenpolizist, spezialisiert auf Scheinehen, und hat die Trennung noch nicht überwunden. Und über diesem fragilen Dreigespann schwebt Gabriel, ein spielsüchtiger Kranfahrer, der, um seine Schulden zu bezahlen, Schicksal spielt. Atmosphärische, goldgetauchte Bilder erzählen von inne ren und äußeren Reisen, vom Ankommen und Weggehen und von der ungebrochenen Sehnsucht nach einem gerechten Ort in der Welt. (fw) MI 15.9.: In Anwesenheit von Anja Salomonowitz. 19
Zeitgenossin im Gespräch Alice Schwarzer »Wir brauchen eine Vermensch lichung der Geschlechter, nicht eine Vermännlichung der Frauen!« Die Journalistin und Aktivistin im Gespräch mit Renata Schmidtkunz (Ö1). So, 5. September 2021 11.00 Uhr METRO Kinokulturhaus Tickets € 8,50 Ö1 Club/introMitglieder € 7,– Anmeldung: reservierung@filmarchiv.at Nachzuhören in Ö1: »Im Gespräch« Do, 19. 09., 21.00 Uhr und Fr, 17. 09., 16.05 Uhr © Bettina Flitner
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE MI 15.9., 21:00 | FR 15.10., 18:00 INSIDE AMERICA Barbara Eder, A 2010 BUCH Barbara Eder | KAMERA Christian Haake MIT Raul Juarez, Aimeé Lizette Saldivar, Zuleyma Jaime, Luis De Los Santos, Carlos Benavides, Patty Barrera 106 min | Farbe, engl/span. OmeU, 35mm Die Kamera folgt sechs Jugendlichen in ihrem Schulalltag in Brownsville, Texas, an der mexikanischen Grenze. Wichtiger als der Unterricht sind die Erfahrungen, die sie rund um die High School machen: Wie sie erwachsen werden, sich verlieben, mit Drogen und Gewalt in Berührung kommen. Und sich am amerikanischen Traum abmühen. Ihre Geschichten vermischen sich mit den Erinnerungen der Filmemacherin, die selbst auf diese Schule ging und hier dort Erlebtes verarbeitet. (fw) DO 16.9., 18:00 | MI 29.9., 21:00 MACONDO Sudabeh Mortezai, A 2014 BUCH Sudabeh Mortezai | KAMERA Klemens Hufnagl MIT Ramasan Minkailov, Aslan Elbiev, Kheda Gazieva, Askhab Umaev, Hamsat Nasuhanow 98 min | Farbe, dt./tschetsch. OmdU, DCP Er ist 11, und er ist erwachsen. Die Kamera folgt Ramasan durch seine Welt am Rande der Stadt und einer Gesellschaft, die für ihn keine normale Kindheit vorgesehen hat. Geflohen aus dem Tschetschenien-Krieg, der Vater tot, die Mutter auf seine Unter stützung angewiesen. »Geprobt wurde nicht.«, sagt die Dokumentarfilmerin mit irani schem Hintergrund über ihr mit LaiendarstellerInnen besetztes, sehr persönliches Spielfilmdebüt (u. a. »Bester Spielfilm« auf der Viennale). Hier wird gelebt – mit offenem Ausgang. (sb) 21
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE DO 16.9., 20:45 | MO 18.10., 20:45 KURZFILMPROGRAMM I: AUFBRECHEN SCHWITZEN MATHIAS Iris Blauensteiner, A 2014 Clara Stern, A 2017 30 min | Farbe, dt. OF, DCP 30 min | Farbe, dt. OF, DCP UNMENSCH Jasmin Baumgartner, A 2016 Gesamtlänge: 84 min 24 min | Farbe, dt. OF, DCP SCHWITZEN zeigt Sommerferien im Waldviertel: Mario und Elisa sind zwei Freundin nen, denen das langweilige Dorfleben nicht mehr viel zu bieten hat. Aus Frust lassen sie ihrer Wut über so viel Monotonie freien Lauf – und lernen sich auf diese Weise selbst neu kennen. Dass Jugend scheiße ist, wissen auch die Jungschauspieler, die ein gleichnamiges Theaterstück in UNMENSCH zur Aufführung bringen wollen. An spruch und Realität wollen nicht zueinanderfinden, Emotionen sich nicht so recht einstellen. Eine geladene Waffe soll das Ruder herumreißen … Neue Wohnung, neuer Job, neues Leben – und doch, nachdem er seine »alte« Haut abgelegt hat, findet sich Transgender Mathias in seiner neuen Rolle nicht ganz zurecht – besonders, als einer seiner Kollegen ihn wiederzuerkennen glaubt. (fw) MO 18.10.: In Anwesenheit von Jasmin Baumgartner und Clara Stern. 22
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE FR 17.9., 20:45 | DI 19.10., 20:45 KURZFILMPROGRAMM II: IT’S COMPLICATED MIMIKRI BOOMERANG Nora Friedel, A 2016 Kurdwin Ayub, A 2018 27 min | Farbe, dt. OmeU, DCP 21 min | Farbe, dt. OmeU, DCP SCHNEEMANN FISCHE Leni Gruber, A 2018 Raphaela Schmid, A 2020 20 min | Farbe, dt. OF, DCP 17 min | Farbe, dt. OF, DCP Gesamtlänge: 85 min In MIMIKRI begibt sich Jana mit ihrem besten Freund Andi in das Zimmer eines Land gasthofs, um dort verführerische Fotos von sich zu machen und ihren Schwarm zu beeindrucken. Doch das Posieren vor der Kamera fällt ihr schwer – macht sie sich nur etwas vor? SCHNEEMANN begleitet die Studentin Antonia durch ihren Alltag und auf ihrer ständigen Suche nach dem Glück, die sie immer unglücklicher zu machen scheint. Eine klobige Holzfigur, geschnitzt von ihrem Vater, wird zum Sinnbild ihrer Belastung. Kompliziert ist die Situation auch in BOOMERANG, wo der Vater nach der Trennung versucht, wieder bei seiner Familie anzudocken und als ungebetener Gast auf der Wohnungseinweihungsparty erscheint. Und in FISCHE finden sich zwei Geschwister nach dem Tod der Mutter in einem weihnachtlich geschmückten Chinarestaurant wieder – neben zahlreichen anderen Gästen mit eigenen Problemen. (fw) DI 19.10.: In Anwesenheit der Filmemacherinnen. 23
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE SA 18.9., 18:00 | DI 19.10., 18:30 HIGH PERFORMANCE Johanna Moder, A 2014 BUCH Johanna Moder | KAMERA Robert Oberrainer MIT Marcel Mohab, Manuel Rubey, Katharina Pizzera, Jaschka Lämmert, Helmut Berger 100 min | Farbe, dt. OF, DCP Zähneknirschend nimmt Schauspieler Daniel das Angebot seines Bruders Rudi an, eine Mitarbeiterin des erfolgreichen Managers zu coachen. Doch bald findet er her aus, dass mehr dahinter zu stecken scheint … Einfache Konstellationen, doppelte Spiele – die überzeugende Mischung aus romantischer Komödie, Familiendrama und Wirtschaftskrimi handelt von kleinen und großen Schwindeleien und Tricks und spielt dabei gekonnt mit Publikumserwartungen. (fw) DI 19.10.: In Anwesenheit von Johanna Moder. MO 20.9., 18:00 | DO 30.9., 21:00 MEIN RUSSLAND Barbara Gräftner, A 2002 BUCH Barbara Gräftner | KAMERA Robert Winkler MIT Andrea Nürnberger, Hannes Gastinger, Natalia Baranova, Holger Schober, Karl Höss 96 min | Farbe, dt. OF, 35mm Als die Zukünftige ihres Sohnes mit deren russischer Familie vor der Tür steht, braucht die resolute Bankangestellte Margit bald mehr als einen prall gedeckten Esstisch und eine Ivan-Rebroff-CD, um der zusehends kippenden Stimmung wieder Frau zu werden. In Barbara Gräftners prämiertem, pointiert-kontrastreichem Debüt treffen Mentalitäten und Kulturen ebenso aufeinander wie Tragödie und Komödie, Lustspiel-Bräuche und Dogma-Prinzipien. (fw) MO 20.9.: In Anwesenheit von Barbara Gräftner. 24
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE DI 21.9., 18:30 | SO 17.10., 18:00 WOMIT HABEN WIR DAS VERDIENT? Eva Spreitzhofer, A 2018 BUCH Eva Spreitzofer | KAMERA Andreas Thalhammer, Xiaosu Han | MUSIK Iva Zabkar MIT Caroline Peters, Chantal Zitzenbacher, Simon Schwarz, Marcel Mohab, Hilde Dalik, Pia Hierzegger 92 min | Farbe, dt. OF, DCP Mitten ins Patchwork-Familienglück der feministischen Ärztin Wanda platzt ihre pu bertierende Tochter Nina: Sie ist zum Islam übergetreten und will von nun an Fatima heißen. Kein (schlechter) Scherz, denn plötzlich gelten Gummibärchen als »haram« und ein Kopftuch beim Rausgehen als obligatorisch. So hat sie ihre Tochter wahrlich nicht erzogen! Nach anfänglicher Abwehr legt die atheistische Mutter ihre Scheu klappen langsam ab – schafft sie es etwa doch, sich mit den konträren Glaubenssätzen ihrer Tochter anzufreunden? Wenn am Schluss dieses veritablen Publikumsrenners (80.000 Kinotickets in Österreich) der »Tango della Femminista« einsetzt, hat die hochkarätig besetzte, turbulente Komödie uns schon längst den einen oder anderen entlarvenden Spiegel lustvoll vorgehalten. (fw) DI 21.9.: In Anwesenheit von Eva Spreitzhofer. 25
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE DI 21.9., 21:00 | MO 4.10., 18:00 VORFILM: WALD DER ECHOS | Luz Olivares Capelle, A 2016 | 31 min | Farbe, dt. OF, DCP DAS UNMÖGLICHE BILD Sandra Wollner, A/D 2016 BUCH Sandra Wollner | KAMERA Timm Kröger | MUSIK Jascha Eichel | MIT Jana McKinnon, Eva Linder, Andrea Schramek, Isabel Schmid 71 min | Farbe, dt. OmeU, DCP Nach dem plötzlichen Ableben ihres Vaters setzt die 13-jährige Johanna die Familien tradition fort und hält auf Super-8 Fragmente ihres Lebens im Wien der Nachkriegs zeit – und des allgegenwärtigen Todes – fest. Die privaten Momentaufnahmen aus einem scheinbar gewöhnlichen Familienleben entblättern langsam ein Geheimnis, in das sich »unmögliche« Bilder drängen. Sandra Wollner: »DAS UNMÖGLICHE BILD ist ein Film über die Erinnerung und darüber, wie sie mit dem Filmemachen zusammen hängt. Mit den Filmen, die wir sozusagen alle machen – ob wir dabei eine Kamera benutzen oder nicht.« Nicht minder mysteriös und atmosphärisch als in Wollners Reflexion ist die Stimmung in Luz Olivares Capelles WALD DER ECHOS, wo Alltäg liches und Fantastisches auf verspielte Art und Weise ineinanderfließen. (fw) DI 21.9.: In Anwesenheit von Luz Olivares Capelle und Sandra Wollner. 26
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE MI 22.9., 18:30 | SA 16.10., 18:00 TERNITZ, TENNESSEE Mirjam Unger, A 2000 BUCH Manfred Rebhandl | KAMERA Jürgen Jürges | MUSIK Fritz Ostermayer, Christof Kurzmann MIT Sonja Romei, Nina Proll, Gerald Votava, Clemens Haipl, Birgit Doll 80 min | Farbe, dt. OF, 35mm Betty und Lilli, zwei beste Freundinnen, wohnen in Ternitz und träumen von Tennessee. Hauptsache raus aus der Provinz, auch wenn das bedeutet, dass sie sowohl ihr Englisch als auch ihre Brüste aufbessern müssen – vielleicht. Die eine schraubt an schnellen Autos herum und fährt einen roten Ford Mustang, die andere verschönert Pudel im Hundesalon und verliebt sich in einen Elvis-Imitator, der im Teleshopping für Küchengeräte wirbt. Die Sehnsucht nach der großen Freiheit macht sich breit, mit der sich die trübe Wirklichkeit wahrlich nicht messen kann … Ein »unintellektuelles Popmärchen, bittersüß, getragen vom Charme seiner Protagonisten« nennt Mirjam Unger ihren Film, der sich weigert, »distanziert und cool zu sein und alles an Herzblut und aufrichtigem Interesse für junge Leute gibt.« (Magdalena Miedl) MI 22.9.: In Anwesenheit von Mirjam Unger. 27
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE MI 22.9., 20:45 | MI 6.10., 18:00 VORFILM: UNSER LIED | Catalina Molina, A 2012 | 31 min | Farbe, dt. OF, DCP TALEA Katharina Mückstein, A 2013 BUCH Selina Gnos, Katharina Mückstein | KAMERA Michael Schindegger | MUSIK Veronika Eberhart, Wolfgang Möstl | MIT Nina Proll, Sophie Stockinger, Philipp Hochmair, Andreas Patton, Eva-Maria Gintsberg 75 min | Farbe, dt. OF, DCP Komplizierte Eltern-Kind-Situationen bilden das Herzstück dieser beiden Filme: In UNSER LIED versorgt Teilzeit-Musiker Coni alleine seine 3-jährige Tochter, bis die Kindsmutter überraschend wieder auftaucht und für Turbulenzen sorgt. TALEA handelt von der 14-jährigen Jasmin, die von ihren Pflegeeltern wegläuft, um Zeit mit ihrer eben aus dem Gefängnis entlassenen leiblichen Mutter Eva zu verbringen. Widerwillig lässt sich diese überreden, fürs Wochenende in ein Gasthaus aufs Land zu fahren, wo es zaghaft zu Annäherungen, Enttäuschungen und Befreiungsschlägen kommt. Unter anderem beim Filmfestival Max Ophüls Preis ausgezeichnet: »Ein kleiner Film, der auf behutsame Weise eine große Geschichte erzählt.« (fw) MI 22.9. In Anwesenheit von Catalina Molina und Katharina Mückstein. 28
NEUANFÄNGE | RETROSPEKTIVE DO 23.9., 21:00 | MO 18.10., 18:30 MA FOLIE Andrina Mračnikar, A 2015 BUCH Andrina Mračnikar | KAMERA Gerald Kerkletz | MUSIK Peter Kutin, Scott McCloud MIT Alice Dwyer, Sabin Tambrea, Oliver Rosskopf, Gerti Drassl, Anna Rot, Rayana Sidieva 99 min | Farbe, dt. OF, DCP Ein Film mit vielen Gesichtern. Er beginnt mit einer zärtlichen, verträumten Amour fou in der Stadt der Liebe, wo Yann auf Hanna trifft. Zurück in Wien, schickt er ihr poetische Videos als Liebesgedichte per E-Mail, Miniaturen, die von seiner Sehnsucht nach ihr zeugen. Dann steht er plötzlich vor ihrer Wohnungstür, und ihre Wünsche scheinen wahr zu werden. Doch das Glück hält nur so lange, bis Hannas Ex-Freund und Arbeitskollege in Erscheinung tritt und Yann sein anderes Ich hervorkehrt, das gezeichnet ist von Raserei und Eifersucht. Eines Tages ist er verschwunden – und Hanna hat ein neues Video in ihrem Postfach. Spätestens hier wandelt sich der Film zum Psychothriller: Hanna findet sich als Opfer eines irren Stalkers wieder, in einem Spiel um die Fragwürdigkeit der eigenen Wahrnehmung und der Bilder vom Gegen über, das ihr – und uns – nach und nach den Boden unter den Füßen wegzieht. (fw) MO 18.10.: In Anwesenheit von Andrina Mračnikar. 29
HOUCHANG ALLAHYARI ZUM 80. GEBURTSTAG 30
RETROSPEKTIVE VOM 16. SEPTEMBER BIS 13. OKTOBER 2021 »H ouchang Allahyari verkörpert meine Vorstellungen vom orientalischen Ideal, bei dem Familie und Individuum, Tradition und Weltoffenheit, Glaube und Wissenschaft keine Gegensätze bilden, sondern eine elastische Einheit sind«, so Schauspieler und Regiekollege Karl Markovics anlässlich der Verleihung des Golde nen Verdienstzeichens der Stadt Wien im Jahr 2012. 1941 in Teheran geboren, kommt Allahyari als junger Mann nach Österreich, um Medizin zu studieren und Filme zu machen. Seit Mitte der 1980er-Jahre entsteht so – aus unermüdlichem Schaffens drang heraus und oft unabhängig produziert – ein ansehnliches Werk, in dem er sich selten um Publikumserwartungen sorgt, sondern mehr um die Menschen, die im Zentrum seiner Arbeit stehen. Im Rahmen der ursprünglich im Februar geplanten Retrospektive wird auch der aktuelle Kinostart GOLI JAN (S. 59) gezeigt. 31
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE EIN ECHTER WIENER AUS DEM IRAN FLORIAN WIDEGGER S eine Heimat gilt gemeinhin als »Wiege der Medizin«, und so sieht der gebürtige Teheraner, wie viele sei ner Landsleute, auch seine Berufung auf diesem Gebiet und wird Arzt, kon kret: Psychiater. Noch während er an verschiedenen Kliniken und vor allem in Strafanstalten wirkt, reift in ihm der Wunsch, Filme zu machen. Auf für da malige Verhältnisse extrem innovative Art und Weise verbindet er schließlich beide Bereiche in einem Therapieansatz und gründet mit seinen Schützlingen eine Filmgruppe. Erlebnisse und Erfah rungen aus dieser Zeit lässt Allahyari bis heute in seine Filme einfließen: Immer wieder erzählt er von zerbrech lichen Außenseitern, die in jungen Jahren völlig unvorbereitet mit einem System konfrontiert werden, das sich aus Brutalität und Repressionen speist, und die so buchstäblich durch den FLEISCHWOLF gedreht werden. Da ist er seinem Vorbild Pier Paolo Pasolini, mit dessen Leben und Sterben er sich bereits in seinem ersten Langfilm auseinandersetzt und auf dessen Schaffen er immer wieder Bezug nimmt, nicht unähnlich. Houchang Allahyari ist bis heute aber Optimist. Der Gewalt gegen die Schwachen setzt er das unerschütterlich Gute entgegen: Sie sind nicht alleine auf dieser Welt, weil es Menschen gibt, denen ihr Schicksal nicht 32
gleichgültig ist, denen Eitelkeit oder Egoismus fremd sind. Das prominenteste Beispiel in doppeltem Sinne ist sicherlich die 2018 verstorbene Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock. Allahyari, mit ihr auch familiär verbunden, widmet sich in drei Filmen der resoluten Kämpferin für Zivilcourage und Solidarität. In den letzten Jahren hat Allahyari nach langer Zeit seine erste Heimat wieder be sucht und sie auch filmisch auf unterschiedlichste Weise erkundet. Ob in Spiel- oder Dokumentarfilmen – immer wieder weicht er Genregrenzen auf und überwindet sie. So wird aus den drei letzten Arbeiten aus dem Iran eine sehr persönliche Auseinan dersetzung mit den Erinnerungen an die eigene Kindheit, die abenteuerliche Spuren suche nach einer uralten Liebesgeschichte und – im Kinostart GOLI JAN – ein be drückend aktuelles Drama um die Selbstbestimmtheit einer jungen Frau in einem radikal-muslimischen Umfeld. Das sind Stoffe, die aus ihm selbst kommen, die er in kleinen Teams und außerhalb des großen Förderzirkus, aber mit umso mehr Engage ment realisiert. Houchang Allahyari mag inzwischen 80 Jahre alt sein – er filmt noch immer wie ein Junger! 33
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE DO 16.9., 19:00 | SO 3.10., 21:00 DER LETZTE TANZ Houchang Allahyari, A 2014 BUCH Houchang Allahyari, Daniel Kundi, August Staudenmayer | KAMERA Peter Roehsler | MUSIK Erdem Tunakan MIT Erni Mangold, Daniel Strässer, Marion Mitterhammer, Janina Schauer, Helmut Berger, Ines Kratzmüller 101 min | Farbe und s/w, dt. OF, DCP Die Beziehung zwischen Pflegern und Patienten – bei Allahyari ein wiederkehrendes, wohl seinen Wurzeln als Arzt geschuldetes Motiv. Zu Beginn wird der junge Pfleger Karl wie ein Schwerverbrecher aus seiner Wohnung geklingelt und findet sich hinter Gittern wieder. Sein Vergehen, das wird sich im Lauf dieses überaus kunstfertig ge stalteten Films herausstellen, der von nun an in die in satte Farben getauchte Vergan genheit zurückgeht: ein Akt der Zuneigung zu einer Alzheimerpatientin, die dank ihm zu neuer Jugend erwacht. Das Opfer, das beide dafür in einer repressiven, von Hier archien dominierten Gesellschaft bringen, ist groß ... Auszeichnung als Bester Film auf der Diagonale 2014, Großer Schauspielpreis und Österreichischer Filmpreis für Erni Mangold! (fw) DO 16.9.: In Anwesenheit von Houchang Allahyari. Freier Eintritt für FAA-Clubmitglieder (mit Begleitung). 34
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE FR 17.9., 18:00 | DO 30.9., 19:00 VORFILM: »DER« MIT DEM GELBEN PULLOVER | Houchang Allahyari, A 1980 | 11 min | Farbe, ohne Dialog, DCP FLEISCHWOLF Houchang Allahyari, A 1990 BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari | KAMERA Herbert Tucmandl, Udo Maurer | MUSIK Tunament, Thomas Morris | MIT Hanno Pöschl, Cecile Nordegg, Maximilian Müller, Thomas Morris, Christopher Heinz, Robert Hauer-Riedl 72 min | Farbe, dt. OmeU, 35mm Die idyllischen Parkaufnahmen trügen, sie führen direkt ins Innere eines Gefängnisses, wo Schwerverbrecher neben jugendlichen Ersttätern einsitzen. Einer von Letzteren ist Karli, dessen Tat mehr ein Versehen war denn ein Verbrechen. Trotzdem ist er jetzt Teil einer Maschinerie, die von (sexueller) Gewalt und Unterdrückung geprägt ist, und wird gnadenlos durch den sinnbildlichen Fleischwolf gedreht, bis er am System zerbricht … Für Allahyari, selbst jahrelang Therapeut für Strafgefangene, ist dieser Film spürbar eine Herzensangelegenheit, basierend auf seinen Erfahrungen. Sprache und Umgangs formen werden in ebenso raue Bilder übersetzt, hin und wieder unterbrochen durch Funken von (Alb)Traumbildern aus der Freiheit. Davor: die kurze Geschichte eines Jungen, der nicht mit den anderen Fußball spielen darf. (fw) 35
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE SA 18.9., 19:00 SEVEN STORIES ABOUT LOVE PREVIEW Houchang Allahyari/Babak Behdad, A/IR 2020 BUCH Houchang Allahyari, Babak Behdad | KAMERA Reza Teymuri | MUSIK Masoud Nameni MIT Mariam Rahimi, Farid Farhang, Farzaneh Meydani, Behzad Farahani, Mohammad Abhari, Houchang Allahyari 79 min | Farbe, pers. OmeU, DCP Die Rückkehr in die alte Heimat nutzt Allahyari für einen ungewöhnlichen Episoden film, den er gemeinsam mit seinem Mitstreiter Babak Behdad realisiert. Die sieben Geschichten sind betont unaufdringlich und aus dem Alltag gegriffen. Sie erzählen auf vielfältige Weise von Land, Leuten und (unterdrückten) Sehnsüchten: Die Liebe als Ideal, dem man sich bestenfalls annähern kann. Ein geschiedenes Ehepaar, das sich nach elf Jahren zufällig wiedersieht, bildet den Ausgangspunkt für diese Mischung aus REIGEN und TAXI TEHERAN. Die meisten dieser Vignetten spielen in Wohnungen oder Autos, in abgeschlossenen Systemen, dazwischen atmet die Stadt. Am Ende finden sich manche der Figuren am Bahnhof ein ... Ein Film über Abschied und Auf bruch – altersweise und bewegend. (fw) In Anwesenheit von Houchang Allahyari. 36
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE SA 18.9., 21:00 | SA 25.9., 19:00 ROTE RÜBEN IN TEHERAN Houchang Allahyari/ Tom-Dariusch Allahyari, A 2016 DER ANDERE IRAN | BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari | KAMERA Behruz Malbuzbaf, Babak Behdad, Peter Roehsler 90 min | Farbe, dt./pers. OmdU, DCP Nach vier Jahrzehnten in Österreich bricht bei Houchang Allahyari das Gefühl der Sehn sucht nach der Heimat auf. Gemeinsam mit seinem Sohn, der noch nie im Iran war, besucht er ein Filmfestival in Isfahan. Dort lassen sie sich treiben und geben sich ganz den Eindrücken hin: So auch dem Geruch von heißen roten Rüben, die in Teheran am Straßenrand verkauft werden. Ein faszinierendes, zutiefst humanistisches Porträt. (fw) SA 18.9.: In Anwesenheit von Houchang und Tom-Dariusch Allahyari. SO 19.9., 18:30 | SO 26.9., 19:00 I LOVE VIENNA Houchang Allahyari, A 1991 BUCH Houchang Allahyari, Reinhard Jud | KAMERA Helmut Pirnat | MIT Fereydoun Farokhzad, Marjam Allahyari, Kurosh Allahyari, Michael Niavarani, Dolores Schmidinger, Hanno Pöschl, Marisa Mell 103 min | Farbe, dt. OF, 35mm Eine der ersten Culture-Clash-Komödien und vielleicht auch eine der besten: Der iranische Deutschlehrer Ali Mohammed kommt mit Anhang ins trist-winterliche Wien, das mit seiner Vorstellung nichts gemein hat: Auf den Straßen Obdachlose und leich te Damen, die Bürokratie macht Ärger. Und dann ist da noch seine Vermieterin, die ein Auge auf ihn geworfen hat … (fw) SO 19.9.: In Anwesenheit von Houchang Allahyari, Dolores Schmidinger und Produzent Dieter Pochlatko. 37
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE SO 19.9., 21:00 | DI 28.9., 19:00 HÖHENANGST Houchang Allahyari, A 1994 BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari, Reinhard Jud | KAMERA Helmut Pirnat | MIT Fritz Karl, Dolores Schmidinger, Leon Askin, Michael Niavarani, Hanno Pöschl, Petra Allahyari 104 min | Farbe, dt. OF, 35mm Mario, ein auf Bewährung aus der Haft entlassener junger Mann, wagt einen Neu anfang und wird Knecht bei der etwas älteren, verhärmten Bäuerin Elfriede. Die begutachtet ihn zunächst argwöhnisch, doch langsam wachsen zarte Bande zwischen den beiden und es gelingt ihnen, die selbstgewählte Isolation aufzubrechen. Bis die Vergangenheit Mario droht einzuholen … Max-Ophüls-Preis für Fritz Karl! (fw) SO 19.9.: In Anwesenheit von Houchang Allahyari und Dolores Schmidinger. MO 20.9., 19:00 | DI 5.10., 20:00 GEBOREN IN ABSURDISTAN Houchang Allahyari, A 1999 BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari, Agnes Pluch | KAMERA Helmut Pirnat MIT Julia Stemberger, Karl Markovics, Meltem Cumbul, Ahmet Ugurlu, Josef Hader 115 min | Farbe, dt. OF, 35mm In einem Wiener Krankenhaus werden die beiden Säuglinge Karli und Heiri nach ihrer Geburt vertauscht. Als sich der Irrtum aufklärt, ist die türkische Familie samt Baby allerdings bereits abgeschoben. Kurzerhand packen die Österreicher ihre Koffer und reisen den ahnungslosen Türken hinterher. Es entspinnt sich eine für alle Be teiligten verwirrende Odyssee, an deren Ende die Gewissheit steht, dass etwas Verständnis für das Gegenüber die Menschen doch zusammenbringt ... Furios und warmherzig! (fw) 38
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE MO 20.9., 21:00 | DO 7.10., 18:00 DIE VERRÜCKTE WELT DER UTE BOCK Houchang Allahyari, A 2010 BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari | KAMERA Peter Roehsler | MUSIK Fuchs MC, Hamid MIT Ute Bock, Karin Klaric, Josef Hader, Karl Markovics, Viktor Gernot, Andreas Vitasek, Peter Kern, Julia Stemberger, Paulus Manker, Dolores Schmidinger, Roland Düringer, Claudia Androsch u. a. 103 min | Farbe, dt. OF, 35mm Für viele war Ute Bock mit Sicherheit so etwas wie eine Superheldin. Wie so häufig bei Superhelden-Filmen gilt: ist Teil eins erfolgreich, kommt eine Fortsetzung. Dem sensiblen Dokuporträt BOCK FOR PRESIDENT folgt ein semi-dokumentarischer Spiel film. Vieles von dem, was an tatsächlichen Begebenheiten aufgrund der Gesetzeslage nicht gefilmt werden darf, wird nachgespielt, ohne an Wahrheitsgehalt zu verlieren. Ute Bock und ihren Schützlingen steht dabei das Who is who der österreichischen Schauspieler gegenüber: Peter Kern gibt den herzlich lachenden, aber kaltherzigen Politiker, Karl Markovics wird als Beamter bei der Abschiebung einer Familie an seine Grenzen gebracht und Josef Hader sieht sich als Polizist, der selbst das Gesetz bricht, im Zwiespalt. Ein Film voller überraschender wie irritierender Reibungsflächen: »It’s a mad world!« (fw) 39
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE MI 22.9., 18:00 | MO 4.10., 20:00 VORFILME: I LIKE TO BE IN AMERICA | Houchang Allahyari, A 1981 | 16 min | Farbe, ohne Dialog, DCP EINE TYPISCHE WIENER SZENE | Houchang Allahyari, A 2006 | 1 min | Farbe, ohne Dialog, 35mm DAS PERSISCHE KROKODIL Houchang Allahyari/Maziyar Moshtagh Gohary, A 2010 BUCH Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari | KAMERA Alireza Esmat Panah, Maziyar Moshtagh Gohary, Moin Najari | MUSIK Maste Tavakoli, Faszle Khaleg 58 min | Farbe, dt. OF, DCP Zwei iranische Wildhüter schlagen eine titanische Schlacht gegen ein riesiges Kroko dil. Doch es ist nicht so, wie es zunächst den Anschein hat: Das Tier, das sich in eine Zisterne verirrt hat, soll gerettet und nicht getötet werden. Den spannenden, oft komischen Kampf führen die Männer mit einer dünnen Schnur und einer Decke. Das Krokodil will sich nicht so leicht einfangen lassen, doch um zu überleben, muss es verlieren. Eine Verhaltensstudie zu Menschen in Extremsituationen, die auf der Dia gonale als bester Kurzdokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Zum Auftakt ein lustvoll montiertes Spiel mit Zitaten und ikonenhaften Bildern sowie eine Szene aus einem Kompilationsfilm, der zum Mozartjahr 2006 entstand: Eine iranische Familie picknickt zur »Kleinen Nachtmusik«. (fw) 40
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE DO 23.9., 19:00 BLACK FLAMINGOS – SIE LIEBEN EUCH ZU TODE Houchang Allahyari, A 1998 BUCH Harald Posch | KAMERA Hans Selikovsky MIT Marianne Mendt, Dolores Schmidinger, Sandra Cervik, Hilde Rom, Harald Posch, Götz Kauffmann 100 min | Farbe, dt. OF, 35mm Der junge Fotograf Bobby bekommt die Chance, als Journalist zu arbeiten. Er soll herausfinden, ob der plötzlich verstorbene Bürgermeister einer kleinen Ortschaft tatsächlich einen alten Panzer versteckt gehalten hat. Im Lauf seiner tollpatschigen Recherche kommt Bobby einem unheimlichen Treiben auf die Schliche: Drei ältere Bäuerinnen haben den Geheimbund »Black Flamingos« gegründet mit dem Ziel, sich mittels Alkohol, Nikotin und Sex ihrer Ehemänner zu entledigen … (red) FR 24.9., 19:00 | FR 1.10., 21:00 DER GAST Houchang Allahyari, A 2018 BUCH Houchang Allahyari, Reinhard Jud, August Staudenmayer | KAMERA Peter Roehsler MIT Karina Sarkissova, Mehmet Soezer, Gregor Bloéb, Erni Mangold, Doina Weber 99 min | s/w, dt. OF, DCP Allahyaris Faszination für Pasolini offenbart sich schon mit seinem Langfilmdebüt, hier macht er sich an seine Variation auf TEOREMA. In Schwarz-Weiß-Bildern ge taucht, erzählt er von einer namenlosen, top situierten Familie, in der viele Dinge im Argen und die Konflikte frei liegen. Die Vorstadtvilla mutet nicht umsonst wie ein riesiges Mausoleum an. In dieses dringt ein junger, fremd aussehender Mann ein wie der zu Fleisch gewordene Marmorengel und bringt das unstete Gefüge vollends ins Wanken. (fw) 41
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE MO 27.9., 19:00 ROBERT TARANTINO Houchang Allahyari, A 2013 BUCH Houchang Allahyari | KAMERA Daniel Kundi | MIT David Baumgartner, Franciscus Beacon-Schandl, Hans Jörg Cerny, Nicolas Dinkel, Isabella Enzenhofer 75 min | Farbe, dt./engl. OF, DCP Ein »Rebel without a crew« ist dieser Robert Tarantino, der gegen alle Widerstände mit großen Träumen und kleinem Budget seine Horrorfilme dreht: Mit markigen Sprüchen im Wiener Idiom (»Heast Dracula, du Oaschkretzn«), vielen Litern Kunst blut und unzähligen Mini-DV-Kassetten. Seine Vorbilder sind – unschwer erkennbar – Robert Rodriguez und der große Quentin, nach dem sich der Underground-Filme macher benannt. Seine Filme haben klingende Titel wie VAMPIRE CITY oder – ganz aktuell: THE CORONA MASSACRE. Vor Allahyaris Kamera offenbart sich der Mann, der im wahren Leben eigentlich Wolfgang heißt, allerdings als schüchterner, zurück haltender Typ, der aufblüht, wenn er in seine Kunstfigur schlüpfen kann: Filme machen – nicht nur als Leidenschaft oder Hobby, sondern auch als Therapie! (fw) In Anwesenheit von Houchang Allahyari und Robert Tarantino. 42
HOUCHANG ALLAHYARI | RETROSPEKTIVE MI 29.9., 19:00 | MI 13.10., 18:00 VORFILME: DIE WAHRHEIT | Houchang Allahyari, A 1978 | 9 min | Farbe, dt. OF, DCP TROTZ ALLEDEM … | Houchang Allahyari, A 1982 | 24 min | Farbe, dt. OF, DCP PASOLINI INSZENIERT SEINEN TOD Houchang Allahyari, A 1985 BUCH Houchang Allahyari, Robert Hunger-Bühler, nach dem Stück Così parlò Pasolini von Ramòn Pareja KAMERA Horst Hubbauer | MUSIK Fritz Würzler | MIT Robert Hunger-Bühler, Margit Schrage, Georg Heinke, Stefan Fleming 65 min | Farbe, dt. OF, 16mm Die Umstände vom Tod des Dichters, Malers, Philosophen, Kommunisten und Filme machers Pier Paolo Pasolini geben bis heute Rätsel auf – und auch sein Leben ist Teil spannender Aufarbeitungen, etwa zuletzt durch Abel Ferrara. In Allahyaris Langfilm debüt dreht Pasolini einen Film über sein Leben und spielt selbst die Hauptperson. Immer wieder werden die Arbeiten an dem mythologisch-symbolisch aufgeladenen Werk durch »Dokumentarszenen« unterbrochen, die Pasolini bei der Arbeit zeigen. Seine Homosexualität und seine Filme, die – wie er – von der Justiz verfolgt werden, drängen ihn immer mehr in die Rolle des Außenseiters. Zum Auftakt: zwei der ersten erhaltenen Arbeiten Allahyaris, in denen er spielerisch die Möglichkeiten des Mediums auslotet. (fw) 43
GÖTZ SPIELMANN RETROSPEKTIVE VOM 7. BIS 20. OKTOBER 2021 Z wei Schwestern stehen im Morgengrauen vor einem Haus in den Bergen. Sie haben die letzten Stunden gemeinsam durchwacht, an der Seite ihres tod kranken Vaters, sich dabei wieder angenähert, kennengelernt, nach einer langen Phase der Entfremdung. Der Schluss von Götz Spielmanns bislang letztem Kinofilm OKTOBER NOVEMBER ist ganz leise, unauffällig, unspektakulär. Und geht vielleicht gerade deshalb so unter die Haut. In diesem Finale verdichten sich Handschrift und Können auf extreme Art und Weise – es bildet den Höhepunkt einer Regiekarriere, die bereits 40 Jahre andauert. Die Retrospektive zeigt erstmals zwei bislang noch nicht zu sehende Arbeiten aus der Zeit an der Filmakademie. Der neue, Götz Spielmann gewidmete Band der Edition »Film Geschichte Österreich« wird zum Auftakt präsentiert. 44
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GÖTZ SPIELMANN | RETROSPEKTIVE DIE WACHSAMKEIT VOR DER IDYLLE FLORIAN WIDEGGER S pielmann, 1961 in Wels geboren, beginnt schon in seiner Zeit am Gymnasium in Wien mit dem Verfassen von Lyrik, Theaterstücken und Drehbüchern. Obwohl er sich mehr dem Schreiben zugewandt fühlt, beginnt er 1980 ein Regie- und Dreh buchstudium an der Filmakademie. Klarheit, Sensibilität und ein feines Gespür für das Besondere im Alltäglichen sind von Anfang an integraler Bestandteil seiner Filme. Sie sind oft schonungslos in ihrer Ehrlichkeit, mit der sie die Härten des Lebens auf die Leinwand bringen, dabei aber zärtlich den Menschen zugewandt und interessiert an ihrem Innenleben, an dem, was sie fühlen und was sie antreibt. Sie erheben sich zu keiner Zeit über ihre Figuren, die in Zweifeln, Zwängen und Zwiespalten feststecken. Sie sind an alternativen Routen, an Lösungen, an Utopien interessiert und versprühen Wärme und Hoffnung. Schon seine ersten vollendeten Arbeiten hinterlassen bleibenden Eindruck und empfehlen Spielmann als kommendes Talent. Mit ERWIN UND JULIA (1990), einem »realistischen« Liebesfilm und seinem ersten Langspielfilm außerhalb der Akademie, erhält die Karriere jedoch einen ersten Dämpfer. Die Produktion gestaltet sich als 46
extrem schwierig und anstrengend, der improvisatorische Ansatz, den Spielmann mit seinen SchauspielerInnen verfolgt, mag nicht aufgehen. Immerhin legt er mit DER NACHBAR (1992) einen fast schon klassischen Thriller nach, der in jeder Hinsicht gelungen ist – und einer der schönsten Wien-Filme überhaupt. Beide Filme laufen auf zahlreichen internationalen Festivals und erhalten dort – in der Heimat unbemerkt – mehrere Preise. Diesen Achtungserfolgen zum Trotz sind die nächsten Jahre für Spielmann alles andere als einfach: Mit zwei Fernsehspielen reüssiert er zwar auch im ORF, doch die potenziell fruchtbare Zusammenarbeit endet abrupt mit einem Intendantenwechsel. Mit DIE FREMDE (2000) schafft er schließlich die Rückkehr ins Kino und lässt mit ANTARES (2004), Auslandsoscarkandidat REVANCHE (2008) und OKTOBER NOVEM BER (2012) weitere Sternstunden folgen, in denen er sein Handwerk perfektioniert. Seine Filme sind gezeichnet von Sorgfalt und Genauigkeit, mit denen er gemeinsam mit seinen SchauspielerInnen Figuren, Dialoge und Szenen erarbeitet. Sie kreisen um Fragen nach Identität, nach Widersprüchen zwischen Ideal und Wirklichkeit und nicht zuletzt nach dem Scheitern – und der Energie, die man daraus ziehen kann. Darin liegt ihre besondere, zeitlose Qualität. SO 17.10., 17:00: Bühnengespräch mit Götz Spielmann Eintritt frei, Zählkarten werden am Tag der Veranstaltung an der Kinokassa ausgegeben. 47
GÖTZ SPIELMANN | RETROSPEKTIVE DO 7.10., 19:00 | MO 18.10., 20:00 DIE FREMDE Götz Spielmann, A 2000 BUCH Götz Spielmann, Maria Scheibelhofer | KAMERA Fabian Eder | MUSIK Eddie Siblik, Walter W. Cikan MIT Goya Toledo, Hary Prinz, Martin Feifel, Simon Schwarz, Nina Proll, Fritz Karl 101 min | Farbe, dt. OF, 35mm Die Mexikanerin Mercedes schmuggelt mit ihrem Freund ein Kilo Koks nach Wien, doch beim Verkauf tun sich erste Schwierigkeiten auf. Sie verlässt ihren Partner in Crime und findet im unscheinbaren Taxifahrer Harry einen neuen. Die mysteriöse Schönheit, die plötzlich in seinen Wagen steigt, fasziniert ihn und zieht ihn Schritt für Schritt in ihren Bann – und dabei aus seinem monotonen Lebensalltag hinaus. Fast ein Sommermärchen ist diese entspannte Mischung aus Underdogkrimi und Amour fou, in der Spielmann seine Kernthemen Einsamkeit, Isolation und das Streben nach dem guten Leben aus einem frischen Blickwinkel betrachtet. Ein zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenes Kleinod des österreichischen Kinos aus den Anfängen des neuen Jahrtausends. (fw) DO 7.10.: Buchpräsentation in Anwesenheit von Götz Spielmann und Hary Prinz. Freier Eintritt für FAA-Clubmitglieder (mit Begleitung). 48
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