Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja

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Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
79. Jahrgang | 5. April 2021 | www.sbvv.ch

3/2021 Schweizer
Buchhandel
Kinder- und Jugendbuchpreis Das sind die Nominierten | 8
Umfrage Jeder fünfte Verlag fühlt sich bedroht | 19
Liber Noch braucht es einen Durchbruch in der Deutschschweiz | 22

                                                            Unschlagbare
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  978-3-85703-467-1

                                                                                             978-3-85703-468-8

                                                                                E T:
                                                       978-3-85703-102-1
                                                       978-3-85703-463-3   3 0 .4 .2 0 2 1
                                                       978-3-85703-464-0
                                                       7619949824450

  Auslieferung: Buchzentrum
  Vertretung: Giovanni Ravasio
                                                                     www.globi.ch
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
»Der Roman handelt
        von der Macht
      von Lebensträumen,
    Familiengeheimnissen,
       und 15 Millionen
      Schweizer Franken.
   Ein wunderbares Buch.«
         Takis Würger

    Sylvia Madsack

 Enriettas
Vermächtnis
                                      
                                      Auch als
                                      HÖRBUCH

  Roman | 288 Seiten | Festeinband
Mit Schutzumschlag und Lesebändchen
      ISBN: 978-3-86532-749-9
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
EDITORIAL
                                                                                                          Die neuen Text-
                                                                                                          ausgaben aus dem

Zum Sonderheft                                                                                            Orell Füssli Verlag

Kinder- und
Jugendbuch
Tanja Messerli ist Geschäftsführerin des
Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands

                                                                                                          42. Auflage, 10566 Seiten,Freirückenbroschur
                                                                                                          Fr. 26.– | 978-3-280-07191-5

D
            er Kulturpessimismus mancher Kundinnen
            und Kunden gehörte für mich zum anstren-
            genden Teil des Beratungsgesprächs. Das Bil-
            derbuch gab besonders häufig Anlass zur
            Feststellung, früher sei alles besser gewesen.                             FOTO: AYSE YAVAS

Gegenüber jenem aus der eigenen Kindheit hatte jedes
neue einen schweren Stand: zu dunkel, zu wirr – und wa­-
rum dieses offene Ende? Kein anderes Genre lernte ich
besser zu empfehlen.                                             «Das Bilder-
Kinderbilderbücher sind eine Referenz. Wir berufen uns ­         buch ist eine
auf sie, sie decken ein grosses Spektrum von ­Bedürfnissen       Sehschule
ab. Beim Erzählen erfahren wir unmittelbar, was sie
be­w irken. Mit welcher Leichtigkeit uns die kurzen Sätze        und ein Tor
fabulieren lassen, wie ungehemmt wir unsere Stimme               zum Lesen.»
variieren, egal, wie oft wir «wischel, waschel» wiederholen,                                              44. Auflage, 1216 Seiten, Freirückenbroschur
rückwärts zählen oder auf jeder Seite einem anderen                                                       Fr. 28.– | 978-3-280-07192-2
Tier die gleiche Frage stellen.

Das Bilderbuch ist eine Sehschule und ein Tor zum Lesen.
Es gibt keinen kürzeren Weg, Kinder zu erreichen, zu
­ermutigen und zum Lachen zu bringen. Gleichzeitig exis-
 tiert keine aufwändigere Editionsform in der Herstellung
 im Vergleich zum Marktpreis. Schweizer Kinderbuchverlage
 manövrieren seit Generationen in diesem Spannungsfeld.
 Sie sind traditionell und progressiv, aufmüpfig und versöhn-
 lich. Und es gelingt ihnen immer von Neuem, ihre eigene
 Geschichte zum Guten zu wenden.
                                                                                                          Kombipaket:
                                                                                                          44./42. Auflage, 2272 Seiten
                                                                                                          Freirückenbroschur
                                                                                                          Fr. 44.– | 978-3-280-07194-6
                                                                                                          Sie sparen 10.– gegenüber dem Einzelkauf!

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                                                                                                           DE GESETZ-
                                                                                                             R
                                                                                                             GEBUNG
                                                                                                            1. FEBRUAR
                                                                                                                2021
                                                     Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 1
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
INHALT                                                                     Impressum
                                                                                                                                                                                       79. Jahrgang, Heft 3, 5. April 2021

                                                                                                                                                                                       OFFIZIELLES ORGAN
                                                                                                                                                                                       des Schweizer Buchhändler- und
                                                                                                                                                                                       ­Verleger-Verbands SBVV
                                                               NAMEN & NACHRICHTEN                                                                                                     REDAKTION
                                                                                                                                                                                       Limmatstrasse 111, Postfach, 8031 Zürich
                                                               04    NEUES AUS DER BÜCHERWELT                                                                                          Telefon +41 (0)44 421 36 16
                                                                                                                                                                                       Telefax +41 (0)44 421 36 18
                                                                     Zweite Soforthilfe der Unterstüt-                                                                                 redaktion@sbvv.ch
                                                                     zungskasse, Ausschreibung des                                                                                     www.schweizer-buchhandel.ch
                                                                     Buchpreises, Orell Füssli neu in                                                                                  Marius Leutenegger, Redaktionsleitung
                                                                     Zug, Präsenzmesse in Frankfurt –                                                                                  Mobile +41 (0)79 421 71 77
                                                                                                                                                                                       leutenegger@dertexter.ch
                                                                     und viele weitere Nachrichten.                                                                                    redaktion@sbvv.ch

                                                                                                                                                                                       Pascale Blatter (pb), Redaktorin
                                                                                                                                                                                       Telefon +41 (0)41 928 08 01
                                                               SCHWERPUNKT KINDER- UND
                                                               JUGENDBUCH                                                                                                              ANZEIGENVERKAUF
                                                                                                                                                                                       Anzeigenverkauf und -disposition:

                                                                                                                                                      FOTO: B. S TOL ZE / PIXELIO.DE
                                                                                                                                                                                       Silja Trüeb
                                                               06    DER DIREKTE BLICK ZUM KIND                                                                                        Telefon +41 (0)44 421 36 13
                                                                     Der Schweizer Kinder- und Jugend-                                                                                 anzeigen@sbvv.ch
                                                                     buchpreis zeichnet besonders gute                                                                                 Stellenanzeigen:
                                                                     Bücher für junge Menschen aus.                                                                                    stellen@sbvv.ch

                                                                     Doch was ist überhaupt ein gutes
                                                                     Kinderbuch?
                                                                                                             06                                                                        HERAUSGEBER UND VERLAG
                                                                                                                                                                                       SBVV – Schweizer Buchhändler-
                                                                                                                                                                                       und Verleger-Verband

                                                               08    DAS SIND DIE NOMINIERTEN                                                                                          Verlagsleiterin:
                                                                                                                                                                                       Tanja Messerli
                                                                     5 Werke, 5 Autorinnen und Auto-                                                                                   Limmatstrasse 111, Postfach, 8031 Zürich
                                                                     ren, 5 Geschichten: Wir zeigen,        MARKT                                                                      Telefon +41 (0)44 421 36 00
                                                                                                                                                                                       Telefax +41 (0)44 421 36 18
                                                                     was hinter den Nominationen zum        19   EIN FÜNFTEL FÜHLT SICH                                                tanja.messerli@sbvv.ch
                                                                     ­Kinder- und Jugendbuchpreis                                                                                      www.sbvv.ch
                                                                                                                  EXISTENZIELL BEDROHT
                                                                      steckt.                                    Verleger Matthias Vatter wollte                                       ABONNEMENTSPREISE 2021
                                                                                                                                                                                       Jahresabonnement: Fr. 190.–
                                                               14    TRIO MIT TRADITION                          ­wissen, wie seine Kolleginnen und                                    (Ausland Fr. 260.–)
                                                                                                                                                                                       Zweitabonnement: Fr. 120.–
                                                                     Gleich mehrere renommierte                   Kollegen durch die Covid-19-Krise                                    Buchhandlungsangestellte: Fr. 120.–
                                                                     ­Kinderbuchverlage feiern Jubiläen –         gekommen sind und was sie von                                        E-Paper: Fr. 120.–
                                                                                                                                                                                       Newsletter: Fr. 90.–
                                                                      wir gratulieren!                            den staatlichen Unterstützungs-                                      Seniorenabonnement: Fr. 70.–
                                                                                                                  massnahmen halten – die Umfrage                                      Erscheint zehnmal jährlich; Abonnenten
                                                               16    DER POETISCHE STRATEGE
                                                                                                                  führte zu Überraschungen.                                            ­erhalten zusätzlich den wöchentlichen
                                                                     Daniel Fehr zählt zu den profilier-                                                                                Newsletter per E-Mail. Anmeldungen bei
                                                                                                            22   NOCH BRAUCHT ES EINEN                                                  der Abonnementverwaltung:
                                                                     testen Kinderbuchautoren der                                                                                       abo@cavelti.ch
                                                                     Schweiz. Er erzählt, was es mit               DURCHBRUCH IN DER
                                                                                                                                                                                       Druck und Abonnementverwaltung:
                                                                     dem internationalen Erfolg auf                DEUTSCHSCHWEIZ                                                      Cavelti AG, Marken. Digital und gedruckt.
                                                                     sich hat.                                   Die Buchbranche entwickelt eine                                       Wilerstrasse 73, 9201 Gossau
                                                                                                                                                                                       Telefon +41 (0)71 388 81 81
                                                                                                                 einzigartige Buchwährung: Liber.                                      abo@cavelti.ch
                                                                                                                 Das Fundraising ist in vollem                                         www.cavelti.ch

                                                                                                                 Gang, und das Sicherheitspapier                                       ©2021 by SBVV, Zürich
                                                                                                                 für das «Buch-Geld» ist bereits                                       ISSN 0036-7338
                                                                                                                 ­bestellt – weil seine aufwändige
                                                                                                                                                                                       Die Beiträge entsprechen nicht in jedem
                                                                                                                  Herstellung mehrere Monate                                           Fall der Meinung des Verbandes.
                                                                                                                  ­dauert und das Projekt im August
BILD: © ELISE, FABIAN MENOR © AUSGABEN LA JOIE DE LIRE, 2020

                                                                                                                                                                                       Die Redaktion behält sich vor, unverlangte
                                                                                                                   starten soll.                                                       Manuskripte nicht zu veröffentlichen.
                                                                                                                                                                                       Nachdrucke bedürfen der Genehmigung.
                                                                                                                                                                                       Der Verlag behält sich vor, Anzeigen
                                                                                                                                                                                       ­abzulehnen.
                                                                                                            SERVICE
                                                                                                            24   BESTSELLER MÄRZ
                                                                                                            27   UMSATZ WÄHREND DES
                                                                                                                 LOCKDOWNS
                                                                                                                                                                                                     Drucksache
                                                                                                                                                                                       myclimate.org/01-21-619621
                                                                                                            PERSÖNLICH
                                                                                                            18   MIT FREUNDLICHEN GRÜSSEN

                                                                08                                               Die generationenübergreifende
                                                                                                                 ­Kolumne
                                                                                                            28   MEIN SCHAUFENSTER                                                      Die nächste Ausgabe erscheint am
                                                                                                                 Toni Marty vom Spiel- und Läse­                                        28. April 2021
                                                                                                                 lade Rapperswil zeigt seine Lieb-                                      Redaktionsschluss:
                                                                                                                 lingsspiele und Verkaufsschlager.                                      13. April 2021

                                                               2 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
www.klett-cotta.de

                               Lieblingsbuch 2021 des
                      Auf der Shortlist:
                      Deutschschweizer Buchhandels

                                                      Wir sagen Danke für die
                                                      Nominierung und drücken
                                                      Iris Wolff die Daumen!

                                                      Abstimmung unter:
                                                       www.daslieblingsbuch.ch/
© Annette Hauschild

                                                      Roman, 216 Seiten, geb. m. SU, € 20,– (D) / € 20,60 (A)
                                                      ISBN 978-3-608-98326-5
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
NAMEN & NACHRICHTEN

Valora                                                                                                     Buchmessen
Press & Books in                                                                                           Salon du Livre
­Basel geschlossen                                                                                         abgesagt
Der Kioskkonzern Valora hat sei­                                                                           Die Absagen gehen weiter:
ne Filiale «Press & Books» in                                                                              Bereits zum zweiten Mal muss die
Basel geschlossen. Der Mietver­                                                                            wichtigste französische Buchmes­
trag mit den Bundesbahnen war                                                                              se, der Salon du Livre in ­Paris, ab­
ausgelaufen.                                                                                               gesagt werden. Zwar hatten die
                                                                                                          Veranstalter, das Syndicat national
                                                                                                           de l’Edition (SNE), den Salon vor­
                                                                                                           sorglich von März auf Ende Mai
Ravensburger Verlag                                                                                        verschoben. Doch angesichts der
Imprint Hummel-
burg eingestellt
                                         Unterstützungskasse                                               ungewissen Aussichten für die
                                                                                                           kommenden Monate und der Tat­

                                        Zweite
                                                                                                           sache, dass die derzeitigen Pan­
Ravensburger stellt seinen                                                                                 demie-Massnahmen ­eine Veran­
Hummel­burg-Verlag wieder ein.                                                                             staltung dieser Grössenordnung

                                        Soforthilfe
Der Kinderbuchverlag wurde 2018                                                                            nicht zulassen, sei die Absage
von Markus Niesen gegründet                                                                                ­bedauerlicherweise nötig, heisst
und aus vertriebsstrategischen                                                                              es in einer Mitteilung.
Gründen nun wieder aufgegeben.                                                                              

                                        I

                                             m letzten Monat stellten die Unterstützungskasse des
                                             SBVV und der Schweizer Bücherbon erneut 400 000 Fran­         Leserbrief
Orell Füssli                                 ken an Soforthilfe bereit, um Buchhandlungen, Verlagen        «Mit freundlichen
Neue Filiale in Zug                     und Zwischenbuchhandlungen, die im zweiten Lockdown in
                                                                                                           Grüssen»
                                        ­finanzielle Engpässe gerieten, unter die Arme zu greifen.
Nachdem letzten Monat eine                                                                                Wir haben uns sehr gefreut, auf
neue Orell-Füssli-Filiale im
                                                                                                           die neue Rubrik «Mit freundli­
Bahnhof Luzern angekündigt
wurde, meldet das Unterneh­
                                        Schweizer Gemeinschaftsstand                                       chen Grüssen» – in dieser Aus­
men eine weitere Filiale an, die        Auftritt an vier Buchmessen geplant                                gabe auf Seite 18 zu finden – ei­
                                                                                                           nen Leserbrief zu erhalten. Ro­
in der Zentralschweiz entsteht:
                                        Sofern es die pandemische Situation erlaubt, stehen für den        bert Krauthammer schreibt:
im Metalli-Einkaufszentrum in
                                        SBVV dieses Jahr vier Buchmessen an: Es beginnt mit der            «Liebe Deborah Amolini, mit
Zug. Sie soll ebenfalls im Früh­
                                        ­Bologna Children’s Book Fair, die auf den 14. bis 17. Juni ver­   grosser Freude habe ich Ihre Ko­
jahr 2022 eröffnet werden.
                                         schoben wurde, gefolgt von der London Book Fair vom 29. Juni      lumne gelesen. Vor allem hat
                                         bis 1. Juli. Beide Messen gehen bislang von einer Präsenzveran­   mich eine Ihrer Aussagen sehr
                                         staltung aus. Falls dies so bleibt und es zu keinen coronabe­     beeindruckt. Sie schreiben, dass
In eigener Sache                         dingten Reisebeschränkungen kommt, wird der SBVV auf bei­         man niemanden auslachen soll,
Korrigendum                              den Messen mit einem Gemeinschaftsstand präsent sein. Die         wenn er anstelle von ‹Dorian
                                         Frankfurter Buchmesse hat entschieden, die Messe vom 20.          Gray› lieber ‹Fifty Shades of
In Ausgabe 2/2021 unseres Hefts          bis 24. Oktober vor Ort durchzuführen, Ehrengast ist Kanada.      Grey› liest. Genau! Wir sollten
machte SBVV-Geschäftsführerin            Die Ausschreibung folgt voraussichtlich Ende April / Anfang       nicht den Dünkel haben, dass
Tanja Messerli im Zusammen­              Mai. Dasselbe gilt für die Buch Wien, die vom 10. bis 14. No­     man nur ‹gute› Literatur lesen
hang mit der eidgenössischen             vember geplant ist. Auch an diesen Messen plant der SBVV          darf. Denn was ist schon gute
Verlagsförderung die Aussage, ein        ­eine Beteiligung mit dem Schweizer Gemeinschaftsstand.           Literatur? Wer bestimmt das?
Schweizer Kleinverlag könne mit                                                                            Bestimmt nicht wir Buchhändle­
7500 Franken vier Bücher mehr                                                                              rinnen und Buchhändler. Vor
pro Jahr produzieren. Diese Aus­                                                                           Jahren hatte ich einmal in der
sage war falsch. Richtig ist, dass                                                                         Woche eine Literatursendung
ein 200-seitiges belletristisches                                                                          bei Radio Z. Dort besprach ich
Buch im Original einen Verlag et­                                                                          einmal Karl May, ein anderes
wa 20 000 Franken kostet. Darin                                                                            Mal die Kiosk-Liebesromane,
enthalten ist alle Arbeit, die nach                                                                        beide eher positiv – vor allem
der Abgabe eines Manuskripts er­                                                                           Karl May, den finde ich heute
folgen muss: Lektorat, Korrekto­                                                                           noch sehr gut. Sie hätten den
rat, Grafik, Layout, Mitveranstal­                                                                         Aufschrei meiner Kollegen hören
tungen, Verlagsgemeinkosten,                                                                               sollen. Es ging in Richtung Nest­
Druck. Für das Versehen entschul­                                                                          beschmutzer. Darum hat mich
digen wir uns in aller Form.            Der Schweizer Gemeinschaftsstand in Frankfurt 2019.                Ihr Beitrag so gefreut.»

4 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
NAMEN & NACHRICHTEN

                                                                                       Leipzig liest
                                                                                       Lesefest findet statt
                                                                                       Die Leipziger Buchmesse im
                                                                                       Mai wurde abgesagt, das
                                                                                       ­Buchfest «Leipzig liest» hinge­
                                                                                        gen findet statt. Sofern es die

                                                                 FOTO: MINEDITION
                                                                                        Corona-Situation erlaubt, finden
                                                                                        vom 27. bis 30. Mai rund 300

                                                                                                                                                            FOTO: AYSE YAVAS
                                                                                        Veranstaltungen in Leipzig statt.
                                                                                        Auch diverse Preisverleihungen
                   Michael Neugebauer (l.) verkauft seinen
                   ­Kinderbuchverlag an Chen Mingjun.                                   werden in «Leipzig liest extra»
                                                                                        ­integriert.
                                                                                                                            Leo Tuor
                                                                                         
                   minedition
                   Grossen chinesischen Investor an                                    Schweizer Vorlesetag                 Preise im März
                   Bord ­geholt                                                        Aktionen am 26. Mai                  Bündner Kulturpreis
                   Michael Neugebauer hat seinen Verlag minedition                                                          Der Bündner Kulturpreis 2021 geht an
                                                                                       Der vierte Schweizer Vorlesetag
                   mit europäischem Hauptsitz in Zürich an die chinesi­                                                     Leo Tuor. Als sein Hauptwerk gilt die Sur­
                                                                                       findet am 26. Mai 2021 statt.
                   sche Thinkingdom Media Group verkauft. Diese wur­                                                        selver Trilogie «Giacumbert Nau» (1988),
                                                                                       Buchhandlungen, Bibliotheken
                   de 2002 vom chinesischen Buchhändler Chen Ming­                                                          «Onna Maria Tumera» (2002) und
                                                                                       und Verlage sind eingeladen, an
                   jun gegründet und veröffentlicht Autoren wie Haruki                                                      «Settembrini» (2006). Leo Tuor veröf­
                                                                                       der nationalen Vorleseaktion
                   Murakami oder Paulo Coelho. Unter dem Dach der                                                           fentlicht bei Limmat.
                                                                                       teilzunehmen. Organisiert wird
                   Thinkingdom Media Group soll minedition weiter ex­
                                                                                       sie vom Schweizerischen Insti­
                   pandieren. «Es ist kaum denkbar, grosse Erfolge zu                                                       Österreichischer Kinder- und
                                                                                       tut für Kinder- und Jugend­
                   erzielen, ohne den wachsenden asiatischen Buch­                                                          Jugendbuchpreis
                                                                                       medien SIKJM.
                   markt zu bedienen», sagt Michael Neugebauer, der                                                         Die Österreichischen Kinder- und Ju­
                                                                                       
                   seit Jahren zwischen China, Japan, den USA und Eu­                                                       gendbuchpreise gehen an Heinz Janisch
                   ropa pendelt.                                                                                            und Michael Roher für «Jaguar Zebra
                                                                                      NZZ                                  Nerz. Ein Jahrbuch»; Franz Orghandl und
                                                                                       «Bücher am                           Theresa Strozyk für «Der Katze ist es
                   Weissbooks                                                          ­Sonntag» nur noch                   ganz egal»; Elisabeth Steinkellner und
                   Unionsverlag verkauft Weissbooks                                     viermal jährlich                    Anna Gusella für «Papierklavier»; Linda
                                                                                                                            Wolfgruber für «Die kleine Waldfibel».
                   Der Weissbooks-Verlag, 2019 von Frankfurt nach Zü­                  «Bücher am Sonntag», die
                   rich unter das Dach des Unionsverlags übersiedelt,                  ­Literaturbeilage der Sonntags­      Diamond Dagger
                   geht zurück nach Deutschland: Christian Augustin,                    ausgabe der Neuen Zürcher           Den Diamond Dagger der Crime Writers’
                   Anne Dreesbach, Martin Brinkmann und Bärbel                          ­Zeitung, erscheint künftig nur     Association, die höchste Auszeichnung
                   Brands führen den von Rainer Weiss und Anya                           noch viermal und nicht wie bis­    der britischen Krimiliteratur, erhält Marti­
                   Schutzbach gegründeten Verlag in Berlin weiter. Im                    her zehnmal pro Jahr. Sie um­      na Cole für ihr Gesamtwerk.
                   Herbst 2021 startet das neue Verlagsprogramm, es                      fasst neu 48 Seiten, doppelt so    
                   sind sechs bis acht Novitäten im Jahr geplant. Den                    viele wie vorher.
                   Verkauf begründet der Verleger des Unionsverlags                                                        Deutschland
                   Lucien Leitess so: «Es war nie die Absicht des Uni­
                                                                                                                            Konzentration im Fach­
                   onsverlags, ein zweites Label mit dieser Ausrichtung                Schweizer                            informationsmarkt
                   zu betreiben. Nach dem Ausscheiden von Anya
                   Schutzbach drohte Weissbooks einzuschlummern.
                                                                                       Buchpreis 2021
                   Deshalb sind wir glücklich, ihn ans neue Team zu                    Ausschreibung läuft                  Buchhändler Alexander Stein übernimmt
                                                                                                                            nach vielen kleineren Fachbuchhandlun­
                   übergeben.»
                                                                                       Bis zum 14. April können Bücher      gen jetzt auch grosse Wettbewerber:
                                                                                       eingereicht werden für den           Nach Haufe Discovery (Leipzig) zum Jah­
                                                                                       14. Schweizer Buchpreis.             reswechsel folgte im März IMS Internati­
                                                                                       ­Ausgezeichnet wird das beste        onaler Medien Service (Hamburg). Die
FOTO: WEISSBOOKS

                                                                                        erzählerische oder essayistische    Stein’sche Gruppe wächst damit auf über
                                                                                        deutschsprachige Werk von           80 Millionen Euro Jahresumsatz. Die
                                                                                        Schweizer oder seit mindestens      Thalia-Kette hatte kurz zuvor die Über­
                                                                                        zwei Jahren in der Schweiz          nahme von Lehmanns Media vermeldet,
                                                                                        ­lebenden Autorinnen und            um neben der Marktführerschaft im po­
                   Weissbooks geht zurück nach Deutschland.
                   Das neue Team v. l.: Christian Augustin, Anne Drees-                  ­Autoren.                          pulären Buchhandel auch im Fachinfor­
                   bach, Martin Brinkmann und Bärbel Brands.                                                                mationsgeschäft zu wachsen.

                                                                                                                                 Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 5
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
KINDER- UND JUGENDBUCH

Kinder wollen beim Lesen in die Bücher eintauchen und die Geschichten erleben.                             FOTO: S. V. GEHREN / PIXELIO.DE

       Der direkte Blick
          zum Kind
              Der Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis zeichnet besonders gute Bücher
                für junge Menschen aus. Doch was ist überhaupt ein gutes Kinderbuch?

K
             inderbücher sind ein schwer       magazins «Buch&Maus» des Schwei-          Kultur und Didaktik, wobei das Pen-
             greif bares Genre. Denn           zerischen Instituts für Kinder- und       del mal stärker in die eine, dann wie-
             während man Romane und            Jugendmedien SIKJM. Bei der Kinderli-     der in die andere Richtung ausschlug.
             Sachbücher für Erwachse-          teratur gehe es nicht nur um Unterhal-    So waren die ersten Kinderbücher im
             ne thematisch ordnet und          tung, sondern auch darum, Wissen zu       eigentlichen Sinn Sachbücher; die
kategorisiert, orientiert man sich bei         verbreiten. Frei nach dem literarischen   Unterhaltung war zu diesem Zeitpunkt
Kinderbüchern vor allem am Lesealter           Wahlspruch des 18. Jahrhunderts: pro-     nebensächlich. Der zwischen dem 17.
des Zielpublikums. Innerhalb der Alters-       desse et delectare (nützen und erfreu-    und 19. Jahrhundert in Europa weit-
kategorien ist vom Sachbuch bis zum            en). Je nach Standpunkt der Erwachse-     verbreitete «Orbis sensualium pictus»
Bilderbuch, interaktiv oder auch nicht,        nen sollen Kinderbücher die Kinder ans    (1658) des Theologen Johann Amos
fast alles möglich. Wie soll man denn          Lesen heranführen, in groben Zügen        Comenius wollte Kindern und Jugend-
da generell definieren können, was ein         die Welt erklären oder gar Werte ver-     lichen die Welt in Wort und Bild erklä-
gutes Kinderbuch ist?                          mitteln. «Oft besteht für Kinderlitera-   ren. Rund 200 Jahre später fokussierte
                                               tur der Anspruch, dass Kinder durch die   die Geschichtensammlung «Struwwel-
Zwischen Unterhaltung und Lernen               Bücher die Welt kennenlernen sollen»,     peter» (1844) von Heinrich Hoffmann
«Es kommt darauf an, welchen Zweck             sagt Elisabeth Eggenberger. Historisch    auf die Vermittlung moralisch-pädago-
ein Kinderbuch verfolgt und welche             gesehen bewegte sich die Kinderlitera-    gischer Inhalte – und das auf eine aus
Aufgaben es erfüllen soll», sagt Elisa-        tur immer schon in einem Spannungs-       heutiger Sicht äusserst autoritäre Art
beth Eggenberger, Redaktorin des Fach-         feld zwischen Unterhaltung, Literatur,    und Weise. Einen gewissen Unterhal-

6 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
KINDER- UND
                                                       RUBRIK
                                                          JUGENDBUCH

tungswert, und sei es nur zugunsten der     1,30 m gross ist, sieht aus der Perspek-     sagt Elisabeth Eggenberger vom SIKJM.
Schadenfreude, erhielt das Buch durch       tive eines 1,30 m grossen Kinds einfach      Potenzielle Preisträger müssen deshalb
seine Illustrationen aber auch.             ganz anders aus als aus der Perspek-         innovativ sein, Neues wagen und mit
                                            tive eines 1,80 m grossen Erwachse-          Althergebrachtem brechen, denn die
Qualitätskriterien                          nen», verdeutlicht Rühmann. Und wie          Kinderliteratur ist ein Genre, das stetig
Aber es muss doch allgemeingültige Kri-     versetzt man sich in ein Kind? «Ich          im Fluss ist und sich weiterentwickelt.
terien für gute Kinderbücher geben –        habe mir ein Stück Kindsein bewahrt –        Ob ein gutes Kinderbuch aus dem Jahr
wie sonst sollte man eine Würdigung         oder bin in gewisser Hinsicht nie ganz       2021 auch in 50 Jahren noch so beurteilt
wie den Schweizer Kinder- und Jugend-       erwachsen geworden.» Gemeinsamkei-           wird, darf deshalb bezweifelt werden –
buchpreis vergeben können? «Es ist          ten zwischen Kinder- und Erwachse-           auch im Licht jüngster Neubeurteilun-
für die Jury bei der ungeheuren Viel-       nenliteratur sieht der Autor, der mit sei-   gen, die sogar bei klassischen Geschich-
falt des Genres in der Tat eine Heraus-     nem Erwachsenenroman «Der Held»              ten wie «Pippi Langstrumpf», dem
forderung, eine Shortlist und ein Sie-      für den Schweizer Buchpreis 2020             «Dschungelbuch», «Peter Pan» und
gerbuch herauszufiltern», sagt Elisabeth    nominiert war, jedoch auch: «Man kre-        einigen Titeln mehr rassistische Darstel-
Eggenberger, die auch die Geschäftsstel-    iert in beiden Fällen Fantasiewelten         lungen ausmachen. Darf man seinen
le des Schweizer Kinder- und Jugend-        und bemüht sich darum, dass das Pub-         Kindern also die Lieblingsgeschichten
buchpreises führt. Aspekte einer litera-    likum beim Lesen vergisst, dass alles        aus der eigenen Kindheit nicht mehr
risch-ästhetischen Literaturkritik seien    nur Fantasie ist.»                           vorlesen, weil man sonst vielleicht fal-
unter anderem der Umgang mit Spra-                                                       sche Konzepte und Vorstellungen wei-
che, die Erzählweise, der Aufbau der        Die richtige Balance                         tergibt? Elisabeth Eggenberger rät zur
Figuren, das Tempo der Geschichte und       Die recht strenge Unterteilung von Kin-      Umsicht: «Ich halte nichts von einer
das Verhältnis von Text und Bild. «Man      derliteratur in verschiedene Lese­alter      generellen Verteufelung», sagt sie. «Ich
darf ein Bilderbuch auf keinen Fall nur     hat, wie Karl Rühmann weiss, nicht nur       halte aber viel von einem reflektierten
aufgrund des Texts beurteilen», sagt Eli-   didaktische Gründe. Eine möglichst kla-      Umgang mit den fraglichen Büchern.»
sabeth Eggenberger, denn: «Die Bilder       re Alterssegmentierung sei auch von          Oft handle es sich bei diesen Geschich-
erfüllen eine sehr wichtige Funktion,       der Buchbranche gewünscht: «Einfach          ten um Vorlese­bücher. Das wiederum
sie sollten nicht nur dazu da sein, das     gesagt, möchte der Buchhandel wissen,        beinhaltet Chancen. Eggenberger: «Man
Geschriebene im Bild wiederzugeben.»        in welches Regal man das Buch stellen        kann heikle Wörter oder Passagen aus-
Vielmehr können und sollen Bilder den       kann», so Rühmann. Muss man also             lassen, Fragen beantworten oder gewis-
Text ergänzen, ihm Neues hinzufügen         über didaktische Kenntnisse verfügen,        se Dinge direkt ansprechen. Man darf
oder ihn sogar herausfordern. Rühmann,      «prodesse» für die jeweilige Zielgrup-       Kindern in dieser Hinsicht ruhig etwas
seit Jahren Experte des Genres und selbst   pe im Hinterkopf haben? «Man muss            zutrauen!» Zudem sei es ja kein Zufall,
Autor. «Schreibt man ein gutes Kinder-      versuchen, die Balance zwischen Nut-         dass sich gewisse Geschichten über
buch muss ein Kind auch dort abho-          zen und Vergnügen zu finden», sagt           Generationen hinweg zu Klassikern
len, wo es in seiner Entwicklung steht:     der Autor. Diese Sicht auf die Balance       gemausert haben. Sie haben also Qua-
Es muss dem mutmasslichen Vorwissen         wünscht er sich auch von Rezensenten         litäten, auch wenn einige Aspekte nicht
eines Kinds in einer bestimmten Alters-     und Kritikern. Denn die Frage sei nicht      mehr ganz zeitgemäss sind.
gruppe gerecht werden und einen Bezug       nur, ob ein bestimmtes Buch dem Kin-
zu dessen Lebenswelt haben.                 derpublikum ein sogenannt «wichti-           Wenn’s pressiert
                                            ges» oder «heikles» Thema näherbringt.       Doch was nützen die besten Beurtei-
Auf Augenhöhe schreiben                     «Kinder sind ein literarisch unbeschrie-     lungskriterien, wenn man am Ende vor
Ein gutes Kinderbuch zu schreiben,          benes Blatt, das viel Vergnügen und          einer riesigen Bücherwand steht und das
scheint alles in allem komplizierter, als   Freude empfindet, wenn es mit litera-        eine perfekte Buch für seinen Spröss-
man auf den ersten Blick annehmen           rischen Mitteln an ein Thema herange-        ling oder sein Gottenkind sucht? Rund
könnte. Das bestätigt auch Karl Rüh-        führt wird. Kinder wollen erleben, nicht     9000 neue Titel werden im deutschspra-
mann, der sich seit vielen Jahren als       nur informiert werden.» Es sei daher         chigen Raum jedes Jahr veröffentlicht.
Kinderbuchautor hervortut. «Schreibt        gar nicht unbedingt von Vorteil, wenn        Weder Buchhändler und Buchhändle-
man für Kinder, muss man seine Spra-        man pädagogische Vorbildung besitzt;         rinnen noch Eltern, Grosseltern, Tan-
che vereinfachen und dem Kind anpas-        nicht jeder Kindergärtner, nicht jede        ten und Onkel können jedes Buch erst
sen», sagt der Schriftsteller. «Kinder      Lehrerin ist automatisch befähigt, Kin-      lesen, um dessen Qualität zu beurteilen.
haben weder die Lese- noch die Lebens-      derbücher zu schreiben.                      Karl Rühmann verrät einen Kniff, wie
erfahrung, um eine komplexe Spra-                                                        man trotzdem ein Kinderbuch findet, das
che verstehen zu können.» Als Autor         Reflektieren, nicht wegwerfen                dem Kind gefällt: «Wenn Sie nur wenig
schreibe man faktisch in einer Sprache,     Im Rahmen des Schweizer Kinder-              Zeit haben, sehen Sie sich die Illustratio-
die man selbst nicht mehr spricht. Des-     und Jugendbuchpreises ist ein wichti-        nen im Buch an. Ist auch nur eine dabei,
wegen müsse man sich ins Kind einle-        ges Beurteilungskriterium der Qualität       in der Sie eine Figur direkt ansieht, kön-
ben, wenn man es mit seinen Geschich-       eines Kinderbuchs dessen Innovati-           nen Sie das Buch bedenkenlos kaufen. Es
ten erreichen möchte. Sonst greife der      onsgeist. «Viele neue Bücher sind zwar       wird dem Kind gefallen. Denn der direk-
berüchtigte Satz, der Leser oder die        lustig, spannend oder informativ, aber       te Blick lädt es dazu ein, an der Geschich-
Leserin habe nicht in die Geschich-         eben auf eine Weise, wie es sie schon        te teilzunehmen – und Spass zu haben.»
te reingefunden. «Ein Problem, das          unzählige Male auf dem Markt gibt»,                                    ERIK BRÜHLMANN

                                                                                                Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 7
Buchhandel 3/2021 Schweizer - nja
Das sind die
                            5 Nominierten
                          Der Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis ist mit 20 000
                       Franken dotiert und wird getragen vom Schweizer Buchhändler-
                       und Verleger-Verband SBVV, den Solothurner Literaturtagen und
                         dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien
                         SIKJM. Die Preisverleihung findet am 15. Mai im Rahmen der
                        Solothurner Literaturtage statt. Wir zeigen, welche fünf Werke
                        die Chance haben, die nationale Auszeichnung zu gewinnen.
                                              TEXTE: MANUELA TALENTA

8 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
KINDER- UND JUGENDBUCH

                                            Den Stimmen und Bildern entlang schreiben
                             «Lila Perk» ist Eva Roths erster Kinderroman. Erfahrungen mit Kindern hat die Schriftstellerin
                                          aber viele – als dreifache Mutter und ehemalige Primarschullehrerin.

                                                                        Von komischen Erwachsenen
                                                                        Als Mutter von drei Kindern und ehema-
                                                                        lige Primarlehrerin weiss die Zürcherin,
                                                                        dass Erwachsene in den Augen von Kin-
                                                                        dern seltsam sind – so beschreibt auch
                                                                        Lila ihren Vater. «Meine Kinder, von
                                                                        denen zwei bereits erwachsen sind, und
                                                                        meine Schülerinnen und Schüler fan-
                                                                        den mich manchmal bestimmt auch
                                                                        schräg», meint Eva Roth lachend. «Die-
                                                                        ser Blick auf die Erwachsenen gehört
                                   Eva Roth:                            wahrscheinlich zum Grosswerden. Ich
                                «Während des                            erinnere mich, dass er bei mir gera-
                             Schreibens hatte ich
                              oft Lilas Stimme in                       de mit 12 Jahren auch sehr ausgeprägt                 Lila Perk
                              meinem Kopf und                           war.» Das und eine Geschichte, die sie                Eva Roth
                          ­brachte ihre Worte so zu                     vor einigen Jahren von einem Lehrerkol-               152 Seiten
                             Papier, wie sie diese                                                                            Jungbrunnen
                                wohl formuliert     Es ist sonnig,      legen gehört hat, führte die Schriftstelle-           978-3-7026-5948-6
                                     hätte.»       aber kalt an die-    rin, die für einen Zürcher Verlag auch
                                                 sem Nachmittag in      Bilderbücher lektoriert, zu «Lila Perk».
FOTO: © MANUELA TALENTA

                                              der Limmatstadt. Eva
                           Roth ist in einen hellgrauen Rollkra-        Bilder im Kopf
                           genpulli eingemummelt. Die Bise, die         Eva Roth hat es geschafft, die manch-         ma, brachte ihr den Kurzdramenpreis
                           über den Bürkliplatz fegt, zerzaust ihre     mal traurige, aber letztlich humorvolle       «Salz2» des Theaters Lüneburg ein.
                           Locken. Sie setzt sich im Musikpavillon      Geschichte in einfache und klare Worte        «Ein unerwarteter Erfolg», resümiert
                           hin und beginnt von ihrem Buch «Lila         zu fassen. «Während des Schreibens hat-       Eva Roth. «Er hat mich aber ermutigt,
                           Perk» zu erzählen. Dieser erste Kinder-      te ich oft Lilas Stimme in meinem Kopf,       das Schreiben weiterhin in meinen All-
                           roman der 46-Jährigen wurde gleich für       und ich brachte ihre Worte so zu Papier,      tag einzubinden.» Ein Kurzhörspiel, ein
                           den Schweizer Kinder- und Jugendbuch-        wie sie diese wohl formuliert hätte.» Bil-    Roman, ein Bilderbuch, Theaterstücke
                           preis 2021 nominiert. Er erzählt eine        der bevölkern ihren Kopf ebenfalls. «Ich      und weitere Texte in Literaturzeitschrif-
                           Vater-Tochter-Geschichte: Die 12-jähri-      sehe sie, und dann entwickelt sich die        ten und Blogs sind seither erschienen –
                           ge Lila Perk reist mit ihrem Vater, der      Handlung darum herum.» Die Jury des           und jetzt ist ihr erster Kinderroman da.
                           seit dem Tod der Mutter kaum noch mit        Kinder- und Jugendbuchpreises zeigte          Eine bunte Mischung, denn Eva Roth
                           ihr spricht, in die Campingferien nach       sich von dieser Handlung schwer beein-        will sich nicht auf ein Genre festlegen.
                           Osteuropa. Um für den Notfall gerüstet       druckt. In ihrer Begründung schreibt          Sie sagt: «Ich schreibe, weil ich Lust
                           zu sein, soll das Mädchen Autofahren         sie: «Während das Genre des Abenteu-          dazu habe.»
                           lernen. Diesen Notfall sieht Lila gekom-     erromans gehörig dekonstruiert wird,
                           men, als der Fluss ihr Zelt wegspült und     zieht sich das zentrale Thema der Ver-
                           der Vater die Lehrerin der Tochter bittet,   arbeitung des Tods der Mutter als roter
                           zu kommen und ein neues Zelt mitzu-          Faden subtil, feinfühlig und überzeu-
                           bringen. Das geht gar nicht, findet Lila.    gend durch die Geschichte.»
                           Papa und ihre Lehrerin – hat er denn
                           Mama schon vergessen? Das Mädchen            Lust am Schreiben
                           nimmt die Sache selbst in die Hand           Geschichten begleiten Eva Roths Leben
                           und fährt los, bis ihr in einem kleinen      schon lang. Als Kind zeichnete und
                           Dorf das Benzin ausgeht. Eva Roth: «Lila     schrieb sie viel, und sie verschlang
                           muss sich in einer fremden Umgebung          Unmengen von Büchern. «Ich liebte es
                           durchschlagen, ohne dass sie die Spra-       auch zu lauschen, wie andere formu-
                           che versteht. Dennoch gelingt es ihr,        lieren», sagt sie. Ein Lehrgang für lite-
                           Beziehungen zu knüpfen, und zum              rarisches Schreiben an der EB Zürich
                           Schluss beteiligt sich fast das ganze Dorf   habe ihr später eine gute Grundlage ver-
                           an der Rettungsaktion für ihren Vater        schafft, Geschriebenes in Form zu brin-
                           und ihre Lehrerin.»                          gen. Ihr Abschlussprojekt, ein Kurzdra-

                                                                                                                             Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 9
KINDER- UND JUGENDBUCH

                                               Hommage an die Grossmutter
                        Fabian Menor erzählt in seinem ersten Comic «Élise» mit Tuschezeichnungen
                 mit verwässerten Nuancen ein düsteres Kapitel der jüngeren Vergangenheit – und von einer
                        Zeit, als Erwachsene noch ungestraft die Hand gegen Kinder erheben durften.

                                                           um ein Thema ohne viele Worte anzu-
                                                           gehen. Die Bilder sprechen für sich
                                                           selbst. Wir Erwachsenen idealisieren
                                                           die Kindheit und setzen sie ständig mit
                                                           Unschuld in Verbindung. Doch wir wis-
                                                           sen sehr gut: Kinder, auch schon sehr
                                                           kleine, sind sich durchaus bewusst, dass
                                                           einige Handlungen ungerecht, bösartig
                                                           oder grausam sind.

                                                           Warum haben Sie dieses Thema gewählt?
          Fabian Menor:                                    Diesen Comic produzierte ich zuerst
           «Es war mir
       ­wichtig, eine ­wahre     Fabian Menor ist 23       im Rahmen meines Studiums für mei-
          Geschichte zu          Jahre alt. In seiner      ne Diplomarbeit. Deshalb war es für                                                Élise
            ­erzählen.»          Generation ist Gewalt     mich – vor allem für meinen ersten                                                 Fabian Menor
                                                                                                                                              104 Seiten
                                gegenüber Kindern          Comic – wichtig, eine wahre Geschichte                                             La Joie de lire
                              zwar nach wie vor ein        zu erzählen. Eine, die mir sehr nahegeht                                           978-2-889-08527-9
FOTO: © ZVG

                            Thema, aber es gibt Mittel     und die ich mit dem Herzen erzählen
              und Wege, Kinder zu schützen.Während         konnte. Die Kindheit meiner Grossmut-
              der Kindheit seiner Grossmutter in der       ter ist voller berührender Themen. Das
              ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war       Buch war auch ein Weg, meine Gross-                                        Wie und wann sind Sie mit dem Zeich-
              das noch ganz anders. Ihre Geschich-         mutter zu rächen. Ihre Lehrerin war                                        nen in Kontakt gekommen?
              te erzählt Fabian Menor, der in Meyrin       schrecklich und liess mehr als nur ein                                     Wie alle Kinder zeichnete ich früh schon
              im Kanton Genf wohnt, in ­«Élise»: Das       Kind leiden. Die Kraft des Zeichnens                                       viel, und ich habe meinen Bleistift nie
              Mädchen lebt mit seiner Familie und          ermöglicht es, die Rolle einer Überwa-                                     mehr losgelassen. Auch meine Mutter
              seinem Hund Dicko auf dem französi-          chungskamera für ein Stück Leben oder                                      hat in ihrer Freizeit gemalt und gezeich-
              schen Land. Eigentlich ist Élise glück-      eine Geschichte zu spielen.                                                     net. Ich liebte es, ihre Kreativität
              lich – wäre da nicht ihre Lehrerin. Diese                                                                                    und ihre Bleistiftstriche zu beob-
              misshandelt ihre Schülerinnen und                                                                                             achten. Auch heute empfinde ich
              Schüler physisch wie psychisch, und                                                                                           noch dasselbe Vergnügen, wenn
              Élise ist ihr Hauptziel – bis eines                                                                                           ich Menschen beobachte, die etwas
              Tags ein Inspektor in der Schule auf-                                                                                          mit Leidenschaft tun.
              taucht. Wird sich Élise ihm offenba-
              ren?                                                                                                                          Was sind Ihre nächsten Projekte?
                                                                                                                                            Ein Roman als Comic-Adaption.
              Wie fand Ihre Grossmutter, dass ihre                                                                                          Ich mache auch viele Auftrags­
              ­Geschichte in der Ö
                                 ­ ffentlichkeit erzählt                                                                                     arbeiten.
               wird?
               Sie freute sich, dass Zeichnungen ihre                                                                                        Was bedeutet Ihnen die Nomi-
               Vergangenheit zum Leben erwecken.                                                                                             nierung für den Kinder- und Ju-
               Sie hatte ihre Erinnerungen schon                                                                                             gendbuchpreis?
               zuvor in ihrem Notizbuch festgehalten                                                                                          Ich war überrascht und auch
               und auch meiner Mutter davon erzählt.                                                                                          bewegt. Dieses Buch war in
               Daher war es eine Art Weihe, als aus                                                                                            erster Linie als Diplomarbeit
               diesen Notizen ein Comicbuch geschaf-                                                                                           und als Hommage an meine
               fen wurde.                                                                                                                      Grossmutter gedacht. Sollte
                                                                                                                                                ich den Preis erhalten, dann
              Das Buch thematisiert eine düstere Zeit                                                                                            wäre dies das i-Tüpfelchen.
              für Schülerinnen und Schüler. Ist das
              nicht zu ernst für einen Comic?
              Meiner Meinung nach sind Comics und
                                                                                                                       LIR E, 20 20
              Kunst im Allgemeinen der beste Weg,                                        R © AU SG
                                                                                                   AB EN   LA JO IE DE
                                                                             BI AN ME NO
                                                               © EL ISE , FA

              10 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
KINDER- UND JUGENDBUCH

                                                                        «Eine neue Art zu lesen»
                                  Mit seiner Graphic Novel «Die Farbe der Dinge» legt Martin Panchaud eine turbulente
                                              ­Geschichte vor. Wie es dazu kam, erzählt er hier gleich selber.

                                                                       Selbst habe ich die im Buch beschrie-
                                                                       benen grossen Familiendramen zum
                                                                       Glück nicht erlebt – aber einige mei-
                                                                       ner früheren Weggefährten kennen sol-
                                                                       che Situationen. Als Legastheniker hat-
                                                                       te ich eine katastrophale Schulzeit. Die
                                                                       Diagnose wurde erst viel später gestellt.
                                                                          Ich konnte als 16-Jähriger weder rich-
                                                                            tig lesen noch schreiben. Ich kam
                                                    Martin Panchaud          in Spezialklassen, umgeben von
                                                   über «Die Farbe der        Jugendlichen mit Lernstörungen
FOTO: © EDITION MODERNE

                                                  Dinge»: «Mein Buch
                                                 hat eine ungewöhnliche
                                                                              oder anderen Einschränkungen
                                                    visuelle Sprache.»        und aus belastenden familiären
                                                                                                                               Die Farbe der Dinge
                                                                             Verhältnissen. Diese Begegnun-                    Martin Panchaud
                          «Mein Buch erzählt                                gen in meiner Kindheit und der Auf-                224 Seiten
                          vom 14-jährigen                                enthalt in einem Londoner Vorort als                  Edition Moderne
                                                                                                                               978-3-03731-201-8
                          Simon, der in einem                          junger Erwachsener inspirierten mich
                          sozial eher benachteiligten Umfeld auf- massgeblich zu dieser Geschichte.
                          wächst. Die wenigen positiven Dinge
                          in seinem Leben verliert er am selben Meine Legasthenie sehe ich heute als
                          Tag, an dem er mit einem Wettschein eine Stärke. Sie hat mein literarisches                  te ich in einer Medienbibliothek Hörbü-
                          beim Pferderennen einen Millionen- Schaffen stark beeinflusst. Zwar ver-                     cher. Mit 17 Jahren konsumierte ich so
                          Gewinn macht. An diesem Tag beginnt stand ich bereits als Jugendlicher, dass                 mein erstes Buch, und ich wurde süch-
                          eine Reise durch verschiedene Länder Lesen der Schlüssel zu Bildung und                      tig. So habe ich mich an die Musikali-
                          auf der Suche nach seinem verschwun- Wissen ist, aber Bücher blieben mir                     tät der Literatur gewöhnt. Bis heute höre
                          denen Vater und auch nach seiner eige- lang verschlossen. Eines Tags entdeck-                ich mir so verschiedenste Romane und
                          nen Herkunft.                                                                                Fachliteratur an. Für mich drücken sich
                                                                                                                       Worte durch Klang und Rhythmus aus.
                          Mein Buch hat eine ungewöhnliche                                                                          Das Entschlüsseln einer Text-
                          visuelle Sprache, die eine Verwandt-                                                                      seite ist für mich nach wie
                          schaft mit der Infografik aufweist. Mei-                                                                 vor anstrengend. Dies nehme
                          ne Idee war, die Sprache auf ein striktes                                                                ich allerdings jetzt täglich in
                          Minimum zu beschränken, Überflüssi-                                                                     Kauf, um meinen Zwillingen
                          ges zu entfernen. Die so entstandene                                                                    abends etwas vorzulesen.
                          abstrahierte visuelle Sprache – die Cha-
                          raktere werden als Punkte dargestellt                                                                  Die Liebe hat mich vor einigen
                          – ermöglicht ein völlig neues Lese-                                                                   Jahren nach Zürich geführt.
                          Erlebnis. ‹Die Farbe der Dinge› ist ein                                                              Dieser Szenenwechsel tat mir
                          Buch für Jugendliche und Erwachse-                                                                   gut. Mit einem Arbeitsplatz im
                          ne. Die Themen sind manchmal sehr                                                                   Atelier Strapazin tauchte ich
                          ernst: Misshandlung, Mobbing und                                                                    sofort in die hiesige Welt des
                          Glücksspiel. Es geht aber auch um                                                                  Comics ein. Im Unterschied zum
                          Freundschaft und darum, sich sei-                                                                  eher einseitigen Genfer Comic-
                          nen Ängsten zu stellen und sie zu                                                                 Markt ist das Angebot in Zürich
                          überwinden. Auch kommen trotz                                                                     belebter und vielseitiger.»
                          aller schweren Ereignisse immer
                          wieder humorvolle Szenen vor. Ich
                          wollte die Leserinnen und Leser
                          weder sprachlich noch visuell ver-
                          schonen. Als Erwachsene blenden
                          wir oft aus, wie hart das Leben für
                                                                © M AR TI
                          einen Jugendlichen sein kann.                   N PA NC H
                                                                                    AU D/ ED IT
                                                                                                IO N   M O DE RN
                                                                                                                   E

                                                                                                                              Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 11
KINDER- UND JUGENDBUCH

                            «Tiere sind nicht unsere Nachbarn, sondern unsere
                                               Mitbewohner»
                                      Mit «Bestiaire helvétique» vereint der in Genf lebende Tessiner Animator
                                            Marcel Barelli alle Wildtierarten der Schweiz in einem Buch.

                                                                       Kinder haben im Allgemeinen einen star-
                                                                       ken Bezug zu Tieren. Macht man sich mit
                                                                       einem solchen Buch den Erfolg einfach?
                                                                       Es gibt viele Bücher für Kinder und
                                                                         Jugendliche. Ich denke, dass es grund-
                                                                            sätzlich nicht leicht ist, erfolgrei-
                                                Marcel Barelli: «Ich          che Bücher zu schreiben. Ich hat-
                                              wollte ein umfassendes           te keine Ahnung, wie meines
                                             Bild präsentieren, um die          aufgenommen werden würde,
                                               Vielfalt, aber auch die
                                              Menge der gefährdeten             besonders von Kindern. Es ist
                                                                                                                            Bestiaire helvétique
                                             Arten in diesem Land zu            mein erstes Buch, und ich bin
FOTO/GRAFIK: © ZVG

                                                                                                                            Marcel Barelli
                                                      zeigen.»                 froh, dass es offenbar gefällt.              432 Seiten
                     Wie kam dieses                                          Immerhin sind meine Bilder ja                  EPFL Press
                                                                                                                            978-2-88915-383-1
                     Werk zustande?                                        schwarz-weiss, und Kinder mögen,
                     Ich habe Tiere immer                              so sagt man gemeinhin, eher farbige
                     geliebt. Ausserdem finde ich                      Bilder.
                     es grossartig, dass wir immer mehr für                                                         wenn sie sich wie Bestien verhalten,
                     ihre Notlage sensibilisiert sind. Manch- Was können – oder sollen – Kinder aus                 wollen wir sie ausrotten. Das ist traurig.
                     mal geht jedoch vergessen: Orang-Utans Ihrem Buch lernen?                                      Ich hoffe, dass der Wolf in der Schweiz
                     sind nicht die einzigen, die verschwin- Ich möchte, dass sie etwas über die                    eines Tags wieder den Platz einnehmen
                     den. Der lokalen Fauna geht es ebenfalls Tiervielfalt lernen, über die Geschich-               kann, den er verdient. Deshalb habe ich
                     nicht gut, ein Drittel der in der Schweiz te, die wir mit den Tieren teilen. Sie sol-          ihn gezeichnet, als ob er Angst vor sei-
                     bekannten Tierarten ist vom Aussterben len etwas über den Respekt gegenüber                    nem Schatten hätte.
                     bedroht. Das ist viel! Die Schweiz hält anderen Arten erfahren. Aber, und das
                     den traurigen Rekord für den weltweit ist ganz wichtig, sie sollen auch Spass                  Wie lief der Entstehungsprozess Ihres
                     höchsten Anteil gefährdeter Arten. Tiere an meinem Buch haben!                                 Werks ab?
                     schenken uns Geschichten und Mythen,                                                           Ich bin Animator von Beruf. Deshalb ist
                     sie sind Teil unserer Heraldik, sie sagen Welches der gezeigten Tiere ist Ihr                  das Buch in meiner Freizeit entstanden.
                     das Wetter voraus, sie werden gejagt ­liebstes?                                                Auf der Suche nach Informationen und
                     und gefischt. Einige faszinieren uns mit Der Wolf ist für mich ein wichtiges                   Ideen las ich Bücher und befragte ich
                     ihren Besonderheiten und ihrer Intelli- Tier, weil er die Konfliktbeziehung, die               Fachleute – unter anderem im Genfer
                     genz. Ihr Verhalten erinnert uns da­ran, wir zur Fauna haben, gut repräsentiert.               Museum, in der Vogelwarte Sempach,
                     dass auch wir Tiere sind. ­L eider läuft Bleiben die Tiere in ihrem Lebensraum                 im nationalen Daten- und Informati-
                     unsere Verbindung mit ihnen oft dar- ruhig, dann gefallen sie allen. Aber                      onszentrum der Schweiz für Amphibi-
                     auf hinaus, dass wir ihre Lebens­räume                                                         en und Reptilien sowie im Bundesamt
                     zerstören.                                                                                     für Umwelt.

                     In Ihrem Buch haben Sie die Tiere in                                                           In Ihrem Buch werden erstmals die 413
                     Schwarz-Weiss gezeichnet und die dazu-                                                         vom Bundesamt für Umwelt in der
                     gehörigen Texte kurz gehalten. Warum?                                                          Schweiz gelisteten Wildtierarten in einem
                     Ich mag es, Tiere auf eine ausdrucks-                                                          Band dargestellt, wobei Wildtiere als frei-
                     starke, nicht fotorealistische Weise zu                                                        lebende Wirbeltiere definiert werden. Wa-
                     präsentieren. Deshalb gebe ich ihnen                                                           rum war Ihnen diese Vollständigkeit
                     ein anderes Aussehen, eines, das uns                                                           wichtig?
                     berührt. Tiere sind nicht unsere Nach-                                                         Ich wollte ein umfassendes Bild prä-
                     barn, sondern unsere Mitbewohner.                                                              sentieren, um die Vielfalt, aber auch die
                     Den Raum, das Territorium und das                                                              Menge der gefährdeten Arten in diesem
                     Land, das wir besetzen und bewohnen,                                                           Land zu zeigen. Es war mir zudem wich-
                     teilen wir mit anderen Arten. Es ist an                                                        tig, sie alle auf die gleiche Weise abzubil-
                     der Zeit, sie kennenzulernen, aber vor                                                         den. Denn alle sind wichtig, auch jene,
                     allem: sie zu respektieren.                                                                     über die wir sehr wenig wissen.

                     12 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
KINDER- UND JUGENDBUCH

                                                                             «Ich bin Dienerin des Texts»
                                        «Lulu in der Mitte» erzählt von den Freuden und Leiden von Sandwichkindern.
                                       Der Text stammt von Micha Friemel, illustriert hat Jacky Gleich. Dabei rückt sie das
                                                             «übersehene» Kind ins Rampenlicht.

                                                                                           Manchmal kann es aber passieren, dass
                                                                                           man ein Kind sozusagen übersieht. Ich
                                                                                           weiss das, denn ich habe selbst vier Kin-
                                                                                           der.» Wenn sie an ihre eigene Kindheit
                                                                                           denkt, erkennt sich Jacky Gleich in Lulus
                                                                                           Geschichte durchaus wieder. «Meine
                                                                                           jüngere Schwester war das Sandwich-
                                                                                           kind in unserer Familie. Sie hatte wie
                                                                                                                                               Lulu in der Mitte
                                                                 Jacky Gleich:             Lulu auch Schwierigkeiten, ihren Platz              Jacky Gleich (Illustrationen)
                                                                «Es ist wichtig,
                                                              dass alle Kinder in
                                                                                           zu finden.»                                         und Micha Friemel (Text)
                                                                                                                                               32 Seiten
FOTO: © MANUELA TALENTA

                                                               einer Familie ge-                                                               Hanser
                                                               sehen werden.»              Dem «Spiegel» sei Dank                              978-3-446-26612-4
                                                                                           Micha Friemel, die den Text des Buchs
                                                                                           geschrieben hat, ist Mutter von vier Kin-
                                                                                           dern. «Sie kennt sich mit dem Thema
                          In einem kleinen Dorf an der Gren-                               darum bestens aus», so Jacky Gleich.        projekt», sagt die Illustratorin. «Es
                          ze zwischen den Kantonen Freiburg                                Kennengelernt haben sich die beiden         ist langweilig, wenn die Bilder das
                          und Bern haucht Jacky Gleich vielen                              Frauen über Friemels Mann Tim Krohn,        Geschriebene lediglich wiederholen.
                          Geschichten mit ihren Bildern Leben                              dessen Kinderbuch «Prinzessin auf dem       Die beiden Elemente müssen einander
                          ein. Das neuste Werk der 56-Jährigen                             Mist» 2019 von Jacky Gleich illustriert     bereichern.» Und so entdeckt man in
                          heisst «Lulu in der Mitte» und handelt                           wurde. «Als ich die beiden im Enga-         der Mimik und Gestik von Jacky Gleichs
                          von einem kleinen Mädchen, das seine                             din besuchte, fragte ich Micha, ob sie      Strichmännchen sehr viel mehr als die
                          Identität finden muss. Lulu fühlt sich                           etwas schreiben würde, das ich illustrie-   Bebilderung des Texts. Ist dort zum Bei-
                          unsichtbar, denn sie ist das mittlere von                        ren könnte. So entstand unsere Zusam-       spiel nur von Lulu die Rede, sieht man
                          drei Kindern. Baby Leonor ist süss, Kas-                         menarbeit.» Einige Wochen nachdem           auf dem Sofa auch Mama und Papa, die
                          par ist schon gross. Lulu ist weder das                          Jacky Gleich Micha Friemels Text dem        sich um die schreiende Leonor küm-
                          eine noch das andere – für manche Auf-                           Hanser-Verlag vorgelegt hatte, erschien     mern. «Jeder soll gleichberechtigt sein,
                          gaben ist sie zu klein, für andere bereits                       im «Spiegel» zufällig ein Artikel über      denn jeder ist gleich gut», so Jacky
                          zu gross. Im Lauf der Geschichte ent-                            Sandwichkinder. «Damit war das The-         Gleich.
                          deckt sie sich aber mit Hilfe der gan-                           ma gerade aktuell – und unser Buchpro-
                          zen Familie als die goldene Mitte, als                           jekt in trockenen Tüchern.»                 In der Kürze liegt die Würze
                          die Sonne, um die sich alles dreht. Jacky                                                                    Bislang hat Jacky Gleich schon über
                          Gleich: «Es ist wichtig, dass alle Kin-                          Text und Bild ergänzen einander             80 Bücher für Kinder und Erwachsene
                          der in einer Familie gesehen werden.                             Die Bilder von Jacky Gleich holen aus       illustriert. Die Ideen scheinen ihr nie
                                                                                           den kurzen Texten das Maximum her-          auszugehen. «Natürlich hatte ich beim
                                                                                           aus. «Ein Bilderbuch ist ein Gesamt-        einen oder anderen Projekt auch schon
                                                                                                                                       Déja-vu-Momente, wo ich dachte, das
                                                                                                                                       habe ich doch schon mal gezeichnet.
                                                                                                                                                       Aber wenn die Texte gut
                                                                                                                                                       sind, fällt mir immer wie-
                                                                                                                                                      der etwas Neues ein.» Sie
                                                                                                                                                      beschreibt sich selbst als
                                                                                                                                                      «Dienerin des Texts» und
                                                                                                                                                      wählt ihre Projekte sorg-
                                                                                                                                                     fältig aus. «Ich mag zum
                                                                                                                                                     Beispiel kurze Texte. Denn
                                                                                                                                                     dann habe ich mehr Frei-
                                                                                                                                                    heiten, meine Welt zu kre-
                                                                                                                                                    ieren.»
                            © 202 0 CA RL
                                          HA NS ER VE RL
                                                         AG GM BH &
                                                                    CO . KG , MÜ
                                                                                 NC HE N

                                                                                                                                              Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 13
VERL AGSJUBIL ÄEN

               Trio mit Tradition
            Gleich drei Schweizer Kinder- und Jugendbuchverlage feiern 2021 ein Jubiläum.
                           Wir statten ihnen einen symbolischen Besuch ab.

H
              appy Birthday, Baobab         Der Clown sagt wieder nein
              Books, NordSüd und            Nach einem gescheiterten Auswan-
              SJW! Die drei Verlage         derungsversuch kehrten Dimitri-
              feiern dieses Jahr runde      je und Brigitte Sidjanski Ende der
              Geburtstage: Bei Bao-         1950er-Jahre aus den USA zurück
bab stecken 10 Kerzen in der Torte,         in die Schweiz. Die ständigen Versu-
bei NordSüd 60 und beim Schweizeri-         che von Lektoren und Verlegern, seine
schen Jugendschriftenwerk sogar 90!         Manuskripte zurechtzuschreiben, ver-
«Bei Baobab gilt das Jubiläum jedoch        anlassten Dimitrije Sidajanski, seinen
nur für die Inkarnation als Verlag»,        eigenen Verlag zu gründen – NordSüd.                                           ­Sonja
sagt Geschäfts- und Programmleiterin        Das erste Buch trug den fast program-                                     ­Matheson, Ge-
Sonja Matheson. «Ursprünglich war           matischen Titel «Der Clown sagte nein»       reformpä-                   schäfts- und Pro-
                                                                                                                  grammleiterin Baobab
Baobab eine Fachstelle, die sich mit        und zeigte, worauf es Sidjanski ankam:       dagogischen              Books: «Mit unserem
der Interkulturalität in der Kinder­        Er wollte, so wie der Clown Petronius        Bewegung – ver-        Buchprogramm möchten
literatur auseinandersetzte. Sie ent-       aus dem Buch, die besten Geschichten         folgten ein höhe-      wir vermitteln: Das ‹Frem-
                                                                                                                 de› ist vielleicht anders,
stand in den 1970er-Jahren aus der          für Kinder und Poeten erzählen. Aus          res Ziel: Sie wol­            aber eigentlich
damaligen entwicklungspolitischen           dem Wohnzimmer im Zürcher Ober-              lten der s­ ogenannten        nicht fremd.»
Bewegung heraus.» Baobab erstell-           land erwuchs ein Verlag, der stilbilden-     ­ chundliteratur,
                                                                                         S
te damals unter anderem eine Emp-           de Künstlerinnen und Künstler aus der        unter anderem Comics,
fehlungsliste für Kinder- und Jugend-       ganzen Welt veröffentlichte und mit          Paroli bieten und Jugendlichen seriösen
bücher, die so weit wie möglich ohne        den beiden Bestsellern «Der kleine Eis-      Lesestoff zum kleinen Preis anbieten.
Stereotypisierungen auskommen.              bär» (1987) von Hans de Beer und «Der        30 Rappen kostete ein SJW damals, auch
«Wir geben das Verzeichnis unter            Regenbogenfisch» (1992) von Marcus           heute sind die Hefte mit sechs bis acht
dem Namen Kolibri bis heute her-            Pfister internationale Bedeutung erlang-     Franken immer noch sehr preisgünstig.
aus», sagt Sonja Matheson. Seit den         te. Das «Gründungsbuch» wurde erst-          Das Konzept ging auf. Vor allem in den
1990er-Jahren trat Baobab als Heraus-       mals von Gian Casty, dem Bündner Glas-       Schulen wurde der Tag, wenn die neuen
geber für Kinderbücher auf, die bei         maler, illustriert. In der Folge wurde es    SJW-Hefte zur Ansicht kamen, immer
anderen Verlagen erschienen. «Doch          zwei weitere Male illustriert – und es       sehnlichst erwartet. «Man darf nicht ver-
mit der Zeit wurde dies unbefriedi-         wird nun, zum 60. Geburstag des Ver-         gessen: Damals gab es noch kein so rie-
gend», sagt die Geschäftleiterin. «Wir      lags, von Torben Kuhlmann ein weiteres       siges Leseangebot wie heute», erklärt
wollten selbst über unser Programm          Mal neu interpretiert.                       Verlagsleiterin Regula Malin den Erfolg
entscheiden und auch über das Mar-                                                       der SJW-Hefte. «Und es gab auch noch
keting und die Gestaltung.» 2011 wur-       Wider den Schund                             keine so gut sortierten Schulbibliothe-
de der Schritt vollzogen; seither ist       Die Gründer des 1931 ins Leben geru-         ken.» Um die stetig steigenden Produk-
Baobab Books aus Basel gleichzeitig         fenen Schweizer Jugendschriften-             tionskosten decken und die Heftprei-
Fachstelle und Kinderbuchverlag.            werks (SJW) – Lehrpersonen aus der           se niedrig halten zu können, wurde das

                                            85 JAHRE ATLANTIS-KINDERBÜCHER

pb. 1930 in Berlin gegründet, in Zürich     ­ lterserscheinungen, aus Tradition gute
                                            A                                            e­ ine beflügelnde Kombination und öffnet
grossgeworden. Das ist die Formel           Bücher machen, das zählt.» Mit Respekt        den Raum für Verbindendes und Eigen-
für den Atlantis-Verlag von Martin Hürli-   blicke er auf die Leistungen des Gründer-     ständiges», sagt Eva Roth, die schon seit
mann. Das Kinderbuchprogramm grün­          paars Hürlimann-Kiepenheuer, das Kin-         einigen Jahren hauptverantwortlich ist
dete er mit seiner Frau Bettina 1936.       derbücher als Teil seines umfassenden         für Atlantis. Aus Branchensicht bildet sie
Wie also rechnen? 2020 war «Atlantis»       Kulturengagements verstand. Seit Beginn       mit dem Teilzeitrentner ten Doornkaat
ganz mit dem Nicht-Verbleib bei Orell       dieses Jahrs gehört Atlantis nun zum          ein «Dream-Team», wobei dieser Begriff
Füssli beschäftigt. Deshalb schaut Hans     Kampa-Verlag. «Kinderliteratur und Bellet-    bei Atlantis eigentlich für Lorenz Pauli
ten Doornkaat vorwärts: «Jubiläen sind      ristik unter dem gleichen Dach: Das ist       und Kathrin Schärer reserviert ist.

14 | Schweizer Buchhandel | Nr. 3 2021
VERL AGSJUBIL
                                                           RUBRIK ÄEN

Schweizer Jugendschriftenwerk 1957 in        von Baobab Books. «Unse-
eine gemeinnützige Stiftung umgewan-         re Bücher sind alles Überset-
delt. Dies stellte sicher, dass auch über    zungen ausländischer Auto-
ein halbes Jahrhundert später noch seri-     rinnen und Autoren», sagt
öser Lesestoff zum kleinen Preis an die      Baobab-Geschäftsleiterin Sonja
Jugend gebracht werden kann.                 Matheson. Man wolle auf diese Wei-
                                             se die Kulturen der Welt zu uns holen.
Der Fokus machts                             «Mit unserem Buchprogramm möchten
Kein Verlag könnte so lange erfolgreich      wir vermitteln: Das ‹Fremde› ist vielleicht
publizieren, gäbe es keine klare Vorstel-    anders, aber eigentlich nicht fremd.»                                            Herwig
                                                                                                                         Bitsche, Verleger
lung über das Programm. NordSüd kon-         Einen anderen Fokus hat das SJW mit                                       und Geschäftsleiter
zentrierte sich von Anfang an auf Bil-       seinen Heften: «Unser Motto ist: Lesen        st ellt sich Nord-         NordSüd: «Illustrierte
derbücher für Kinder zwischen drei           mit Format», sagt Verlags­leiterin Regu-      Süd quer. Bitsche:         Bücher für Kinder sind
                                                                                                                       unsere grösste Kom-
und sieben Jahren – also auf ein Publi-      la Malin. «Deshalb auch der geringe           «W i r s i n d ü b e r-           petenz.»
kum, für welches das Bild ebenso wich-       Umfang der Texte. Jeder Text ist dafür        zeugt, dass Bücher
tig ist wie der Text. «Illustrierte Bücher   sorgfältig von Schweizer Künstlerinnen        für unser Zielpublikum
für ­Kinder sind unsere grösste Kom-         und Künstlern illustriert. Kinder sollen      in gedruckter Form das ide-

                                                                                                                                           FOTOS: ZVG
petenz», sagt Verleger Herwig Bitsche.       merken: So ein Heft, das ist zu bewälti-      ale Medium sind. Wenn Eltern ein Buch
«Die Tatsache, dass wir seit 60 Jahren       gen. Auch für leseschwache Kinder stel-       vorlesen, es mit dem Kind anschauen,
auf diese Art Kinderbücher setzen, hat       len sich so Erfolgserlebnisse ein.» The-      vor und zurück blättern, ist das ein inti-
uns zu einem hohen Ansehen in der            matisch orientiert man sich daran, was        mer und intensiver Lernprozess, der
Branche verholfen.» Und dies nicht nur       Kinder und Jugendliche interessiert: vom      dem Kind die Welt verständlich macht.»
im deutschsprachigen Raum: NordSüd           Klima über die Geschlechteridentität zum      Anders das SJW: «Aktuell initiieren wir
betreibt sogar eine eigene Niederlassung     Fussball und den zu Gründerzeiten so ver-     digitale Leseförderungsprojekte, auch
in New York, die den englischsprachigen      teufelten Comics. Regula Malin: «Es gibt      für Schulen», sagt Regula Malin. Man
Markt bedient. «Wir verlegen Bücher für      uns zwar schon lang, aber wir sind aktu-      spiele mit dem Gedanken, die Inhal-
ein internationales Publikum», sagt Her-     ell und frisch. Wir gehen mit der Zeit, was   te des Verlags in Zukunft auch digital
wig Bitsche, «und unsere gesamte Pro-        die Themen und die Illustration unserer       zur Verfügung zu stellen. «Ich bin mir
grammierung zielt darauf ab, Bücher zu       Titel angeht. Und wir sind stolz darauf,      aber sicher, dass das analoge Lesen nicht
machen, die möglichst auf der ganzen         dass unsere Publikationen in allen Lan-       verschwinden wird», so die Verlagslei-
Welt verstanden w ­ erden können.» Inter-    dessprachen, in allen romanischen Idio-       terin. «Das Haptische, mit dem Buch
national ist auch der Fokus                  men und in Englisch erscheinen.»              in der Hand, dieses Erlebnis darf man
                                                                                           den Kindern nicht vorenthalten.» Ähn-
                                              Weiter, immer weiter                         lich sieht es Sonja Matheson von Baobab
                                                   «Auf die nächsten hundert Jahre!»,      Books, gerade nach dem vergangenen
                                                   wünscht man Jubilaren am Ende           pandemischen Jahr. «Nach dem gros­
                                                   eines Toasts oft. Doch wie wird die     sen Hype der Digitalisierung sind wir,
                                                   Reise weitergehen? Werden die alten     glaube ich, alle etwas müde vom ständi-
                                                  Werte bestehen bleiben, oder wird        gen Auf-den-Bildschirm-Schauen.» Das
                                                 man sich einmal neu aufstellen müs-       Physische, Reale, Greifbare habe wieder
                                                  sen, wie das NordSüd nach einer          an Bedeutung gewonnen, weshalb man
                                       ­             Krise zur Jahrtausendwende tun        auch 2020 mehr und nicht etwa weni-
                                Regula Malin,          musste? «Den Markt können wir       ger Bücher verkauft habe. «Ich denke,
                               ­Ver­lagsleiterin        natürlich nicht beeinflussen»,     es braucht einfach wirklich gute, durch-
                             Schweizer Jugend-
                            schriftenwerk (SJW): ­      sagt Herwig Bitsche, «wir kön-     dachte, schöne Bücher», so Matheson,
                             «Es gibt uns zwar          nen nur versuchen, mit Trends      «dann hat unsere Branche eine wirklich
                            schon lang, aber wir        kreativ umzugehen.» Nur wenn       grosse Zukunft vor sich.»
                              sind aktuell und
                                   frisch.»            der Trend Digitalisierung heisst,           NINA MOSER UND ERIK BRÜHLMANN

                                                HAPPY BIRTHDAY, OETINGER!

Ein Blick über den nationalen Tellerrand     konzentrierte sich anfangs auf wirtschafts-   zungsrechte und wurde so zum Wegberei-
hinaus zeigt: Auch im Ausland wird Jubilä-   und sozialwissenschaftliche Schriften.        ter skandinavischer Kinderliteratur in
um gefeiert. Die Verlagsgruppe Oetinger      Den Weg zum Kinder- und Jugendbuch            Deutschland. Zu Pippi gesellten sich mit
aus Hamburg wird dieses Jahr 75 Jahre        fand der Verlag 1949, als der Verlagsleiter   den Jahren Michel aus Lönneberga, das
alt. Der vom Antiquar Friedrich Oetinger     nach Stockholm reiste, wo er Astrid Lind-     Sams, Alea Aquarius und viele Figuren
1946 mit einer der ersten Lizenzen der       gren und ihre Pippi Langstrumpf kennen-       mehr, die heute aus den Kinderzimmern
britischen Alliierten gegründete Verlag      lernte. Er erwarb die deutschen Überset-      nicht mehr wegzudenken sind.

                                                                                                  Nr. 3 2021 | Schweizer Buchhandel | 15
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