NEUBAU BETTENHAUS TRIEMLISPITAL ZÜRICH - Planen und Bauen für das Spital der Zukunft - Espazium
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Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich Das modernste Bettenhaus der Schweiz Das Gesundheitswesen hat sich in den letzten bedingt eine langfristige Perspektive für die Infra- Jahren stark verändert. Angestrebt werden eine sys- struktur, damit auch in Zukunft optimale Prozesse tematische Implementierung des Qualitätswettbe- sichergestellt werden können. Das über 40-jährige werbs und tiefere Kosten. Die 2012 eingeführte neue Stadtspital Triemli ist stolz darauf, diese Anforderung Spitalfinanzierung gehört zu den weitreichendsten mit dem modernsten Bettenhaus der Schweiz ab regulatorischen Änderungen. Mit der damit verbun- März 2016 zu erfüllen. denen neuen Abrechnung über leistungsbezogene Fallpauschalen wurden die Behandlungskosten Mit der Erweiterung des Triemlispitals tragen wir den schweizweit vergleichbarer. gestiegenen Patientenzahlen sowie den komplexer und aufwendiger gewordenen Betriebsabläufen Die Fallpauschalen werden jährlich neu berechnet Rechnung. Wir werden sowohl betrieblich als auch und zwingen die Spitäler, sowohl kurz- als auch baulich und technisch neue Massstäbe setzen, um langfristig wirtschaftlicher zu arbeiten: Es gilt, die auch in Zukunft eine umfassende medizinische medizinischen und pflegerischen Leistungen für Pa- Grund- und Spezialversorgung höchster Qualität tientinnen und Patienten qualitativ hochstehend, bieten zu können. aber auch effizient zu erbringen. Die Abläufe in den Spitälern müssen deshalb ständig hinsichtlich Effizi- Dr. Erwin Carigiet enz und Behandlungsqualität optimiert werden. Das Spitaldirektor Stadtspital Triemli Anspruchsvoll, termingerecht und im Kostenrahmen Der Neubau Bettenhaus des Stadtspitals Triemli Gemeindeordnung verankert sind. Das neue Betten- gilt als Meilenstein in der Gesundheitsversorgung haus ist zudem das erste Minergie-P-Eco-Spitalge- der Stadt Zürich. Fertiggestellt in einer Zeit, die ge- bäude in der Schweiz. prägt ist von der Diskussion um die Refinanzierung von Spitalneubauten der öffentlichen Hand. Das Amt für Hochbauten hatte als Bauherrenvertre- tung die anspruchsvolle Aufgabe, während der über Bei der Erneuerung des Stadtspitals Triemli hatte die 10-jährigen Planungs- und Bauzeit die verschiede- Stadt Zürich von Beginn an den Anspruch, das Spi- nen Ansprüche der Projektbeteiligten unter einen tal der Zukunft zu bauen. Es sollte baulich und be- Hut zu bringen. Die Komplexität der Abstimmungs- trieblich die hohen Anforderungen erfüllen, die heute prozesse ergab sich aufgrund der Schnittstellen zu zum Beispiel an neue Behandlungsmethoden ge- weiteren, parallel laufenden Teilprojekten. Trotz allen stellt werden. Zentral war dabei die Frage, welche Herausforderungen wurde das Ziel erreicht: Das baulichen Massnahmen zum Wohlbefinden der Pati- Grossprojekt konnte termingerecht und im geplanten entinnen und Patienten beitragen. Ein substanzieller Kostenrahmen abgeschlossen werden, wofür ich al- Beitrag an das Spital der Zukunft ist auch die Erneu- len Projektbeteiligten herzlich danke! erung der Energieversorgung, die sich nach den Zie- Wiebke Rösler Häfliger, len der 2000-Watt-Gesellschaft richtet, die in der Direktorin Amt für Hochbauten Stadt Zürich 2
Titelbild Das Triemlispital wurde 1970 eröffnet. Seither ist der Komplex rund um das ursprüngliche Hauptgebäude, den 70 m hohen «Turm», kontinuierlich erweitert worden. Neu ist das reflektierende Bettenhaus dazugekommen: Die Umrisse zeichnen sich schon länger ab; ab April 2016 eröffnet sein nachhaltiger Betrieb. Foto von Ralph Feiner, Chur. Inhalt Das modernste Bettenhaus der Schweiz Ein gelassener Endspurt Editorials des Stadtspitals und Ein Gespräch über die Umsetzung������������������������������������ 17 des Amts für Hochbauten ��������������������������������������������������������� 2 Judit Solt und Paul Knüsel Im Kreislauf der Stadt Zürich Sensibler Untergrund Baugeschichte, Städtebau und Aussenraum��������������������� 5 Baugrund und -statik ������������������������������������������������������������� 21 Susanne Frank und Paul Knüsel Rudolf Heim Ein pulsierendes Haus Die Blut- und Nervenbahnen des Spitals Architektur, innere Organisation Energie- und Medienversorgung Gesamtareal��������������� 27 und Nachhaltigkeit���������������������������������������������������������������������� 8 Nina Keller und Paul Knüsel Jutta Glanzmann Diagnostik im Energiesektor Stationäre Kunstintervention Innovative Konzepte und Technologien ������������������������� 29 Kunst und Bau ������������������������������������������������������������������������� 14 Paul Knüsel Eveline Suter Rezeptur für ein neues Bettenhaus Infografik ������������������������������������������������������������������������������������ 31 TEC21 Sonderheft 2016 3
Im Kreislauf der Stadt Zürich Text: Susanne Frank und Paul Knüsel, Redaktion TEC21 Seit 1970 eröffnet das Stadtspital Triemli den Südeingang ins Zentrum von Zürich. Das Areal selbst verbindet die Erholungszone am Uetliberg mit einem dichter werdenden Siedlungsraum. Die Hochbauten sind nach Abschluss des ersten Erneuerungszyklus als weithin sichtbare Marke im Stadtgebiet gestärkt worden. Das Stadtspital Triemli prägt seit über vier Jahr- sundheitsinfrastruktur. Dank der Fortschritte in der 1 Das neue Bettenhauses zehnten das Stadtbild von Zürich. Das zwanzig Medizin stieg die Lebenserwartung stetig; die eröffnet und erweitert das gebaute Ensemble Stockwerke hohe Hauptgebäude ist eine weithin künftige Versorgung musste so durch Spitalneu am Triemlispital. sichtbare Marke und spiegelt den Zeitgeist der bauten sichergestellt werden. Man empfand es zuvor 1970er-Jahre. Mit einem markanten Neubau wird die als grossen Mangel, dass ein Krankenhaus auf Anlage nun erweitert. Ein neues Bettenhaus ergänzt der südwestlich gelegenen Stadtseite, links des See- das bestehende Hochhaus mit Sockelbau und ei- und Limmatufers, fehlte. Das Waidspital deckte be- nem Behandlungstrakt und stärkt die städtebauliche reits die rechte Limmatseite ab. Da das Triemli-Areal Setzung des Spitalareals. Die Zeitschichten bleiben sehr gut erreichbar ist und auch eine ideale über- an den volumetrischen Unterschieden und der geordnete Verkehrsanbindung bot, wurde es zum tektonischen Bearbeitung sichtbar: Während das Standort für das zweite Zürcher Stadtspital gewählt. Hauptgebäude aus den 1970er-Jahren in Sichtbeton Seinerzeit war es das grösste Bauvorhaben, das gestaltet ist, kontrastiert der Neubau als gläsern re- die Stadt Zürich bis dahin realisiert hatte. Das urs- flektierendes Gebäude – und fügt sich gleichzeitig prüngliche Bebauungsmuster bestand aus dem mit- gut in das bestehende Ensemble ein. tigen Bettenhochhaus mit grossflächigem Sockel aus Behandlungs- und Wirtschaftstrakt sowie der Privilegierte Lage, besondere Umgebung mehrgliedrigen Maternité südwestlich davon. Am Das Triemlispital liegt am südlichen Siedlungs- Ostrand wurden gleichzeitig ein Ausbildungszentrum rand von Zürich, an der Grenze zwischen Albisrie- und Unterkünfte für das Pflegepersonal gebaut: die den und Wiedikon, leicht erhöht an einem Hang mit hofartige Schwesternschule sowie drei hohe Perso- bestem Ausblick auf die Stadt. Seine Lage ist äus- nalhäuser. Die Hochhausbebauung steht mit ihrer serst privilegiert – nicht nur wegen seiner hervor- markanten Grösse in der Tradition der grossmass- ragenden Erschliessung, sondern aufgrund seiner stäblichen Bebauung der 1960er- und 1970er-Jahre – Umgebung und besonderen Topografie. und ist gleichzeitig Ausdruck des Wachstums und Das Areal ist umgeben von einer offenen Hügel- des medizinisch-technischen Fortschritts dieser Zeit. landschaft und älteren und neueren Wohngebieten, die von locker bis dicht bebaut sind. Es markiert Vorausschauende Konzeption damit den Übergang zwischen dem Naherholungs- Die Entwicklungen in Medizin, Pflege und Tech- gebiet Uetliberg und der Gartenstadt am Friesen- nik schreiten stetig voran. Ebenso kontinuierlich berg. Das Spitalhauptgebäude und die kleineren wächst die Bevölkerung in Zürich, denn die Stadt Trabanten sind sehr gut an das öffentliche Nahver- bietet eine hohe Standort- und Lebensqualität. All kehrsnetz angeschlossen; über die Triemli- und die dies wirkt sich auf die Kapazität des Stadtspitals Birmensdorferstrasse sowie über die Uetlibergbahn aus: Die Versorgungseinrichtungen müssen in die- ist das Areal mit Tram, Bus oder S-Bahn erreichbar. sem Prozess mitwachsen; das Thema der Ver- Mit dem gut ausgebauten Verkehrsnetz erhält das dichtung b etrifft auch Infrastrukturbauten. Möglich- Quartier zugleich eine städtische Prägung. keiten zur späteren Erweiterung wurden in der ursprünglichen Konzeption vorausschauend ange- Zentrum der Gesundheitsinfrastruktur dacht. Die erste Erneuerungs- und Umbauphase Seit Eröffnung im Jahr 1970 ist das Stadtspital begann in den 1990er-Jahren. 1994 wurden acht Triemli zentraler Bestandteil der städtischen Ge- weitere Baumassnahmen definiert, was 2003 Ein- TEC21 Sonderheft 2016 5
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich gang in die Gesamtplanung fand. Bislang sind da- Trabanten sind frei im Gelände platziert; dadurch von der Erweiterungsbau der Nuklearmedizin, die bleiben mehrere Durchsichtsachsen durch den par- Verlegung der Apotheke in die Maternité sowie die kartigen Aussenraum erhalten. Erweiterung und der Teilumbau des Behandlungs- Die originäre Gestaltung des Triemli-Parks war trakts umgesetzt worden. Der Neubau des Be- dem Zürcher Landschaftsarchitekten Willi Neukom handlungstrakts (vor knapp 20 Jahren) und das (1917–1983) übertragen worden, der sich zuvor be- neue Bettenhaus stellen die letzte, nun gemeisterte reits am Seefeldquai und in Zürich-Nord mit der an- Herausforderung dar. Eine Erneuerung im Bestand gemessenen Begrünung von urbanen, dichten Zo- konnte bei laufendem Betrieb nicht realisiert werden; nen auseinandergesetzt hat. «Die Anlage soll bei der daher versprach ein Neubau die beste und wirt Betrachtung das Stadtspital als Ort der Heilung und schaftlichste Lösung. Zudem lassen sich die Abläufe Genesung und zugleich das Stadtbild am Fuss des und der Betrieb in einem Neubau effizient und zeit Uetlibergs bereichern», beschrieb Neukom selbst gemäss organisieren. die Gestaltungsabsicht in der Triemli-Einweihungs- schrift von 1970. Seine modernistischen Prinzipien 2 Übergang zwischen Grosszügiger Aussenraum sind bis heute in der reduzierten Gestaltungssprache Freihaltezone und Das bestehende Ensemble aus Haupthaus und sowie an der Modellierung des Geländes erkennbar dichtem Siedlungs- Sockelbau mit Behandlungstrakt wird nun um geblieben. Die Topografie des Areals ist grossräu- raum: Der parkähnli- che offene Charakter das neue, 15 Stockwerke hohe Bettenhaus ergänzt. mig vom natürlich fliessenden Hang geprägt; klein- des Triemli-Areals Dem neuen städtebaulichen Konzept gelingt es, räumig wurde die Landschaft mit künstlichen Hügeln bleibt erhalten. die Qualität der Anlage nur leicht zu verändern, verformt. Zum parkähnlichen Landschaftsbild passt 1 Hauptgebäude aber die Grosszügigkeit des rund ein Hektar gros- die Vegetation aus kurzem Rasen und teilweise orts- 2 Behandlungstrakt sen Aussenraums zu bewahren und zu stärken. Der fremden Baum- und Bestockungsarten. 3 Maternité 4 Schwesternschule Erweiterungsbau des neuen Bettenhauses wurde 5 Personalhäuser so gesetzt, dass die arealinternen Durchblicke zwar Aufgefrischte Umgebung 6 Bettenhaus reduziert werden, die freien Ausblicke aus den Bau- Der Triemli-Park wurde nie unter Schutz gestellt. ten jedoch erhalten bleiben. Und trotz des verklei- Trotzdem ist vorgängig zur Spitalerneuerung ein 3 Ein selbstbewusster nerten Aussenraums ist die Ausdehnung der Grün- denkmalpflegerisches Gutachten in Auftrag gegeben Neuling im Quartier: Das neue Bettenhaus räume immer noch als grosszügig zu bezeichnen. worden. Dieses diente als Grundlage zur Weiteren- fügt sich städtebaulich Der Scheitel zwischen Neubau und bestehendem twicklung des Aussenraums, wofür Berchtold Lenzin gut in das bestehende Hauptgebäude umfasst das neue Zentrum der An- Landschaftsarchitekten verantwortlich sind. Deren Ensemble ein. lage; der grosse Platz ist zugleich öffentlicher Raum Absicht ist, den bisherigen Stil und den inneren und zentraler Verteiler, über den die stark frequen- Zusammenhang zu wahren. Die erstmalige gestalte- tierten Gebäude zugänglich sind. rische Auffrischung der Umgebung hat zudem die Wird dereinst auch der geplante Rückbau der Veränderungen der letzten Jahre sowie die Eingriffe Personalhäuser an der nördlichen Geländegrenze der aktuellen Erneuerungsphase zu kompensieren. realisiert, vergrössert sich der unbebaute Abstand Auffälligste Veränderung ist der 4000 m2 grosse zum Wohnquartier. Auf diese Weise erhält das erwei- Eingangsbereich im Winkel zwischen Bettenhaus terte Spitalensemble mehr Raum. und Hauptgebäude. Der Platz dient insbesondere der Erschliessung und dem direkten Spitalzugang Bereicherung für Stadtquartier für VBZ-Busse, Fussgänger und als Notfallparkplatz. Die Gestaltung des weitläufigen Aussenraums ist Die Möblierung ist spärlich; rohe Holzbalken werden Teil eines eigenen Freiraumkonzepts, das die ak- zur räumlichen Abgrenzung und als Sitzgelegenhei- tuelle bauliche Erneuerung ergänzt. Mit Eröffnung ten eingesetzt. des neuen Bettenhauses konnten noch nicht alle Demgegenüber greift die teilweise Neubepflan- Umgebungsarbeiten fertiggestellt werden. Ziel aber zung rund um das neue Bettenhaus und entlang ist, die bestehenden Freiraumqualitäten und den der Zufahrtsstrasse eine schöne Idee aus dem Ori Grünraum aufzuwerten und den offenen Charakter ginalzustand auf: Die verwendeten Gingkobäume des Triemli-Parks beizubehalten, auch zur Bereiche- und die Gruppen aus kolchischem Ahorn verfärben rung des Stadtbilds und für die Menschen in einem sich im Herbst jeweils gelb und rot; und das natür- dichter werdenden Siedlungsumfeld. Die Ausnüt liche Farbenspiel bleibt damit genauso abwechs- zungsquote auf dem Triemli-Areal selbst liegt deut- lungsreich wie bisher. lich unter der Bebauungsdichte des benachbarten Wohnquartiers. Der Fussabdruck aller Gebäude er- gibt zusammen nur 10 % der Gesamtarealfläche. Die zentralen Gebäudekomplexe und die peripheren 6
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich Foto: Ralph Feiner 1 Ein pulsierendes Haus Text: Jutta Glanzmann Die transparente Hülle, das geschickte Grundrisskonzept und die Vielfalt der eingesetzten Materialien machen das neue Bettenhaus nicht nur hinsichtlich Nachhaltigkeit zum Vorbild. Trotz der Grösse gelingt es, bei der Spitalerneuerung einen menschlichen Massstab zu wahren. 8
Nach über zehnjähriger Planungs- und Bauzeit geln sich die umgebenden Bäume oder der Himmel 1 Ein Baukörper mit ist das neue Bettenhaus am Stadtspital Triemli eröff- darin. Die Assoziationen an einen pulsierenden Or- imposantem Massstab und leichter, net worden. Auch die physischen Dimensionen des ganismus, die dabei entstehen, sind von den Archi- lebendiger Struktur: lang gezogenen, kubischen Baukörpers sind ein- tekten beabsichtigt; so sollen die Funktion des Ge- Die Fassade spielt drücklich: Mit einer Höhe von 50 m bietet er Platz bäudes bildhaft repräsentiert werden. Gleichzeitig mit Lichtreflexion für 550 Betten. Jedes der sichtbaren 15 Geschosse ist diese zweite, semitransparente Schicht Sonnen- und Farbe. ist 35 m breit und 100 m lang. Je nach Standpunkt und Wetterschutz und ermöglicht einen von den scheint das kompakte Volumen, das quer zum be- Zimmern unabhängigen Gebäudeunterhalt. stehenden Hauptgebäude steht, förmlich aus die- Die Abmessung gleicht derjenigen eines kom- sem herauszuwachsen. Die Grösse der Baukörper pakten Quaders; sie erlaubt, gemäss Vorgabe im und ihre Nähe zueinander schaffen eine räumliche Architekturwettbewerb pro Geschoss zwei Pflege- Dichte, die im Vergleich zum menschlichen Mass- stationen anzuordnen. Jeweils zwei Schichten mit stab imposant und schon fast beängstigend wirkt. Bettenzimmern sind gegen Osten respektive Westen Im Innern jedoch ist davon nichts mehr zu spüren. orientiert. In der Tiefe des Grundrisses liegen fünf Aeschlimann Hasler Partner Architekten aus Zürich Betonkerne, die Dienst- und andere Stationsräume gewannen Ende 2005 den zweistufigen Studien respektive Aufzugsschächte aufnehmen können. auftrag für den Neubau des Bettenhauses und die Die Multi-Tower-Lifte sorgen dafür, dass die Betten- Instandsetzung des Hauptgebäudes. Diese Erneue- zentrale jeweils gebrauchte Spitalbetten entgegen- rungsmassnahmen sind Bestandteil einer strategi- nehmen und neu bereitstellen kann. Die limitierte schen Planung für die Spitalanlage Triemli von 1994, Geschosshöhe von 3.21 m spiegelt noch die ur- die 2003 und 2013 überarbeitet worden ist. Die nun sprüngliche Absicht wider, das neue Bettenhaus an abgeschlossene Erneuerung betrifft das Bettenhaus das bestehende Hauptgebäude anzudocken. Die sowie die Energie- und Medienversorgung; die Passerellen sind im Ursprungsentwurf eingeplant; ursprünglich geplante Instandsetzung des Haupt die Realisierung dieses Annexbaus wurde aber auf- gebäudes wird als vereinfachtes Instandhaltungs- geschoben. Der bauliche Anschluss ist als Knack- projekt später fertig gestellt (vgl. «Instandhaltung nuss im Neubauprojekt geblieben (vgl. «Ein gelasse- anstatt Instandsetzung des Turms», Seite 13). ner Endspurt», Seite 17). Dass der Deckenbereich Zusammen mit dem Behandlungstrakt und dem somit nur beschränkten Platz für die Gebäudetech- Hauptgebäude lässt der Entwurf für das Bettenhaus nik bieten kann, erhöhte den Koordinationsbedarf: auf dem weitläufigen Spitalareal ein Ensemble ent- Zum einen mussten die hohen Sicherheitsanforde- stehen, das trotz der unterschiedlichen Tektonik und rungen entlang der Flucht- und Rettungswege ein- formalen Ausgestaltung der Volumen zu einer Ein- gehalten werden, zum anderen galt es Reserven für heit findet. Die einzelnen Bauten zeichnen sich zwar Nachinstallationen und den flexiblen Umgang mit weiterhin als eigenständige Zeugen ihrer Zeit aus, späteren Nutzungsänderungen einzuplanen. doch gleichzeitig gewinnt das Ganze an Kraft und wird auch aus der Ferne als Einheit sicht- und greif- Innere Ausblicke bar. Mit der Konzentration der Gebäude konnten zu- Der Hauptzugang zum Bettenhaus befindet sich dem die von Willi Neukom gestalteten Aussenräume an der Westfassade und war ursprünglich als ge- weitgehend erhalten werden (vgl. «Im Kreislauf der meinsame Eingangshalle mit dem bestehenden Stadt Zürich», Seite 5). Hauptgebäude geplant. Hier und im Bereich des Personalrestaurants, das im natürlich belichteten Lebendige Architektur Untergeschoss auf der Ostseite mit schönem Aus- Für das architektonische Konzept des Hauses blick Richtung Stadt liegt, lehnen sich die Material- sind Aeschlimann Hasler Partner Architekten von und Farbwahl an den bisherigen Eingangsbereich den Bettenzimmern ausgegangen: Anders als im an: Weisse Natursteinplatten und ein rauer Parkett- Spitalbau üblich werden sie durch raumhohe Fenster boden dominieren das Eintrittsbild. Der dabei ent- belichtet. Die davor liegende zweite Raumschicht stehende Raumeindruck bildet einen Kontrast zu sichert die gewünschte Privatsphäre. Gleichzeitig demjenigen in den Bettengeschossen. In den unter- gelingt es ihr, dem massigen Baukörper eine leichte irdischen Etagen unter dem Personalrestaurant und Struktur zu geben: Die brüstungshohen Gläser sind der Küche sind die Warenanlieferung, das Zentralla- in verschiedenen Winkeln zur Vertikalen und Hori- ger, die Wäscheaufbereitung sowie ein Teil der Ge- zontalen angebracht. Ihre Oberflächen sind zudem bäude- und Versorgungstechnik untergebracht (vgl. unterschiedlich behandelt, was ein Spiel mit Farbe «Die Blut- und Nervenbahnen des Spitals», Seite 27). und Licht entstehen lässt. Je nach Wetterlage er- Ebenfalls unterirdisch liegt die Energiezentrale, wo- scheinen die Gläser fast schwarz, dann wieder spie- von einzig der Kamin seitlich zum Bettenhaus ver- TEC21 Sonderheft 2016 9
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich setzt sichtbar ist. Der frei stehende Turm ist mit na- seln. Zusätzlich sind die Elemente in der Höhe zuein turbelassenen Schiefertafeln ummantelt und formal ander versetzt angeordnet und verstärken so die einer aufsteigenden Rauchfahne ähnlich. Materiali- räumliche Zonierung der langen Korridore. Insge- sierung und Form nehmen gestalterische Rücksicht samt entsteht ein in sich stimmiger Raumeindruck in auf die bewohnte Umgebung. abgestuften Beige-, Braun- und Gelbtönen. Den westlichen Eingang zum Bettenhaus se kundiert, ebenfalls ebenerdig, die Notfallstation mit Zimmer mit Hotelcharakter direktem Zugang zu den Operationssälen im Be- Auch bei der Gestaltung der Zimmer haben sich handlungstrakt. Die Haustechnik ist hingegen im die Architekten von Hotelarchitektur leiten lassen: Dachgeschoss untergebracht; das Dach selbst dient Durch ihre Raumproportionen und die Wahl der Ma- als Helikopterlandeplatz. Wichtige Aspekte für die terialien strahlen die Zimmer Behaglichkeit und Ge- innere Struktur des Hauses waren laut Architekten borgenheit aus – das soll den Genesungsprozess die einfache Orientierung im Innern und die visuelle unterstützen. Bis zum Boden reichende Fenster er- Durchlässigkeit nach aussen. Die Treppenhäuser möglichen Patientinnen und Patienten eine gute sind daher direkt an der Fassade und nicht in der Sicht auf die Stadt oder den Uetliberg. Die expo Erschliessungsschicht platziert. Durch die grossen nierte Lage des Triemli-Bettenhauses wird so zum Fensterflächen fällt viel natürliches Licht. Rote Trep- Markenzeichen jedes einzelnen Zimmers. Eine über- penläufe und in die Decken eingelassene Leuchtkör- breite Trägerschicht aus Sichtbeton im Bereich der per belassen es bei einer schlichten und sorgfältigen Fassade zoniert den Raum und schafft Nischen, in gestalterischen Wirkung. Die Lage der Bettenzimmer denen ein Sitzplatz mit kleinem Tisch als Rückzugs- an Ost- und Westfassade sowie der mittig angeord- ort für Patienten dient. Bei den Oberflächen der neten Gebäudekerne ergibt ein abwechslungsrei- Bettenzimmer dominieren ebenfalls warme Farbtöne. ches Raumgefüge, wobei sich die dazwischenlie- Laut Architekten war das speziell angefertigte Mo- genden Korridore teilweise bis an die Glasfassade dell eines Bettenzimmers im Massstab 1:1 äusserst ziehen. So bieten sich Patienten, Gästen und dem hilfreich, um gemeinsam mit den Beteiligten über Pflegepersonal immer wieder schöne Ausblicke ins Materialisierung, Unterhalt und andere Auswahl Freie und auf die Stadt. aspekte entscheiden zu können. Nach Baubeginn wurde beschlossen, das Betten- Der Linoleumbelag des Bodens in warmem Gelb- geschoss I in eine Tagesklinik umzuwandeln. Damit Orange mit eingeschossenem Braun wird an der wurde bewiesen, wie flexibel das ursprüngliche Wand hinter den Betten bis auf halbe Höhe hochge- Grundrisskonzept ist. Auf diesem Geschoss, in der zogen und unterstützt so eine Geborgenheit vermit- Kinderstation und den beiden obersten Etagen er- telnde Raumwirkung. Die mit hellem Naturlehm ver- gänzen mehrere Kunst-und-Bau-Interventionen den putzte Decke fungiert als Kühl- und Heizdecke in gastfreundlichen Raumeindruck (vgl. «Stationäre einem. 2005 noch eine Pionierlösung im Bereich des Kunstintervention», Seite 14). nachhaltigen Bauens, ist dies mittlerweile Standard. Auf Spiegel im Zimmer wurde verzichtet, weil die Räumliche Transparenz Nasszellen bereits damit ausgerüstet sind. Kerami- Insgesamt lebt die innere Struktur der Bettenge- sche Platten in dezentem Beige ergänzen das Inte schosse von einer hohen räumlichen Transparenz, rieur. Möbel und Einbauten in den Bettenzimmern einer gezielten Tageslichtführung und einem sorg sind derweil im hellen Orange-Rot mit Perlmutt- fältigen Material- und Farbeinsatz. Den Architekten schimmer gehalten. Die Lehmdecke besitzt ihrer- ging es darum, eine behagliche Raumsituation mit seits eine räumliche Struktur. In den einzelnen vielfältigen Eindrücken zu schaffen. Die Korridore er- Bettenzimmern vermitteln unterschiedliche Farben innern denn auch eher an ein Hotel als an einen und Oberflächenqualitäten jeweils eine angenehme Spitalbetrieb. Die Gebäudekerne sind in sorgfältig und differenzierende Stimmung. verarbeitetem Sichtbeton mit vertikaler Brettstruktur und stark abgerundeten Ecken ausgeführt, die Ro- Pionier für nachhaltiges Bauen bustheit vermitteln. Kunstharzplatten in verschiede- Neben den städtebaulichen und gestalterischen nen Holzfarbdekors verkleiden die Längswände der Ansprüchen an den Neubau des Bettenhauses Korridore. Sie lassen sich einfach ersetzen und er- standen 2004 auch Aspekte der Nachhaltigkeit im leichtern so den Unterhalt. Der Bodenbelag aus Li Vordergrund. Was zehn Jahre nach Planungsbeginn noleum in gelblichen Farbtönen reagiert durch eine teilweise bereits als selbstverständlich erscheint, unterschiedliche Färbung auf die Bereiche, wo natür- hatte damals Pioniercharakter. Denn die Ziele der liches Licht einfällt. Ebenso wie die Deckenpaneele, 2000-Watt-Gesellschaft sind erst seit dem 30. No- die in den Querkorridoren Richtung und Farbe wech- vember 2008 in der Gemeindeordnung der Stadt 10
2 2–4 Querschnitt und Grundrisse des neuen Bettenhauses: Die neun oberen Regel- geschosse sind für Bettenstationen (2) reserviert; die fünf darunter für medizinische Stationen und Betriebs- einrichtungen (3; ohne Passerelle). In den zwei unterirdischen Geschossen befinden sich Technik- und Betriebs räume. Situationsplan des Triemli-Areals 5 (blau: Bettenhaus). 3 4 Pläne: Aeschlimann Hasler Partner Architekten 5 TEC21 Sonderheft 2016 11
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich 12 7 6 Fotos: Ralph Feiner
6 Stimmig und ökologisch materialisierte, vielfältig zonierte und künstlerisch inszenierte Korridore (Ansicht der Bildpaare von Renée Levi). 7 Komfortable Ausblicke: Bettenzimmer für zwei Personen, jeweils mit freier Sicht nach aussen. Zürich verankert. Für den Neubau wurde aber be- reits 2004 – basierend auf dem Siegerkonzept aus INSTANDHALTUNG ANSTATT INSTANDSETZUNG dem vorangegangenen Studienauftrag «Gebäude- DES «TURMS» technik, Energie, Nachhaltigkeit» – von der Vision Ursprünglich sollte das neue Bettenhaus baulich mit dem bestehenden der 2000-Watt-Gesellschaft gesprochen (vgl. «Dia Hauptgebäude verbunden werden. Das 2008 in Angriff genommene Erneuerungsprogramm beinhaltete daher, den bislang für die Pflege gnostik im Energiesektor», Seite 29). der Patientinnen und Patienten genutzten «Turm» instand zu setzen Als Anforderungen standen – neben Vorgaben zu und räumlich neu zu organisieren. Im Siegerprojekt von Aeschlimann, den technischen Konzepten – Minergie-P als anzu- Hasler und Partner war daher eine Passerelle vorgesehen, die das strebender Standard und eine ökologische Materiali- neue Bettenhaus auf allen oberirdischen Geschossen direkt an das sierung mit niedrigem Erstellungsenergiebedarf im Hauptgebäude anschliessen sollte. 2014 entschied der Stadtrat jedoch, das Vorprojekt zur umfassenden Instandsetzung des bestehenden Bet- Vordergrund. Laut Annick Lalive d’Epinay, Leiterin tenhochhauses auszusetzen. Das Stadtspital selbst hatte diesen Antrag der Fachstelle für nachhaltiges Bauen, Amt für Hoch- gestellt, weil sich die übergeordneten Vorgaben zur Spitalfinanzierung bauten, gab es vereinzelte Aspekte, deren Potenzial geändert hatten und deshalb der bisherige Kostenrahmen für die im Vorfeld als zu positiv eingeschätzt wurde. So laufende Erneuerungsetappe zu übeprüfen war. Daraus ergab sich zeigte sich beispielsweise, dass sich der hohe Glas- eine Änderung bei der Ausführung des laufenden Gesamtprojekts. Und als weitere Konsequenz daraus prüfte das Amt für Hochbauten, anteil in der Fassade auf die graue Energie ungüns- wie die Gebrauchstauglichkeit des Turms für medizinische Ambu tig auswirkt; und die gemäss Passivhausstandard latorien und Büros in den kommenden 15 Jahre gewährleistet werden erwünschten Wärmegewinne sind für eine Spital kann. Inzwischen ist ein eigenes Instandhaltungsprojekt definiert nutzung ungeeignet. Im Allgem einen aber habe worden: Seit Anfang 2016 ist die erste Etappe in Ausführung. Bis es sich ausgezahlt, technische und energetische Ende 2017 sollen unter anderem Massnahmen im Eingangsbereich, für den Brandschutz und die Zusammenlegung der Alarmzentrale umge- Belange frühzeitig zu berücksichtigen. setzt werden. Danach folgen Massnahmen für den Erhalt der Gebäude Rückblickend findet Lalive d’Epinay, die Zeit sicherheit und eine teilweise Erneuerung der Gebäudetechnik. habe das Projekt zwar eingeholt, aber nicht überholt. Der 2004 formulierte Anspruch, etwas zu planen, das auch bei der Eröffnung 2016 noch Gültig- keit habe bzw. innovativ wirke, sei gelungen. Der NEUBAU BETTENHAUS Prozess, um an diesen Punkt zu kommen, habe e ind eutig Pio n iercharakter gehabt: Sowohl der Zeitlicher Ablauf Gebäudeangaben Minergie-P-Standard als auch die Nachweismetho- de für den Standardzusatz «Eco» wurden parallel Zweistufiger Studienauftrag Gebäudevolumen: 212 413 m3 im selektiven Verfahren: (GV nach SIA 416) zum P lanungsprozess entwickelt und verfeinert, und September 2004 Gebäudefläche total: 61 969 m2 Erkenntnisse aus dem Triemli-Neubau konnten in bis Dezember 2005 (GF nach SIA 416) die Definition der inzwischen markttauglichen Ge- Planungszeit: 2006–2008 Fassade: 15 000 m2 (Erstellen Musterzimmer über bäudestandards einfliessen. Geschosse : 18 Submission bis Etappe A) Auch der rechnerische Nachweis der 2000-Watt- Bettenzimmer: 250 Spatenstich: August 2008 Zielerreichung war Neuland, denn die Methodik des Gesamtkosten: 290 Mio. Fr. Vorbereitung Bauzeit: 2008 Effizienzpfads Energie (Merkblatt SIA 2040) oder bis 2010 (Etappe A bis (exkl. Teuerung) das Nachweisverfahren für 2000-Watt-Areale stan- Abbrucharbeiten Etappe B) den damals noch nicht zur Verfügung. Erfreulicher- Bauzeit: 2010 bis 2015 (Aushub bis Fertigstellung) weise verliefen Umsetzung und Einhaltung der Eco- bau-Kriterien problemlos. Zum einen, weil das allgemeine Interesse in einem Spitalbau gross ist, in gesundheitlicher Hinsicht unbedenkliche Materialien einzusetzen. Zum anderen sei dies ein Verdienst der Bauleitung, die bezüglich der Umsetzungskontrolle auf der Baustelle absolut professionell vorgegangen und Thema und Aufwand sehr ernst genommen habe. Ein Leuchtturm des nachhaltigen Bauens wurde das Bettenhaus gemäss Lalive d’Epinay vor allem aber auch, weil die erneuerte Energieversor- gung das gesamte Areal einbezieht. Insbesondere für die Bereitstellung der Betriebsenergie sind die fast vollständige Umstellung auf erneuerbare Ener- giequellen und eine weitgehende lokale Erzeugung essenziell. TEC21 Sonderheft 2016 13
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich Stationäre Kunstintervention Text: Eveline Suter Für fünf Jahre und mit knapp 0.7 Mio. Franken gefördert: Die «Kunst Station» begleitet den Um- und Neubau des Stadtspitals Triemli. Neben aktionistischen P rojekten sind für den Neubau auch bleibende Arbeiten entstanden. «Raus aus dem musealen Gefängnis, rein ins bei Letzterem Patientinnen und Patienten, Mitarbei- wirkliche Leben», lautete das Motto der Kunst zu Be- tende und Besuchende in der Decken-Nähwerkstatt ginn des 20. Jahrhunderts. Unterdessen ist sie in mitwirken und Gedanken austauschen. Die selbst viele, auch ungewohnte Lebensbereiche vorgedrun- gemachten Decken oder umgestalteten Spitaldecken gen. Davon zeugt die künstlerische Begleitung der lagen danach in der Kunst Station zum Tausch auf. Um- und Neubauphase des Stadtspitals Triemli, während der unterschiedlichste Kunstinterventionen Widersprüchliche Situationen stattfanden. Karin Frei Bernasconi, Leiterin der Fach- Im folgenden Jahr richtete sich die Künstlergrup- stelle Kunst und Bau des Amts für Hochbauten, initi- pe value mit dem Projekt «Kunst und Spital im Dia- ierte diesen Prozess und hat gemeinsam mit weite- log» an die Mitarbeitenden des Spitals. «Was kann ren Sachverständigen ein lebendiges kuratorisches und darf Kunst im Spital?» war dabei eine zentrale Konzept entworfen. Frage. Zeitgenössische Kunst zielt darauf ab, aufzu- rütteln, die Wahrnehmung zu schärfen und Gewohn- Niedrige Zugangsschwelle heiten zu überdenken. Kunst im Spital begibt sich Zum Auftakt entwarf die Londoner Künstlergruppe in eine dazu widersprüchliche Situation: Sie soll viel, public works die «Kunst Station». Der mobile, interne im besten Fall zur Genesung beitragen, darf aber Kunstraum tarnt sich mit seinem Namen als zusätz wenig, vor allem nicht im Weg stehen und keines- liche Spitalabteilung und ist Ausstellungs-, Infor falls anecken. Die Mitarbeitenden setzten eigene mations- und Dokumentationsstelle aller Projekte. Werke in Beziehung zu Werken aus der Sammlung Ein ganzer Reigen von Veranstaltungen folgte der Er des Triemlis oder der Sammlung der Stadt Zürich. öffnung im Sommer 2010. Während Max Bottinis «In- Die Auseinandersetzung mit den Sammlungen und fusionen» bunte Erfrischung boten, schuf Oliver die anschliessende Ausstellung haben ihnen offen- Hangls mit «Triemli On Ear» und «Kino im Kopf» be- sichtlich grossen Spass gemacht: In der filmischen sondere Hörerlebnisse. Wie bei diesen Projekten war Dokumentation des Projekts äussern sich die Be auch bei «Ein-Zu-Mit-Decken» von public works die teiligten begeistert (Videomaterial einsehbar auf Zugangsschwelle niedrig. Alle zwei Wochen konnten www.kunststationtriemli.ch, unter Archiv). Foto: Francisco Paco Carrascosa 14
Eingenistete Fiktion Das Publikum der Kunstprojekte aus Mitarbeiten- Foto: Francisco Paco Carrascosa den, Patientinnen und Patienten sowie den Besu- chenden ist extrem heterogen. Entweder erleben sie die Kunst in einer Alltagssituation, sind nur für eine Stunde da, oder sie befinden sich in einer einschnei- denden Lebensphase. Dass die Quadratur des Krei- ses möglich ist, zeigen die Kunstprojekte im Stadt- 1 spital Triemli. Sie fügen sich in den Spitalalltag ein und verändern ihn gleichzeitig subtil. Ganz beson- ders gelungen ist dies mit dem Projekt «44/33» von HOIO, das sich mehr als die vorangehenden Projek- te einnistete und allen Publikumsgruppen etwas bot. In drei Phasen durchdrangen sich die fiktive Insel Santa Lemusa und das Spital räumlich und kulina- risch. Anhand von jeweils fünf Orten und den dort produzierten Gewürzen wurden Geschichten aus dem Norden, Süden und Zentrum der Insel e rzählt. Die Kunst Station war Museum der lemusischen Kul- tur, die Cafeteria ein Gewürzshop. Während der lemusischen Spezialitätenwoche präsentierte die Mitarbeiterkantine jeden Tag ein neues Menu, in der Cafeteria wurden derweil Kuchen mit exotischen Na- Foto: Juliet Haller men wie Pain de Mars oder Gato Gwosgout offeriert. Kochkurse, Konzerte und zum Abschluss ein Lotto ergänzten das insgesamt acht Monate dauernde 2 Projekt. «44/33» sprach alle Sinne an, lud zum Träu- men ein und bot Fenster in eine Welt, in der jeder seine eigene Reise bestimmt. verführt und Marc Bauer touristische Motive der 1 Die mobile Kunst Bleibende Wandgestaltung Schweiz umsetzte. Zilla Leutenegger lädt auf der Station von public works unterwegs im Den Bau des neuen Bettenhauses begleiteten Kinderstation zeichnerisch und verbal zum Memo- Turmhochhaus, 2011. partizipative, vergängliche Interventionen. Zu ryspiel ein. Vier Stockwerke erhielten so eine eige- 2 Oliver Hangl eröffnet seiner Fertigstellung wurde das erste bleibende ne Identität. Die restlichen sechs erhalten vorläufig den Kunstparcours Projekt umgesetzt. «Disegno» startete mit einem aus finanziellen Gründen eine für die jeweilige Eta- mit der Elektroband Wettbewerb für die Wandgestaltung der Korridore ge geschaffene Edition. Nach dem spannenden Tim & Puma Mimi, 2010. 3 Wandzeichnungen und Editionen für die Zimmer. Im Zentrum stand und für Kunst und Bau neuartigen Einstieg mit pro- im Neubau von Ingo das Medium der Zeichnung. So wird eine Etage zesshaften Projekten überzeugt auch diese zweite Giezendanner, 2015. von Renée Levys Farbstudien mit poetischen Phase. Zu hoffen ist, dass der überwältigende Wortpaaren geprägt, während Ingo Giezendanner Eindruck der Wandmalereien zur Fortsetzung auf auf einer anderen zur Kopfreise in fremde Länder den weiteren Stockwerken beiträgt. 3 TEC21 Sonderheft 2016 15
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich Unsere Gesprächspartner Cornelia Benz Nutzervertreterin 2012– 2016, Leiterin Infrastruk- tur Stadtspital Triemli Elisabeth Frei Gesamtleiterin Projekt Neubau Bettenhaus 2013–2016; Inhaberin Freiraum Baumanage- ment AG, Zürich Thomas Hasler Architekt Neubau Bettenhaus, 2006–2016, Gesamtleiter (bis 2013), Geschäftsleitung Aeschlimann Hasler Partner Architekten AG, Zürich Andreas Marti Gesamtleiter Projekt Energie- und Medien versorgung EMG 2008 – 2016; Geschäftsleitung RMB Engineering AG, Zürich Porträtfotos: Thomas Züger Jeannette Maurer Bauherrenvertreterin, Projektleiterin Gesamt- Foto: Ralph Feiner projekt Erneuerung Stadtspital Triemli, Amt für Hochbauten, Stadt Zürich 1 16
«Ein gelassener Endspurt» Interview: Judit Solt und Paul Knüsel, Redaktion TEC21 2004 ist die Grundidee zur nachhaltigen Erneuerung des Stadtspitals Triemli gefasst worden; 12 Jahre später können das neue Bettenhaus und die Versorgungs- infrastruktur in Betrieb genommen werden. Kurz vor Abschluss der Arbeiten haben die verantwortlichen Fachpersonen Auskunft gegeben und Eindrücke aus der Umsetzung des Grossprojekts vermittelt. TEC21: Dieses Gespräch findet ein halbes Jahr vor Sind Sie zuversichtlich, dass zum Beispiel alle Steck- 1 In zwei Hälften, drei Eröffnung des neuen Bettenhauses statt. Die Erneue- dosen am richtigen Ort sind? Bauetappen und sechs Jahren hochgezogen: rungsarbeiten am Stadtspital Triemli stehen kurz vor Benz: Das zu kontrollieren ist nicht meine Aufga- Rohbau des neuen dem Abschluss. Wie gut schlafen Sie als Verantwort- be. Ich selbst bin das Bindeglied zwischen Spital Bettenhauses liche für die Bauausführung? betrieb und Bauprojekt. Zum einen sorge ich aktuell (Etappe B). Elisabeth Frei: Momentan sehr gut. Noch vor dafür, dass der Abschluss im Bauprozess nicht un- inem halben Jahr, im vergangenen Frühling, war e nötig gestört wird. Daher habe ich den Zugang zum allerdings noch unsicher, ob der Schlussspurt derart Bettenhaus geschlossen und die Anfragen aus den entspannt in Angriff genommen werden kann. Da- Spitalabteilungen für Begehungen zuletzt alle abge- mals befand sich der Bauprozess in vollem Gang. lehnt. Zum anderen kümmere ich mich nun vor allem Bis zu 300 Personen arbeiteten gleichzeitig auf der darum, ob wir bekommen, was bestellt wurde. Wie Baustelle Neubau Bettenhaus. Seit die Phase mit gut wird man darin arbeiten können? Respektive: den technischen Funktions- und Sicherheitstests be- Wie sind die Abläufe im Spitalbetrieb neu zu organi- gonnen hat, läuft es aber besser als erwartet. Dass sieren? Daneben arbeitet jedoch eine Crew aus bis wir bei einem derart grossen und komplexen Projekt zu 30 internen und externen Personen an der Pla- kurz vor Schluss derart gut unterwegs sind, ist keine nung des Bezugs und des Umzugs. In wenigen Mo- Selbstverständlichkeit. naten muss jedes Möbel am richtigen Ort stehen Andreas Marti: Ich habe auch einen guten Schlaf. und der Betrieb konzeptionell funktionieren. Allerdings verdanke ich ihn zurzeit eher der Aufga- benmenge und dem dichten Terminprogramm. Das Für die Bauherrschaft war die Erneuerung des Projekt Energie- und Medienversorgung verläuft fast Spitals also eine gemütliche Angelegenheit, bei der entgegengesetzt zum Neubau Bettenhaus: Im letz- sich alles von allein ergeben hat? ten Frühjahr waren wir gut unterwegs; inzwischen ist Jeannette Maurer: Ein Selbstläufer war die Um- Sand ins Getriebe geraten. Eine gewisse Hektik setzung der beiden Projekte, Neubau Bettenhaus rührt daher, dass einzelne Tests mehrfach wieder- und EMG, definitiv nicht, obwohl sie mir keine schlaf- holt werden mussten. Aber wir bleiben zuversichtlich, lose Minute verursacht haben. Wie bereits ange- dass die technischen Gewerke termingerecht für die sprochen, haben sich die Themenschwerpunkte im Eröffnung des Bettenhauses in Betrieb genommen Bauprozess verlagert. Vor zwei Jahren habe ich die werden können. Gesamtprojektleitung übernommen. Damals richtete Cornelia Benz: Dank wöchentlichen Sitzungen sich das Augenmerk eher auf die zeitgerechte Aus- bin ich nah an der Projektleitung dran und daher führung des Bettenhauses. Inzwischen sitzen wir über jegliche Probleme im Bild. Ich vertraue aber häufiger betreffend des EMG zusammen. Der Auf- auf die Profis, die Planer und die Vertretung der Bau- wand ist aber nachvollziehbar, weil so viele verschie- herrschaft, dass wir den Umzug rechtzeitig anpa- dene Anlagen miteinander interagieren. In gegebe- cken und den Betrieb ohne Verzögerung aufnehmen ner Frist lassen sich allfällige Probleme auf jeden Fall können. bereinigen. Für eine Abschlussphase wichtig ist, dass alle Beteiligten an einem Strick ziehen. TEC21 Sonderheft 2016 17
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich 18 3 2 Fotos: Ralph Feiner
Herr Hasler, als Architekt dürfen Sie nun überprüfen, Hauptgebäude mit Energie zu versorgen sind. Nun 2 Erster Blick zurück: wie gut das auf dem Zeichentisch entworfene Projekt wird dieser Zustand nicht ein paar Monate, sondern Auf die ursprüngliche bauliche Verbindung in die Realität umgesetzt werden konnte? eben einige Jahre dauern. Allerdings hat die Ände- zum Hauptgebäude Thomas Hasler: Es ist sehr erfreulich, wie getreu rung zur Folge, dass die Energieeinsparungen nicht wird vorerst verzichtet die wichtigsten Merkmale des ursprünglichen Pro- wie prognostiziert eintreffen werden. Das Hauptge- (Ansicht Bettenhaus- jekts umgesetzt worden sind. Die Kernideen des bäude wird im bestehenden Zustand weiterhin viel Etappe B). Wettbewerbsvorschlags sind real erkennbar: etwa Energie konsumieren. Zusätzlich müssen die Provi- 3 Zweiter Blick zurück: Arbeiten am Baugrund die städtebauliche Setzung des über das Quartier sorien, die für das Hauptgebäude erstellt wurden, in bei laufendem Spital- hinaus sichtbaren Baukörpers, die Materialisierung ein Definitivum überführt werden. betrieb (Bettenhaus- der äusseren Serviceschicht mit leicht divergieren- Etappe A). den, spiegelnden Glasbändern sowie im Innern die Gab es auch Entwicklungen im medizinischen Be- an die Fassade geschobenen Treppenhäuser, wes- reich, auf die im Verlauf der Ausführungsphase zu halb die Korridore natürliches Licht erhalten und die reagieren war? Orientierung vereinfachen. Zu den ersten Vorschlä- Benz: Die Medizintechnik ist sehr kurzlebig. Weil gen gehörten auch bis zum Boden reichende das Bettenhaus damit aber nicht im grossen Umfang Fenster in den Bettenzimmern und das vielfältige bestückt wird, hatten solche Innovationen keinen Material- und Farbkonzept. Dies alles konnten wir Einfluss auf das Projekt. Der Behandlungstrakt, des- eins zu eins in einem Musterzimmer weiterentwickeln sen Erweiterung und Umbau vor neun Jahren erneu- und umsetzen. ert wurde, ist dagegen voll davon. Hasler: Einer grossen Bestellungsänderung im Bettenhaus kam die Einrichtung von Tageskliniken «Die Raumstruktur ist zwar auf einem für Bettenzimmer vorgesehenen Geschoss flexibel konzipiert, gleich. Obwohl die Raumstruktur flexibel konzipiert dennoch lassen sich Innenwände ist, lassen sich Innenwände nicht ohne Weiteres nicht ohne Weiteres verändern.» verändern. Sie haben keine tragende Funktion, aber die Anforderungen an den Brandschutz und die Thomas Hasler Akustik sind hoch. Und weil auch Haustechnik darin verflochten ist, war die planerische Umsetzung der Allerdings hat das Gesamtprojekt auch Änderungen Nutzungsänderung nicht einfach. erfahren. Die Erneuerung des Hauptgebäudes ist aus Frei: Diese Projektänderung erfolgte zur Unzeit finanziellen Gründen aufgeschoben worden, ein und verursachte starke Turbulenzen im weiteren Pro- schlankeres Nachfolgeprojekt in Arbeit. Wie beein- jektablauf. Um die Termine halten zu können, musste flusst diese Auskopplung das Umsetzungsprojekt? danach auf grössere Änderungswünsche verzichtet Maurer: Der Neubau Bettenhaus und die In- werden. Das betraf die Ausführungsphase etwa zwei standsetzung des Hauptgebäudes waren ab Projekt- Jahre vor Abschluss. Kleinere Projektanpassungen start eng miteinander verknüpft, baulich und finan konnten hingegen weiterhin berücksichtigt werden. ziell. Die Änderung am Gesamtprojekt nahm ziemlich Benz: Aus den damaligen Turbulenzen habe ich heftig Einfluss auf die Weiterführung des Neubaus. sehr viel gelernt: Ich würde jedem Spitalplaner emp- Den Änderungsentscheid musste das Spital, ausge- fehlen, Zusatzwünsche nur bis zu einem gewissen löst durch das neue Spitalfinanzierungsgesetz und Zeitpunkt in der Planungsphase zuzulassen. Ände- abgestützt auf die politische Behörde, trotzdem tref- rungen sind zwar oft berechtigt, weil sie den Be fen. Doch die laufende Ausführung deswegen zu dürfnissen der Nutzer besser gerecht werden. Doch stoppen ging nicht. Provisorien oder Verbindungen daraus darf keine endlose Geschichte der Zusatz- wurden auf der ursprünglichen Basis umgesetzt, wünsche entstehen. Die Erkenntnis, dass sich der ansonsten wäre das Gesamte verzögert worden. Nutzer zu disziplinieren hat, haben auch die Spital- verantwortlichen gezogen. Die Änderungen, die das Welchen Einfluss hatte diese späte Änderung am Spital für einen reibungslosen Betrieb erforderlich G esamtprojekt auf die Gebäudetechnik und die hält, organisiert es selbst nach Schlüsselübergabe. Energieversorgung? Marti: Das Konzept für die Energieversorgung ist Anders formuliert heisst das aber, dass Änderungen modular aufgebaut, weshalb die Änderung relativ lang zugelassen worden sind. Was bedeutet das für einfach aufgefangen werden konnte. Leistung und die Organisation und die Abwicklung des Projekts? Spitzen auf der Produktionsseite waren schon von Maurer: Änderungen im Planungsprozess, die Anfang an auf einen Betriebsfall ausgelegt, bei dem kurz vor Ausführung erfolgen, kosten mehr Ressour- sowohl der Neubau als auch das noch nicht sanierte cen, sei dies bei den Menschen oder an Zeit und Fortsetzung Seite 23 TEC21 Sonderheft 2016 19
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich AM NEUBAU BETTENHAUS BETEILIGT Eigentümervertretung und Auftraggeber: Architektur/Ausführungsplanung: Fassadenplanung: FMTEC, Tägerig Stadt Zürich, Stadtspital Triemli Aeschlimann Hasler Partner Brandschutz: BDS Security Design, Bern Bauherrenvertretung: Architekten, Zürich Bau- und Raumakustik: Lienhard M. Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Energie-Masterplan: Enerconom, Bern Bau- und Raumakustik, Langenbruck Gesamtleitung: Tragwerksplanung: ARGE Heyer Bauphysik: Zimmermann & Leuthe, Freiraum Baumanagement, Zürich Kaufmann Partner, Zürich / dsp Ingenieu- Aetigkofen Baumanagement: re & Planer, Greifensee Küchenplaner: Creative Gastro GMS Partner, Zürich-Flughafen Landschaftsarchitektur: Berchtold Lenzin, Concept & Design, Hergiswil Fachkoordination: Landschaftsarchitekten, Zürich Medizinalplaner: Institut für Beratungen Amstein + Walthert, Zürich Planung Elektro, Beleuchtung: im Gesundheitswesen IBG, Aarau Amstein + Walthert, Zürich HLK-Planung: Waldhauser + Hermann, Münchenstein 4–6 Die Aussenwand Untergeschoss des bestehenden Hauptgebäudes wurde für die Bauarbeiten auf Mikropfähle gestellt, die mit Kleinpressen vorbelastet wurden. Die gesamte Bodenplatte lag auf einem Tisch aus Stahlträgern; die Stabilität ge- währleisteten Längs- und Querverbände (Bilder rechts; Querschnitt folgende Seite). 4 Fotos: Ralph Feiner 5 20
Sensibler Untergrund Text: Rudolf Heim, Redaktion TEC21 Der Uetliberghang ist rutschempfind- die Schwingungen der beiden benachbar- und abgefangen werden. In diesem Zwi- lich. Und auch logistisch waren für ten Gebäude bei Erdbeben in Form und schenbereich liegen nebst dem Spital- die Fundation des neuen Bettenhau- Richtung unterscheiden und sich die Ge- haupteingang noch die Notfallaufnahme, bäude auch unterschiedlich setzen, hat die Spedition sowie die Elektrohauptver ses zusätzliche Hürden zu meistern. man sie konsequent statisch getrennt. teilung. Deren Betrieb war während der Das Untergeschoss des neuen Betten- Bauphase während 24 Stunden aufrecht zu Die Logistik, der knappe Platz auf dem hauses liegt in einer dichten «weissen Wan- erhalten. Dieser Bereich der Untergeschos- Triemli-Areal und der Baugrund selbst stell- ne». Darunter und rundherum befinden sich se hat nur sein Eigengewicht zu tragen, ten grosse Anforderungen an die Funda Erdschichten, die permanent Wasser füh- deshalb war er nicht auf Pfählen fundiert tionsmassnahmen. Unter anderem war der ren. Daher wählte man für alle vertikalen worden. Für den Neubau Bettenhaus galt 24-stündige Spitalbetrieb im bestehenden und horizontalen Übergänge zwischen Aus es ihn daher sowohl zu unterfangen als Hauptgebäude inklusive medizinischer Ein- senhülle und Baugrubenabschluss eine bi- auch zu untergraben. griffe im mikroskopischen Bereich aufrecht funktionale, 30 bis 80 cm starke Perimeter- zu erhalten: Die grösste Einschränkung für dämmschicht aus Schaumglasschotter. Eingriffe in den Baugrund bestand deshalb BAUGRUND UND -STATIK darin, das Ausmass der Erschütterungen Untergraben, nicht unterfangen Baugrubenaushub: 100 000 m3 zu mindern. Sämtliche Baugruben-, Unter- Als grösste Herausforderung entpuppte Rühlwandfläche: 3800 m2 fangungs- und Fundationsarbeiten wurden sich der Anschluss der Untergeschosse Anker: 150 Stück nur unter restriktivsten Vorschriften ausge- entlang des bestehenden Sockelbaus. Weil Bohrpfähle: 380 Stück (D = 70–150 cm) führt; infrage kamen grundsätzlich gebohr- das Speditionsbauwerk unter die Auskra- Mittlere Länge der Bohrpfähle: 19 m te Verfahren. Und das Durchfahren von gung des Sockelgebäudes reicht, musste Totallänge der Bohrpfähle: 7220 m Findlingen im Untergrund, für das Meissel ein Zwischenbereich umfassend gesichert Mikropfähle: 43 Stück zum Einsatz kamen, musste mit den Opera- tionsterminen zeitlich koordiniert werden. B A F E Das Umstellen des Spitalbetriebs zuguns- ten eines rascheren Baufortschritts wäre wesentlich teurer geworden. Hilfreich bei diesen Randbedingungen war, dass das bestehende Hauptgebäude auf Pfählen steht, die ebenso wie das neue Bettenhaus in der gut tragfähigen Moräne fundiert sind; von daher waren kaum Bewe- gungen des Baugrunds zu erwarten. Ge- Haupteingang bestehendes Hauptgebäude hängelehmschichten mit Gleithorizont oder sogar gespanntes Hangwasser konnten nämlich ausgeschlossen werden. Während Neubau Bettenhaus Abfangkonstruktion der gesamten Bauzeit traten keine unerfreu- bestehende Spedition lichen Überraschungen auf. Die überwach- ten Bewegungen lagen im Bereich von we- nigen M illimetern – das entsprach den Erwartungen. provisorische Mikropfahlfundation Vertikal- und Erdbebenlasten Das 18-stöckige Bettenhaus ist auf über 300 Grossbohrpfählen von 70 bis 150 cm Durchmesser fundiert; bei maximaler Län- ge von 25 m reichen sie höchstens 3 m tief in die tragfähige Moräne. Die Hanglage und Plan: Heyer Kaufmann Partner der Gehängelehm bewirken, dass sich die bestehende Pfahlfundation horizontalen Erdbebenlasten nur durch Pfähle in den Baugrund einleiten lassen. Sie sind daher steif mit der Bodenplatte ver- bunden. Eine Lastabgabe über den seitli- neue 6 Pfahlfundation chen Baugrund war nicht möglich. Da sich TEC21 Sonderheft 2016 21
Neubau Bettenhaus Triemlispital Zürich Medien Hochtemperaturwärme 160 °C Heizzentrale Mitteltemperaturwärme 70 °C Hochtemperatur Niedertemperaturwärme 38 °C Hochtemperaturkälte 18 °C Niedertemperaturkälte 10 °C Erdsondenfelder 4 Unterstationen 1 Hauptgebäude Energiezentrale 2 Behandlungstrakt Niedertemperatur Kältezentrale 3 Maternité 4 Betriebsgebäude 5 Bettenhaus 2 5 Plan: Amtliche Vermessung Stadt Zürich / 3 1 ewz/Bearb. Red. Schwesternschule Fernleitung ausserhalb Areal 7 7 Die Temperaturstränge im 8 70-mal mehr Power als im Arealversorgungsnetz. Einfamilienhaus: die 560-kW-Wärmepumpe in der Triemli-Energiezentrale. Foto: Ralph Feiner 8 22
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