BAHNHOF UND STADT Ein Leitfaden für die Gestaltung von Bahnhofsumfeldern im Land Brandenburg
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Inhaltsverzeichnis Vorwort Seite Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg 4 Geschäftsführer Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH 4 1 Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe Die "Renaissance der Bahnhöfe" 5 Bahnhofs- und Siedlungsentwicklung - zwei Seiten derselben Medaille 6 Die Situation in Brandenburg 8 Wie machen es die Anderen? 10 2 Planungsleitfaden Anforderungen an Kommunen und Planende 12 Der Fachausschuss Verkehr 12 Planungsleitfaden als gestalterisches und funktionales Anforderungsprofil 12 Bahn-Bus-Verknüpfung 12 Verknüpfung mit der Straßenbahn 14 Fahrradabstellanlagen (Bike+Ride) 15 Pkw-Stellplätze 17 Bahnhofsvorplatz 20 Empfangsgebäude 22 Leitfaden für kommunale Vorhabenträger 24 3 Korridormanagement am östlichen Ast der S-Bahn-Linie S5 Einleitung 27 Die Stationen 30 Weitere Beispiele für ein erfolgreiches Korridormanagement 40 4 Resümee Resümee 41 Die Akteure bei der Bahnhofsentwicklung 41 Verfahrensablauf Bahnhofsentwicklung im Land Brandenburg Verfahrensablauf Bahnhofsentwicklung im Land Brandenburg 42 Impressum 43 3
Vorwort Jörg Vogelsänger Bahnhöfe sind auch Visitenkarten unserer Städte und Gemeinden: Hier kommen Be- sucher an und erhalten einen ersten Eindruck, hier entscheidet sich, ob sich jemand wohl fühlt, ob mit dem soeben erreichten Ort ein positives Image verbunden wird. Doch selbstverständlich geht es um mehr als Aufenthaltsqualität und eine ansprechende, identifikationsstiftende Gestaltung des öffentlichen Raumes. Es geht vielmehr darum, dass Bahnhöfe in ihrer Gesamtheit als verkehrliche Schnittstelle funktionieren müs- sen. Viele Berufspendler sind tagtäglich auf eine gute Infrastruktur angewiesen. Dieses Funktionieren bezieht heute viele Aspekte ein: städtebauliche wie verkehrliche, aber auch soziale und Sicherheitsaspekte. Das Land Brandenburg sieht die Entwicklung seiner Bahnhöfe mit großem Engagement, das nicht beim Blick auf die Verkehrsstation im engeren Sinne endet. Ebenso wichtig ist die schrittweise Erneuerung der Bahnhofsumfelder, Zugangs- und Aufenthaltsbereiche sowie Verknüpfungsanlagen. Und nicht zuletzt sind auch die ehemaligen Bahnhofsge- bäude, vielerorts ungenutzt und entbehrlich, in die Entwicklungen einzubeziehen. Mit diesem Leitfaden wollen wir all diejenigen ermutigen und unterstützen, die an der Entwicklung der Brandenburger Bahnhöfe und Bahnhofsumfelder zu attraktiven Orten beteiligt sind: Kommunalvertreter, Betroffenenvertreter, Planende und weitere Beteiligte finden hierin Beispiele und Hinweise, die helfen sollen, dass unsere Bahnhöfe auch künftig ihrer Rolle gerecht werden können. Ihr Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg Vorwort Hans-Werner Franz Im Mittelpunkt der Gestaltung des Öffentlichen Verkehrs stehen die Fahrgäste – so einfach dieser Satz auf den ersten Blick wirkt, so kompliziert ist er, wenn es darum geht, ihn mit Leben zu füllen. Denn die Ansprüche der Fahrgäste sind ebenso berechtigt wie vielschichtig: Natürlich geht es um Pünktlichkeit der Verkehrsmittel, um Sauberkeit und Sicherheit, aber es geht auch darum, wie der Übergang zu den Zügen, Straßenbahnen und Bussen gestaltet ist. Und im Interesse einer möglichst zügigen, attraktiven und – dieser Aspekt gewinnt mehr und mehr an Bedeutung – barrierefreien Wegekette von Haus zu Haus spielen Bahnhöfe nun einmal eine entscheidende Rolle. Als Zugangs- und Umsteigepunkte sind sie wichtige Teile des Gesamtsystems. Konkret bedeutet dies, dass bei der Gestaltung der Bahnhofsumfelder kein funktionales Detail als unwichtig angesehen werden darf; nur wenn alle Teile gut gelöst sind, stimmt auch das Ganze – ein Aspekt, der auch über das Einzelprojekt hinaus Bedeutung hat: Streckenbezogene Entwicklungen können dazu beitragen, dass dem Öffentlichen Ver- kehr die Bedeutung zukommt, die er unter den Gesichtspunkten Ökologie und Nach- haltigkeit haben sollte. Aus diesem Grund beinhaltet diese Broschüre, neben allgemeinen Aussagen zur Pla- nung von Bahnhofsumfeldern, auch Beispiele für ein erfolgreiches „Korridormanage- ment“, die zeigen sollen: Wenn alle am selben Strang ziehen, ist vieles möglich! Ihr Geschäftsführer Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH 4
1 Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe Die „Renaissance der Bahnhöfe“ Die in den Jahren 1994-96 vollzogene gramm Brandenburg“ war mit den da- das der Doppelfunktion als „Tor zur Bahn“ Bahnreform hatte nicht nur die Zuständig- durch initiierten Planungen und Baumaß- und „Tor zur Stadt“ auf vorbildhafte Weise keit der Bundesländer für den Schienen- nahmen die erste Antwort des Landes auf gerecht wird. personennahverkehr (SPNV) zur Folge, die Frage, wie auch in der Fläche eine sondern brachte auch eine Reihe von „Renaissance der Bahnhöfe“ in die Gänge Weitere Projekte, die in mittelbarem oder Änderungen bezüglich des Umgangs mit gebracht werden kann. unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bahnhöfen und Bahnhofsumfeldern mit „Bahnhofsprogramm Brandenburg“ stan- sich. Viele Aufgaben, die historisch im Zu- Ein positives Beispiel hierfür stellen das den und an kleineren oder mittelgroßen ständigkeitsbereich der Bahn lagen – wie Empfangsgebäude und der Bahnhofs- Stationen im Land Brandenburg umge- die Gestaltung von Bahnhofsvorplätzen vorplatz in Königs Wusterhausen dar: setzt wurden, sind unter anderem die oder die Errichtung von Verknüpfungsan- Aus dem idealtypisch am Ende der Bahn- Bahnhofsumfelder in Frankfurt (Oder), lagen – gerieten durch die Bahnreform in hofstraße gelegenen Bahnhofsgebäude Hennigsdorf und Werder (Havel). den Zuständigkeitsbereich der Kommu- wurde ein neues Wahrzeichen der Stadt, nen oder Dritter. Der Geschäftsbereich Personenbahn- höfe der Deutschen Bahn AG, seinerzeit im Besitz der meisten Bahnhofsgebäude sowie vielerorts auch von Vorplätzen und angrenzenden Umfeldflächen, stand un- mittelbar nach der Bahnreform vor einer riesigen Aufgabe: Der Modernisierungs- stau ihrer Anlagen war immens und die Zusammenführung der Bahnnetze in Ost und West war Chance und Herausforde- rung zugleich. Dennoch prägte sich der Begriff „Renais- sance der Bahnhöfe“ ganz zu Recht ein und war Zeichen sowohl einer allgemei- nen, nicht auf Deutschland beschränkten Wiederentdeckung des jahrzehntelang im Rückzug befindlichen Systems Eisen- Der Ende der 1990er Jahre neu erbaute Potsdamer Hauptbahnhof ist Ausdruck der bahn als auch des Bahnhofs in seiner Rol- „Renaissance der Bahnhöfe“ im Land Brandenburg und zeigt die enge Verzahnung le als „Visitenkarte“ von Bahn und Stadt. von Verkehr und Städtebau. Beispiele für diese „Wiedergeburt“ waren unter anderem die realisierten Haupt- bahnhofsprojekte in Leipzig und Berlin sowie die so genannten „Projekte 21“, die nicht nur Bahnhofsumgestaltungen, sondern die Neuordnung großstädtischer Schienennetze und urbaner Strukturen beinhalteten. Abseits der Großstädte und Zentren des Schienenverkehrs sah die Situation aller- dings etwas anders aus: Hier herrschte vielerorts ein trauriges Bild vor, so dass sich unter anderem das Land Branden- burg schon früh handelte und gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG im Jahr 1996 das so genannte „Bahnhofsprogramm Brandenburg“ ins Leben rief. Dessen Ziel war die Entwicklung auch derjenigen Stationen in Brandenburg, die abseits des Der Bahnhofsvorplatz von Königs Wusterhausen wurde zusammen mit dem Bahnhofs- (auch wirtschaftlichen) Interesses lagen. gebäude neu gestaltet; die Verknüpfungsanlagen sind in den letzten Jahren immer Mit anderen Worten: Das „Bahnhofspro- wieder ausgebaut worden, die hohe Nachfrage macht weitere Maßnahmen erforderlich. Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe 5
Bahnhofs- und Siedlungs- entwicklung – zwei Seiten derselben Medaille Rein funktional gesehen dienen Bahn- höfe nur einem Zweck: dem Ein- und Aussteigen der Nutzer des Schienenver- kehrs. Ihre Entwicklungsfähigkeit und Zu- kunft hängt also eng mit der Zukunft des Bahnverkehrs an einem bestimmten Ort zusammen, die gerade in strukturschwa- chen, von demographischem Wandel und einem Rückgang der Wohnbevölkerung geprägten Regionen nicht selten mit ei- nem Fragezeichen verbunden ist. Das umwelt- und gesellschaftspolitisch Der Bahnhofsvorplatz von Frankfurt (Oder) Hbf an der aufkommensstarken Regio- sinnvolle Ziel einer Verlagerung von nalExpress-Linie RE1 wurde in den letzten Jahren komplett saniert: Bus- und Straßen- Verkehren weg von der Straße und hin bahnhaltestellen sowie neue Verknüpfungsanlagen für Pkw und Fahrräder sorgen zur Schiene hängt also nicht nur mit ei- zusammen mit Aufenthaltsbereichen für einen guten Eindruck. nem guten Verkehrsangebot zusammen, sondern auch mit einer auf die Schiene ausgerichteten Siedlungspolitik. Anders formuliert: Man muss nicht nur die Bahn zu den Menschen bringen, sondern auch die Menschen zur Bahn. Erst eine solche integrierte Stadt- und Verkehrsplanung er- möglicht ein Gesamtkonzept, bei dem die Bahn – und damit auch die Bahnhöfe – ihrer Bedeutung gerecht werden können. So werden beispielsweise in der Schweiz, in den Niederlanden und in Dänemark neue Wohnsiedlungen nicht selten explizit in der Nähe vorhandener Eisenbahninfra- struktur entwickelt. Somit werden klare Zeichen zugunsten der stadtplanerischen Leitlinie „Innenentwicklung geht vor Au- ßenentwicklung“ gesetzt. Der neu gestaltete westliche Vorplatz und das neue Bahnhofsgebäude in Hennigsdorf Einen ähnlichen Ansatz verfolgten auch sind Beispiele für die städtebauliche Aufwertung und Verdichtung am Bahnhof. zwei zwischen 2003 und 2006 durchge- führte Vorhaben in den Regionen Hanno- ver und Bremen/Oldenburg: • Im Zuge des Projektes „Bahnhofsum- feldentwicklung in der Region Hanno- ver“ wurden insgesamt neun bahnhofs- bezogene Rahmenpläne erarbeitet, mit denen eine isolierte Betrachtung der verkehrlichen oder städtebaulichen As- pekte bei der Bahnhofsumfeldplanung ausgeschlossen werden sollte. • Das in der Metropolregion Bremen/Ol- denburg durchgeführte Projekt „Ran an die Schiene“ hatte unter anderem die Förderung der Siedlungsentwicklung an der Erschließungsachsen des SPNV zum Ziel. Auch hier wurden mittels städte- baulicher Rahmenplanungen Entwick- lungs- und Verdichtungsmöglichkeiten in den jeweiligen Stationsumfeldern ausgelotet. Der barrierefreie Zugang zum denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude wurde in die großzügige Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes von Rathenow integriert. 6 Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe
Im Umfeld der Station Ørestad in Kopenhagen hat sich durch Am Bahnhof Henggart in der Schweiz wurde ein Wohnungsneu- die Verknüpfung von U-Bahn und Regionalverkehr ein neues bauprojekt direkt an der Station realisiert - die entstandenen Wohn- und Geschäftsviertel entwickelt. Wohnungen sind stark nachgefragt, auch weil Zürich mit der Bahn in gut 30 Minuten umsteigefrei erreicht werden kann. Die Station Maarssen in den Niederlanden ist ein lokaler Verkehrsknoten mit guter Bahn-Bus-Verknüpfung, dessen Umfeld als Büro- und Wohnstandort interessant ist. Die bestehenden Strukturen haben durch die Bahnhofsumgestaltung eine deutliche Aufwertung erfahren. Der Rahmenplan für das Bahnhofsumfeld in Bennemühlen (Re- Die Bahnhofsrahmenplanung für den südlich Bremens gelege- gion Hannover) zeigt das große Potential für eine bahnhofsnahe nen Bahnhof Twistringen verdeutlicht exemplarisch das Ziel, Innenentwicklung. Bahnhofs- und Siedlungsentwicklung miteinander in Einklang zu bringen. Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe 7
Die Situation im Land Brandenburg Das Thema der integrierten Verkehrs- und Siedlungsentwicklung ist auch im Land Brandenburg nicht neu, wie an ei- ner ganzen Reihe realisierter Projekte zu sehen ist: So steht die Entwicklung des Wohngebiets Bernau-Friedenstal im Zusammenhang mit der Neuanlage des gleichnamigen S-Bahn-Haltepunkts, und im Bereich des S-Bahnhofs Bergfelde wurde durch eine Brücke zur Bahnhofs- rückseite die Entwicklung eines Wohnge- biets angestoßen. Die Neuanlage oder Verlegung von Bahn- halten nahe an Siedlungsgebiete oder hin Dass Wohnen an der Bahn ein Thema ist, zeigt exemplarisch die Wohngebietsentwicklung am S-Bahnhof Bergfelde. zu aufkommensstarken Fahrgastzielen, wie z.B. Schulstandorten, ist ebenfalls an mehreren Orten in Brandenburg be- reits umgesetzt worden. Beispiele hierfür finden sich unter anderem in Neuruppin, Cottbus-Sandow, Fretzdorf oder beim neuen Halt Pritzwalk West. Aber unabhängig davon: Wie sieht die Si- tuation an den Bahnhöfen und Haltepunk- ten im Land Brandenburg konkret aus, in welchem baulichem und funktionalem Zustand befinden sich die Bahnhöfe? Die Antwort hierauf kann eigentlich nur lauten: Es gibt alles – von gestalterisch und funktional rundum zufriedenstellend bis völlige Verwahrlosung. Denn wie ein- gangs beschrieben: Die Fülle der Aufga- ben und die fast flächendeckende Not- wendigkeit zur Aufwertung bringen es mit sich, dass trotz vieler positiver Beispiele Durch die Verlegung der Station Pritzwalk West wurde der SPNV näher an das noch Einiges zu tun ist. Siedlungsgebiet herangerückt. Nochmals Hennigsdorf: Das neue Rathaus erweitert zusam- S-Bahnhof Wildau: Das Bahnhofsumfeld mit den Bahnhofsvor- men mit dem neu gestalteten und funktional aufgewerteten plätzen, Verknüpfungsanlagen und den markanten Zugangs- östlichen Bahnhofsvorplatz die Innenstadt; damit rückt der bauwerken ist durch die Gemeinde in den letzten Jahren Bahnhof stärker in den Mittelpunkt der Stadt. komplett neu gestaltet worden. 8 Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe
Es ist schon eine Menge passiert bei der Bahnhofsumfeld- gestaltung im Land Brandenburg... (linke Spalte; von oben nach unten): Der neu gestaltete Bahnhofsvorplatz und die Park+Ride- Anlage in Nauen. Am südlichen Vorplatz des Potsdamer Hauptbahnhofs wird auch die Verknüpfung mit der Straßenbahn organisiert. Der Bahnsteigzugang in Cottbus-Sandow dient gleichzeitig als Stadtteilverbindung. ...aber vielerorts besteht noch dringender Handlungsbedarf (rechte Spalte; von oben nach unten): Außerhalb der Bahnsteige in Friesack bieten das Umfeld und die Verknüpfungsanlagen den Fahrgästen keinen angemessenen Empfang. Der Außenbahnsteig von Halbe und das Wegeleitsystem wurden neu errichtet, jedoch ist der Zugang zum Bahnsteig ungünstig gelegen und im Straßenraum kaum wahrnehmbar. Die Vorderradhalter am Bahnhof Treuenbrietzen sind nicht überdacht und entsprechen nicht mehr den heutigen Maßstäben an eine Fahrradabstellanlage. Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe 9
Wie machen es die Anderen? Manchmal lohnt sich der „Blick über den Tellerrand“, um zu sehen, was anderswo geschieht, wo Unterschiede liegen und Ge- meinsamkeiten, um zu prüfen, was man von Anderen lernen kann und was besser vermieden werden sollte. Dabei sind die Rahmenbedingungen über- all in Deutschland vergleichbar; stets geht es um die Aufwertung der Zugangs- und Verknüpfungssituation, um die Verbesse- rung der barrierefreien Erreichbarkeit, um die attraktive Gestaltung der Zugangsbe- reiche und Vorplätze, um die städtebauli- che Aktivierung und Einbindung brachlie- Am bayerischen Bahnhof Rain wurde der Bahnhofsvorplatz gestalterisch und funktional ansprechend umgestaltet und überdachte Fahrradabstellplätze - in baulicher Einheit gender Umfeldflächen und um die Wie- mit Fahrgastunterstand - und Pkw-Stellplätze neu errichtet. derbelebung ihrer historischen Funktion beraubter, teilweise leer stehender und nicht selten verwahrloster Bahnhofsge- bäude. Und natürlich ähneln sich auch die Antworten, mit denen in den einzelnen Bundesländern auf die Herausforderun- gen reagiert wird. Dennoch bestehen auch Unterschiede in der Herangehensweise; ein interessanter Ansatz wird bespielsweise in Nordrhein- Westfalen verfolgt: Die Bahnflächen-Ent- wicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG), eine gemeinsam vom Land und der Deutschen Bahn AG ins Leben gerufe- ne Institution, dient als Schaltstelle bei der Bahnhofs- und Bahnhofsumfeld- entwicklung und ist für Kommunen, die häufig vor dem Problem fehlen- der bzw. unbekannter Ansprechpart- ner stehen, ein wichtiger Kooperations- Der Bahnhofsvorplatz in Moers ist zu einer Visitenkarte für die Stadt und den Bahnhof partner. Zu den Instrumentarien gehören geworden. dabei der BahnflächenPool NRW und die EmpfangsgebäudePakete. Ein positives Beispiel für Bahnhofsentwicklungen, die mit Hilfe der BEG realisiert wurden, lässt sich unter anderem in Moers finden, wo das Bahnhofsgebäude saniert und mit neuem Leben gefüllt wurde; auch eine neue Fahrradstation gehört hier zum Funktionsspektrum. Und beim Blick über die Grenzen Deutsch- lands stellt man schließlich fest, dass - wie im Kapitel zur „Integrierten Verkehrs- und Siedlungsentwicklung“ beschrieben - nicht zuletzt in der Schweiz immer wie- der innovative Wege bei der Bahnhofspla- nung gegangen werden: Beispielsweise wurde beim Umbau des Bahnhofs Baar besonderer Wert auf die Verbesserung der subjektiven und objektiven Sicherheit gelegt; hierzu zählt auch ein innovatives, dem „shared space“-Prinzip ähnliches Die neu errichtete Radstation in Moers befindet sich zwischen dem wiederbelebten Gesamtkonzept für den Vorplatzbereich. Bahnhofsgebäude und dem Bahnsteigzugang. 10 Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe
Zweimal Bahnhof Baar in der Schweiz (linke Spalte; von oben nach unten): Der Vorplatz stellt eine multifunktionale Fläche dar, auf der sich Fußgänger trotz des Bus- und Pkw-Verkehrs sicher bewegen können. Der Bahnsteigtunnel wurde mit hinter- leuchteten Kunstmotiven ausgestattet und erhielt so eine freundliche, helle Atmosphäre. In Oschersleben (Sachsen-Anhalt) wurden die Verkehrsströme neu geordnet und die Bushaltestellen an das frühere Bahnpost- gebäude verlegt, die Fahrgäste können im Gebäude warten, Fahrkarten erwerben und Snacks kaufen. Die Bahnhofsentwicklung als städtebauliche und verkehrliche Gemeinschaftsaufgabe 11
Planungsleitfaden 2 Anforderungen an Kommunen der Mobilität teilhaben zu lassen, sowie liche Kontroll- und Beratungsinstanz dar. und Planende attraktiv gestaltete und städtebaulich Durch die Mitwirkung von weiteren Fach- in das jeweilige Gesamtgefüge integrier- leuten aus den Bereichen Verkehr und Das Land Brandenburg ist seit Jahren te Anlagen. Hierbei kommt - nicht zuletzt Städtebau ist eine interdisziplinäre Zu- bestrebt, den ÖPNV zu stärken und den aufgrund der Tatsache, dass in diesem sammensetzung des Fachausschusses Ausbau der dafür erforderlichen Infra- Zusammenhang in hohem Maße öffentli- und damit eine fundierte und umfassende struktur voranzutreiben. Die Neu- bzw. che Gelder zum Einsatz kommen - auch Beurteilung der eingereichten Planungen Umgestaltung von Zugangs- und Ver- dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ein gewährleistet. knüpfungsstellen des ÖPNV ist dabei in hoher Stellenwert zu. Die nicht immer der Regel eine kommunale Aufgabe, de- einfache Aufgabe für Kommunen und Planungsleitfaden als gestalte- ren Erfüllung in den meisten Fällen durch Planende besteht also in der Regel darin, risches und funktionales Anfor- erhebliche Investitionszuschüsse, die das eine Lösung zu finden, die sämtliche funk- derungsprofil Land Brandenburg den Städten und Ge- tionalen Anforderungen in quantitativer meinden zur Verfügung stellt, erst möglich und qualitativer Hinsicht erfüllt, architekto- Aber welche Anforderungen bestehen im gemacht wird. nisch und städtebaulich angemessen und Detail, wenn ein bestehendes Bahnhofs- gleichzeitig wirtschaftlich ist. umfeld zu einer attraktiven Verknüpfungs- Zweifelsfrei sind kundenfreundliche sowie anlage umgestaltet werden soll? in Bezug auf Gestaltung und Funktion an- Der Fachausschuss Verkehr sprechende Verknüpfungsanlagen ein Im Folgenden sollen die wichtigsten As- entscheidender Baustein eines attrakti- Das Land Brandenburg hat im Bewusst- pekte für die Gestaltung von Verknüp- ven Gesamtsystems. Wichtige Aspekte sein dieser Zielstellung im Jahr 1999 den fungsanlagen und Vorplätzen näher be- sind hierbei kurze Wege, um die Reisege- Fachausschuss für Verkehr (Verknüp- leuchtet werden, wobei natürlich zu be- schwindigkeit zu erhöhen und damit den fungs- und Umsteigeanlagen) etabliert, achten ist, dass es sich hierbei um allge- öffentlichen Verkehr konkurrenzfähiger zu der im Zuge von Prüfverfahren zur Ge- meine Grundsätze handelt. Eine konkrete machen, weitgehend durchgängige Bar- währung von Fördermitteln des Landes Lösung im Einzelfall muss immer von den rierefreiheit, um alle Bevölkerungsgrup- zu beteiligen ist. Der Fachausschuss, speziellen Gegebenheiten vor Ort ausge- pen möglichst diskriminierungsfrei an stellt demzufolge eine Art inhaltlich-fach- hen. Bahn-Bus-Verknüpfung mehrere Richtungen besondere Anforde- pektivisch Einrichtungen mit Servicefunk- rungen. tionen wie Fahrscheinverkauf, Wartehalle oder Gastronomie beherbergen, sollten Der Ausbau von Bushaltestellen ist bei der Standortwahl nach Möglichkeit Bushaltestellen zentral Bahnhofsumfeldgestaltung von besonde- vor dem Gebäude positioniert werden, rer Bedeutung, da die An- und Abfahrt der Die Positionierung der Bushaltestellen ist damit dessen Integration in die Wegebe- Reisenden zu bzw. von Bahnhöfen mit öf- – wenn irgend möglich – in unmittelbarer ziehung umsteigender Fahrgäste berück- fentlichen Verkehrsmitteln grundsätzlich Nähe der Bahnsteigzugänge vorzusehen sichtigt wird. Die Umsteigewege zwischen unterstützt werden soll. Voraussetzung und gegenüber P+R-Anlagen hinsichtlich Bahn und Bus sollten möglichst kurz und einer optimalen Bahn-Bus-Verknüpfung der Lage bevorzugt zu behandeln; Bus- ohne Straßenquerung gestaltet sein. ist zunächst die fahrplanmäßige Abstim- se sollten außerdem nach Möglichkeit Sichtbeziehungen zwischen Bahn und mung, um einen optimalen Anschluss zu so angeordnet sein, dass umsteigende Bus erleichtern nicht nur für ortsunkun- garantieren. Dabei bestehen an Bahn- Fahrgäste die Fahrtrichtungsanzeigen dige Fahrgäste die Orientierung, sondern höfen, die integrale Taktknoten sind, auf- erkennen können. Soweit noch Bahnhofs- verbessern auch die Anschlusssicherung. grund der wechselseitigen Anschlüsse in gebäude vorhanden sind und auch pers- Dies lässt beispielsweise auch zu, dass 12 Planungsleitfaden
der Bussteige („Fischgräten“) gegeben werden. Aus Fahrgastsicht ist es dabei weniger wichtig, ob die Bussteige in Form von „Sägezähnen“ (Vorteil: unabhängiges Ein- und Ausfahren der Busse) oder an einer geraden Kante (Vorteil: größere Fle- xibilität beim Einsatz von Bussen unter- schiedlicher Längen) angeordnet werden. Überdimensionierte Anlagen sollten ver- mieden werden und statt dessen die de- mografische wie strukturelle Entwicklung der Städte und Regionen vermehrt be- rücksichtigt werden. Zudem sind städte- bauliche Aspekte grundsätzlich bei der Dimensionierung der Anlagen einzube- ziehen. Ein gelungenes Beispiel für einen Kombibahnsteig mit direkten Umsteigemöglichkeiten Ausstattung zwischen Zug und Bus stellt der Bahnhof Fürstenwalde (Spree) dar. Für alle zeitgemäßen Bushaltestellen ist Busse bei verspäteten Bahnankünften im Dimensionierung eine barrierefreie und behindertenfreund- Rahmen der fahrplantechnischen Mög- liche Gestaltung obligatorisch. Zu den lichkeiten auf umsteigende Fahrgäste Die Anzahl der Bushaltestellen sowie die damit verbundenen Maßnahmen zählen warten können. Dimensionierung der Bussteige ist fahr- erhöhte Bordsteine, die den Zustieg er- planabhängig. Bei integralen Taktknoten leichtern und bei Niederflurbussen sogar Eine optimale Bahn-Bus-Schnittstelle stel- sowie Rendezvous-Punkten muss im Re- einen stufenlosen Einstieg ermöglichen, len sogenannte „Kombibahnsteige“ dar, gelfall für alle Buslinien ein eigener Halte- sowie Blindenleitstreifen zwischen Bus- bei denen ein Umstieg zwischen Bahn platz zur Verfügung stehen. Dagegen kön- einstieg und Fahrgastunterstand bzw. und Bus bzw. Straßenbahn am selben nen bei Richtungsanschlüssen und bei Bahnsteigzugang. Bahnsteig möglich ist. Daraus ergeben Buslinien, die außerhalb der Taktknoten sich für die Reisenden mehrere Vorteile: verkehren, einzelne Haltestellen oder Darüber hinaus sind die folgenden Aspek- Bussteige von mehreren Linien gemein- te und Planungsgrundsätze von Bedeu- • Kurze und barrierefreie Umsteigewege, sam genutzt werden. tung: • gute Orientierung und subjektive Sicher- heit, Bei mehreren Bushaltestellen sollte im • Gewährleistung einer weitgehend • unmittelbare Sichtbeziehungen sowie Interesse größerer Übersichtlichkeit und durchgängig barrierefreie Reisekette • Nutzung gemeinsamer Infrastruktur geringeren Flächenverbrauchs einer An- zwischen Haltestelle oder Stellplatz und (Bus-/Bahnsteig, Witterungsschutz/ ordnung hintereinander (langer Bussteig) Bahnsteig. Bahnsteigdach, Infotafeln, Fahrkarten- oder an einer Businsel der Vorzug gegen- • Berücksichtigung von Blindenleitstrei- automaten etc.). über der Errichtung nebeneinander liegen- fen als durchgängiges System. (Die Richtung Stadtzentrum P Büro- und Geschäftshaus P P Vorplatz TAXI Empfangsgebäude Richtung Frankfurt (Oder) / Bad Saarow-Pieskow i Gleis 1 Gleis 2 Gleis 3 P P P+R P+R Fürstenwalde (Spree) Planungsleitfaden 13
Stellungnahmen und Hinweise der Be- hindertenbeauftragten sind in diesem Zusammenhang auch zu beachten.) • fahrgastfreundliche Ausstattung der Bushaltestellen mit guter Beleuchtung, Witterungsschutz, ausreichend Sitzge- legenheiten und Informationsvitrinen (Abfahrtszeiten, Linien- und Ortspläne, touristische Hinweise). • Bei mehreren Abfahrtshaltestellen: über- sichtliche Zuordnung der verkehrenden Buslinien zu den einzelnen Haltestellen sowie gut lesbare und günstig positio- nierte elektronische Abfahrtstafeln (im Regelfall mit Angabe der Abfahrtszeiten aller verkehrenden Bus- und Bahnlinien mit Ist-Zeiten). Die Bushaltestellen in Wittenberge sind kompakt am Bahnsteigzugang angeordnet; die dynamische Fahrgastinformationsanlage ist gut sichtbar. Verknüpfung mit der Straßenbahn Vieles von dem, was zur Verknüpfung mit dem Busverkehr gesagt wurde, gilt auch für die Straßenbahn. Wichtig sind natür- lich auch hier qualitative Kriterien wie di- rekte Wege, eine gute Orientierung und Barrierefreiheit sowie eine angemessene Dimensionierung der Anlagen. Allerdings ist auf die deutlich höheren Investitions- kosten der Straßenbahn- gegenüber der Bus-Infrastruktur und die trassierungs- technischen Abhängigkeiten hinzuweisen; nicht in allen Fällen ist daher eine direk- te Verknüpfung auf sehr kurzem Wege (Analog zum Beispiel „Kombibahnsteig“) möglich sein Fahrgäste am Bahnhof Rehbrücke können an diesem Kombibahnsteig einfach zwischen Bus und Straßenbahn umsteigen. Am Kleinbahnhof Vorfahrt P+R Fuß- und 2 P Radweg Richtung Neuenhagen Richtung i 1 S-Bahn Berlin 2 Stw Regionalbahn / Güterverkehr ehem. Kaiserbahnhof Kurz-P P P+R TAXI Info Richtung Orts- zentrum, Rennbahn Am Güterbahnhof Beispiel S-Bahnhof Hoppegarten: Die Reisekette zwischen den Bushaltestellen / den Behindertenstellplätzen und dem Bahnsteig ist durchgängig barrierefrei. 14 Planungsleitfaden
Fahrradabstellanlagen (Bike+Ride) Neben den Bushaltestellen sind auch Fahrradabstellanlagen in der Regel un- weit der Bahnsteigzugänge zu platzie- ren. Grundsätzlich sollte jede Station im Land Brandenburg mit überdachten Fahrradabstellanlagen ausgestattet sein. Selbstverständlich sollten diese an das örtliche oder überörtliche Radwegenetz angebunden und auch in die Wegeleitung mit aufgenommen werden. Standortwahl Da Radfahrer häufig nicht bereit sind, Um- Auch die in der Bike+Ride-Anlage am Bahnhof Falkensee verwendeten Bügel mit Knie- wege in Kauf zu nehmen, sind Bike+Ride- holm stellen eine geeignete Bauform für Fahrradhalterungen dar. Anlagen innerhalb der Wegekette und möglichst nah am Bahnsteigzugang zu positionieren. standhaltungsaufwandes. Auf Seiten- und gen auf befestigtem Untergrund zu errich- Rückwände sollte im Regelfall verzichtet ten und ausreichend zu beleuchten sind, An größeren Bahnhöfen mit verschiede- werden, da diese häufig beschmiert, be- steht darüber hinaus außer Frage. nen Anfahrmöglichkeiten aus dem Umfeld klebt oder gänzlich zerstört werden. und mehreren Bahnsteigzugängen (z.B. Sammelschließanlagen und Personentunnel oder -überführung mit Auch die Auswahl der Fahrradständer Fahrradboxen beidseitigen Zugängen) sind auch die Ab- trägt erheblich zur Qualität und Fahrgast- stellanlagen dezentral anzuordnen. Dabei freundlichkeit von Bike+Ride-Anlagen bei: Für Fahrradfahrer mit einem hohen Si- sollten die Standorte so gewählt werden, Gemäß den Empfehlungen des Allgemei- cherheitsbedürfnis oder mit teuren Rädern dass Einsehbarkeit und soziale Kontrolle nen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) empfiehlt sich die Bereitstellung von ab- gegeben sind (z.B. im Sichtbereich be- sollten zum Beispiel Fahrradbügel mit schließbaren Fahrradabstellmöglichkei- nachbarter Wohnquartiere oder angren- Knieholm („Kreuzberger Bügel“) oder so ten an Bahnhöfen. Dabei ist zwischen so- zender Straßen), um das Sicherheits- genannte Hoch-/Tief-Einsteller verwendet genannten Sammelschließanlagen und empfinden der Nutzer zu erhöhen und werden. Wichtig ist in diesem Zusammen- Fahrradboxen zu unterscheiden. Bei Vandalismusprobleme einzudämmen. hang, dass ein Anschließen der Räder den Sammelschließanlagen handelt es am Rahmen ermöglicht und ein Verbie- sich um überdachte B+R-Anlagen, die in Dimensionierung gen der Vorderräder verhindert wird. Der der Regel von einer Einzäunung umge- Mindestabstand zwischen den Ständern ben und nur durch abschließbare Türen Die Dimensionierung der Fahrradabstell- (0,90-1,20 m bei Bügeln und 0,45-0,70 m erreichbar sind. Die Anlagen sollten im anlagen richtet sich grundsätzlich nach bei Hoch-/Tiefeinstellung) spielt für eine Interesse der Wirtschaftlichkeit und der dem Bedarf und den örtlichen Gegeben- benutzerfreundliche Handhabung ebenso Überschaubarkeit des Nutzerkreises eine heiten: Neben den Fahrgastzahlen (Ein- eine wichtige Rolle. Dass die B+R-Anla- Größe von 20-60 Stellplätzen aufweisen. und Aussteiger an Werktagen) spielen auch der Anteil an Schülern und Auszubil- denden sowie die Siedlungsstruktur und Topographie eine wichtige Rolle. Dabei ist grundsätzlich zu bedenken, dass mit dem Bau neuer, attraktiver B+R-Anlagen in der Regel auch die Nachfrage steigt, so dass für die Bemessung die Auslas- tung vorhandener Anlagen als einzige Berechnungsgrundlage nicht ausreicht. In diesem Zusammenhang werden die Vorgaben des Landes Brandenburg zu beachten sein. Ausstattung Fahrradabstellanlagen sollten grundsätz- lich überdacht werden, wobei ausreichen- de Dachüberstände vorzusehen sind. Fahrgäste begrüßen in der Regel licht- durchflutete Anlagen, diese bedürfen je- Abwechselnd hohe und tiefe Halterungen sowie ein zusätzlicher Haltebügel stellen doch eines größeren Reinigungs- und In- am Bahnhof Lauchhammer eine sichere und platzsparende Lösung dar. Planungsleitfaden 15
Die Stellplatzmieter werden durch den Be- treiber (meistens handelt es sich hierbei um die Kommunen) registriert und müs- sen dafür eine Nutzungsgebühr - in der Regel zwischen 50-100 € pro Jahr - ent- richten. Die Einnahme dieser Nutzungs- gebühren durch den Betreiber ist vom Grundsatz her nicht förderschädlich, wenn diese für die Reinigung und Instand- haltung der Anlage eingesetzt werden. Als Alternative zu den Sammelschließan- lagen können Fahrradboxen errichtet wer- den, die im Regelfall zur Einzelnutzung vermietet werden. Diese Lösung sollte al- lerdings wegen des wesentlich größeren Flächenbedarfs und der höheren Herstel- lungskosten nur bei geringer Nachfrage nach abschließbaren Fahrradstellplätzen Diese Bike+Ride-Anlage in Senftenberg bietet auf kleinstem Raum frei zugängliche Stellplätze und Fahrradboxen. zur Anwendung kommen. Auch hier soll- ten durch den Betreiber Nutzungsgebüh- ren erhoben werden, mit denen wiederum laufende Unterhaltskosten finanziert wer- den können; bei kostenfreier Bereitstel- lung der Boxen ist erfahrungsgemäß zu befürchten, dass diese teilweise zweck- entfremdet genutzt werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammen- hang auch auf eine noch relativ junge Ent- wicklung: Elektrofahrräder, mit welchen ein größerer Einzugsbereich erschlossen werden kann als mit konventionellen Fahrrädern, könnten künftig zu einer Ver- schiebung des Modal Split zugunsten des Fahrradverkehrs und zu einer gesteiger- ten Nachfrage nach gesicherten Abstell- möglichkeiten führen. Fahrradstationen und Integrati- on in Bahnhofsgebäude Die funktional und gestalterisch ansprechende B+R-Anlage in Doberlug-Kirchhain liegt direkt am Hausbahnsteig; ein Teil der Stellplätze wurde als Sammelschließanlage realisiert. Existieren leerstehende Güterhallen oder andere Nebengebäude in Bahnsteignähe, so kann deren Nutzung als überdachte und abschließbare Fahrradabstellanlage in Erwägung gezogen werden, wenn der Aufwand zur zweckmäßigen Herrichtung des betreffenden Gebäudes wirtschaftlich vertretbar ist. In diesen Fällen können standortprägende und denkmalgeschütz- te Gebäude mit einer attraktiven und verkehrsgerechten Nutzung versehen werden, so dass der Verwahrlosung und dem Verfall entgegengewirkt wird. Bei einer stärkeren Frequentierung be- steht eine sinnvolle Entwicklungsmöglich- keit auch in der Einrichtung einer Fahrrad- station im Empfangsgebäude durch einen örtlichen Betreiber; in dieser kann neben der Aufbewahrung von Fahrrädern auch deren Verkauf und Reparatur sowie ein (eventuell saisonaler) Verleih angeboten Am südlich von Bremen gelegenen Bahnhof Barnstorf wurde eine Bike+Ride-Anlage in den direkt an das Bahnhofsgebäude angrenzenden ehemaligen Güterschuppen werden. untergebracht. 16 Planungsleitfaden
Fahrradparkhäuser Noch einen Schritt weiter geht der folgen- de Ansatz, der gerade im Zusammenhang mit der ökologisch sinnvollen Stärkung des Fahrradverkehrs an Bedeutung ge- winnen kann: In innerstädtischen Lagen mit geringer Flächenverfügbarkeit und einer großen Nachfrage nach Abstell- plätzen sollte die Errichtung eines Fahr- radparkhauses in Erwägung gezogen werden, da so auf einer kleinen Fläche eine große Anzahl von Stellplätzen un- tergebracht werden kann. Am Bahnhof Bernau wird derzeit die Realisierung des ersten Fahrradparkhauses in Branden- burg vorbereitet. Solche Fahrradparkhäuser sollten aus Münster als fahrradbetonte Großstadt ist sicher nur begrenzt ein Vorbild für Branden- burgische Kommunen, aber das Fahrradparkhaus zeigt, was denkbar ist. wirtschaftlichen Gründen sicherlich nur bei nachgewiesenem Bedarf realisiert werden und können sinnvollerweise mit weiteren Funktionen - hier seien unter anderem Fahrradverleih, Vermietung und Reparatur genannt - kombiniert werden. Pkw-Stellplätze Im ländlichen Raum ist aufgrund geringer Siedlungsdichte das Busverkehrsangebot häufig sehr ausgedünnt, so dass dem Pkw, trotz einer verkehrspolitisch sinnvol- len Bevorzugung des öffentlichen Ver- kehrs, eine wichtige Rolle bei der Erreich- barkeit des SPNV zukommt. Demzufolge gehören Pkw-Stellplätze an Brandenbur- gischen Bahnhöfen zur verkehrspolitisch gewünschten Grundausstattung, durch die eine möglichst enge Vernetzung der Ver- kehrsmittel Bahn und Auto und somit ein attraktiver Zugang zur Bahn ermöglicht wird. Standortwahl In Blumberg wurde aus einer verwilderten und lange Zeit ungenutzten Güterum- schlagsanlage eine Park+Ride-Anlage mit kurzem Weg zum Bahnsteig entwickelt. Im Hinblick auf die öffentlichen Verkehrs- mittel sind Park+Ride-Anlagen in der Standortgunst an Bahnhöfen nachrangig positionieren. Wichtig ist hierbei jedoch, Dimensionierung zu behandeln. Da zudem der Flächenbe- dass lange Wege zum Bahnsteig vermie- darf je Fahrgast bei Pkw-Stellplätzen grö- den werden. Genau wie Bike+Ride-Anlagen sind auch ßer ausfällt als bei Fahrradstellplätzen und Park+Ride-Anlagen hinsichtlich ihrer Grö- Bushaltestellen werden P+R-Anlagen in Besonders geeignet für die Lage von ßenordnung den jeweiligen spezifischen der Regel nicht unmittelbar an den Haupt- P+R-Anlagen an Bahnhöfen sind die im Anforderungen anzupassen. Wichtige zugängen der Bahnsteige angeordnet. Land Brandenburg häufig noch vorhande- Einflussfaktoren sind dabei vor allem die nen Bahnbrachen (v.a. entbehrliche Gleis- aktuellen bzw. zukünftigen Fahrgastzah- Bei der Standortwahl ist nicht nur eine anlagen und ehemalige Laderampen). len, der Anteil an Pkw-Nutzern (Berufs- gute Straßenanbindung zu berücksichti- Eine Umnutzung solcher Flächen dient pendler oder, im ländlichen Raum, die gen, auch die Information, aus welcher dabei nicht nur verkehrlichen Zwecken, auf das Auto als Zubringer angewiesenen Richtung der Nutzerkreis zum Bahnhof sondern trägt auch zur Beseitigung Fahrgäste) sowie die Siedlungsstruktur. kommt, spielt eine Rolle. So kann es bei- städtebaulicher Missstände und gestal- In diesem Zusammenhang werden die spielsweise bei Bahnhöfen am Siedlungs- terischen Aufwertung des betreffenden Vorgaben des Landes Brandenburg zu rand vorteilhaft sein, P+R-Anlagen an den Bahnhofsbereiches bei. beachten sein. ortsabgewandten Bahnhofsrückseiten zu Planungsleitfaden 17
Gestaltung Wichtig bei der Oberflächengestaltung der Fahrbahnen und Stellplätze sind die Be- festigung und Entwässerung; hierbei kann auch so genanntes Ökopflaster zum Ein- satz kommen. Zur Auflockerung der Anlagen sollten kleinteilige Grünflächen, in Abhängigkeit von der Entwässerungslösung ggf. als Versickerungsmulden, sowie vor allem Baumpflanzungen vorgesehen werden. In den Sommermonaten wird so eine teil- weise Verschattung der Stellplätze er- möglicht. Park+Ride-Stellplätze sollten grundsätz- lich beschildert werden. Ebenso wichtig Park+Ride-Stellplätze wurden am Bahnhof Schwedt (Oder) direkt am Vorplatz angelegt. ist eine weiträumige Wegeleitung. Außer- dem sollten Park+Ride-Anlagen, soweit dies durch die vorhandene Straßenbe- leuchtung nicht bereits in ausreichendem Maße gegeben ist, beleuchtet werden. Dadurch wird das Sicherheitsempfinden positiv beeinflusst und die Gefahr von Vandalismus reduziert. Die Anordnung der Stellplätze in Schräg- oder Senkrechtaufstellung sowie die Aus- wahl der für die Erschließung erforderli- chen Stich- oder Ringerschließung hängt vom jeweiligen Flächenzuschnitt ab (für weitere Hinweise hierzu siehe auch im Anhang). Für die Nutzer der P+R-Anlagen sind dabei möglichst kurze und direkte Wege zu den Bahnsteigen vorzusehen. In innerstädtischen Bereichen, vor allem bei Bahnhöfen der Mittel- und Oberzent- ren, sollten flächensparende Lösungen Am S-Bahnhof Strausberg Nord sind für die Fahrgäste auf beiden Seiten der Bahn- (Parkhaus oder Parkpalette) ebenso in strecke umfangreiche Park+Ride-Stellplätze angelegt worden. Betracht gezogen werden wie eine Park- raumbewirtschaftung. Dabei gilt es je- doch, eine Verdrängung hin zu kostenlos nutzbaren Stellplätzen in den umliegen- den Siedlungsbereichen zu verhindern. Stellplätze besonderer Zweck- bestimmung Im Sinne des Behindertengleichstellungs- gesetzes (BGG) sind für mobilitätseinge- schränkte Personen eigene Stellplätze vorzusehen und entsprechend zu markie- ren und beschildern. Diese sind mit einer Breite von 3,50 m großzügiger dimensio- niert und sollten nach Möglichkeit direkt am Bahnsteigzugang positioniert wer- den. Eine barrierefreie Erreichbarkeit der Bahnsteige ist durch Bordabsenkungen und eine für Rollstühle geeignete Ober- flächenbefestigung ist sicherzustellen. Das Ziel muss eine barrierefrei nutzbare Reisekette sein. Die Behindertenstellplätze wurden in Herzberg/Elster in unmittelbarer Nähe zum Bahnsteig angeordnet; das Beispiel zeigt auch die rollstuhlgerechte Pflasterung. 18 Planungsleitfaden
Neben den Stellplätzen für Pendler sollte an Bahnhöfen in der Regel auch ein Min- destangebot an Kurzzeitstellplätzen vor- handen sein. Diese Vorfahrtmöglichkeit zum Bringen und Abholen von Fahrgästen ist idealerweise unweit des Hauptzugangs zu den Bahnsteigen oder zum Empfangs- gebäude zu platzieren. Die Anzahl der „Kiss+Ride“-Stellplätze ist einerseits so zu bemessen, dass auch zu Stoßzeiten ausreichend Kapazitäten vor- handen sind; andererseits sind Überkapa- zitäten im Interesse der Aufenthaltsquali- tät zu vermeiden. Weiterhin bietet sich an Bahnhöfen mit öffentlich genutzten Empfangsgebäuden Die Taxivorfahrt am Bahnhof Strausberg ist niveaugleich in die Platzgestaltung in- die Ausweisung zeitlich begrenzter Stell- tegriert. plätze (beispielsweise mit einer auf zwei Stunden begrenzten Parkzeit) an, die unter anderem für den Besuch von Fahr- kartenverkaufsstellen genutzt werden können. Abzurunden ist das Angebot schließlich mit Taxistellplätzen oder Taxispuren, de- ren Lage auf die Hauptwegebeziehungen der Fahrgäste auszurichten ist. Bei kleine- ren Bahnhöfen können die Taxi- und Pkw- Vorfahrt kombiniert werden. Es ist dabei jedoch sicherzustellen, dass gegenseitige Behinderungen ausgeschlossen werden können. Kombination mit Moped- und Motorradstellplätzen Immer mehr an Bedeutung gewinnt im Zusammenhang mit der Verknüpfung mit Das Bringen oder Abholen von Fahrgästen am S-Bahnhof Fredersdorf bereitet keine dem Individualverkehr auch die Bereitstel- Schwierigkeiten, die entsprechenden Flächen am Bahnsteigzugang wurden bei der lung von Abstellmöglichkeiten für Mopeds Planung des Umfeldes bereits vorgesehen. und Motorräder. Existieren keine speziel- len Angebote, werden motorisierte Zwei- räder häufig auf freien Flächen abgestellt, was mitunter mit der Aufenthaltsfunktion und -qualität eines Bahnhofsvorplatzes kollidieren kann. Daher ist es sinnvoll, für diese Verknüp- fungsfunktion separate Stellplätze anzu- bieten; diese müssen nicht unbedingt die allerhöchste Lagepriorität haben, sollten aber andererseits so nahe an den Zu- gängen zum Bahnsteig und den Erschlie- ßungsbauwerken (Brücke oder Tunnel) liegen, dass eine möglichst hohe Akzep- tanz erzielt werden kann. Nochmals Bahnhof Strausberg: Die Bedeutung von Stellplätzen für Krafträder hat in den letzten Jahren zugenommen, so dass diese Funktion auch bei der Umfeldplanung berücksichtigt werden sollte. Planungsleitfaden 19
Bahnhofsvorplatz Der Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes ist eine besondere Bedeutung beizumes- sen, da sein Erscheinungsbild erheblich zur Attraktivität des gesamten Bahnhofs beiträgt. Der Bahnhofsvorplatz ist für Be- sucher der Ankunftsort, bildet das „Tor zur Stadt“ und vermittelt daher einen ersten wichtigen Eindruck. Dabei muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen verkehrlichen Funktionen und städtebaulicher Qualität erzielt werden, da hier die Aufenthaltsqualität im Ver- gleich zu den anderen Flächen im Bahn- hofsumfeld eine wichtige Rolle spielt. In Eberswalde ist ein großzügiger Bahnhofsvorplatz mit Verknüpfungsanlagen und Gestaltung und Nutzung Aufenthaltsbereichen entstanden. Bei der Gestaltung der Freiflächen des freiheit von den Zubringersystemen bis Bahnhofs- und Ortsplan sowie Wegwei- Bahnhofsvorplatzes ist die funktionale zum Zug, so dass gegebenenfalls auch sung zu innerörtlichen Zielen zusammen- Aufteilung der Flächen ebenso wichtig spätere Ausbaumaßnahmen im Bereich setzt. In touristisch bedeutsamen Regio- wie die Materialwahl: Wird eine kleinteili- der Verkehrsstation (zum Beispiel: Bahn- nen können zudem Übersichtskarten mit ge Aufteilung der Flächen nach einzelnen steigerhöhung) bei der Planung der Vor- Radrouten und Wanderwegen ankom- Verkehrsträgern vermieden, kann der platzflächen und Zugänge zu berücksich- menden Fahrgästen die Orientierung er- Platz Offenheit und Großzügigkeit vermit- tigen sind. leichtern. teln. Im Wechsel von befestigten Flächen – vorzugsweise mit großflächigen Platten- Ausstattung und An größeren Bahnhöfen sowie wichtigen formaten – und Grüninseln kann Aufent- Fahrgastinformation Schnittstellen zwischen Bahn- und Bus- haltskomfort geschaffen werden, der verkehr empfiehlt sich die Aufstellung durch ansprechende, teilweise verschat- Neben den bereits erwähnten Sitzgelegen- elektronischer Fahrgastinformationstafeln tete Sitzmöglichkeiten unterstrichen wird. heiten sind weitere Ausstattungsmerkma- an exponierter Stelle, um über die nächs- le wie Bahnhofsuhr, Telefon und Brief- ten abfahrenden Bahnen und Busse in Ob der Bahnhofsvorplatz auch durch den kasten zu berücksichtigen. Eine beson- chronologischer Reihenfolge informieren. motorisierten Verkehr (Bushaltestellen, dere Bedeutung kommt der Bereitstellung Durch den Zugriff auf Daten aus einem Pkw-/Taxivorfahrt, Kurzzeitstellplätze ge- von Informationen zu: So sollte grund- rechnergestützten Betriebsleitsystem (so nutzt werden soll, hängt jeweils vom in- sätzlich an zentraler Stelle ein sofort wahr- genannte RBL-Daten) können heutzutage dividuellen Verkehrskonzept ab. Im Fal- nehmbares und übersichtliches Informati- in der Regel tatsächliche Abfahrtszeiten le einer Mischnutzung sollte das unter onsangebot geschaffen werden, das sich angezeigt und Sonderinformationen (z.B. anderem in den Niederlanden und der vor allem aus Fahrgastinformation (Ab- über Zugausfälle oder Schienenersatz- Schweiz sowie mittlerweile auch vermehrt fahrtspläne, Liniennetz, Tarife Bahn/Bus), verkehre) bereitgestellt werden. in Deutschland erfolgreich praktiziert Kon- zept „shared space“ durchaus in Betracht gezogen werden. Ziel dieses innovati- ven Konzeptes ist eine gleichberechtigte Nutzung der Flächen durch sämtliche Verkehrsträger, wobei die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilneh- mer oberste Regel ist und vor allem die „Schwächeren“ wie Fußgänger und Rad- fahrer besondere Aufmerksamkeit genie- ßen. Wichtig ist bei der Gestaltung von Bahn- hofsvorplätzen die Berücksichtigung der Reisekette und der sich daraus ergeben- den Anforderungen an die räumliche Verteilung der Funktionen. Dabei sind städtebauliche und gestalterische Aspek- te den verkehrlichen nicht unterzuordnen, sondern gleichberechtigt zu betrachten. Ebenso von elementarer Wichtigkeit ist Die Informationen für die Fahrgäste sollten gut strukturiert sein und, wie hier auf dem Bahnhofsvorplatz in Eberswalde, neben dem Fahrplan auch Karten der Region das Ziel einer durchgehenden Barriere- und des Bahnhofsumfeldes umfassen. 20 Planungsleitfaden
Sicherheit Nicht nur für die Gestaltung von Vorplät- zen, sondern allgemein für die Planung von Bahnhofsumfeldern, ist die Frage der Sicherheit wichtig. Auf die damit verbun- denen Herausforderungen kann auf un- terschiedlichen Ebenen reagiert werden: • Auf der Ebene der Planung ist vor allem auf Übersichtlichkeit und gestalterische Qualität zu achten; dunkle, nicht ein- sehbare Bereiche sind zu vermeiden, um nicht nur das subjektive Sicherheits- empfinden, sondern auch die objektive Sicherheit zu erhöhen. • Ist dies nicht oder nicht in einem zufrie- denstellenden Maße möglich, kann mit Für die Fahrgäste sind dynamische Fahrgastinformationsanlagen mit der Anzeige zusätzlichen technischen Maßnahmen sowohl von Bus- als auch Zugabfahrten, wie hier in Falkensee, zur Übersicht sinnvoll. (zum Beispiel Videoüberwachung) re- agiert werden. • Von besonderer Bedeutung ist in die- sem Zusammenhang auch Tageslicht: Werden beispielsweise Tunnelbauwer- ke geplant, ist nicht nur auf eine ange- messene Dimensionierung, sondern auch auf eine möglichst natürliche Be- lichtung zu achten. • Auf der organisatorischen Ebene kön- nen zum Beispiel Bahnhofspatenschaf- ten oder Ordnungspatenschaften mit Bundes- und Ortspolizei sowie den kommunalen Ordnungsämtern, gegebe- nenfalls auch kommunalen Satzungen für die öffentliche Ordnung am Bahnhof dazu beitragen, die Sicherheit im öffent- lichen Raum zu erhöhen. Die Bundespolizei ist für die Sicherheit an den Bahnstationen zuständig und zeigt auch zunehmend vor Ort Präsenz. Die Bahnhofsumfelder wiederum liegen in der Zuständigkeit der örtlichen Polizeidienststellen. Bahnsteig(e), Empfangsgebäude, Zugang Gemeindegebiet, weiterer Einzugsbereich dynamische Fahrgastinformation in Echtzeit (Bahn-, Bus- und Tramabfahrten) Wegeleitung zum Bahnhof für Autos (Vorplatz, Park+Ride) Bahn-, Bus- und Tramfahrpläne Wegeleitung zum Bahnhof für Fußgänger und Radfahrer (Bike+Ride) Tarifinformation, Fahrkartenerwerb Detailplan Bahnhofsumfeld, Bahnliniennetzplan, ggf. Gleisbelegungsplan barrierefreie Ausgänge Ausgang, Vorplatz (Kiss+Ride) Bus-/Tramhaltestellen, ggf. mit Fahrtzielen/Linien TAXI örtliche Ziele, Ortszentrum Vorplatz (Bus, Tram, Park+Ride, Bike+Ride), Zugangsbereich dynamische Fahrgastinformation in Echtzeit (Bahn-, Bus- und Tramabfahrten) Bahn-, Bus- und Tramfahrpläne Tarifinformation, Fahrkartenerwerb Detailplan Bahnhofsumfeld, ggf. Haltestellenbelegungsplan Stadtplan, Plan Region mit Bus-/Tramnetz TAXI-Rufnummern, WC, Telefon, weiterer Service barrierefreie Zugänge Bahnsteig(e), ggf. mit Fahrtzielen /Linien Bus-/Trambahnhaltestellen bei unterschiedlichen Abfahrtsorten TAXI Tourismusinformation örtliche Ziele, Ortszentrum Legende Fahrgastinformation SPNV / ÖPNV kommunale Information, touristische Informationen Wegeleitung SPNV / ÖPNV Kommunale Wegeleitung, Wegeleitung andere Ziele Anmk.: Nicht immer sind alle Elemente erforderlich, die örtliche Situation ist für die erforderlichen / sinnvollen Ausstattungselemente ausschlaggebend. Die Muster-Stationsdarstellung zeigt auf, an welchen Stellen einer Station bzw. des engeren und weiteren Einzugsbereichs die unterschiedlichen Fahrgastinformationen und Ziele für die Wegeleitung aus Sicht der Fahrgäste erforderlich sind. Planungsleitfaden 21
Empfangsgebäude Empfangsgebäude prägen das Image des Verkehrssystems Bahn in hohem Maße; ihr baulicher Zustand ist darüber hinaus mitentscheidend für das Bild, das ankommende Fahrgäste von einer Stadt oder Gemeinde bekommen. Verfall der Empfangsgebäude Die Entwicklung des Verkehrsträgers Bahn hat in den letzten Jahrzehnten je- doch dazu geführt, dass viele Bahnhofs- gebäude ihrer ursprünglichen Funktion enthoben worden sind: Die zunehmende Technisierung und Rationalisierung des Eisenbahnverkehrs haben den Wegfall Im denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude Griebnitzsee gibt es ein breites Angebot an Gastronomie, Mobilitätsservice, Fahrradverleih und touristischen Informationen. ehemals betrieblicher Funktionen des Empfangsgebäudes wie Gepäckaufbe- wahrung, Fahrdienstleitung, personenge- bundener Fahrkartenverkauf und Fahr- gastinformation sowie Diensträume für das Bahnhofspersonal verursacht. Dieser Funktionswandel und der schritt- weise Rückzug der Deutschen Bahn AG von ihrer ursprüngliche Verantwortung für die Empfangsgebäude, die vor allem an kleineren und mittleren Stationen entwe- der verkauft oder sich selbst überlassen wurden, hatte vielerorts Leerstand und baulichen Verfall zur Folge. In der Konse- quenz bieten zahlreiche Empfangsgebäu- de - nicht selten sind diese von bauhistori- scher Bedeutung - ein Bild des Jammers. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Gebäude wieder einer nachhal- tigen Nutzung zuzuführen, ist daher ein wichtiges Ziel einer integrierten Bahnhofs- Der Bahnhof Neuruppin Rheinsberger Tor stellt die erste erfolgreiche Bahnhofsge- bäudeentwicklung nach der Bahnreform im Land Brandenburg dar. entwicklung, wobei vor allem zentral gele- gene Gebäude an größeren Stationen mit entsprechend höheren Fahrgastzahlen hierfür durchaus Potenziale bieten. Aufgrund der häufig enormen Sanie- rungs- und Modernisierungskosten kann eine Aufwertung der Bahnhofsgebäude allerdings häufig nur durch das Engage- ment von Kommunen oder kommunalen Einrichtungen, in Einzelfällen auch durch private Investoren erreicht werden. Nutzungskonzept Voraussetzung für die Entwicklung eines Empfangsgebäudes ist ein standortspezi- fisches, nachhaltiges Nutzungs- und Be- treiberkonzept. Dabei sind idealerweise kommerzielle und öffentliche Nutzungen zu kombinieren und klassische Bahnnut- zungen zu integrieren. Beim Spreewelten-Bahnhof in Lübbenau sind neben der Mobilitätsberatung auch An- gebote wie Fahrradvermietung, Bar und Pension Ausdruck einer Belebung. 22 Planungsleitfaden
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